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Beschwerde, Abwehranspruch einer Brauerei gegen ein Wohnbauvorhaben, Nachbarposition, Eigentümerstellung, obligatorisch Berechtigter, Gebietserhaltungsanspruch, Rücksichtnahmegebot, immissionsschutzrechtliche Belange, Mittelwertbildung, (keine) Berücksichtigung von betrieblichen Erweiterungsabsichten


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 16.07.2024
Aktenzeichen OVG 10 S 1/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0716.OVG10S1.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 34 Abs 1 BauGB, § 34 Abs 2 BauGB, § 15 Abs 1 Satz 2 BauNVO , Ziff 6.1 TA Lärm, Ziff 6.7 TA Lärm

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. November 2023 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten der Beschwerde einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Errichtung eines Wohngebäudes mit 133 Wohneinheiten auf dem Grundstück der Beigeladenen.

Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin des Grundstücks N_____. Die Antragstellerin zu 2. betreibt auf diesem Grundstück eine Brauerei. Die Beigeladene ist Eigentümerin des von dem Grundstück der Antragstellerinnen in südlicher Richtung mindestens 300 m entfernt gelegenen, vormals als Busparkplatz von den Berliner Verkehrsbetrieben genutzten Vorhabengrundstücks R_____ Beide Grundstücke liegen bisher im unbeplanten Innenbereich. Mit Bescheid vom 25. April 2022 erteilte das Bezirksamt Q_____ von Berlin (im Folgenden: Bezirksamt) der Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Gebäudes mit 133 Wohneinheiten in sechs Vollgeschossen und einer Tiefgarage auf dem Vorhabengrundstück. Den gegen die Baugenehmigung erhobenen Widerspruch der Antragstellerinnen vom 13. März 2023 wies die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2023 zurück. Über die am 25. September 2023 erhobene Klage (Q_____) ist bisher nicht entschieden.

Die am 12. Juli 2023 erhobenen Eilanträge der Antragstellerinnen hat das Verwaltungsgericht Berlin mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2023 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag der Antragstellerin zu 2. sei bereits unzulässig, weil sie als lediglich obligatorisch Berechtigte keine baurechtliche Nachbarposition innehabe. Der Antrag der Antragstellerin zu 1. sei unbegründet, weil es an dem dafür erforderlichen offensichtlichen nachbarlichen Abwehranspruch fehle. Insbesondere greife weder ein Gebietserhaltungsanspruch noch könne die Antragstellerin zu 1. mit Erfolg ein Abwehrrecht aus dem Gebot der Rücksichtnahme geltend machen. Dabei könne offen bleiben, ob das Vorhaben in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO liege oder ob insoweit von einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB auszugehen sei, weil es sich in beiden Fällen in einer den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots gerecht werdenden Weise in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Das Vorhaben setze sich auch keinen unzumutbaren Immissionen aus, denn das Grundstück der Antragstellerin zu 1. liege in einem durch gewerbliche Nutzung geprägten Gebiet, so dass die sich nach Maßgabe der insoweit heranzuziehenden Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) ergebenden Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet auf einen geeigneten Zwischenwert zu den Richtwerten für gewerblich genutzte Gebiete erhöht werden könnten, und dieser Zwischenwert werde hier unterschritten. Zukünftige Betriebserweiterungsabsichten der Antragstellerin zu 2., auf die sich die Antragstellerin zu 1. berufe, seien nicht berücksichtigungsfähig. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerinnen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit sie den Darlegungsanforderungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gerecht wird, nach denen sie sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss, statt nur auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen oder der Bewertung des Verwaltungsgerichts lediglich die eigene Bewertung gegenüberzustellen, ist sie jedenfalls unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Dazu im Einzelnen:

1. Ohne Erfolg macht die Beschwerde zunächst geltend, die erstinstanzliche Entscheidung sei unrichtig, weil das Verwaltungsgericht die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 2. – der Betreiberin der Brauerei auf dem Grundstück N_____ – zu Unrecht abgelehnt habe.

a. Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. ausgeführt, ihr Antrag sei bereits unzulässig, weil er in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO voraussetze, dass sie antragsbefugt sei, d.h. geltend machen könne, durch die erteilte Baugenehmigung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Hinsichtlich der Frage, welche Rechtsstellung für eine Antragsbefugnis in baurechtlichen Streitigkeiten ausreiche, werde in der Rechtsprechung differenziert: In baurechtlichen Normenkontrollverfahren oder in Planfeststellungsverfahren könnten auch beschränkt dingliche und selbst obligatorische Berechtigungen ausreichen. Hierauf beziehe sich auch die von den Antragstellerinnen herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Im Hinblick auf die baurechtliche Nachbarstreitigkeit, die den Eilanträgen der Antragstellerinnen zugrunde liege, seien jedoch die Vorschriften des baurechtlichen Nachbarschutzes maßgeblich. Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts könne nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich nur der jeweilige zivilrechtliche Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in Anspruch nehmen. Dem Eigentümer gleichzustellen seien Personen, die in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich berechtigt seien. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableite (Mieter, Pächter usw.), müsse seine Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend machen. Die Antragstellerin zu 2. sei weder Eigentümerin des Grundstücks N_____, noch habe sie vorgetragen, sonst in eigentumsähnlicher Weise an dem Grundstück berechtigt zu sein, so dass ihr ein — baurechtlicher – Abwehranspruch gegen die Baugenehmigung nicht zustehe. Die Rechtsprechung habe zwar anerkannt, dass obligatorisch Berechtigte Gefährdungen von Leben und Gesundheit gestützt auf ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG mit einer Nachbarklage abwehren dürften. Der Schutz eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes sei jedoch nicht Gegenstand von drittschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts, denn der Gewerbebetrieb umfasse nur die obligatorischen Berechtigungen an dem zum Betrieb gehörenden Grund und Boden und damit nicht die an das Grundeigentum anknüpfenden Abwehrrechte aus dem Bauplanungsrecht.

