Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 03.05.2024 | |
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Aktenzeichen | 4 MK 1/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0503.4MK1.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die weitergehende Musterfeststellungsklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Musterkläger 62,5 % und die Musterbeklagte 37,5 % zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Der Musterbeklagten wird gestattet, eine von ihr zu erbringende Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Steuer- und Zollbürgen zugelassenen Kreditinstituts mit Sitz in der Europäischen Union zu leisten.
Der Musterkläger, ein in die Liste für qualifizierte Einrichtungen gemäß § 4 des UKlaG unter der laufenden Nr. 55 eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die Musterbeklagte. Im Streit stehen die Unwirksamkeit der Klauseln zur Verzinsung der Sparguthaben und deren Folgen sowie die Verjährung etwaiger Ansprüche auf Zinsen.
Die Musterbeklagte hat seit den 1990er Jahren bis in die 2000er Jahre hinein mit einer Vielzahl von Kunden, die Verbraucher sind, (teilweise) unter Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der Bedingungen für den Sparverkehr und ab spätestens 1996 der Sonderbedingungen für den Sparverkehr formularmäßige Verträge mit der Bezeichnung „S-Prämiensparen flexibel“ abgeschlossen. Die Sparverträge sahen die Einzahlung einer individuell ausgehandelten monatlichen Sparrate vor, zusätzlich konnte bereits bei Vertragsbeginn ein Sparbetrag als einmalige Zahlung geleistet werden. Die Höhe der anfänglichen Verzinsung wurde von der Beklagten vorgegeben.
Zur Verzinsung des Sparguthabens heißt es in den Verträgen: „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]“ bzw. „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst“. Ferner war bestimmt, dass die Zinsen dem Sparguthaben jährlich gutgeschrieben und sodann kapitalisiert werden.
Neben der Verzinsungspflicht hat sich die Musterbeklagte zur Zahlung einer verzinslichen S-Prämie verpflichtet, die gemäß nachfolgender Prämienstaffel auf die vereinbarungsgemäß geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres zu zahlen sei; die Prämie betrug nach dem
3. Sparjahr 3 %
4. Sparjahr 4 %
5. Sparjahr 6 %
6. Sparjahr 8 %
7. Sparjahr 10 %
8. Sparjahr 15%
9. Sparjahr 20 %
10. Sparjahr 25 %
11. Sparjahr 30%
12. Sparjahr 35 %
13. Sparjahr 40 %
14. Sparjahr 45 %
15. Sparjahr 50 %.
Den Sparern war die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von 3 Monaten eingeräumt, ein Recht der Musterbeklagten zur ordentlichen Kündigung der Sparverträge war bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe - im 15. Sparjahr - jedenfalls konkludent ausgeschlossen.
Der Musterkläger macht geltend, die Musterbeklagte habe in der Vergangenheit die Verzinsung fehlerhaft und zu Lasten der Kunden vorgenommen; daraus ergäben sich für den jeweiligen Sparer, wie aus den Berechnungen der Kreditsachverständigen H… & F… deutlich werde, Ansprüche auf Kapitalisierung weiterer erheblicher Zinsbeträge.
Der Musterkläger vertritt die Auffassung, die verwendeten Zinsklauseln seien, soweit es die Veränderlichkeit des Zinssatzes betreffe, unwirksam, weshalb die Verzinsung mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a. nach § 246 BGB erfolgen müsse (Feststellungsziel zu I.). Die Zinsklausel sei eine wegen mangelnder Transparenz missbräuchliche - und damit insgesamt unwirksame - Klausel i.S.d. RL 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Die entstehende Vertragslücke dürfe nicht durch Regeln der Billigkeit und damit nicht durch die Regelungen der §§ 157, 242 BGB geschlossen werden; überdies werde bei einer Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung die mit der RL 93/13/EWG gewollte Abschreckungswirkung nicht gewährleistet, weil letztlich bankübliche Zinskonditionen berücksichtigt würden. Eine Lückenfüllung sei allein anhand des dispositiven Rechts vorzunehmen, was bedeute, dass das der Beklagten im Wege der unregelmäßigen Verwahrung zur Verfügung gestellte Kapital nach § 246 BGB zu verzinsen sei. Hilfsweise macht der Musterkläger geltend, die Vereinbarung der Zinsvariabilität sei unwirksam, weil die Gründe für die Vertragsänderung im Vertrag aufgeführt werden müssten. Deshalb seien die Sparguthaben unveränderlich mit dem anfänglich vereinbarten Zinssatz zu verzinsen (Feststellungsziel zu II.). Für den Fall der Wirksamkeit der Vereinbarung der Zinsvariabilität fehle es an einer Regelung über die Art und Weise der Zinsanpassung, weshalb die Zinsanpassungsregelung unwirksam sei (Feststellungsziel zu III.1.); es fehle insoweit auch nicht am Feststellungsinteresse, weil die Musterbeklagte der Allgemeinverfügung der BaFin vom 21.06.2021 nicht nachgekommen sei und die Sparkunden über das Fehlen der wirksamen Zinsanpassungsklausel informiert habe. Es seien ein geeigneter Referenzzins (Feststellungsziele zu III.2.) als gleitender Durchschnitt (Feststellungsziele zu III.3), das Anpassungsintervall und der Anpassungsschwellenwert (Feststellungsziel zu III.4.) zu bestimmen sowie festzustellen, dass der relative Zinsabstand gewahrt und negative Zinsen bei der vertraglichen Zinsanpassung ausgeschlossen werden (Feststellungsziel zu III.5.). Im Hinblick auf die Verjährung von Kundenansprüchen, die sich auf die neu zu berechnenden Zinsen beziehen, verlangt der Kläger die Feststellung, dass die Ansprüche der Sparer sowohl auf gutgeschriebene, als auch auf nicht gutgeschriebene Zinsen frühestens ab dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Prämiensparvertrages fällig werden (Feststellungsziel zu IV.1.), und die Verjährungsfrist frühestens mit dem Schluss des Jahres 2021 beginne (Feststellungsziel zu IV.2.).
Der Kläger beantragt zuletzt,
I. (Unwirksamkeit der Zinsregelung):
Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der von der Musterbeklagten vorformulierten Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die Formulierungen
"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst"
keine wirksame Zinsregelung vereinbart hat und in Ersetzung der fehlenden Zinsregelung die Sparguthaben der Verträge anhand des gesetzlichen Zinssatzes nach § 246 BGB in Höhe von 4 % p.a. für die Dauer der jeweiligen Sparverträge zu verzinsen hat,
II. hilfsweise zu I. (Unwirksamkeit der Zinsvariabilität):
Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der von der Musterbeklagten vorformulierten Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die Formulierungen
"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst"
nicht wirksam die Variabilität des Zinssatzes vereinbart hat und aufgrund dessen die Sparguthaben der Verträge unveränderlich mit dem im jeweiligen Vertrag angegebenen Anfangszinssatz für die Dauer der Sparverträge zu verzinsen hat.
III. äußerst hilfsweise zu II. (keine Zinsanpassungsregelung):
1. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte mit ihren Kunden, die Verbraucher sind, bei Abschluss der von der Musterbeklagten vorformulierten Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel" allein durch die Formulierungen
"Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst"
keine wirksame Zinsanpassungsklausel vereinbart hat.
2. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu III. 1. genannten Verträge, in denen keine wirksame Zinsanpassungsklausel vereinbart wurde,
(a) aus den verfügbaren von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Monatswerten des Zinssatzes für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis 10 Jahren (Zeitreihe: BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.MFISX.B.X100.R0910.R.A.A._Z._Z.A - frühere Kennung: BBK01.WX4260) vorzunehmen hat;
(b) hilfsweise zu (a) aus den verfügbaren von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Monatswerten eines langfristigen (9 bis 10 Jahre) Referenzzinses, welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, wobei der Referenzzins vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht zu bestimmen ist, vorzunehmen hat;
(c) hilfsweise zu (a) und (b) aus einem in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Zinssatz, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und welcher dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, wobei der Referenzzins vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht zu bestimmen ist, vorzunehmen hat.
3. (a) Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung für die im Antrag zu III.1. genannten Verträge, in denen keine wirksame Zinsanpassungsklausel vereinbart wurde, entsprechend des Antrages zu III. 2. (a) bis (c) vom Gericht bestimmten Referenzzinses auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts, also dem arithmetischen Mittelwert des im jeweiligen Anpassungsmonats von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Monatswertes (Basiswert) und der vorangegangenen Monatswerte, wobei die entsprechende Anzahl an Monatswerten herangezogen werden muss, die der Fristigkeit des nach III. 2 (a) bis (c) vom erkennenden Gericht bestimmten Referenzzinses entsprechen muss, vorzunehmen hat.
b) Hilfsweise zu III.3.(a) wird festgestellt, dass sich der gleitende Durchschnitt entsprechend der Fristigkeit des unter III.2. (a) bis (c) vom Gericht bestimmten Referenzzinses ab dem Monat des Vertragsschlusses gebildet wird, sodass sich der gleitende Durchschnitt aufbaut und im ersten Anpassungsmonat aus zwei Werten bildet, im zweiten Anpassungsmonat aus drei Werten und so fort bis Ablauf der Anzahl der Monate entsprechend der Fristigkeit des nach III. 2(a) bis (c) vom erkennenden Gericht bestimmten Referenzzinses ansteigt.
4. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, aufgrund einer Veränderung des im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach III. 2. festgelegten Referenzzinssatzes die Zinsanpassung in den formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ gemäß des Antrags III. 1. monatlich und ohne Berücksichtigung einer Schwelle vorzunehmen.
5. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, bei der Zinsanpassung in den formularmäßigen Sparverträgen „S-Prämiensparen flexibel“ gemäß des Antrags III. 1. zur Beachtung des Äquivalenzprinzips das relative Verhältnis zu wahren, welches sich zwischen dem anfänglich vereinbarten Zinssatz und dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß Antrag III. 2. ermittelten Referenzzinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht sowie zu berücksichtigen, dass ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist.
IV.
1. Es wird festgestellt, dass vertragliche Ansprüche von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf die von der Musterbeklagten zu zahlenden Zinsen, gleich ob bereits gutgeschrieben oder nicht, frühestens ab dem Zeitpunkt einer wirksamen Beendigung ihres Prämiensparvertrages „S-Prämiensparen flexibel“ fällig werden.
2. Es wird festgestellt, dass die Verjährungsfrist vertraglicher Ansprüche von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf die von der Musterbeklagten zu zahlenden Zinsen, gleich ob bereits gutgeschrieben oder nicht, frühestens mit dem Schluss des Jahres 2021 beginnt.
Die beklagte Sparkasse erkennt das Feststellungsziel III.1. an, ferner zum zweiten Hilfsantrag des Feststellungsziels III.2.c), dass der für die veränderliche Vertragszinsanpassung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung maßgebliche Referenzzins aus einer länger angelegten und aktuellen Zeitreihe für Spareinlagen oder aus einer Kapitalmarktzinsreihe der Deutschen Bundesbank, die dem "S-Prämiensparen flexibel" möglichst nahe kommt, entnommen werden müsse, und zum Feststellungsziel III.4., dass für die vertragliche Basis-Zinsveränderung beim streitgegenständlichen Einlagevertrag im Falle der i.S.v. Feststellungsziel III.1. fehlenden oder unwirksamen Zinsveränderungsregelung ein monatliches Zinsanpassungsintervall ohne eine Zinsanpassungsschwelle durch die Beklagte beachtet werden müsse,
und beantragt im Übrigen,
die Klage abzuweisen.
Die Musterbeklagte rügt die Unzulässigkeit der Musterfeststellungsklage mit den Feststellungszielen I. und II sowie die Unzulässigkeit der Feststellungsziele zu III.1, III.2 und IV.2 und macht in der Sache geltend:
Die drei Feststellungsziele zu III.2 seien, soweit sie diese nicht anerkannt habe, unbegründet. Entgegen der Auffassung des Musterklägers sei die ergänzende Vertragsauslegung, die gerade nicht zu einer geltungserhaltenden Reduktion führe, mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG vereinbar. Allerdings müssten geschäftspolitischen Erwägungen in die Auslegung einfließen. Die Pfandbriefzeitreihe WX4260 sei als Referenzzins ungeeignet. Wegen der höher einzustufenden Sicherheit und Liquidität eines Darlehens an die nicht insolvenzfähige Bundesrepublik seien Bundeswertpapiere den (Hypotheken)Pfandbriefen als Referenzanlage vorzuziehen, zudem ließe sich bei letzteren das Zinsänderungsrisiko nur begrenzt absichern. Die Zinsstruktur der Deutschen Bundesbank nach der Svensson-Methode sei den finanzmathematisch ungenaueren Renditewerten vorzuziehen. Finanzmathematisch am genauesten und auch beiderseits interessengerecht sei die von Prof. Dr. W… in dem Rechtsstreit 19 O 187/19 des Landgerichts Frankfurt (Oder) präferierte 16-gliedrige Referenzwertkombination börsennotierter Bundeswertpapiere, hilfsweise sei der von Prof. K… herausgearbeitete Pool von Referenzwerten aus fünf- bis siebenjährigen Null-Kuponanleihen und kurzfristigen Geldmarktanlagen, wie etwa dem 3-Monats-EURIBOR, heranzuziehen. Gewogene, insbesondere sehr breit (z.B. 8-15 Jahre) angelegte Durchschnitte - wie sie der Musterkläger und der vom OLG Dresden herangezogene Sachverständige Prof. T…. präferierten - seien aufgrund der überzeugenden Erwägungen der - in anderen Rechtsstreiten gerichtlich bestellten - Sachverständigen Prof. W… und Prof. E… abzulehnen. Bei gewogenen Durchschnitten komme es zu einer Zusammenfassung verschiedener Anleihearten mit der Konsequenz, dass gewogene Durchschnitte im Grundsatz nicht der tatsächlichen am Markt vorherrschenden Verzinsung für eine Anlage über die jeweils gesuchte Restlaufzeit entsprächen. Es werde dem sukzessiven Ansparvorgang als einem der vier Strukturmerkmale des Prämiensparvertrages nicht gerecht, wenn bei der Referenzzinsauswahl der Zeitraum bis zum Erreichen des Prämienhöchstplateaus in den Vordergrund gestellt werde.
