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Sozialversicherungspflicht - Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit - Koch


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 20.11.2013
Aktenzeichen L 9 KR 152/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 SGB 4, § 96 SGG

Leitsatz

1. Ist nach den vertraglichen (Rahmen-)Vereinbarungen der Dienst-/ Auftraggeber nicht verpflichtet, dem Dienst-/Auftragnehmer Aufträge zu erteilen, und muss letzterer erteilte Aufträge auch nicht annehmen, kommt eine abhängige Beschäftigung nur dann in Betracht, wenn der Dienst-/Auftragnehmer einen Auftrag angenommen hat, mithin nur an solchen Tagen, an denen er tatsächlich für den Dienst-/Auftraggeber tätig wurde.
2. Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung sowie die Pflicht, Sozi-alversicherungsbeiträge abzuführen, sind zwingende, nicht abdingbare Rechtsfolgen eines Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses. Daher kommt vertraglichen Vereinbarungen, die einen Verzicht auf diese Elemente vorsehen, allenfalls sehr geringe Bedeutung zu. Werden sie hingegen ausdrücklich vereinbart, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien, ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen.
3. Äußere Merkmale, wie z.B. Gewerbeanmeldung, Rechnungslegung unter Angabe der Umsatzsteuer, Verzicht auf Urlaub, Entgeltfortzahlung und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, sind auch bei vertraglicher Vereinbarung unbeachtlich, wenn zugleich materiell eine Eingliederung des Dienst-/Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation des Dienst-/Auftraggebers bei gleichzeitigem weitgehendem Weisungsrechts des letzteren gewollt ist.
4. Nach deutschen Sozialversicherungsrecht kann eine Person - von Ausnahmen wie im Falle geringfügiger Tätigkeiten (§ 8 Abs. 2 SGB IV) abgesehen - in rechtlich zulässiger Weise in mehreren abhängigen Be-schäftigungsverhältnissen gleichzeitig stehen und ggf. parallel hierzu eine oder mehrere selbständige Tätigkeiten ausüben. Daraus folgt, dass die Existenz weiterer Dienst-/Auftraggeber für die Beurteilung des einzelnen Rechtsverhältnisses typischerweise ohne Bedeutung ist.
5. Die arbeitsteilige Tätigkeit eines Kochs kann in aller Regel allenfalls dann selbständig ausgeübt werden, wenn er selbst Inhaber des Restaurants oder Catering-Unternehmens ist.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) im Jahre 2006 aufgrund abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war.

Der 1978 geborene Kläger, ein gelernter Koch, hatte im Jahr 2006 ein Gewerbe u.a. für diese Tätigkeit („freiberuflicher Koch“) angemeldet. Ihm bewilligte die Beigeladene zu 2) für die Zeit ab dem 17. März 2005 einen Existenzgründerzuschuss für die Dauer eines Jahres, auf den er für die Zeit ab dem 01. September 2005 verzichtete. Daraufhin stellte die Deutsche Rentenversicherung Berlin mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 fest, dass der Kläger ab dem 01. September 2005 nicht mehr der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) unterliege.

Am 17. März 2006 stellten der Kläger und die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Hierbei gaben sie an, er sei seit dem 17. März 2003 als freiberuflicher Koch für diverse Cateringunternehmen, Hotels, Restaurants und Personaldienstleister tätig. Er beschäftige keine anderen Arbeitnehmer und werde am Sitz des Auftraggebers ohne regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeit tätig. Seine Auftraggeber könnten sein Einsatzgebiet nicht ohne seine Zustimmung ändern. Er dürfe aber ohne deren Zustimmung Vertreter einsetzen.

Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger in der Folgezeit ferner an, die Beigeladene zu 1) erteile mündliche Einzelaufträge für die „Vorbereitung, Organisation und Betreuung/Durchführung von Buffets/Menüs für Veranstaltungen“, welche er auf eigenen Wunsch annehme. Die Zeiten des Einsatzes würden im Einzelfall und nach konkretem Bedarf ausschließlich von ihm festgelegt. Weder sei er zur Annahme bestimmter Aufträge der Beigeladenen zu 1) verpflichtet noch diese, ihm regelmäßig Aufträge zu erteilen. Die Vergütung erfolge auf der Grundlage von Leistungsnachweisen, die der Auftraggeber abgezeichnet habe, schriftlich in Form von Rechnungen. Sämtliche Steuer- und Sozialleistungen trage er aus den erhaltenen Vergütungen. Die zur Verrichtung der Tätigkeit notwendigen Hilfsmittel wie Messer oder Berufskleidung seien von ihm zu stellen. Seine Tätigkeit gestalte sich derart, dass er „mit vorhandenen Waren die für das Buffet bzw. das Menü erforderlichen Speisen selbständig“ zubereite und das ihm zur Verfügung gestellte Personal anweise. Die notwendigen Mengen der Speisen würden von ihm selbständig und eigenverantwortlich kalkuliert; die Zubereitung erfolge ausschließlich selbständig. Ferner stelle er das benötigte Equipment selbständig zusammen, transportiere es und baue es vor Ort auf. Ferner betreue er vor Ort das Buffet, indem er Speisen erwärme, das Buffet bestücke und dekoriere sowie nach der Veranstaltung den Abbau des Buffets und den Rücktransport des Equipments übernehme. Für diese Tätigkeit setze er Kapital ein, weil er Berufskleidung, Messer, Fachliteratur und ein Notebook angeschafft habe, die Messer auf eigene Kosten schleifen lasse sowie Beiträge für die Berufsgenossenschaft und die Betriebshaftpflichtversicherung aufbringe. Ferner entstünden ihm Kosten für Steuerberatung und ein Fahrzeug (Finanzierung, Benzin und Reparaturen). Er betreibe darüber hinaus Werbung für sich selbst auf seinem privaten Pkw, durch Visitenkarten sowie durch telefonische Akquise bei potentiellen Kunden. Darüber hinaus trug der Kläger vor,

- er verfüge bei allen seinen Auftraggebern selbständig über Zeit, Ort, Dauer des Einsatzes seiner Arbeitskraft sowie über den Inhalt der zu erfüllenden Aufgabe,

- er trage alleine das Risiko für das Gelingen, d.h. auch für die Abnahme des Produkts, und gehe insoweit in Vorleistung,

- er verfüge z. B. auch über eine Schoko-Schmelz-Maschine,

- er biete sich als Mietkoch auch privaten Haushalten an,

- er unterliege keiner Berichtspflicht gegenüber der Beigeladenen zu 1).

Nach Angaben der Beigeladenen zu 1) wurden die Stundensätze mit dem Kläger durch ihren Küchendirektor ausgehandelt und betrugen zwischen 15.- und 20.- Euro.

Im Einzelnen stellte der Kläger der Beigeladenen zu 1) für seine Tätigkeiten im Jahre 2006 folgende Beträge in Rechnung:

Zeitraum

Vergütung

9. – 16. Februar 2006

1.487,70 €

24. – 30. März 2006

1.426,80 €

5. – 7. April 2006

548,10 €

9. – 14. Mai 2006

1.017,90 €

16. – 18. Mai 2006

582,90 €

14. Juli 2006

261,00 €

29. August – 9. September 2006

1.815,40 €

25. – 26. September 2006

339,30 €

4. Oktober 2006

182,70 €

Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. April 2007 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Koch bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2007 zurück.

