Gericht | VG Potsdam 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 22.04.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 3349/18 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2024:0422.3K3349.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffer 3 seines Bescheids vom 24. Februar 2017 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Fördermitteln für das Jahr 2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Kläger begehrt für das Haushaltsjahr 2017 eine über die bisher gewährte Zuwendung in Höhe von 30.000 Euro hinausgehende Förderung.
Der Kläger, eine jüdische Gemeinde, gründete sich im Januar 1999 in ... und wurde im März 1999 in das Vereinsregister des Amtsgerichts ... eingetragen. Er versteht sich ausweislich der Präambel seiner Satzung als Nachfolger und Vertreter jüdischer orthodoxer Traditionen und jüdischer Kultur. Der Zweck des Klägers ist nach § 4 der Satzung der Wiederaufbau des jüdischen Lebens im Land Brandenburg auf Grund der orthodoxen jüdischen Traditionen und der jüdischen Gesetze sowie die religiöse, kulturelle und soziale Betreuung seiner Mitglieder nach Maßgabe der orthodoxen jüdischen Überlieferung und im Rahmen des geltenden Rechts.
Neben dem Kläger existiert u. a. der – 1991 als ... in das Vereinsregister eingetragene – Landesverband der jüdischen Gemeinden Land Brandenburg (im Folgenden: Landesverband), dem im November 1993 der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bestätigt wurde und der Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland ist. Ihm gehörten bis 2011 u.a. die Jüdische Gemeinde ... (abgekürzt: ... ) und die Jüdische Gemeinde Stadt Brandenburg (abgekürzt: ... ) und seit dem Austritt der Synagogengemeinde ... (... ) im Oktober 2016 noch fünf Ortsgemeinden (... , ... , ... , ... und ... ) an. 2012 wurde er mit 871 Mitgliedern, davon entfallen 149 auf die ... , von dem Beklagten erfasst. Er wird vom Beklagten seit 1991 durch jährliche Zuwendungen unterstützt. Zudem existiert seit 2012 der ... (im Folgenden: ... ) – ursprünglich unter den Namen Bund jüdischer Kultusgemeinden gegründet –, dem 2019 der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen wurde. Ihm gehörten ursprünglich zwei Gemeinden (... und ... ) – mit insgesamt 673 Mitgliedern – und seit dem 1. Januar 2017 auch die ... an.
Am 11. Januar 2005 schlossen der Landesverband und das Land Brandenburg einen Staatsvertrag, nach dessen Art. 6 sich das Land zum Zweck des Wiederaufbaus und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens im Land Brandenburg an den laufenden Ausgaben des Landesverbandes beteiligt. Es erbringt hierzu einen Betrag von jährlich 200.000 Euro, dessen Höhe alle fünf Jahre überprüft werden soll. Das Ergebnis der Prüfungen wird in sog. Gemeinsamen Erklärungen des Landes Brandenburg und des Landesverbands festgehalten.
Als Ergebnis der turnusmäßigen Prüfung stellte der Beklagte seine Förderpraxis 2010 grundlegend um. Seinen Förderentscheidungen legte er nunmehr „Leitlinien zur Aufteilung der für den Wiederaufbau und die Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens bereitgestellten Haushaltsmittel des Landes Brandenburg“ vom 14. September 2010, die Bestandteil der (Ersten) Gemeinsamen Erklärung des Landes Brandenburg und des Landesverbandes vom 15. September 2010 (zu Art. 6 Staatsvertrag vom 11. Januar 2005) sind, zu Grunde. Die im Zeitraum von 2010 bis 2014 jährlich in Höhe von 461.160 Euro (2010) bzw. 500.000 Euro (2011 bis 2014) zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel wurden auf die antragstellenden jüdischen Gemeinden und Verbände nach folgenden Grundsätzen verteilt:
Zur Erfüllung von übergeordneten Aufgaben eines Landesverbandes, denen mindestens drei Ortsgemeinden mit jeweils mindestens 80 Mitgliedern angehören müssen, wurde für diesen ein Vorwegabzug von 100.000 Euro vorgenommen, der bei Gründung weiterer Landesverbände nach Maßgabe der Leitlinien aufzuteilen war (Nr. 2 der Leitlinien). Sodann wurde ein Sockelbetrag von 200.000 Euro rechnerisch gleichmäßig zwischen denjenigen Ortsgemeinden aufgeteilt, die mindestens 50 Mitglieder hatten (Nr. 3 der Leitlinien). Schließlich wurde ein Betrag von weiteren 200.000 Euro zur Aufstockung des Sockelbetrages zwischen denjenigen Ortsgemeinden, die mindestens 50 Mitglieder haben, im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl verteilt (Nr. 4 der Leitlinien).
Für die Förderjahre 2010 bis 2014 wurden u.a. dem Kläger und Landesverband vom Beklagten Zuwendungen nach den genannten Leitlinien bewilligt. Diese Förderpraxis erachtete die damals zuständige Kammer als rechtmäßig (vgl. Urteil vom 19. Mai 2014 – VG 12 K 1993/13 –, juris; bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. November 2014 – OVG 6 N 60.14 –, n.v.).
Für den Förderzeitraum 2015 bis 2019 entwickelte der Beklagte neue Grundsätze zur Ausgestaltung der Teilhaberechte der jüdischen Gemeinden im Land Brandenburg. Nunmehr nahm er eine Durchschnittsberechnung der in den vergangenen fünf Jahren (2010 bis 2014) festgesetzten Zuwendungen vor – wobei auf die ... im Jahr 2011 ein (Sockel- und Aufstockungs-) Betrag von 30.736 Euro entfiel – und legte anhand der so ermittelten prozentualen Anteile die Verteilung der bereitgestellten Haushaltsmittel auf die Teilhabeberechtigten fest. Danach errechnete er für den Landesverband einen Betrag von 349.553,17 Euro, für den ... 111.508,40 Euro und für den Kläger 38.938,43 Euro. Nach den Angaben des Beklagten dient die Umstellung der Förderpraxis der Verwaltungsvereinfachung bzw. -praktikabilität bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, zudem soll sie den Zuwendungsempfängern Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum vermitteln.
Dieser Verteilungsmaßstab wurde in der Zweiten Gemeinsamen Erklärung des Landes Brandenburg und des ... - Land Brandenburg zu Art. 6 Abs. 2 des Staatsvertrags vom 1. Januar 2005 am 22. Dezember 2015 für verbindlich erklärt. Die Höhe der jährlichen Gesamtleistungen des Landes an den Landesverband in den Jahren 2015 bis 2019 wird dort unter Ziffer 3 mit 399.553,17 Euro angegeben, einschließlich eines Betrages von 50.000 Euro, der als Zuschuss zu den Betriebskosten für die Synagoge in ... zu verwenden ist. Die Kammer befand auch diese Förderpraxis für rechtmäßig (vgl. Urteil der Kammer vom 6. November 2018 – VG 3 K 4395/15; bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2020 – OVG 6 N 15.19 –, n.v.).
Für das Jahr 2017 wurden mit Haushaltsgesetz vom 20. Dezember 2016 (GVBl.I/16, [Nr. 33] 550.000 Euro zur Förderung des Wiederaufbaus und Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens im Haushaltsplan des Landes Brandenburg bereitgestellt (Titel 685 80 199). Die Mittel dienten ausweislich der Erläuterungen zum Haushaltsplan der Förderung des Landesverbands nach dem Jüdischen Staatsvertrag vom 11. Januar 2005 i. V. m. der Zweiten Gemeinsamen Erklärung von Landesregierung und Landesverband vom 23. (korrekt: 22.) Dezember 2015 sowie der Unterstützung anderer jüdischer Gemeinden und Verbände aufgrund verfassungsrechtlicher Teilhabeansprüche.
Ausweislich eines Aktenvermerks des Beklagten vom 24. November 2016 ergab eine interne Prüfung auf Grundlage der aus 2012 stammenden Mitgliederzahlen, dass infolge des Wechsels der ... vom Landesverband zum ... letzterer bei Anwendung der 2015 abgelösten Leitlinien für das Förderjahr 2017 eine entsprechend höhere Zuwendung zustünde. Eine Kündigung der Zweiten Gemeinsamen Erklärung wurde von dem Beklagten zwar geprüft, letztlich aber nicht ausgesprochen. Mit Blick auf die Verteilung der (nicht für den Landesverband reservierten) Fördermittel in Höhe von 150.446,83 Euro sollte berücksichtigt werden, dass der ... nunmehr drei Gemeinden zu versorgen habe, weshalb es angemessen erscheine, diesem nicht nur einen nach der Zahl der Gemeinden oder deren Mitgliedern bemessenen Anteil zuzusprechen, sondern sein Anwachsen um die ... durch Gewährung einer höheren Zuwendung zu würdigen. Daher sei es sachgerecht, die Fördermittel dahingehend aufzuteilen, dass der ... 120.446,83 Euro und der Kläger nur 30.000 Euro erhalte.
