Gericht | LG Cottbus Dienstgericht des Landes Brandenburg | Entscheidungsdatum | 16.04.2021 | |
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Aktenzeichen | DG 5/13 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2021:0416.DG5.13.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die am …………………. geborene Beklagte trat am …………………. als Richterin auf Probe in den Dienst des Landes Brandenburg ein. Am …………………. wurde sie zur Richterin am Amtsgericht auf Lebenszeit mit einer Planstelle bei dem Amtsgericht …………………. ernannt. Die Beklagte ist in der Besoldungsgruppe ….. des Brandenburgischen Besoldungsgesetzes eingestuft.
Die Beklagte war nach der Geschäftsverteilung des Amtsgerichts …………………. von ….. bis Ende des Jahres ……. sowohl als Zivilrichterin, als auch als Strafrichterin eingesetzt und zudem für Bußgeldsachen zuständig. Darüber hinaus war ihr die Bearbeitung von Betreuungssachen übertragen. Ab dem Jahr ….. bearbeitete sie im Schwerpunkt Strafrichter- und Schöffensachen. Zudem hatte das Präsidium des Amtsgerichts entschieden, dass sie ihren Altbestand von …. Verfahren an Zivilsachen zum Stichtag …………………. zur Bearbeitung behalte. Soweit die der Beklagten übertragenen Zivilsachen bis Ende …… nicht abgearbeitet waren, übertrug das Präsidium des Amtsgerichts …………………. den Restbestand von ….. Verfahren in ein anderes Dezernat.
Am …………………. fand eine Sondergeschäftsprüfung der Zivilverfahren im Dezernat der Beklagten statt, die am ………………. ergänzt wurde. Anlass bildete nach den Angaben des Klägers eine Häufung von Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Beklagte wegen ihrer Bearbeitung zivilrechtlicher Verfahren.
In Folge der Geschäftsprüfung leitete der Präsident des Landgerichts …………………. ein Disziplinarverfahren gegen die Beklagte ein, wovon sie mit Schreiben vom …………………. durch Übergabe am …………………. in Kenntnis gesetzt wurde. Zugleich wurde sie gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 BbgLDG in der damals gültigen Fassung belehrt und ihr eine Frist zur Erklärung gesetzt.
Das Disziplinarverfahren mündete in die Disziplinarklage vom …………………., mit der der Kläger der Beklagten vorwirft, in der Zeit vom …………………. bis zum …………………. die Akten des bei ihr "unbeliebten Zivilrechts“ nicht angemessen gefördert und Sachstandsanfragen entweder nicht oder mit der unwahren Behauptung beantwortet zu haben, sie sei überlastet. Tatsächlich habe dagegen eine Überlast nicht bestanden. Insgesamt habe sie - nach Ausscheidung einzelner Fälle im Laufe der Anhängigkeit des Verfahrens - bei ….. betrachteten Zivilakten aus ihrem Dezernat
….mal vorsätzlich gegen gesetzliche Verfahrensbestimmungen verstoßen, um sich mit den Verfahren inhaltlich nicht befassen zu müssen,
….mal wahrheitswidrige Aktenvermerke über eine angeblich bestehende Belastungssituation gefertigt und damit vorsätzlich gegen die Wahrheitspflicht verstoßen sowie
….mal Sachstandsanfragen oder Aufforderungen, den Verfahren Fortgang zu geben, unbeantwortet gelassen.
Im Einzelnen wirft ihr der Kläger mit dieser Disziplinarklage vor:
Zum …………………. waren von den … untersuchten Verfahrensakten … abschließend bearbeitet worden und … Verfahren noch nicht erledigt gewesen. Von den erledigten Verfahren bearbeitete die Beklagte … Verfahren selbst, … Erledigungen wurden in Vertretung verfügt.
Mit Präsidiumsbeschluss vom Nr. …………… wurden Strafverfahren aus dem Dezernat der Beklagten (…- und …- Sachen), die bis zum …………………. eingegangen waren und bis zum …………………. nicht terminiert wurden, auf einen anderen Richter übertragen. Mit Verfügung vom …………………. ordnete der Präsident des Landgerichts …………………. eine weitere Sondergeschäftsprüfung dieser im Jahre ….. auf einen anderen Richter übertragenen Strafverfahren an. Am …………………. erweiterte der Präsident des Landgerichts …………………. das anhängige Disziplinarverfahren um den Vorwurf der verzögerten Sachbearbeitung in den geprüften Strafverfahren. Diese Verfügung wurde der Beklagten am …………………. bekannt gegeben. An diesem Verfahren wurde der örtliche Richterrat beteiligt, der zwar objektiv Verzögerungen erkannte, sich aber wegen der Belastung der Beklagten gegen eine Disziplinierung aussprach.
Der Kläger hat wegen dieser Vorwürfe mit Schreiben vom ………………, Eingang bei dem Richterdienstgericht am ……………, Nachtragsdisziplinarklage erhoben und die Vorwürfe gegen die Beklagte erweitert. Ergänzend zu den ursprünglichen Vorwürfen wird der Beklagten vorgeworfen,
10) insgesamt … Strafverfahren in der Zeit vom …………. bis zum ……………. jeweils über einen Zeitraum von …. Monaten bis zu … Jahren und …… Monate nicht bearbeitet und damit nicht gefördert zu haben.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Tabellen zur Konkretisierung der Disziplinarklage vom ………… und der Nachtragsdisziplinarklage vom …………. Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte weder objektiv noch subjektiv überlastet gewesen sei. Soweit diese eine Überlast angezeigt habe, sei darauf sachgemäß reagiert worden und die Beklagte auf ihre - tatsächliche bestehende unterdurchschnittliche - Belastung hingewiesen worden. Die Beklagte könne sich auch nicht erfolgreich auf eine geringere individuelle Leistungsfähigkeit oder geringere Rechtskenntnisse im Zivilrecht berufen, nachdem ihr gegen ihren Wunsch ein Zivildezernat übertragen worden sei. Diese Defizite hätten durch Fortbildungen behoben werden können. Wenn auch im Einzelfall die Bearbeitung von Strafsachen Vorrang gehabt haben könnte, habe die Beklagte die Zivilsachen durchgängig vernachlässigt. Ein solches "systematisches" Vorgehen sei auch nicht mehr von der richterlichen Unabhängigkeit im Rahmen der Priorisierung bei vielfältigem Geschäftsanfall gedeckt.
Der Kläger hat beantragt, gegen die Beklagte eine Kürzung der Dienstbezüge zu verhängen.
Die Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass das zunächst ursprünglich am …………… eingeleitete Disziplinarverfahren an einem schwerwiegenden Fehler leide, da sie über ihr Recht, die Mitwirkung des Richterrates zu beantragen, nicht belehrt worden sei. Das Disziplinarverfahren sei zudem einseitig geführt worden, ohne ihre Erkrankungen und die Überlastsituation angemessen zu beachten.
Es bestehe darüber hinaus ein Verfolgungsverbot wegen Zeitablaufs. Es handele sich hier - die Richtigkeit unterstellt - nicht um ein „einheitliches Dienstvergehen“, sondern um isolierte Einzelverstöße. Der Sachverhalt werde durch zahlreiche Erkrankungen, die Wiedereingliederung und die Überlastanzeigen unterbrochen.