Das Gleitzinsmodell sei abzulehnen. Die Vertragsparteien hätten mit der Zinsvariabilität zum Ausdruck gebracht, dass sich der nur anfänglich fixierte Grundzins nach der aktuellen Kapitalmarktentwicklung verändern solle. Kein Sparer verstünde, was das Prinzip gleitender Durchschnitte für ihn bedeute. Das Gleitzinsmodell sei ein bankbetriebswirtschaftliches Steuerungsmodell zur Beherrschung von Zinsänderungsrisiken, derartige interne Kalkulationserwägungen der Banken seien aber für die Lückenfüllung nicht heranzuziehen. Nicht als interessengerechte Zinsanpassungsmethode sei die Verhältnismethode anzusehen, vielmehr sei die branchenübliche Differenzmethode anzuwenden. Zur Vermeidung von Negativzinsen seien ohnehin beide Methoden untauglich; allein mit der absoluten Methode sei eine belastbare zinsänderungsrisikofreie Kalkulation bzw. Refinanzierung für die Sparkasse möglich und andererseits für den Sparer das Zinsveränderungsprozedere transparent und nachvollziehbar. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Beklagten zur relativen und absoluten Zinsanpassungsmethode wird auf die Schriftsätze vom 29.07.2022 (dort S. 105ff, Bl. 256ff d.A.) und vom 14.03.2024 (dort S. 22 ff, Bl. 735ff d.A.) verwiesen.
Das Feststellungsziel zu IV.1. sei unbegründet, denn es sei nicht dargelegt, dass das für diese Feststellung erforderliche Bedingungsgefüge in die jeweilige Spareinlagebeziehung zum Zulässigkeitsquorum tatsächlich einbezogen worden und dass eine auch nur kurze Verfügungsmöglichkeit über den kapitalisierten Zins ausgeschlossen gewesen sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K… vom 26.06.2023 (lose), das Handout vom 19.02.2024 und die Sitzungsniederschrift vom 20.03.2024 (Bl. 746 ff d.A.) Bezug genommen.
A.
Die Musterfeststellungsklage ist mit Ausnahme des Antrags zu IV.2. zulässig.
1.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht ist gemäß § 32c ZPO i.V.m. §§ 12, 17 ZPO örtlich und gemäß § 1 ZPO i.V.m. § 119 Abs. 3 Satz 1 GVG sachlich für die Musterfeststellungsklage zuständig.
2.
Es liegen auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 606 ZPO vor.
Der klagende Verein ist ein in die Liste für qualifizierte Einrichtungen gemäß § 4 des UKlaG unter der laufenden Nr. 55 - nicht, wie in der Klageschrift genannt: Nr. 62 - eingetragener Verbraucherschutzverband. Zu seinen Gunsten wird gemäß § 606 Abs. 1 Satz 4 ZPO unwiderleglich vermutet, dass der Musterkläger die Voraussetzungen des § 606 Abs. 1 Satz 2 ZPO erfüllt. Der Musterkläger hat die überwiegende öffentliche Förderung durch Schreiben des Ministeriums für Soziales, Gesundheit Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg vom 27.05.2021 (Anlage K 3) belegt.
Er hat zudem vorgetragen und belegt, dass von den jeweiligen Feststellungszielen - soweit sie zulässig geltend gemacht sind - die Ansprüche und Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern (§ 29 c Abs. 2 ZPO, § 13 BGB) abhängen (§ 606 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass es sich bei den in der Klageschrift bezeichneten 32 Personen und den in der Replik vom 04.11.2022 aufgeführten weiteren 4 Personen um Verbraucher i.S.d. § 29c ZPO handelt, die sämtlich - durch Vorlage der Bestätigung der Sparkontoeröffnung durch die Musterbeklagte und der Kopie des jeweiligen Sparkassenbuchs belegt - mit der Musterbeklagten einen Sparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ abgeschlossen haben. Ob der Musterbeklagten darin beizupflichten ist, dass 17 dieser insgesamt 36 Verbrauchern deshalb nicht herangezogen werden könnten, weil infolge der abschließenden Abrechnung und Auflösung des Sparvertrages Nachforderungen ausgeschlossen seien und auf die Anzahl der Vertragsverhältnisse abzustellen sei (so dass ein gemeinsam, etwa von Eheleuten, abgeschlossener Sparvertrag nicht als 2 Rechtsverhältnisse, sondern als ein Rechtsverhältnis gelte), braucht nicht entschieden zu werden, denn selbst dann verbleiben rein rechnerisch Ansprüche und Rechtsverhältnisse von mindestens 10 Verbrauchern. Mit den als Anlagen eingereichten Berechnungen der Kreditsachverständigen H… & F… ist glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO), dass die Musterbeklagte die Zinsen zum Nachteil der Verbraucher zu gering abgerechnet hat und ihnen tatsächlich ein höherer Zinsanspruch zusteht.
Es haben bis zum 13.03.2022, also zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage (am 13.01.2022), mindestens 50 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister wirksam angemeldet (§ 606 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).
Denn auch unter Berücksichtigung von zwei (unzweifelhaft) doppelten Anmeldungen (Nrn. 13+15 sowie Nrn. 32+92) und von - so die Musterbeklagte - 32 weiteren als doppelte anzusehende Anmeldungen (Nrn. 2+3, Nrn 17+18, Nrn 34+35, Nrn 36+37, Nrn. 38+39, Nrn. 41+42, Nrn. 44+45, Nrn. 46+47, Nrn. 48+49, Nrn. 50+51, Nrn. 52+53, Nrn. 54+55, Nrn. 57+58, Nrn. 59+60, Nrn. 62+63, Nrn. 81+82, Nrn. 83+84, Nrn. 90+91, Nrn. 94+95; Nrn. 96+97, Nrn. 98+102, Nrn. 106+107, Nrn. 131+132, Nrn. 135+136, Nrn. 138+139, Nrn. 142+143, Nrn. 160+163, Nrn. 170+171, Nrn. 181+182, Nrn. 198+199, Nrn. 203+204 und Nrn. 214+215), einer zurückgenommenen Anmeldung (Nr. 6), einer Anmeldung (Nr 123) ohne Bezug zu einem mit der Musterbeklagten geschlossenen Sparvertrag, der fehlenden Erkennbarkeit der Anzahl der Sparverträge (Nr. 154 und Nr. 155) verbleiben von den insgesamt 215 Anmeldungen zweifelsfrei mehr als 50 wirksame Anmeldungen.
3.
Bei den Anträgen handelt es sich, mit Ausnahme des Antrags zu IV.2, um geeignete Feststellungsziele.
Nach § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann mit der Musterfeststellungsklage das Vorliegen oder Nichtvorliegen von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen festgestellt werden. Ein zulässiges Feststellungsziel muss danach für Ansprüche der Verbraucher oder für Rechtsverhältnisse vorgreiflich sein (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 31 mwN; Röthemeyer, Musterfeststellungsklage, 2. Aufl., § 606 ZPO Rn. 8 und 22; BeckOK ZPO/Lutz, 41. Edition, Stand: 01.07.2021, § 606 Rn. 15 und 51; Waßmuth/Asmus, ZIP 2018, 657, 658). Über § 256 ZPO hinaus können dabei auch einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses oder einer Anspruchsgrundlage festgestellt werden. Des Weiteren können reine Rechtsfragen mit Bedeutung für eine Vielzahl von betroffenen Rechtsverhältnissen geklärt werden (BR-Drs. 176/18, 20). Die Feststellung eines Anspruchs als solchem kann demgegenüber nach der Rechtsprechung des BGH zum Kapitalanlegermusterverfahren kein zulässiges Feststellungsziel sein (BGH, Beschluss vom 10.06.2008, XI ZB 26/07, Rn 24, juris). Auch können individuelle Anspruchsvoraussetzungen nicht Gegenstand eines Feststellungsziels sein. Jedoch können auch aus diesen Bereichen ausnahmsweise einzelne Tatbestandsvoraussetzungen oder Auslegungsfragen Feststellungsziele sein, wenn jeweils eine Betroffenheit von zehn Verbrauchern gegeben ist. Nicht als Feststellungsziel geeignet sind Fragen, die nur individuell entschieden werden können und die nicht bei den Ansprüchen der Verbraucher gleichermaßen von Bedeutung sind (BeckOK ZPO/Lutz, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 606 Rn. 16).
Dies vorausgeschickt, hält der Senat daran fest, dass das Feststellungsziel zu IV.2 kein statthaftes Feststellungsziel ist, die übrigen Feststellungsziele in ihrer Fassung vom 14.12.2022 indes zulässig sind.
a) Das vom Musterkläger verfolgte Feststellungsziel zu IV.2 ist nicht verallgemeinerungsfähig.
Mit dem Feststellungsziel zu IV.2 begehrt der Musterkläger festzustellen, dass die Verjährungsfrist vertraglicher Ansprüche von Kunden der Musterbeklagten, die Verbraucher sind, in Bezug auf die von der Musterbeklagten zu zahlenden Zinsen, gleich ob bereits gutgeschrieben oder nicht, frühestens mit dem Schluss des Jahres 2021 beginne. Sein Feststellungsinteresse begründet der Musterkläger damit, dass ein Verbraucher vor dem Urteil des BGH vom 06.10.2021 nicht sicher habe erkennen können, ob die Ansprüche auf Zinsnachzahlung nicht gutgeschriebener Zinsen noch bestünden, weshalb die für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 erforderliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis erst ab diesem Zeitpunkt habe vorliegen können.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Tatsachen oder Rechtsfragen zu einzelnen Verjährungsfragen nach allgemeinen Grundsätzen nur dann Gegenstand eines Musterverfahrens sein, wenn sie verallgemeinerungsfähig sind. Betreffen sie ganz oder teilweise individuelle Fragen, die in der Person des Gläubigers liegen und bei mehreren Gläubigern für jeden persönlich festgestellt werden müssen, können sie im Musterverfahren nicht getroffen werden (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn. 111, juris).
So liegt der Fall hier. Denn, wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2022 dargelegt hat, blendet das Anknüpfen des Beginns der Verjährung an das Urteil des BGH vom 06.10.2021 als frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem ein Verbraucher habe erkennen können, ob die Ansprüche auf Zinsnachzahlung nicht gutgeschriebener Zinsen noch bestünden, aus, dass auch die - nur individuell für jeden einzelnen Verbraucher feststellbare - positive Kenntnis des Verbrauchers von den den Anspruch auf Zinsnachzahlung begründenden Umständen die regelmäßige Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnen lässt. Des Weiteren lässt das Feststellungsziel zu IV.2 die absolute Verjährung gemäß § 199 Abs. 4 BGB außer acht, die kenntnisunabhängig 10 Jahre nach Entstehung des Anspruchs eintritt, mithin eine Anspruchsverjährung bei den bis zum 31.12.2010 bereits beendeten Sparverträge bewirkte.
b) Im Übrigen sind die Feststellungsziele zulässig. Sie betreffen jeweils eine das Rechtsverhältnis zwischen den Verbrauchern und der Musterbeklagten bestimmende einheitlich zu beantwortende Rechtsfrage; die Antragstellung genügt auch den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot.
aa) Das Feststellungsziel zu I. und das hilfsweise gestellte Feststellungsziel zu II. sind entgegen der Sichtweise der Musterbeklagten hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Satz 2, § 606 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
Ein Feststellungsziel ist hinreichend bestimmt gefasst, wenn der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) erkennbar abgegrenzt sind, so dass sich die Musterbeklagte erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was mit Bindungswirkung nach § 613 Abs. 1 ZPO feststeht, letztlich nicht den Prozessgerichten in den (ausgesetzten) Individualverfahren zwischen den angemeldeten Verbrauchern und der Musterbeklagten überlassen bleibt (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 25 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19.09.2017, XI ZB 17/15, Rn 64, zum Kapitalanlegermusterverfahren).
