Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 25.06.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 5 L 11/24 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0625.OVG5L11.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 52 Abs 1 GKG, § 52 Abs 2 GKG, § 68 Abs 1 Satz 1 GKG, Nr 36.4 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 |
1. Eine Partei, die erstinstanzlich obsiegt hat, kann bei Festetzung eines zu niedrigen Streitwertes und Vorliegen einer Honorarvereinbarung beschwert sein. 2. Bei der Masterprüfung in einem weiterbildenden, nicht-konsekutiven Masterstudiengang handelt es sich nicht um eine den Berufszugang eröffnende abschließende oder eine sonstige berufseröffnende Prüfung i.S. der Nrn. 36.2 und 36.3 des Streitwertkatalogs 2013, sondern um eine sonstige, nicht berufseröffnende Prüfung nach Nr. 36.4 des Streitwertkatalogs (Auffangwert)
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 31. Januar 2024 wird zurückgewiesen
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Die ausdrücklich namens und in Vollmacht der Klägerin eingelegte und begründete Streitwertbeschwerde nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG mit dem Ziel einer Heraufsetzung des Streitwertes von 5.000,- € auf 15.000,- € hat keinen Erfolg.
Zwar spricht vieles dafür, dass hier ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Beschwerde zu bejahen ist, da die Klägerin mit ihrem Bevollmächtigten - wie anwaltlich versichert - eine Honorarvereinbarung geschlossen hat, deren Wert den zunächst festgesetzten Streitwert übersteigt. Aufgrund einer höheren Streitwertfestsetzung kann sie als obsiegende Verfahrensbeteiligte bei den Beklagten einen höheren Betrag liquidieren und so zugleich ihre eigene Zahlungsverpflichtung aus der Vergütungsvereinbarung mindern (zur Beschwer der Partei bei Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes und Vorliegen einer Honorarvereinbarung s. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Mai 2024 - 6 S 1860/23 -, juris Rn. 3; OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. September 2014 - 13 OA 147/14 -, juris Rn. 4; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 - 4 C 14.779 -, juris Rn. 3; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15. Januar 2013 - 1 O 103/12 -, juris Rn. 3; SächsOVG, Beschluss vom 3. September 2010 - 3 E 32/10 -, juris Rn. 3).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes zu Recht auf den allgemeinen Auffangwert von 5.000,- € (vgl. § 52 Abs. 2 GKG, Nr. 36.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des/r Klägers/in für ihn/sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist dabei der Wert, den die Sache bei objektiver Beurteilung für den/die Kläger/in hat, nicht die Bedeutung, die er/sie ihr subjektiv beimisst. Mit § 52 Abs. 1 GKG ist dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstands zu schätzen und sich dabei einer Schematisierung und Typisierung zu bedienen. Dementsprechend hat sich vorliegend das Verwaltungsgericht an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt z.B. in NVwZ-Beilage 2013, 57) orientiert, der die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und die Streitwertpraxis der Verwaltungsgerichtshöfe und Oberverwaltungsgerichte zusammenfasst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.11.2020 - 5 S 1707/20 -, juris Rn. 3), und die streitgegenständliche Masterprüfung als eine sonstige, nicht berufseröffnende Prüfung nach Nr. 36.4 des Streitwertkatalogs (Auffangwert) angesehen. Dies ist nicht zu bestanden.
Unstreitig handelt es sich bei der Masterprüfung im Masterstudiengang „Soziale Arbeit: Klinische Sozialarbeit“ nicht um eine den Berufszugang eröffnende abschließende (Staats-, ärztliche oder pharmazeutische) und auch nicht um eine sonstige berufseröffnende Prüfung, welche im Streitwertkatalog unter Nr. 36 (Prüfungsrecht) mit mindestens 15.000,- € Berücksichtigung finden (vgl. Nrn. 36.2. und 36.3). Bei den letztgenannten Prüfungen ist das Bestehen i.d.R. Voraussetzung für die Aufhebung einer subjektiven Zulassungsschranke für die Aufnahme einer bestimmten beruflichen Tätigkeit. Diese Prüfungen sind, da sie den erstmaligen Berufszugang eröffnen, für die erste berufliche Orientierung in der Berufswelt und auch in finanzieller Hinsicht von besonderer Gewichtigkeit. Dies gilt auch für die Prüfung in einem konsekutiven Masterstudiengang, da ein dem entsprechenden Bachelorabschluss nachfolgender Master häufig Berufsvoraussetzung ist. Letzteres ist bei einem weiterbildenden Master, ungeachtet seiner möglichen qualitativen und quantitativen Gleichwertigkeit, nicht der Fall; vielmehr setzen weiterbildende Masterprogramme für den Zugang eine qualifizierte berufspraktische Erfahrung von in der Regel über einem Jahr voraus. Dies begründet allerdings - entgegen der Auffassung der Beschwerde - keine „Höherwertigkeit“ des weiterbildenden Masters, die bei einer Streitwertbemessung Berücksichtigung finden müsste. Entscheidend ist vielmehr - wie ausgeführt - der den Berufszugang eröffnende Charakter einer Prüfung. Weder eine Fortbildungsprüfung ist eine berufseröffnende Prüfung (Bayerischer VGH, Beschluss vom 6. Juni 2016 - 22 B 16.611 -, juris Rn. 35; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 19 E 848/08 -, juris 2 ff.) noch eine berufliche Weiterqualifikation (OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 LB 169/14 -, juris Rn. 1). Nichts anderes ergibt sich aus weiteren Empfehlungen des Streitwertkatalogs etwa in den Abschnitten 14.1 „Freie Berufe/Berufsberechtigung“, 16.2 „Gesundheitsverwaltungsrecht/Facharzt-, Zusatzbezeichnung“, 18. „Hochschulrecht, Recht der Führung akademischer Grade“ (18.4 [Bachelor], 18.5 [Diplomprüfung, Graduierung, Nachgraduierung, Master], 18.7 [Promotion], 18.9 [Habilitation]) und 54.3 „Wirtschaftsverwaltungsrecht/Handwerksrecht“ (54.3.2 [Meisterprüfung], 54.3.3 [Gesellenprüfung]). Soweit es dort um Gegenstände des Prüfungsrechts geht, dürfte es sich um Spezifizierungen der allgemeineren Regelung unter Nr. 36.3 handeln (vgl. etwa VG Hamburg, Beschluss vom 18. April 2017 - 2 K 7660/16 -, juris 4 f.), die keine Veranlassung geben, einer auf einen weiterbildenden Master bezogenen Prüfung den Charakter einer (sonstigen) berufseröffnenden Prüfung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG. Die Entscheidung ergeht in entsprechender Anwendung von § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch die Berichterstatterin, weil die Ausgangsentscheidung ebenfalls durch den Berichterstatter getroffen worden ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).