Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 26.06.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 N 73/23 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0626.OVG9N73.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 13 Abs 2 GKGBbg, § 14 Abs 1 GKGBbg, § 42 Abs 4 GKGBbg, § 47 Abs 7 GKGBbg |
Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. Juni 2023 wird auf den Antrag der Beklagten zugelassen.
Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.
Das Verwaltungsgericht hat die Aufhebung des angegriffenen Beitragsbescheids damit begründet, dass die Schmutzwasserbeitragssatzung vom 5. April 2022 (SBS 2022) wegen eines Bekanntmachungsfehlers unwirksam sei. Zum Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 19. September 2022 sei keine den Mindestinhalt einer Verbandssatzung nach § 13 Abs. 2 Nr. 6 GkGBbg aufweisende Verbandssatzung in Kraft gewesen. Die Verbandssatzung vom 15. Dezember 2015 sei seit dem 1. Januar 2018 unwirksam gewesen, weil deren Bekanntmachungsregelung in § 14 Abs. 2 unwirksam geworden sei. Danach seien öffentliche Bekanntmachungen des Verbandes für die Ortsteile Motzen und Töpchin der Stadt Mittenwalde im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde „Zeitung für Mittenwalde“ erfolgt. Tatsächlich habe jedoch ein Amtsblatt mit dem Zusatz „Zeitung für Mittenwalde“ seit dem 1. Januar 2018 nicht mehr existiert. Infolgedessen hätten keine wirksamen Bekanntmachungen mehr erfolgen können und habe die Verbandssatzung mangels wirksamer Bekanntmachungsregelung nicht mehr den vorgeschriebenen Mindestinhalt gehabt. Auf die Bekanntmachungsregelung in der neu gefassten Verbandssatzung vom 13. September 2022 (Beschlussdatum) bzw. 14. September 2022 (Ausfertigungsdatum) habe die Bekanntmachung der SBS 2022 ebenfalls nicht gestützt werden können. Die neue Verbandssatzung sei zwar ebenfalls am 19. September 2022 im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming bekannt gemacht worden; sie sei nach ihrem § 15 aber am Tag nach der Bekanntmachung und damit erst am 20. September 2022 in Kraft getreten.
Die Beklagte wendet hiergegen ein, die SBS 2022 sei erstmalig im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 7. April 2022 und im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde vom 13. April 2022 veröffentlicht worden. Schon insoweit liege kein Bekanntmachungsfehler vor, die Bekanntmachung sei wirksam auf der Grundlage der Verbandssatzung vom 15. Dezember 2015 erfolgt. Es sei zwar richtig, dass das Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde bis zum 31. Dezember 2017 die zusätzliche Bezeichnung „Zeitung für Mittenwalde“ getragen habe. Dass diese Bezeichnung danach nicht mehr verwendet worden sei, führe aber weder dazu, dass die Verbandssatzung unwirksam geworden sei, noch dazu, dass Bekanntmachungen des Verbandes im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde nicht mehr hätten erfolgen können. Die Bekanntmachung müsse in einer Weise ausgestaltet werden, die gewährleiste, dass der Betroffene sich verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis von dem Inhalt des Satzungsrechts verschaffen könne. Dem sei hier genügt worden. Im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde sei lediglich eine Zusatzbezeichnung gestrichen worden, der Titel laute weiter „Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde“. Es sei daher für die Betroffenen klar gewesen, dass in diesem Amtsblatt (weiterhin) die Veröffentlichungen des Verbandes erfolgten. Selbst wenn man davon ausginge, dass es an einer wirksamen Regelung zur öffentlichen Bekanntmachung gefehlt habe, wäre dies hier nach der Heilungsvorschrift des § 47 Abs. 7 GKGBbg unbeachtlich gewesen. Auf diese Vorschrift sei das Verwaltungsgericht aber mit keiner Silbe eingegangen.
Jedenfalls sei die Bekanntmachung der SBS 2022 inzwischen wirksam auf der Grundlage der neuen Verbandssatzung vom 13. September 2022 erfolgt. Diese sei am 19. September 2022 im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming veröffentlicht worden und habe ab dem Folgetag gegolten. Die Bezeichnung der Amtsblätter in dieser Satzung entspreche den tatsächlichen Titeln. Die SBS 2022 sei nachfolgend nochmals im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde vom 16. November 2022 und im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 28. Juni 2023 bekannt gemacht worden.
Mit diesem – fristgerechten – Zulassungsvorbingen wird die Richtigkeit der Begründung des Verwaltungsgerichts in Frage gestellt.
a. Der Beklagten ist zuzustimmen, dass schon wenig dafür spricht, dass eine zunächst wirksame Bekanntmachungsregelung in der Verbandssatzung unwirksam wird, wenn eine Zusatzbezeichnung (hier: „Zeitung für Mittenwalde“) zu einem in Bezug genommenen Amtsblatt ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr geführt wird. Abgesehen davon, dass die Divergenz in den Bezeichnungen auch durch ein Wiederverwenden des Zusatzes im Amtsblatt hätte behoben werden können, erscheint es insbesondere im Hinblick auf die Heilungsvorschrift des § 47 Abs. 7 GKGBbg angezeigt, bei der Annahme der Unwirksamkeit einer Bekanntmachungsregelung zurückhaltend zu sein. Jedenfalls aber hätte das Verwaltungsgericht – wie die Beklagte ebenfalls zu Recht rügt – auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die vorgenannte Heilungsvorschrift berücksichtigen und prüfen müssen. § 47 Abs. 3 bis 7 GKGBbg dienen – ausweislich des Absatzes 2 der Vorschrift und der Gesetzesbegründung (LT-Ds. 5/8411, S. 62) – gerade dem Zweck, die Wirksamkeit einer Verbandssatzung zu sichern, wenn diese einzelne Bestimmungen, die nach § 13 Abs. 2 GKGBbg zum notwendigen Satzungsinhalt gehören, nicht aufweist. Nach § 47 Abs. 7 Satz 1 GKGBbg gilt, wenn in der Verbandssatzung eine wirksame Regelung zur Form der öffentlichen Bekanntmachung fehlt (§ 13 Abs. 2 Nr. 6 GKGBbg), die vom Zweckverband verwendete Bekanntmachungsform als vereinbart, sofern sich die Betroffenen aufgrund der verwendeten Bekanntmachungsform in zumutbarer Weise verlässlich Kenntnis von dem Bekanntmachungsinhalt verschaffen können. Dass die Voraussetzung einer zumutbaren und verlässlichen Möglichkeit der Kenntnisnahme hier zu bejahen gewesen wäre und dementsprechend zumindest eine nach § 47 Abs. 7 Satz 1 GKGBbg fingierte Bekanntmachungsregelung bestanden hätte, erscheint naheliegend. Damit spricht Überwiegendes dafür, dass bereits die Bekanntmachung der SBS 2022 im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde vom 13. April 2022 als ordnungsgemäß anzusehen gewesen wäre. Da auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Bekanntmachung dieser Satzung im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming (am 7. April 2022 sowie vorsorglich nochmals am 19. September 2022) bestehen, begegnet die Annahme des Verwaltungsgerichts, die SBS 2022 sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2023 wegen eines Bekanntmachungsfehlers unwirksam gewesen, ernstlichen Richtigkeitszweifeln.
b. Unbeschadet des Vorstehenden hat die Beklagte darüber hinaus dargelegt, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts auch deshalb nicht (mehr) zu tragen vermag, weil die SBS 2022 jedenfalls auf der Grundlage der am 13. September 2022 beschlossenen und im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 19. September 2022 veröffentlichten Neufassung der Verbandssatzung ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist, indem sie nachfolgend nochmals im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde vom 16. November 2022 sowie im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 28. Juni 2023 veröffentlicht worden ist. Auch Änderungen der Sach- und Rechtslage nach der erstinstanzlichen Entscheidung sind im Zulassungsverfahren zu berücksichtigen, wenn der Rechtsmittelführer sie – wie hier – innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2002 - 7 AV 3.02 -, juris Rn. 11 f.).
Der Einwand der Klägerseite, die vorgenannten Veröffentlichungen der SBS 2022 seien fehlerhaft, weil bereits die neu gefasste Verbandssatzung vom 13. September 2022 im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde vom 14. September 2022 nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sei, greift nicht. Das Inhaltsverzeichnis dieses Amtsblatts war – anders als klägerseitig behauptet – weder irreführend noch musste es unter Geltung der aktuellen BekanntmV den Anforderungen genügen, die in der Rechtsprechung zu § 4 Nr. 3 Satz 2 BekanntmV a. F. aufgestellt worden sind. Überdies genügte für die öffentliche Bekanntmachung der Verbandssatzung ihre Veröffentlichung im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming vom 19. September 2022. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Satz 1 GKGBbg (der gemäß § 31 Abs. 3 GKGBbg entsprechend auch für Änderungen einer Verbandssatzung gilt). Danach hat die Kommunalaufsichtsbehörde die Verbandssatzung in der Form öffentlich bekannt zu machen, die für die öffentliche Bekanntmachung der Satzungen ihres Landkreises vorgeschrieben ist. Aufsichtsbehörde für den KMS ist gemäß § 42 Abs. 4 GKGBbg die Landrätin des LK Teltow-Fläming, da der Zweckverband dort seinen Sitz hat. Gemäß § 19 der Hauptsatzung des LK Teltow-Fläming erfolgen öffentliche Bekanntmachungen von Satzungen des Landkreises im Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 GKGBbg war keine weitere Bekanntmachung erforderlich, d. h. für die Wirksamkeit der Verbandssatzung bedurfte es insbesondere keiner Bekanntmachung im Amtsblatt für die Stadt Mittenwalde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Amtsblatt für den Landkreis Teltow-Fläming als Publikationsorgan der Aufsichtsbehörde nach dem typischen Abnehmerkreis nicht das gesamte Verbandsgebiet erfasst (so bereits OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 22. September 2004 - 2 B 401/03 – zur Vorgängervorschrift in § 11 Abs. 1 GKG a. F.).
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens folgt der Kostenentscheidung im Berufungsverfahren.
Rechtsmittelbelehrung
Der Beschluss über die Zulassung der Berufung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
Rechtsanwälte, Behörden, juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Vertretungsberechtigte, die über ein elektronisches Postfach nach § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO verfügen, sind zur Übermittlung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 55d VwGO verpflichtet.
Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Berufungsbegründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen als Bevollmächtigte nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.