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Windenergieanlage, Nebenbestimmung, Typenvermessung, Nachtbetrieb, Geräuschimmissionsprognose, (Geräusch-)Zusatzbelastung, WKA-Geräuschimmissionserlass Brandenburg, LAI-Hinweise, 15 dB(A)-Irrelevanzkriterium, mittlerer zu erwartender Schallleistungspegel, Widerspruchsgebühr


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 22.05.2024
Aktenzeichen OVG 7 A 19/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0522.OVG7A19.24.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 42 Abs 1, 1. Var. VwGO , § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 3a VwGO , § 3 Abs 1 BImSchG , § 5 Abs 1 Nr 1 BImSchG , § 6 Abs 1 Nr 1 BImSchG , § 12 Abs 1 Satz 1 BImSchG , § 18 Abs1 Satz 2 GebGBbg

Tenor

Die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 aus dem Genehmigungsbescheid des Landesamtes für Umwelt vom 22. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 10. Januar 2023 wird aufgehoben.

Die in Ziffer 6 des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Umwelt vom 10. Januar 2023 festgesetzte Verwaltungsgebühr wird aufgehoben, soweit sie den Betrag von 1.410,00 Euro überschreitet.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beigefügte Nebenbestimmung, mit der ihr die Vorlage eines Berichtes über eine Typenvermessung aufgeben wird.

Im Mai 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten eine Genehmigung für die Errichtung einer Windenergieanlage des Typs Vestas V150-5,6 MW mit einer Leistungsklasse von 5,6 MW, im Laufe des Genehmigungsverfahrens geändert in den Anlagentyp Vestas V150-6.0 MW mit einer Leistungsklasse von 6,0 MW (elektrische Nennleistung im reduzierten Nachtbetrieb SO5: 4,26 MW). Bei dem Vorhabenstandort handelt es sich um das Grundstück . Das Grundstück befindet sich im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.

Zur Beurteilung der Geräuschbelastung einzelner in der Umgebung liegender Gehöfte und Wohnhäuser legte die Klägerin im Genehmigungsverfahren ein Lärmgutachten der Fa. P_____ in W_____ vor („Schalltechnischer Bericht Nr. 215217-05.01 über die Geräuschsituation in der Nachbarschaft einer geplanten Windenergieanlage des Typs Vestas V150-5.6 MW im Windpark bei nach dem Interimsverfahren“ vom 26. Mai 2020, mit Ergänzung vom 29. Juni 2021; im Folgenden: Schalltechnischer Bericht). Für die Nachtzeit kommt der Schalltechnische Bericht auf der Grundlage des Interimsverfahrens zu dem Ergebnis, dass der als maßgeblich angesehene Immissionsrichtwert für Mischgebiete nach der TA Lärm von 45 dB(A) im schallreduzierten Betriebsmodus SO5 durch die Zusatzbelastung der geplanten Windenergieanlage an den 19 untersuchten Immissionsorten um mindestens 15,3 dB(A) unterschritten werde. Als Schallleistung im Betriebsmodus SO5 nachts legt die Unterlage dabei gemäß Angabe des Herstellers Vestas einen mittleren zu erwartenden Schallleistungspegel (Lw [P50]) von 99 dB(A) zugrunde. Zu diesem addieren die Gutachter einen Sicherheitszuschlag von 2,1 dB(A), sodass sich ein immissionsrelevanter Gesamtschallleistungspegel von 101,1 dB(A) ergibt. Dem Schalltechnischen Bericht als Anlage beigefügt ist unter anderem ein Datenblatt der Windenergieanlage vom Typ Vestas V150-5.6 MW vom 13. März 2019, in dem sich die Herstellerangaben finden; für den geänderten Anlagentyp Vestas V150-6.0 MW enthält die ergänzende Stellungnahme vom 29. Juni 2021 ein entsprechendes Datenblatt (vom 19. März 2021).