Die Beklagte bestreitet darüber hinaus, ein Dienstvergehen begangen zu haben. Im Wesentlichen trägt sie sinngemäß vor, zumindest bezüglich ihrer subjektiven Leistungsfähigkeit dauerhaft überlastet gewesen zu sein. Sie habe im Vergleich zu ihren Kollegen weit überdurchschnittlich verhandelt und Arbeitszeiten von mehr als … Stunden täglich geleistet. Grundsätzlich habe sie an zwei Tagen in der Woche mündliche Verhandlungen, teilweise von 9 Uhr bis 18 Uhr, durchgeführt. Unbeachtet sei geblieben, dass sie neben den in der Sondergeschäftsführung betrachteten …. Verfahren in dem betreffenden Zeitraum mehrere "tausend" andere Verfahren bearbeitet und erledigt habe. Bei der Pensenbelastung dürfe zudem nicht unbeachtet bleiben, dass die übertragenen Dezernate hohe Rückstände aufgewiesen hätten. Sie habe zur gleichen Zeit unterschiedliche Rechtsgebiete bearbeiten und in zahlreichen Fällen auch erkrankte Kollegen vertreten müssen. Die verfahrensgegenständlichen Altbestände in Zivilsachen seien darüber hinaus nicht als Neueingänge bei der Pensenberechnung erfasst und stellten damit eine zusätzliche Belastung dar, zumal die Beklagte, die zuvor langjährig im Strafrecht tätig gewesen sei, sich in die zivilrechtlichen Vorschriften zusätzlich hätte einarbeiten müssen. Sie sei jedenfalls individuell mit den Fällen des reformierten Zivilrechts überfordert gewesen und habe angesichts der vielfachen Belastung auch die notwendige Einarbeitungszeit nicht zur Verfügung gehabt.
Überlastanzeigen und Abhilfebitten sei das Präsidium nicht nachgekommen. Sie habe sich zudem im Ergebnis auch durch einzelne Kollegen und den ehemaligen Präsidenten des Landgerichts …………….… "gemobbt" gefühlt. Dies habe - neben einer gesundheitlichen Vorbelastung - zu zahlreichen Krankheitsausfällen geführt, bei denen sie - anders als andere Kollegen - nicht oder nur unzureichend vertreten worden sei. Der Vorwurf, Akten über längere Zeit unbearbeitet gelassen zu haben, erfasse zudem Zeiträume, in denen sie erkrankt gewesen sei.
Auch der Vorwurf, unwahre Aktenvermerke über die Überlastung und die Vorrangigkeit der Bearbeitung anderer Verfahren verfasst zu haben, sei unzutreffend. Dies gelte ebenso für die Behauptung des Klägers, sie sei in zahlreichen Fällen untätig geblieben. Ebenfalls habe es jeweils für die Verlegung der Termine Gründe gegeben, wie sie in den einzelnen Akten dokumentiert worden seien.
Schließlich sei auch der Vorwurf, in der Sache …………… einen Verlegungsbeschluss zurückdatiert zu haben, unzutreffend. Die Akte habe ihr durchgehend vom …………… bis zum …………… vorgelegen. Der Schriftsatz vom …………… sei ihr "lose" vorgelegt worden. Die Geschäftsstellenbedienstete habe daher die Vollständigkeit der Akte nicht prüfen können. Anscheinend sei die Akte versehentlich mit der Verfügung vom …………… in ihrem Dienstzimmer verblieben.
Das Richterdienstgericht hat in der mündlichen Verhandlung die vorhandenen Kopien aus der …………… (Anlage 12 und Anlage 13 zum Schriftsatz des Klägers vom ……………) mit den Beteiligten erörtert. Die vom Dienstgericht angeforderte Originalakte enthält nach Aussonderung nur noch das Originalurteil aus dem Jahr …...
I.
Die Zuständigkeit des Richterdienstgerichts ergibt sich aus § 65 Nr. 1 BbgRiG, nach dem das Dienstgericht in Disziplinarverfahren der Richterinnen und Richter zu entscheiden hat. Gemäß § 100 Satz 3 BbgRiG finden die Vorschriften des Kapitels 4 Abschnitt 1 und 2 über die Errichtung, Zuständigkeit und Besetzung seit dem 1. September 2019 für die bei den Richterdienstgerichten anhängigen Verfahren unabhängig von dem Stand Anwendung, in dem sich diese befinden. Ebenfalls seit dem 1. September 2019 ist das Richterdienstgericht des Landes …………… organisatorisch mit dem Landgericht Cottbus verbunden.
II.
Das Gericht hat gemäß § 61 Abs. 2 Nr. 2 BbgLDG i.V.m. § 73 Abs. 1 BbgRiG die Disziplinarklage und die Nachtragsdisziplinarklage abgewiesen. Soweit der Beklagten die zögerliche Bearbeitung von Zivil- und Strafakten (Vorwürfe Nr. 1, 2 und 10), die Verlegung von Verkündungsterminen wegen vorrangiger Strafsachen oder "Überlastung" (Vorwürfe Nr. 3 und 5), die Anberaumung von langfristigen Verkündungsterminen entgegen § 310 Abs. 1 ZPO (Vorwurf Nr. 4) sowie weitere Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, um die Bearbeitung von Akten zu vermeiden (Vorwurf Nr. 6) und die Fertigung unwahrer Aktenvermerke zu einer Überlastung (Vorwurf Nr. 7) vorgeworfen wird, kann offenbleiben, ab wann eine Nichtbearbeitung von Akten einen objektiven Pflichtverstoß darstellt, jedenfalls ist im konkreten Fall ein individuell vorwerfbares Dienstvergehen nicht gegeben. Insgesamt zeigt sich zwar, dass es in den Dezernaten der Beklagten zu Verzögerungen bei der Bearbeitung kam, auch in der Gesamtbetrachtung aller Vorwürfe sind diese ihr aber nicht subjektiv als Dienstvergehen vorwerfbar. Soweit die Beklagte im Übrigen in über …. Fällen Sachstandsanfragen unbeantwortet gelassen hat (Vorwurf Nr. 8), stellt dies zwar durchaus einen Pflichtverstoß dar, dessen Verfolgung ist jedoch angesichts des Zeitablaufs von über …. Jahren nicht mehr angezeigt. Der Vorwurf, in dem Verfahren …………… die Aufhebung eines Verkündungstermins zurückdatiert zu haben (Vorwurf Nr. 9), hat sich mit den vorhandenen Beweismitteln schließlich nicht zweifelsfrei bestätigt.
Im Einzelnen:
1. Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs
Es besteht zunächst kein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs. Das Brandenburgische Richtergesetz kennt keine eigene Regelung über die Verfolgungsverjährung. Insoweit sind über § 73 Abs. 1 BbgRiG die Vorschriften des Landesdisziplinargesetzes sinngemäß anwendbar. Danach darf gemäß § 15 Abs. 1 BbgLDG ein Verweis nicht mehr erteilt werden, wenn seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als zwei Jahre vergangen sind. Soweit auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt werden soll, beträgt gemäß § 15 Abs. 2 BbgLDG die Frist drei Jahre.
