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juristischer Vorbereitungsdienst, öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis, Rechtsreferendar, Kandidat, fehlende Verfassungstreue, Bekämpfung der Verfassungsordnung, hoher Funktionär der NPD / "Die Heimat", Aufnahme, Zulassung, "Einstellungszusage", Antragserweiterung durch Beschwerdegegner


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 04.06.2024
Aktenzeichen OVG 4 S 14/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0604.OVG4S14.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 Satz 1 GG, Art 100 Abs 1 Satz 1 GG, § 31 Abs 1 BVerfGG, § 7 Satz 1 Nr 6 BRAO, § 10 Abs 1 Satz 1 BbgJAG, § 10 Abs 3 Satz 1 BbgJAG, § 33 Abs 1 BeamtStG, § 52 Abs 1 LBG, § 63 Abs 1 Nr 1 LPersVG, § 36 Abs 2 Nr 2 VwVfG, § 38 Abs 1 VwVfG

Leitsatz

Das Land Brandenburg darf einem Kandidaten die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst verwehren, wenn er die Verfassungsordnung aktiv bekämpft, ohne sich dabei strafbar zu machen.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 30. April 2024 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird insgesamt abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.610 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht prüft gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zunächst nur die vom Antragsgegner fristwahrend dargelegten Gründe der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts. Erweisen sich die mit der Beschwerde dargelegten Gründe als berechtigt, setzt eine Stattgabe durch das Oberverwaltungsgericht voraus, dass sich die angefochtene Entscheidung nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2024 – OVG 4 S 47/23 – juris Rn. 1).

1. Der Antragsgegner wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, mit dem Schreiben vom 20. März 2024 sei bereits die Aufnahme des Antragstellers in den juristischen Vorbereitungsdienst (§ 10 Abs. 1 Satz 1 BbgJAG) erfolgt. Wenn der Präsident des Oberlandesgerichts mit dem Schreiben erklärt, er „beabsichtige“ die Zulassung des Antragstellers zum juristischen Vorbereitungsdienst und sie werde durch den Präsidenten des Landgerichts Cottbus erfolgen, dann hat der Oberlandesgerichtspräsident die Zulassung, wie es für den Empfänger eines so formulierten Schreibens deutlich wird, noch nicht vorgenommen und er will sie auch nicht selbst vornehmen.

Es ist nicht notwendig, die Rechtsnatur des Schreibens vom 20. März 2024 näher zu bestimmen. Denn das Schreiben erging unter der ausdrücklichen Bestimmung, dass der Antragsteller selbst einige Anforderungen erledigen müsse, sowie „vorbehaltlich der Haushaltslage, der Zustimmung des Personalrates und Ihrer gesundheitlichen Eignung“. Der Personalrat verweigerte seine Zustimmung zur Einstellung des Antragstellers (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 LPersVG) am 13. Mai 2024. Damit erfüllte sich nicht der vom Präsidenten des Oberlandesgerichts gemachte Vorbehalt. Der Antragsgegner beruft sich im Nachgang zu seiner Beschwerdebegründung noch fristwahrend auf diese Zustimmungsverweigerung.

Ausgehend von der hier nicht geteilten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts könnte der Vorbehalt der Personalratszustimmung eine aufschiebende (fernliegend: eine auflösende) Bedingung sein (§ 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG). Wäre in dem Schreiben hingegen eine Zusicherung gemäß § 38 VwVfG zu sehen, wie der Antragsgegner meint, wäre sie zunächst rechtswidrig, weil es in Bezug auf den Personalrat noch an der „Mitwirkung eines Ausschusses aufgrund einer Rechtsvorschrift“ (§ 38 Abs. 1 Satz 2 VwVfG) fehlte (vgl. zu Einstellungszusicherungen im öffentlichen Dienst Pautsch, in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 2. Aufl. 2021, § 38 Rn. 8). Der Präsident des Oberlandesgerichts gab allerdings zu erkennen, dass er den Personalrat nicht übergehen wolle, indem er seine Erklärung ausdrücklich unter den Vorbehalt von dessen Zustimmung stellte. Dem Präsidenten könnte es deswegen ausweislich seines Schreibens am Rechtsbindungswillen, wie er in einer „Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen“ (§ 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) zu sehen ist, fehlen. Zu denken wäre deswegen eher an einen vorläufigen Verwaltungsakt, dem eine nur relative Verbindlichkeit und eine teilweise aufgeschobene Schlussprüfung eigen ist (vgl. ausführlich U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 35 Rn. 243 ff.). Einiges spricht allerdings dafür, in dem Schreiben vom 20. März 2024 nichts weiter als die Information (ohne Rechtsbindungswillen) über die Absicht des Präsidenten des Oberlandesgerichts zu sehen, das Einstellungsverfahren angesichts der bisherigen Prüfungsergebnisse unter den Vorbehaltskriterien fortzuführen. Es könnte sich um die nach außen mitgeteilte, noch interne Beschlussfassung handeln, die am Anfang des Mitbestimmungsverfahrens steht („beabsichtigte Maßnahme“ im Sinn von § 61 Abs. 3 Satz 1 LPersVG). Die Mitteilung über die herangereifte Einstellungsabsicht dürfte vor dem Hintergrund zahlreicher Mehrfachbewerbungen in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken vermutlich bezwecken, dass die Bewerberinnen und Bewerber sich nunmehr für einen Bezirk entscheiden und so unnötiger Verwaltungsmehraufwand in anderen Bezirken vermieden wird.

Mit der Verweigerung der Zustimmung durch den Personalrat am 13. Mai 2024 steht fest, dass der Antragsteller aus dem unter Zustimmungsvorbehalt gestellten Schreiben vom 20. März 2024 kein Recht herleiten kann, bereits eingestellt oder noch einzustellen zu sein.

Das hat zur Folge, dass dem Antragsteller nunmehr für seinen Hauptantrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, eine ungeschriebene, wiewohl geltende Sachentscheidungsvoraussetzung der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Antragsteller hat – erstinstanzlich erfolgreich – mit dem Hauptantrag die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 23. April 2024 begehrt. Das betraf diejenige Verfügung in dem angegriffenen Bescheid, mit welcher der Antragsgegner die Rücknahme der „Einstellungszusage“ vom 20. März 2024 erklärte. Dieser Teil des Bescheids vom 23. April 2024 hat sich ebenso wie das Schreiben vom 20. März 2024, wenn es denn ursprünglich eine rechtserhebliche Erklärung enthalten haben sollte, erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 letzter Fall VwVfG).

2. Ist der Hauptantrag des Antragstellers abzulehnen, ist dessen Hilfsantrag zu prüfen, was das Verwaltungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – unterlassen hat. Der Antragsteller hat bereits erstinstanzlich und unverändert zweitinstanzlich mit Schriftsatz vom 14. Mai 2024 seine Einstellung in den am 1. Mai 2024 beginnenden juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg im Wege einstweiliger Anordnung begehrt.

Der Antragsteller hat auch mit seinem Hilfsantrag keinen Erfolg. Ein Anordnungsanspruch für eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO ist weder dargetan bzw. glaubhaft gemacht noch ersichtlich.

Das Ergebnis ergibt sich, soweit ein Einstellungsanspruch besteht, wohl noch nicht aus der Zustimmungsverweigerung des Personalrats (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. September 2017 – OVG 4 S 32.17 – juris in einem Fall ohne Personalratsbefassung; enger und in einem Ermessensfall anders jetzt OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. März 2024 – OVG 4 S 11/24 – EA S. 3).

Der Antragsgegner weist mit seiner Beschwerde zutreffend darauf hin, dass die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 BbgJAG in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 1 BbgJAG die Erfüllung von Vorschriften voraussetzt, die für Beamte auf Widerruf gelten, soweit in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist. Indem das Gesetz in § 10 Abs. 3 Satz 2 BbgJAG die Außerachtlassung von § 52 Abs. 2 bis 4 und § 62 LBG anordnet, bekräftigt es die Anwendbarkeit von § 52 Abs. 1 LBG. Danach haben Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen, müssen für deren Erhaltung eintreten (Verweis auf § 33 Abs. 1 BeamtStG) und sind auch verpflichtet, sich in diesem Sinne zur Verfassung des Landes Brandenburg zu bekennen und für diese einzutreten. Die nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BbgJAG verlangte „entsprechende Anwendung“ der für Beamte geltenden Bestimmung auf einen Bewerber um Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst, der in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis erfolgt, ergibt nach Ansicht des Senats ein – von der Kammer in der erstinstanzlichen Entscheidung vermisstes – Leitbild für angehende Juristinnen und Juristen.

Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sogar weitergehend geklärt, dass sich ein solches Leitbild, sollte es einfachrechtlich undeutlich geregelt sein, aus dem Grundgesetz selbst ergibt. Soweit die einfachgesetzliche Norm nur andere Tatbestände zum Grund für die Versagung einer Aufnahme in den Vorbereitungsdienst benennt – davon geht hier das Verwaltungsgericht aus –, hindert das Gesetz die Einstellungsbehörde nicht daran, von der Aufnahme derjenigen Bewerber abzusehen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen (so das BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1977 – 2 BvL 10/75 – juris Rn. 43). Das Bundesverfassungsgericht spricht insoweit von zwingendem Verfassungsrecht (a.a.O., Rn. 44).