Mit Genehmigungsbescheid Nr. 10.021.00/20/1.6.2V/T11 vom 22. Dezember 2021 erteilte der Beklagte der Klägerin die beantragte Genehmigung. Dem Bescheid sind in Ziffer IV. verschiedene Inhalts- und Nebenbestimmungen beigefügt. In der Rubrik „Immissionsschutz“ findet sich in Ziffer IV.2.1 die folgende Regelung zum Schallschutz:

„Der Nachtbetrieb der beantragten WEA ist erst nach Vorlage eines Berichts über eine Typenvermessung des Anlagentyps in der beantragten Betriebsweise, der die Einhaltung des in der Prognose angesetzten maximalen zulässigen Emissionspegels nachweist, aufzunehmen. Sofern der Messnachweis an anderen als der hier gegenständlichen WEA erfolgte, sind die möglichen Auswirkungen der Serienstreuung sowie der Messunsicherheit zu Lasten des Betreibers zu berücksichtigen.“

Bei den „Angaben zum Verfahren“ (Ziffer II.) enthält der Bescheid als Schallleistungspegel LWA der Windenergieanlage bei Nennleistung im Nachtbetrieb die Angabe „99 dB(A) (Herstellerangaben)“; der maximal zulässige Emissionspegel Le,max wird dort mit 100,7 dB(A) benannt. Hieran anknüpfend bestimmt die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.2 Satz 1, dass zur Vermeidung schädlicher Geräusche die Windenergieanlage in der Nachtzeit (22:00 bis 6:00 Uhr) antragsgemäß im schallreduzierten Betriebsmodus SO5 mit einem maximal zulässigen Emissionswert Le,max von 100,7 dB(A) betrieben werden soll.

Auf einen von der Klägerin gegen die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 und drei weitere Nebenbestimmungen aus dem Genehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2021 erhobenen Widerspruch entschied der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2023, dass die Formulierung zweier Nebenbestimmungen berichtigt und dem Widerspruch gegen eine weitere Nebenbestimmung teilweise abgeholfen werde (Ziffern 1 bis 3). Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen (Ziffer 4). Die Kosten des Widerspruchsverfahrens legte der Beklagte zu 90 % der Klägerin auf (Ziffer 5). Für den Widerspruchsbescheid setzte der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe 1.710,00 Euro fest (Ziffer 6).

Zur Begründung der Zurückweisung des Widerspruchs gegen die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 bezog sich der Beklagte auf Ziffer 4.2 Abs. 3 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass Brandenburg (Fassung vom 16. Januar 2019; im Folgenden: WKA-Geräuschimmissionserlass). Danach sei bei einer Planung auf der Basis von Herstellerangaben der Nachtbetrieb der Anlage erst aufzunehmen, wenn durch Vorlage eines Berichtes über eine Typenvermessung gezeigt werde, dass der in der Geräuschimmissionsprognose angenommene Emissionswert nicht überschritten werde. Nach dem dem Schalltechnischen Bericht beigefügten Datenblatt vom 13. März 2019 handele es sich bei dem angegebenen Schallleistungspegel im schallreduzierten Modus SO5 um einen mittleren zu erwartenden Schallleistungspegel. Entsprechend sei auch der in der Prognose angesetzte Emissionswert kein absoluter Wert, sondern nur ein mittlerer zu erwartender Schallleistungspegel, der beim Betrieb der Anlage mit 50 %-iger Wahrscheinlichkeit auftreten werde. Das bedeute, 50 % der bei einer Nachweismessung ermittelten Schallleistungspegel über- oder unterschritten den in der Prognose angesetzten Wert. Eine Überschreitung des maximal zulässigen Emissionswertes könne deshalb durchaus erwartet werden. Richtig sei zwar, dass die Vorbelastung nicht zu betrachten gewesen sei, weil die genehmigte Windenergieanlage das erweiterte lrrelevanzkriterium von 15 dB(A) erfülle. Nur wegen der deutlichen Unterschreitung der lmmissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten sei die Anlage aus schallschutztechnischer Sicht aber überhaupt genehmigungsfähig gewesen. Im Übrigen sei die Nebenbestimmung auch nicht unverhältnismäßig. Die Klägerin werde durch die geforderten Messungen nicht übermäßig belastet, da den hohen Anforderungen an den Schutz vor schädlichen Geräuschimmissionen eine nur mit 50 %-iger Wahrscheinlichkeit anzunehmende Garantie der Einhaltung der lmmissionsrichtwerte in der Geräuschimmissionsprognose gegenüberstehe. Zudem sei es der Klägerin möglich, den Messnachweis der Typenvermessung an anderen Windenergieanlagen durchzuführen.

Mit ihrer am 10. Februar 2023 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Nebenbestimmung zur Typenvermessung weiter.

Sie macht geltend, die angegriffene Nebenbestimmung sei nicht erforderlich. Dem beantragten Anlagentyp lägen Herstellerangaben hinsichtlich des schallreduzierten Nachtbetriebsmodus SO5 zugrunde. Eine Überschreitung des im Schalltechnischen Bericht angenommenen Emissionswertes sei nicht annähernd zu erwarten. Nach den Berechnungsergebnissen für die Nachtzeit an den betrachteten Immissionsorten liege die Zusatzbelastung durch die geplante Windenergieanlage zwischen 7,0 und 29,7 dB(A). Die Mindestunterschreitung von 15,3 dB(A) am Immissionsort IO-12 zeige die Irrelevanz der Zusatzbelastung; der Wert bleibe hinter dem nach der TA Lärm für die Irrelevanz maßgeblichen Wert von 6 dB(A) deutlich zurück. Selbst eine gewisse Abweichung von den Herstellerangaben werde unter Berücksichtigung der prognostizierten massiven Unterschreitung und des angewandten Sicherheitszuschlags von 2,1 dB(A) nicht zu einer Überschreitung führen. Nach Ziffer 4.2 Abs. 1 der „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen (WKA)“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) mit Stand vom 30. Juni 2016 (im Folgenden: LAI-Hinweise) bedürfe es im Fall einer Planung auf Basis von Herstellerangaben auch einer Abnahmemessung nur dann, wenn die Zusatzbelastung die einschlägigen Immissionsrichtwerte um bis zu 15 dB(A) unterschreite. Hier liege die Unterschreitung bei mindestens 15,3 dB(A) am Immissionsort IO-12 und an anderen Immissionsorten weit darüber hinaus. Im Übrigen sprächen die LAI-Hinweise lediglich eine Empfehlung aus. Diese würde entgegen der Annahme des Beklagten für ihn auch durch den WKA-Geräuschimmissionserlass nicht zu einer bindenden Verpflichtung. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - habe die Erforderlichkeit der Vorlage einer Typenvermessung vor Aufnahme des Nachtbetriebs in einem Fall wie hier, in dem die Immissionsrichtwerte um mehr als 15 dB(A) unterschritten würden, ebenfalls gerade nicht bestätigt. Da der Widerspruch gegen die Nebenbestimmung zurückgewiesen worden sei, sei auch die erhobene Widerspruchsgebühr teilweise rechtswidrig.

Die Klägerin beantragt,

die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 aus dem Genehmigungsbescheid des Landesamtes für Umwelt vom 22. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 10. Januar 2023 aufzuheben,

und die in Ziffer 6 des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Umwelt vom 10. Januar 2023 festgesetzte Verwaltungsgebühr aufzuheben, soweit sie den Betrag von 1.410,00 Euro überschreitet.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2023. Danach sei die angegriffene Nebenbestimmung zur Sicherstellung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich. Nach dem WKA-Geräuschimmissionserlass sei bei einer Planung auf der Grundlage von Herstellerangaben stets eine Typenvermessung als Voraussetzung für die Aufnahme des Nachtbetriebs zu verlangen; das 15 dB(A)-Irrelevanzkriterium gelte nur für die Abnahmemessung. Herstellerangaben seien notwendigerweise mit Unsicherheit behaftet. Der WKA-Geräuschimmissionserlass sei für ihn als nachgeordnete Behörde bindend. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - bestätige seine Auffassung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2024 verwiesen sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

1. Das gegen die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 aus dem Genehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2023 gerichtete Begehren ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Var. VwGO zulässig und begründet.

1.1. Die angegriffene Nebenbestimmung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

a. Rechtsgrundlage der Nebenbestimmung ist § 12 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Danach kann die Genehmigung unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen.

b. Nach der Vorstellung des Beklagten soll die Nebenbestimmung sicherstellen, dass die Genehmigungsvoraussetzung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfüllt wird. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt - unter anderem - schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Vorliegend zielt die angegriffene Nebenbestimmung auf eine Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Lärm. Die Nebenbestimmung ist jedoch nicht erforderlich, um die Einhaltung der lärmschutzrechtlichen Anforderungen zu gewährleisten.

aa. Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen von Windenergieanlagen schädlich im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, bestimmt sich grundsätzlich anhand der TA Lärm als sog. normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BImSchG). Dieser kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit regelmäßig abschließend, als die TA Lärm bestimmten Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmte Immissionsrichtwerte zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2020 - BVerwG 4 A 13/18 - juris Rn. 46; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - juris Rn. 23).

