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Entscheidung 9 WF 73/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 21.05.2024
Aktenzeichen 9 WF 73/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0521.9WF73.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Liebenwerda vom 12.03.2024 (Az. 22 F 20/24) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Mutter.

3. Der Beschwerdewert wird auf bis 500 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Mutter wendet sich gegen die in dem Sorgerechtsverfahren ergangene Kostenentscheidung.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.03.2024 den beteiligten Eltern die Gerichtskosten des Verfahrens je zur Hälfte auferlegt und von einer Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen, nach dem die Kindeseltern das Verfahren aufgrund der Zustimmung der Mutter zur Schulanmeldung des gemeinsamen Kindes übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Gegen die ihr am 14.03.2024 zugestellte Entscheidung wendet sich die Mutter mit der beim Amtsgericht am 02.04.2024 eingegangenen Beschwerde, mit der sie ihre Verpflichtung zur hälftigen Tragung der Gerichtskosten moniert. Sie führt aus, sie habe sich angesichts des kürzlichen Kitawechsels sowie der Behandlungsmaßnahmen für das Kind (Ergotherapie, Frühförderung, Kinderpsychologe und Möglichkeit eines Klinikaufenthalts) mit der Einschulung eingehend beschäftigen und nicht über Nacht hierüber entscheiden wollen. Der Vater habe ihr gegenüber geäußert, sich nicht vorstellen zu können, dass A. schon in die Schule gehen solle und seine Meinung plötzlich geändert. Die Entscheidung zur Anrufung des Familiengerichts habe der Vater für sich allein getroffen.

Der Vater hat zur Kostenbeschwerde keine Stellung genommen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 und 65 Abs. 1 FamFG statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Da es sich bei der zugrunde liegenden Kindschaftssache um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt, ist das Rechtsmittel unabhängig vom Erreichen der Mindestbeschwer von über 600 € (§ 61 Abs. 1 FamFG) zulässig (vgl. dazu BGH, FamRZ 2013, 1876). Einer Vertretung der Mutter durch einen Rechtsanwalt bedarf es weder für die Einlegung der Beschwerde noch für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens (Sternal, FamFG, 21. Auflage 2023, § 64 Rn. 50).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Die Entscheidung des Amtsgerichts, wonach den beteiligten Eltern die Gerichtskosten je zu Hälfte auferlegt werden und - insoweit nicht angegriffen - eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfindet, ist nicht zu beanstanden.

Wird das Verfahren - wie hier - ohne streitige Entscheidung in der Hauptsache zum Abschluss gebracht, ist über die Kosten nach §§ 83 Abs. 2, 81 FamFG zu entscheiden. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, also die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen (§ 80 FamFG) den Beteiligten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen oder von der Erhebung von Kosten absehen.

Mit der Regelung der Kostenverteilung auf der Grundlage einer Billigkeitsentscheidung hat sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden, ausschließlich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zum Maßstab der Kostenverteilung zu machen (Feskorn in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023, § 81 Rn. 14a; OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2014 - 10 WF 221/13). Vielmehr ist nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung und Literatur in Kindschaftsverfahren grundsätzlich Zurückhaltung bei einer besonderen Belastung eines Elternteils mit den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des zugrunde liegenden Verfahrens geboten (Sternal, a. a. O., § 81 Rn. 48; OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2011, II-4 UF 256/11, 4 UF 256/11; OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.06.2014 - 10 WF 71/14, m.w.N.). Damit wird in Kindschaftssachen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eltern bei der gerichtlichen Durchsetzung ihres Begehrens jedenfalls auch das Kindeswohl im Auge haben, so dass die Anordnung einer Kostenerstattung die Ausnahme sein soll (FamVerf/Gutjahr, § 2 Rn. 204). Derartige Verfahren sind regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Beteiligten subjektiv sehr unterschiedliche Sichtweisen haben, was erhebliches Konfliktpotential birgt und häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Die eindeutige Verantwortlichkeit nur eines Beteiligten dafür, dass es zu dem Verfahren und damit zu Kosten gekommen ist, lässt sich regelmäßig nicht feststellen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2014 - 10 WF 221/13). Der Gedanke der Zurückhaltung führt in Kindschaftssachen überdies regelmäßig dazu, dass die Gerichtskosten zwischen den Eltern hälftig geteilt werden (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.06.2014 - 10 WF 71/14).

Im vorliegenden Fall sind keine Umstände dafür gegeben, abweichend vom Grundsatz der Zurückhaltung in Familiensachen die Gerichtskosten dem Vater allein aufzuerlegen. Eines der Regelbeispiele des § 81 Abs. 2 FamFG, wonach das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen soll, ist nicht gegeben. Vielmehr wurde das Verfahren gerade aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweise der Eltern infolge ihrer eigenen Sichtweise erforderlich. Dabei kann es weder der Mutter noch dem Vater verwehrt werden, im Entscheidungsfindungsprozess eine zunächst vertretene Auffassung mit Blick auf das Kindeswohl zu ändern. Soweit dies die Mutter für sich in Anspruch nimmt, ist dies mithin auch dem Vater zuzugestehen. Gerade die nunmehr getroffene Entscheidung der Eltern zur Einschulung ihres Kindes im Schuljahr 2024/2025 zeigt jedoch, dass sich die Eltern ihrer Verantwortung nach Abwägung ihres eigenen - zu der Frage der Einschulung - vertretenen Standpunktes bewusst und durchaus in der Lage sind, eine im Ergebnis einheitliche Entscheidung zum Wohle ihres Kindes zu finden und damit ihren Sohn nicht (weiterhin) dem Verfahrensdruck und einer damit verbundenen Belastung auszusetzen.

Ein grobes Verschulden eines Elternteils (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) ist danach ebenso wenig ersichtlich, wie eine von vornherein - für den Vater erkennbare - mangelnde Erfolgsaussicht (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG.

Der Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 40 Abs. 1, 42 Abs. 2 FamGKG und orientiert sich an der Höhe der mit der Beschwerde angegriffenen Kostenbelastung der Mutter.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor.