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Entscheidung 3 W 17/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 11.07.2024
Aktenzeichen 3 W 17/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0711.3W17.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 12.12.2023, Az. 52 VI 923/23, abgeändert:

Für die unbekannten Erben des 1/ 2 Erbteils - mit Ausnahme der Beteiligten zu 1 - der am …..1937 geborenen, am …..2023 verstorbenen I… G… R…, zuletzt wohnhaft …Straße …, in …., wird Teilnachlasspflegschaft angeordnet.

Im Übrigen bleibt es bei den Anordnungen aus dem Beschluss vom 12.12.2023.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Die Voraussetzungen der §§ 1961, 1960 BGB für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft liegen zwar vor; dies rechtfertigt aber nicht die Anordnung einer Gesamtpflegschaft, denn es steht fest, dass jedenfalls die Beteiligte zu 1. Erbin der Erblasserin geworden ist, so dass nicht alle Erben unbekannt sind.

Nach § 1961 BGB hat das Nachlassgericht in den Fällen des § 1960 Abs. 1 BGB einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von den Berechtigten beantragt wird. Die Vorschrift verweist hinsichtlich der Voraussetzungen zunächst auf die Fälle des § 1960 Abs. 1 BGB. Der Erbe darf die Erbschaft noch nicht angenommen haben und die Annahme muss ungewiss oder der Erbe unbekannt sein. Dass ein Bedürfnis der Nachlasssicherung besteht, ist, anders als bei § 1960 Abs. 1 BGB, nicht Voraussetzung; an die Stelle des Fürsorgebedürfnisses tritt ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers, das sich grundsätzlich bereits aus der Tatsache ergibt, dass er einen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will, aber gemäß § 1958 BGB vor der Annahme der Erbschaft gegen den Erben nicht geltend machen kann. Antragsberechtigt ist, wer die Absicht vorträgt, einen Anspruch gegen den Nachlass notfalls gerichtlich geltend machen zu wollen (vgl. OLG München ZEV 2014, 169, und Rpfleger 2014, 205, je zitiert nach juris).

Dies ist der Fall. Der Beteiligte zu 3. hatte gegenüber der Erblasserin, die Alleinerbin seines vorverstorbenen Vaters geworden ist, einen Pflichtteilsanspruch, den er gegen die Erben der Erblasserin weiterverfolgen will. Auf die Frage der Verjährung kommt es in diesem Zusammenhang allerdings nicht an. Diese Einrede ist nicht in dem Nachlassverfahren und auch nicht von Amts wegen zu prüfen.

Die in diesem Zusammenhang weiter zu prüfenden Voraussetzungen des § 1960 BGB liegen nur für einen halben Erbteil vor.

Kommt, wie hier der Fall, eine Mehrheit von Erben in Betracht, ist für jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen. Sind nur einzelne Erben unbekannt, kann nicht etwa eine Gesamtpflegschaft angeordnet werden, sondern nur eine Teilpflegschaft für diesen unbekannten Erben, wenn die Voraussetzungen im Übrigen insoweit vorliegen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 20 W 244/15 –, juris; vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht FamRZ 2015, 80; OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, I - 10 W 112/14).

Dies zugrunde gelegt, kommt hier nur die Anordnung einer Teilnachlasspflegschaft in Betracht.

Die Beschwerdeführerin ist als (Mit)erbin jedenfalls des hälftigen Erbteils bekannt. Sie ist als Tochter der Erblasserin, die kein Testament hinterlassen hat, gesetzliche Miterbin jedenfalls zu 1/2 geworden. Ihr ist der Anfall der Erbschaft bekannt und hat diese nicht fristgerecht ausgeschlagen. Davon ist auch das Nachlassgericht ausgegangen.

Unbekannt sind dagegen der oder die weiteren Miterben des übrigen hälftigen Anteils. Die Erblasserin hatte neben der Beschwerdeführerin einen weiteren Abkömmling, den Bruder der Beschwerdeführerin, der als weiterer Erbe in Betracht kommt, dessen Aufenthalt aber bislang nicht ermittelt werden konnte. Es kann damit nicht festgestellt werden, ob er die Erbschaft - gegebenenfalls fiktiv durch Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist nach § 1944 BGB - angenommen hat. Insoweit ist bereits ungewiss, ob er von dem Erbfall überhaupt Kenntnis erlangt hat. Damit ist der weitere Erbe unbekannt (vgl. insoweit OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 20 W 244/15 –, juris).

Da die Beschwerde erfolgreich ist, bedarf es keiner Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.