Gericht | VG Cottbus 9. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.04.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 9 L 199/24 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0430.9L199.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | 10 BbgJAG §, 10a BbgJAG §, 52 Abs. 1 LBG § |
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 24. April 2024 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. April 2024, mit dem dieser ihm die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg versagt und zugleich die Einstellungszusage vom 20. März 2024 zurücknimmt, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wiederherzustellen, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Der Antrag ist insbesondere statthaft, da der Antragsteller sein Begehren (Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg) vollumfänglich durch Anfechtung des Bescheides des Antragsgegners vom 23. April 2024 erreichen kann. Um vorläufigen Rechtsschutz ist im vorliegenden Fall nicht nach § 123 Abs. 1 VwGO nachzusuchen, da der Antragsteller nicht gehalten ist, eine Verpflichtung des Antragsgegners zu seiner vorläufigen Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst zu erreichen. Denn der Antragsgegner hat in dem angegriffenen Bescheid nicht nur die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg versagt, sondern zugleich seine „Einstellungszusage“ vom 20. März 2024 zurückgenommen. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung des Bescheides vom 23. April 2024 wäre damit die Rücknahme der „Einstellungszusage“ gegenstandslos, die damit wiederauflebt, sodass es auch keiner gesonderten Verpflichtung zur Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst bedarf. Dabei ist die mit Schreiben vom 20. März 2024 erfolgte Mitteilung des Antragsgegners, dass beabsichtigt sei, den Antragsteller – vorbehaltlich der Haushaltslage, der Zustimmung des Personalrates und der gesundheitlichen Eignung – zum juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg zuzulassen, ihn zum 1. Mai 2024 in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis aufzunehmen, den Antragsteller zum Rechtsreferendar zu ernennen und dem Ausbildungsbezirk C_____ zuzuweisen, bereits als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und nicht als „bloße“ Zusicherung (§ 38 VwVfG) zu qualifizieren. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen nach §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 – 9 C 7/11 – juris m.w.N.). Maßgeblich, auch dafür, ob ein behördlicher Akt ein Verwaltungsakt ist, ist der objektive Erklärungswert, d.h. wie der Betroffene unter Berücksichtigung der äußeren Form, Abfassung, Begründung, Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung u.s.w. und aller sonstigen ihm bekannten oder erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben bei objektiver Auslegung die Erklärung oder das Verhalten der Behörde verstehen durfte bzw. musste (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Auflage, § 35 Rdn. 54 ff.). Hiervon ausgehend mag zwar der Umstand, dass dem Schriftstück vom 20. März 2024 keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen ist, gegen eine Verwaltungsaktqualität sprechen; dies ist mit Blick darauf, dass es nach dem Regelungsinhalt des Schreibens vom 20. März 2024 aber nur noch einer schriftlichen Erklärung des zukünftigen Rechtsreferendars bedarf, kein hinreichendes Indiz gegen eine Charakterisierung als Verwaltungsakt, denn ein Bewerber kann seine Aufnahme in den Referendardienst schon allein dadurch „verhindern“, indem er den Ausbildungsplatz ausdrücklich nicht annimmt oder die Annahmeerklärung nicht zurücksendet. Für einen Verwaltungsakt spricht hingegen, dass das behördliche Schreiben vom 20. März 2024 bereits verbindlich regelt, dass der Antragsteller, sofern er die Annahmeerklärung zurücksendet und die weiteren Vorbehalte nicht zutreffen, in den Vorbereitungsdienst aufgenommen wird. Insoweit heißt es, dass „Ihre Aufnahme in den Vorbereitungsdienst … am 26. April 2024 erfolgen“ wird; dass es sich dabei lediglich um eine Absichtserklärung oder um eine schlichte Terminsmitteilung handeln könnte, erscheint angesichts des verbindlichen Wortlauts fernliegend. Hinzu kommt, dass mit der Annahme die Verpflichtung des Antragstellers einhergeht, dass er etwaige andere Bewerbungen zum Rechtsreferendariat in anderen Bundesländern zurücknimmt. Ferner erfolgt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Juristenausbildungsgesetz des Landes Brandenburg (BbgJAG) die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst durch Bescheid, auf den das Schreiben vom 20. März 2024 auch ausdrücklich Bezug nimmt. Darüber hinaus spricht entscheidend für einen Verwaltungsakt auch die äußere Form. Denn zum Abschluss des Schreibens heißt es: „Dieser Bescheid ist maschinell erstellt und deshalb nicht unterschrieben.“ Mithin hat der Antragsgegner das Schreiben selbst als Bescheid bezeichnet. Schließlich hat der Antragsgegner, wie sich dem Inhalt des Bescheides vom 23. April 2024 entnehmen lässt, das Schreiben vom 20. März 2024 selbst als Verwaltungsakt qualifiziert, indem er die Vorschrift des § 48 VwVfG unmittelbar angewendet hat; nicht ansatzweise hat er auch nur angedeutet, dass es sich bei dem Schreiben vom 20. März 2024 und der darin enthaltenen „Einstellungszusage“ nicht um einen Verwaltungsakt handeln könnte.