Das ist hier der Fall. Mit der Formulierung, "allein durch die Formulierungen (...)" ist hinreichend klar und eindeutig, dass von der begehrten Feststellung nur Sparverträge erfasst werden, in denen über die konkret bezeichnete Klausel hinaus keine (weiteren) qualifizierten Zinsanpassungsparameter vereinbart worden sind; eine Unklarheit darüber, ob mit der Musterfeststellungsklage (auch) die von der Musterbeklagten seit 2005 vertriebenen Neuverträge erfasst sind, mit denen nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Musterbeklagten in Umsetzung der Entscheidung des BGH vom 17.02.2004 (XI ZR 140/03) eine solche "zusätzliche konkretisierte Zinsänderungsausgestaltung eingeführt" worden ist, ist damit ausgeschlossen.
bb) Hinreichend bestimmt sind auch die Anträge zum (Hilfs-)Feststellungsziel zu III.2.(a) bis (c) in der zuletzt gestellten Fassung.
Der Musterkläger hat die Berechnungsmethode zur Ermittlung des "gleitenden Durchschnitts" des maßgeblichen Referenzwertes dargestellt und sowohl den Basiswert als auch das Zeitfenster, auf das zur Bildung des gleitenden Durchschnitts als des arithmetischen Mittelwerts aller im Zeitfenster enthaltenen Einzelwerte abzustellen sei, definiert. Ob die Deutsche Bundesbank eine Zinszeitreihe veröffentlicht hat, die den gleitenden Durchschnitt für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis 10 Jahren wiedergibt, ist für die Bestimmtheit der nunmehr beantragten Feststellung zu III.3.(a) irrelevant. Auch der Einwand der Musterbeklagten, die beantragte Feststellung könne deshalb nicht getroffen werden, weil diese Pfandbriefzeitreihe durch die Deutsche Bundesbank nur als aktuelle Zeitreihe während der Vertragslaufzeit publiziert und erst seit Februar 1990 aufgelegt worden sei, betrifft nicht die Frage der Bestimmtheit der Antragstellung; die Durchführbarkeit der Zinsanpassung gemäß dem gestellten Antrag ist allenfalls eine Frage der Begründetheit der Klage (ebenso bereits BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 217f, juris).
Keinen Bedenken in Bezug auf die Bestimmtheit des Antrages begegnet die im Feststellungsziel zu III.2.(b) und (c) enthaltene Formulierung, wonach der Referenzzins, der dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt, "vom im Musterfeststellungsverfahren erkennenden Gericht zu bestimmen ist". Mit diesen Feststellungszielen geht es dem Musterkläger darum, dass der Senat im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als Teil der rechtlichen Würdigung selbst den Referenzzinssatz bestimmt, der maßgebend für die anschließend von der Musterbeklagten vorzunehmenden Zinsanpassungen ist. Mit einem so formulierten Feststellungsantrag wird dem Gericht lediglich abverlangt, wozu es ohnehin verpflichtet ist.
cc) Keine - teilweise - Unzulässigkeit des Feststellungsziels zu III.5. (vormals III.4.) ergibt sich im Hinblick darauf, dass die Musterbeklagte nie bezweifelt und stets praktiziert habe, dass beim streitgegenständlichen Prämiensparvertrag kein vertraglicher Negativzins zu Lasten des Sparers entstehen dürfe. Denn bereits der Wortlaut der Formulierung, "wobei ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist", macht deutlich, dass damit lediglich die Grenze der mit dem Feststellungsziel zu III.5. verfolgten relativen Zinsanpassung aufgezeigt werden soll.
B.
Die Musterfeststellungsklage ist nur im tenorierten Umfang begründet.
Die Klage ist mit dem Hauptantrag zu I. und dem (ersten) Hilfsantrag zu II. unbegründet. Von den damit zur Entscheidung angefallenen äußerst hilfsweisen Klageanträgen zu III. ist die Musterbeklagte in Bezug auf die Feststellungsziele zu III.1. und III.4 ihren Anerkenntnissen entsprechend und in Bezug auf die Feststellungsziele zu III.2.(c), III.5. und IV.1. aufgrund einer Sachprüfung zu verurteilen; die Klage mit den Feststellungszielen zu III.2.(a) und (b) sowie III.3.(a) und (b) ist unbegründet.
1.
In Bezug auf die Klageanträge zu den Hilfs-Feststellungszielen zu III.1. und III.4 (vormals III.3.) ist die Musterbeklagte ihren Anerkenntnissen in der Klageerwiderung vom 29.07.2022 (dort S. 2f, Bl. 153f d.A.) entsprechend durch Anerkenntnisurteil (§ 307 Satz 1 ZPO) zu verurteilen. Die äußerst hilfsweise gestellten Anträge zu III. sind zur Entscheidung angefallen, weil der Hauptantrag mit dem Feststellungsziel zu I. und der Hilfsantrag mit dem Feststellungsziel zu II., wie nachfolgend (unter 2.) ausgeführt wird, unbegründet sind.
Ein Anerkenntnisurteil kann ergehen ungeachtet des grundsätzlichen Erfordernisses, dass das Feststellungsinteresse als allgemeine Prozessvoraussetzung auch im Rahmen einer Musterfeststellungsklage für jedes Feststellungsziel vorliegen muss (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 108).
a) Nach Auffassung des Senats ist im Falle eines - wie hier - (bedingungslos) erklärten Anerkenntnisses das allgemeine Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO nicht mehr zu prüfen.
Der BGH betont allerdings, dass der Beklagte mit einem Anerkenntnis über den sachlich-rechtlichen Anspruch disponieren könne, so dass es dem Gericht verwehrt sei, den ihm ursprünglich vorgelegten Streitstoff zu überprüfen; die Parteien könnten jedoch grundsätzlich nicht über Prozess- und Rechtsmittelvoraussetzungen verfügen, so dass diese auch im Falle eines Anerkenntnisses vom Gericht zu prüfen seien (BGH, Beschluss vom 18.07.2013, IX ZB 41/12, Rn 7, und vom 10.11.2009, XI ZB 15/09, Rn 15). Dementsprechend hat er die zum Zeitpunkt der Anerkenntniserklärung bereits bestehende Unzulässigkeit der Berufung (Beschluss vom 10.11.2009, XI ZB 15/09,) als dem Erlass eines Anerkenntnisurteils entgegenstehend angesehen. Der Grundsatz, dass ein Anerkenntnisurteil bei Fehlen einer Prozessvoraussetzung ausscheidet, gilt allerdings nicht ausnahmslos. So kann ein Anerkenntnisurteil ausnahmsweise dann ergehen, wenn eine fehlende Prozessvoraussetzung ihm nach dem Sinn und Zweck des § 307 ZPO nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 18.07.2014, V ZR 287/13). Dementsprechend ist anerkannt, dass der Revisionsbeklagte den gegen ihn geltend gemachten Anspruch - allerdings nur, solange der Kläger seine Revision noch nicht begründet hat (BGH, Beschluss vom 12.05.2015, XI ZR 397/14) - durch Erklärung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten anerkennen kann, obwohl vor dem Bundesgerichtshof nach § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ein qualifizierter Anwaltszwang besteht (BGH, Urteil vom 06.05.2014, X ZR 11/14, Rn. 7, 8, juris). Ebenso kann der Beklagte den Klageanspruch innerhalb laufender Berufungsbegründungsfrist wirksam anerkennen, auch wenn die Berufung nicht mehr begründet und das Rechtsmittel damit unzulässig wird (BGH, Beschluss vom 18.07.2013, IX ZB 41/12, Rn 8, juris). Darüber hinaus findet § 307 ZPO entsprechende Anwendung, wenn ein Anerkenntnis im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erklärt wird. Schließlich steht die fehlende Nichtdurchführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens dem Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht entgegen (BGH, Urteil vom 18.07.2014, V ZR 287/13).
In der Literatur und Instanzrechtsprechung findet sich neben der Auffassung, dass das Fehlen des Feststellungsinteresses i.S.d. § 256 ZPO den Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht hindere (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2003, 15 U 5/03), eine differenzierende Ansicht, dass die Prozessvoraussetzungen (nur) insoweit nicht zu prüfen seien, als es die Rechtsschutzvoraussetzungen betrifft, also Klagbarkeit, Rechtsschutzfähigkeit, Rechtsschutzbedürfnis und Feststellungsinteresse bei der Feststellungsklage (MüKo/Musielak ZPO, 6. Aufl. 2020, § 307 Rn 22; Renten in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. § 307 ZPO Rn 19; OLG Stuttgart, Urteil vom 22.07.2021, 19 U 135/20, Rn 115; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 19.09.2012, 6 P 3/11, Rn 33; offengelassen in OLG Stuttgart, Urteil vom 22.02.2022, 6 U 549/20, Rn 56, juris).
Der letztgenannten Sichtweise schließt sich der Senat an. Der Beklagte, der ein prozessuales Anerkenntnis abgibt, ohne dies davon abhängig zu machen, dass das für die Feststellungsklage grundsätzlich erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt, ist nicht schutzwürdig. Sein Kosteninteresse wird, wenn er keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, durch § 93 ZPO hinreichend geschützt. Die Kostenregelung in § 93 ZPO bringt überdies zum Ausdruck, dass unter dem Gesichtspunkt der Prozessvoraussetzungen gegen den Erlass eines Anerkenntnisurteils auch dann keine Bedenken bestehen, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben hat (so bereits BVerwG, Beschluss vom 19.09.2012, 6 P 3/11, Rn 33, juris); die in § 93 ZPO getroffene Kostenregelung macht für (positive) Feststellungsklagen keinen Sinn, wenn das Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO Voraussetzung für ein Anerkenntnisurteil ist.
b) Davon abgesehen, liegt ein Feststellungsinteresse hier (jedenfalls) für das Feststellungsziel III.1 vor, denn die Musterbeklagte hat nach dem - unbestritten gebliebenen - Vorbringen des Musterklägers nicht einmal der Anordnung in der Allgemeinverfügung der BaFin vom 21.06.2021, „alle betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher, mit denen ein langfristiger Prämiensparvertrag mit uneingeschränktem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht bezüglich des Vertragszinses geschlossen wurde, über die Unwirksamkeit der darin enthaltenen Zinsanpassungsklausel sowie das Fehlen einer allgemeinverbindlichen gerichtlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu unterrichten“ (www.bafin.de/SharedDocs/ Veröffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Verfuegung/Vf_210621_allgvfg_Zinsanpassungsklausel), Folge geleistet.
2.
Die Klage ist mit dem Musterklageantrag zu I. und dem Hilfsantrag zu II. unbegründet, mit denen festgestellt werden soll, dass in den Prämiensparverträgen allein durch die Formulierungen "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst" keine wirksame Zinsregelung vereinbart worden sei und stattdessen der gesetzliche Zinssatz nach § 246 BGB in Höhe von 4 % p. a. (Feststellungsziel I.), hilfsweise der im jeweiligen Vertrag wiedergegebene Anfangszinssatz (Feststellungsziel II.), für die Dauer der jeweiligen Sparverträge gelte.
Eine konstante Verzinsung des Sparkapitals unter Ansatz des gesetzlichen Zinssatzes (Feststellungsziel zu I.) oder des jeweils vereinbarten Anfangszinses (Feststellungsziel zu II.) widerspräche dem Charakter des Geschäfts, das die Verbraucher durch den Abschluss der Sparverträge eingegangen sind, und kommt weder nach nationalem Recht noch aufgrund unionsrechtlicher Regelungen in Betracht.
Mit den im Streit stehenden Zinsklauseln haben die Vertragsparteien den anfänglichen Zinssatz konkret und im Übrigen eine variable Verzinsung des Sparkapitals wirksam vereinbart, jedoch keine wirksame Regelung zu den Modalitäten der danach erforderlichen Anpassung des Zinssatzes getroffen (von der Musterbeklagten anerkanntes Feststellungsziel zu III.1.).
a) Nach der gebotenen objektiven Auslegung beinhalten die verwendeten Klauseln, "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst", die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes als Gegenleistung der Musterbeklagten und ein Zinsänderungsrecht der Musterbeklagten (vgl. BGH, Urteile vom 24.11.2021, XI ZR 461/20, Rn 18, und XI ZR 310/20, Rn 21, juris). Auch bei Einbeziehung der AGB der Beklagten, der Bedingungen für den Sparverkehr und der Sonderbedingungen für den Sparverkehr, fehlt es indes an einer wirksamen Vereinbarung über die Art und Weise der Zinsanpassung. Eine Klausel des Inhalts "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" oder "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst", enthält bei der gebotenen objektiven Auslegung - auch im Zusammenhang mit Ziffer 3.1 der Bedingungen für den Sparverkehr - ein Zinsänderungsrecht der Musterbeklagten, nach dem diese den Zinssatz durch die Änderung eines Aushangs in ihrem Kassenraum ändern kann, und ist, weil sie nicht das gebotene Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist, wegen Verstoßes gegen den nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbaren § 308 Nr. 4 BGB unwirksam (BGH, Urteile vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 20ff, und vom 24.11.2021, XI ZR 461/20, Rn 18, und XI ZR 310/20, Rn 21, juris).
b) Als Preisregelung der Parteien unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB weder die Vereinbarung einer variablen Verzinsung noch der anfängliche Zinssatz, der Ausgangspunkt für die Zinsanpassung ist, der Klauselkontrolle (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, Rn 16 f.). Bei Spareinlagen der Kunden ebenso wie bei Darlehen der Kreditinstitute stellt die Wahl zwischen einer gleichbleibenden und einer variablen Verzinsung eine freie, durch gesetzliche Vorschriften nicht vorgegebene Entscheidung der Vertragspartner dar und unterliegt keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (Schimansky WM 2001, 1169, 1175).
Die Aufteilung einer AGB-Klausel in eine kontrollfreie, wirksame Vereinbarung über die Zinsvariabilität und in eine der Inhaltskontrolle unterliegende, unwirksame Bestimmung über die Art und Weise der Zinsanpassung ist ohne weiteres möglich (BGH, Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 211/07, Rn 17; Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 28, juris); entgegen der Auffassung des Musterklägers lässt sich die gegenteilige Auffassung nicht auf die RL 93/13/EWG und deren Auslegung in der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache G… (Urteil vom 03.03.2020, C-125/18) stützen.
Bereits der Entscheidung in der Rechtssache R… (EuGH, Urteil vom 21.03.2013, C-92/11, Rn 46 f, juris) lässt sich eine Trennung zwischen der Vereinbarung von Entgeltvariabilität und der Vereinbarung der Anpassungsformel entnehmen. In dem Urteil vom 03.03.2020 (C-125/18, Rn 51, juris) hat der Gerichtshof sodann ausgeführt, Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 der RL 93/13/EWG seien dahin auszulegen, dass zur Einhaltung des Transparenzerfordernisses bei einer Vertragsklausel, mit der im Rahmen eines Hypothekendarlehensvertrags ein variabler Zinssatz festgelegt werde, diese Klausel nicht nur in formeller und grammatikalischer Hinsicht nachvollziehbar sein müsse, sondern dass die Klausel es außerdem ermöglichen müsse, dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher in die Lage versetzt werde, zu verstehen, wie dieser Zinssatz konkret berechnet werde, sodass er auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien die möglicherweise beträchtlichen wirtschaftlichen Folgen einer solchen Klausel für seine finanziellen Verpflichtungen einschätzen könne. Diese Entscheidung befasst sich mithin mit der vertraglichen Ausgestaltung der Zinsanpassungsmodalitäten und den insoweit an die Transparenz zu stellenden Anforderungen. Sie setzt die Rechtsprechung des Gerichtshofs fort, der in der Rechtssache M… (Urteil vom 26.02.2015, C-143/13) ausgeführt hatte, dass Vertragsklauseln, die es dem Kreditgeber gestatten, den Zinssatz unter bestimmten Voraussetzungen einseitig zu ändern, nicht unter die Kontrollfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 2 Klausel-Richtlinie betreffend den autonom auszulegenden „Hauptgegenstand des Vertrags“ fallen (ebenso BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 301, juris).
c) § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 BGB ist allerdings auch für Hauptleistungspflichten richtlinienkonform dahin auszulegen, dass eine Transparenzkontrolle stattfindet (Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG (im Folgenden: RL 93/13/EWG).
Die Transparenzkontrolle hat aber nicht zur Folge, dass sich aus dem Umstand, dass keine Regelung zu Art und Weise der für die Veränderung des Zinssatzes geltenden Regeln getroffen ist, die Zinsregelung insgesamt unwirksam ist. Die Regelungen "Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. [...] %, am Ende eines Kalender-/Sparjahres [...]" und "Die Spareinlage wird variabel, z. Zt mit [...] % p.a. verzinst" sind verständlich. Denn die Vereinbarung über die Höhe des Anfangszinssatzes sowie darüber, dass dieser lediglich zu Vertragsbeginn („z.Zt.“) gilt, geht ohne Weiteres für den durchschnittlichen Verbraucher aus der Ausdrucksweise der Klauseln hervor. Mit der Formulierung, bezahlt werde der „jeweils gültige“ Zinssatz, und dem Zusatz „z.Zt.“ vor der Angabe des vereinbarten Anfangszinssatzes werden die Verbraucher darüber informiert, dass die Höhe der versprochenen Verzinsung nicht fix und unveränderlich für die Dauer der Vertragsdurchführung vereinbart wird. Darüber, dass es sich bei dem angegebenen, zur Zeit gültigen Zinssatz lediglich um den Anfangszins handelt, sind die Verbraucher auf dieser Grundlage, die keinen Raum für Zweifel oder Verständnisfragen lässt, informiert; ihnen ist vor Vertragsschluss klar vor Augen geführt, dass sie sich mit dem Vertragsschluss keine feste Verzinsung ihres Sparkapitals für die gesamte Dauer der Vertragsdurchführung sichern, schon gar nicht eine feste Verzinsung zu dem anfänglich vereinbarten Zinssatz.
Aus der Entscheidung des EuGH vom 03.03.2020 (C-125/18 – G…) ergibt sich nichts anderes, denn dieses Urteil befasst sich nicht mit der Unterscheidung zwischen dem „Ob“ – also der Vereinbarung von Zinsvariabilität – und dem „Wie“ – mithin der inhaltlichen Ausgestaltung der Zinsanpassung.
Überdies ist allein der Umstand, dass eine Klausel nicht klar und verständlich abgefasst ist, für sich allein nicht geeignet, sie missbräuchlich zu machen (EuGH, Urteil vom 13.07.2023 - C-265/22 - Rn 66 mit Verweis auf den - nicht in deutscher Sprache veröffentlichten - Beschluss vom 17.11.2021, G…, - C-655/20, EU:C:2021:943, Rn 37). Die Transparenz einer Vertragsklausel, wie sie in Art. 5 der RL 93/13/EWG verlangt wird, stellt lediglich einen der Gesichtspunkte dar, die bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit dieser Klausel zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 3.10.2019, K… und C...Bank, - C-621/17 -, Rn 49).
d) Einen Verstoß der getroffenen Zinsregelung insgesamt oder der Zinsvariabilität gegen das Transparenzgebot und eine daraus folgende Missbräuchlichkeit gleichwohl unterstellt, hätte dies nicht zur Folge, dass - zur Vermeidung einer Unwirksamkeit der Prämiensparverträge - die unwirksame Zinsänderungsklausel durch den gesetzlichen Zinssatz des § 246 BGB (Feststellungsziel zu I.) bzw. die unwirksam vereinbarte Zinsvariabilität durch Geltung des anfänglich vereinbarten Zinssatzes (Feststellungsziel zu II.) ersetzt werden kann.
aa) Der Musterkläger verkennt insoweit, dass eine Ersetzung der unwirksamen Zinsänderungsklausel durch den gesetzlichen Zinssatz des § 246 BGB in Höhe von 4 % p.a. eine grundlegende Inhaltsänderung bewirken würde, die nach der oben aufgeführten Rechtsprechung des EuGH nicht zulässig ist. Der Vertragsabschlusswille der Verbraucher war nicht auf den Abschluss eines Sparvertrags mit festem Zinssatz, sondern auf ein wesensmäßig anderes Rechtsgeschäft gerichtet. Im Wege der „Lückenfüllung“ kann dem Verbraucher auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine gänzlich andere Gegenleistung, die den Vertragscharakter ändert, aufgezwungen werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH hat das mit einer missbräuchlichen Vertragsklausel befasste Gericht diese grundsätzlich nur für unanwendbar zu erklären, damit sie den Verbraucher nicht bindet. Der betreffende Vertrag muss – abgesehen von der Änderung, die sich aus der Aufhebung der missbräuchlichen Klausel ergibt – grundsätzlich unverändert fortbestehen, soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts möglich ist (vgl. nur EuGH, Urteil in der Rechtssache D… und C… vom 07.08.2018, C-96/16 und C-94/17, Rn 73). Ein grundsätzlich unveränderter Fortbestand der Verträge schließt es aber aus, die Gegenleistungspflicht des Unternehmers und mit ihr den Charakter des Geschäfts grundlegend umzugestalten.
bb) Aus demselben Grund scheidet bei unterstellter Unwirksamkeit der Vereinbarung der Zinsvariabilität die Verzinsung des Kapitals während der gesamten Vertragslaufzeit mit dem zwischen den Parteien bei Vertragsschluss vereinbarten Zinssatz – wie mit dem Feststellungsziel zu II. begehrt – aus. Denn die Ersetzung der unwirksamen Zinsvariabilität durch einen gleichbleibend auf der Höhe des anfänglich vereinbarten Niveaus verharrenden Zinssatz würde gleichermaßen in die vertragliche Hauptleistungspflicht der Musterbeklagten, die sich zur Zahlung eines konkreten Zinssatzes nur für den Vertragsbeginn („z. Zt.“) verpflichtet hat, eingreifen und den Charakter des Geschäfts grundlegend umgestalten.
3.
Von den hilfsweise zu Ziffer II. gestellten Musterklageanträgen III.2, die den bei ergänzender Vertragsauslegung maßgeblichen Referenzzins für die streitgegenständlichen Verträge betreffen, sind die Hilfsanträge III.2 a) und b) unbegründet.
Zwar liegt den Hilfsanträgen die zutreffende rechtliche Prämisse zugrunde, dass bei Vorliegen einer unwirksamen Zinsanpassungsregelung die maßgeblichen Parameter einer Zinsanpassung (Anpassungsmaßstab und -modus) im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB durch das Gericht festzulegen sind und zu diesen Parametern der Referenzzinssatz gehört. Die in den Anträgen III.2 a) und b) formulierten Referenzen genügen jedoch nicht den Vorgaben, die nach gefestigter höchstrichterlicher und vom Senat insoweit geteilter Rechtsprechung an den Referenzzinssatz zu stellen sind, dessen Änderung Auslöser für die Anpassung des auf das Sparkapital zu gewährenden Zinssatzes sein soll.
a) Die infolge der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsregelung entstandene Vertragslücke ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu schließen, um auf diese Weise die Wirksamkeit der Sparverträge zu gewährleisten.
aa) Folge der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel ist, dass die Sparverträge in ihrer Gesamtheit mangels wirksamer Vereinbarung der von der Musterbeklagten zu erbringenden Hauptleistungspflicht keinen Fortbestand hätten, sondern als von Anfang an nichtig anzusehen wären. Denn die Sparverträge, die eine - nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegende - Vereinbarung über eine variable Verzinsung der Spareinlagen enthalten, wären ohne eine wirksame Vereinbarung über die Ausgestaltung der Variabilität der Verzinsung undurchführbar, weil dann die von der Musterbeklagten zu erbringende Hauptleistung nicht wirksam vereinbart wäre.
Dies wiederum hätte deren Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften zur Folge, was für die Verbraucher besonders nachteilige Folgen hätte. Denn die Verbraucher müssten in einem solchen Fall nicht nur die bereits erhaltenen Zinsen, sondern auch die attraktiven Zinsprämien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Musterbeklagte zurückzahlen und hätten gegen diese lediglich einen Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe der von der Musterbeklagten realisierten Gebrauchsvorteile (vgl. BGH, Urteile vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 55, juris, und vom 12.09.2006, XI ZR 296/05). Höhe und Durchsetzbarkeit eines solchen Anspruchs sind allerdings in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit erheblichen Unsicherheiten belastet. Streitanfällig erscheinen nicht nur die Höhe der von der Musterbeklagten gezogenen Nutzungen und die Berechnung ihrer durchschnittlichen Wiederanlagezinsen, wozu die Musterbeklagte im Rechtsstreit mit den Sparern unter Darlegung ihres Zinsgewinnaufwands substanziiert vortragen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.1998, XI ZR 79/97, Rn 14ff), sondern insbesondere auch die Frage nach dem für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist maßgeblichen Zeitpunkt der subjektiven Kenntnis des Verbrauchers oder grob fahrlässigen Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2017, XI ZR 78/16, und vom 29.07.2021, VI ZR 1118/20; EuGH, Urteil vom 08.09.2022, C-80/21 bis C-82/21, Rn. 90 ff. - D.B.P. u. a., juris).
Die den Verbraucher treffenden Rechtsunsicherheiten – wobei nicht lediglich auf rein wirtschaftliche Folgen abzustellen ist (EuGH, Urteil vom 12.10.2023, C-645/22 – L… Bank AS, Rn 33, juris) - genügen, um die ihn treffenden Nachteile als bedeutend anzusehen.
bb) Gegen die Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung bei unwirksamen Zinsänderungsklauseln, wie sie der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht, bestehen auch aus der Sicht des Senats keine unionsrechtlichen Bedenken. Im vorliegenden Musterfeststellungsverfahren ist sie ohnehin schon deshalb geboten, weil der klagende Verbraucherschutzverein – hilfsweise mit den Feststellungszielen zu III.2. – die Festlegung der für die Zinsanpassung maßgeblichen Parameter im Wege ergänzender Vertragsauslegung begehrt. Ob sich die Verbraucher auf der Grundlage einer gehörigen Aufklärung über die nachteiligen Folgen der Nichtigkeit ihres Sparvertrags in seiner Gesamtheit alternativ für eine Rückabwicklung entscheiden könnten, ist im vorliegenden Musterfeststellungsverfahren ohne Belang.
Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH ist das nationale Gericht in einem Ausnahmefall, wie er hier vorliegt, befugt, eine für nichtig erklärte missbräuchliche Vertragsklausel durch eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts oder eine im Fall einer entsprechenden Vereinbarung der Vertragsparteien anwendbare Vorschrift zu ersetzen. Das nationale Gericht muss unter Berücksichtigung seines gesamten innerstaatlichen Rechts alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Verbraucher vor den Folgen einer Vertragsnichtigkeit zu schützen und auf diese Weise die tatsächliche Ausgewogenheit der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragspartner wiederherzustellen, wenn es keine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts oder keine Bestimmung gibt, die im Fall einer Vereinbarung der Parteien auf den Vertrag anwendbar ist und an die Stelle der betreffenden missbräuchlichen Klauseln treten kann (vgl. EuGH, Urteile vom 12.10.2023, C-645/22 – L… Bank AS, Rn. 34; vom 27.04.2023, C-745/2, - A…F… Hungary, Rn 39f; und vom 16.03.2023, C-6/22 - M.B. u.a. / X S. A, Rn 60; zum Ganzen: BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 319f, juris).
Wie oben (zu 2.) ausgeführt, existieren im nationalen Recht keine Vorschriften, die an die Stelle der missbräuchlichen Zinsanpassungsklausel treten könnten. Nach nationalem Recht steht zur Lückenfüllung (nur) die ergänzende Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) zur Verfügung.
Durch die ergänzende Vertragsauslegung wird eine unwirksame Klausel nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion, die sowohl unionsrechtlich (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2022, C-80/21 bis C-82/21- D… u. a., Rn 62; Urteil vom 29.04.2021, C-19/21, Bank B…, Rn 67f) als auch nach nationalem Recht (BGH, Urteile vom 24.04.2023, VIa ZR1517/22, Rn 25; Urteil vom 20.03.2018, XI ZR 309/16, Rn 20; Urteil vom 06.04.2016, VIII ZR 79/15, Rn 23, juris) unzulässig ist, angepasst. Denn sie bewirkt oder bezweckt nicht die teilweise Aufrechterhaltung einer unwirksamen Klausel, sondern setzt deren unabänderliche Unwirksamkeit gerade voraus (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 51 mwN, juris).
Bei der ergänzenden Vertragsauslegung gemäß den §§ 157, 133 BGB geht es auch nicht um eine nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässige Lückenschließung allein auf der Grundlage von allgemeinen nationalen Vorschriften, mithin auf der Grundlage von Vorschriften, die nicht Gegenstand einer besonderen Prüfung durch den Gesetzgeber im Hinblick auf die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen allen Rechten und Pflichten der Vertragspartner waren und die daher nicht unter die Vermutung fallen, dass sie nicht missbräuchlich sind (EuGH, Urteil vom 25.11.2020, C-269/19 - Banca B., Rn 35, juris). Die im Wege der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnden Regelungen werden nicht anhand der (allgemeinen) Verkehrssitte oder anhand von Billigkeitserwägungen bestimmt. Die anzuwendenden Grundsätze knüpfen vielmehr anhand eines objektiv-generalisierenden Maßstabs an die typischen Vorstellungen und an das Interesse der typischerweise an einem Vertrag der vorliegenden Art beteiligten Verkehrskreise an. Dies gewährleistet die Wiederherstellung der Sach- und Rechtslage, in der sich die Verbraucher ohne die missbräuchliche Klausel befunden hätten. Durch die ergänzende Vertragsauslegung werden die materielle Ausgewogenheit der vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien hergestellt und wegen des anzulegenden objektiv-generalisierenden Maßstabs wird eine wirksame Abschreckung für den Gewerbetreibenden erzeugt, die missbräuchliche Klausel in seine Verträge aufzunehmen, denn die Musterbeklagte kann die Parameter der Zinsanpassung nicht mehr einseitig festlegen und hat damit keine Gelegenheit mehr, ihre geschäftspolitischen Erwägungen über die Interessen der Verbraucher zu stellen. Den Zielsetzungen der RL 93/13/EWG wird mithin durch die Ersetzung der entstandenen Lücke nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung in den Sparverträgen insgesamt entsprochen (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 53; BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 321, juris).
b) Bei der hier vorzunehmenden (ergänzenden) Vertragsauslegung ist zu entscheiden, welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem vorliegenden Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner zum Referenzzins getroffen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.2017, XI ZR 508/15, Rn. 29, juris). Dabei ist bei unwirksamen formularmäßigen Zinsänderungsklauseln, bei denen es sich – ähnlich wie bei Sparkassen-AGB – um deutschlandweit verbreitete Vereinbarungen handelt, im Interesse der Rechtssicherheit eine allgemeinverbindliche ergänzende Vertragsauslegung unabhängig von den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls geboten (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, Rn. 20, juris) bzw. bei Massengeschäften wie den streitgegenständlichen Sparverträgen ebenso wie für die Auslegung und Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht der Wille der konkreten Vertragsparteien entscheidend, sondern auf Grund einer objektiv-generalisierenden Sicht auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 44 ff., juris). Es sind für den aussagekräftigen Referenzzins präzise Parameter zu wählen, die dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen (im Folgenden auch Transparenzkriterium) genügen (BGH, Urteil vom 13.04.2010, XI ZR 197/09, Rn. 19, juris) und die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2010, XI ZR 52/08, Rn. 21, juris). Weil der typische Sparer sich für seine Anlageentscheidung am durchschnittlichen Marktzins vergleichbarer Anlagen orientiert und diese Marktzinsen zugleich die Wiederanlagemöglichkeiten der Banken reflektieren, müssen die mit dem in Rede stehenden Sparvertrag erzielten Erträge (Zinsen und Prämien) über den durchschnittlichen Renditen vergleichbarer Anlagen liegen (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn. 91).
c) Es muss sich um einen schon seit Beginn der 1990er Jahre bis in die 2000er Jahre hinein in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins handeln, der von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt. Andernfalls fehlte es an dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zinsänderungen (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 365 ff., juris). Ernsthaft in Betracht kommen insoweit nur durch die Deutsche Bundesbank veröffentlichte Zinsreihen; andere Referenzzinsen werden weder von den Parteien noch in der Rechtsprechung oder Literatur diskutiert (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 342 ff., juris). Unter den Bezugsgrößen des Kapitalmarktes ist diejenige oder eine Kombination von Bezugsgrößen auszuwählen, die dem konkreten Geschäft möglichst nahekommt (so schon BGH, Urteil vom 17.02.2004, XI ZR 140/03, Rn. 28). Es kommt in erster Linie darauf an, welche Strukturmerkmale den Sparvertrag "S-Prämiensparen flexibel" in einer Weise prägen, dass der Referenzzins oder eine Zinskombination diesen entsprechen muss, um eine gleichlaufende Zinsänderung zu rechtfertigen.
Die hier in Rede stehenden Prämiensparverträge werden im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Spareinlagen handelt, mithin um eine Anlageform, die in die niedrigste Risikoklasse einzustufen ist, weil aufgrund der Gewährträgerhaftung der kommunalen Träger der Sparkassen (vgl. etwa § 36 des Brandenburgischen Sparkassengesetzes vom 26.06.1996) und später der Einlagensicherung ein Risiko, das eingesetzte Kapital (bis zur Höhe der Einlagensicherung) nicht in voller Höhe wieder zurückzuerlangen, nicht besteht.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der den hier streitgegenständlichen Sparvertrag prägt, ist seine Langfristigkeit. Die ab dem Ende des dritten Sparjahres zusätzlich zum variablen Zins anfallende Prämie in ansteigender Höhe von anfänglich 3 % und ab dem Ende des 15. Sparjahres (gleichbleibend auch für die Folgejahre) von 50 % der Vorjahressparleistung bietet – trotz der für den Sparer jederzeit bestehenden Möglichkeit einer prämienunschädlichen ordentlichen Kündigung des Sparvertrages mit einer Frist von drei Monaten – einen wirtschaftlichen Anreiz, den Vertrag mindestens bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe - mithin bis zum Ablauf von 15 Jahren - zu besparen. Es ist daher interessengerecht, einen Referenzzins für langfristige Spareinlagen heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2023, XI ZR 257/21, Rn. 18, juris; Urteil vom 14.05.2019, XI ZR 345/18). Der Senat verkennt nicht, dass in dem Vertrag langfristige Elemente mit einem kurzfristigen Kündigungsrecht des Sparers kombiniert werden und dass das dem Sparer eingeräumte Recht, den Sparvertrag jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen zu können, bei der Anlageentscheidung des Sparers durchaus eine Rolle gespielt haben mag. Dies ändert aber nichts daran, dass der Sparvertrag in Ansehung der Prämienstaffel und des Ausschlusses des Kündigungsrechts der Musterbeklagten aus Sicht des Sparers auf ein langfristiges Sparen ausgelegt und insofern die Kündigungsmöglichkeit lediglich von untergeordneter Bedeutung war. Auf die durchschnittliche tatsächliche Haltedauer kommt es bei objektiv-generalisierender Sicht hingegen nicht an, zumal diese Umstände sich erst nachträglich feststellen lassen und der Sparer bei Vertragsschluss keine Kenntnisse über das (prognostische) Verhalten einer Vielzahl anderer Sparer hat. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Sparverträge trotz fehlender Festlaufzeit und der damit einhergehenden Flexibilität für die Sparer einen attraktiven Halteanreiz boten und dadurch auf eine Besparung mindestens bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe, und damit auf 15 Jahre, angelegt waren (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 325 ff., juris).
Ein weiteres sachliches Vertragsmerkmal, das für die Heranziehung eines Referenzzinssatzes hier von erheblicher Bedeutung ist, ist der Umstand, dass die Spareinlage durch laufende monatliche Einzahlungen in jeweils gleichbleibender Höhe über die gesamte Laufzeit aufgebaut, mithin nicht in einem Betrag bei Abschluss der Sparverträge eingezahlt wird. Darin liegt ein erheblicher Unterschied zu Sparverträgen mit einer Einmalanlage, bei denen der Sparer den Sparbetrag bereits bei Vertragsschluss für die vereinbarte Laufzeit oder auf unbestimmte Zeit anlegt, der dann zu dem vereinbarten Zinssatz verzinst wird, und dem Sparer ggf. die Haltedauer durch über die Jahre ansteigende Prämien zusätzlich vergütet wird. Den zu besparenden Betrag muss der Sparer bei einem Sparvertrag mit Einmalanlage also bei Vertragsschluss aufbringen, wohingegen er bei dem „S-Prämiensparen flexibel“ die Sparleistung in kleineren monatlichen Beträgen über Jahre hinweg leistet.
d) Ein von der Deutschen Bundesbank veröffentlichter Referenzzins, der den Strukturmerkmalen des hier zu beurteilenden Prämiensparvertrages ohne weiteres nahe kommt, existiert nicht. Der Senat hat daher mit sachverständiger Hilfe denjenigen veröffentlichten Referenzzinssatz gewählt, der dem Prämiensparvertrag unter Anwendung der Kriterien für die ergänzende Vertragsauslegung möglichst nahe kommt. Unter Anwendung dieser Kriterien ist der Referenzzins - nach den gut nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. K…, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt - für bis einschließlich September 1997 geschlossene Sparverträge der Zeitreihe für die Umlaufsrendite von börsennotierten siebenjährigen Bundesanleihen und für die ab Oktober 1997 geschlossenen Sparverträge der Zeitreihe für nach der Svensson-Methode ermittelte Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der Deutschen Bundesbank: BBSIS.M.I.ZST.ZI.EUR.S1311.B.A604.R07XX.R.A.A._Z._Z.A, vormals Zeitreihe: WZ9820) zu entnehmen.
Dieser Referenzzins erfüllt die oben genannten, den Prämiensparvertrag "S-Prämiensparen flexibel" prägenden Strukturmerkmale und kommt dem Anlageprodukt Prämiensparvertrag "S-Prämiensparen flexibel" am nächsten. Hierzu im Einzelnen:
aa) Von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zeitreihen zu Einlagenzinssätzen, die als taugliche Referenzwerte herangezogen werden könnten, gibt es nicht - solche werden auch vom Musterkläger nicht herangezogen. Ungeachtet der Problematik der vom Musterkläger angesprochenen (Schriftsatz vom 04.11.2022, dort S. 17) Selbstreferenz (dazu BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 101/20, Rn 348) gab es zwar - wie der Sachverständige Prof. Dr. K… in seinem Handout vom 19.02.2024 ausgeführt hat - mit dem Bonussparen oder dem Wachstumssparen in gewisser Weise mit dem "S-Prämiensparen flexibel" vergleichbare Sparformen, bei denen dem Sparer eine Zusatzverzinsung in Abhängigkeit von der Vertragsdauer in Aussicht gestellt wurde; diese Sondersparverträge waren im Übrigen aber sehr unterschiedlich ausgestaltet im Hinblick auf Einmalanlage bzw. Ratensparverträge und die vereinbarte Laufzeit. Entscheidend ist jedoch, dass sich nach den vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen den von der Bundesbank veröffentlichten Zinsstatistiken für Spareinlagen mangels hinreichend spezifischer Datenerfassung nicht sicher entnehmen lässt, ob in diese tatsächlich (ausschließlich) alternative Sparprodukte mit ähnlichen Vertragsmerkmalen wie die in Rede stehenden Prämiensparverträge eingegangen sind.
bb) Die gewählten Referenzzinssätze erfüllen das Transparenzkriterium. Dies gilt auch für die Zeitreihe für nach der Svensson-Methode ermittelte Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit. Der Sachverständige hat - entgegen der Darstellung in dem Schriftsatz vom 02.04.2024 aus dem Musterfeststellungsverfahren 4 MK 1/22, dessen Inhalt sich der hiesige Musterkläger mit ohnehin insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 02.04.2024 zu eigen gemacht hat - nicht ausgeführt, dass diese Zeitreihe in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank enthalten gewesen sei, sondern bereits in dem Gutachten vom 29.06.2023 festgestellt, dass die Zeitreihe in den (seinerzeit verfügbaren) Statistischen Beiheften zu den (jeweiligen) Monatsberichten der Bundesbank abgebildet worden sei (siehe Gutachten S. 30).
Zwar wurde die Zeitreihe für die Umlaufsrendite von siebenjährigen Bundesanleihen nach den Ausführungen des Sachverständigen von der Deutschen Bundesbank durchgängig, d.h. im hier maßgeblichen Zeitraum von Beginn der 1990er Jahre an bis in die 2000er Jahre, veröffentlicht, hingegen die Zeitreihe BBSIS.M.I.ZST.ZI.EUR.S1311.B.A604.R07XX.R.A.A._Z._Z.A (vormals: WZ9820), deren Berechnung auf der durch die Svensson-Methode bestimmten Zinsstruktur beruht, erst ab Oktober 1997 implementiert. Gleichwohl hält der Senat es für richtig, ab Oktober 1997 auf die nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der Deutschen Bundesbank: BBSIS.M.I.ZST.ZI.EUR.S1311.B.A604.R07XX.R.A.A._Z._Z.A, vormals Zeitreihe: WZ9820) zurückzugreifen.
Gegenüber den Umlaufsrenditen, mit denen die Deutsche Bundesbank vor der Einführung der Svensson-Methode operiert hat, sind die nach dem Svensson-Verfahren berechneten Renditen für risikolose Nullkuponanleihen des Bundes mit dem Sachverständigen deshalb vorzuziehen, weil sie die Zinsverhältnisse am Kapitalmarkt am besten abbilden. Für Umlaufsrenditen wird bei einem größeren Portfolio von Anleihen die mittlere, mit den zu Marktkursen bewerteten Umlaufbeträgen gewichtete Rendite berechnet. Zur Ermittlung der Umlaufsrendite wird also das denkbar einfachste Schätzverfahren, nämlich eine Mittelwertbildung, verwendet; auch Umlaufsrenditen sind mithin - ebenso wie die nach der Svensson-Methode ermittelten Zinsstrukturkurven - "rechnerisch ermittelte" Renditen (BGH, Urteil vom 21.10.2010, XI ZR 52/08, Rn 22). Des Weiteren ist aus den Angaben der Umlaufrendite in der Bundesbankstatistik nicht erkennbar, wie die einzelnen Anleihen gewichtet worden sind. Auch wenn die Bundesbank Umlaufsrenditen für Anleihen mit einer siebenjährigen Laufzeit angibt, muss lediglich die gewichtete mittlere Laufzeit 7 Jahre betragen und die sog. Duration, d.h. die tatsächliche effektive Kapitalbindung, wird nicht berücksichtigt. Das sog. Svensson-Verfahren begegnet diesen methodischen Schwächen; es ist ein - nicht nur - von der Deutschen Bundesbank verwendetes, in der finanzwirtschaftlichen Fachwelt allgemein anerkanntes komplexeres ökonometrisches Verfahren, um Zinsverhältnisse am Kapitalmarkt möglichst genau abbilden zu können.
cc) Dem Referenzzins liegen börsennotierte Bundeswertpapiere zugrunde, mithin eine Anlageform, bei der die Gefahr des Verlustes des eingesetzten Kapitals bzw. eines Teils davon, nicht besteht. Bundesanleihen werden der niedrigsten Risikoklasse zugeordnet.
dd) Der für Renditen von Bundesanleihen mit (Rest)laufzeiten von sieben Jahren veröffentlichte Referenzzins erfüllt das Kriterium der Langfristigkeit, denn hierunter fallen nach den Erläuterungen des Sachverständigen gemeinhin Anlagen mit Laufzeiten von über 5 Jahren, und entspricht hinsichtlich der Fristigkeit dem in Rede stehenden Prämiensparvertrag. Zwar war - wie bereits ausgeführt - aus objektiv-generalisierender Sicht beider Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages die Laufzeit des Vertrages bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe, d.h. auf 15 Jahre, angelegt. Da das zu verzinsende Kapital jedoch durch gleichbleibende monatliche Ratenzahlungen aufgebaut werden sollte, waren die eingezahlten Sparbeiträge im Durchschnitt nur für 7,5 Jahre gebunden. Dieser mittleren Kapitalbindung kommen die Renditen von Bundeswertpapieren mit Restlaufzeiten von 7 Jahre am nächsten.
(1) Es handelt sich nicht um eine Einmalanlage mit 15jähriger Laufzeit oder mit einem durch entsprechende Prämienstaffelung gesetzten Sparanreiz für (mindestens) 15 Jahre. Der Prämiensparvertrag "S-Prämiensparen flexibel" sah lediglich optional die Vereinbarung der Einzahlung eines Einmalbetrages zu Vertragsbeginn vor; dass eine Einmalzahlung - zudem in einer die Referenzwertbestimmung maßgeblich beeinflussenden Höhe - typischerweise zwischen den Sparern und der Musterbeklagten vereinbart worden ist, ist weder aus dem vom Musterkläger in der Klageschrift mitgeteilten Sachverhalt, noch - entgegen der vom hiesigen Musterkläger sich zu eigen gemachten Darstellung in dem Schriftsatz vom 02.04.2024 des Musterklägervertreters aus dem Verfahren 4 MK 1/22 - aus den in der Klageschrift aufgeführten konkreten Sparverträgen ersichtlich. Der typische Sparvertrag ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass die Sparbeträge (konstant) Monat für Monat über Jahre hinweg eingezahlt werden. Daraus resultieren – bei einem unterstellten „Ende“ des Vertrages nach 15 Jahren – für die einzelnen Jahreseinzahlbeträge "Laufzeiten" von 0 bis 15 Jahren; so werden die im 1. Jahr gezahlten Sparbeiträge 15 Jahre gehalten, die im 2. Jahr gezahlten Beiträge 14 Jahre, die im 3. Jahr gezahlten Beiträge 13 Jahre, die im 4. Jahr gezahlten Beträge 12 Jahre usw. bis zu den im 15. Jahr gezahlten Sparbeiträgen, die 1 Jahr gehalten werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Aussage, es seien als Referenz in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Zinssätze zugrunde zu legen, die einer Laufzeit von 15 Jahren möglichst nahe kommen (BGH Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 85; siehe auch OLG Naumburg, Urteil vom 08.02.2023, 5 MK 1/10), zu relativieren. Die Sparleistung erfolgt bei den in Rede stehenden Prämiensparverträgen durch die Einzahlung monatlich gleichbleibender Geldbeträge; mit Ausnahme der im 1. Jahr eingezahlten Sparbeträge sind die eingezahlten Gelder gerade nicht 15 Jahre gebunden, wie es bei einem auf 15 Jahre angelegten Sparvertrag mit einer Einmalanlage zu Vertragsbeginn der Fall wäre, sondern im Mittel 7,5 Jahre. Diese sozusagen dauerhafte „Ansparleistung“ über die gesamte Vertrags“laufzeit“ von 15 Jahren hinweg darf aus Sicht des Senats als ein den Prämiensparvertrag prägendes und diesen von anderen (Prämien)Sparmodellen unterscheidendes Merkmal bei der Referenzzinsbestimmung nicht unberücksichtigt bleiben.
(2) Das vorstehend beschriebene, den in Rede stehenden Prämiensparvertrag prägende Laufzeitspektrum mag nahelegen, den Referenzzinssatz als Mittelwert von 16 Zinssätzen für Anleihen mit Laufzeiten von 1 bis 15 Jahren zu bilden; dies ist indes - abgesehen von der vom Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (dort auf S. 30) geschilderten fehlenden Datenverfügbarkeit für Anleihen mit längeren Laufzeiten als 10 Jahren über den gesamten Zeitraum von den frühen 1990er Jahre bis in die 2000er Jahre hinein - aus Rechtsgründen abzulehnen. Es erscheint ausgeschlossen, dass sich der typische Sparer auf einen solchen Referenzzins, der aus 16 verschiedenen Zinssätzen hätte ermittelt werden müssen, eingelassen hätte; eine hierauf beruhende Zinsanpassung wäre für den durchschnittlichen Sparer kaum durchschaubar gewesen.
(3) Diesen Mangel an Transparenz weisen die vom Sachverständigen Prof. Dr. K… empfohlenen Referenzzinsen für Umlaufsrenditen bzw. aus der Zinsstrukturkurve abgeleiteten Renditen siebenjähriger Bundesanleihen nicht auf, und sind daher und weil sie die mittlere Bindungsdauer der monatlich eingezahlten Geldbeträge gleichermaßen gut abbilden, heranzuziehen.
Zunächst ist festzustellen, dass sich bei Verwendung eines 16gliedrigen Referenzzinssatzes gebildet aus Zinssätzen mit Laufzeiten von einem bis 15 Jahren und dem - lediglich zeitlich gestaffelt anzuwendenden - einzelnen Zinssatz, bezogen auf die mittlere Laufzeit von 7 Jahren, nur geringfügige Unterschiede ergeben. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 29.06.2023 ausgeführt, dass die beiden Zinsverläufe in dem von ihm betrachteten Zeitraum von 1993 bis 2019 nahezu deckungsgleich sind und die - für den Zinsanpassungsmechanismus maßgeblichen - monatlichen Veränderungen im Durchschnitt gleich sind, die absolute Abweichung bei der monatlichen Zinsänderung betrug zu keinem Zeitpunkt mehr als 9 bzw. 7 Basispunkte (0,09 % bzw. 0,07 %).
Unter den für die mittlere Kapitalbindungsdauer von 7,5 Jahren in Betracht kommenden Anleihen mit einer siebenjährigen Laufzeit und mit einer achtjährigen Laufzeit hat der Senat - auch insoweit dem Sachverständigen folgend - die siebenjähriger Bundesanleihen deshalb für am besten passend angesehen, weil das zu verzinsende Kapital zu Beginn der Ansparung noch ganz klein war, während es gegen Ende der Prämienstaffel über einen kürzeren Zeitraum gebunden, aber sehr viel größer war.
Keine Bedeutung haben bei dieser Referenzzinsauswahl Überlegungen zu der (hypothetischen) Verwendung des Mittelaufkommens durch die Beklagte und die Refinanzierbarkeit von mit einem bestimmten Referenzzinssatz unterlegten Prämiensparverträgen. Wie der Senat mit Verfügung vom 24.01.2024 (Bl. 294f d.A.) dargelegt hat, wird, da die Marktzinsen zugleich die Wiederanlagemöglichkeiten der Institute angemessen reflektieren (vgl. Staub in Staub, HGB, 5. Aufl., 2. Abschnitt, Das Passivgeschäft Rn. 52; Grundmann, Bankvertragsrecht, Band 1, 2. Abschnitt Rn. 54; Ellenberger, aaO, S. 1758, zum Aktivgeschäft), mit ihnen als Referenz dem berechtigten Interesse der Musterbeklagten Rechnung getragen (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 92 mwN, juris). Für eine Reduzierung der Anleihenlaufzeit von 7 Jahren - wie im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen erwogen - ist daher kein Raum.
Auch folgt der Senat nicht den im schriftlichen Gutachten vom 29.06.2023 angestellten Überlegungen, das dem Sparer eingeräumte Recht, den Sparvertrag jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten kündigen zu können, bei der Laufzeit der Referenzanlage oder durch Beimischung eines kurzfristigen Zinssatzes zu berücksichtigen. Denn bei der gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht bot der Prämiensparvertrag, wie bereits dargelegt, bei Abschluss des Vertrages für den Sparer trotz der Flexibilität aufgrund der Kündigungsmöglichkeit den Anreiz, diesen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe zu besparen. Hiervon abgesehen, wäre die Beimischung von Referenzzinsen mit kürzeren Laufzeiten für einen Sparer kaum nachvollziehbar und ist ausschließlich an den Interessen der Bank ausgerichtet. Es liegt deshalb fern anzunehmen, eine solche Beimischung entspräche dem mutmaßlichen Willen beider Parteien.
d) Die von dem Musterkläger mit den Feststellungszielen zu III.2.a) und b) präferierten Referenzzinssätze weisen, ebenso wie andere Referenzzinsen, die von der Musterbeklagten oder von Sachverständigen in anderen Verfahren präferiert bzw. vorgeschlagen wurden, die nötigen Strukturmerkmale - wie nachfolgend dargestellt - entweder gar nicht auf oder kommen diesen im Vergleich zu den hier gewählten Referenzzinsen weniger nahe.
aa) Beide von dem Musterkläger mit den Feststellungszielen zu III.2.a) und b) favorisierten Referenzzinsen erfüllen zwar die nötigen Transparenzkriterien und das Strukturmerkmal der Langfristigkeit; sie bilden aber jedenfalls die tatsächliche Kapitalbindungsdauer von (etwa) 7 Jahren nicht ab.
Dies gilt sowohl für die in dem vorrangigen Hilfsantrag - Feststellungsziel III.2.a) - als auch dem ersten Hilfsantrag - Feststellungsziel III.2.b) - beschriebenen Referenzzinsen, die sich jeweils auf Anlagen mit einer - längeren - Fristigkeit von über 9 bis 10 Jahren beziehen.
Die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zeitreihen für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe, so die vorgeschlagene Zeitreihe für Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren (Zeitreihenkennung: BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.MFISX.B.X100.R0910.R.A.A._Z._Z.A, vormals BBK01.WX4260) - Feststellungsziel III.2.a) - kommt entgegen der Ansicht des Musterklägers auch deshalb nicht als taugliche Referenzwerte in Betracht, weil dieser Referenzzins u.a. auf Hypothekenpfandbriefen basiert und Hypothekenpfandbriefe grundsätzlich ausfallbehaftet sind. Damit sind sie mit einem - wenn auch geringen - Kapitalverlustrisiko behaftet, was sich am Markt in einem höheren Zinssatz niederschlägt. Es handelt sich demnach nicht um eine risikolose Anlageform, so dass Hypothekenpfandbriefe strukturell mit dem hier zu beurteilenden Sparvertrag nicht hinreichend vergleichbar sind (so bereits Senat, Urteile vom 27.03.2024, 4 U 98/22, 4 U 221/21, 4 U 97/22 und 4 U 91/22; vgl. auch BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 370 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2022, 5 U 1973/20, Rn. 29, juris).
Dass diese in dem Feststellungsziel III.2.a) bezeichnete Zeitreihe mit der früheren Bezeichnung BBK01.WX4260 von einigen Sparkassen für die Verzinsung von Prämiensparverträgen herangezogen wurden, ist unerheblich. Der für die ergänzende Vertragsauslegung anzulegende Maßstab ist eine objektiv-generalisierende Sicht auf den streitgegenständlichen Vertragstyp. Eine ergänzende Vertragsauslegung in der Weise, dass an die Stelle der unwirksamen Zinsanpassungsklausel ein von anderen Sparkassen verwendeter - und damit von ihr einseitig vorgegebener - Referenzzins tritt, liefe auf eine im Ermessen der Musterbeklagten begründete Ausgestaltung der Zinsanpassung hinaus und würde damit der Musterbeklagten eine Position einräumen, die sie wegen der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel gerade nicht hat.
bb) Die Zeitreihe der Deutschen Bundesbank für Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / börsennotierter Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten zwischen 8 bis 15 Jahren (vormals WU 9554), die etwa vom OLG Dresden (Urteile vom 21.04.2023, 5 MK 1/21, und vom 13.04.2022, 5 U 1973/20), vom OLG Naumburg (Urteil vom 08.02.2023, 5 MK 1/20) sowie vom Bayerischen Obersten Landesgericht (101 MK 1/20) für ab September 1993 bis einschließlich 2019 geschlossene Sparverträge präferiert wird, ist nach Auffassung des Senats ebenfalls weniger geeignet als die hier tenorierten Zeitreihen.
Gegen die Heranziehung von aus der Zinsstruktur abgeleiteten Renditen für Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von 8 bis 15 Jahren spricht nicht nur, dass solche Restlaufzeiten systematisch über der mittleren Kapitalbindung von 7,5 Jahren liegen. Diese Zinsreihe erscheint überdies deshalb nicht so geeignet, weil in dieser Zeitreihe Bundeswertpapiere mit Laufzeiten von 8 bis 15 Jahren zusammengefasst sind. Die genaue Fristigkeit ist von der jeweiligen Zusammensetzung der am Markt zu einem gegebenen Zeitpunkt gehandelten Bundeswertpapiere abhängig, so dass bei dieser Zinsreihe die tatsächliche mittlere Kapitalbindung stark zwischen 8 und 15 Jahren schwanken kann. Die Veränderungen der Durchschnitte im Laufe der Zeit sind hierbei - so der Sachverständige Prof. Dr. K… - unvorhersehbar, je nachdem, ob in die Berechnungen mehr Papiere mit Restlaufzeiten von 15 Jahren, mit 8 Jahren oder dazwischen liegenden Restlaufzeiten eingegangen sind.
cc) Die vom Bayerischen Obersten Landesgericht im Musterfeststellungsverfahren 101 MK 1/20 zur Ermittlung des Referenzzinssatzes - für ab September 1993 bis einschließlich 2019 geschlossene Sparverträge: Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der Kennung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A (Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Börsennotierte Bundeswertpapiere / RLZ von über 8 bis 15 Jahren / Monatswerte) (vormals WU 9554), für ab 2020 geschlossene Sparverträge: aus der Zinsstruktur abgeleitete Renditen für Bundeswertpapiere mit jährl. Kuponzahlungen / RLZ 15 Jahre - gewählte Herangehensweise überzeugt nicht. Der dortige gerichtliche Sachverständige, Prof. Dr. T… F…, ist im Ausgangspunkt noch zutreffend davon ausgegangen, dass sich unter Berücksichtigung des Ansparvorgangs und des fehlenden Ausfallrisikos eine alternative Anlage als eine Summe von 183 Nullkuponanleihen des Bundes mit Laufzeiten von 183 Monaten bis 1 Monat darstellen lässt; dies ist kein wesentlich anderer Ansatz als derjenige des Sachverständigen Prof. Dr. K…, der die geleisteten monatlichen Sparbeträge in Jahresbeträge zusammengefasst und somit mit (lediglich) 15 Nullkuponanleihen mit Laufzeiten von 1 bis 15 Jahren operiert hat. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Referenzzinssatz dann sachverständig beraten in der Weise ermittelt (Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn 355, juris), dass zunächst die erwirtschafteten annualisierten Nominalzinssätze einer zu hypothetischen Einzelverträgen zeitkongruenten Alternativanlage mit einer Anlagendauer von 15 Jahren und 3 Monaten als sog. impliziter Referenzzins errechnet wurden, dieses Prinzip dann auf ein fortlaufendes Kollektiv aus jeweils 183 Einzelverträgen übertragen und der Kontoverlauf nebst annualisierter monatlich zahlbaren Nominalzinssätze berechnet wurden; diesen sog. idealen Referenzzins hat es mithilfe der statistischen Methode der sogenannten linearen Regression mit konkreten Zinssatzzeitreihen der Deutschen Bundesbank verglichen und diejenige Zeitreihe als Referenzzins bestimmt, die die beste Passung zum idealen Referenzzins aufwies. Damit wird der Referenzzins aber retrospektiv anhand der späteren Zinsentwicklung ermittelt und nicht danach, wie die Vertragsparteien bei Abschluss des Sparvertrages den Referenzzins - ohne dessen zukünftige Entwicklung zu kennen - redlicherweise gewählt hätten.
Aus demselben Grund überzeugt die Begründung des OLG Dresden in seinem Urteil vom 13.04.2022 (5 U 1973/20, Rn 28, juris) für die Präferenz der Zinsreihe mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit gegenüber derjenigen mit 7-jähriger Restlaufzeit nicht, die sich (u.a.) daraus ergeben soll, dass erstere weniger dem Geldmarkt nach der Krise von 2011 folge, was dem Charakter der Sparverträge als langfristige Verträge näher komme. Nach Auffassung des Senats ist es ihm verwehrt, die tatsächliche Zinsentwicklung von Bundeswertpapieren mit unterschiedlichen Laufzeiten in Folge der Finanzkrise im Jahr 2011 als Argumentationshilfe für oder gegen den einen oder anderen Referenzzins heranzuziehen, weil die Finanzkrise in dem hier als maßgeblich zugrunde zu legenden Zeitraum, in dem die streitgegenständlichen Prämiensparverträge abgeschlossen wurden (von den frühen 1990er Jahren bis in die 2000er Jahre hinein), nicht vorhersehbar war.
Auch die gegen eine "weitere Verkürzung der mittleren Laufzeit" - und damit gegen eine Zinsreihe mit 7jährige Restlaufzeit - angeführte Erwägung des OLG Dresden in dem Musterfeststellungsverfahren 5 MK 1/22, dass die Prämiensparverträge - als solches unbestreitbar - auch nach dem 15. Sparjahr noch attraktive Prämien boten, macht die Zinsreihe mit Produkten aus dem Laufzeitbereich von 8 bis 15 Jahren nicht vorzugswürdig. Ausgangspunkt für den im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu bestimmenden Referenzzins ist - wie oben dargelegt - der mit dem Prämiensparvertrag durch die Prämienstaffel gebotene Halteanreiz von 15 Jahren einerseits und des Ausschlusses der Kündigung durch die Musterbeklagte bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe (nach 15 Jahren) andererseits. Ob und ggf. wie lange ein Sparer den Prämiensparvertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe weiter besparen wird, lässt sich aus der maßgeblichen Sicht bei Abschluss des Prämiensparvertrages nicht sicher beantworten und kann daher bei der Wahl des Referenzzinsssatzes keine Berücksichtigung finden.
dd) Soweit der Senat in Verfahren zu konkreten, mit einer anderen Sparkasse geschlossenen Prämiensparverträgen (4 U 98/22, 4 U 221/21, 4 U 97/22), gestützt auf dort eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W…, auf die Zeitreihe zu Renditen für Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von 5 bis 8 Jahren zurückgegriffen hat, sieht er sich nicht gehindert, im vorliegenden Fall die vom Sachverständigen Prof. Dr. K… präferierten Zeitreihen mit einer Restlaufzeit von 7 Jahren, die die durchschnittliche Bindungsdauer der eingezahlten und gehaltenen Geldbeträge exakt abbildet, als am besten geeignet zugrunde zu legen. Die Unterschiede, die sich bei einer Zinsanpassung anhand der einen oder der anderen Zeitreihe ergeben, sind ohnehin - wie der Sachverständige im Senatstermin vom 20.03.2024 anschaulich erläutert hat - annähernd null.
3.
Die Anträge zu den Feststellungszielen zu III.3.(a) und (b) sind unbegründet.
Eine Zinsänderung auf Grundlage eines gleitenden Durchschnittswertes der für den Referenzzins maßgeblichen Zeitreihe(n) kommt nicht in Betracht. Einer Anpassung des Vertragszinses nach der Methode gleitender Durchschnitte hat der BGH bereits in seinen Urteilen vom 25.04.2023 (XI ZR 225/21, Rn 19) und vom 21.12.2010 (XI ZR 52/08, Rn 23f) - zu Recht - ein klare Absage erteilt. An dieser Sichtweise hält der Senat, ohne dass es hierzu weiterer sachverständiger Bewertungen bedarf, fest.
a) Gegen die Heranziehung eines aus - bei der hier dem Referenzzins zugrunde liegenden siebenjährigen Anleihen - 84 Basiswerten (Feststellungsziel zu III.3. (a)) bzw. bis zu 84 Basiswerten (Feststellungsziel zu III.3. (b)) gebildeten gleitenden Durchschnittes der für den Referenzzins maßgeblichen Zeitreihe(n) spricht, dass ein derart gebildeter Referenzzins dem Vertragscharakter des in Rede stehenden Prämiensparvertrages mit einem jederzeit anpassbaren, variablen Zins nicht entspricht. Die Musterbeklagte hat den Sparern mit dem angebotenen Sparvertragsmodell "S-Prämiensparen flexibel" zwei zu unterscheidende Renditearten zugesagt, nämlich eine Rendite in Form einer variablen Basisverzinsung und zusätzlich - zu und in Abgrenzung von dieser - eine festgeschriebene, gestaffelte Rendite in Form der Prämie am Ende eines jeden Sparjahrs. Diese Kombination von einerseits variablem Basiszins und andererseits feststehender Prämie impliziert, dass im Gegensatz zu dem „vertraglich festgelegten Kontinuum“ – der Prämie – die Basisverzinsung flexibel an den Änderungen des Markts ausgerichtet sein sollte (ebenso OLG Dresden, Urteil vom 19.06.2023, 8 U 669/21, Rn 67; vgl. auch OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2023, 5 U 1973/20, Rn. 36, juris). Ein Rückgriff auf eine variable Basisverzinsung, gebildet aus dem gleitenden Durchschnitt von in der Vergangenheit liegenden Monatswerten würde aufgrund der dadurch bewirkten Trägheit der Zinsänderung einer Abbildung der variablen Basisverzinsung in einer Festzinsposition gleichkommen. Dies hätte zur Folge, dass sich die variable Basisverzinsung gerade nicht flexibel an eine geänderte Marktsituation anpasst, was der vertraglich vorgesehenen Risikoverteilung widerspricht (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 13.04.2023, 5 U 1973/20, juris Rn. 36).
