Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 29.05.2024 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 11 U 74/18 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0529.11U74.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Hauptberufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten wird das am 09.03.2018 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin (5 O 153/17) teilweise abgeändert und der Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel beider Seiten und Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin insgesamt 8.086,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 17.09.2015 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in allen drei Instanzen tragen die Klägerin 83 % und der Beklagte 17 %.
Dieses und das angefochtene Urteil - soweit dies aufrechterhalten wird - sind vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Parteien streiten im Haupt- und Nachunternehmerverhältnis über Ansprüche aus einem Werkvertrag. Die Klägerin, eine auf Holzbau spezialisierte Unternehmerin, verlangt von dem Beklagten, der Inhaber eines Meisterbetriebs für Heizungs-, Sanitär- und Solaranlagen ist, Schadensersatz in Höhe von insgesamt 47.190,33 € nebst Zinsen wegen mangelhafter Werkleistung. Sie wurde im Jahr 2011 von der (X) Immobilien-Baubetreuungs-UG, die später in eine GmbH umgewandelt wurde (im Folgenden: (X)-GmbH), damit beauftragt, die Dachaufstockung und energetische Sanierung von neun Wohngebäuden in (Ort) vorzunehmen. Sie beauftragte den Beklagten als Nachunternehmer damit, die von ihr vorgefertigten Holztafelbauteile mit Sanitärsystemen zu bestücken. Nach Fertigstellung der Arbeiten ergab eine Überprüfung, dass die Abwasseranschlüsse nicht den Regeln der Technik entsprachen und eine fachgerechte Ausführung mit den in den Wänden installierten Rohrbelüftern nicht zu erreichen war. Es kam zur Geruchsbildung in den Wohnungen. Die von der (X)-GmbH wegen dieser Mängel in Anspruch genommene Klägerin wurde in einem Vorprozess rechtskräftig zur Zahlung eines Vorschusses für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen in Höhe von 39.103,68 € sowie zur Zahlung der bereits aufgewandten Kosten für die Mängelbeseitigung in Höhe von 8.086,65 € verurteilt. Die Klägerin zahlte den zuerkannten Betrag in Höhe von insgesamt 47.190,33 € am 12. Januar 2015 an die (X)-GmbH. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird ergänzend auf die Gründe zu I. im Senatsurteil vom 20.05.2020 und die dort enthaltene Bezugnahme verwiesen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin den genannten Betrag vom Beklagten verlangt. Das Landgericht hat der auf Schadensersatz in Höhe der Verurteilung im Vorprozess gerichteten Klage – nach Abzug eines Mitverschuldensanteils zu Lasten der Klägerin – in Höhe von 11.797,58 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten hat der Senat das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 47.190,33 € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.
Auf die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision durch den Senat hat der Bundesgerichtshof unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde – auch soweit sie sich gegen die Verneinung eines Mitverschuldens gerichtet hat – die Revision insoweit zugelassen, als das Berufungsgericht den Beklagten unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verurteilt hat, an die Klägerin 39.103,68 € nebst Zinsen zu zahlen, wobei die Zulassung auf die Anspruchshöhe beschränkt worden ist. Mit Urteil vom 09.11.2023 hat der Bundesgerichtshof das Senatsurteil vom 20.05.2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben und an den Senat zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, als das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 9. März 2018 (5 O 153/15) teilweise abgeändert und der Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 39.103,68 € nebst Zinsen (von der Klägerin an die (X)-GmbH gezahlter Kostenvorschuss wegen der mangelhaften Rohrbelüftung) verurteilt worden ist (BGH, Urt. v. 09.11.2023 – VII ZR 92/20, BeckRS 2023, 36030). Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Nach dem Berufungsurteil stehe zwar rechtskräftig fest, dass die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes wegen der mangelhaften Rohrbelüftung gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB habe und ein Abzug wegen eines Mitverursachungsanteils der Klägerin nicht in Betracht komme. Mit der vom Berufungsgericht zur Höhe des Schadensersatzanspruchs gegebenen Begründung könne der Urteilsspruch indes nicht gerechtfertigt werden: Zwar habe der Senat im Ausgangspunkt zu Recht angenommen, dass der Klägerin aufgrund der mangelhaften Rohrbelüftung ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zustehe, der auf Ersatz des Schadens gerichtet sei, der dadurch entstanden ist, dass die Klägerin wegen des Mangels ihrerseits einen Kostenvorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB in Höhe von 39.103,68 € an die (X)-GmbH gezahlt habe. Auch sei dem Senat darin zu folgen, dass diese Zahlung am 12.01.2015 auf den im Vorprozess ausgeurteilten Kostenvorschussanspruch erfolgt sei. Mit dem Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB könne der Hauptunternehmer gegenüber dem Nachunternehmer aber nur den Schaden ersetzt verlangen, der ihm dadurch entstehe, dass er wegen der mangelhaften Werkleistung des Nachunternehmers seinerseits Mängelansprüchen seines Bestellers ausgesetzt sei, da der Hauptunternehmer in der werkvertraglichen Leistungskette wirtschaftlich betrachtet nur eine Zwischenstation sei. Habe der Hauptunternehmer den vom Besteller geltend gemachten Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB - so wie hier - bereits durch Zahlung erfüllt, wandele sich sein zunächst auf Freistellung gerichteter Schadensersatzanspruch gegen den Nachunternehmer gemäß § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB in einen solchen auf Zahlung in Höhe des geleisteten Kostenvorschusses, weshalb der hier gezahlte Kostenvorschuss in Höhe von 39.103,68 € eine ersatzfähige Schadensposition darstelle. Da dieser Vorschuss seiner Natur nach aber nicht endgültig, sondern zweckgebunden sei, müsse der Besteller seine Aufwendungen für die Mängelbeseitigung nachweisen und innerhalb angemessener Frist nach Mängelbeseitigung über die Verwendung des erhaltenen Kostenvorschusses Abrechnung erteilen und einen etwaig für die Mängelbeseitigung nicht in Anspruch genommenen Betrag zurückzahlen. Diesen Umstand könne der schädigende Nachunternehmer dem Hauptunternehmer unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung in der Leistungskette entgegenhalten, weshalb im Streitfall aufgrund des Vortrags des Beklagten hierzu, wonach angesichts des mittlerweile eingetretenen Zeitablaufs davon auszugehen sei, dass die (X)-GmbH den von der Klägerin gezahlten Kostenvorschuss entweder gar nicht zur Mängelbeseitigung verwendet habe oder zumindest nicht in vollem Umfang, eine solche Vorteilsausgleichung nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei im weiteren Verfahren Sache der Klägerin, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zunächst vorzutragen, ob bereits eine Abrechnung der (X)-GmbH über die Verwendung des Kostenvorschusses erfolgt sei. Sei dies der Fall, sei die Klägerin weiter gehalten, Inhalt und Ergebnis dieser Abrechnung näher darzulegen, um einerseits den Vortrag zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu vervollständigen und andererseits dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, zu den konkretisierten Angaben Stellung zu nehmen. Hierfür genüge die bloße Behauptung der Klägerin, wonach der Kostenvorschuss von der (X)-GmbH vollumfänglich zur Mängelbeseitigung verbraucht worden und es nicht zu einer Rückzahlung gekommen sei, nicht (BGH, a.a.O.).
Der Senat hat der Klägerin unter Hinweis auf die vorangegangenen Ausführungen des Bundesgerichtshofs Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags gegeben. Mit Schriftsatz vom 15.03.2024 hat die Klägerin unter Beweisantritt des als Zeugen benannten Geschäftsführers der (X)-GmbH vortragen lassen, dass der Vorschuss vollständig verbraucht und hierüber mündlich abgerechnet worden sei (GA III 608 f.). Mit Verfügung vom 26.04.2024 hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass und weshalb der Vortrag aus dem Schriftsatz vom 15.03.2024 den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung auf der Grundlage der o.g. BGH-Entscheidung nicht genüge. Weiteren Vortrag hat die Klägerin nicht unterbreitet.
Die Klägerin beantragt unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils,
den Beklagten zu verurteilen, an sie über den rechtskräftig bereits feststehenden Betrag weitere 39.103,68 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 26.03.2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die beim Senat noch anhängige Berufung der Klägerin, mit der sie über den rechtskräftig bereits feststehenden Betrag in Höhe von 8.086,65 € weitere 39.103,68 € nebst Zinsen begehrt, ist unbegründet. Ein solcher Anspruch besteht im Ergebnis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.11.2023 (VII ZR 92/20) und dem daraufhin fortgesetzten Berufungsverfahren nicht.
A. Nach Aufhebung und Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof an den Senat war gem. § 563 Abs. 1 ZPO neu zu verhandeln und durch den Senat abschließend - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - zu entscheiden. Hierbei hat der Senat die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts, die der Aufhebung zugrunde lag, auch bei seiner neuen Entscheidung zugrunde zu legen (BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, 52. Ed. 1.3.2024, ZPO § 563 Rn. 5).
B. Gemessen daran ist die noch rechtshängige Schadensersatzklage der Klägerin unbegründet. Zwar kann nach den o.g. Ausführungen des Bundesgerichtshofs, denen der Senat folgt, im Rahmen einer Leistungskette der vom Hauptunternehmer an den Besteller geleistete Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung einen erstattungsfähigen Schaden begründen. Allerdings hat die hierfür sekundär darlegungsbelastete Klägerin im Nachgang zur Zurückverweisungsentscheidung des Bundesgerichtshofs trotz entsprechender Hinweise durch den Senat, eine zweckentsprechende Verwendung und Abrechnung des von ihr geleisteten Kostenvorschusses durch den Besteller schon nicht hinreichend vorgetragen.
1. Nach erledigter Mangelbeseitigung ist der Auftraggeber gem. §§ 666, 259 BGB rechenschaftspflichtig (allgemein hierzu BGH, Urt. v. 01.02.1990 – VII ZR 150/89, juris Rn. 15; MüKo-BGB/Busche, 9. Aufl. 2023, BGB § 637 Rn. 22; BeckOGK/Rast, BGB, Stand 01.04.2024, § 637 Rn. 222; Staudinger/Peters, BGB (2019) § 634, Rn. 94; Beck VOB/B/Zahn, 4. Aufl. 2023, VOB/B § 13 Abs. 5 Rn. 165). Das bedeutet, dass er zum Umfang des Kostenerstattungsanspruchs gem. den §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB in der Weise vorzutragen hat, in der er auch vorzutragen hätte, wenn er den Kostenvorschuss nicht erhalten hätte und er daher nun auf die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs angewiesen wäre; denn die vorherige Leistung des Kostenvorschusses darf sich insoweit nicht zugunsten des Auftraggebers auswirken (Beck VOB/B/Zahn, a.a.O., § 13 Abs. 5 Rn. 165). Der Auftraggeber hat dem Bauunternehmer vollständig Auskunft über die Verwendung des Vorschusses zu geben, der Unternehmer kann daher entsprechend § 259 BGB Rechenschaftslegung verlangen (OLG Koblenz, Beschl. v. 27.03.2014 – 3 U 944/13, juris Rn. 10). Wer allerdings verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten gem. § 259 Abs. 1 BGB eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
2. Diesen Anforderungen ist das klägerische Vorbringen im Berufungsverfahren nicht gerecht geworden. Die bloße Behauptung der Klägerin, wonach der Kostenvorschuss von der (X)-GmbH vollumfänglich zur Mängelbeseitigung verbraucht worden und es nicht zu einer Rückzahlung gekommen sei, genügt diesen Anforderungen nicht, wie der BGH bereits klargestellt hat (BGH, Urt. v. 09.11.2023 – VII ZR 92/20, BeckRS 2023, 36030 Rn. 4). Weder im Schriftsatz vom 15.03.2024 noch im Nachgang hierzu und auch nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 08.05.2024 hat die Klägerin einen konkreten Vortrag hierzu unterbreitet. Der Beweisantritt stützt sich lediglich auf eine pauschale Aufzehrung des erhaltenen Vorschusses durch die (X)-GmbH ohne eine weitere Aufschlüsselung auch nur zu behaupten. Ungeachtet dessen entspricht es - wie dargelegt - auch in der Baubranche den Gepflogenheiten, dass über einen erhaltenen Vorschuss schriftlich und geordnet abzurechnen ist. Hierzu hat die Klägerin nichts vorgebracht. Auf der Grundlage des klägerischen Vortrags würde sich vor diesem Hintergrund die Vernehmung des Zeugen (Name) als unzulässiger Ausforschungsbeweis darstellen, weshalb die Durchführung einer Beweisaufnahme abschließend nicht in Frage kam.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Nach teilweiser Aufhebung und Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof hatte der Senat die Kosten anteilig auch für das Revisionsverfahren zu verteilen.
Die (erneute) Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.