Mit Bescheid vom 24. Februar 2017 setzte der Beklagte unter Anwendung der neuen Förderpraxis den Teilhabeanspruch des Klägers an den bereitgestellten Haushaltsmitteln für das Jahr 2017 auf 30.000 fest (Ziffer 1), lehnte einen darüber hinausgehenden Antrag ab (Ziffer 3) und gab auf, die bewilligten Zuschüsse zum Zwecke des Wiederaufbaus und der Aufrechterhaltung des Gemeindelebens zu verwenden und im Jahr 2017 zu verausgaben (Ziffer 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe zwar keinen Anspruch auf die beantragte Förderung, weil aus der Bereitstellung von Haushaltsmitteln keine Leistungsrechte folgten. Allerdings stehe ihm aufgrund der an den Landesverband mit gleicher Zweckbestimmung erbrachten Leistungen ein Teilhabeanspruch aus Art. 3 GG zu. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordere keine schematische Gleichbehandlung der teilhabeberechtigten Religionsgemeinschaften, sondern ließe eine an sachgerechten Kriterien wie äußere Größe und Verbreitung, dem Grad der kultur- und sozialpolitischen Bedeutung, der kultur- und sozialpolitischen Bedeutung für die Gesellschaft für die Gesellschaft und ihrem Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgerichtete Differenzierung zu. Die Sachgründe für die Abstufung der Förderung seien hier der regionalen Verbreitung, der Zahl der zu unterhaltenden Ortsgemeinden, der überregionalen Einbindung und dem Mitgliederbestand der Ortsgemeinden und Verbände zu entnehmen. Von den bereitgestellten Haushaltsmitteln sei ein Betrag von 399.553,17 Euro mit Blick auf den mit dem Landesverband geschlossenen Staatsvertrag und der Zweiten Gemeinsamen Erklärung vom 23. (korrekt: 22.) Dezember 2015 für den Landesverband reserviert. Aus dem verbleibenden Betrag von 150.446,83 Euro seien der Teilhabeanspruch des Klägers und des Landesverbands West zu befriedigen. Die auf Grundlage der Förderperiode 2010 bis 2014 gewonnenen Erkenntnisse erlaubten ab dem Jahr 2015 eine Beurteilung der Bedarfslage unabhängig von neuen aufwendigen Erhebungen und gewährleisteten den teilhabeberechtigten Gemeinden und Verbänden mittelfristige Planungssicherheit. Die durch den Verbandswechsel der ... eingetretene Veränderung der Verhältnisse von Größe und Gewicht der beteiligten Verbände führe angesichts der verbindlichen Festlegung der Leistungshöhe an den Landesverband nicht zu einer Änderung des im Haushaltsplan bereitgestellten Betrags, der unter den anderen Verbänden und Gemeinden zu verteilen sei. Eine solche Verschiebung der Verhältnisse sei bereits bei Abschluss der Zweiten Gemeinsamen Erklärung möglich gewesen. Da die Gültigkeitsdauer dieser Erklärung begrenzt und im Anschluss eine Korrektur möglich sei, habe die entstandene Ungleichbehandlung hinter dem gewichtigen Ziel der Planungssicherheit für alle geförderten Verbände und Gemeinden zurückzutreten. Daher sei der verbleibende Betrag von 150.446,83 Euro sachgerecht dahin aufgeteilt worden, dass dem ... eine Zuwendung von 120.446,83 Euro und dem Kläger 30.000 Euro zugesprochen würden. Dabei sei berücksichtigt worden, dass dem ... mehrere Ortsgemeinden, darunter die zweitgrößte jüdische Ortsgemeinde, angehörten, während der Kläger nur eine Einzelgemeinde sei. Die Bildung von Verbänden ermögliche durch die Ausnutzung von Synergieeffekten Dienstleistungen an alle ihm angehörenden Gemeinden zu erbringen, sodass die Haushaltsmittel auch wirtschaftlicher eingesetzt werden könnten.
Der Kläger hat am 10. Oktober 2015 unter dem Aktenzeichen VG 3 K 4395/15 Klage erhoben, die er mit Schriftsatz vom 16. März 2017, bei Gericht eingegangen am 29. März 2017, betreffend die Bewilligung und Auszahlung einer weiteren Förderung für das Haushaltsjahr 2017 erweitert hat. Mit Beschluss der Kammer vom 6. November 2018 ist das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem hiesigen Aktenzeichen fortgeführt worden.