Im Klageverfahren brachte der Kläger ferner vor, der Dienstplan der Beigeladenen zu 1) habe seiner ausdrücklichen Zustimmung bedurft. Der Kontakt zur Beigeladenen zu 1) sei durch telefonische Akquise zustande gekommen. Alle an einem Auftrag beteiligten freien und abhängigen beschäftigten Köche hätten sich mit einem Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), dem Zeugen M E, im H B in Berlin getroffen und Einzelheiten besprochen, z.B. wie viele Personen bekocht werden sollten, um was für eine Veranstaltung es sich handele, was an Essen geplant sei, welcher Koch für welchen Teil des Menüs oder Buffets verantwortlich und wie viel Zeit hierfür erforderlich sei. Bei kleineren Veranstaltungen habe er – der Kläger – sämtliche Speisen selbst hergestellt, bei größeren den Teil, für den er zuständig gewesen sei. Direkten Kontakt zu den Kunden habe er nicht gehabt. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei er insoweit frei gewesen, als er selbst habe aussuchen können, an welchen Tagen er die erforderliche Arbeitsleistung erbringe. Grundsätzlich habe es bei der Herstellung der Produkte keine Anweisungen durch die Beigeladene zu 1) gegeben; es sei aber vorgekommen, dass bei speziellen Sachen der Zeuge E noch einmal einen Blick darauf geworfen und bestätigt habe, dass das Produkt den Vorstellungen des Kunden entspreche. Neben seiner eigenen Arbeitskleidung und eigenen Messern habe er auch ein eigenes Schneidebrett sowie weitere Gegenstände, insbesondere diverse Sachen für die Patisserie, wie z.B. Ausstechformen, verwandt. Größere Sachen, mit denen z.B. Speisen erwärmt worden seien, habe die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellt. Bei Veranstaltungen im Frontbereich (sogenanntes Front Cooking) habe die Beigeladene zu 1) eine schwarz-weiß gestreifte Schürze sowie eine Kochmütze aus Papier zur Verfügung gestellt, außerdem sollten alle Köche eine weiße Jacke und eine schwarze Hose tragen. Bei anderen Veranstaltungen oder Menüs ausschließlich mit Tellerservice habe es keine strikten Vorschriften gegeben und sei keine Schürze getragen worden. Vereinzelt, insbesondere bei Einsätzen außerhalb von Berlin, sei es auch vorgekommen, dass er keinen Stundensatz, sondern einen Pauschalpreis mit der Beigeladenen zu 1) vereinbart habe. Lebensmittel habe die Beigeladene zu 1) gestellt. Wenn während der Produktion aufgefallen sei, dass eine Zutat, z.B. Zucker, gefehlt habe, habe er – der Kläger – dies nachbestellt.

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, dass während der Terminbesprechung alle Beteiligten an einem Tisch gesessen sowie die im Angebot vorhandenen Speisen besprochen und Ideen gesammelt hätten. Die Präsentation der Speisen sei in der Runde mit den Köchen besprochen worden und daraufhin ein Arbeitsplan erstellt worden. Damals habe sie drei bis vier fest angestellte Köche gehabt, deren Verdienst unterhalb des dem Kläger und allen weiteren freiberuflichen Köchen gezahlten Betrages von 15,00 Euro je Stunde gelegen habe. Bei den fest angestellten Köchen seien die Arbeitszeiten einheitlich festgelegt worden. Habe sich herausgestellt, dass nicht mehr so viel zu tun sei, sei vereinbart worden, dass diese Köche am nächsten Tag später kommen könnten.

Während des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2010 den Bescheid vom 10. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2007 dahingehend geändert, dass in der vom Kläger vom 09. bis 16. Februar 2006, vom 24. bis 30. März 2006, vom 05. bis 07. April 2006, vom 09. bis 14. Mai 2006, vom 16. bis 18. Mai 2006, am 14. Juli 2006, vom 29. August bis 09. September 2006, vom 25. bis 26. September 2006 und am 04. Oktober 2006 ausgeübten Beschäftigung als Koch Versicherungspflicht der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.

Mit Urteil vom 07. April 2011 hat das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) im Jahr 2006 nicht der Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen habe. Zur Begründung hat das Sozialgericht u.a. ausgeführt, dass die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände überwögen. Zunächst sei der Kläger frei gewesen zu entscheiden, ob er einen bestimmten Auftrag annehme oder nicht. Das aus dieser fehlenden „Auftragsgarantie“ folgende Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, begründe – abweichend von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R)ein nennenswertes unternehmerisches Risiko. Denn es sei für eine selbständige Tätigkeit geradezu charakteristisch, dass sich ein selbständiger Unternehmer – im Gegensatz zu einem abhängig Beschäftigten – selbst um die Verwertung seiner Arbeitskraft kümmern müsse, dass ihm also gerade keine Aufgaben vom Arbeitgeber zugewiesen würden. Dieser Unterschied werde in der Regelung zu § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) deutlich. Auch nach der Übernahme der Aufträge sei der Kläger nicht derartig in die betriebliche Organisation der Beigeladenen eingebunden gewesen, wie es für eine abhängige Beschäftigung typisch gewesen sei. Nach seinen eigenen glaubhaften Schilderungen sei der Kläger sowohl hinsichtlich der Präsentation der Speisen als auch hinsichtlich der Einteilung seiner Arbeitszeit frei gewesen. Konkrete inhaltliche und zeitliche Vorgaben habe die Beigeladene zu 1) dem Kläger nicht gemacht, so dass ihm insofern ein erheblicher eigener Gestaltungsspielraum verblieben sei, der jedenfalls in zeitlicher Hinsicht über das Maß der Entscheidungsfreiheit als normalen Angestellten hinaus gehe. Dass dem Kläger die Räumlichkeiten nebst Aufstellung für die Zubereitung und Präsentation der Speisen von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt worden seien, spreche nicht für eine örtliche Weisungsgebundenheit, da dies für die Tätigkeit eines Mietkochs üblich sei. Weiterhin habe der Kläger in erheblichem Umfang auch eigenes Equipment genutzt und sei nach außen als selbständiger Unternehmer aufgetreten. Seine Arbeit habe er regelmäßig weisungsunabhängig und selbständig ausgeführt. Darüber hinaus spreche maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum für zahlreiche weitere Auftraggeber tätig gewesen und seinen Jahresumsatz 2006 nur zu zirka 1/5 aus von der Beigeladenen zu 1) vergebenen Aufträgen erwirtschaftet habe. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände träten dahinter zurück.

Gegen dieses ihr am 04. Mai 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 27. Mai 2011. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte den Bescheid vom 10. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2007 in der Fassung des Bescheides vom 29. Januar 2010 insoweit aufgehoben, als darin die Versicherungspflicht des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung festgestellt wurde. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerseite angenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die weiteren Beigeladenen äußern sich nicht.

Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 26. Oktober 2012 den Zeugen E vernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist, soweit es noch Streitgegenstand ist, d.h. hinsichtlich der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen, weil die angefochtenen Bescheide der Beklagten, soweit sie diese beiden Versicherungszweige betreffen, nicht zu beanstanden sind.

I. Streitgegenstand ist nur noch die Frage, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) vom 09. bis 16. Februar 2006, vom 24. bis 30. März 2006, vom 05. bis 07. April 2006, vom 09. bis 14. Mai 2006, vom 16. bis 18. Mai 2006, am 14. Juli 2006, vom 29. August bis 09. September 2006, vom 25. bis 26. September 2006 und am 04. Oktober 2006 der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Auf diese Tage wurde der Streitgegenstand durch den während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2010 beschränkt. Dieser Bescheid wurde gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Rechtsstreits. Denn er ändert die Bescheide vom 10. April 2007 und 24. September 2007 nicht nur hinsichtlich der streitgegenständlichen Zeiträume, sondern er "ergänzt" diese Bescheide, die sich auf die (unzulässige) Feststellung einzelner Elemente der Versicherungspflicht beschränkten, in ihren Verfügungssätzen um die notwendigen Feststellungen zur Versicherungspflicht. Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt – und erst damit einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht –, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten i.S.v. § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011, B 12 KR 17/09 R, zitiert nach juris).

II. Der Kläger unterlag in den im Bescheid vom 29. Januar 2010 genannten Zeiten in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI) und nach dem Rechts der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III), weil er an den genannten Tagen gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war.

1. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, Az.: B 12 KR 31/06 R, veröffentlicht in Juris, m.w.N.).

2. Diese Grundsätze liegen auch dem angefochtenen Urteil zugrunde. Ihre Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt durch das Sozialgericht erfolgte indes nicht fehlerfrei.

a. So hat das Sozialgericht zunächst die durch den Bescheid vom 29. Januar 2010 vorgenommene Beschränkung des Streitgegenstands auf wenige Zeiträume des Jahres 2006 unberücksichtigt gelassen. Es hat darüber hinaus verkannt, dass für die Beurteilung der Frage nach einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit nur auf die rechtlichen und tatsächlichen Umstände an diesen Tagen abzustellen ist. Denn eine Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1) kommt schon nach den maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten nur an diesen Tagen in Betracht. Insoweit hat das Sozialgericht nicht beachtet, dass unstreitig weder die Beigeladene zu 1) verpflichtet war, dem Kläger Aufträge zu erteilen, noch musste der Kläger angebotene Aufträge annehmen. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Arbeitsverpflichtung des Klägers nur dann bestehen, nachdem er einen Auftrag der Beigeladenen zu 1) angenommen hat, mithin nur an den Tagen, an denen er tatsächlich für sie tätig wurde. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht von der eines Arbeitnehmers, der jeweils nur tageweise oder für wenige aufeinanderfolgende Tage einen Arbeitsvertrag mit demselben oder mit unterschiedlichen Arbeitgebern schließt: auch in diesem Fall kann eine Beschäftigung nicht an Tagen vorliegen, an denen er – mangels vertraglicher Vereinbarung – keiner Arbeitsverpflichtung unterliegt.

b. An den im Bescheid vom 29. Januar 2010 genannten Tagen war der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Denn er war fast vollständig in deren Arbeitsorganisation eingebunden und unterlag weitgehend deren Weisungen. Insoweit legt der Senat die von diesen beiden Beteiligten beschriebene tatsächliche Vertragsdurchführung zugrunde, weil er keine Anhaltspunkte sieht, dass diese von den mitgeteilten mündlichen Vereinbarungen abwich.

aa. Der Kläger war an den o.g. Tagen nahezu vollständig in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingebunden.

Grundsätzlich ist das Berufsbild des Kochs von arbeitsteiligen Prozessen in einer professionell ausgestatteten Küche geprägt. Ist der (Chef-)Koch nicht zugleich Inhaber des Restaurants oder Catering-Unternehmens, wird er typischerweise auf die Abstimmung mit anderen Köchen, mit sonstigem Küchenpersonal, aber auch mit Servierkräften angewiesen sein. So verhielt es sich nach den Feststellungen des Senats auch im Falle des Klägers. Er hatte das Menü bzw. dessen von ihm zu verantwortenden Teil mit den von der Beigeladenen zu 1) auf ihre Kosten zur Verfügung gestellten Zutaten herzustellen. Hierfür griff er weitestgehend auf die von der Beigeladenen zu 1) vorgehaltene Kücheneinrichtung, z.B. Herde, Töpfe, Schüsseln, Geschirr, nebst weiterer von dieser finanzierten, für die Essenszubereitung unerlässlichen Betriebsmittel (z.B. Wasser, Elektrizität, Gas) zurück. Dem von ihm selbst eingebrachten Arbeitswerkzeug, wie etwa Messer, Ausstechformen, Schneidebrett oder auch kleinere Elektrogeräte wie ein Pürierstab, kommt demgegenüber dieselbe untergeordnete Bedeutung zu wie die vom Kläger in Einzelfällen ausgelösten Nachbestellungen von Zutaten. Bei der Essenszubereitung war der Kläger – selbstverständlich – nicht etwa wie ein Selbständiger unabhängig von den sonstigen Arbeitsvorgängen in der von der Beigeladenen zu 1) vorgehaltenen Küche, sondern auf die Zusammenarbeit mit den anderen für diese Beigeladene tätigen Mitarbeiter angewiesen.

Diese Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) wurde dadurch nach außen gegenüber Kunden demonstriert, dass – so die Angaben des Zeugen – bei Veranstaltungen ein einheitliches Erscheinungsbild der Mitarbeiter vorgegeben wurde (weißes Oberteil, einheitliche Mützen, einheitliche Schürzen). Dass hierbei nur die Mützen und Schürzen von der Beigeladenen zu 1) gestellt wurden, ist für die Frage der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation ohne Belang. Unbedeutend ist ferner – entgegen der Auffassung des Sozialgerichts –, aus welchen Gründen die Beigeladene zu 1) Wert auf ein einheitliches Erscheinungsbild legte. Die Motive für solche unternehmerischen Entscheidungen sind bei der Prüfung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit generell irrelevant.

bb. Der Kläger unterlag aber auch den Weisungen der Klägerin.