Ist nach alledem das Schreiben vom 20. März 2024 als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Abs. 1 VwVfG zu qualifizieren, so würde eine (erfolgreiche) Anfechtung des Bescheides vom 23. April 2024 dazu führen, dass der Bescheid vom 20. März 2024 nicht zurückgenommen worden ist und sowohl für den Antragsteller als auch für den Antragsgegner verbindlich ist und bleibt. Für den einstweiligen Rechtsschutz hat dies zur Folge, dass der Antragsteller diese für ihn günstige Rechtsfolge vorläufig durch eine Suspendierung der vom Antragsgegner ausgesprochenen sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) erreichen kann, mithin eine vorläufige Regelung nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht geboten und statthaft wäre.
Der nach § 80 Abs. 5 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Antrag ist auch begründet. Das Gericht hat nach § 80 Abs. 5 VwGO eine originäre Interessenabwägung vorzunehmen. Bei dieser Abwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Sie fällt regelmäßig zugunsten der Behörde aus, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist und ein besonderes Interesse an seiner sofortigen Vollziehung besteht oder der Sofortvollzug gesetzlich angeordnet ist. Dagegen ist dem Aussetzungsantrag stattzugeben, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, da an der sofortigen Vollziehung eines solchen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann. Lässt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht zu, so hat das Gericht eine eigenständige, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 02. März 2016 – 1 B 1375/15 – juris, Rn. 9).
Vorliegend hat das Vollzugsinteresse hinter dem Aussetzungsinteresse zurückzustehen, da sich der Bescheid des Antragsgegners vom 23. April 2024 bei summarischer Prüfung als rechtswidrig darstellt.
Dies ergibt sich aus folgenden rechtlichen Erwägungen: Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgJAG wird derjenige, der die erste juristische Prüfung bestanden hat, auf Antrag durch Bescheid in den Vorbereitungsdienst aufgenommen. Die Ausbildung erfolgt in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses, § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgJAG. § 10 Abs. 2 Satz 1 BbgJAG legt fest, dass die Begründung und die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses sich nach diesem Gesetz und der nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a erlassenen Rechtsverordnung (BbgJAO) richtet. Im Übrigen finden die für Beamte auf Widerruf geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist, § 10 Abs. 3 Satz 1 BbgJAG. Nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 BbgJAG ist die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst u.a. zu versagen, wenn der Bewerber für den Vorbereitungsdienst persönlich ungeeignet ist; dies ist in der Regel anzunehmen, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt und die Strafe noch nicht getilgt worden ist. Bei dem Tatbestandsmerkmal der persönlichen Ungeeignetheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dem ein – gerichtlich allerdings in vollem Umfang überprüfbarer – Beurteilungsspielraum des Antragsgegners immanent ist.
Unter Zugrundelegung der in Brandenburg geltenden Rechtsvorschriften ist der Antragsteller nicht als persönlich ungeeignet für den Vorbereitungsdienst i. S. d. § 10a Abs. 1 Nr. 1 BbgJAG anzusehen. Der Antragsteller ist weder vorbestraft noch wird gegen ihn eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßnahme vollzogen, sodass er keines der in § 10a Abs. 1 BbgJAG genannten Regelbeispiele verwirklicht; gleiches gilt für die (Ermessens-)Versagungsgründe nach § 10a Abs. 2 BbgJAG.
Der Antragsteller ist auch aufgrund seiner – wohl unstreitig rechtsextremen politischen Anschauungen und Aktivitäten – nicht als persönlich ungeeignet i.S.d. § 10a Abs. 1 BbgJAG anzusehen. Das vom Antragsgegner zugrunde gelegte Leitbild des den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates verpflichteten Juristen lässt sich so in seiner Absolutheit aus den hier maßgeblichen gesetzlichen Regelungen nicht herleiten. Dies gilt zunächst mit Blick auf die Argumentation des Antragsgegners zu § 5 und § 5a Deutsches Richtergesetz. Dort mögen zwar bestimmte Ausbildungsinhalte im Studium und Vorbereitungsdienst – § 5b Deutsches Richtergesetz (DRiG) regelt im hier interessierenden Zusammenhang nichts Näheres – verpflichtend sein; nicht normiert ist aber, dass der Student oder Referendar eine bestimmte (politische) Einstellung in Bezug auf das nationalsozialistische Unrecht oder das Unrecht der SED-Diktatur haben muss.
Weder das Brandenburgische Juristenausbildungsgesetz noch die wegen § 10 Abs. 2 BbgJAG für dieses Verständnis heranzuziehende Brandenburgische Juristenausbildungsordnung normieren solch ein Leitbild ausdrücklich.
Auch bei Gesamtschau und Auslegung der entsprechenden Normen lässt sich ein solches Leitbild hinsichtlich der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst nicht herleiten. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BbgJAG richtet sich die Begründung und die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis nach diesem Gesetz und nach der nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a erlassenen Rechtsverordnung (BbgJAO). Diese enthalten keinen ausdrücklichen Versagungsgrund mit Blick auf die Verfassungstreue des Bewerbers. Vielmehr ergibt sich aus § 22 Abs. 3 Satz 1 BbgJAO, dass die Ausbildungsbehörde den Rechtsreferendar aus wichtigem Grund von der Ausübung hoheitlicher Befugnisse ausschließen kann, insbesondere, wenn er nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Brandenburg eintritt. Dies impliziert, dass es Bewerbern, die nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Brandenburg einstehen, nicht von vornherein versagt werden kann, den juristischen Vorbereitungsdienst aufzunehmen. Anderenfalls hätte es einer solchen Regelung, wie sie § 22 Abs. 3 BbgJAO vorsieht, nicht bedurft. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass § 10a BbgJAG, der die Versagung der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst regelt, erst durch Änderungsgesetz vom 05. Juni 2019 neu eingeführt wurde, während der § 22 Abs. 3 BbgJAO (i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 1 BbgJAG) in seiner aktuellen Fassung zu diesem Zeitpunkt bereits galt. Der brandenburgische Gesetzgeber hat somit in Kenntnis davon, dass sich auch Referendare, die nicht die Gewähr dafür bieten, jederzeit für die freiheitliche und demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Brandenburg einzutreten, im Vorbereitungsdienst befinden können, die Schaffung eines Versagungsgrundes, welcher sich auf derartige Bewerber auf einen Ausbildungsplatz bezieht, unterlassen. Ein solcher kann damit schlussendlich auch nicht in den unbestimmten Rechtsbegriff der „persönlichen Ungeeignetheit“ hineingelesen werden.
Mangels anderer gegenteilig lautender Vorschriften dürfte die äußerste Grenze des Zulässigen dabei dann mit Blick auf eine verfassungskonforme Auslegung dort zu ziehen sein, wo ein Bewerber die freiheitlich demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft. Es wäre unverhältnismäßig, die vorgelagerte Berufsausbildung bereits wegen eines Verhaltens zu verwehren, dass mangels Überschreitens der Strafbarkeitsschwelle dem späteren Zugang zum Anwaltsberuf selbst gerade (noch) nicht entgegengehalten werden könnte. Denn in diesem Fall würde der Zugang zu einem Beruf versperrt, für den der Bundesgesetzgeber geringere Zugangshürden normiert hat (vgl. VGH Sachsen, B. v. 21. Oktober 2022 – Vf. 95-IV-21 (HS) – juris, Rn. 33). Diese Annahme wird auch durch die Normen des BbgJAG selbst getragen. Denn nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BbgJAG dient die Ausbildung im Vorbereitungsdienst der Feststellung, ob der Prüfling nach seinen fachlichen und allgemeinen Kenntnissen und nach seinen praktischen Fähigkeiten das geltende Recht anwenden kann sowie nach dem Gesamteindruck in der Lage ist, als Rechtsanwalt, Richter, Staatsanwalt oder Beamter des nichttechnischen höheren Verwaltungsdienstes tätig zu sein, mithin nicht nur auf den Richterberuf oder auf ein Dienstverhältnis als Beamter im öffentlichen Dienst vorbereitet, für welche § 52 Abs. 1 Landesbeamtengesetz Brandenburg (LBG) (i.V.m. § 10 Abs. 1 Brandenburgisches Richtergesetz) gilt. Einem solchem Verständnis steht auch nicht die zu diesem Themenbereich existierende obergerichtliche Rechtsprechung entgegen. Zum einen ist diese nicht zu dem hier maßgeblichen brandenburgischen Landesrecht ergangen, auf das sich die oben dargelegte Auslegung der maßgeblichen Normen bezieht. Zum anderen ist mit Beschluss vom 24. Juli 2023 durch das Bundesverwaltungsgericht die Revision, gerade mit Blick auf die auch hier entscheidungserhebliche Frage, ob die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgrund von Anforderungen an die Eignung eines Bewerbers versagt werden kann, die eine Versagung der Zulassung zum Anwaltsberuf nicht tragen, zugelassen worden (vgl. BVerwG, B. v. 24. Juli 2023 – 2 B 17/23 – juris); eine einheitliche Rechtsauffassung der mit den hier in Rede stehenden Rechtsfragen befassten Gerichte existiert insoweit auch (noch) nicht. Abschließend ist auch hier anzuführen, dass der brandenburgische Gesetzgeber mit der Formulierung seiner Regelbeispiele in § 10a Abs. 1 Nr. 1 BbgJAG eine Tendenz dessen vorgegeben hat, was zur Versagung der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst führt, nämlich ein strafbares Verhalten des Bewerbers.