Der Kläger trägt vor, der Beklagte sei mit dem angefochtenen Bescheid nicht der Verpflichtung zur Förderung nach dem Grundsatz der staatskirchenrechtlichen Parität nachgekommen. Dieser verletze mit seinem Bescheid die im Paritätsgrundsatz enthaltene Pflicht zur Neutralität und Chancengleichheit durch finanzielle Parteinahme zugunsten einer mit ihm konkurrierenden Religionsgemeinschaft. Vor dem Hintergrund des Förderzwecks Wiederaufbau und Aufrechterhaltung des jüdischen Lebens müsse ihm selbst und dem Landesverband der gleiche Grundbetrag zugesprochen werden. Die Förderung entspreche weder den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg noch den vom Verwaltungsgericht ... gebilligten Leitlinien. Es sei – aus verschiedenen, von dem Kläger im Einzelnen näher dargelegten Gründen – rechtswidrig, auf die Durchschnittshöhe der Förderung in den Jahren 2010 bis 2014 abzustellen. Da dem Landesverband für das Jahr 2017 trotz Austritts der ... weiterhin der Durchschnittsbetrag gewährt worden sei, hätte ihm entsprechend der neuen Verhältnisse für das Jahr 2017 ein höherer Förderbetrag zugestanden. Der Beklagte könne sich nicht auf erschöpfte Haushaltsmittel berufen. Planungssicherheit bestünde für ihn nicht, da ungewiss sei, ob und in welcher Höhe er eine Förderung erhalte. Auch der Zuschuss für die Betriebskosten der Synagoge ... gehöre zum Wiederaufbau des jüdischen Gemeindelebens und sei damit in die Ausgangssumme des an den Landesverband gewährten Betrags mit einzubeziehen. Dieser werde schon seit Jahren vom Beklagten bevorzugt, indem ihm und den ihm angehörenden Gemeinden Mieträume kostenfrei oder zu geringen Kosten zur Verfügung gestellt würden. Ihnen seien ferner wiederholt erhebliche und in den Haushaltsplan nicht eingestellte Fördermittel bewilligt worden. Eigene Anträge auf Förderung verschiedener Projekte hätte der Beklagte hingegen abgelehnt. Auch im Übrigen hält er an seinen Einwendungen gegen die Förderung nach den Leitlinien für die Haushaltsjahre 2010 bis 2014 sowie für die Jahre 2015 und 2016 fest, da die Förderung für das Jahr 2017 daran anknüpfe, sei auch diese rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 24. Februar 2017 zu verpflichten, ihm für das Haushaltsjahr 2017 eine weitere, über den bereits bewilligten Förderbetrag von 30.000 Euro hinausgehende Förderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen und auszuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- für den Fall seines Unterliegens die Berufung zuzulassen,
- eine Schriftsatzfrist in Bezug auf den Klägerschriftsatz vom 14. April 2024 zu gewähren, soweit es maßgeblich auf dessen Inhalt ankommt.
Der Beklagte trägt vor, der Teilhabeanspruch des Klägers sei durch den Ansatz im Haushaltsplan begrenzt. Er, der Beklagte, sei berechtigt gewesen, ab 2015 seine Förderpraxis umzustellen. Eine Festlegung des Verteilungsschlüssels unter Einbeziehung aller teilhabeberechtigten Verbände und Gemeinden sei aufgrund der unvereinbaren Positionen der Beteiligten nicht zu Stande gekommen. Die vorrangig angestrebte Verständigung mit dem Landesverband gründete nicht in der Absicht einer Bevorzugung. Vielmehr sei dies der größeren Einigungsbereitschaft und der im Staatsvertrag vereinbarten Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung der Leistungshöhe geschuldet gewesen. Er sei für das Jahr 2017 aufgrund der Zweiten Gemeinsamen Erklärung zur Auskehrung eines Betrags in Höhe von 399.553,17 Euro an den Landesverband verpflichtet gewesen, zumal der Haushaltsgesetzgeber diese Bindung ausweislich der Erläuterungen im Haushaltsplan in seinen Willen aufgenommen habe. Er sei nicht verpflichtet gewesen, auf den Verbandswechsel der ... unmittelbar zu reagieren. Der Landesverband sei die traditionsreichste jüdische Religionsgemeinschaft in Brandenburg, dem weiterhin die Mehrheit der in Brandenburg lebenden Juden angehörten. Die lokale Beschränktheit des Klägers rechtfertige es, der Planungssicherheit für den Landesverband Vorrang einzuräumen. Das Interesse des Klägers an der jährlichen Möglichkeit auf einen höheren Teilhabeanspruch habe dahinter zurückzutreten. Ohnehin würde sich der Austritt der ... aus dem Landesverband nicht zugunsten des Klägers, sondern nur zugunsten des Landesverbands West auswirken. Gleichwohl sei dessen Anwachsen um mehr als 100 Mitglieder in der Weise zu berücksichtigen, dass diesem ein Betrag von 8.938,43 Euro mehr zugesprochen und für den Kläger ein entsprechend geringerer Betrag festgesetzt würde. Soweit verschiedene Projekte zugunsten der konkurrierenden Religionsgemeinschaften gefördert worden seien, seien diese gesondert beantragt und durch gesonderten Bescheid bewilligt worden, sie stünden mit der hiesigen Förderung in keinem Zusammenhang.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der aus dem Verfahren VG 3 K 1670/17 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (zwei Ordner, sechs Hefte) verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die Klage hat Erfolg.
I. Die Kammer konnte entscheiden, ohne dem Beklagten die beantragte Schriftsatzfrist zu gewähren.
Bei der Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblicher Gründe eine Schriftsatzfrist (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 283 ZPO) nachzulassen ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen sowohl das Gebot der Beschleunigung des Verfahrens als auch den Anspruch des Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 2009 – 2 B 79/08 –, juris Rn. 5).