Entgegen der Auffassung der Beklagten stellen sich die Vorwürfe für die Disziplinarklage vom …………… jedoch als einheitliches Dienstvergehen dar, das nach der zeitlichen Begrenzung der Disziplinarklage frühestens am …………… vollendet war. Ein durch mehrere Verfehlungen zutage getretenes Fehlverhalten ist einheitlich zu würdigen, soweit diese in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang stehen und sich nicht verselbständigen lassen (zur Einheit des Dienstvergehens nach dem Bundesdisziplinargesetz: Wittkowski in Urban/Wittkowski, 2. Aufl. 2017, § 2 BDG Rn. 12 m.w.N.). Insoweit beginnt auch die Verfolgungsverjährung erst mit Vollendung des einheitlichen Vergehens.
Der Kern der Vorwürfe ist hier die zögerliche Bearbeitung des übertragenen Zivildezernats, die durch unwahre Vermerke „verschleiert“ worden sein soll. Zwischen den Fällen bestehen zudem ein zeitlicher Zusammenhang und eine „einheitliche“ Vorgehensweise. Dieser Vorwurf erfasst die grundsätzliche Arbeitsweise der Beklagten und wird auch nicht durch Erkrankungen oder Überlastanzeigen unterbrochen.
Innerhalb der laufenden Frist von zumindest zwei Jahren für die Erteilung eines Verweises ist jedoch rechtzeitig am …………… der Ablauf durch Einleitung des Disziplinarverfahrens erstmals und durch die Erhebung der Disziplinarklage mit Eingang bei Gericht am …………… nach § 15 Abs. 4 BbgLDG erneut unterbrochen worden. Die Rechtshängigkeit der Disziplinarklage hemmt gemäß § 15 Abs. 5 BbgLDG den Ablauf der Verjährung. Während dieser Rechtshängigkeit kann die Verjährungsfrist damit nicht enden (so für das inhaltlich übereinstimmende Bundesdisziplinargesetz: Urban in Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, 2. Aufl. 2017, § 15 BDG Rn. 18).
Auch der Sachverhalt der Nachtragsdisziplinarklage stellt schließlich mit den bereits anhängigen Vorwürfen einen einheitlichen Lebenssachverhalt dar. Eine Verfolgungsverjährung kann damit nicht eintreten.
2. Überlange Verfahrensdauer
Es besteht weiterhin kein Verfahrenshindernis wegen einer überlangen Verfahrensdauer.
Es liegt hier zwar ein Verstoß gegen die sich aus Art. 6 Abs. 1 Satz MRK ergebende Verpflichtung nah, zivilrechtliche Streitigkeiten und strafrechtliche Anklagen unter anderem innerhalb einer angemessenen Frist zu verhandeln. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erstreckt den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK darüber hinaus jedenfalls auch auf Disziplinarverfahren gegen Beamte, da diese Verfahren eine arbeits- oder dienstrechtliche Streitigkeit darstellten, denen ein zivilrechtlicher Aspekt zukomme (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009, NVwZ, 2010, 1015, 1016). Das hier zu entscheidende Disziplinarverfahren ist zudem auch zögerlich bearbeitet worden. Die Disziplinarklage ist am …………… bei dem Dienstgericht des Landes …………… bei dem Verwaltungsgericht ....... eingegangen. Nach Eingang einer ersten Stellungnahme der Beklagten vom …………… und der Erwiderung des Klägers mit Schriftsatz vom …………… ist das Verfahren bis zum Eingang der Nachtragsdisziplinarklage am …………… nicht wesentlich weiter betrieben worden. Nach Zustellung dieser Nachtragsdisziplinarklage und Fristsetzungen für die Beklagte am …………… ist die Sache zumindest ab dem Eingang der Stellungnahme der Beklagten vom …………… bis zur Änderung des Brandenburgischen Richtergesetz und der Errichtung des Dienstgerichts bei dem Landgericht Cottbus zum …………… nicht mehr wesentlich gefördert worden.
Das Dienstgericht ist dennoch gehalten, dem Verfahren Fortgang zu geben und in der Sache zu entscheiden. Weder das Brandenburgische Richtergesetz noch das Landesdisziplinargesetz sehen eine Einstellungsmöglichkeit durch das Dienstgericht vor. Mit Entscheidung des Dienstgerichts ist die Disziplinarklage gemäß §§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 2 BbgLDG entweder abzuweisen oder auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Der überlange Zeitablauf kann sich demnach allenfalls auf die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme oder die Art der Disziplinarmaßnahme auswirken. Die Voraussetzungen für eine etwaige Entschädigung gemäß § 198 GVG sind nicht Gegenstand des dienstgerichtlichen Verfahrens.
3. Beteiligung des Richterrates
Das Disziplinarverfahren leidet zudem nicht an einem Formfehler. Zwar ist es zutreffend, dass die Beklagte nach Einleitung des Disziplinarverfahrens am ……………, ihr bekannt gegeben am ……………, nicht auf ein etwaiges Recht hingewiesen wurde, den örtlichen Richterrat zu beteiligen. Dessen Beteiligung war aber nach dem zu diesem Zeitpunkt gültigen § 42 BbgRiG in der Fassung von 1996 nicht vorgeschrieben. Die Beklagte war somit auch nicht über ein nicht bestehendes Beteiligungsrecht zu belehren.
Die Beteiligung des Richterrates beschränkte sich nach § 42 BbgRiG in der Fassung von 1996 auf personelle, soziale, organisatorische und sonstige Angelegenheiten, die in der damaligen Fassung des Richtergesetzes näher beschrieben wurden. Insbesondere zu den personellen Angelegenheiten fand nach § 44 BbgRiG in der Fassung von 1996 die Führung von Disziplinarverfahren keine Erwähnung. Erst in der ab dem 14. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2019 gültigen Fassung des § 42 BbgRiG wurde ausdrücklich die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen als Beteiligungstatbestand aufgenommen und durch eine Belehrungspflicht des Gerichtsvorstandes ergänzt. Diese Vorschrift fand aber hier bei Einleitung und Bekanntgabe des Disziplinarverfahrens keine Anwendung. Es kann damit hier auch offenbleiben, ob ein etwaiger Belehrungsfehler sich überhaupt auf das gerichtliche Disziplinarverfahren auswirken kann. Zwar entspricht es verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, dass im Beamtenrecht der fehlende Hinweis auf das Antragsrecht zur Mitwirkung des Personalrats zur Rechtswidrigkeit einer Disziplinarverfügung führen kann (so z.B. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1999, NVwZ-RR 200, 369, soweit nicht feststeht, dass der Fehler sich nicht ausgewirkt hat), das Richterdienstgericht überprüft jedoch hier - anders als im Fall der Disziplinarverfügung - keine behördliche Disziplinarmaßnahme, sondern trifft grundsätzlich eine eigene Entscheidung nach Erhebung der Disziplinarklage.
4. Tatvorwürfe im Einzelnen
a) Vorwürfe Nr. 1 und 2
Soweit der Beklagten - nach Beschränkung im anhängigen Verfahren - vorgeworfen wird, in der Zeit vom …………… bis zum …………… in …. Fällen Zivilakten über einen Zeitraum von …. Monaten bis zu ……. Jahren unbearbeitet gelassen und in der Zeit vom …………… bis zum …………… in …. weiteren Fällen die Bestimmung eines Verhandlungstermins in Zivilsachen unterlassen zu haben, obwohl die Verfahren bereits überlang anhängig gewesen seien, hat sie nicht schuldhaft gegen die ihr als Richterin obliegenden Pflichten verstoßen.
Nach den hier über § 100 Satz 4 BbgRiG anwendbaren § 10 Abs. 1 BbgRiG a.F. in Verbindung mit § 1 Abs. 1 LBG und § 34 Satz 1 und Satz 3 BeamtStG haben sich Richterinnen und Richter mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Zudem begehen gemäß dem über die Verweisung anwendbaren § 47 Abs. 1 BeamtStG Richterinnen und Richter ein Dienstvergehen, soweit sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Dabei ist zu beachten, dass Richterinnen und Richter nach Art. 108 Abs. 1 der Landesverfassung unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Sie haben daher im Rahmen ihrer Unabhängigkeit die Gesetze einzuhalten und unterliegen der Dienstpflicht, diese Gesetze bei der Rechtsanwendung nicht zu verletzen.
Aus zahlreichen Vorschriften der Zivilprozessordnung, die ihre Grundlage wiederum in dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG finden, ergibt sich ein Anspruch des Rechtssuchenden auf ein effektives Verfahren, das in angemessener Zeit entschieden wird. So fordert § 272 Abs. 1 ZPO eine umfassende Vorbereitung des Termins, um diesen zügig in einem Haupttermin erledigen zu können. Gemäß § 273 Abs. 1 ZPO hat das Gericht erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. Darüber hinaus ist nach § 216 Abs. 2 ZPO ein Termin „unverzüglich“, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, anzuberaumen. Zudem gebietet § 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Anberaumung eines zeitnahen Termins zur Verkündung, wenn die Entscheidung nicht in dem Termin ergeht, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird.
Der Kläger verweist zutreffend auch darauf, dass auch die zeitliche und pensenmäßige Bearbeitung übertragener Sachen grundsätzlich der richterlichen Dienstaufsicht gemäß § 26 Abs. 2 DRiG unterliegt. Der Verstoß gegen das Gebot, in angemessener Zeit zu entscheiden, kann grundsätzlich auch eine Dienstpflichtverletzung darstellen. Zutreffend ist weiterhin, dass ein Richter verpflichtet ist, sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen und sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen, woraus zugleich folgt, dass er seinen Dienstherrn nicht schädigen darf.
Eine „allgemeine Frist“, in der ein Verfahren zu fördern ist, gibt es jedoch nicht. Es existiert auch keine „6-Monats-Frist“, die aus § 198 Abs. 3 GVG abgeleitet werden könnte (Dienstgerichtshof des Landes Brandenburg, Beschluss vom 22. September 2016, DGH Bbg 1.16). Vielmehr ist für jeden Einzelfall eine angemessene Frist in der jeweiligen Verfahrensart und der Bedeutung im Einzelfall zu bestimmen. Dies kann zur Folge haben, dass über eine freiheitsentziehende Maßnahme unter Umständen binnen weniger Stunden zu entscheiden sein könnte, eine weniger dringende Entscheidung dagegen durchaus mehr Zeit in Anspruch nehmen kann.
Ein Dienstvergehen ist insbesondere auch nicht bereits dann gegeben, wenn ein Richter ein "durchschnittliches" Pensum an Erledigungszahlen nicht erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes beeinträchtigen Ermahnungen und Vorhaltungen über zögerliche Bearbeitung zwar erst dann die richterliche Unabhängigkeit, wenn dem Richter direkt oder indirekt ein Pensum abverlangt wird, welches sich allgemein, also auch von anderen Richtern vergleichbarer Position, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt (so zuletzt: BGH, Urteil vom 12. Mai 2020, RiZ (R) 3/19 - juris - unter Festhaltung an der vorhergehenden Rechtsprechung). Es stellt aber einen logisch unzulässigen Schluss dar, aus den Grenzen der Dienstaufsicht auf das Vorhandensein eines Dienstvergehens zu schließen, soweit der Richter ein „durchschnittliches“ Pensum nicht erfüllt. Der Richter handelt nicht schuldhaft, soweit er im Rahmen seiner individuellen Leistungsfähigkeit tätig ist. Es mag eine Frage der richterlichen Eignung sein, wenn auf Grund des Mangels an prozessualen und materiellen Rechtskenntnissen, Fehler in der Arbeitsorganisation oder einfach einer unterdurchschnittlichen Belastbarkeit Verfahren nicht in der Zahl bearbeitet werden können, wie es „durchschnittliche“ Kollegen schaffen. Ein etwaiger Eignungsmangel begründet aber kein Dienstvergehen.
Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall kann offenbleiben, welche Frist zur Verfahrensbearbeitung objektiv als angemessen angesehen werden kann. Es liegt angesichts der zahlreichen Zivilverfahren, die nach dem insoweit nicht in Frage gestellten Vorwurf ohne weitere Förderung über Zeiträume von weit mehr als einem Jahr anhängig waren, die Annahme nicht fern, dass die prozessuale Förderungspflicht - bezogen auf das einzelne Verfahren - objektiv verletzt wurde. Ein disziplinarrechtlich relevantes Dienstvergehen kann die Nichtförderung einzelner Verfahren jedoch nur dann sein, wenn eine Bearbeitung im Einzelnen in Anbetracht der Belastung mit anderen Verfahren möglich und aus subjektiv vorwerfbaren Gründe unterblieben ist. Die Reihenfolge der Bearbeitung einzelner Verfahren unterliegt dabei grundsätzlich der richterlichen Unabhängigkeit. Zwar mag es Fälle geben, die im Einzelfall „dringender“ sind als andere Fälle (z.B. die Verhandlung einer „Haftsache“), ein solcher Vorrang besteht aber für die beschriebenen Zivilverfahren soweit ersichtlich nicht. Da es im Ergebnis auch unstreitig ist, dass die Beklagte über den gesamten zu betrachtenden Zeitraum, Akten verschiedener Rechtsgebiete zu bearbeiten hatte, oblag es zunächst ihrer Entscheidung, welche Verfahren sie zuerst fördert. Ein Dienstvergehen durch die zögerliche Bearbeitung von Zivilakten kann daher nur dann begangen sein, wenn die Beklagte vorhandene Arbeitszeit schuldhaft nicht nutzte oder einzelne Verfahren so „eilig“ wurden, dass das richterliche Ermessen sich zumindest deutlich reduzierte.
Einen derartigen Tatsachenvortrag enthält die Disziplinarklage vom …………… nicht. Zwar mag der Vorwurf insgesamt in der Weise verstanden werden, dass die Beklagte sich nicht „mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf“ widmete, dies wird aber nicht weiter substantiiert. Die Disziplinarklage stellt bezüglich der einzelnen Zivilakten zwar eine jeweilige Verfahrensverzögerung dar. Warum die Sache im Einzelnen „besonders eilig“ und daher auch unter Berücksichtigung der richterlichen Unabhängigkeit vorrangig zu bearbeiten war, wird nicht dargetan. Die Disziplinarklage beschreibt zudem einzelne Sachstandsanfragen und nimmt Bezug auf einen kritischen Artikel in der "Märkischen Oder Zeitung" vom ……………. Allein eine Sachstandsanfrage zwingt den Richter jedoch nicht, die betreffende Akte vor anderen Verfahren zu bearbeiten.
Auch im Übrigen ist weder ersichtlich, dass die Beklagte sich pflichtwidrig nicht mit vollem Einsatz ihrer Richtertätigkeit gewidmet, noch dass sie das von ihr "ungeliebte" Zivilrecht schuldhaft vernachlässigt hätte. Dies wird auch nicht durch die vorgelegten statistischen Zahlen belegt.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Beklagte in verschiedenen Rechtsgebieten mit einem "Mischpensum" belastet war. Entgegen der Konkretisierung der Disziplinarklage vom …………… war die Beklagte zudem entsprechend den als Anlagen vorgelegten Geschäftsverteilungsbeschlüssen ab dem Jahr ….. auch durchgängig nicht nur als Zivil- und Strafrichterin, sondern auch als Bußgeldrichterin eingesetzt. Soweit für die Jahre …. bis …... Eingangs-, Erledigungs- und Belastungszahlen für die Beklagte und das Amtsgericht …………… vorhanden sind, bestätigen diese ebenfalls nicht, dass die Beklagte vorwerfbar ihre Dienstpflichten verletzt haben könnte. Soweit überhaupt die Pensenbelastung einzelner richterlicher Arbeitsbereiche sinnvoll verglichen werden kann, war die Beklagte jedenfalls nicht ersichtlich "unterbelastet". In diesem Zeitraum lag die "PEBB§Y" Eingangsbelastung nach der vom Kläger mitgeteilten Statistik zwischen "0,83" und "1,06", wobei ab …. übertragene Bestände unberücksichtigt blieben. Die Beklagte erledigte zudem in den ihr zugewiesenen Dezernaten jeweils ungefähr in der Höhe der Eingangszahlen. So stehen z.B. in den Jahren …. bis …. in dem Ordnungswidrigkeitsverfahren 1626 Erledigungen 1507 Eingängen gegenüber. In ihrem Strafrichterdezernat gab es 769 Eingänge und 710 Erledigungen und in dem hier gegenständlichen Zivildezernat gab es in dieser Zeit nach der mitgeteilten Statistik 1072 Eingänge und 1014 Erledigungen. Es steht zudem außer Streit, dass die Beklagte jedenfalls ab dem Jahr …. längere Krankheitsausfälle erleiden musste. Allein im Jahr …. fanden sich …. Krankheitstage, im Jahr …. insgesamt …. Krankheitstage. Im Jahr ….. fiel die Beklagte sogar an insgesamt …. Arbeitstagen aus.
Damit ist für das Richterdienstgericht auch nicht erwiesen, dass die Beklagte "systematisch" die Bearbeitung der von ihr "unbeliebten" Zivilsachen zurückgestellt hätte. Wie bereits dargestellt, zeigen jeweils die vorhandenen statistischen Zahlen keine wesentlichen Unterschiede zwischen Eingängen und Erledigungen für die Jahre …. bis …. in den einzelnen Dezernaten. Soweit das Präsidium des Amtsgerichts ihr mit der Geschäftsverteilung für das Jahr …. den Altbestand an Zivilsachen - soweit aus den Anlagen ersichtlich in Höhe von …. Verfahren - überließ, blieben diese jedenfalls ersichtlich nicht unbearbeitet. Zum Ende des Jahres …. waren nach den eingereichten Anlagen allein noch …. Verfahren aus diesem Altbestand vorhanden. Auch wenn im Einzelnen nicht nachvollzogen werden kann, ob die Beklagte allein, gegebenenfalls in Krankheitsvertretung auch andere Richter, die Verfahren wesentlich bis zur Erledigung gefördert haben, zeigt sich jedenfalls nicht, dass die Beklagte pflichtwidrig allein nur Neueingänge aus anderen Bereichen bearbeitet hätte.
b) Vorwurf Nr. 3
Insoweit gilt nichts anderes, soweit der Beklagten weiterhin vorgeworfen wird, am …………… mit einer Verfügung …. Verhandlungstermine mit der unzutreffenden bzw. unzureichenden Begründung "vorrangige Schöffensachen" aufgehoben zu haben.
Es unterliegt grundsätzlich der richterlichen Unabhängigkeit der Beklagten, ob sie Verhandlungstermine verlegt oder aufhebt. Der Kläger stellt selbst nicht in Frage, dass es am Folgetag tatsächlich einen Schöffentermin in einer Strafsache gab. Welchen Aufwand dessen Vorbereitung bedurfte, warum die Beklagte diesen Termin auf den ………….. anberaumte und nicht auf einen anderen Termin, unterliegt ebenfalls der richterlichen Unabhängigkeit. Die Grenze zum Dienstvergehen wäre erst dann überschritten, wenn die Beklagte individuell vorwerfbar nicht den subjektiv möglichen Arbeitseinsatz erbracht hätte oder die betreffenden fünf Verfahren aus ihnen innewohnenden Gründen notwendigerweise hätten gefördert werden müssen. Dies wird jedoch weder vorgetragen, noch ist es aus sich heraus ersichtlich.
c) Vorwurf Nr. 4
Das Richterdienstgericht kann ein schuldhaftes Dienstvergehen zudem nicht darin erkennen, dass die Beklagte in der Zeit vom …………… bis zum …………… in … Fällen entgegen § 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO Verkündungstermine über einen Zeitraum von drei Wochen hinaus anberaumte und in sechs weiteren Fällen in dieser Zeit entgegen § 310 Abs. 1 ZPO am Schluss der mündlichen Verhandlung weder unmittelbar eine Entscheidung verkündet noch einen Verkündungstermin anberaumt habe.
Zwar verlangt § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO, dass ein Urteil entweder in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet wird. Dieser Verkündungstermin wird - so wörtlich - „nur dann über drei Wochen hinaus angesetzt, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, dies erfordern“. Diese Vorschrift ist über § 329 ZPO auch auf Beschlüsse und Verfügungen anwendbar, so dass grundsätzlich eine mündliche Verhandlung mit irgendeiner Form der Entscheidung zu enden hat.
Im hier zu entscheidenden Verfahren ist jedoch bereits nicht ersichtlich, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte objektiv gegen diese Pflicht verstoßen hat. Die Disziplinarklage lässt insoweit offen, ob Verkündungstermine ohne jegliche oder nur mit einer "allgemein gehaltenen" Begründung über drei Wochen anberaumt wurden. Zudem ist es nach Auffassung des Dienstgerichts jedenfalls vertretbar, die "wichtigen Gründe", welche die Anberaumung eines längerfristigen Verkündungstermins rechtfertigen, nicht als protokollierungspflichtig gemäß § 160 ZPO anzusehen. Eine ausdrückliche Protokollierung sieht das Gesetz nicht vor.
Auch in der Gesamtschau des erhobenen Vorwurfs, Zivilakten insgesamt nachrangig bearbeitet zu haben, kann ein Dienstvergehen nicht erkannt werden. Der Vorwurf weist für einen Zeitraum von über …. Jahren insgesamt …. Einzelfälle auf. Damit entfallen auf jedes Kalenderjahr lediglich …-… Fälle. Dies erscheint angesichts der Vielzahl der bearbeiteten Zivilsachen nicht auffällig.
d) Vorwurf Nr. 5
Soweit der Beklagten vorgeworfen wird, in der Zeit vom …………… bis zum …………… in ….. Fällen Verkündungstermine verlegt oder ganz aufgehoben und dies jeweils lediglich mit "dienstlichen Gründen oder mit einer Überlastungssituation“ begründet zu haben, gilt ebenfalls im Ergebnis nichts anderes als bezüglich der Vorwürfe Nr. 1 bis 4.
Auch hier liegt es zunächst im richterlichen Ermessen der Beklagten, welche Entscheidung die Beklagte verkündet und ob sie einen Verkündungstermin verlegt oder aufhebt und damit die mündliche Verhandlung - gegebenenfalls stillschweigend - wieder eröffnet. § 227 ZPO verlangt dafür zwar "erhebliche Gründe", die Auslegung dieses Begriffs unterliegt aber ebenfalls der richterlichen Unabhängigkeit.
Das Richterdienstgericht verkennt nicht, dass die Verlegung von Verkündungsterminen oder gar deren Aufhebung prozessökonomisch nicht zielführend gewesen sein mag und auch objektiv gegen die Prozessförderungspflicht verstoßen haben könnte. Es erscheint auch gerade in einer dauerhaften - zumindest empfundenen - Überlastungssituation zumindest nicht hilfreich, in zahlreichen Fällen Verkündungstermine anzuberaumen, die im Ergebnis nicht eingehalten werden. Auch wenn gemäß § 156 ZPO die Wiedereröffnung der Verhandlung im Ermessen des Gerichtes steht, erhöht die Notwendigkeit einer Neuterminierung und Neubefassung den individuellen Belastungsdruck. Der mit der Disziplinarklage erhobene Vorwurf, Zivilakten insgesamt erheblich verzögert bearbeitet zu haben, verlangt aber, dass es der Beklagten grundsätzlich subjektiv möglich gewesen wäre, angemessene Entscheidungen zu verkünden und nicht nur Termine zu verlegen oder aufzuheben und sie dies vorwerfbar unterlassen hätte, da sie vorwerfbar nicht den nötigen Arbeitseinsatz gezeigt hätte. Dies ist aber - wie bereits ausgeführt - nicht ersichtlich.
Sofern sich in der aufgezeigten Vorgehensweise ein Mangel an Arbeitsorganisationsfähigkeit zeigt, stellt dies ebenfalls grundsätzlich kein Dienstvergehen dar. Soweit der Beklagten - zwar nicht ausdrücklich, aber unter Umständen sinngemäß - vom Kläger vorgehalten wird, Hilfsangebote der Justiz (Fortbildungen, Schulungen im Arbeitsmanagement etc.) nicht wahrgenommen zu haben, ist schon nicht dargetan, dass diesbezügliche Angebote vorhanden waren und diese auch hätten wahrgenommen werden können.
e) Vorwürfe Nr. 6a) bis 6m)
Auch soweit der Beklagten weiterhin vorgeworfen wird, in … Fällen Verfahrensvorschriften verletzt zu haben, um sich einer zeitnahen inhaltlichen Befassung mit den vorgelegten Akten zu entziehen, zeigt sich in der Gesamtbetrachtung ein Mangel an Arbeitsorganisation, teilweise auch an Aktenkenntnis. Das Richterdienstgericht kann jedoch nicht erkennen, dass zwingende objektive Verfahrensvorschriften verletzt worden wären. Es ist zudem nicht erkennbar, dass die Beklagte schuldhaft einzelne Verfahren unbearbeitet gelassen hätte, obwohl sich eine Bearbeitung gerade dieser Verfahren auch unter Beachtung des richterlichen Ermessens aufgedrängt hätte.
Dabei verkennt das Richterdienstgericht nicht, dass in den beschriebenen Fällen die objektive Pflicht, die Verfahren zu fördern, verletzt worden sein kann. Wiederholte Anfragen, ob die Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt werde, ohne dass die Sache dann in der gesetzlichen Frist des § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO einer Entscheidung zugeführt wird, verzögerten die gebotene Verfahrensbearbeitung. Dies gilt ebenso, wenn langfristig - über mehrere Jahre - PKH Verfahren unerledigt bleiben oder - wie vorgeworfen - das Gericht über mehrere Monate bei der Suche nach einem Sachverständigen untätig bleibt. Soweit die Beklagte im PKH-Verfahren zudem mitteilte, dass "keine Termine mehr frei" seien, obwohl das Klageverfahren bereits erledigt war, eine Anfrage nach § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO stellte, obwohl die Parteien eine solche Zustimmung zuvor ausdrücklich abgelehnt hatten, und schließlich das Weglegen einer Akte verfügte, nachdem diese ihr auf eine Sachstandsanfrage vorgelegt worden war, liegt es zudem nahe, dass sie ihre Verfügungen traf, ohne zuvor den Akteninhalt zur Kenntnis zu nehmen.
Auch hier fehlt es jedoch nach der Überzeugung des Richterdienstgerichts insgesamt daran, dass die Beklagte vorwerfbar sich nicht mit vollem Einsatz ihrer Richtertätigkeit gewidmet hätte, um das von ihr "ungeliebte" Zivilrecht schuldhaft zu vernachlässigen. Wie bereits ausgeführt, ist bereits nicht erkennbar, dass die Verzögerungen der Aktenbearbeitung "gezielt" Zivilverfahren betrafen. Aus den vorliegenden statistischen Daten drängen sich Unterschiede zu den anderen Rechtsgebieten gerade nicht auf. Wie ebenfalls zuvor ausgeführt, ist zudem weder dargetan, noch anderweitig ersichtlich, dass die Beklagte ihre dienstlichen Pflichten anderen Belangen nachgeordnet hätte oder anderweitig schuldhaft nicht die ihr zur Verfügung stehenden Arbeitsressourcen eingesetzt hätte. In der gebotenen Gesamtbetrachtung zeigt sich vielmehr - ähnlich wie bei der Aufhebung von Verkündungsterminen - ein Mangel an Arbeitsorganisation, der nicht mit einem Dienstvergehen gleichzusetzen ist.
f) Vorwurf Nr. 7:
Ein Dienstvergehen kann schließlich ebenso wenig darin gesehen werden, dass die Beklagte in …. Fällen Aktenvermerke über eine angeblich bestehende Überlastung fertigte. Insbesondere kann nicht erkannt werden, dass diese Vermerke geschrieben wurden, um - so der Vorwurf - "ihren fehlenden Willen zur Bearbeitung ... zu kaschieren".
Zwar könnte es durchaus eine Dienstpflichtverletzung darstellen, wahrheitswidrige Vermerke zu verfassen. Dazu müsste jedoch zum einen nachweisbar sein, dass die Beklagte objektiv zur zügigeren Bearbeitung der betreffenden Verfahren in der Lage gewesen wäre und sie zum anderen subjektiv vorwerfbar - entweder vorsätzlich oder fahrlässig - zu Unrecht von einer Überlastungssituation ausgegangen sein könnte. Beides ist jedoch - wie bereits dargelegt - nicht belegt.
g) Vorwurf Nr. 8
Der Beklagten wird mit der Disziplinarklage weiterhin vorgeworfen, nach teilweiser Einstellung im laufenden Verfahren insgesamt …. Sachstandsanfragen unbeantwortet gelassen zu haben und „sich auch durch die Vielzahl der Sachstandsanfragen nicht von ihrer grob pflichtwidrigen Arbeitsweise abhalten“ haben zu lassen. Auch wenn die Disziplinarklage den diesbezüglichen Vorwurf nicht ausdrücklich zeitlich konkretisiert und auch die eingerückte Tabelle nach Aktenzeichen und nicht zeitlich geordnet ist, erfasst diese Tabelle wohl Sachstandsanfragen vom …………… bis zum …………….
In diesem Verhalten - das bezüglich der verbleibenden Vorwürfe von der Beklagten objektiv nicht in Frage gestellt wird - ist grundsätzlich sowohl objektiv als auch subjektiv ein Verstoß gegen richterliche Pflichten zu sehen, die auch ein Dienstvergehen darstellen. Zwar mag es sein, dass in Einzelfällen Sachstandsanfragen übersehen oder versehentlich unbeantwortet bleiben können, ohne dass die Schwelle zu einem Dienstvergehen erreicht würde. Ein Dienstvergehen stellt es dagegen dar, wenn (zumindest) systematisch Sachstandsanfragen unbeantwortet bleiben und ohne weitere Reaktion zur Akte genommen werden. Die Pflicht aus § 34 BeamtStG zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten umfasst auch, auf Sachstandsanfragen innerhalb einer angemessen Frist zu reagieren. Bleiben diese - regelmäßig - unbeantwortet, beeinträchtigt dies das Ansehen der Richterschaft. Der von einem gerichtlichen Verfahren Betroffene muss den Eindruck haben, dass seine „berechtigten Anliegen keinerlei Gehör finden und er zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht wird“ (so wörtlich der Dienstgerichtshof für Richter beim OLG Dresden, Urteil vom 6. Juli 2007, DGH 4/06, NJW-RR 2008, 936, 938).
Umstände, die ein derartiges Verhalten rechtfertigen oder entschuldigen könnten, sind weder von der Beklagten überzeugend dargetan, noch sonst ersichtlich. Auch soweit sie sich auf eine Überlastung beruft, ist nicht ersichtlich, dass dies einer Beantwortung von Sachstandsanfragen entgegengestanden hätte. Eine derartige Antwort erfordert üblicherweise nur einen geringen Zeitaufwand. Zwar unterliegt die Priorisierung der Aktenbearbeitung der richterlichen Unabhängigkeit. Es ist aber nicht mehr von dem richterlichen Ermessen gedeckt, derartige Fragen grundsätzlich unbeantwortet zu lassen. Auch wenn sich der Tatvorwurf auf circa sieben Jahre erstreckt, ist die Grenze eines nicht vorwerfbaren Versehens bei durchschnittlich zwanzig Verfahren pro Jahr überschritten.
g) Vorwurf Nr. 9
Soweit der Beklagten vorgeworfen wird, in dem Verfahren …………… einen Verkündungstermin „übergangen“ und dann im Nachhinein einen Aufhebungsbeschluss auf den …………… „zurückdatiert“ zu haben, kann das Richterdienstgericht diesen Vorwurf - soweit der Sachverhalt noch aufklärbar war - nicht mit der notwendigen Überzeugung feststellen.
Anhand der zum Gegenstand gemachten Kopien aus der Akte …………… steht zunächst fest, dass die Akte durchgängig vom die …………… bis zum …………… in ihrem Dienstzimmer vorlag. Die Beklagte hatte zunächst einen Verkündungstermin für den …………… anberaumt. An diesem Tag wurde keine Entscheidung verkündet. Eine Verlegung oder Aufhebung des Verkündungstermins war der zuständigen Geschäftsstelle nicht bekannt. In der Folge wurde eine telefonische Sachstandsanfrage eines Prozessbevollmächtigten durch Vermerk der Geschäftsstelle vom …………… dokumentiert, der mit dieser Anfrage der Beklagten vorgelegt wurde. Eine Antwort auf diese Anfrage ist nicht ersichtlich. Am …………… fragte eine weitere Prozessbevollmächtigte ebenfalls nach dem Sachstand. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme der Justizbeschäftigen ….. vom …………… übergab sie am selben Tag - dem …………… - der Beklagten die Sachstandsanfrage, die in ihrer Anwesenheit auf dem Schreiben verfügte, dem Anfragenden mitzuteilen, dass der Termin wegen Bearbeitung vorrangiger Eilsachen aufgehoben worden sei. Die Akte verblieb dabei im Dienstzimmer der Beklagten. Die Akte gelangte dann am …………… auf die Geschäftsstelle auf eine Aktenanforderung des Landgerichts ………………. Die Justizbeschäftigte ....... fand in der Akte - lose - eine handschriftliche Verfügung mit dem Datum "…………… ", unterzeichnet von der Beklagten, mit dem Inhalt "Der VT vom …………… wird wegen vorrangiger Bearbeitung von Eilsachen, soweit Terminswahrnehmung aufgehoben" verbunden mit der Anweisung, dies den Parteivertretern mitzuteilen und zur Bestimmung eines neuen Verkündungstermins vorzulegen. Mit ihrer dienstlichen Stellungnahme vom …………… vermutete die Justizbeschäftige ....... eine Rückdatierung dieser Verfügung, da sie diese erstmals am …………… gesehen habe. Ob diese Verfügung sich tatsächlich schon am …………… in der Akte befunden habe, könne sie nicht sagen, da die Akte durchgängig im Zimmer der Beklagten gelegen habe.
Die Beklagte räumt mit der anwaltlichen Stellungnahme vom …………… ein, dass die Akte durchgängig vom …………… bis zum …………… in ihrem Dienstzimmer befunden habe. Die Verfügung vom …………… sei nicht rückdatiert worden, die Akte müsse versehentlich im Dienstzimmer mit der Verfügung verblieben sein. In der Antwort auf die Sachstandsanfrage vom …………… nehme sie Bezug auf die zurückliegende Terminsverfügung. In der mündlichen Verhandlung vom …………… äußerte die Beklagte, sich nach dem Zeitablauf an die Einzelheiten nicht mehr erinnern zu können.
Angesichts dieser Tatsachen sprechen zwar durchaus gewichtige Umstände dafür, dass die Aufhebungsverfügung tatsächlich zurückdatiert worden sein könnte, es bestehen aber auch - nicht nur theoretische - Zweifel an diesem Vorwurf.
In die Würdigung ist zunächst zu Lasten der Beklagten einzustellen, dass es nicht nachvollziehbar ist, warum die betreffende Verfügung in der Akte verblieben sein sollte. Üblich wäre es gewesen, diese Verfügung - zumal eiliger Natur - der Geschäftsstelle alsbald zukommen zu lassen. Ebenfalls ungewöhnlich erscheint es, dass die betreffende Akte über annähernd …… Monate in dem Zimmer der Beklagten verblieb, ohne dass ihr dieses Versehen aufgefallen sein sollte. Es hätte auch nahegelegen, einen aufgehobenen Verkündungstermin neu zu terminieren. Ebenfalls gibt es keine naheliegende Erklärung dafür, warum dieses Versehen nicht bereits bei der Sachstandsanfrage vom …………… auffiel und auch die Sachstandsanfrage vom …………… nicht dazu führte, den Akteninhalt zu kontrollieren. Dies hätte sich aufdrängen müssen, da für die Beklagte offensichtlich die Prozessbevollmächtigen von der Aufhebung keine Kenntnis hatten und somit ein "Fehler" bei der verfügten Bekanntgabe der Aufhebung vorliegen hätte müssen.
Auf der anderen Seite ergibt der Gesamtsachverhalt, dass die Beklagte zahlreiche Verfahrensakten unterschiedlicher Rechtsgebiete in ihrem Dienstzimmer aufbewahrte. Nach ihrer eigenen Darstellung in der mündlichen Verhandlung musste sie täglich zahlreiche "lose" vorgelegte Schriftstücke den Akten zuordnen. In ihrer anwaltlichen Stellungnahme vom …………… stellt sie bezüglich ihrer Überlastung dar, dass Akten auf Grund der hohen Anzahl sogar auf dem Boden gelagert worden seien. Sie habe .….. ein zusätzliches Geschäftsstellenregal in ihrem Dienstzimmer erhalten, "damit weniger Akten auf dem Boden lagen". Dieser Zustand wird auch durch den Bezug auf als Anlagen beigefügte Lichtbilder belegt. Es erscheint dem Richterdienstgericht angesichts dieser Arbeitsweise nicht lebensfremd, den Überblick über die vorgelegten Akten zu verlieren. Angesichts eines bei einem Amtsgericht hohen Aktenumlaufs ist es ferner nicht unwahrscheinlich, "lose" vorgelegte Schriftstücke nicht zutreffend einzuordnen und auch Akten mit Verfügungen versehentlich zu "verlegen". Gegen eine zielgerichtete Rückdatierung spricht zudem, dass dies der einzige Vorwurf dieser Art ist. Die Beklagte hat nach dem Inhalt der Disziplinarklage auch im Übrigen Verkündungstermine nicht wahrgenommen, ohne dies durch "Rückdatierungen" zu rechtfertigen.
In der Gesamtwürdigung verkennt das Richterdienstgericht nicht, dass durchaus erhebliche Indizien existieren, die gegen eine versehentliche Nichtweiterleitung der Verfügung sprechen. Es ist aber auch durchgängig festgestellt, dass die Beklagte Mängel in der Arbeitsorganisation zeigte, die es auch mit sich bringen können, dass eine Verfügung versehentlich nicht weitergereicht wird. Dieser Mangel an richterlicher Arbeitsorganisation ist jedoch zunächst kein Dienstvergehen.
h) Vorwurf Nr. 10
Mit der Nachtragsdisziplinarklage wird der Beklagten die verzögerte Bearbeitung der ihr übertragenen Strafsachen vorgeworfen. Danach habe sie insgesamt … Verfahren in der Zeit vom …………… bis zum …………… jeweils über einen Zeitraum von …… Monaten bis zu …. Jahren und ….. Monate nicht gefördert.
Abgesehen davon, dass es sehr zweifelhaft ist, ob eine Nichtförderung von „….. Monaten“ bereits eine Dienstpflichtverletzung darstellen kann, soweit es sich nicht um die Förderung von Haftsachen handeln sollte, gilt auch hier das zuvor Gesagte. Es steht objektiv fest, dass die Beklagte das ihr übertragene Dezernat nicht in der ihr verfügbaren Zeit bewältigte. Solange dies aber nur auf einen Mangel an Arbeitsorganisation, Effizienz oder juristischen Fähigkeiten zurückzuführen ist, kann eine subjektive Vorwerfbarkeit nicht festgestellt werden.
III.
In der Würdigung der zahlreichen vorgeworfenen Handlungen verbleibt es dabei, dass die Beklagte schuldhaft … Sachstandsanfragen in der Zeit vom ………… bis zum …………… unbeantwortet ließ. Der Vorwurf, sich nicht mit vollem Einsatz ihrem richterlichen Beruf gewidmet zu haben, hat sich im Übrigen nicht bestätigt. Auch wenn es in zahlreichen Fällen zu objektiven Verfahrensverzögerungen kam, ist ein Mangel an Arbeitsorganisation nicht Gegenstand des Disziplinarvorwurfs.
Das erwiesene Dienstvergehen rechtfertigt die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme im Ergebnis nicht mehr. Nach dem Rechtsgedanken des § 33 Abs. 1 Nr. 2 BbgLDG wäre das Verfahren einzustellen, weil ein Dienstvergehen zwar erwiesen, eine Disziplinarmaßnahme jedoch nicht angezeigt ist. Wie bereits ausgeführt, ist zwar dem Richterdienstgericht die Einstellung des Verfahrens verwehrt, es hat jedoch eigenständig - so bereits der Wortlaut des § 61 Abs. 2 BbgLDG - allein auf eine erforderliche Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Ist die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nicht mehr angezeigt, ist die Disziplinarklage abzuweisen.
Hier spricht gegen die Zweckmäßigkeit einer disziplinarrechtlichen Ahndung bereits der eingetretene Zeitablauf von über zehn Jahren. Neuerliche - ähnliche Verstöße - sind nicht bekannt. Sie wurden auch nicht zum Gegenstand der Nachtragsdisziplinarklage vom …………… gemacht. Die Schwere des festgestellten Dienstvergehens bewegt sich nach Auffassung des Richterdienstgerichts zudem in einem unteren Bereich. Die Beklagte ist zuvor disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Die notwendige Ermahnung für eine Verhaltensänderung ist schließlich allein durch die langandauernde Anhängigkeit des Disziplinarverfahrens zu erwarten. Die Verfahrensdauer und der Umfang der Vorwürfe hat die Beklagte - so auch in der mündlichen Verhandlung ersichtlich - deutlich belastet.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 73 Abs. 1 BbgRiG, 78 Abs. 4 BbgLDG, 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 73 Abs. 1 BbgRiG, 3 BbgLDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils bei dem Dienstgericht des Landes Brandenburg bei dem Landgericht Cottbus, Gerichtsstraße 3/4, 03046 Cottbus, schriftlich einzulegen und zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).