Weiter hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, auch aus dem Immissionsschutzrecht lasse sich kein weitergehender Schutzanspruch für die Antragstellerin zu 2. herleiten. Zwar sei bei der Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen den Anforderungen des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots genüge, auf die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts - und damit auch auf die Anforderungen des § 22 BImSchG - zurückzugreifen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz lege die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest. Daraus lasse sich aber nicht ableiten, dass der nachbarschützende Gehalt bauplanungsrechtlicher Vorschriften, der sich wegen der Grundstücksbezogenheit des Bebauungsrechts auf die Eigentümer der Nachbargrundstücke beschränke, insoweit auch die nur obligatorisch zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten erfasse. Obligatorisch Berechtigte könnten bei Beeinträchtigungen, die nicht im Bereich des bauplanungsrechtlichen Nachbarschutzes lägen, allenfalls Abwehransprüche nach anderen Rechtsvorschriften zustehen.

b. Diese Ausführungen sind auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden. Die Beschwerde hält ihnen ohne Erfolg entgegen, dass der Inhaber einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerade kein „nur obligatorisch Berechtigter“ im Sinne der von dem Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei. Dieser sei selbst Inhaber des „schutzwürdigen öffentlich-rechtlichen Abwehrrechts“; die Genehmigung werde ihm durch Verwaltungsakt erteilt. Er leite keine Rechte von irgendjemandem ab, was es rechtfertigen könne, ihn auf das Verhältnis zum originären Rechteinhaber zu verweisen. Es wäre sachwidrig, wenn man ihn zur Geltendmachung dieses subjektiven Rechts auf ein zivilrechtliches Verhältnis mit dem Eigentümer verweisen würde. Denn seine Rechtsposition werde nicht über dieses zivilrechtliche Verhältnis begründet; das zivilrechtliche Verhältnis zum Eigentümer sei vielmehr völlig irrelevant für das Bestehen und den Umfang seines Rechts.

Diese Argumentation geht fehl und verkennt den – in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärten und von dem Verwaltungsgericht zutreffend wiedergegebenen – baurechtlichen Nachbarbegriff: Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts kann grundsätzlich nur der jeweilige - zivilrechtliche - Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in Anspruch nehmen. Denn das Bebauungsrecht regelt die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke. Es ist grundstücks-, nicht personenbezogen. Zu den Aufgaben des Bauplanungsrechts gehört es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. In dem es in dieser Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte zielt, bestimmt es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Demgemäß beruht bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Grundstücksnachbarn durchsetzen. Dem Eigentümer gleichzustellen ist, wer in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich berechtigt ist, wie etwa der Inhaber eines Erbbaurechts oder der Nießbraucher; ferner auch der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist. Wer dagegen lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet (Mieter, Pächter usw.), hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht. Er kann seine Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend machen (BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1989 - BVerwG 4 C 1.88 -, juris Rn. 43 m.w.N.; aus dem Schrifttum statt vieler Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 31 Rn. 50 f.). Dies gilt auch für den Grundstückspächter in seiner Eigenschaft als Inhaber eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April 1998 - BVerwG 4 B 22.98 -, juris Ls. 1 und Rn. 6 f.). Auch die Berliner Bauordnung geht von einem entsprechenden, auf den Grundstückseigentümer bezogenen Nachbarbegriff aus (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln: „Eigentümer benachbarter Grundstücke (Nachbarn)“, und dazu Hellriegel, in: Meyer, Achelis u.a., Bauordnung für Berlin, 7. Aufl. 2022, § 70 Rn. 4, 26 u. 27).

Soweit die Beschwerde demgegenüber geltend macht, dass die vorstehend wiedergegebene, auch bereits vom Verwaltungsgericht angeführte und referierte Rechtsprechung auf die Antragstellerin zu 2. keine Anwendung finde, weil sich für sie ein „schutzwürdiges öffentlich-rechtliches Abwehrrecht“ aus der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Betrieb der Brauerei ergebe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zum einen setzt sich die geltend gemachte Anknüpfung an die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht mit den überkommenen Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts auseinander, wonach der Begriff des baurechtlichen Drittschutzes daran anknüpft, dass das Bebauungsrecht die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke regelt und grundstücks-, und eben nicht personenbezogen ist. Zum anderen lässt sich der Beschwerdebegründung nicht schlüssig entnehmen, warum die immissionsschutzrechtliche Genehmigung selbst – und nicht vielmehr lediglich das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - durch die Erteilung der angegriffenen Baugenehmigung beeinträchtigt oder sonst in Frage gestellt sein sollte. Soweit die Antragstellerinnen eine subjektive Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO aus einer „Beeinträchtigung“ des „weitere(n) Gebrauchmachens von ihrer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung“ herleiten möchten, lässt sich ein Abwehrrecht gegen eine solche – durch ein Bauvorhaben ggf. herbeigeführte - „Beeinträchtigung“ nach dem System des baurechtlichen Nachbarschutzes lediglich aus dem Gebot der Rücksichtnahme herleiten, vorliegend also aus § 34 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO. Das Gebot der Rücksichtnahme knüpft freilich an die Grundstücksbezogenheit und damit an das Erfordernis an, dass baurechtlicher Nachbarschutz – wie aufgezeigt - die Eigentümerstellung des durch das Vorhaben ggf. Beeinträchtigten erfordert; über eine solche Eigentümerstellung verfügt die Antragstellerin zu 2. indessen nicht.

Auch die Annahme der Beschwerde, das von ihr präferierte Ergebnis sei auch „interessengerecht“, führt nicht weiter. Ihr dafür angeführtes Beispiel der Erteilung einer neuerlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Antragstellerin zu 2. mit der Folge, dass dann die Anwohner ein Klagerecht gegen diese hätten und „spiegelbildlich“ dann auch der Antragstellerin zu 2. ein Abwehrrecht „in der umgekehrten Konstellation“ zugestanden werden müsste, vermag nicht zu überzeugen. Es verkennt, dass der sich in dem genannten Beispielfall für die „Anwohner“ ergebende Nachbarschutz aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und dem diesbezüglichen Nachbarbegriff ergibt, der sich von dem baurechtlichen Nachbarbegriff unterscheidet und weiter greift als dieser: Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Durch den dieser Norm zugrunde liegenden (immissionsschutzrechtlichen) Nachbarbegriff geschützt sind Personen, die sich vorhabenbezogenen Auswirkungen nicht nachhaltig entziehen können, weil sie nach ihren Lebensumständen, die durch den Wohnort, den Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte vermittelt werden können, den Einwirkungen dauerhaft ausgesetzt sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. August 2015 - 12 LA 120/14 -, juris Rn. 13 m.w.N. und grdl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 50.78 -, juris Rn. 13).

Soweit die Beschwerde im vorliegenden Zusammenhang abschließend in den Raum stellt, es frage sich vielmehr, „auf welchem Wege der Inhaber einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dieselbe denn sonst verteidigen können sollte“, hat das Verwaltungsgericht diese Frage in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet: Er muss, sofern er wie hier lediglich obligatorisch Berechtigter ist, seine Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend machen (BA S. 5 a.E.; BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1989 - BVerwG 4 C 1.88 -, juris Rn. 43). Dies dürfte unbeschadet ihres Beschwerdevortrags jedenfalls in der Sache auch die Antragstellerin zu 2. getan haben, wie die prozessuale Geltendmachung eines Abwehranspruchs gegen das Bauvorhaben auch durch die Eigentümerin des Betriebsgrundstücks – durch die Antragstellerin zu 1. - deutlich macht.

c. Soweit die Beschwerde schließlich „hilfsweise“ geltend macht, der von der Antragstellerin zu 2. erhobene Rechtsbehelf dürfe sich „höchst hilfsweise“ selbst bei Unzulässigkeit ihres Antrages bei der Kostengrundentscheidung nicht zu ihrem Nachteil auswirken, ihr Rechtsbehelf sei von dem Antragsgegner veranlasst worden, so dass bei der Kostenentscheidung § 155 Abs. 4 VwGO anzuwenden wäre, ist auch dem nicht zu folgen. Zum einen dürfte es sich dabei unbeschadet seiner Bezeichnung als „hilfsweise“ oder „höchst hilfsweise“ geltend gemachtes Anliegen um einen neuen Antrag bzw. um eine Antragserweiterung handeln, die im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO grundsätzlich nicht statthaft ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. September 2017 - OVG 4 S 22.17 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Zum anderen legt die Beschwerde nicht dar, woraus sich ein Verschulden des Antragsgegners ergeben soll, aufgrund dessen ihm nach § 155 Abs. 4 VwGO die Kosten des Verfahrens hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. aufzuerlegen wären. Dem Vortrag, der Antragsgegner habe die angefochtene Baugenehmigung auch der Antragstellerin zu 2. zugestellt und deren Widerspruch nicht mit der Begründung mangelnder Antragsbefugnis zurückgewiesen, kann ein solches Verschulden jedenfalls nicht entnommen werden. Die Zustellung der Baugenehmigung auch an die Antragstellerin zu 2. war nicht nur angezeigt, um frühzeitig umfassend die Bestandskraft der Baugenehmigung und damit Rechtssicherheit für den Bauherrn herbeizuführen, sondern vor allem auch deswegen, weil diese sich selbst an den Antragsgegner gewandt und um Herreichung der Baugenehmigung bzw. um Beteiligung als „Nachbar“ gebeten hatte (Schreiben der W_____ an das Bezirksamt Q_____ vom 27. Juli 2001); im Übrigen war sie angezeigt, um der Antragstellerin zu 2. als lediglich obligatorisch Berechtigter des Betriebsgrundstücks frühzeitig die Möglichkeit zu geben, die Eigentümerin des Grundstücks zu veranlassen, ggf. gegen das Vorhaben vorzugehen, wie es vorliegend auch geschieht. Dass schließlich der Antragsgegner den Widerspruchsbescheid nicht auf eine fehlende Antrags- bzw. Widerspruchsbefugnis der Antragstellerin zu 2., sondern auf einen fehlenden Abwehranspruch in der Sache gestützt hat, führt ebenfalls nicht dazu, ihm insoweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Denn jedenfalls ist der Beschwerde nicht zu entnehmen, dass die Antragstellerin zu 2. von der Antragserhebung abgesehen hätte, wenn der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin zu 2. wegen fehlender Widerspruchsbefugnis zurückgewiesen hätte; die vorliegende Beschwerde, die sich u.a. gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts wendet, der Antragstellerin zu 2. fehle es an der Antragsbefugnis, macht gerade das Gegenteil deutlich. Auch sonst ist der Beschwerde nicht entnehmbar, worauf sich ein Verschulden des Antragsgegners i.S.v. § 155 Abs. 4 VwGO mit Erfolg stützen lassen sollte; der umfangreiche Hinweis auf die zitierte Rechtsprechung und Literatur vermag solchen Vortrag nicht zu ersetzen.

2. Die Beschwerde bleibt auch ohne Erfolg, soweit das Verwaltungsgericht einen Abwehranspruch der Antragstellerin zu 1. verneint hat.

