Gericht | LG Cottbus 2. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 26.04.2024 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 2 O 230/23 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2024:0426.2O230.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Gebührenstreitwert wird auf der Stufe „bis 110.000 €“ festgesetzt.
Die Klägerin verlangt in erster Linie die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum Versicherungsschutz auf der Grundlage einer Hausratversicherung in Form der sog. Außenversicherung.
Gemäß 1.3.3. der Versicherungsbedingen (Bl. 29 des Anlagenkonvoluts K 1) besteht Versicherungsschutz (auch)
„für versicherte Sachen“, die „sich nur vorübergehend außerhalb des Versicherungsortes befinden. Vorübergehend ist ein Zeitraum von maximal 6 Monaten.“
Die Klägerin behauptet, die beiden streitgegenständlichen Uhren an die ………………… GmbH am 19.07.2022 als Kommissionärin mit dem Ziel des Verkaufs übergeben zu haben. Hierzu hat die Klägerin zwei auf den 19.07.2022 datierte Formular-Kommissionsverträge vorgelegt, die jeweils eine der streitgegenständlichen Uhren betreffen und die beide einen „Verkaufszeitraum von 365 Tagen“ vorsehen. Die Auszahlung an den Verkäufer sollte nach der Gestaltung der Kommissionsverträge bargeldlos erfolgen, nämlich über per Kontoüberweisung über den Zahlungsanbieter „…………………“ (Anlagen K 2 und K 3).
Die Klägerin behauptet weiter, in den Betriebsräumlichkeiten der Kommissionärin habe am 19.11.2022 ein Einbruchdiebstahl stattgefunden, bei dem neben vielen anderen Uhren auch die streitgegenständlichen Exemplare abhanden gekommen seien.
Die Klägerin ist unter näheren Ausführungen der Ansicht, dass das behauptete Geschehen von der sog. Außenversicherung erfasst sei, insbesondere weil der Begriff „vorübergehend“ großzügig auszulegen sei.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin anlässlich der Entwendung der Uhren der Marken ………………… mit der Modellnummer ………………… und ………………… mit der Modellnummer ………………… Versicherungsleistungen aus der Hausratversicherung zur Versicherungsscheinnummer …….-………………… zu gewähren,
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.584,09 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Einzelrichter hat mit Schreiben vom 21.03.2024 (Bl. 42 d.A.) darauf hingewiesen, dass und warum schon nach dem Sachvortrag der Klägerin kein Versicherungsschutz bestehe (insbesondere mit Blick auf den Verkaufszeitraum von 365 Tagen in den Kommissionsverträgen).
Daraufhin hat der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 27.03.2024 ausgeführt, maßgeblich sei nicht der in vorgesehene Verkaufszeitraum, sondern allein, wie lange sich die Uhren tatsächlich in Kommission befunden hätten (Bl. 47 f d.A.).
Mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens (Beschluss vom 03.04.2024, Bl. 49 f d.A.) hat der Einzelrichter unter Bezugnahme auf die Klageerwiderung darauf hingewiesen, dass es mit Blick auf die insoweit anerkannte subjektive Betrachtung sehr wohl auf den avisierten Verkaufszeitraum ankomme.
Die Feststellungsklage (Antrag 1.) ist jedenfalls unbegründet (vgl. zu dieser Form der Klageabweisung statt vieler Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 21. A. 2024, § 256 Rn 7 a.E. m.w.N.), weil für das behauptete Geschehen schon vom Ansatz her kein Versicherungsschutz besteht.
Der auf Zahlung von Anwaltskosten gerichtete Antrag 2. ist folgerichtig ebenfalls unbegründet.
Der Klägerin stehen keine Ansprüche aus § 1 S. 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag zu.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass in Verkaufsabsicht übergebene Sachen grundsätzlich von der Hausrat-Außenversicherung erfasst sein können (so insbesondere AG Eschweiler BeckRS 2010, 24798 / mit guten Argumenten dagegen u.a. das AG Bremen BeckRS 2011, 20895, m.w.N / siehe auch schon den Hinweis vom 21.03.2024, Bl. 42 d.A. m.w.N.), befanden sich die Uhren schon nach dem Sachvortrag der Klägerin aufgrund der konkreten Umstände des Falles nicht nur „vorübergehend außerhalb des Versicherungsorts“.
