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Entscheidung 6 W 126/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 05.06.2024
Aktenzeichen 6 W 126/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0605.6W126.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 19.09.2023 - 1 O 75/22 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin erwirkte eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Neuruppin, durch die der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, zwei namentlich bezeichnete, in ihrem Besitz befindliche Pferde an einen Sequester herauszugeben. Die Antragstellerin hat die Festsetzung der Kosten der Sequestration beantragt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19.09.2023 die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Sequesterkosten auf 4.208 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 30.05.2023 festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese geltend macht, die beantragten Kosten seien nicht notwendig. Der Sequester habe die beiden Pferde im Rahmen des von ihm ausgeübten Gewerbes neben anderen Pferden der Klägerin zur Unterbringung, Pflege und zu Trainingszwecken bei sich eingestellt. Dies wäre auch ohne Anordnung der Sequestration erfolgt, deshalb wären die Kosten für Unterbringung, Futter, tierärztliche Versorgung, Training etc ohnehin auf Seiten der Klägerin entstanden. Kosten eines Sequesters, der die Pferde ohnehin zum Zwecke der Unterbringung und des Trainings auf vertraglicher Grundlage überlassen erhalten hätte und welcher selbst Erwerbsinteresses an dem Sequestrationsgegenstand äußere und damit den Erhalt des Allgemeinzustandes des Pferdes und dessen Verbesserung durch Training auch im eigenen Interesse und zu eigenen Gunsten erarbeite, stellten keine notwendigen Kosten dar.

Die Antragstellerin hat eingewandt, ohne die angeordnete Sequestration hätten die Pferde weiterhin bei ihr gestanden und wären die zur Festsetzung angemeldeten Kosten nicht entstanden. Zur Vermeidung von Kosten trainiere sie die Tiere selbst, beherberge sie und trage auch die Tierarztkosten. Die Antragsgegnerin habe einer kostensparenden Unterbringung bei ihr, der Antragstellerin widersprochen. Die Antragsgegnerin könne auch deshalb nicht mit dem Argument gehört werden, die Sequestrationskosten stellten Sowieso-Kosten dar, weil sie behaupte, Eigentümerin zu sein, so dass eigentlich sie diese Kosten zu tragen gehabt hätte. Im Übrigen seien die Unterbringungskosten auch angemessen und hätte sich die Antragsgegnerin in Kenntnis der Preise vor Anordnung der Sequestration nicht dagegen gewandt.

Das Landgericht Neuruppin hat der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 20.12.2023 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Hat das Gericht eine Sequestration angeordnet, rechnen hierzu die mit der Durchführung der Sequestration verbundenen notwendigen Kosten (BGH, Beschluss vom 20.07.2006 - I ZB 105/05, juris Rn.10; Beschluss vom 15.02.2007 - I ZB 36/06, juris Rn. 6). Für die Festsetzung der Kosten der Sequestration im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO sprechen Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit, denn in dem die Sequestration anordnenden Verfahren ist eine Kostengrundentscheidung ergangen. Mit dem Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO steht ein gegenüber der Geltendmachung im Klagewege einfacheres Verfahren zur Verfügung, um dem Gläubiger einen Vollstreckungstitel über die Sequestrationskosten an die Hand zu geben. Schutzwürdige Belange des Schuldners werden hierdurch nicht betroffen. Soweit diesem Einwendungen gegen die Verpflichtung zur Tragung der Sequestrationskosten dem Grund oder der Höhe nach zustehen, die im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden können, kann er diese ohne die Beschränkung des § 767 Abs. 2 ZPO im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 795, 794 Abs. 1 Nr. 2, § 767 Abs. 1 ZPO geltend machen (BGH, Beschluss vom 20.07.2006 Rn. 12 mwN).

Die vorliegend im Zusammenhang mit der Sequestration zur Festsetzung angemeldeten Kosten waren entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch notwendig. Notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind Kosten für solche Maßnahmen, die im Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erscheinen. Das ist vom Standpunkt einer verständigen und wirtschaftlich vernünftigen Partei aus zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 09.07.2020 - I ZB 79/19, juris Rn. 11; Beschluss vom 05.03.2020, juris Rn. 16 m.w.N.), wobei grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme der kostenverursachenden Handlung abzustellen ist und es auf die - auch unverschuldete - Unkenntnis der Partei oder ihres Rechtsanwalts von den maßgeblichen Umständen nicht ankommt (BGHZ 209, 120, juris Rn. 8 mwN; 166, 117). Zur Berücksichtigung eines Ansatzes ist dieser nach § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft zu machen. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (Smid/Hartmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 104 ZPO Rn. 15).

Nach diesen Grundsätzen war die Festsetzung der mit Antrag vom 30.05.2023 angemeldeten Sequestrationskosten nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat die in Ansatz gebrachten Kosten mit Vorlage der Rechnung des Sequesters („Name 01“) vom 02.05.2023 glaubhaft gemacht, Einwände gegen die dort im einzelnen aufgeführten Positionen oder die Rechnungssumme insgesamt hat die Antragsgegnerin nicht erhoben. Dass sich die Kosten für eine verständige und wirtschaftlich denkende Partei bei ex-ante Betrachtung als nicht erforderlich darstellten, ist auch sonst nicht erkennbar. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, es handele sich um sog. Sowieso-Kosten, weil die Antragstellerin ihre Pferde ohnehin im Betrieb des Sequesters unterstelle, so dass sie diese ohnehin zu tragen habe, hat die Antragstellerin dies bestritten und kann die Antragsgegnerin damit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht gehört werden. Dieses dient ausschließlich der Prüfung der Höhe und Notwendigkeit durch gerichtliche Verfahren entstandener Kosten, ist aber nicht für die Nachprüfung sachlich-rechtlicher Vorgänge eingerichtet. Als summarisches Verfahrens ist es weder dazu bestimmt noch geeignet, außerhalb des Zwecks der betragsmäßigen Ausfüllung von Kostenerstattungsansprüchen liegende andere Streitigkeiten zwischen den Parteien zu entscheiden (vgl. OLG Köln NJW 1991, 3156). Um eine solche handelte es sich aber bei der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Pferde der Antragstellerin grundsätzlich ohnehin im Betrieb des Sequesters untergestellt waren, ob die Kosten im Fall der Anordnung der Sequestration nicht gleichwohl kausal auf diese zurückzuführen sind und ob nicht die Antragsgegnerin, sofern sie mit ihrem Einwand durchdringt, sie sei Eigentümerin der Pferde, als solche auch die Kosten der Unterstellung tragen müsste. Diese Fragen werden die Parteien in einem Hauptsacheverfahren oder ggf. in einer von der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zu erhebenden Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) zu klären haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.