Da das Grundgesetz insoweit weder im Text noch in der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht einen Wandel erfahren hat, ist der Senat gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG an die Entscheidung vom 5. Oktober 1977 gebunden. Diese Norm ordnet die Bindung der Gerichte an die tragenden Gründe zum Verfassungsrecht in einer Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts an (vgl. näher Lenz/Hansel, in: Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 31 Rn. 26 ff.).

Das Bundesverfassungsgericht ging in der Entscheidung vom 5. Oktober 1977 auf seinen früheren Beschluss vom 22. Mai 1975 ein (BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1977 – 2 BvL 10/75 – juris Rn. 39). In jenem Beschluss bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass Kandidaten nicht die Zulassung zum juristischen Referendariat in einem Beamtenverhältnis beanspruchen könnten, wenn Zweifel an ihrer Verfassungstreue bestünden, die Verfassungstreue also nicht gewährt erscheine, solchen Bewerbern aber der Vorbereitungsdienst in einem anderen Rechtsverhältnis ermöglicht werden müsse (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 114). Dem fügte die Entscheidung vom 5. Oktober 1977 die im Folgenden zitierten Feststellungen hinzu, dass auch eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst außerhalb des Beamtenverhältnisses, einschließlich einer vorübergehenden Beschäftigung im öffentlichen Dienst zum Zwecke der Berufsausbildung, nicht völlig unbeschränkt jedermann zugänglich sei. Ohne dass die Grenze in diesem Verfahren abschließend zu ziehen sei, verbiete es sich jedenfalls, Bewerber, die darauf ausgingen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen, in die praktische Ausbildung zu übernehmen. Die in diesen Konstitutionsprinzipien unserer Verfassung enthaltenen Wertentscheidungen schlössen es aus, dass der Staat seine Hand dazu leihe, diejenigen auszubilden, die auf die Zerstörung der Verfassungsordnung ausgingen. Dies erleide auch keine Einschränkung durch das Grundrecht des Art. 12 GG. Vielmehr sei dieses individuelle Grundrecht eingebettet in die geltende Verfassungsordnung; es werde seinerseits begrenzt durch die Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1977 – 2 BvL 10/75 – juris Rn. 39).

Die verfassungsrechtlich gebotene Differenzierung zwischen den Fällen, in denen lediglich Zweifel an der Verfassungstreue bestehen (was einer Verbeamtung im Wege stünde, hingegen nicht einem anderweit absolvierten juristischen Vorbereitungsdienst), und denjenigen, in denen Bewerber tatsächlich auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der Verfassungsordnung zielen (was die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgrund zwingenden Verfassungsrechts verbietet), lässt sich durch eine in verfassungskonformer Auslegung nur „entsprechende Anwendung“ (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BbgJAG) von § 52 Abs. 1 LBG erreichen (ähnlich VGH München, Beschluss vom 22. Dezember 2022 – 3 B 21.2793 – juris Rn. 26).

Der Senat sieht sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Mai 2016 – OVG 10 S 16.15 – juris Rn. 73 m.w.N.) nicht veranlasst, im Wege konkreter Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (was möglich wäre, siehe Wolff, in: Hömig/Wolff, GG, 13. Aufl. 2022, Art. 100 Rn. 12) und sich so – im Falle einer darauf vorgenommenen Änderung der Verfassungsrechtsprechung – von der Bindung an die Entscheidung vom 5. Oktober 1977 durch § 31 Abs. 1 BVerfGG zu lösen. Insbesondere der Beschluss des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes vom 21. Oktober 2022 – Vf. 95-IV-21 (HS) – benennt dafür keinen überzeugenden Grund. Der entscheidende Gedanke des Verfassungsgerichtshofes, die Anforderungen an die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst dürften nicht höher sein als für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und diese sei nach § 7 Satz 1 Nr. 6 BRAO erst dann zu versagen, wenn die Person die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpfe (VerfGH Sachsen, Beschluss vom 21. Oktober 2022 – Vf. 95-IV-21 <HS> – juris Rn. 33), wird unter Außerachtlassung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Oktober 1977 entwickelt. Es handelt sich zudem auch nur um einen scheinbaren Wertungswiderspruch.

Ob der Widerspruch bereits dadurch ausgeräumt ist, dass die Rechtsanwaltszulassung bundesrechtlich und die Juristenausbildung landesrechtlich geregelt wird (so aber VGH München, Beschluss vom 22. Dezember 2022 – 3 B 21.2793 – juris Rn. 31), ist allerdings zu bezweifeln, weil auch in Ländern mit restriktiver Ausbildungszulassung die Rechtsanwaltszulassung erst unter den Voraussetzungen des § 7 BRAO verschlossen bleibt.

Der maßgebliche Unterschied ist für den erkennenden Senat darin zu sehen, dass eine Gleichbehandlung von Personen mit und ohne berufsqualifizierenden Abschluss nicht zwingend geboten ist, soweit es um einen gleichen Beruf geht (Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. November 1982 – 1 BvR 900/78 – juris Rn. 88 ff.). Eine Person, welche die Befähigung zum Richteramt als Zugangsvoraussetzung für den freien Beruf eines Rechtsanwalts (§ 4 Satz 1 Nr. 1 BRAO) bereits erlangt hat, hat einen Besitzstand erlangt, den der Gesetzgeber besonders achten kann. Von diesen Personen unterscheidet sich derjenige, der nicht mehr als die erste juristische Prüfung (vgl. § 8 Abs. 1 BbgJAG) bestanden hat und vom Staat noch mit erheblichem personellen und finanziellen Aufwand zum „Volljuristen“ ausgebildet werden muss. Dazu braucht der Staat demjenigen, der die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft und auf die Zerstörung der Verfassungsordnung ausgeht, nicht seine Hand zu leihen (vgl. erneut BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1977 – 2 BvL 10/75 – juris Rn. 39).

Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verlangt vom Senat eine zügige Entscheidung. Ein Abwarten der Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. dessen Beschluss vom 24. Juli 2023 – 2 B 17.23 – juris zu VGH München, Beschluss vom 22. Dezember 2022 – 3 B 21.2793 – juris), von dem eine umfassende Würdigung der hier in der gebotenen Eile entschiedenen Fragestellung zu erwarten ist, verbietet sich.

Es steht fest, dass der Antragsteller die Verfassungsordnung aktiv bekämpft und auf deren Zerstörung ausgeht. Der Antragsteller ist in führender Funktion bei der Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) tätig, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes unverändert die freiheitliche demokratische Grundordnung missachtet und nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet ist (BVerfG, Urteil vom 23. Januar 2024 – 2 BvB 1/19 – juris Rn. 319 ff.). Wie der Antragsgegner zutreffend aufzeigt, hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen die verfassungsfeindlichen Bestrebungen dieser Parteien nicht zuletzt ausdrücklich mit der Betätigung des hiesigen Antragstellers begründet (Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvB 1/13 – juris Rn. 684 f.; Urteil vom 23. Januar 2024 – 2 BvB 1/19 – juris Rn. 347, 367, 382, 390, 412, 447, 469).

3. Schließlich hat der erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellte Antrag des Antragstellers vom 29. Mai 2024, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass sich der Antragsteller aufgrund seiner politischen Betätigung nicht als persönlich ungeeignet für die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Brandenburg erweise, keinen Erfolg. Der Antragsteller geht selbst zutreffend von einer Antragserweiterung aus. Eine solche ist, komme sie vom Beschwerdeführer oder vom Antragsteller (als Beschwerdegegner), im Verfahren gemäß § 146 Abs. 4 VwGO grundsätzlich unzulässig (ständige Rechtsprechung des Senats; Beschluss vom 28. Dezember 2020 – OVG 4 S 37/20 – juris Rn. 1 f. m.w.N.; Beschluss vom 17. April 2023 – OVG 4 S 4/23 – juris Rn. 5 und letztens Beschluss vom 19. April 2024 – OVG 4 S 7/24 –, für juris vorgesehen). Der Senat ist wegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht gehalten, die Antragserweiterung in der vorliegenden Fallkonstellation ausnahmsweise zuzulassen. Denn dem grundgesetzlichen Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, wird dadurch genügt, dass der Antragsteller beim Verwaltungsgericht erneut einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen kann (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. April 2023 – OVG 4 S 4/23 – juris Rn. 6). Den Bedenken gegenüber einem nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellten Antrag auf vorläufige „Feststellung“ (entsprechend § 43 VwGO; vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Rn. 40; Schoch, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band VwGO, Stand März 2023, § 123 Rn. 35) vor dem Hintergrund der Möglichkeit einer auf Einstellung zielenden einstweiligen Anordnung (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden.

Die Kostenentscheidung, die auch die Ablehnung einer Zwischenverfügung mit Beschluss des Senats vom 17. Mai 2024 betrifft, folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).