(1) Allerdings ist insofern zunächst zu berücksichtigen, dass die Arbeit von Köchen, die – wie der Kläger – auf hohem Niveau für das Catering-Unternehmen einer bundesweit bekannten Gastronomieunternehmerin tätig sind, wesentlich stärker durch kreative Elemente geprägt ist als etwa die Arbeit eines nachgeordneten Mensakochs. Dementsprechend hat der Zeuge bestätigt, dass allen Köchen Freiheiten bei der Art der Zubereitung und der Präsentation, z.B. einer kalten Platte, eingeräumt waren. Aufgrund dessen besteht – wie z.B. auch bei leitenden Angestellten – ein durch die Natur der Tätigkeit eingeschränktes Weisungsrecht, was für sich genommen eine Beschäftigung noch nicht in Frage stellt. Der Kläger war indes insofern weisungsabhängig, als er nicht eigenständig entscheiden konnte, welches Menü oder welchen Teil hiervon er zubereitete. Vielmehr unterlag er insoweit weitgehenden Vorgaben seitens der Beigeladenen zu 1). Hierzu hat er angegeben, dass alle an einem Auftrag beteiligten freien und abhängigen beschäftigten Köche sich im Vorfeld eines Cateringauftrags mit einem leitenden Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) – dem Zeugen – getroffen und Einzelheiten besprochen haben, z.B. wie viele Personen bekocht werden sollten, welche Art von Veranstaltung und welche Menüfolge geplant sei, welche Zutaten in welchen Mengen erforderlich seien, welcher Koch für welchen Teil des Menüs oder Buffets verantwortlich und wie viel Zeit hierfür erforderlich sei. Unerheblich ist hierbei, dass die einzelnen Entscheidungen, etwa über die Menüfolge, die Arbeitsaufteilung und die erforderliche Zeit, unter Beteiligung einer Vielzahl von Mitarbeitern getroffen wurden. Solange dieses Procedere – wie im hiesigen Fall – vom Auftraggeber (der Beigeladenen zu 1) initiiert und gelenkt wird, führt diese moderne Form der Arbeitsplanung und -gestaltung nicht dazu, dass die dabei erzielten Ergebnisse jedem beteiligten Mitarbeiter als Zeichen seiner Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zuzurechnen wären.

(2) Angesichts der vom Kläger im Übrigen beschriebenen Organisation der im Zusammenhang mit einem Cateringauftrag zu erledigenden Aufgaben hält es der Senat nicht für glaubhaft, dass es ihm – so sein Vorbringen – freigestellt war, an welchen Tagen er seine Arbeitsleistung erbringe. Mit der Verpflichtung der Beigeladenen zu 1) gegenüber ihrem Auftraggeber, an einem bestimmten Ort und Tag eine bestimmte Menüfolge für eine vereinbarte Anzahl von Essensgästen zuzubereiten und zu servieren, ist es naturgemäß unvereinbar, dass es im Belieben des Klägers stand, seinen Teil des Menüs z.B. das Dessert, an einem anderen Tag herzustellen.

cc. Weitere gewichtige Umstände sprechen für eine Beschäftigung des Klägers.

(1) So trug der Kläger an den o.g. Tagen kein Unternehmerrisiko.

(a) Seine Vergütung erfolgte in der Regel auf der Basis bestimmter vorab vereinbarten Stundensätze, wie sie auch für Beschäftigte typisch sind. Soweit der Kläger behauptet, in einzelnen Fällen habe er mit der Beigeladenen zu 1) ein – arbeitnehmeruntypisches – Pauschalhonorar für den gesamten Einsatz vereinbart, steht dies in Widerspruch zu den von ihm eingereichten Rechnungen, die – zumindest soweit sie an die Beigeladene zu 1) gerichtet sind – allesamt Stundensatz und -zahl ausweisen. Dies kann indes dahinstehen. Entscheidend ist, dass die Vergütung des Klägers grundsätzlich nicht vom Ergebnis seiner Tätigkeit abhing. Hierzu hat der Zeuge im Rahmen seiner Vernehmung angegeben, dass erst bei häufigeren Mängeln wahrscheinlich eine Rechnung gekürzt worden wäre. Dies kommt den Verhältnissen bei einem angestellten Koch, dessen Entgelt nicht bei Schlechtleistung, sondern allenfalls bei einer Teilleistung gemindert werden dürfte (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Juli 2007 – 5 AZN 610/07 –, juris), sehr nahe. Ferner stand dem Kläger die Vergütung als Gegenleistung für seine Tätigkeit – wie dies für Beschäftigte typisch ist – unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1) zu. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger wie jeder andere Beschäftigte auch allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R –, juris). Ein rechtlich relevantes Risiko, seine Arbeitskraft für die Beigeladene zu 1) vergeblich eingesetzt zu haben, bestand für ihn somit nicht.