Nach dem insoweit maßgeblichen Willen der Klägerin war die Rückkehr der Uhren zu ihr innerhalb eines Zeitraums von maximal sechs Monaten jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich (vgl. zu dieser subjektiven Betrachtung und zu dem Maß der Wahrscheinlichkeit einer beabsichtigten „rechtzeitigen“ Rückkehr statt vieler Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. A. 2021 VHB 2016 Rn 2 m.w.N; S. Schneider in Höra/Schubach, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 5. A. 2022 § 7 Rn 38; OLG Stuttgart r+s 2022, 26 ff Rn 6 m.w.N sowie auch OGH VersR 2008, 1139 f unter Bezugnahme auf die deutsche Rechtsprechung und Literatur).
Die Klägerin ging bereits bei der (behaupteten) Übergabe an die Kommissionärin davon aus, dass die Abwesenheit der Uhren (sofern diese nicht wie geplant verkauft würden) jedenfalls die Frist von sechs Monaten deutlich überschreiten werde.
In einer solchen Konstellation besteht von Anfang an kein Versicherungsschutz (vgl. Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. A. 2021 VHB 2016 Rn 6 m.w.N; S. Schneider in Höra/Schubach, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 5. A. 2022 § 7 Rn 37 m.w.N.). Diese Erkenntnis ergibt sich zwingend aus der dargestellten subjektiven Betrachtung im Zusammenhang mit dem Merkmal „vorübergehend“. Ob und wann eine Sache nach dem Willen des Versicherungsnehmers (Hervorhebung hier nochmals zur besonderen Verdeutlichung) zum Versicherungsort zurückkehren soll, entscheidet sich regelmäßig und offenbar auch hier schon bei der Übergabe anhand der aufgezeigten Kriterien.
Die Kommissionärin sollte sich bis zu einem Jahr (365 Tage) um den Verkauf bemühen. Eine Rückkehr der Uhren zu der Klägerin innerhalb von sechs Monaten nach der (behaupteten) Übergabe war danach sehr unwahrscheinlich. In dem aus Sicht der Klägerin günstigsten Fall hätte die Kommissionärin die beiden Uhren alsbald verkauft. Wenn sich die Verkaufsbemühungen der Kommissionärin dagegen als erfolglos erwiesen hätten, wären die beiden Uhren - jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach - entsprechend der Vertragsgestaltung erst nach etwas über einem Jahr zu der Klägerin zurückgelangt.
Möglicherweise wäre in einer bestimmten Sondersituation anders zu entscheiden, in der nämlich ein Versicherungsnehmer entgegen der ursprünglichen Planung die Sache vorzeitig hätte zurück bekommen wollen (und entsprechend zurückverlangt hätte). Für einen derartigen „Sinneswandel“ der Klägerin gibt es hier aber - trotz klarer Hinweislage - keine Anhaltspunkte.
Die Klägerseite bestätigt sogar den vorgesehenen Verkaufszeitraum und damit sinngemäß die oben dargestellte Willensbildung der Klägerin. Das ist unter der Prämisse der Klägervertreter konsequent, dass es rechtlich auf den avisierten Verkaufszeitraum nicht ankomme, sondern auf den Zeitraum zwischen der behaupteten Übergabe und dem behaupteten Abhandenkommen. Diese Ansicht ist aber falsch (s.o.).
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass wegen der vertraglich für den Verkaufsfall vorgesehenen Auszahlung per Überweisung auch kein „Ersatzgegenstand“ in die Wohnung der Klägerin zurückgelangen sollte (vgl. zur sog. Surrogation u.a. Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. A. 2021 VHB 2016 Rn 6 m.w.N).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
Der Gebührenstreitwert ist gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 GKG festzusetzen. Die Festsetzung orientiert sich an der Summe der angegebenen Werte der Uhren unter Berücksichtigung des üblich Abschlags für die positive Feststellungsklage in Höhe von 20 %.