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Entscheidung DG 5/17


Metadaten

Gericht LG Cottbus Dienstgericht des Landes Brandenburg Entscheidungsdatum 23.04.2021
Aktenzeichen DG 5/17 ECLI ECLI:DE:LGCOTTB:2021:0423.DG5.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Aussetzung eines Disziplinarverfahrens.

Der Kläger ist Richter am Verwaltungsgericht ……………. Er war im Jahr ….. und …… Beisitzer in der …. Kammer des Verwaltungsgerichts …………….

Am …………… beantragte der Vorsitzende der ... Kammer des Verwaltungsgerichts ……………, der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht ……………, Urlaub; hierzu erhielt der Kläger als dessen Vertreter eine E-Mail mit dem Betreff: „… Bitte bearbeiten Sie den FZ-Antrag …“. Diese E-Mail leitete der Kläger an den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts mit dem Hinweis weiter, dass er die Urlaubsdaten zur Kenntnis genommen und notiert habe. Wie bereits näher ausgeführt werde er weder „zustimmen“ noch „ablehnen“ anklicken. Hierauf wurde ihm geantwortet, dass er auf „zustimmen“ klicken solle, wenn von seiner Seite kein Hinderungsgrund bestehe, den Vorsitzenden während seines Urlaubs zu vertreten. Für den Fall, dass er auf die Funktion „zurückstellen“ gehe, bleibe der Antrag offen und erreiche den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts nicht. Daraufhin teilte der Kläger mit, dass er „zurückstellen“ auswählen müsse. Damit der Vorsitzende jetzt zu seinem Urlaub komme, rege er an, wie vor einiger Zeit zu verfahren. Außerdem bitte er erneut darum, das System so einzurichten, dass in allen Fällen ein Urlaubsantrag auch ohne die „unsinnige“ Erweiterung des „Genehmigungslaufes“ direkt an den Vizepräsidenten zur Genehmigung abgeschickt werden könne. Um zu verhindern, dass bis dahin erneut Urlaubsanträge bei ihm, dem Kläger, „stecken“ blieben und den Vizepräsidenten deshalb nicht erreichten, habe er ab sofort eine E-Mail-Regel eingerichtet. Danach würden alle E-Mails, die im Betreff die Wendung „Bitte bearbeiten Sie den FZ-Antrag“ enthielten, automatisch direkt an den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts weitergeleitet und bei dem Kläger gelöscht. Zusätzlich habe er in ZEUS seinen Status permanent auf „abwesend“ gesetzt.

Unter dem …………… ordnete der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… gegenüber dem Kläger die Nutzung des Programms ZEUS an. Er gab dem Kläger insbesondere auf, ZEUS künftig hinsichtlich der Urlaubs- und Abwesenheitsanträge der Kammerkollegen in der Weise zu nutzen, dass er – sofern er nach dem Geschäftsverteilungsplan zum Vertreter berufen sei – durch das Anklicken von „Zustimmen“ oder - sofern er selbst verhindert sei - „Ablehnen“ die geforderten Bekundungen zur Gewährleistung der Vertretung vornehme. Zugleich gab er dem Kläger auf, die von diesem vorgenommene Statusänderung in ZEUS (permanent: „abwesend“) und die von diesem eingerichtete E-Mail-Weiterleitung rückgängig zu machen. Der Kläger erhob gegen diese Anordnung am …………… Widerspruch, dem der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… mit Vermerk vom …………… nicht abhalf. Der Widerspruch wurde durch den Beklagten am …………… zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam (VG 11 K 3802/16) wurde mit Urteil vom 25.06.2019 abgewiesen. Der dagegen gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 11.11.2020 (OVG 4 N 46.10) zurückgewiesen.

Am …………… beantragte der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht …………… Urlaub unter Nutzung des Programmes ZEUS. Die daraufhin durch ZEUS an den Kläger gesandte E-Mail mit der Bitte, den Urlaubsantrag zu bearbeiten, leitete dieser automatisch an den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts …………… weiter.

Unter dem …………… leitete der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… aufgrund dieses Sachverhalts ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger ein.

Nachdem im Programm ZEUS Bezeichnungen geändert wurden, ordnete der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… unter dem …………… gegenüber dem Kläger an, ZEUS künftig hinsichtlich der Urlaubs- und Abwesenheitsanträge der Kammerkollegen in der Weise zu nutzen, dass er – sofern er nach dem Geschäftsverteilungsplan zum Vertreter berufen sei – durch das Anklicken „Ja“ oder - sofern er selbst verhindert sei - „Nein“ die geforderten Bekundungen zur Gewährleistung der Vertretung vorzunehmen. Im Übrigen bleibe die Anordnung vom …………… unverändert bestehen. Hiergegen erhob der Kläger am …………… Widerspruch. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom …………… zurück. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam (VG 11 K 3802/16) wurde mit Urteil vom 25.06.2019 abgewiesen. Der dagegen gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 11.11.2020 (OVG 4 N 46.10) zurückgewiesen.

Unter dem …………… dehnte der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… das Disziplinarverfahren aus. Das Verfahren werde auf folgende Handlungen erstreckt:

  • Missachtung der Anordnung vom …………… in der Gestalt der Anordnung vom …………… in Bezug auf den Urlaubsantrag des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht …………… vom ……………. Der Kläger habe sich insoweit geweigert, die ihm obliegenden Bekundungen zur Wahrnehmung der Vertretung über ZEUS vorzunehmen. Die aufgrund des Urlaubsantrages durch ZEUS an den Kläger gesandte E-Mail, mit der Bitte den Urlaubsantrag zu bearbeiten, leitete dieser automatisch an den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts …………… weiter.
  • Missachtung der Anordnung vom …………… in der Gestalt der Anordnung vom …………… in Bezug auf den Urlaubsantrag des Richters am Verwaltungsgericht …………… vom ……………. Der Kläger habe sich insoweit geweigert, die ihm obliegenden Bekundungen zur Wahrnehmung der Vertretung über ZEUS vorzunehmen. Die aufgrund des Urlaubsantrages durch ZEUS an den Kläger gesandte E-Mail, mit der Bitte den Urlaubsantrag zu bearbeiten, leitete dieser automatisch an den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts …………… …………… weiter.

Unter dem …………… setzte der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des beim Verwaltungsgericht Potsdam anhängigen Klageverfahrens mit dem Aktenzeichen VG 10 K 3802/16 aus. Er begründete diese Aussetzung damit, dass gemäß § 23 Abs. 3 des Landesdisziplinargesetzes (LDG) das Disziplinarverfahren ausgesetzt werden kann, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden sei, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Eine solche Vorgreiflichkeit liege hier vor. Denn die Frage der Rechtsnatur der Anordnungen sei für das Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung, da hiervon abhänge, ob die vom Kläger erhobenen Widersprüche aufschiebende Wirkung hätten. Diese Frage werde voraussichtlich im Verfahren VG 10 K 3802/16 geklärt.

Gegen die Aussetzung vom …………… erhob der Kläger am …………… Widerspruch.

Nach Nichtabhilfe durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts …………… führte dieser das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom …………… doch fort. Mit Widerspruchsbescheid vom …………… wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Mit Einstellungsverfügung vom …………… stellte der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… das Disziplinarverfahren ein. Zwar erfülle der Verstoß gegen die Anordnungen vom …………… und …………… den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens. Auch sei der subjektive Tatbestand erfüllt, denn auf den Rechtscharakter der Anordnungen und die Verpflichtung diese trotz Widerspruchs zu befolgen, sei bereits in den Anordnungen hingewiesen worden. Daher liege zumindest bedingter Vorsatz vor. Indes halte er eine Disziplinarmaßnahme, hier die Erteilung eines Verweises nicht für angezeigt. Der erzieherische Effekt einer solchen wäre nicht größer als derjenige, welcher allein mit der Feststellung zum erwiesenen Vorliegen eines Dienstvergehens einhergehe.

Gegen die Einstellungsverfügung erhob der Kläger am …………… Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom …………… wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen DG 10/17 beim Dienstgericht anhängig ist.

Der Kläger hat am …………… Klage gegen die Aussetzung des Disziplinarverfahrens erhoben.

Der Kläger führt aus, die Aussetzung sei ohne vorherige Anhörung erfolgt. Im Übrigen ergebe sich das besondere Feststellungsinteresse daran, dass die Aussetzung deshalb rechtswidrig war, weil sie dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts dazu dienen sollte, dessen über acht Monate andauernde Untätigkeit vermeintlich rechtfertigen zu können, aus dem Umstand, dass sich u.a. auch deshalb die Verfahrenseinstellung wegen überlanger Verfahrensdauer aufgrund staatlichen Fehlverhaltens rechtfertige.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die Anordnung der Aussetzung des Disziplinarverfahrens vom …………… und der Widerspruchsbescheid vom …………… rechtswidrig gewesen sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Das Gericht konnte trotz Ausbleiben des Klägers verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten auf diese Folge in der Ladung hingewiesen wurden, vgl. § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

II. Die Klage bleibt erfolglos. Sie ist unzulässig.

1. Dem Kläger fehlt zum einen das Rechtsschutzbedürfnis. Nachdem der Präsident des Verwaltungsgerichts …………… bereits mehr als fünf Monate vor Klageerhebung die Aussetzung des Disziplinarverfahrens aufgehoben und das Disziplinarverfahren eingestellt hat, ist nicht ersichtlich inwieweit der Kläger durch die Aussetzung noch beschwert sein könnte. Soweit der Kläger nunmehr ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse anführt, besteht dieses in Anbetracht der Einstellungsverfügung und der Klage gegen diese ebenfalls nicht.

2. Die Klage ist auch im Übrigen aufgrund von § 73 Abs. 1 des Richtergesetzes des Landes Brandenburg (BbgRiG) i.V.m. § 3 LDG i.V.m. § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) unzulässig. Gemäß § 44a S. 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Eine solche behördliche Verfahrenshandlung ist auch die Aussetzung des Disziplinarverfahrens (vgl. etwa Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Februar 2014 - DL 13 S 2629/13 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 04. August 2015 – DL 13 S 1432/15 –, juris, Rn. 2; zur Aussetzung eines Zurruhesetzungsverfahrens: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Juni 2009 – 5 LA 102/07 –, juris, Rn. 16).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 73 Abs. 1 BbgRiG, 78 Abs. 4 LDG, 154 Abs. 1 VwGO.

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 73 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 3 LDG i.V.m. § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Dienstgerichtshof des Landes Brandenburg bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg a. d. Havel zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Dienstgericht des Landes Brandenburg bei dem Landgericht Cottbus, Gerichtsstraße 3/4, 03046 Cottbus, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Dienstgerichtshof des Landes Brandenburg bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg a. d. Havel, einzureichen.