Vorliegend fehlt es schon am Eintritt der vom Beklagten für die Gewährung einer Schriftsatzfrist genannten Bedingung, dass die Kammer in seiner Entscheidung maßgeblich auf den Schriftsatz des Klägers vom 17. April 2024 abstellt. Die Ausführungen in dem Schriftsatz stellen im Wesentlichen eine Wiederholung und Zusammenfassung des bisherigen Vorbringens des Klägers im hiesigen Verfahren und im Verfahren VG 3 K 4395/15 dar. Da der Beklagte ausreichend Gelegenheit hatte, zu den klägerischen Argumenten Stellung zu nehmen, kommt im Übrigen dem Gebot der Verfahrensbeschleunigung der Vorrang zu. Soweit sich der Schriftsatz vom 17. April 2024 auf Haushaltsjahre ab 2018 bezieht, sind diese hier nicht verfahrensgegenständlich.
II. Die Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger war trotz Erschöpfung der bereitgestellten Haushaltsmittel aus dem Titel 685 80 199 nicht gehalten, zur Durchsetzung der eigenen Förderung insbesondere die zugunsten des Landesverbands getroffene Zuwendungsentscheidung des Beklagten im Wege der Drittanfechtung anzugreifen (vgl. hierzu OVG ... , Urteil vom 10. Mai 2005 – OVG 1 A 744/03 –, S. 13 f. EA mit Nachweisen). Dies ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass die Zuwendung an den Landesverband nicht durch einen (anfechtbaren) Bescheid festgesetzt, sondern aufgrund einer (nicht anfechtbaren) Vereinbarung geleistet wurden.
Der Einwand des Beklagten, eine weitere Gewährung von Fördermitteln an den Kläger scheide schon wegen der erschöpften Haushaltsmittel aus, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen des Gerichts mit Urteil vom 27. Juni 2003 (VG 12 K 4144/00 –, S. 15 EA m.w.N.) verwiesen, denen sich die Kammer anschließt (vgl. auch VG Köln, Urteil vom 12. August 2022 – 16 K 2526/19 –, juris Rn. 70; VG Meiningen, Urteil vom 1. Dezember 2016 – 2 K 401/15 Me –, juris Rn. 43 m.w.N.; OVG Magdeburg, Urteil vom 5. September 2007 – 3 L 193/04 –, juris Rn. 29; OVG Münster, Urteil vom 8. Januar 2002 – 15 A 2052/99 –, juris Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2002 – 3 C 54/01 –, juris Rn. 22; für eine Begrenzung auf den Haushaltsansatz aber: Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 24. April 2012 – 47/11 –, juris Rn. 54; VG ... , Urteil vom 19. Mai 2014 – VG 12 K 1993/13 –, S. 17 EA; wohl auch OVG ... , Urteil vom 10. Mai 2005 – OVG 1 A 744/03 –, S. 13 f. EA).
III. Die Klage ist auch begründet.
1. Der Bescheid des Beklagten vom 24. Februar 2017 ist hinsichtlich Ziffer 3 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung über seinen Förderantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, soweit der Antrag abgelehnt worden ist, § 113 Abs. 5, Satz 2 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Zwar steht dem Kläger kein unmittelbarer Anspruch auf staatliche Förderung zu (vgl. hierzu Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 24. April 2012 – 47/11 –, juris Rn. 22 ff. und 52; BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2009 – 2 BvR 890/06 –, juris).
Er hat jedoch einen Anspruch auf Teilhabe an der vom Land Brandenburg bereitgestellten finanziellen Förderung jüdischer Kultusgemeinden nach den Grundsätzen der Neutralität und Parität in Verbindung mit Art. 13 Verfassung des Landes Brandenburg (LV) (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 24. April 2012 – 47/11 –, juris Rn. 32). Dieser Anspruch ist auf eine ermessensfehlerfreie Bescheidung seiner Anträge auf Gewährung von Zuwendungen gerichtet.
Die Grenzen des Ermessens des Beklagten bei der Verteilung der Fördermittel ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und aus den in Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 und 3 WRV verankerten staatskirchenrechtlichen Grundsätzen der Neutralität des Staates in Religionsangelegenheiten und der Parität der Religionsgesellschaften. Nach dem staatskirchenrechtlichen System des Grundgesetzes steht der Staat den verschiedenen Religionen und Weltanschauungen im Interesse der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aller Bürger grundsätzlich neutral gegenüber. Als Konsequenz seiner Neutralität ist der Staat gegenüber den religiösen und weltanschaulichen Gruppen grundsätzlich zur Gleichbehandlung verpflichtet, was zugleich die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ausschließt. Insoweit umfasst das Gebot der staatskirchenrechtlichen Parität die Gleichberechtigung verschiedener Bekenntnisse und Bekenntnisgemeinschaften auf der Grundlage ihrer Gleichwertigkeit und ihres Gleichranges (vgl. zu diesen Grundsätzen BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 – 1 BvR 1087/91 –; Beschluss vom 28. April 1965 – 1 BvR 346/61 –; Urteil vom 14. Dezember 1965 – 1 BvR 413, 416/60 –; BVerwG, Urteil vom 15. November 1990 – 7 C 9.89 –; sämtlich juris).
Allerdings gebietet das Grundgesetz nicht, dass der Staat alle Religionsgemeinschaften schematisch gleich behandelt, insbesondere verlangt es keine gleiche Förderung der konkurrierenden Religionsgemeinschaften, d.h. keine Förderung in gleicher Höhe. Vielmehr sind Differenzierungen zulässig, die durch die tatsächliche Verschiedenheit der einzelnen Religionsgesellschaften bedingt sind (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1965 – 1 BvR 346/91 –). Deshalb ist der Staat insbesondere bei Maßnahmen (zulässiger) positiver Religionspflege nicht gehalten, alle Gemeinschaften ohne Unterschied zu fördern, wenn sachliche Gesichtspunkte für eine differenzierende Behandlung vorhanden sind. Zu den zulässigen Differenzierungskriterien bei der Gewährung staatlicher Begünstigungen zählen die äußere Größe und Verbreitung einer Religionsgesellschaft, der Grad ihrer öffentlichen Wirksamkeit, ihre kultur- und sozialpolitische Stellung in der Gesellschaft und auch ihr Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 15. November 1990 – 7 C 9.89 –, juris Rn. 29). Im Einzelnen kann eine Differenzierung nach der Größe, der sozialen Bedeutung und dem Grad öffentlicher Wirksamkeit einer Religionsgemeinschaft, ihrer Geschichte, der regionalen Verbreitung, ihrer Organisiertheit, ihres karitativen Engagements, ihrer sozialen Aktivität, der kulturellen Qualifikation oder ihrer soziologischen Erscheinung gerechtfertigt sein (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 24. April 2012 – 47/11 –, juris Rn. 48).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Höhe der dem Kläger vom Beklagten im Jahr 2017 zugesprochenen Fördermittel aus dem Titel 685 80 199 „Zuschüsse für jüdische Kultusgemeinden“ zu beanstanden. Die Entscheidung des Beklagten über die Verteilung der Fördermittel für das Jahr 2017 überscheitet die aufgezeigten durch das Neutralitätsgebot und den Paritätsgrundsatz vorgegeben Grenzen, weil der Kläger (und auch der ... ) im Verhältnis zum Landesverband ungleich behandelt wurde(n), die Ungleichbehandlung aber nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
a) Die Zuwendungsentscheidung des Beklagten verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, weil der Beklagte die im Titel 685 80 199 bereitgestellten Haushaltsmittel unter den anspruchsberechtigten Religionsgemeinschaften nicht nach gleichen Verteilungskriterien verteilt hat.
aa) Vorliegend stellt sich die Entscheidung des Beklagten über die Verteilung der Fördermittel für das Jahr 2017 so dar, dass der Beklagte dem Landesverband weiterhin eine Förderung in Höhe des Durchschnittsbetrags der in den Jahren 2010 bis 2014 gewährten Zuwendungen zugesprochen hat, während dies für den Kläger und den ... , denen Zuwendungen abweichend vom jeweiligen Durchschnittswert in anderer Höhe gewährt worden ist, nicht der Fall war.
Zwar sieht die Kammer keinen Ermessenfehler darin, dass der Beklagte im Haushaltsjahr 2017 seiner Verteilungsentscheidung nicht mehr die Förderpraxis der Jahre 2015 und 2016 fortgeführt hat. Die Änderung einer Verwaltungspraxis für die Zukunft ist grundsätzlich zulässig.
Die neue Förderpraxis für die Verteilungsentscheidung kann vom Gericht auf Ermessensfehler hin überprüft werden. Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts ist dabei, ob die Förderpraxis des Beklagten den dargestellten verfassungsrechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der staatskirchenrechtlichen Grundsätze der Neutralität und Parität entsprechen. Dies ist hier nicht der Fall.