Allerdings wird dem Beklagten im WKA-Geräuschimmissionserlass vorgeben, bei der Genehmigung von Windenergieanlagen für die Prognose der Geräuschimmissionen nicht das in der DIN ISO 9613-2 festgelegte alternative Verfahren zugrunde zu legen, auf das im Anhang der TA Lärm verwiesen wird; vielmehr hat der Beklagte die mit Beschluss der 134. LAI-Sitzung vom 5./6. September 2017 erarbeitete „Dokumentation zur Schallausbreitung - Interimsverfahren zur Prognose der Geräuschimmissionen von Windkraftanlagen, Fassung 2015-05.1“ - im Zusammenhang mit den LAI-Hinweisen anzuwenden. Der Unterschied zum alternativen Verfahren besteht im Wesentlichen im Wegfall der Bodendämpfung, in einer meteorologischen Korrektur sowie in der Umstellung des Berechnungsverfahrens auf eine frequenzabhängige Berechnung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - juris Rn. 25; OVG Münster, Urteil vom 20. April 2022 - 8 A 1575/19 - juris Rn. 130; eingehend Agatz, Windenergie-Handbuch, 19. Ausgabe, März 2023, S. 127 ff.).

Gegen die Modifikation der Prognoseberechnung auf der Grundlage des alternativen Verfahrens durch das Interimsverfahren bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. ausführlich OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - juris Rn. 25 ff.; nachgehend BVerwG, Beschluss vom 6. März 2024 - BVerwG 7 B 19/23 - juris). Über die Anwendbarkeit des Interimsverfahrens herrscht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Ebenso wenig wird über die nach der TA Lärm heranzuziehenden Immissionsrichtwerte gestritten, die im Schalltechnischen Bericht unter Orientierung an den für Mischgebiete (sowie im Übrigen auch für Kern- und Dorfgebiete) geltenden Richtwerten mit 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts angesetzt werden. Anhaltspunkte dafür, dass hier andere Richtwerte einschlägig sein könnten als die im Schalltechnischen Bericht zugrunde gelegten Werte, bestehen nicht.

bb. Im Streit steht zwischen den Beteiligten allein, ob der Beklagte bis zur Vorlage eines Berichtes über eine Typenvermessung den Nachtbetrieb der geplanten Windenergieanlage untersagen durfte, weil die Geräuschimmissionsprognose im Schalltechnischen Bericht auf Herstellerangaben beruht und daher möglicherweise keine hinreichende Gewähr dafür bieten kann, dass der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts an den maßgeblichen Immissionsorten tatsächlich eingehalten wird. Zur Überzeugung des Senats ist das mit der Klägerin zu verneinen.

(1) Im Ausgangspunkt trifft zu, dass die prognostische Beurteilung von Geräuschimmissionen einschließlich etwaiger in die Berechnung bereits eingeflossener Sicherheitszuschläge grundsätzlich nur dann eine hinreichende Aussage über die Geräuschbelastung der betrachteten Immissionsorte treffen kann, wenn die ihr zugrunde gelegten Emissionswerte zutreffend sind. Ob das hier der Fall ist, soll mit der angeordneten Typenvermessung überprüft werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - juris Rn. 40; OVG Münster, Beschluss vom 27. März 2024 - 8 D 173/23.AK - juris Rn. 10 [zur Abnahmemessung]).

