Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 15.05.2024 | |
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Aktenzeichen | 11 U 20/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0515.11U20.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Der Kläger war selbständig als Geschäftsführer, Vertriebsleiter und Verkaufscoach für die A.. … GmbH tätig. Er verlangte mit Antrag vom 17.2.2014 von der Beklagten ab November 2011 Leistung aus einer bis zum 1. August 2024 laufenden Berufsunfähigkeitsversicherung wegen einer - multiplen - Erkrankung entsprechend den verschiedenen Diagnosen, wie sie sich aus den ärztlichen Unterlagen der Anlagen K4 bis K14 und der privatärztlichen Stellungnahme der Fachärzte für innere Medizin Dr. H… und K… G… vom 14.7.2014 (Anlage K20, Bl. 175 ff. d.A.), auf deren Inhalte verwiesen wird, ergeben. Die Beklagte wies im Ergebnis mit Blick auf das pneumologische Privatgutachten von Dr. Sch… vom 5.5.2015 den Antrag unter dem 18.6.2015 (Anlage B12, Bl. 140 d.A.) zurück. Es folgte die Vorlage weiterer ärztlicher Bescheinigungen. Erstinstanzlich hat der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung bis 31.12.2016 beansprucht und für den darüberhinausgehenden Zeitraum Leistungen mit Hilfsanträgen für den Fall der Stattgabe der Hauptanträge beansprucht.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat nach Beweiserhebung durch Vernehmung eines Zeugen, durch Einholung verschiedener Gutachten sowie nach mündlicher Anhörung der gerichtlichen Sachverständigen die Klage mit Urteil vom 20.12.2022 abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe - die von ihm behaupteten Tätigkeiten seines zuletzt ausgeübten Berufes als wahr unterstellt - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass er im Zeitraum von November 2011 bis zum Ende Dezember 2016 bedingungsgemäß berufsunfähig gewesen sei. Über die Hilfsanträge für den nachfolgenden Zeitraum sei nicht zu entscheiden gewesen, weil sie nur für den Fall des Erfolges der Hauptanträge gestellt worden seien. Zwar habe der Kläger krankheitsbedingt Einschränkungen hinnehmen müssen. Diese hätten jedoch - auch in der Gesamtschau - kein solches Ausmaß erreicht, dass der Kläger krankheitsbedingt mindestens zu 50 % außerstande gewesen sei, seinen zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben.
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt; teilweise nunmehr in weitergehendem Umfang unbedingt.
Der Kläger beanstandet, dass die vom Landgericht vorgenommene Gesamtschau gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Beweiswürdigung und die Feststellungen auch gegen materielles Recht verstießen. Bei ordnungsgemäßen Feststellungen unter Berücksichtigung der Aussagen der unterschiedlichen Gutachten und Atteste hätte das Landgericht zwingend die erforderliche Berufsunfähigkeit von 50 % annehmen oder die Feststellungen als nicht ausreichend bewerten müssen, da jedenfalls zum Maß der (Teil)Berufsunfähigkeit entsprechend den Beweisbeschlüssen konkrete Angaben von den Sachverständigen hätten verlangt werden müssen. Wäre der konkrete Grad der Berufsunfähigkeit bezogen auf die einzelnen Fachgebiete bzw. die insoweit untersuchten Krankheiten festgestellt worden, hätte das Landgericht im Rahmen einer Gesamtschau die vertragsgemäße Berufsunfähigkeit feststellen müssen. Ausgehend von dem gutachterlich bestätigten Ansatz von 30 % für die Sarkoidose wäre mindestens für die weitergehenden Krankheiten jeweils ein Grad der Berufsunfähigkeit von 15 % bis 20 % anzunehmen. Auch wenn die Prozentsätze nicht sklavisch zu addieren gewesen seien, wäre dennoch deutlich geworden, dass der Kläger in jedem Falle Beeinträchtigungen habe, die das erforderliche Maß von 50 % weit überstiegen. Das Landgericht habe die Feststellung der Sachverständigen unvollständig und einseitig zusammengefasst. Dem Landgericht habe danach die Tatsachengrundlage für seine Einschätzung gefehlt.
Erst recht müsse die erforderliche Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % angenommen werden, wenn - was im Rahmen einer Gesamtschau geboten sei - die dem Gericht und den Gutachtern zur Verfügung gestellten ärztlichen Stellungnahmen und Atteste ordnungsgemäß berücksichtigt worden wären. Insbesondere seien die Atteste und Stellungnahmen von Dr. St… vom 2.9.2018 und Dr. K… vom 18.10. 2014 nicht berücksichtigt worden.
Außerdem habe das Landgericht es unterlassen, für die Blasenentleerungsstörung und die Prostataerkrankung einen Urologen mit der Prüfung der Auswirkung auf die Berufstätigkeit des Klägers zu beauftragen. Zudem habe das Landgericht wegen des chronischen Schmerzsyndroms und der Folgen für die Psyche entsprechend dem Attest von Dr. D… und Dr. St… fehlerhaft von der Einholung eines psychiatrischen oder psychosomatischen Zusatzgutachtens abgesehen. Es fehle die Einholung eines Obergutachtens zur Gesamtsituation. Schließlich sei die prägende Tätigkeit bei der Bewertung nicht ausreichend berücksichtigt worden, auch nicht von den Sachverständigen.
Der Kläger beantragt,
- Unter Abänderung des Urteils des Landgerichtes Frankfurt (Oder) mit dem Aktenzeichen 15 O 5/22 vom 22.12.2022, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 61.355,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.533,88 € seit dem 1.11., 1.12.2011, 1.1., 1.2.,1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2012, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2013, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2014, 1.1., 1.2.2015 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.790,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 44,75 € seit dem 1.11., 1.12.2011, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2012, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2013, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10.,1.11., 1.12.2014, 1.1., 1.2.2015 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 989,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.338,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.533,88 € seit dem 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8. 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2015 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 447,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 44,75 € seit dem 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2015 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.406,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.533,88 € seit dem 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2016 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 537,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 44,75 € seit dem 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2016 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von der Beitragszahlungspflicht für die Lebensversicherung für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens bis zum 1.8.2024, freizustellen;
hilfsweise unter der innerprozessualen Bedingung, dass die Klage Erfolg hat;- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.406,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.533,88 € seit dem 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2017 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 537,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 44,75 € seit dem 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2017 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.406,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.533,88 € seit dem 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2018 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 537,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 44,75 € seit dem 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2018 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn monatlich ab dem 1.1.2019 jeweils 1.533,88 € für die Dauer der Berufsunfähigkeit längstens bis zum 1.8.2024 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Dem Kläger stehen nach § 172 VVG, § 2 Abs.1, Abs. 3 BUZ01 keine Ansprüche auf Versicherungsleistungen aus dem streitbefangenen Versicherungsvertrag der Parteien zu, weil er eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht bewiesen hat.
1.
Den Streitgegenstand und damit den Versicherungsfall bildet dabei der prozessuale Anspruch (vgl. BGH, NJW 2000, 1958) und nicht die einzelne Krankheit oder der Kräfteverfall als solcher, sondern die dadurch ausgelöste Berufsunfähigkeit des Versicherten (OLG Nürnberg, Urteil vom 26.10.2000 – 8 U 1371/00 –, Rn. 46 nach juris). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Berufsunfähigkeit ist im Ansatz der vom Versicherungsnehmer behauptete Eintrittszeitpunkt, hier ab November 2011. Damit der Versicherer nicht durch eine verzögerte Prüfung besser steht, da in der Prüfungszeit weitere Erkrankungen hinzutreten können, und dadurch der Versicherte benachteiligt wird, endet der jeweilige vom Versicherer zu prüfende Versicherungsfall in dem Zeitpunkt der endgültigen Bewertung der Haftungsvoraussetzungen durch den Versicherer. Es ist daher maßgeblich, ob die vorgebrachten, im Zeitpunkt der Leistungsablehnung bereits eingetretenen Tatsachen bei natürlicher Betrachtungsweise ihrem Wesen nach zu demselben Lebenssachverhalt des zu prüfenden Versicherungsfalles gehören (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 26.10.2000 – 8 U 1371/00 –, Rn. 49 nach juris). Nachträgliche Krankheiten bilden dann bei natürlicher Betrachtungsweise einen einheitlichen untrennbaren Lebenssachverhalt, wenn der Versicherer den gesamte gesundheitlichen Status des Versicherungsnehmers und seine Fortentwicklung bis zur Leistungsablehnung die Entwicklung in die Prüfung einbezieht und sich in diesen nicht ein neuer Lebenssachverhalt verwirklicht (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 16.10.2000 – 8 U 1371/00 Rn. 52, 53 nach juris). Inhaltlich ist darauf abzustellen, ab wann nach sachverständiger Einschätzung ein gut ausgebildeter, wohl informierter und sorgfältig handelnder Arzt nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft bis zum Zeitpunkt der Leistungsablehnung (erstmals) einen Zustand des Versicherungsnehmers als gegeben angesehen hätte, der eine Berufsausübung im Umfang von zumindest 50 % verhindert und keine Besserung mehr erwarten ließ (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 26.1.2005 – 5 U 356/04 –, Rn. 22 nach juris). Maßgebend ist damit vorliegend allein, ob das vom Kläger angeführte Krankheitsbild in seiner Ausprägung bis zum 18.6.2015 die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in der Ausprägung wie zuletzt ausgeübt zu zumindest 50 % verhinderte. Von den den Gegenstand der Klage bildenden Zuständen zu unterscheiden sind mithin die beim Kläger nachträglich neu eingetretene Erkrankungen oder Unfallfolgen, wegen derer das in den Versicherungsbedingungen vorgeschriebene Verfahren für die Feststellung der Berufsunfähigkeit noch nicht durchgeführt ist und auf die sich der Kläger mithin im Klageverfahren grundsätzlich ohne Änderung des Streitgegenstandes nicht berufen kann. Eine solche Klageänderung ist auch nicht sachdienlich iSv § 263 ZPO, da insoweit das in den Versicherungsbedingungen vorgeschriebene Verfahren für die Feststellung von Berufsunfähigkeit gerade noch nicht durchgeführt ist. Dem Versicherer würde also die Leistungsprüfung abgeschnitten; er muss sich nicht darauf verweisen lassen, diese in das Gerichtsverfahren zu verlagern (vgl. Neuhaus, a.a.O., Kap. 6, Rn. 224 ff.).
Das bedeutet für das vorliegende Verfahren:
Die weiteren Erkrankungen bzw. Beschwerden im Zusammenhang mit einer Fibromyalgie (Bl. 721 d.A.), chronischen Schmerzen / eine Schmerzsymptomatik im Stütz- und Bewegungsapparat inklusive Arthrose und Artritis (Bl. 614, 720 d.A.) sowie die Knieersatz-OP, die Karpaltunnel-OP, eine kognitive Mitralklappeninsuffizienz sowie die Nephrolitieses links (d.h. Nierensteine) können daher schon aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt werden. Sie finden in den vorgelegten ärztlichen Unterlagen vor 2016 keine Erwähnung und sind daher für die Bewertung der hier streitgegenständlichen Berufsunfähigkeit unerheblich. Auch urologische Beschwerden tagsüber wurden erstmals mit Schriftsatz vom 5. Januar 2018 vorgetragen und mit ärztlichen Stellungnahmen überhaupt unterlegt. Erst der Ambulanzbrief des Zentrums für Strahlentherapie und Radiologische Onkologie vom 27.11.2019 (Bl. 752 d.A.) bescheinigt die beidseitige Polyarthrose der Hände, eine chronische Schmerzerkrankung in Bezug auf den Stütz- und Bewegungsapparat mit zwei vorausgegangenen Operationen, eine hypertensive Herzerkrankung mit kognitiver Mitralklappeninsuffizienz nach langjährigem Bluthochdruck, eine Detrusorhyperaktivität der Harnblase und Nierensteine links. Der Entlassungsbericht aus der Reha vom 23.12.2020 (Bl. 856 f. d.A.) bestätigt eine Fibromyalgie, eine chronische Polyarthrose und Gonalgien als Diagnosen. Beide ärztlichen Bescheinigungen datieren deutlich nach dem maßgeblichen Zeitraum, ohne dass sich die Ausprägung der genannten Erkrankungen auf eine bestehende Beeinträchtigung bereits bis 18.6.2015 zurückführen lassen. Entsprechende Darlegungen erfolgten auch von Klägerseite nicht.
Soweit der Kläger mithin in der Berufung die fehlende sachverständige Abklärung des Schmerzsyndroms wie auch einer psychischen bzw. psychosomatischen Erkrankung verlangt, fehlt es damit bereits an einer bis zum 18.6.2015 vorgetragenen oder auch nur erkennbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung.
2.
Die Beurteilung, ob der Versicherte ab November 2011 berufsunfähig ist, erfordert es dabei, dass die konkrete Ausgestaltung des von dem Versicherten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles ausgeübten Berufes und die sich aus der Berufsausübung ergebenden Anforderungen festgestellt werden (BGH, Urteil vom 30.9.1992, IV ZR 227/91). Ausreichend substanziierte Darlegungen zu ihrem Berufsbild sind auch Selbständigen möglich.
Der vom Kläger letztlich ausreichend behauptete Beruf, wie er ihn zuletzt in gesunden Tagen ausgeübt hat, war streitig. Folgerichtig hat das Landgericht in der Verhandlung vom 20.11.2017 (Bl. 476 ff. d.A.) den dazu vom Kläger angebotenen Zeugen R… P… gehört. Im Übrigen hat es den weitergehenden Vortrag des Klägers insbesondere im Schriftsatz vom 20.3.2017 (Bl. 321 ff. d.A.) als auch die im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2017 enthaltenen Angaben des Zeugen P… als wahr unterstellt und den Sachverständigen Prof. Dr. Fr… sowie Dr. E… als Anknüpfungstatsache vorgegeben (vgl. Beweisbeschlüsse vom 6.12.2017, Bl. 489 f. d.A. und vom 26.8.2020, Bl. 825 f. d.A.). Auch der Sachverständige Dr. Pr… hat seiner Beurteilung den vom Kläger zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf zugrunde gelegt, wie ihn der Kläger bis dahin vorgetragen hatte.
Mit der Berufung wendet der Kläger erfolglos ein, dass keine weitergehenden Feststellungen zu seinem ausgeübten Beruf getroffen wurden, da bereits – bis auf die Sarkoidose – die angeführten Krankheiten im Ergebnis der Beweisaufnahme keinerlei – auch nicht im Sinne einer Gesamtbetrachtung - Auswirkung auf die vom Kläger insgesamt dargelegte berufliche Tätigkeit – unabhängig von der zeitlichen und konkreten inhaltlichen Komponente haben.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Berufungsangriff der unzureichenden Berücksichtigung der prägenden Tätigkeit des Klägers in Form der Durchführung von Schulungsveranstaltungen sowie Werbeveranstaltungen mit dem Erfordernis hoher Konzentration bereits das Beweisergebnis der Vernehmung des Zeugen zum Berufsbild des Klägers nicht berücksichtigt. Selbst wenn für die Durchführung von Schulungsveranstaltungen eine hohe Konzentration erforderlich sein sollte, so fanden nach den Angaben des Zeugen nur in einer Woche von vier Wochen im Monat solche Veranstaltungen statt. Daneben sollten jährlich fünf Messen begleitet worden sein, bei denen das Erfordernis einer durchgängig länger anhaltenden Konzentration bereits nicht ersichtlich ist. Dort hat der Kläger Einzelgespräche geführt, wie auch bei Akquisitionsterminen und Gesprächen mit Handelsvertretern und Mitarbeitern. Finanzdienstleistungen wurden im Büro mit freier Zeiteinteilung erbracht.
3.
Im Ergebnis der umfangreichen Beweisaufnahme hat der Kläger nicht zur gerichtlichen Überzeugung nach § 286 ZPO bewiesen, dass er bis Juni 2015 bedingungsgemäß berufsunfähig war.
a)
Vollständige Berufsunfähigkeit liegt gemäß § 2 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Comfort-BUZ BUZ01 (Anlage 2, Bl. 16) vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande ist, seinen zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübten Beruf – so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war – oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Ist der Versicherte 6 Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes gemäß § 2 Abs. 3 BUZ01 als vollständige oder teilweise Berufsfähigkeit und entsteht – trotz fehlender Prognose einer mindestens 3 Jahre andauernden Berufsunfähigkeit – der Anspruch auf Versicherungsleistungen mit Beginn des 7. Monats.
b)
Krankheit im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung ist jeder körperliche oder geistige Zustand, der so stark vom normalen Gesundheitszustand abweicht, dass er geeignet ist, die berufliche Leistungsfähigkeit dauerhaft zu beeinträchtigen (Prölss/Martin, VVG, 31. A., Rn. 38 zu § 172 VVG).
Durch die Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen aus dem Zeitraum bis 2015 hat der Kläger – wie das Landgericht zutreffend erkennt - folgende verschiedenen Erkrankungen geltend gemacht, nämlich:
Zu a – Sarkoidose Röntgen-Stadium II
Diese Erkrankung des Klägers ist seit November 2011 medizinisch bestätigt. Der Kläger ist deswegen seit Anfang 2012 sechs Monate lang zunächst mit Kortison beginnend in hoher Dosierung und mit zunehmend abnehmender Dosierung behandelt worden. Nachfolgende konkrete Krankheitsauswirkungen sind nicht ersichtlich. Eine Berufsunfähigkeit des Klägers infolge dieser Erkrankung lässt sich daher im Ergebnis der gerichtlichen Begutachtungen nicht zur gerichtlichen Überzeugung nach § 286 ZPO feststellen.
Das Gutachten des auf diesem Fachgebiet tätigen Sachverständigen Dr. P… enthält – abgesehen von dem begrifflich fehlerhaften Bezugspunkt - bereits nur die Bewertung einer „Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 von 100“ und dies auch nur für 2015. Überdies ist zu berücksichtigen, dass sich der bei seiner Einschätzung der von ihm noch im Juni 2016 maßgeblich seiner Gesamtbewertung zugrunde gelegte chronische Verlauf einer „Multiorgansarkoidose“ (Bl. 210 d.A.) nicht bestätigt hat. Er selbst bekundete, dass aus pneumologischer Sicht lediglich leicht- bis mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen bestanden, die den Kläger aber nicht an der Ausübung seiner leichten bis mittelschweren Tätigkeiten hindern (Bl. 211 d.A.). Zudem diagnostizierte Dr. P… bei gezielten Untersuchungen selbst nur eine leichte Lungeneinschränkung (Bl. 263 d.A.). Der Sachverständige Prof. Dr. F… hat sich zudem die Einschätzung des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen Dr. Sch… vom 5.5.2015 zu eigen gemacht, wonach die subjektiv deutliche Leistungseinschränkung wegen der jahrelangen Lungensarkoidose objektiv überhaupt fraglich sei. Dementsprechend hat der Sachverständige Prof. Dr. F… überzeugend „das klare Ergebnis einer Beeinträchtigung von weniger als 50 %“ der Berufsunfähigkeit des Klägers mehrfach ausdrücklich bestätigt (Bl. 550 d.A.). Zugleich stellt er im Einklang mit den objektiven Befunden (Bl. 551 d.A.) nachvollziehbar nur eine erhebliche subjektive Belastung, nicht aber eine relevante objektive Beeinträchtigung mit Auswirkung auf die Fähigkeit des Klägers, seinen Beruf auszuüben, fest. In nicht zu beanstandender Weise kommt er zu dem Bewertungsergebnis einer Beeinträchtigung von weniger als 50 %.
zu b – Verdacht auf koronare Herzerkrankung / kardiale Beteiligung bei Sarkoidose
Bei der in den ärztlichen Bescheinigungen als Diagnose angeführten hypertensiven Herzerkrankung handelte es sich bereits nur um einen bloßen Verdacht, der sich nach den vorgelegten Befundunterlagen aus der Folgezeit gerade nicht bestätigte. Der Sachverständige Prof. Dr. F… hat insoweit in seinem Gutachten festgehalten, dass eine cardiale Beteiligung des Herzens nicht feststellbar sei, sondern im Gegenteil mehrfache Herzschalluntersuchungen mit dem Beleg einer unbeeinträchtigten, über dem Referenzbereich liegenden Ejaktionsfraktion von über 60 % bestünden. Die leichte Mitraklappeninsuffizienz sei in der Regel symptomlos und ohne Krankheitswert (Bl. 547 d.A.). Eine objektive Beeinträchtigung des Klägers durch die cardialen Erkrankungen sei danach nicht gegeben (Bl. 550 d.A.). Dieser nachvollziehbaren und belegten Bewertung schließt sich der Senat an. Unrichtig geht der Kläger deshalb in der Berufung von einem „bestätigten Herzleiden“ aus.
Zu c – Adipositas
Dieses Krankheitsbild hatte nach den Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. F… und Dr. E… keine erkennbare und aus medizinischer Sicht zu erklärende Auswirkung auf die Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers. Zum einen behinderte sie bereits 2011 dessen berufliche Tätigkeit nicht erkennbar; sie wurde stets medizinisch hinreichend behandelt. Zum anderen hat der Kläger auch für den Zeitraum danach auf dieser Erkrankung beruhende, konkrete und nachvollziehbare Einschränkungen nicht ansatzweise dargelegt.
Zu d – arterieller Hypertonus
Auch hier gilt, dass dieses Krankheitsbild keine erkennbare Auswirkung auf die Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers bis Juni 2015 hatte. Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. F… ergibt ist der arterielle Hypertonus häufig sogar symptomlos und hat im Übrigen oft uncharakteristische Beschwerden (Bl. 547 d.A.). Nachvollziehbar wird lediglich auf die vermehrte Atemarbeit verwiesen, wobei der Kläger aber in jedem Fall nur leichte Arbeit ausübt, wo dieser Ansatz nachvollziehbar eine untergeordnete Rolle spielt. Überdies sei der Hypertonus auch medikamentös sachgerecht behandelt worden. Eine Auswirkung der Erkrankung auf die Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers ist damit nicht bewiesen.
Zu e – Prostatahyperplasie
Der Kläger macht geltend, ab Januar 2014 sei er wegen nächtlichen Wasserlassens behandelt worden. Ein nächtliches Wasserlassen lässt jedoch mit den vom Kläger zur Begründung der beruflichen Einschränkung während Schulungsveranstaltungen angeführten häufige Toilettengänge nicht in Übereinstimmung bringen. Eine bestehende urologische Problematik auch tagsüber findet im maßgeblichen Zeitraum in den ärztlichen Unterlagen überhaupt keinen Niederschlag. Vortrag hierzu fehlt. Im Ergebnis der Begutachtungen des Sachverständigen Prof. Dr. F… steht zudem fest, dass eine Prostatahyperblasie eine gutartige (benigne) Vergrößerung der Prostata ist, die das Wasserlassen erschweren kann, was aber nicht erkennbar die Berufsausübung am Tage behindert (Bl. 545 d.A.).
Zu f – Typ B-Gastritis (Heliobacter pylori positiv)
Auch hier gilt allgemein das bereits zu lit. c und d Ausgeführte: Das durch eine Infektion bedingte Krankheitsbild wirkt sich bei einer sachgemäßen Behandlung nicht erkennbar längerfristig als die Behandlungsdauer auf die Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers aus. Der Sachverständige Prof. Dr. F… verneint in seinem Gutachten daher jede Auswirkung. Typisch seien zudem brennende Schmerzen, die der Kläger bereits nicht vorgetragen habe. Außerdem werde auch die (einmalige) Gastritis medikamentös behandelt und hat daher keine Folgen.
Zu g – Berlocombin-Allergie
Unter Zugrundelegung der überzeugenden Einschätzungen des Sachverständigen Prof. Dr. F… ist im Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen, dass die Berlocombin-Allergie unbeachtlich und im Ansatz nicht geeignet ist, die Berufsunfähigkeit des Klägers (mit) zu begründen. Die Verabreichung von Berlocombin ist bereits nicht alternativlos. Zudem interferiert diese nicht mit der Leistungsfähigkeit eines Patienten. Die Berlocombin-Allergie bezieht sich auf das Medikament Berlocombin. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, wann und wie lange er das Medikament eingenommen hat. Konkrete körperliche Auswirkungen in welchen Zeiten hat der Kläger ebenfalls nicht vorgetragen.
Ohne dass es nach Vorstehendem noch darauf ankäme, muss überdies davon ausgegangen werden, dass das Präparat bereits mit Diagnosestellung nicht mehr an den Kläger verabreicht worden ist und damit keine Auswirkungen mehr auf seine Leistungsfähigkeit haben kann.
Daneben findet sich der Hinweis auf verschiedene Lebensmittelunverträglichkeiten und eine Frühblüherallergie des Klägers, die jedoch keinen erkennbaren Bezug zu dessen Berufsausübung aufweisen. Dass die übrigen von ihm eingenommenen Medikamente (konkrete) Nebenwirkungen hätten, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Sein pauschaler Hinweis auf Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden genügt hierzu nicht. Konkrete Hinweise auf Einschränkungen der Leistungsfähigkeit sind auch aus den ärztlichen Unterlagen nicht zu ersehen.
Zu h – obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom
Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist auch nicht bewiesen, dass das Schlaf-Apnoe-Syndrom Auswirkungen auf die Berufsausübung und damit Bedeutung für die Berufsunfähigkeit des Klägers hat. Nach Diagnose dieser Erkrankung unterzog sich der Kläger einer cCPAP-Therapie. Der Kläger wurde nasal beatmet. Die Therapie wird als suffizient eingeschätzt. Anderes hat der Kläger auch im Prozess nicht behauptet. Im Ergebnis dessen sind Beeinträchtigungen dieser Erkrankung entsprechend den gutachtlichen Einschätzungen für die körperlich leichte Berufstätigkeit des Klägers nicht festzustellen. Der Sachverständige Dr. E… hat in seiner mündlichen Anhörung vom 22.11.2022 explizit ausgeführt, dass sich aus der lange zuvor diagnostizierten Schlaf-Apnoe keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Der Sachverständige Prof. Dr. F… hat klar bestätigt, dass die Tagesmüdigkeit durch die erfolgreiche Therapie behoben worden ist.
Zu i - Lymphadenopathie
Auch dieses Krankheitsbild begründet keine (zusätzliche) Beeinträchtigung der Berufsausübung. Der Sachverständige Prof. Dr. F…. hat in seinem Gutachten vom 16.7.2018 bereits erläutert, dass es sich bei dieser Erkrankung um Lymphknotenschwellungen handelt, die integraler Bestandteil des Systemkomplexes der Sarkoidose sind und damit schon begrifflich keinen eigenen Krankheitswert haben. Schon deshalb kann diese Erkrankung nicht gesondert hinsichtlich der Berufsunfähigkeit des Klägers bewertet werden (Bl. 549 d.A.).
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger in diesem Zusammenhang in der Berufung auf die unzureichende Berücksichtigung der Stellungnahme von Dr. St… zu dem Gutachten. Sie stammt zum einen erst vom 2.9.2018 (Anlage K53, Bl. 588) und datiert deutlich nach dem maßgeblichen Zeitraum. Es wird auch nicht erkennbar, aus welchen Gründen er Bewertungen für den Zeitraum ab 2013 vornehmen kann. Zum anderen greift er außerdem nur die Bemessung der Berufsunfähigkeit als weniger auf 50 % an, ohne dies in irgendeiner Weise mit Anknüpfungspunkten zu untersetzen. Es findet sich nur der Hinweis auf den „physischen und psychischen Zustand“ in den Jahren 2013 und 2014. Selbst die Übernahme einer reinen Beschwerdeschilderung des Patienten reicht für einen ärztlichen Nachweis jedenfalls dann nicht aus, wenn sich in dem ärztlichen Nachweis keine Angaben dazu finden, aus welchem Grund der Arzt die Angaben des Patienten für glaubhaft hält (Bruck/Möller-Baumann, VVG, 2019, Rn. 129 nach juris). Hierzu fehlen jedwede Anknüpfungspunkte in der ärztlichen Stellungnahme von Dr. St…. Eine psychische Erkrankung ist in dem maßgeblichen Zeitraum damit bereits nicht ärztlich nachgewiesen. Noch 2016 wird eine psychische Problematik anderweitig verneint. Die in der Berufungsbegründung in Bezug genommene Empfehlung einer psychosomatischen Unterstützung durch den Sachverständigen lässt – entgegen der Bewertung des Klägers in der Berufungsbegründung – gerade nicht auf eine festgestellte Erkrankung schließen. Sie ist vielmehr der aus medizinischer Sicht lediglich erteilte Ratschlag wegen des Auseinanderfallens zwischen objektiven Beeinträchtigungen des Klägers und seiner subjektiven Wahrnehmung, wie sie einhellig in allen Gutachten bestätigt wird. Der ganz allgemeine Hinweis - zumal eines Facharztes für Innere Medizin und Allgemeinmedizin - liefert keinen Anknüpfungspunkt für eine dahingehende Erkrankung.
4.
Ausgehend von der weitgehend fehlenden Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit der Krankheitsbilder, mit Ausnahme zu einem gewissen Anteil der Sarkoidose, war der Senat ebenso wenig wie das Landgericht gehalten, die Sachverständigen im Einzelnen aufzufordern, den konkreten prozentualen Grad der Berufsunfähigkeit bezogen auf ihr jeweiliges Fachgebiet bzw. auf die von ihnen überprüften Krankheitsbilder aus medizinischer Sicht anzugeben. Auch aus Rechtsgründen war dies nicht erforderlich. Es kommt nicht auf die einzelnen Anteile von Gesundheitsstörungen an der Berufsunfähigkeit des Versicherten an, sondern auf die sich aus allen Gesundheitsbeeinträchtigungen insgesamt ergebende Berufsunfähigkeit. Eine Addition findet – worauf auch bereits der Kläger richtig hinweist – nicht statt.
Schließlich sind aus den medizinischen Befunden keine konkreten Anhaltspunkte für eine – klägerseitig geltend gemachte - Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit abzuleiten. Denkbar erscheint das im Wesentlichen im Hinblick auf die Schmerzproblematik. Die Sarkoidose selbst hatte nach der Behandlung mit Cortison nach den aufgezeigten sachverständigen Bewertungen in dieser Hinsicht keine Folgen mehr. Erhebliche Entzündungsprozesse wurden in der Lunge des Klägers nicht mehr festgestellt. Der Kläger war nach vorstehenden Ausführungen auch nicht rheumatisch bedingt eingeschränkt. Die vielfältigen Untersuchungen geschahen allein vor dem Hintergrund der Cortison-Behandlung.
5.
Entgegen der Berufung des Klägers kommt die Einholung eines Obergutachtens, auch nicht im Sinne eines zusammenfassenden Gutachtens nicht in Betracht. Das Landgericht ist dem erstinstanzlich bereits erhobenen Antrag zu Recht nicht gefolgt.
Es steht im Ermessen des Tatrichters, ob er die Einholung eines Obergutachtens für erforderlich hält. Die Partei hat hierauf grundsätzlich keinen Anspruch; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn wegen ungewöhnlicher Schwierigkeiten der Beweisfrage und wegen grober Mängel ihrer Begutachtung eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung eines Obergutachtens besteht (BGH, Urteil vom 11.6.1968 – VI ZR 119/67 –, VersR 1968, 900, 901 und Urteil vom 2.12.1969 – VI ZR 238/68 –, Rn.16 nach juris). (Grobe) Mängel der Gutachten sind nach vorstehenden Ausführungen nicht erkennbar; es erfolgt vielmehr zu den aufgezeigten Krankheitsbildern eine einheitliche, sogar die verschiedenen Erkrankungen zusammenführende und in sich widerspruchsfreie Bewertung durch die verschiedenen Sachverständigen. Besondere Schwierigkeiten bei der Beweisfrage fehlen ebenso, da sich der Kläger auf typische und nicht seltene Erkrankungen beruft und daher insbesondere Dr. E… - aber auch Prof. Dr. F… - die Aspekte der Vorgutachten bei ihrer Würdigung einbeziehen konnten und sich sogar ausdrücklich für fachlich kompetent angesehen haben.
6.
Ergänzend weist der Senat daraufhin, dass auch die erfolgten Beweiserhebungen des Landgerichts zu diesen nachträglich geltend gemachten Krankheiten keine die Berufsunfähigkeit tragenden Feststellungen ergeben haben.
a)
Zum urologischen Beschwerdebild hat der Sachverständige Dr. E… in seinem Gutachten festgehalten, dass die urologische Problematik lediglich in der Aufzählung der Diagnosen der Klinik erwähnt werde, aber nirgends als störend bei den zahlreichen mit dem Kläger durchgeführten multimodalen Therapien bis zur Patientenschulung, einer Gruppentherapie von 45 Minuten Dauer, benannt werde. Die Detrusortätigkeit bewertete der Sachverständige Dr. E… im Rahmen seiner Anhörung zudem dahingehend, dass die in den Anlagen 12 und 13 dokumentierten Untersuchungen gerade die vollständige Entleerung belegen und sich das geschilderte Leiden des Klägers nicht gänzlich nachvollziehen lasse. Weder sei der Kläger speziell behandelt worden, ausgenommen die Verschreibung von Anticholinergika zur Herabsetzung der Sensibilität. Noch seien neurologische Ursachen festzustellen; diese hat der Sachverständige nach Aktenlage vielmehr ausgeschlossen. Die vom Kläger angegebene Häufigkeit des Wasserlassens von alle 20 bis 30 Minuten sei zudem unplausibel, da ein Harndrang bei 50 ml nicht die angegebene Frequenz ergebe. Auch sei bei der behaupteten Beeinträchtigung nicht verständlich, dass sich der Kläger nicht habe weiter behandeln lassen, da Derartiges medikamentös gut einstellbar sei. Insgesamt sei die Krankheit aus den Befunden daher nicht ableitbar. Die Nierensteine sind nach Einschätzung des Sachverständigen im Einklang mit den ärztlichen Befunden komplikationslos entfernt worden. Ein Zusammenhang mit der Harnblase bestehe nicht, ebenso wenig mit der Prostatavergrößerung. Ein Harnstau sei nicht belegt. Diese nachvollziehbaren Ausführungen überzeugen den Senat. Jedenfalls wäre der Kläger – wie der Sachverständige angibt - auch auf Hilfsmittel wie Stoffeinlagen zu verweisen.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger in der Berufungsbegründung zudem darauf, dass Dr. K… am 18.10.2017 eine chronische Blasenentleerungsstörung diagnostiziert habe, die auf kürzere Zeit nicht heilbar und deshalb eine Tätigkeit im Außendienst deutlich eingeschränkt sei. Dieser Vortrag ist mangels vom Kläger vorgetragener oder in der ärztlichen Stellungnahme angeführter Anknüpfungstatsachen – wie bereits zur Stellungnahme von Dr. St… angeführt - unzureichend.
Auch der Angriff, das Landgericht habe sich mit der Bescheinigung von Dr. K… vom 14.7.2016 (Bl. 511) unzureichend befasst, geht ins Leere. Dr. K… erbittet in der in Bezug genommenen Stellungnahme lediglich ein urologisches Konzil und gibt nur allgemein „deutliche berufliche Einschränkungen durch Harndrang“ an. Eine konkrete Diagnose, der Umfang des Harndrangs und auch nur konkrete Einschränkungen sind nicht erkennbar.
Soweit der Kläger die fehlende Einholung eines urologischen Gutachtens beanstandet, vermag der Senat dem – wie das Landgericht zutreffend anführt - nicht zu folgen, da insoweit fachkundige Bewertungen bereits vorgenommen wurden und weitere Feststellungsmöglichkeiten auch vom Kläger mit der Berufung nicht dargelegt werden. Die Hinzuziehung eines Urologen hat der Sachverständige Dr. E… ausdrücklich für nicht notwendig gehalten, weil aussagekräftige Untersuchungen auf diesem Gebiet vorgenommen worden seien und darüber hinausgehende Tatsachen auch ein Urologe nicht hätte feststellen können. Auf Nachfrage hat sich der Sachverständige auch nachvollziehbar ausdrücklich für kompetent auf diesem Gebiet angesehen. Welche weitergehenden Feststellungen vermeintlich hätten getroffen werden können, zeigt der Kläger auch in der Berufungsbegründung nicht auf.
b)
Entsprechendes gilt im Ergebnis für die vom Kläger geltend gemachten Gelenkbeschwerden bzw. der sich daraus ergebenden Fibromyalgie bzw. dem Schmerzsyndrom.
Der Sachverständige Prof. Dr. F… hat dazu bereits angegeben, dass vom Kläger nichts vorgetragen worden sei, was der medizinischen Begutachtung zugänglich wäre (Bl. 600, 603, 688 f. d.A.). Soweit der Sachverständige Prof. Dr. F… in seiner mündlichen Anhörung vom 22.7.2020 von einer „nunmehr vorliegenden chronischen Schmerzerkrankung“ ausgegangen sei sowie festgehalten wird, dass der Kläger dadurch in der Ausübung seines Berufes beeinträchtigt sei, hat er auch darauf hingewiesen, dass er kein Rheumatologe sei und ihm derartige Untersuchungen nicht vorgelegen hätten, auch nicht vom Orthopäden. Eine dahingehende Feststellung vermag der Senat daher nicht zu treffen. Als Folge hiervon hat das Landgericht auch des Sachverständigen Dr. E…. beauftragt. Der Sachverständige Dr. E… ist aber insgesamt zu keinen von den Erkenntnissen der Sachverständigen Dr. P… und Prof. Dr. F… abweichenden Ergebnissen gekommen (Bl. 913 d.A.). Auch nach seiner Auffassung fehlen für die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms die objektiven Befunde (Bl. 917, 1045 d.A.). Die Einnahme von Ibuprofen als Schmerzmittel - auch über Jahre - begründet noch keinen einschränkenden chronischen Schmerzzustand, der eine Berufsunfähigkeit begründen würde. Hinsichtlich der Fibromyalgie hat der Sachverständige Dr. E… in dem Entlassungsbericht zur Sarkoidose eine Darstellung spezifischer diagnostischer Evaluation und Beschwerdevalidierung der „chronischen Schmerzerkrankung in Bezug auf den Stütz- und Bewegungsapparat“ vermisst, zumal der Kläger in der Folgezeit multimodal behandelt wurde. Allein die Beschreibung der Fibromyalgie mit 18 von 18 Tenderpoints hoch positiv und einer somit generalisierten Enthesiopathie reiche nach seiner Einschätzung, der sich der Senat anschließt, gerade nicht aus. Gleiches gilt für die Feststellung, dass sich der Patient im Krankheitsbild der Fibromyalgie allein im Rahmen der Aufzählung der Diagnosen befinde. Diese Einschätzung stützende objektive Befunde gebe es nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht. Andere systemische Ursachen seien nicht ausgeschlossen. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an.
Ungenügend ist schließlich der im Entlassungsbrief der Rehaklinik enthaltene weitere Hinweis, „Beschwerden am Bewegungsapparat bestehen seit 2012“, die im Dezember 2018 in der Rheumaklinik konservativ behandelt worden sind. Weiteres hat der Kläger insbesondere zu einer ärztlichen Behandlung und deren Umfang nicht vorgetragen. Der Hinweis im Entlassungsbrief der Rehaklinik ist kein ausreichender Anknüpfungspunkt für eine Begutachtung.
Der Sachverständige Dr. E… hat in seiner Anhörung vom 24.5.2020 außerdem eingeschätzt, dass die Finger-Hand-Funktion nach Aktenlage so gering beeinträchtigt sei, dass sie in den ärztlichen Stellungnahmen nur pauschal bewertet worden sei. Die Behandlung mit Methotrexat, verabreicht zunächst durch Spritzen und dann in Tablettenform, sei zudem in der Folge noch reduziert worden. Die zunächst hohe Cortisondosis habe darüber hinaus allein der Therapie der Sarkoidose gedient.
Gonalgien als Schmerzen im Knie hatten zur Folge, dass dem Kläger operativ ein Kniegelenkersatz implantiert wurde. Über den Heilungsverlauf hinaus sind Folgewirkungen nicht ersichtlich.
Die Karpaltunnel-Operation verlief folgenlos. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich.
c)
Die ebenfalls erst wesentlich später vom Kläger geltend gemachte psychische Erkrankung einer Depression hat Dr. Sch… verneint (S. 9 der Anlage B10). Weitere ärztliche Bescheinigungen zu einem psychiatrischen Krankheitsbild liegen – wie vorstehend bereits ausgeführt - nicht vor. Der Sachverständige Dr. E… hat überdies in seiner Anhörung vom 22.11.2022 ausgeführt, dass er keinerlei Anhaltspunkte für psychische oder psychosomatische Erkrankungen gefunden habe; diese würden in den Arztbriefen nicht geschildert.
d)
Der Sachverständige Dr. E… kommt endlich wie bereits der Sachverständige Prof. Dr. F… auch in der Gesamtschau aller von dem Kläger bis dahin geltend gemachten und streitgegenständlichen Gesundheitsbeeinträchtigungen zu dem Schluss, dass sich aus den objektiven Befunden auch in der Gesamtschau keine Anhaltspunkte für eine Berufsunfähigkeit des Klägers ergeben (Bl. 1045 d.A.).
Die – erst 2021 – anerkannte Schwerbehinderung des Klägers kann ebenfalls zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung führen. Der Senat folgt der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen Dr. E… mit Blick auf die Bescheinigung von Dr. D…, dass Angaben zur Schwerbehinderung Funktionsbeeinträchtigungen bezogen auf das Alltagsleben zum Ausdruck bringen und keinen Bezug zur Erwerbsunfähigkeit und damit erst recht nicht zur Berufsunfähigkeit haben.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 S. 1 GKG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.