Dem lässt sich auch nicht - so aber Prof. C… F…; in: Anmerkung zum Urteil des OLG Dresden vom 13.04.2022, 5 U 1973/20, BKR 2022, 579ff - entgegenhalten, dass die Vorstellung der Verbraucher darauf gerichtet gewesen sei, die Renditeerwartung werde erst langfristig erfüllt werden, und die damit einhergehende Bereitschaft, auch bei fallenden Zinsen die monatlichen Sparraten aufzubringen, sich nur erklären lasse, wenn angenommen werde, dass sich die Vorstellung der Verbraucher hinsichtlich der Verzinsung maßgebend am Durchschnitt der Rendite in den vorangegangenen Jahren orientiere. Diese Überlegung übersieht, dass der Anreiz zum langjährigen Sparen nicht über den gerade nicht absolut festgeschriebenen, sondern variabel vereinbarten Zins erfolgt, sondern über die im Laufe der Sparjahre ansteigenden Prämien, und dass es der Verbraucher bei fallenden Zinsen in erster Linie selbst in der Hand hat, den Sparvertrag weiter laufen zu lassen oder zu kündigen. Ein tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, dass der typische Verbraucher bei Abschluss des Sparvertrages "S-Prämiensparen flexibel" angesichts der ab dem 3. Sparjahr versprochenen, festgeschriebenen und bis zum 15. Sparjahr stetig ansteigenden Prämien ein maßgebliches Interesse daran hatte, dass sich die Verzinsung an dem zurückliegenden Zinsniveau orientiert, die Zinsentwicklung damit möglichst ruhig verläuft, ist nicht erkennbar.
b) Zudem vergleicht der Sparer gerade zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den angebotenen Vertragszins mit anderen am Markt befindlichen Angeboten, was auch der Musterbeklagten bewusst ist. Nach der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht gehen die typischen Vorstellungen des Verbrauchers, der einen Sparvertrag mit variablem Zinssatz abschließt, nicht dahin, die Verzinsung maßgebend am Durchschnitt von Renditen in den vorangegangenen Monaten oder gar Jahren zu orientieren; der typische Verbraucher ist vielmehr daran interessiert, die Zinsänderungen, insbesondere steigende Zinsen, ohne verzögerten Anpassungsmechanismus "mitzunehmen".
Eine andere Sichtweise ist schließlich auch nicht deshalb veranlasst, weil - wie der Musterkläger unter Bezugnahme auf den Aufsatz von Dr. Sievi/Wegner (in: Betriebswirtschaftliche Blätter vom 10.07.2015, Anlage K 135, Anlagenband) geltend macht - die Verwendung gleitender Durchschnitte (inzwischen) dem "kreditwirtschaftlichen Standard“ bei der Anpassung variabler Zinsen entspreche. Banküblichkeiten oder einseitige (nicht offengelegte) Vorgehensweisen der Sparkassen ändern im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nichts an der objektiven Bestimmung der redlichen Parteiinteressen (ebenso OLG Dresden, Urteil vom 19.06.2023, 8 U 669/21, Rn 68, juris). Entscheidend im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist nicht, was heute (möglicherweise) als Standard gilt und sich - so die Musterbeklagte - erst Ende der 90er Jahre als betriebswirtschaftliches Steuerungsmodell durchgesetzt hat, sondern welche Regelung die Parteien in Kenntnis der Regelungslücke nach dem vorliegenden Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner getroffen hätten.
c) Jedenfalls für das Feststellungsziel III.3.a) gilt überdies, dass sich die auf gleitenden Durchschnitten der für den Referenzzins maßgeblichen Zeitreihe(n) basierende Zinsanpassung auch mit dem Transparenzgebot nicht vereinbaren ließe. Die Heranziehung eines Gleitzinses kann zwar - abhängig von der monatsübergreifenden Entwicklung des Marktes - für den Sparer bei sinkenden Zinsen vorteilhaft und bei steigenden Zinsen nachteilig sein, weil ein gleitender Wert der aktuellen Marktentwicklung stets nachfolgt. Die Berechnung eines gleitenden Zinses ist jedoch komplizierter und damit weniger transparent. Veränderungen des Kapitalmarkts würden auf den als variabel vereinbarten Vertragszins nur teilweise und zeitverzögert durchschlagen. Dies zu überschauen, übersteigt das Wissen und Fähigkeiten eines finanzwirtschaftlich durchschnittlich gebildeten Sparers (vgl. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 360 ff., juris).
4.
Die Klage ist mit dem Feststellungsziel zu III.4 begründet.
Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist weiter davon auszugehen, dass für die Entwicklung des Vertragszinses das Verhältnis zwischen dem Referenzzins und dem anfänglichen Vertragszins maßgeblich ist (sog. Verhältnismethode). Die Vereinbarung einer festen Zinsdifferenz zwischen anfänglichem Vertragszins und Referenzzins (sog. Differenzmethode) entspricht nach Ansicht des Senats nicht dem mutmaßlichen Parteiwillen (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn. 22; Senat, Urteile vom 27.03.2024, 4 U 98/22, 4 U 221/21, 4 U 97/22 und 4 U 91/22; a.A. BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 378 ff., juris)
Der Gegenansicht ist zuzugestehen, dass weder die Verhältnis- noch die Differenzmethode für sich genommen einen - vertraglich ausgeschlossenen - Negativzins vermeidet. Auch die Verhältnismethode hat prinzipiell einen Negativzins auf Seiten des Sparers zur Folge, wenn dies nicht von vorneherein ausgeschlossen wird (so zutreffend BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 387; a.A. BGH, Urteil vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn. 22, juris). Einigkeit besteht insoweit jedoch, dass der Sparer - schon mit Blick auf die Risikolosigkeit der Anlage - Negativzinsen nicht zu tragen hat, auch nicht vorübergehend. Bei beiden in Betracht zu ziehenden Methoden muss demnach im Fall von negativen Referenzzinsen der Vertragszins auf Null festgesetzt werden (BayObLG, Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 387, juris). Zutreffend ist auch das Argument, dass sich der Vertragszins bei der Differenzmethode (aus der konstanten Zinsdifferenz) leichter berechnen lässt als bei der Verhältnismethode (aus dem konstanten Zinsverhältnis) (BayObLG Urteil vom 28.02.2024, 101 MK 1/20, Rn. 383, juris).
Gleichwohl entspricht es nach Auffassung des Senats dem mutmaßlichen Parteiwillen, dass die sich aus dem Sparvertrag ergebenden Chancen und Risiken zwischen den Parteien proportional zueinander aufgeteilt werden, d.h. dass beide Vertragsparteien von steigenden Zinsen in äquivalenter Weise profitieren wie sie die Nachteile sinkender Zinsen hinnehmen müssen. Dies gewährleistet die Verhältnismethode besser als die Differenzmethode. Bei letzterer profitiert die Bank von steigenden Zinsen nicht, sondern allein der Sparer (sofern keine Negativzinsen zu berücksichtigen sind). Umgekehrt gehen sinkende Zinsen - ohne Berücksichtigung von Negativzinsen - allein zu Lasten des Sparers. Eine solche Verteilung von Chancen und Risiken mag im Einzelfall auf lange Sicht zu einer ausgeglichenen Verteilung von Chancen und Risiken führen. Da die Vertragsparteien die zukünftige Marktentwicklung bei Vertragsschluss nicht sicher kennen, werden beide Seiten jedoch bestrebt sein, die Risiken einseitiger Marktbewegungen nicht alleine zu tragen, sondern diese zwischen beiden Vertragsparteien zu verteilen. Eine solche Verteilung kann allein die Verhältnismethode gewährleisten, weshalb ihr der Vorzug zu geben ist. Dass - wie die Musterbeklagte behauptet - die Bank stets mit einer konstanten Marge rechne, ist für den hier allein maßgeblichen mutmaßlichen objektiven Parteiwillen nicht relevant und begegnet auch in tatsächlicher Hinsicht mit Blick auf die denkbar verschiedenen Laufzeiten einzelner Verträge Bedenken.
Der Senat sieht daher auch in Ansehung des Urteils des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 28.02.2024 (101 MK 1/20, Rn 380ff) keinen Anlass, von der höchstrichterlichen Rechtsauffassung abzuweichen, zumal sich der BGH mit den im vorliegenden Verfahren erhobenen Einwänden der Musterbeklagten, die sich etwa auf das Erfordernis einer Margensicherung, auf die Bankpraxis, auf bankaufsichtsrechtliche Gesichtspunkte, einschließlich Risikosteuerung, auf das Preisanpassungsrecht sowie auf frühere Einschätzungen der Verbraucherschutzverbände beziehen, bereits befasst und diese im Ergebnis - mit überzeugender Begründung - verworfen hat; die diesbezüglichen höchstrichterlichen Ausführungen (Urteile vom 25.04.2023, XI ZR 225/21, Rn 22; und vom 24.01.2023, XI ZR 257/21, Rn 23ff, juris) macht sich der Senat ausdrücklich zu eigen.
5.
Die Klage mit dem Feststellungsantrag zu IV.1. ist ebenfalls begründet.
Die Ansprüche der Verbraucher auf weitere Zinsbeträge aus den Sparverträgen wurden frühestens ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung fällig. Die in einem Sparguthaben enthaltenen Zinsen unterliegen derselben Verjährung wie das angesparte Kapital. Das gilt auch für die den Verbrauchern bislang nicht gutgeschriebenen Zinsbeträge. Die Möglichkeit der Verbraucher, vor Vertragsbeendigung eine Gutschrift von weiteren Zinsbeträgen einzuklagen, bewirkt keine Vorverlagerung der Fälligkeit des Anspruchs auf Auszahlung der weiteren Zinsbeträge. Der rechtlich nicht vorgebildete Verbraucher, auf den bei der Auslegung der in den Sparverträgen getroffenen Abreden abzustellen ist, erwartet aufgrund der vertraglichen Absprache über die Zinskapitalisierung, dass die Bank die vertraglich geschuldeten Zinsen auch dann am Ende eines Geschäftsjahres dem Kapital zuschlägt, wenn er sein Sparbuch nicht zum Nachtrag vorlegt. Dieser berechtigten Erwartung widerspräche es, wenn der Anspruch auf Auszahlung der weiteren Zinsbeträge bei Vertragsbeendigung deswegen bereits verjährt wäre, weil der Anspruch auf Erteilung einer korrekten Zinsgutschrift nicht in einer die Verjährung hemmenden Art und Weise vom Verbraucher während der Laufzeit des Sparvertrages geltend gemacht worden ist (BGH, Urteil vom 06.10.2021, XI ZR 234/20, Rn 65, juris).
Diese Rechtsauffassung des BGH teilt der Senat. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob beim typischen S-Prämiensparen die Regelungen in Ziff. 3.3 der Bedingungen für den Sparverkehr oder Ziffer 6 Abs. 1 und 2 der Sonderbedingungen für S-Prämiensparen einbezogen worden sind, wonach zum einen die Zinsen (und die Prämie) zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres dem Sparkonto gutgeschrieben, dem Kapital hinzugefügt und mit diesem vom Beginn des neuen Geschäftsjahres an verzinst werden sollten sowie zum anderen eine Verfügung des Sparers über die gutgeschriebenen Zinsen ausgeschlossen war. Denn auch wenn diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht in den Prämiensparvertrag einbezogen worden sind, änderte dies nichts daran, dass die Verjährung frühestens mit Beendigung des Vertragsverhältnisses zu laufen beginnt. Denn die Musterbeklagte hat damit, dass sie stets die Gutschriften auf dem Sparbuch genau in dieser Weise - Kapitalisierung der Zinsen zum Ende eines Geschäftsjahres und Verzinsung mit dem Kapital ab Beginn des neuen Geschäftsjahres - vorgenommen hat, ein entsprechendes konkludentes Angebot an die Sparer abgegeben, das diese als ihnen günstig ebenso konkludent angenommen hatten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, 93 ZPO. Dem Musterkläger sind gemäß § 93 ZPO die Kosten der Musterfeststellungsklage in Bezug auf den anerkannten Klageantrag zu dem Feststellungsziel zu III.4, nicht aber in Bezug auf das Feststellungsziel zu III.1. aufzuerlegen. Es liegt jeweils ein sofortiges Anerkenntnis vor, denn das Anerkenntnis ist mit Schriftsatz vom 29.07.2022 und damit innerhalb der vom Senat mit Verfügung vom 31.05.2022 gesetzten Frist zur Erwiderung auf die Musterfeststellungsklage erklärt worden. Die Musterbeklagte hat in Bezug auf das Feststellungsziel zu III.1. aber Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, weil sie der Allgemeinverfügung der BaFin vom 21.06.2021 nicht nachgekommen ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 Satz 1 ZPO. Einer Entscheidung über die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 ZPO bedarf es nicht, § 614 ZPO.
Der Streitwert der Musterfeststellungsklage wird gemäß § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG auf 160.000 € festgesetzt. Hierbei hat der Senat den Wert für die Hauptfeststellungsziele (I., IV.1. und IV. 2) und für die Hilfsfeststellungsziele zu II., zu III.1, III. 2, III.3 und III.4 jeweils mit 20.000 € bemessen.