Für die parallele Problematik bei der nachtbetriebsunabhängigen Abnahme- bzw. Nachweismessung wird überwiegend angenommen, dass sich eine solche Abnahmemessung trotz der Zugrundelegung von Herstellerangaben in der Geräuschimmissionsprognose als entbehrlich erweisen kann, wenn die Genehmigungsbehörde eine Richtwertüberschreitung auf der Grundlage der Immissionsprognose „sicher ausschließen“ kann (vgl. für diesen Maßstab Nummer 5.2.1.1 Buchst. b des nordrhein-westfälischen Windenergie-Erlasses vom 8. Mai 2018; allgemein zur Diskussion OVG Münster, Beschluss vom 27. März 2024 - 8 D 173/23.AK - juris Rn. 11 ff.; Agatz, Windenergie-Handbuch, 19. Ausgabe, März 2023, S. 350 f.). Dem entspricht, wenn es in der Rechtsprechung auch sonst zu den Anforderungen an die im Genehmigungsverfahren vorzulegende Geräuschimmissionsprognose heißt, die Prognose müsse in jedem Fall „auf der sicheren Seite“ liegen (vgl. z.B. OVG Münster, Urteile vom 27. Juli 2023 - 22 D 100/22.AK - juris Rn. 34 und vom 4. Mai 2022 - 8 D 317/21.AK - juris Rn. 81).

Der Beklagte hat für die Abnahmemessung gemäß der Erlasslage in Brandenburg (vgl. Ziffer 4.2 Abs. 1 und 2 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass; für die aktuelle Erlasslage betreffend die Abnahme- und die Typenvermessung vgl. Ziffer 5.2 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass vom 24. Februar 2023) angenommen, dass die Prognose in diesem Sinne auf der sicheren Seite liegt, wenn der Beurteilungspegel (Lr,90) der Windenergieanlage an den maßgeblichen Immissionsorten den zulässigen Immissionsrichtwert um 15 oder mehr dB(A) unterschreitet. Orientiert ist diese Vorgabe an den „Empfehlungen für Nebenbestimmungen der Genehmigung“ in Ziffer 4 der LAI-Hinweise. Die Voraussetzung einer Einhaltung der 15 dB(A)-Irrelevanzgrenze hat der Beklagte auf der Grundlage der Geräuschimmissionsprognose bejaht und auf die Beauflagung einer Abnahmemessung verzichtet. Dagegen bestehen keine Bedenken.

Vor diesem Hintergrund besteht aus Sicht des Senats kein Anlass, bezüglich der Anwendung des 15 dB(A)-Kriteriums zwischen den Fällen der Abnahmemessung und denen der Typenvermessung in der Weise zu differenzieren, dass trotz Einhaltung der Irrelevanzgrenze (zwar keine Annahmemessung, aber) eine Typenvermessung für den Nachtbetrieb gefordert wird. Wie bereits der 3a. Senat des Oberverwaltungsgerichts-Berlin-Brandenburg im Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - (juris Rn. 35) auf der Grundlage von Erläuterungen sachverständiger Mitarbeiter des Beklagten erkannt hat, kann jedenfalls bei Prognosewerten, die die zulässigen Immissionsrichtwerte um mehr als 15 dB(A) unterschreiten, „verlässlich davon ausgegangen werden“, dass die fragliche Windenergieanlage keine relevante Geräuschzusatzbelastung an den maßgeblichen Immissionsorten bewirkt.

Der vom Beklagten angeführte und das Gericht ohnehin nicht bindende Wortlaut von Ziffer 4.2 Abs. 3 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass führt insoweit nicht weiter. Auch wenn dort im Zusammenhang mit der Typenvermessung das 15 dB(A)-Kriterium nicht nochmals ausdrücklich aufgegriffen wird, liegt es doch nach Sinn und Zweck nahe, dass im Fall der Irrelevanz der Geräuschzusatzbelastung (auch) keine Nebenbestimmung zum Nachtbetrieb erforderlich ist. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass bei unsicheren Herstellerangaben der Nachtbetrieb bis zur Typenvermessung untersagt bleibt, während der Tagbetrieb aufgenommen und eine Messung der Anlage binnen Jahresfrist vorzunehmen ist.

Im Einklang damit hat auch der 3a. Senat des Oberverwaltungsgerichts-Berlin-Brandenburg in dem Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - (juris Rn. 38) das 15 dB(A)-Irrelevanzkriterium ohne Weiteres einheitlich auf die Fälle der Abnahmemessung und der Typenvermessung gemäß Ziffer 4.2 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass bezogen. Wie dem erkennenden Senat aus anderen bei ihm anhängigen Verfahren bekannt ist, folgt auch der Beklagte dieser Sichtweise in seiner Genehmigungspraxis zumindest teilweise; demnach rechtfertigt der Beklagte das Verlangen nach einer Typenvermessung unter Hinweis auf das Urteil vom 11. Mai 2023 mitunter gerade damit, dass die 15 dB(A)-Irrelevanzgrenze nicht eingehalten werde.

(2) Der im Widerspruchs- und gerichtlichen Verfahren angebrachte bloße Hinweis des Beklagten, dass in die Berechnung der Geräuschzusatzbelastung im Schalltechnischen Bericht „nur“ der mittlere zu erwartende Schallleistungspegel LW (P50) gemäß den Angaben des Herstellers Vestas in den Datenblättern vom 13. März 2019 (Anlagentyp Vestas V150-5,6 MW) und 19. März 2021 (Anlagentyp Vestas V150-6,0 MW) eingegangen sei, stellt das Ergebnis der Geräuschimmissionsprognose nicht substantiiert infrage. Dabei mag dahinstehen, dass der Beklagte sich damit in Widerspruch zu seiner eigenen Annahme im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid setzt, dass die genehmigte Anlage das erweiterte Irrelevanzkriterium von 15 dB(A) erfüllt, weil die ermittelte Zusatzbelastung einschließlich einer oberen 90 %-igen Vertrauensbereichsgrenze die maßgeblichen Immissionsrichtwerte an allen geprüften Immissionsstandorten nach der Tabelle 5 des Schalltechnischen Berichtes um 38 bis 15 dB(A) unterschreitet. Entscheidend ist, dass der Beklagte mit seinem Hinweis auf den - in den Herstellerangaben üblicherweise ausgewiesenen - mittleren zu erwartenden Schallleistungspegel LW (P50) kein Defizit des Schalltechnischen Berichtes aufzuzeigen vermag. Die Gutachter haben es als unproblematisch angesehen, bei ihren Berechnungen im Ausgangspunkt mit dem Wert zu operieren. Zweifel an der hinreichenden Qualität einer solchen Herstellerangabe lässt der Schalltechnische Bericht nicht erkennen. Die Gutachter haben überdies in ihre Berechnungen einbezogen, dass für den geplanten Anlagentyp noch kein offizieller Messbericht vorliegt und die Herstellerangabe daher zumindest bis zu einem gewissen Grad noch unsicher ist. Sie haben es deshalb nicht bei dem vom Hersteller genannten Wert für den mittleren zu erwartenden Schallleistungspegel LW (P50) von 99 dB(A) belassen, sondern den Wert zur Verbesserung der Qualität der Ergebnisse unter Heranziehung der einschlägigen mathematisch-rechnerischen Vorgaben aus dem Anhang zum WKA-Geräuschimmissionserlass und den LAI-Hinweisen auf 101,1 dB(A) angehoben, indem sie den fachlich anerkannten Zuschlag für die Gesamtunsicherheit im Sinne einer oberen Vertrauensbereichsgrenze des Gesamtimmissionspegels mit einer statistischen Sicherheit von 90 % addiert haben (vgl. zur fachlichen Anerkennung dieses Sicherheitszuschlags z.B. auch OVG Münster, Urteil vom 27. Juli 2023 - 22 D 100/22.AK - juris Rn. 40). Wie die Gutachter auf Seite 10 des Schalltechnischen Berichtes ausführen, haben sie dazu im Einzelnen zunächst die Produktstandardabweichung / Serienstreuung (σp) und die Messunsicherheit (σR) entsprechend einer Einfachvermessung angesetzt. In der Zusammenfassung der allgemeinen Daten und der zur Prognose erforderlichen Kenndaten für den Tages- und Nachtzeitraum in Tabelle 3 haben sie die Produktstandardabweichung mit 1,2 dB(A) und die Messunsicherheit mit 0,5 dB(A) beziffert. Zuzüglich einer mit 1,0 dB(A) angesetzten Prognoseunsicherheit (σprog) haben sie daraus eine Gesamtunsicherheit bzw. Gesamtstandardabweichung (σges) errechnet, aus der sie wiederum den Sicherheitszuschlag (SZ) in Höhe von 2,1 dB(A) ermittelt haben. Diesen haben sie, um der Unsicherheit des Beurteilungspegels Rechnung zu tragen, zu der Schallleistung LWA lt. Herstellerangabe von 99 dB(A) nachts addiert, woraus sich der in der Prognose zugrunde gelegte immissionsrelevante Gesamtschallleistungspegel von 101,1 dB(A) ergibt (für die fachlichen Vorgaben dieses Vorgehens der Gutachter vgl. im Einzelnen Ziffer 3 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass und Ziffer 3 der LAI-Hinweise). Nähere Erläuterungen zur Abschätzung der Prognoseungenauigkeit bzw. Gesamtunsicherheit der Prognose mit den drei genannten Einflussbereichen (Produktstandardabweichung, Messunsicherheit, Prognoseunsicherheit) finden sich auf Seite 15 f. des Schalltechnischen Berichtes. In diesem Zusammenhang gehen die Gutachter ausdrücklich auch auf die Forderung der LAI-Hinweise ein, dass der maßgebliche Immissionswert mit 90 % Wahrscheinlichkeit eingehalten werden müsse (S. 16).