a. Das Verwaltungsgericht hat – zusammengefasst – insoweit ausgeführt, der Antrag der Antragstellerin zu 1. sei unbegründet, weil es an dem dafür erforderlichen offensichtlichen nachbarlichen Abwehranspruch fehle. Insbesondere greife weder ein Gebietserhaltungsanspruch noch könne die Antragstellerin zu 1. mit Erfolg ein Abwehrrecht aus dem Gebot der Rücksichtnahme geltend machen. Dabei könne offen bleiben, ob das Vorhaben in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO liege oder ob insoweit von einer Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB – d.h. von divergierenden Nutzungsarten innerhalb desselben Gebiets – auszugehen sei, weil es sich in beiden Fällen in einer den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots gerecht werdenden Weise in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Das Vorhaben setze sich auch keinen unzumutbaren Immissionen i.S.v. § 3 Abs. 1 BImSchG aus. Entgegen der Beschwerde ist das Verwaltungsgericht dabei nicht davon ausgegangen, dass „das Grundstück der Beschwerdeführerinnen (!) – und nicht etwa der Beigeladenen in einer Gemengelage läge“. Es hat vielmehr angenommen, dass das Vorhabengrundstück in einem Gebiet liege, für das der Beurteilungspegel des Ziff. 6.1. e) der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) für allgemeine Wohngebiete gelte, wohingegen das Grundstück der Antragstellerin zu 1. in einem (anderen) Gebiet liege, für das der Beurteilungspegel des Ziff. 6.1. b) TA Lärm für Gewerbegebiete gelte. In einer solchen Gemengelage i.S.d. Ziff. 6.7 TA Lärm – des Aneinandergrenzens zweier Gebiete, von denen eines gewerblich geprägt sei und eines dem Wohnen diene – könne der für allgemeine Wohngebiete geltende Immissionsrichtwert (tags 55 dB[A] und nachts 40 dB[A]) auf einen geeigneten Zwischenwert zu den Richtwerten für gewerblich genutzte Gebiete (tags 65 dB[A], nachts 50 dB[A]) erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich sei und wenn die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete (tags 60 dB[A], nachts 45 dB[A]) nicht überschritten würden. Dieser Zwischenwert werde hier nach den Messungen der Schalltechnischen Untersuchung Nr. 20946-5 der X_____ Akustikberatung vom 15. Februar 2022, die für das Vorhabengrundstück an einigen Teilen der Fassade des Bauvorhabens einen Beurteilungspegel von bis zu 45 dB(A) tags und bis zu 42 dB(A) nachts ergeben habe, nachts um mindestens 3 dB(A) unterschritten. Soweit sich die Antragstellerin zu 1. auf zukünftige Betriebserweiterungsabsichten der Antragstellerin zu 2. berufe, seien diese nicht berücksichtigungsfähig, denn abzustellen sei am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB lediglich auf das tatsächlich Vorhandene und nicht auf prognostische Elemente.

b. Die hiergegen erhobenen Einwände der Beschwerde greifen nicht durch. Dazu im Einzelnen:

aa. Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, der Beschluss der Kammer leide an einer „doppelt-fehlerhaften“ Prüfung des in § 34 BauGB verankerten Gebots der Rücksichtnahme.

(1.) Sie hebt dabei zum einen darauf ab, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft offengelassen habe, ob sich das Vorhaben in ein faktisches allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB oder in eine Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB „einfügen müsse“; die Beteiligten stritten nicht um einen „bloßen Gebietserhaltungsanspruch“, und das Rücksichtnahmegebot setze auch keinen Gebietserhaltungsanspruch voraus. Dieses Vorbringen der Beschwerde geht an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts vorbei. Es hat – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2013 - BVerwG 4 B 48.12 -, juris Rn. 5 f.) – ausgeführt, dass ein für Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet oder in einem faktischen Baugebiet gegebener Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin zu 1. vorliegend ausscheide, weil ein solcher Schutz des Nachbarn vor behaupteten gebietsfremden Nutzungen im lediglich angrenzenden Plangebiet nicht bestehe und auch die Antragstellerin zu 1. nicht behaupte, dass sich Antragsteller- und Vorhabengrundstück in demselben faktischen Baugebiet befinden würden. Mit dieser Feststellung hat das Verwaltungsgericht weder zum Ausdruck gebracht, dass die Beteiligten um einen Gebietserhaltungsanspruch „streiten“ würden, noch hat es an irgendeiner Stelle seiner Entscheidung angenommen, dass das Rücksichtnahmegebot einen Gebietserhaltungsanspruch voraussetzen würde.

Das Verwaltungsgericht hat auch sonst nicht fehlerhaft offengelassen, ob sich das Vorhaben in ein faktisches allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB oder in eine Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB „einfügen müsse“. Von „Einfügen müssen“ ist bei dem Verwaltungsgericht ohnehin nicht die Rede. Es hat vielmehr festgestellt, dass das Vorhaben – die Errichtung eines Wohngebäudes – sowohl bei Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebietes nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO grundsätzlich zulässig wäre und sich Schranken nur aus dem Rücksichtnahmegebot gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergeben würden, als es auch bei Annahme einer Gemengelage aufgrund anderer vorhandener Wohnnutzungen in der näheren Umgebung ebenfalls gemäß § 34 Abs. 1 BauGB darauf ankomme, ob sich das Vorhaben unzumutbaren Immissionen aussetze. Soweit die Beschwerde dazu meint, die Einordnung des Vorhabens in den Gebietstyp (faktisches allgemeines Wohngebiet oder Gemengelage) habe gerade nicht offenbleiben dürfen und sei vielmehr entscheidungserheblich, weil sie für die Bestimmung des immissionsschutzrechtlichen Schutzniveaus auf dem Vorhabengrundstück bedeutsam sei, lässt sie unbeantwortet, welche unterschiedlichen immissionsrechtlichen Werte (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 BImSchG i.V.m. Ziff. 6.1 TA Lärm) denn hier – bei Annahme eines faktischen Baugebiets einerseits und Annahme einer auch Wohnnutzung aufweisenden Gemengelage andererseits – sollten angenommen werden können. Unterschiedliche Werte drängen sich auch sonst nicht auf, weil in dem Vorhabengebiet nicht nur (reine) Wohnnutzung vorkommt, so dass nichts dagegen einzuwenden ist, auch bei einer Gemengelage von dem für ein allgemeines Wohngebiet nach Maßgabe der TA Lärm geltenden Schutzniveau (tags 55 dB[A], nachts 40 dB[A]) auszugehen.