Denn der Beklagte hat den zuwendungsberechtigten Religionsgemeinschaften unter Anwendung unterschiedlicher Verteilungskriterien eine Zuwendung gewährt, indem er den Umstand des Verbandswechsels der ... zum 1. Januar 2017 ausschließlich bei der Festsetzung der Förderbeträge an den Kläger und die weitere Förderberechtigte und dort nur untereinander eingestellt hat, diesen Umstand aber in Bezug auf den Landesverband unberücksichtigt ließ. Dies bestätigen dessen Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 24. Februar 2017, in der mündlichen Verhandlung und insbesondere in dem Aktenvermerk vom 24. November 2016. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte vorgetragen, es sei beabsichtigt gewesen, dem Landesverband in der Förderperiode 2015 bis 2019 unabhängig von Veränderungen einen fixen Zuwendungsbetrag in Höhe von 399.553,17 Euro auszukehren. Dieser Betrag sei für diesen reserviert. In dem Aktenvermerk vom 24. November 2016 heißt es, bei der Verteilung der verbleibenden Mittel in Höhe von 150.446,83 Euro solle berücksichtigt werden, dass der ... drei Gemeinden zu versorgen habe und durch Koordinierung gemeindlicher Aufgaben und durch Übernahme von ansonsten den Ortsgemeinden obliegenden Verwaltungsaufgaben Synergieeffekte erziele, weshalb es angemessen erscheine, diese nicht nur einen nach der Zahl der Gemeinden oder deren Mitglieder bemessenen Anteil zuzusprechen, sondern sein Anwachsen um die ... auch förderrechtlich zu würdigen. Dies hat der Beklagte dann in der Weise umgesetzt, dass er dem ... eine um 8.938,43 Euro über den für ihn errechneten Durchschnittsbetrag hinausgehende Zuwendung bewilligt hat, während dem Kläger eine um diesen Betrag geringere Zuwendung gewährt wurde.
Zwar hat es dem Beklagten freigestanden, den Verbandswechsel der ... bei seiner Zuwendungsentscheidung für das Haushaltsjahr 2017 einzustellen. Ermessensfehlerhaft ist aber, dass der Verbandswechsel der ... ausschließlich im Rahmen der den Kläger und den ... betreffenden Zuwendungsentscheidungen Berücksichtigung fand und hierbei nur der nicht an den Landesverband reservierte Betrag in Höhe von 150.446,83 Euro verteilt worden ist. Denn ohne die Begrenzung der Haushaltsmittel, die für das Gericht bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zuwendungsentscheidung ohne Relevanz ist, wäre dem Kläger voraussichtlich nicht der ihm 2015 und 2016 bewilligte Durchschnittsbetrag gekürzt, sondern ihm auch 2017 eine Zuwendung in Höhe von 38.938,43 Euro gewährt worden. Denn der Beklagte gab in der mündlichen Verhandlung an, der Umstellung seiner Verwaltungspraxis im Jahr 2015 habe die Vorstellung zu Grunde gelegen, dass eine Bindung gegenüber dem Landesverband für die im Jahre 2015 festgelegten Durchschnittswerte schon wegen des Staatsvertrages für den kommenden Fünf-Jahres-Zeitraum bestehen sollte. Er sei auch davon ausgegangen, dass die für die übrigen Zuwendungsempfänger errechneten Durchschnittswerte im Wesentlichen stabil bleiben würden.
bb) Ein sachlicher Gesichtspunkt, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt, ist nicht ersichtlich.
(1) Nach den Angaben des Beklagten habe er dem Landesverband einen festen Zuwendungsbetrag von 399.553,17 Euro gewährt, weil er hierzu aufgrund des jüdischen Staatsvertrags vom 11. Januar 2005 und der Zweiten Gemeinsamen Erklärung vom 22. Dezember 2015 vertraglich verpflichtet gewesen sei. Zwar hat er ausweislich seines Aktenvermerks vom 24. November 2016 geprüft, ob aufgrund der eingetretenen Größenverschiebungen infolge des Verbandswechsels der ... zum 1. Januar 2017 eine Kündigung der v.g. Erklärung möglich oder geboten ist, aber dies letztlich mit der Begründung verneint, dass Änderungen der Größenverhältnisse der Religionsgemeinschaften in der Förderperiode 2015 bis 2019 gerade ausgeblendet werden sollten.
Ungeachtet dessen, dass er sich hierzu widersprüchlich verhält, indem er letzteren Umstand bei der Verteilung der verbleibenden Fördermittel an den Kläger und den ... im Förderjahr 2017 doch eingestellt hat, stellt das Bestehen einer vertraglichen Verpflichtung nur gegenüber einem Zuwendungsempfänger keinen zulässigen Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung dar.
Zwar ist es dem Beklagten nicht verwehrt, einer Religionsgemeinschaft staatliche Zuwendungen aufgrund eines Staatsvertrags bzw. darauf fußender Vereinbarungen – hier in Form der Zweiten Gemeinsamen Erklärung zwischen dem Landesverband und dem Land Brandenburg – zu gewähren und anderen konkurrierenden Religionsgemeinschaften eine Zuwendung durch jährlich zu erlassende Zuwendungsbescheide zu bewilligen. Allerdings darf eine solche Handhabung nicht zu einer im Widerspruch mit dem Gebot der Gleichbehandlung stehenden Besserstellung eines der Zuwendungsempfänger führen. So liegt der Fall wie aufgezeigt aber hier. Dies bestätigt auch die Tatsache, dass die vom Beklagten angebrachte Erwägung der Planungssicherheit, die er mit seiner Förderpraxis ab 2015 (ursprünglich) verfolgt hat, für den Kläger und den Mitbewerber angesichts der für 2017 getroffenen, von den Jahren 2015 und 2016 abweichenden Zuwendungsentscheidung nicht zum Tragen gekommen ist.