(b) Der Kläger hat keinerlei Kapital mit der Gefahr, dieses zu verlieren, eingesetzt (zu diesem Kriterium: BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, juris, m.w.N.). Dass der Kläger einige seiner Arbeitswerkzeuge selbst beschaffte und wartete, könnte allenfalls dann ein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko begründen, wenn die Beigeladene zu 1) die grundsätzlich von ihr zu erbringende Ausstattung des Arbeitsplatzes insoweit vertraglich ausgeschlossen hätte. Dies ist jedoch weder nach dem Vorbringen der Beteiligten noch anderweitig ersichtlich. Entsprechendes gilt für die Behauptung des Klägers, er habe bei der Beigeladenen zu 1) bestellte Speisen mit seinem privaten PKW transportiert. Kosten, die dem Kläger durch die Beiträge zur Berufsgenossenschaft oder Betriebshaftpflichtversicherung entstanden sind, sind Folge seiner unzutreffenden rechtlichen Bewertung, er übe eine selbständige Tätigkeit aus, können letztere indes nicht begründen. Kosten für Steuerberatung, Notebook und ein eigenes Fahrzeug entstehen auch (fast jedem) Beschäftigten und taugen als Differenzierungsmerkmal nicht.

(c) Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts trug der Kläger kein „Auftragsrisiko“.

(aa) Hierfür ist zunächst maßgebend, dass sich – wie bereits dargelegt – die Frage nach einer Beschäftigung nur an den o.g. Tagen stellt, nicht hingegen für das gesamte Jahr 2006. An den o.g. Tagen unterlag der Kläger keinem „Auftragsrisiko“, weil er vertraglich zur Dienstleistung und die Beigeladene zu 1) zu deren Vergütung verpflichtet war. Die Tatsache, dass er an den anderen Tagen, d.h. außerhalb der Erledigung der Einzelaufträge, frei über seine Arbeitszeit und Arbeitskraft verfügen konnten, hat keinen Bezug zur Vergütungsregelung für die geleistete Arbeit. Daher begründet auch das hieraus folgende Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko während der Arbeitseinsätze (vgl. BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – „Ausbeiner“, juris). Die von der ständigen Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) abweichenden Ausführungen des Sozialgerichts hierzu überzeugen den Senat nicht. Denn sie beruhen einerseits unzutreffend auf der Beurteilung des gesamten Jahres 2006 (s.o.). Andererseits geht der Verweis auf die Möglichkeit, ein Abrufarbeitsverhältnis i.S.v. § 12 TzBfG zu begründen, fehl. Denn die Vertragsparteien sind nicht gezwungen, statt Einzelarbeitsverträgen ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG zu begründen. Diese Vorschrift verbietet den Abschluss jeweils befristeter Einzelarbeitsverträge nicht, zumal eine solche Vertragskonstruktion auch im Interesse des Arbeitnehmers liegen kann: er kann dadurch über seine Zeit frei verfügen und läuft nicht Gefahr, dass seine anderweitigen Dispositionen und Verpflichtungen mit der Verpflichtung zur Arbeitsleistung kollidieren (BAGE 141, 348 m.w.N.).

(bb) Zum anderen besteht das vom Sozialgericht offensichtlich in den Blick genommene Risiko, bei Schlechtleistung keine Folgeaufträge zu erhalten, nicht nur bei Selbständigen. Auch Arbeitnehmer – als Idealtypus abhängig Beschäftigter – laufen bei Schlechtleistung Gefahr, nicht weiter beschäftigt zu werden, sei es infolge einer Kündigung oder weil ihr befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert wird.

(cc) Schließlich spielen im vorliegenden Fall, d.h. für die Beurteilung der Frage, ob aus der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) an den o.g. Tagen eine Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung resultiert, nur die (rechtlichen und tatsächlichen) Beziehungen zwischen diesen beiden Beteiligten eine Rolle, nicht hingegen die Verhältnisse zwischen dem Kläger und weiteren Auftraggebern. Denn immer dann, wenn ein Versicherungspflichttatbestand von einer Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV abhängt, sind nur die Verhältnisse in Bezug auf einen bestimmten Dienst-/Auftraggeber zu prüfen, der bejahendenfalls die in den einzelnen Büchern des SGB statuierten Pflichten eines Arbeitgebers zu erfüllen hat. Die (rechtlichen und tatsächlichen) Beziehungen zwischen dem Dienst-/Auftragnehmer und weiteren Dienst-/Auftraggebern sind regelmäßig gesondert und je für sich zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Prüfungen haben keinen wechselseitigen Einfluss aufeinander. Konkret bedeutet dies, das der Kläger zu einem Teil seiner Dienst-/Auftraggeber in einem Beschäftigungsverhältnis stehen kann, während er anderen gegenüber sozialversicherungsrechtlich als Selbständiger zu qualifizieren ist. Eine Gesamtbetrachtung sieht das Sozialversicherungsrecht – von Ausnahmen wie im Falle geringfügiger Tätigkeiten (§ 8 Abs. 2 SGB IV) abgesehen – nicht vor. Kann eine Person somit zulässigerweise, d.h. mangels entgegenstehender rechtlicher Beschränkungen, gleichzeitig in mehreren Beschäftigungsverhältnissen stehen und ggf. parallel hierzu eine oder mehrere selbständige Tätigkeiten ausüben, folgt daraus zugleich, dass die Existenz weiterer Dienst-/Auftraggeber für die Beurteilung des einzelnen Rechtsverhältnisses in der Regel ohne Bedeutung ist.

(2) Zugunsten einer Beschäftigung des Klägers fällt auch ins Gewicht, dass nach der Darstellung des Zeugen keine nennenswerten Unterschiede zwischen der Tätigkeit des Klägers und seiner „festangestellten“ (d.h. unstreitig in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden) Kollegen erkennbar ist (zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – „Familienhelferin“, juris).

c. Der Senat verkennt nicht, dass auch Umstände vorliegen, die gegen eine abhängige Beschäftigung des Klägers an den o.g. Tagen sprechen. Neben den bereits erwähnten, aus Sicht des Senats nicht entscheidenden Gegebenheiten ist dies insbesondere die Tatsache, dass der Kläger nach seinen Angaben berechtigt war, sich ohne Zustimmung des Beigeladenen zu 1) vertreten zu lassen. Dieses für eine unselbständige Arbeit untypisches Element allein wiegt jedoch nicht so schwer, dass es den Ausschlag zugunsten einer selbständigen Tätigkeit geben könnte.

Der Wille der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, ist nach Auffassung des Senats ein nur nachgeordnet zu prüfendes Hilfskriterium. Ihm kommt allenfalls dann indizielle Bedeutung zukommt, wenn dieser Wille dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - „Freelancer“, juris). Im vorliegenden Fall war der Wille insbesondere des Klägers, aber auch der Beigeladenen zu 1) darauf gerichtet, anhand äußerer Merkmale, z.B. der Gewerbeanmeldung seitens des Klägers, der Rechnungslegung unter Angabe der Umsatzsteuer, dem Verzicht auf Urlaub, Entgeltfortzahlung oder Sozialversicherungsbeiträgen) den äußeren Anschein einer selbständigen Tätigkeit zu erzeugen. Ein solcher Wille ist jedoch ohne Belang, wenn zugleich materiell eine Eingliederung des Dienst-/Auftragnehmers in die Arbeitsorganisation des Dienst-/Auftraggebers bei gleichzeitigem weitgehenden Weisungsrechts des letzteren Gegenstand der vertraglichen Abreden ist. Im Übrigen sind Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung sowie die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge abzuführen, zwingende, nicht abdingbare Rechtsfolgen eines Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses. Daher kommt vertraglichen Vereinbarungen, die einen Verzicht auf diese Elemente vorsehen, allenfalls sehr geringe Bedeutung zu (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2012 – L 4 R 761/11 –, juris, m.w.N.). Werden sie hingegen ausdrücklich vereinbart, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien, ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.