Unabhängig davon gilt: Falls und soweit die in die Berechnung eingeflossenen Zuschläge allein noch keine ausreichende Sicherheit bieten, ist eine erhebliche Erhöhung der Gesamtbelastung jedenfalls durch die Anwendung des 15 dB(A)-Irrelevanzkriteriums verlässlich ausgeschlossen, wenn danach der Beurteilungspegel der fraglichen Windenergieanlage an den betrachteten Immissionsorten die 15 dB(A)-Grenze - gemessen am Maßstab des einschlägigen Immissionsrichtwertes - wahrt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2023 - OVG 3a A 31/23 - juris Rn. 35, 40). Der Beklagte zeigt keine Zusammenhänge auf, aus denen sich entgegen der Einschätzung der Gutachter im Schalltechnischen Bericht in nachvollziehbarer Weise ergeben würde, dass bei Einstellung des mittleren zu erwartenden Schallleistungspegels LW (P50) in die Geräuschimmissionsprognose zuzüglich des Sicherheitszuschlags von 2,1 dB(A) etwas anderes anzunehmen sein könnte. Dagegen spricht im Übrigen auch, dass sich nach Erkenntnissen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (Leitfaden zu Schallpegelmessungen an Windenergieanlagen, Stand: November 2021, S. 6) die Herstellerangaben regelmäßig als weithin verlässlich erweisen und mit dem Vorliegen von Vermessungen zumeist sogar nach unten korrigiert werden. Deshalb garantieren die Hersteller die von ihnen angegebenen Werte oder den daraus errechneten maximal zulässigen Emissionspegel Le,max (P90) oftmals sogar, so auch im vorliegenden Fall. Die damit verbundene Haftung der Hersteller kann umgekehrt als ein Indiz für deren Bestreben aufgefasst werden, zutreffende Angaben zu machen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. September 2021 - 12 ME 45/21 - juris Rn. 98).

Gegen die Erforderlichkeit der angegriffenen Nebenbestimmung ist jedenfalls unter den Gegebenheiten des vorliegenden Einzelfalls ergänzend anzuführen, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung die technischen Parameter der Windenergieanlage selbst festlegt und überdies noch weitergehende Anforderungen zum Immissionsschutz enthält, die dazu beitragen, die Einhaltung der lärmschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen (vgl. etwa auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2024 - OVG 3a S 9/23 - juris Rn. 21; OVG Schleswig, Beschluss vom 10. Februar 2022 - 5 MR 2/21 - juris Rn. 10). So wird im Genehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2021 in Ziffer II. („Angaben zum Verfahren“) nicht nur der auf den Herstellerangaben beruhende Wert von 99 dB(A) für die Schallleistung LWA bei Nennleistung im Nachtbetrieb zugrunde gelegt, sondern auch der daran anknüpfende maximal zulässige Emissionspegel Le,max von 100,7 dB(A), in den die Schallleistung zuzüglich eines Zuschlags von 1,7 dB(A) eingeht. In der Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.2 wird der so ermittelte maximal zulässige Emissionspegel Le,max von 100,7 dB(A) dann ausdrücklich festgeschrieben, indem der Klägerin aufgegeben wird, dass sie die geplante Windenergieanlage zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche in der Nachtzeit antragsgemäß im schallreduzierten Betriebsmodus SO5 mit diesem maximal zulässigen Emissionswert betreiben soll (vgl. für die entsprechenden Vorgaben Ziffer 4.1 des Anhangs zum WKA-Geräuschimmissionserlass und Ziffer 4.1 der LAI-Hinweise). Das bedeutet, dass ein Anlagenbetrieb mit einem höheren Pegel nachts, der womöglich eine von betroffenen Nachbarn nicht mehr hinnehmbare Lärmbelastung mit sich bringen könnte, ohnehin nicht von der Genehmigung gedeckt wird (vgl. z.B. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2024 - OVG 3a S 9/23 - juris Rn. 21; OVG Schleswig, Beschluss vom 10. Februar 2022 - 5 MR 2/21 - juris Rn. 10; VGH Mannheim, Beschluss vom 6. Juli 2015 - 8 S 534/15 - juris Rn. 44).

1.2 Erweist sich die angegriffene Nebenbestimmung nach alledem als rechtswidrig, kann die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ohne Weiteres auch sinnvoller- und rechtmäßigerweise ohne die Nebenbestimmung bestehen bleiben (vgl. für diese Anforderung an die isolierte Aufhebung von Nebenbestimmungen nur BVerwG, Beschluss vom 29. März 2022 - BVerwG 4 C 4/20 - juris Rn. 8 und Urteil vom 6. November 2019 - BVerwG 8 C 14/18 - juris Rn. 18; jeweils m.w.N.).

2. Mit dem weiteren, der Höhe nach gegen die Verwaltungsgebühr aus dem Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2023 gerichteten Anfechtungsbegehren hat die Klage ebenfalls Erfolg.

Der Senat ist zur Entscheidung über das weitere Anfechtungsbegehren berufen, weil die Regelung über die sachliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VwGO in der vorliegenden Fallgestaltung auch den Streit um die in dem Widerspruchsbescheid selbst enthaltene Gebührenentscheidung erfasst. Anders mag der Fall liegen, wenn es um die isolierte Anfechtung einer behördlichen Gebührenentscheidung ohne unmittelbaren Bezug zur beschleunigungsbedürftigen Planung und Herstellung einer unter § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VwGO fallenden Anlage geht (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2024 - BVerwG 11 A 19/23 - juris [zu § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO]; zur Diskussion ferner z.B. auch BVerwG, Beschluss vom 22. November 1995 - BVerwG 11 VR 42/95 - juris [zu § 5 Abs. 1 VerkPBG]; VGH Kassel, Beschluss vom 30. August 2023 - 5 C 1093/23 - juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16. Juni 2022 - 12 KS 71/22 - juris; Panzer, in: Schoch/Schneider [Hrsg.], Verwaltungsrecht, Stand: 44. EL März 2023, § 48 VwGO Rn. 7).

Das zulässige Anfechtungsbegehren ist begründet. Die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 1.710,00 Euro ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit die Gebühr den Betrag von 1.410,00 Euro übersteigt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Wie sich aus der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2023 (dort S. 16 f.) ergibt, ist die Zurückweisung des Widerspruchs der Klägerin gegen die Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 aus dem Genehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2021 mit einem Teilbetrag von 300,00 Euro in die Widerspruchsgebühr eingegangen. Soweit die Begründung des Widerspruchsbescheides an dieser Stelle eine Ungenauigkeit enthält, weil sie sich zweimal zu der Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.2 äußert und nicht ausdrücklich zu der Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1, hat der Vertreter des Beklagten im Termin eingeräumt, dass es sich dabei um einen offenkundigen Schreibfehler handelt. Nachdem dem Widerspruch wegen der Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmung zu Ziffer IV.2.1 hätte stattgegeben werden müssen, ist die Widerspruchsgebühr entsprechend um den Betrag von 300,00 Euro zu reduzieren (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 GebGBbg).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht schriftlich oder in der bezeichneten elektronischen Form einzureichen.

Rechtsanwälte, Behörden, juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Vertretungsberechtigte, die über ein elektronisches Postfach nach § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO verfügen, sind zur Übermittlung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 55d VwGO verpflichtet.

Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen als Bevollmächtigte nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.