Auch die Verweisungsnorm des § 10 Abs. 3 BbgJAG, wonach im Übrigen die für Beamte auf Widerruf geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden, soweit nicht durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist, vermag ein vom Antragsgegner dargestelltes Leitbild, soweit es Bewerber auf eine Stelle im juristischen Vorbereitungsdienst betrifft, nicht ausreichend zu vermitteln. Zwar regelt § 52 Abs. 1 LBG, der auch für Beamte auf Widerruf gilt, dass neben der Grundpflicht nach § 33 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes, wonach sich Beamte durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung sie eintreten müssen, der Beamte auch verpflichtet ist, sich in diesem Sinne zur Verfassung des Landes Brandenburg zu bekennen und für diese einzutreten. Jedoch kommt diese Regelung vorliegend nicht zur Anwendung, da § 10 Abs. 2 BbgJAG i.V.m. den übrigen Vorschriften des BbgJAG und der BbgJAO die Begründung und Beendigung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses ausdrücklich und abschließend regelt, ohne dabei einen konkreten Maßstab an die Verfassungstreue des Bewerbers festzulegen. Damit ist kein „im Übrigen“ zu regelnder Sachverhalt gegeben, soweit es um die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst geht.
Mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kommt eine Ableistung des Vorbereitungsdienstes unter entsprechenden Auflagen zudem als milderes Mittel in Betracht. Dabei umfasst die Möglichkeit des Ausschlusses von der Ausübung hoheitlicher Befugnisse nach § 22 Abs. 3 Satz 1 BbgJAO nicht nur den generellen Ausschluss von der Wahrnehmung dieser, sondern es muss sich daraus auch als weniger eingreifende Maßnahme die Möglichkeit ergeben, die hoheitlichen Befugnisse unter entsprechenden Auflagen/Weisungen auszuüben. In Betracht käme hierfür beispielsweise die Auflage in bestimmten Behörden, bei denen mit sensiblen Sachverhalten agiert wird (z.B. Ausländerbehörden) nicht tätig werden zu dürfen. Auch könnte während der Ableistung des Vorbereitungsdienstes bei Gericht und Staatsanwaltschaft der Einsatz nur in Dezernaten mit nicht sensiblen oder milieutypischen Sachverhalten erfolgen.
Erst wenn es ersichtlich erscheint, dass der Referendar bei prognostischer Betrachtung auch unter Auflagen nach § 22 Abs. 3 BbgJAO den juristischen Vorbereitungsdienst nicht wird erfolgreich absolvieren können, dürfte eine gänzliche Verweigerung der Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst in Betracht kommen. Dafür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts dargetan und ersichtlich.
Soweit der Antragsteller hilfsweise beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig in den am 01. Mai 2024 beginnenden juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses einzustellen, bedarf es über diesen Antrag keiner Entscheidung. Da dieser Antrag nur hilfsweise gestellt wurde und der Hauptantrag nach den obigen Ausführungen bereits zum Erfolg führt, besteht für die Bescheidung des Hilfsantrages kein Raum. Im Übrigen wäre für einen solchen Antrag auch kein Anordnungsanspruch, der über die obigen Ausführungen hinausgeht, ersichtlich. Der Antragsgegner ist an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz; Art. 2 Abs. 5 Landesverfassung Brandenburg), sodass davon auszugehen und zu erwarten ist, dass sich der Antragsgegner an die gerichtliche Entscheidung hält. Zudem bleibt es dem Antragsteller unbenommen, einen erneuten Antrag nach § 123 VwGO zu stellen, sofern die Notwendigkeit dafür gegeben ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es eines ausdrücklichen Antrags in Bezug auf die im Absatz 1 des Bescheidtenors vom 23. April 2024 getroffene Regelung nicht bedarf, da der Widerspruch gegen diesen Teil des Bescheides, soweit er überhaupt eine (zusätzliche) Belastung für den Antragsteller beinhalten sollte, bereits von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Sätze 2 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach ist der Streitwert die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme von nicht ruhegehaltsfähigen Zulagen oder Bezügebestandteilen, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind. Der maßgebliche Grundbetrag für Rechtsreferendare (nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BbgJAG) beträgt im Kalenderjahr 2024 monatlich 870 Euro, so dass sich der für ein halbes Jahr anzusetzende 6-fache Betrag auf 5.220 Euro beläuft. Zudem erfolgt eine Halbierung im Hinblick auf den Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens (vgl. auch Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt bei Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 25. Aufl., Anh § 164 Rd. 14).
Rechtsmittelbelehrung: