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presserechtlicher Auskunftsanspruch, einstweiliger Rechtsschutz, dienstlich erlangtes Wissen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 27.05.2024
Aktenzeichen OVG 6 S 12/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0527.OVG6S12.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 123 VwGO, § 146 VwGO, Artikel 5 Abs 1 Satz 2 GG

Leitsatz

Zur Frage der Reichweite des presserechtlichen Auskunftsanspruchs nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf dienstlich erlangtes Wissen.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. März 2024 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller darüber Auskunft zu erteilen, ob Herr X_____ dem Bundeskanzler T_____ bei dem Treffen am 15. September 2022 bereits persönlich bekannt war, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Ihr Beschwerdevorbringen, das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht bestimmt, rechtfertigt die Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dem Antragsteller stehe ein Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Erteilung der aus dem Tenor ersichtlichen Auskunft zu.

Die von dem Antragsteller an die Antragsgegnerin gerichtete Frage („War Herr X_____ dem Bundeskanzler T_____ bei dem Treffen am 15. September 2022 bereits persönlich bekannt?“) hat die Antragsgegnerin, soweit sie von dem unmittelbar aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG herzuleitenden presserechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden gedeckt ist, bereits beantwortet. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller der Sache nach mitgeteilt, der Bundeskanzler habe Herrn X_____ im betreffenden Zeitraum (8. Dezember 2021 bis 7. Juli 2023) in seiner Funktion als Bundeskanzler weder vor noch am 15. September 2022 getroffen und weiter darauf hingewiesen, dass das in der Presseberichterstattung genannte Aufeinandertreffen bei einer Veranstaltung am 15. Mai 2021 vor der Amtseinführung als Bundeskanzler erfolgt sei. Ein Anspruch auf weitergehende Auskunft steht dem Antragsteller nicht zu.

Soweit das Verwaltungsgericht einen darüber hinaus gehenden Auskunftsanspruch zu dem fraglichen Sachverhalt angenommen hat, beruht dies auf einer Verkennung der Reichweite des presserechtlichen Auskunftsanspruchs nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Dieser Auskunftsanspruch bezieht sich nur auf die bei einer Behörde bzw. auskunftspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen amtlichen Informationen. Es muss sich um präsentes dienstliches Wissen handeln. Nach der Rechtsprechung des Senats liegen Informationen nur dann in der Form präsenten dienstlichen Wissens von Personen bei einer Behörde vor, wenn dieses Wissen im Rahmen einer Tätigkeit für die auskunftspflichtige Stelle dienstlich erlangt worden ist. Denn der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch bezieht sich nur auf die bei einer Behörde bzw. auskunftspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen amtlichen Informationen. Er begründet dagegen kein allgemeines Fragerecht gegenüber Behördenleitern oder anderen bei der auskunftspflichtigen Stelle tätigen Personen in Bezug auf Themen, die mit einer früheren Amtstätigkeit dieser Personen im Zusammenhang stehen. Denn insoweit handelt es sich nicht um Wissen, das im Rahmen einer Tätigkeit für die auskunftspflichtigen Stellen dienstlich erlangt worden ist. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch richtet sich ebenso wie die landesrechtlich normierten Auskunftsansprüche der Presse gegen Behörden als auskunftspflichtige Stellen und umfasst das zuständigkeitshalber erlangte dienstliche Wissen, nicht aber persönliche Kenntnisse von Angehörigen der Behörde, die außerhalb der dienstlichen Tätigkeit für die um Auskunft erbetene Stelle erworben wurden oder nach Behauptung des Fragestellers erworben worden sein sollen (Senatsbeschlüsse vom 2. August 2023 - OVG 6 S 34/23, ZGI 2023, 240 f., juris Rn. 14; vom 15. Juni 2023 - OVG 6 S 15/23 -, juris Rn. 23; vom 7. Juli 2022 - OVG 6 S 36/22 -, ZGI 2022, 225, juris Rn. 18 und vom 27. Juni 2022 - OVG 6 S 28/22 -, BA S. 5 f.).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich daraus für die vom Antragsteller formulierte Frage, dass, sollte dem Bundeskanzler Herr X_____ bereits vor seiner Amtszeit als Bundeskanzler persönlich bekannt gewesen sein, es sich jedenfalls nicht um dienstlich erlangtes Wissen handelte, sondern um dessen persönliche Kenntnisse. Dem Antragsteller gleichwohl einen Auskunftsanspruch zuzugestehen, würde daher auf ein allgemeines Fragerecht hinauslaufen, das nicht auf das dienstlich erlangte Wissen beschränkt, sondern auf die persönlichen Kenntnisse der Behördenangehörigen gerichtet ist. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass einem solchen allgemeinen Fragerecht der erforderliche Bezug zur Amtsführung fehlt.

Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, es handele sich bei der Frage nach einer bestehenden Bekanntschaft des Bundeskanzlers um Wissen, das bei diesem unabhängig vom Zeitpunkt des Kennenlernens vorhanden sei, geht daran vorbei. Es handelt sich auch nicht deshalb um dienstlich erlangtes Wissen, weil es sich um einen für den Bundeskanzler „dienstlich unterlegten Sachverhalt“ handele, wie das Verwaltungsgericht weiter ausführt. Auch dass die Bundesregierung die mit etwaigen Treffen vor der Amtszeit des Bundeskanzlers vermutlich verbundenen Themen (Energiepolitik, Sicherung der Energieversorgung u.a.) betreut, führt nicht zu einer Erweiterung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).