(2.) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde im Weiteren gegen die Zwischenwertbildung des Verwaltungsgerichts. Soweit sie geltend macht, dass „für die Mittelwertbildung bis hin zu den Immissionsrichtwerten für ein Mischgebiet (nachts 45 dB[A]) kein Raum“ bestehe, weil es „in dem Areal“ – gemeint ist das Vorhabengebiet – „nur wenige gewerbliche oder nicht-wohnwirtschaftlich prägende Nutzungen“ gebe, „die in naher Zukunft aufgegeben werden könnten“, und dazu auf 570 geplante Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen Busbahnhofs sowie die mit dem Vorhaben in Aussicht genommenen 133 Wohneinheiten abstellt, so dass eine „strengere Mittelwertbildung“ die Folge sein müsse, die „nicht mehr bei 45 dB(A), sondern näher bei 40 dB(A)“ liegen müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Warum eine Veränderung im Vorhabengebiet hin zu einem „Mehr“ an Wohnnutzung zu einer Absenkung des Zwischenwerts führen sollte, ist der Beschwerde schon deswegen nicht schlüssig zu entnehmen und auch sonst nicht erkennbar, weil das Verwaltungsgericht bei seiner Zwischenwertbildung – entsprechend der Vorgabe in Ziff. 6.7 TA Lärm, wonach in einer Gemengelage die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden können – für das Vorhabengebiet bereits die Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet und damit bereits einen (Ausgangs-)Wert von 40 dB(A) nachts zugrunde gelegt hat. Im Übrigen dürfte die Beschwerde die Systematik verkennen, nach der in einer Gemengelage gemäß Ziff. 6.7 TA Lärm die Immissionsrichtwerte des Wohngebietes auf einen sich den Immissionsrichtwerten des benachbarten Gewerbegebietes annähernden Zwischenwert erhöht werden können. Maßgeblich ist gemäß Ziff. 6.7 Absatz 2 TA Lärm die konkrete Schutzwürdigkeit des den gewerblichen Immissionen ausgesetzten Wohngebietes, welche sich in Abhängigkeit von dessen Prägung durch den Umfang der Wohnbebauung einerseits und des Gewerbes andererseits, von der Ortsüblichkeit der Geräusche und von der Frage bestimmt, welche der miteinander unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde. Ausgehend davon, dass das die vorhandene Wohnbebauung des Vorhabengebiets sich auf das sechsgeschossige, zu DDR-Zeiten errichtete Gebäudeensemble an der M_____ Straße beschränkt, diese schon bislang gewerblichen Immissionen durch den Busparkplatz auf dem Vorhabengrundstück ausgesetzt war, sie weiterhin erheblichen Verkehrsimmissionen durch den Auto- und Straßenbahnverkehr auf der M_____ Straße und dem R_____ Weg ausgesetzt ist und die gewerbliche Nutzung der Antragstellerin zu 1. im angrenzenden Gewerbegebiet seit mehr als einem Jahrhundert besteht und ein erhebliches Ausmaß hat, spricht nichts dafür, dass die Bestandswohnbebauung im Vorhabengebiet eine Schutzbedürftigkeit für sich in Anspruch nehmen könnte, die unter dem für Mischgebiete geltenden Wert von 45 dB(A) liegt. Gleiches gilt folglich für das streitgegenständliche Vorhaben – die von der Beigeladenen geplanten 133 Wohneinheiten – und etwaige künftige Wohnbebauungsvorhaben im Vorhabengebiet – die von der M_____ in Aussicht genommenen 570 Wohnungen –.Dass sich bei einer Berücksichtigung der beabsichtigten Wohnvorhaben – wie die Beschwerde geltend macht – „der Schwerpunkt der Nutzung des Gebiets hin zu einem allgemeinen Wohngebiet“ verlagern würde, würde deswegen an dem von dem Verwaltungsgericht ermittelten Zwischenwert nichts ändern bzw. käme es bei Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebiets auch nicht zu einem „strengeren immissionsschutzrechtlichen Schutzniveau“. Eine Absenkung des Zwischenwerts, die „näher bei 40 dB(A)“ liegen würde, könnte sich allenfalls daraus ergeben, dass die von der Beschwerde geforderte Berücksichtigung der 570 geplanten Wohnungen sowie der mit dem Vorhaben in Aussicht genommenen 133 Wohneinheiten zu einer Einordnung des Vorhabengebiets als reines Wohngebiet mit entsprechend (noch) niedrigeren Ausgangswerten (50 dB[A] tags, 35 dB[A] nachts) für die Zwischenwertbildung führen würde, was freilich selbst die Beschwerde für nicht angängig hält (ergänzender Schriftsatz der Antragstellerinnen vom 23. Februar 2024, S. 5), oder daraus, dass von einem „Weniger“ an gewerblicher Nutzung im Gebiet des (Betriebs-)Grundstücks der Antragstellerinnen auszugehen wäre, was die Beschwerde ebenfalls nicht geltend macht und was im Hinblick auf das gewerblich geprägte Umfeld des Grundstücks der Antragstellerinnen auch sonst nicht erkennbar ist.

Unabhängig davon bleibt die Beschwerde jede Erklärung dafür schuldig, warum zukünftige Veränderungen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) überhaupt berücksichtigungsfähig sein sollen. § 34 Abs. 1 BauGB stellt schon seinem Wortlaut nach auf die tatsächlich vorhandene Bebauung ab, die Regelung zielt auf eine „Fortschreibung“ des faktisch Vorhandenen; deshalb kann auch nicht – gewissermaßen Zukünftiges antizipierend – eine erst geplante, vielleicht auch schon genehmigte, aber noch nicht realisierte Bebauung in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. statt vieler Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 10. Aufl. 2022, § 34 Rn. 5 f. m.w.N.). Daran ändert auch das weitere Beschwerdevorbringen nichts, wonach sich die Kammer hätte fragen müssen, wenn die Behörden die Entwicklung des Gebiets hin zu einem allgemeinen Wohngebiet nicht über einen Bebauungsplan vorantrieben, in dessen Rahmen die Belange der Brauerei ohne weiteres und selbstverständlich abwägungsrelevant wären, sondern über Baugenehmigungen nach der „Planersatz“-Vorschrift des § 34 BauGB, und ob es dann richtig sein könne, dass die Belange der Brauerei dann nicht zu berücksichtigen seien, und würden die Behörden damit nicht geradezu dazu eingeladen, die schutzwürdigen Belange der Brauerei „auszuhebeln“, indem sie einfach eine Baugenehmigung nach der anderen nach § 34 BauGB erteilten statt dasselbe Ergebnis über einen Bebauungsplan zu schaffen, für den ja völlig unstreitig sei, dass der Brauerei ein Anspruch darauf zustünde, dass dort eben kein allgemeines Wohngebiet entstünde, jedenfalls kein ungeschütztes, also ohne ausreichenden passiven Lärmschutz, trägt die Beschwerde nichts dazu vor und hat der Senat auch sonst keine Anhaltspunkte, dass vorliegend von einem solchen missbräuchlichen Verhalten des Antragsgegners – einem „Aushebeln“ der Rechte der Antragstellerinnen – auszugehen ist. Im Gegenteil tragen die Antragstellerinnen mit der Beschwerde selbst vor, dass der Antragsgegner für das Vorhabengebiet die Aufstellung eines Bebauungsplanes betreibt (Bebauungsplan 11-168) und sie in diesem Verfahren bereits die Gelegenheit hatten, Einwendungen zu erheben. Im Übrigen hat der Antragsgegner die schutzwürdigen Belange der jedenfalls als Eigentümerin betroffenen Antragstellerin zu 1. auch im Rahmen der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung – im Rahmen des Rücksichtnahmegebots – berücksichtigt.

bb. Ebenfalls ohne Erfolg macht die Beschwerde schließlich geltend, die Kammer habe zu Unrecht die Erweiterungsabsichten der Brauerei im Rahmen der Rücksichtnahmeprüfung nicht als rechtlich schutzwürdig anerkannt.

(1.) Das Verwaltungsgericht hat zu einer Berücksichtigung von Betriebserweiterungsabsichten der Antragstellerin zu 2. ausgeführt, soweit sich die Antragstellerin zu 1. hierauf berufe, um ihren Abwehranspruch gegen das Wohnbauvorhaben zu begründen, könne ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Ihr eigenes Interesse bzw. das der Antragstellerin zu 2., die nähere Umgebung des Brauereigeländes von (weiterer) Wohnbebauung freizuhalten, um sich die Möglichkeit einer Betriebserweiterung offen zu halten, sei als solches rechtlich nicht schutzwürdig. § 34 Abs. 1 BauGB biete nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – anders als ein Bebauungsplan – keine Handhabe, überkommene Strukturen zu perpetuieren. Bei der Beurteilung, ob sich ein Bauvorhaben unzumutbaren Lärmimmissionen aussetzen würde, sei allein die vorhandene Bebauung und die tatsächlich durch die Antragstellerin zu 2. ausgeübte Nutzung maßgeblich. Künftige Entwicklungen könnten nur insoweit berücksichtigt werden, als sie im vorhandenen baulichen Bestand bereits ihren Niederschlag gefunden hätten. Gewerbliche Betriebe nähmen insoweit keine Sonderstellung ein. Das Bundesverwaltungsgericht führe in seinem Urteil vom 14. Januar 1993 (BVerwG 4 C 19.90, juris Rn. 25) insoweit zutreffend für landwirtschaftliche Betriebe in Innenbereichslagen u.a. aus, auch bei ihnen verbiete es sich, die bloße Möglichkeit künftiger Betriebserweiterungen oder -umstellungen bereits vollzogenen Änderungen gleichzustellen; andernfalls würde die Anwendung des § 34 Abs. 1 BBauG bzw. jetzt § 34 Abs. 1 BauGB mit Unsicherheiten belastet, die der Gesetzgeber mit der tatbestandlichen Anknüpfung an das tatsächlich Vorhandene gerade habe ausschließen wollen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließe, bringe die Berücksichtigung von zukünftigen Entwicklungen auf den Nachbargrundstücken eines Bauvorhabens prognostische und wertende Elemente in die Zulassungsentscheidung, die bei der Qualifizierung der Eigenart der näheren Umgebung und der Beurteilung des Sich-Einfügens keinen Raum hätten, sondern einen typisch planerischen Einschlag aufwiesen. Die Baugenehmigungsbehörde habe im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB aber keine planerische Entscheidung zu treffen, da diese bereits durch den Gesetzgeber selbst getroffen worden sei. Bauvorhaben, die sich in die vorhandene Umgebungsbebauung einfügten, seien danach bauplanungsrechtlich zulässig.

(2.) Dem hält die Beschwerde zunächst entgegen, das Verwaltungsgericht habe sich auf veraltete Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen, die von den Instanzgerichten „in dieser Pauschalität“ gar nicht mehr vertreten werde. Dies trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat sich für seine Ansicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Januar 1993 - BVerwG 4 C 19.90 - bezogen, in dem es u.a. wie folgt heißt (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 25, s. im Übrigen Ls. 1):

„Aufschluss darüber, ob sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung rücksichtsvoll einfügt, vermag allein die tatsächlich vorhandene Bebauung bzw. tatsächlich ausgeübte Nutzung zu geben; denn nur sie eignet sich als Maßstab für die Zulässigkeit neuer Vorhaben. Künftige Entwicklungen können nur insoweit berücksichtigt werden, als sie im vorhandenen baulichen Bestand bereits ihren Niederschlag gefunden haben. Landwirtschaftliche Betriebe nehmen in dieser Hinsicht keine Sonderstellung ein. Auch bei ihnen verbietet es sich, die bloße Möglichkeit künftiger Betriebserweiterungen oder -umstellungen bereits vollzogenen Änderungen gleichzustellen. Andernfalls würde die Anwendung des § 34 Abs. 1 BBauG mit Unsicherheiten belastet, die der Gesetzgeber mit der tatbestandlichen Anknüpfung an das tatsächlich Vorhandene gerade hat ausschließen wollen. Der Nachbar bekäme ein Mittel an die Hand, durch Absichtserklärungen Einfluss auf die Bebaubarkeit von Grundstücken in seiner Umgebung zu nehmen. Die Baugenehmigungsbehörde müsste, um Missbräuchen zu begegnen, der Frage der Ernsthaftigkeit und der konkreten Umsetzbarkeit der geäußerten Absichten nachgehen. Sie käme nicht umhin zu prüfen, in welchem Umfange dem Interesse, einen vorhandenen Betrieb künftig zu erweitern oder umzustellen, Rechnung zu tragen ist, und sich u.a. darüber schlüssig zu werden, ob eine angekündigte Erweiterung oder Umstellung berücksichtigungsfähig schon dann ist, wenn sie betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint, oder Beachtung erst dann verdient, wenn sie, etwa aus Gründen des Erhalts der Konkurrenzfähigkeit, geboten ist. Überlegungen dieser Art sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 BBauG. Es ist im übrigen keine Seltenheit, dass selbst Vorhaben, die genehmigt worden sind, nicht verwirklicht werden. Bei Vorhaben, die noch nicht einmal zum Gegenstand eines konkreten Genehmigungsverfahrens gemacht worden sind, ist diese Gefahr noch ungleich größer. Ihnen gleichwohl zu Lasten eines Bauinteressenten Rechnung zu tragen, der das Maß an Rücksichtnahme aufbringt, das ihm die vorhandene Bebauung abnötigt, d.h., der den Nachbarn nicht dem Risiko aussetzt, mit immissionsschutzrechtlichen Auflagen überzogen zu werden, die aufgrund der bisherigen baulichen Verhältnisse nicht drohten, liefe darauf hinaus, § 34 Abs. 1 BBauG um prognostische und wertende Elemente anzureichern, die bei der Qualifizierung der Eigenart der näheren Umgebung nichts zu suchen haben. Es handelt sich um Erwägungen mit typisch planerischem Einschlag. Die Baugenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 BBauG anwendet (…), keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt. Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind unbebaute Grundstücke im Innenbereich tendenziell einer Bebauung zugänglich. Ihre Prägung als Bauland erhalten sie durch die Eigenart der näheren Umgebung. Die vorhandene Umgebungsbebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der hinzukommenden baulichen Nutzung. Soll sich die Zulässigkeit neuer Vorhaben nach einem anderen Maßstab richten, so muss die Gemeinde hierfür im Wege der Bauleitplanung die erforderlichen Grundlagen schaffen.“

Diese Rechtsprechung ist, anders als die Beschwerde meint, keineswegs veraltet; das Bundesverwaltungsgericht hat sie nämlich unlängst in seiner „Einfirsthofentscheidung“ vom 8. Dezember 2016 - BVerwG 4 C 7.15 - wieder aufgegriffen und – ohne jede Einschränkung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das vorstehend wiedergegebene, auch von dem Verwaltungsgericht herangezogene Urteil vom 14. Januar 1993 – wie folgt ausgeführt (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 15, Hervorhebungen durch den Senat):

„Die Vorstellungen des Beklagten zur Siedlungsentwicklung im Umkreis von Großstädten sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 BauGB. Sie haben einen typisch planerischen Einschlag. Die Baugenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 BauGB anwendet, keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 S. 78). Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind Gebäude im Innenbereich tendenziell einer Änderung ihrer Zweckbestimmung zugänglich. Die vorhandene Bebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor.“

Von einer „missverständliche(n) und seit langem überholten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts“ kann danach nicht die Rede sein. Derartiges ergibt sich auch nicht aus der von der Beschwerde zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2000 (Beschluss vom 5. September 2000 - BVerwG 4 B 56.00 -, juris Rn. 7) und den für die Ansicht der Beschwerde, dass sich „die Rechtsprechung seither in eine andere Richtung weiterentwickelt“ hätte, angegebenen Entscheidungen verschiedener erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VG Augsburg, Urteil vom 29. Juni 2023 - Au 5 K 23.777 -, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. Oktober 2022 - 15 ZB 22.868 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 13. Oktober 2023 - 12 B 1365/23 -, juris; VG München, Beschluss vom 26. Oktober 2021 - M 1 SN 21.799 -, juris; VG Münster, Urteil vom 20. Januar 2022 - 2 K 3302/18 -, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 21. Mai 2019 - 2 K 252/17 -, juris). In dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2000 - BVerwG 4 B 56.00 - ist es, anders als im vorliegenden Fall, nicht um einen Nutzungskonflikt im Innenbereich (§ 34 BauGB) gegangen, sondern um die künftige Entwicklung einer nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Nutzung (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 7). Entsprechende Privilegierungen, die auch im Hinblick auf Entwicklungs- oder Erweiterungsmöglichkeiten schutzwürdig sein mögen, gibt es freilich – zumal gegenüber einer Wohnnutzung – im Innenbereich nicht. Im Übrigen hat sich das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung selbst für eine nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Nutzung hinsichtlich eines Abwehranspruchs nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots für Erweiterungsmöglichkeiten eher zurückhaltend geäußert (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 7: „Aber auch im Außenbereich kann nicht von den tatsächlichen Verhältnissen abgesehen werden“; „(a)us dem Umstand, dass nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte bauliche Nutzungen generell dem Außenbereich zugewiesen sind, folgt nicht, dass ein entsprechender Nutzungswunsch eines Landwirts allein schon die Qualität eines Rechts besitzt und deshalb eine mit ihm unvereinbare bauliche Nutzung ausschließt“) und die Frage letztlich offengelassen, weil die streitgegenständliche Erweiterungsabsicht in dem gegebenen Fall zu vage gewesen ist (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 8: „Selbst wenn […]“). Um ähnliche und damit für den vorliegenden Fall ebenfalls nicht einschlägige Konstellationen ist es in den von der Beschwerde angegebenen erstinstanzlichen Entscheidungen sowie dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gegangen (VG Augsburg, Urteil vom 29. Juni 2023 - Au 5 K 23.777 -, juris Rn. 84, und Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. Oktober 2022 - 15 ZB 22.868 -, juris Rn. 67: Erweiterungsinteresse in Form einer Umstellung eines bisher landbewirtschafteten Betriebs auf einen Tierhaltungsbetrieb; VG Hannover, Beschluss vom 13. Oktober 2023 - 12 B 1365/23 -, juris Rn. 44: [vages] Erweiterungsinteresse einer landwirtschaftlichen Hofstelle bzw. eines Landwirts; VG München, Beschluss vom 26. Oktober 2021 - M 1 SN 21.799 -, juris Rn. 23 und 29: [vage] Absicht eines Vollerwerbslandwirts, seinen landwirtschaftlichen Betrieb baulich und funktionell umzugestalten; VG Münster, Urteil vom 20. Januar 2022 - 2 K 3302/18 -, juris Rn. 74: [nicht berücksichtigungsfähige konkrete] Erweiterungsabsichten eines Landwirts und Eigentümers einer landwirtschaftlichen Hofstelle). Zutreffend weist hier im Übrigen die Beigeladene darauf hin, dass – soweit es in den vorgenannten Fällen um Lagen in faktischen Dorfgebieten gegangen ist – § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die Entwicklungsmöglichkeiten der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ausdrücklich erwähnt. Schließlich ist auch der von der Beschwerde abschließend zitierten Entscheidung des VG Karlsruhe (Urteil vom 21. Mai 2019 - 2 K 252/17 -, juris Rn. 66) nichts für die Beschwerde Weiterführendes zu entnehmen (keine Berücksichtigung von Erweiterungsabsichten für den Betrieb einer Tankstelle).

Auch aus den weiteren Erwägungen der Beschwerde, die diese „(n)ur zur Sicherheit und als Begründung dafür, warum die Rechtsprechung über die Jahre vom seinerzeit vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten und nunmehr nicht mehr vertretenen Rechtssatz – zu Recht (!) – abgewichen ist“, anführen möchte, ergibt sich die von den Antragstellerinnen begehrte Berücksichtigung der Erweiterungsmöglichkeiten der Antragstellerin zu 2. nicht. Wie ausgeführt, kann von einem „nicht mehr vertretenen Rechtssatz“ nicht die Rede sein. Auch sonst überzeugen die weiteren Erwägungen der Beschwerde nicht. Soweit sie geltend macht, § 34 BauGB sei Planersatzrecht, und die Maßstäbe beim Rücksichtnahmegebot seien dogmatisch identisch, die bauplanungsrechtliche Situation unterscheide sich nicht von derjenigen Konstellation, in der ein Bebauungsplan existiere, ist schon nicht ersichtlich, welche Argumentation die Beschwerde hieraus ableiten möchte. Im Übrigen unterscheidet sich die bauplanungsrechtliche Situation im (unbeplanten) Innenbereich von derjenigen im Plangebiet grundlegend dadurch, dass die Berücksichtigung eines Erweiterungsinteresses von dem Willen des Plangebers abhängt; einen Plangeber gibt es freilich im (unbeplanten) Innenbereich nicht. Soweit die Beschwerde weiter geltend macht, künftige Umstände seien bei § 34 BauGB ebenso maßgeblich wie vergangene, überzeugt auch diese Gleichsetzung nicht. Die von der Beschwerde dafür angeführte Berücksichtigungsfähigkeit nachwirkender prägender Wirkungen bei abgerissenen Gebäuden oder bereits eingestellten Nutzungen als maßgebliche Bebauung oder Nutzung (BVerwG, Urteil vom 23. November 2016 - BVerwG 4 CN 2.16 -, juris Rn. 20) knüpft viel mehr an die tatsächlich vorhandene oder vorhanden gewesene Bebauung oder Nutzung an, denen – wie das Bundesverwaltungsgericht in der oben zitierten Entscheidung vom 14. Januar 1993 (- BVerwG 4 C 19.90 -, juris Rn. 25) festgestellt hat – die bloße Möglichkeit künftiger Betriebserweiterungen eben nicht gleichgestellt werden kann. Auch die Argumentation, § 34 BauGB gewähre kein weitergehendes Baurecht als § 30 BauGB, und der Plangeber könne einen Plan, der die Erweiterungsbelange unberücksichtigt lasse, nicht rechtmäßigerweise aufstellen, so dass § 34 BauGB im Ergebnis als „Schlupfloch“ hier etwa für das Vorhaben der Beigeladenen dienen könne, führt nicht weiter, weil bereits die von der Beschwerde aufgeführten Prämissen zweifelhaft sind. Einerseits kann nämlich § 34 BauGB durchaus ein „weitergehendes Baurecht“ als ein Bebauungsplan gewähren, wie das Bundesverwaltungsgericht nicht zuletzt in seiner „Einfirsthofentscheidung“ vom 8. Dezember 2016 - BVerwG 4 C 7.15 - klargestellt hat: Im Rahmen von § 34 Abs. 1 BauGB bestimmt die vorhandene Bebauung den Gebietscharakter und gibt diese als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor; will die Gemeinde eine solche Bebauung verhindern, muss (und kann) sie dem mit den Mitteln der Bauleitplanung begegnen (BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 - BVerwG 4 C 7.15 -, juris Rn. 15). Andererseits ist nicht erkennbar, warum ein Bebauungsplan, in dem sich der Plangeber dafür entschieden hat, betrieblichen Erweiterungsinteressen gegenüber anderen gewichtigen städtebaulichen Belangen, insbesondere den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung, nicht den Vorzug einzuräumen, stets rechtswidrig sein muss. Derartiges ergibt sich auch nicht aus dem mit der Beschwerde in Bezug genommenen, von den Antragstellern als Anlage ASt 2 vorgelegten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. Juni 2021 - 8 S 1384/19 -, weil die dortige (teilweise) Aufhebung des angegriffenen Bebauungsplans auf einen Ermittlungs- und Bewertungsfehler (§ 2 Abs. 3 BauGB), nicht jedoch auf einen Fehler im Abwägungsergebnis zurückzuführen war (vgl. S. 14 der hergereichten Urteilsabschrift). Von daher vermag auch das Argument nicht zu überzeugen, das Verwaltungsgericht ermöglichte (mit seiner Entscheidung) „eine rechtsmissbräuchliche Umgehung der planerischen Restriktionen für den Beschwerdegegner“.

Soweit die Beschwerde abschließend „vorsorglich“ geltend macht, dass die Erweiterungsabsichten der Antragstellerin zu 2. „konkret und realistisch“ seien, kommt es darauf nicht an, zumal auch das Verwaltungsgericht darauf nicht abgestellt hat. Der Senat merkt allerdings an, dass die Rechtsansicht der Beschwerde, dass „auch nur vage Aussichten durchaus schutzwürdig seien“, und die von ihr letztlich geltend gemachte „weitestmögliche Flexibilität“ nicht dem von ihr selbst dargestellten Maßstab der Rechtsprechung (etwa: BVerwG, Beschluss vom 5. September 2000 – BVerwG 4 B 56.00 -, juris Rn. 7 a.E.) genügen dürfte.

Weitere Gründe, die gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses sprechen könnten, sind der Beschwerde – auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen in den Schriftsätzen vom 23. Februar 2024 und vom 18. April 2024 – nicht zu entnehmen.

Mit der Sachentscheidung des Senats erledigt sich auch der Antrag auf Erlass eines „Hängebeschlusses“.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).