(2) Soweit der Beklagte die Ungleichbehandlung darauf stützt, dass die Haushaltsmittel aus dem Titel 685 80 199 „Zuschüsse für jüdische Kultusgemeinden“ wegen der Auskehrung eines Betrags von 399.553,17 Euro an den Landesverband erschöpft seien, weshalb dem Kläger (und dem ... ) keine höhere Zuwendung habe bewilligt werden können, stellt auch dies kein zulässiges Differenzierungskriterium beim Umgang des Staates mit Religionsgemeinschaften dar. Dem Beklagten steht gegenüber einem etwaigen Anspruch des Klägers nicht die „Einrede der leeren Hand“ zu. Er kann sich nicht auf die Erschöpfung der Fördermittel berufen, wenn er sehenden Auges Fördermittel an einen Zuwendungsempfänger mit der zwingenden Folge auskehrt, dass die bereitgestellten Haushaltsmittel dann nicht mehr ausreichen, um den bestehenden Teilhabeanspruch eines anderen Zuwendungsempfängers zu erfüllen (vgl. VG ... , Urteil vom 27. Juni 2003 – VG 12 K 4144/00 –, S. 15 EA m.w.N.).
c) Der Beklagte ist demnach verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Zuwendung für das Haushaltsjahr 2017 erneut zu entscheiden, soweit er den Förderantrag des Klägers in Ziffer 3 seines Bescheids vom 24. Februar 2017 abgelehnt hat. Dem Beklagten stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, sein Ermessen ausgerichtet am Grundsatz der Neutralität des Staates in Religionsangelegenheiten und der Parität der Religionsgemeinschaften ordnungsgemäß zu betätigen. Wenn er keinen Anlass für eine negative Korrektur der den Landesverband betreffenden Förderentscheidung sieht, dann muss er zumindest dem Kläger (und dem weiteren Mitbewerber) eine entsprechend höhere Zuwendung gewähren. Jedenfalls hat er gegenüber sämtlichen zuwendungsberechtigten Verbänden und Gemeinden die gleichen objektiven Verteilungskriterien zu Grunde zu legen und anzuwenden.
Sollte er die geänderten Größenverhältnisse hinsichtlich aller Zuwendungsempfänger nach denselben Maßstäben bewerten, die er bei der Ermittlung der für das Jahr 2015 entfallenden Zuwendungsbeträge angewendet hat und damit seine Zuwendungsentscheidung am zulässigen Differenzierungskriterium der Größe der Religionsgemeinschaften orientieren (vgl. hierzu näher das heute ergangene Urteil im Parallelverfahren VG 3 K 1670/17, S. 14 f. EA), dürfte dem Kläger jedenfalls ein Anspruch auf Zahlung des für ihn danach errechneten Durchschnittswertes zustehen. Soweit der Kläger meint, der Durchschnittswert sei aus verschiedenen Gründen fehlerhaft berechnet worden, u.a. weil die diesem zu Grunde liegende Förderung nach den Leitlinien in den Jahren 2010 bis 2014 rechtswidrig gewesen sei, wird auf die entsprechenden Ausführungen in den den Beteiligten bekannten Urteilen der Kammer und der vormals zuständigen Kammer (vom 6. November 2018 – VG 3 K 4395/15 –; vom 19. Mai 2014 – VG 12 K 1993/13 und VG 12 K 1994/13 –) sowie der diese bestätigenden Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (vom 7. Mai 2020 – OVG 6 N 15.19 –; vom 27. November 2014 – OVG 6 N 55.15 und OVG 6 N 55.14 –) verwiesen, denen sich die Kammer anschließt.
d) Dies gilt gleichermaßen hinsichtlich der weiteren Einwendungen des Klägers, zu denen in den v.g. Entscheidungen eingehend Stellung genommen wurde.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Berufung liegt nicht vor, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. Roth, in: BeckOK, VwGO, Stand: Januar 2024, § 124 Rn. 53), weil sie keine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage aufwirft, vielmehr die rechtlichen Maßstäbe – wie dargestellt – obergerichtlich geklärt sind.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch nach § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zugelassene Bevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 4.469,21 Euro festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 GKG. Die Kammer bemisst den Antrag des Klägers auf Neubescheidung mit der Hälfte des Wertes der entsprechenden Verpflichtungsklage (vgl. Ziffer 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit), die auf Gewährung einer weiteren Zuwendung in Höhe der Differenz zwischen dem bewilligten Betrag von 30.000 Euro und dem Durchschnittswert der in den Jahren 2010 bis 2014 an den Kläger gewährten Zuwendungen von 38.938,43 Euro, mithin von 8.938,43 Euro, gerichtet wäre.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen die Streitwertfestsetzung kann binnen sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird.