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Baumschutzverordnung Berlin, Fällgenehmigung, ökologischer Ausgleich, Ausgleichsabgabe, Unzumutbarkeit, unzumutbarer Aufwand, vitaler Baum, (Grenze der) Sozialpflichtigkeit des Grundeigentums, Nutzungsbeeinträchtigung, vollständiger Nutzungsverzicht, Schäden an baulichen Anlagen, Standsicherheit der baulichen Anlage, Gefahren für Personen oder Sachen, Astabbruch, Wurzeltätigkeit, Aufwölbungen, Stolper- und Verletzungsgefahr, Finanzierbarkeit


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 06.06.2024
Aktenzeichen OVG 11 B 5/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0606.OVG11B5.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 6 Abs 1 Satz 1 BaumSchVO Bln, § 6 Abs 2 Satz 1 und 2 BaumSchVO Bln, § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 1c BaumSchVO Bln, § 5 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BaumSchVO Bln, § 5 Abs 1 Satz 2 BaumSchVO Bln

Leitsatz

  1. Die Entscheidung, welche Maßnahmen zur Abwehr der von einem geschützten Baum ausgehenden Gefahren zumutbar sind, erfordert eine einzelfallbezogene Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen.
  2. Nur bei einer vom Baum ausgehenden, faktisch nicht anders als durch Fällung abwendbaren Gefahr, deren Ursache der Antragsteller nicht zu vertreten hat, ist es für den Eigentümer nicht tragbar, die Fällgenehmigung an weitere Bedingungen, wie Ersatzpflanzungen oder eine Ausgleichsabgabe, zu knüpfen.
  3. Für den Fall der Nutzungsbeeinträchtigung durch einen (vitalen) Baum hat der Verordnungsgeber mit § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO Bln eine Sonderregelung geschaffen, mit der den Interessen des Eigentümers an einer zulässigen Nutzung seines Grundstücks Rechnung getragen werden soll und die daher in ihrem Anwendungsbereich die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO Bln ausschließt.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. September 2021 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung einer baumschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe.

Er ist gehbehindert und Eigentümer eines Grundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte und einer Garage bebaut ist. Vor und hinter dem Haus steht jeweils eine Waldkiefer, deren Wurzeln sich großflächig aus dem Boden wölben.

Im Jahr 2018 beantragte der Kläger beim Bezirksamt T____ von B____ (im Folgenden: Bezirksamt) die Fällung der vorgenannten Waldkiefern. Zur Begründung machte er geltend, ihr Wurzelwerk verursache Schäden an den auf dem Grundstück befindlichen baulichen Anlagen. Mit Blick auf hervorstehende Wurzeln und hierdurch angehobene Gehwegplatten sei es ihm und Dritten kaum möglich, sich auf seinem Grundstück gefahrlos fortzubewegen. Schließlich sei es gefährlich, wenn Äste von den Waldkiefern herabstürzten.

Das Bezirksamt führte eine Ortsbesichtigung durch. Es bewertete beide Kiefern mit der Schadstufe 1 und dokumentierte diverse Beeinträchtigungen des Grundstücks aufgrund ihrer starken Wurzeltätigkeit. Es stellte fest, die gesamte Auffahrt sei holprig und nicht befahrbar. Die Rasenkantensteine seien durch die Unterwurzelung stark angehoben. Die rückwärtige Kiefer verursache mit ihren Wurzeln massive Schäden im Bereich der Bebauung, insbesondere extrem angehobenen Terrassenplatten. Eine Kappung der Wurzeln komme mit Blick auf die Standsicherheit der Bäume nicht in Betracht.

In der Folgezeit teilte das Bezirksamt dem Kläger mit, dass er im Falle der Erteilung der beantragten Fällgenehmigung gemäß § 6 Abs. 1 BaumSchVO Berlin (im Folgenden BaumSchVO) zum ökologischen Ausgleich verpflichtet sei. Wahlweise könne er diesen als Ausgleichsabgabe über 4.800,00 Euro oder als Ersatzpflanzung (6 Bäume) leisten. Unter Verweis auf die Möglichkeit der Ratenzahlung bat das Bezirksamt um Mitteilung, für welche Art des Ausgleichs der Kläger sich entscheide. Eine solche Mitteilung des Klägers erfolgte jedoch nicht. Vielmehr beantragte der Kläger mit Schreiben vom 17. April 2019, ihm eine Fällgenehmigung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO ohne Auflagen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BaumSchVO zu erteilen.

Mit Bescheid vom 25. April 2019 genehmigte das Bezirksamt dem Kläger befristet bis zum 25. April 2020 die Fällung der beiden Waldkiefern auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO. Gleichzeitig verpflichtete es den Kläger unter Ziffer III.2 des vorgenannten Bescheides zum ökologischen Ausgleich in Form einer Ausgleichsabgabe in Höhe von 4.800,00 Euro.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, er habe keine Genehmigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, sondern nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO beantragt. Selbst wenn hier auch Nr. 2 des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO erfüllt sei, gehe die Nr. 1 der Vorschrift angesichts der Rangfolge der Nummern vor. Die Bausubstanz des Hauses sei durch die Wurzeltätigkeit der Kiefern beschädigt. Die Treppe zum Hauseingang und zur Terrasse sowie die Terrasse selbst seien aufgewölbt und brüchig. Der Boden der Terrasse und der Garage weise Risse auf. Wegen der starken Verwerfungen im Vorgarten könne er sein Fahrzeug nicht mehr in die Garage fahren, ohne es zu beschädigen. Weder er noch Dritte könnten sein Grundstück gefahrlos betreten. Eine Ausgleichszahlung oder Ersatzpflanzung sei ihm nach § 6 Abs. 2 BaumSchVO nicht zumutbar, da er einen Anspruch auf Erteilung einer Fällgenehmigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO habe. Er habe die von den Verwerfungen ausgehenden Gefahren nicht zu vertreten. Die Abwendung der Gefahren sei ihm mit zumutbarem Aufwand nicht möglich. Angesichts seines Nettoeinkommens von 1.400,00 Euro sei ihm die geforderte Ausgleichszahlung auch wirtschaftlich unzumutbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2019 wies das Bezirksamt den Widerspruch des Klägers zurück. Eine Gefahr i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO liege nicht vor. Der Kläger könne der Stolpergefahr aus dem Weg gehen, weshalb die Schadenseintrittsgefahr nicht – wie von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO verlangt – unmittelbar vom Baum ausgehe. Die bloß abstrakte Gefahr eines sturmbedingten Astabbruchs reiche nicht aus.

Mit seiner am 18. September 2019 erhobenen Klage hat der Kläger sinngemäß die isolierte Aufhebung der Ausgleichsabgabe begehrt. Nach fruchtlosem Ablauf der Fällgenehmigung hat er seine Klage auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt, dass der Bescheid vom 25. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2019 hinsichtlich der Nebenbestimmung unter Ziffer III.2. rechtswidrig gewesen ist. Ergänzend hat er vorgetragen, das Wurzelwachstum der Kiefern verursache auch auf dem Nachbargrundstück Verwerfungen und Risse an den Gebäuden, weshalb ihm eine Schadensersatzpflicht drohe.

Das Verwaltungsgericht hat einen Ortstermin durchgeführt und der Klage mit Urteil vom 8. September 2021 - VG 24 K 427.19 - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die festgesetzte Ausgleichsabgabe rechtswidrig gewesen sei. Nach den Regelungen des § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 BaumSchVO erweise sich die Verpflichtung zum ökologischen Ausgleich als unzumutbar. Denn von den Waldkiefern gingen Gefahren i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO aus, die der Kläger nicht mit zumutbarem Aufwand abwenden könne. Die Waldkiefer im vorderen Bereich beeinträchtige mit ihren weit herausstehenden Wurzeln im Wesentlichen den rechten Bereich des Grundstücks, in dem sich die Auf- und Zufahrt zur Garage befinde und sorge für eine Stolpergefahr, so dass der gehbehinderte Kläger diesen Teil des Grundstücks nicht gefahrlos nutzen könne. Der Hauseingang auf der linken Seite des Gebäudekomplexes ließe sich zwar mittels vertretbarer Umgestaltungen der linken Grundstückshälfte und einer Reparatur der Eingangstreppe gefahrlos erschließen. Für die rechte Grundstückshälfte seien vergleichbare bauliche Optionen nicht erkennbar. Im Fall der Aufschüttung bzw. des Überbaus der Stolperfallen im vorderen Bereich des Grundstücks entstünde ein extrem hohes Niveau. Gleichzeitig drohten diese Maßnahmen wegen des aktiven Wurzelwerks innerhalb kürzester Zeit hinfällig zu werden. Da die dortige Kiefer die Schadstufe 1 aufweise, sei die Zumutbarkeit aufwendiger, indes wenig effektiver Maßnahmen herabgesetzt. Dasselbe gelte für die Kiefer auf der Rückseite des Gebäudes. Der rückwärtige Zugang zur Garage sei im selben Maße von dem erhöht liegenden Wurzelbereich betroffen. Eine Lösung, um dem Kläger ein gefahrloses Begehen der Garage zu ermöglichen, sei nicht erkennbar. Zudem wiesen sowohl die Terrasse als auch der sich davor anschließende Pflasterbereich erhebliche Aufwölbungen auf und stellten eine Stolpergefahr dar. Die gefahrlose Nutzung der Terrasse, ihres Vorbereichs und des Übergangs zur abschüssigen Garage setze eine umfassende Überbauung der dortigen Wurzeln und eine Renovierung der Terrasse voraus. Auch insofern sei jedoch innerhalb kurzer Zeit mit erneuten Schäden zu rechnen. Eine bauliche Lösung zum gefahrlosen Begehen der Garage sei nicht erkennbar. Ein Ausweichen sei dem Kläger unzumutbar, da ihm damit bedeutsame Teile des Grundstückes (Garage, Terrasse, Gartenbereich) nicht zur Verfügung stünden.

Mit seiner dagegen gerichteten, vom Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zugelassenen Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren – die Abweisung der Klage – weiter. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Die festgestellte eingeschränkte Benutzbarkeit des Grundstückes stelle er nicht in Frage. Das bloße Abstellen hierauf greife jedoch zu kurz. Die Baumschutzverordnung unterscheide zwischen einer von dem Baum ausgehenden Gefahr nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO und einer Nutzungsbeeinträchtigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 BaumSchVO. Nach der Systematik der Baumschutzverordnung stelle eine Nutzungsbeeinträchtigung gemäß Nr. 2 keine Gefahr im Sinne von Nr. 1c dar, was auch durch § 5 Abs. 1 Satz 2 BaumSchVO verdeutlicht werde. Die durch die Waldkiefern an den baulichen Anlagen hervorgerufenen Schäden und die daraus resultierenden Einschränkungen, Teile des Grundstücks nicht oder nicht mehr ungehindert nutzen zu können, seien klassische Nutzungsbeeinträchtigungen im Sinne der Baumschutzverordnung. Daher sei dem Kläger die beantragte Fällgenehmigung auch erteilt worden. Eine Gefahr i.S.d. Nr. 1c des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO liege hier nicht vor, da diese nicht vom Baum ausgehe. Vielmehr löse erst der Kläger die Gefahren aus, wenn er die Sache trotz Nutzungsbeeinträchtigung nutze, obgleich er zur Fällung der Kiefern berechtigt sei. Dass die Nutzung beschädigter Sachen naturgemäß gefährlich sei, ändere hieran nichts. Hierfür spreche auch der Schutzzweck der Verordnung: Der Entfall der Ausgleichspflicht stelle eine Ausnahme dar, die restriktiv anzuwenden sei. Die Kiefern seien in einem tadellosen Zustand und nur wegen des beengten Wachstumsbereichs der Wurzeln in die Schadstufe 1 eingruppiert.

Der Beklagte beantragt,        

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. September 2021 – VG 24 K 427.19 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,         

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (1 Halbhefter) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der konkreten Wiederholungsgefahr (vgl. zu den Anforderungen hieran BVerwG, Urteil vom 26. April 2023 – 6 C 8/21 – juris, Rn. 20 m.w.N.). Der Beklagte hat zum Ausdruck gebracht, er halte auch zukünftig an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Der Kläger hat angegeben, die Situation auf dem Grundstück sei im Wesentlichen unverändert und er habe sich inzwischen erneut erfolglos um eine auflagenlose Fällgenehmigung bemüht.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Festsetzung der Ausgleichsabgabe in Ziffer III.2. des Bescheides vom 25. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2019 war rechtmäßig und hat den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 6 der Verordnung zum Schutze des Baumbestandes in Berlin vom 11. Januar 1982 (Baumschutzverordnung – BaumSchVO –, GVBl. 1982, Nr. 7, S. 250 ff., in der für die vorliegende Klage maßgeblichen, ab dem 30. Mai 2019 geltenden Fassung (GVBl. 2019, Nr. 14, S. 272).

I. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO ist der Antragsteller zum ökologischen Ausgleich verpflichtet, wenn die Beseitigung eines geschützten Baumes auf seinen Antrag hin genehmigt wird. Mit insoweit bestandskräftigem Bescheid vom 25. April 2019 hat der Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag hin die Fällung der Waldkiefern auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchVO genehmigt. Der Einwand des Klägers, er habe nur eine Genehmigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO beantragt, stellt dies nicht in Frage. Die in Rede stehenden Waldkiefern sind auch – was unstreitig ist – geschützte Bäume. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 BaumSchVO ist die Nadelgehölzart Waldkiefer bei einem Stammumfang ab 80 cm (gemessen in einer Höhe über 1,30 m über dem Erdboden) geschützt. Die hiesigen Waldkiefern haben ausweislich des unbeanstandet gebliebenen Vermerks des Beklagten zum Ortstermin am 29. August 2018 jeweils einen Stammumfang von 175 cm.

Die Verpflichtung zum ökologischen Ausgleich entfällt hier – worauf sich der Kläger allein beruft – nicht nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BaumSchVO. Nach dieser Vorschrift besteht die Ausgleichspflicht nur, soweit sie zumutbar und angemessen ist. Unzumutbarkeit liegt nach § 6 Abs. 2 Satz 2 BaumSchVO insbesondere dann vor, wenn die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO genannten Umstände auf natürliche, nicht vom Antragsteller zu vertretende Ursachen zurückzuführen sind. Die in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO (in der insoweit maßgeblichen Fassung vom 8. Mai 2019) genannten Umstände liegen vor, wenn

  1. der Baum krank ist oder

  2. der Baum seine ökologischen Funktionen weitgehend verloren hat oder

  3. von dem Baum Gefahren für Personen oder Sachen ausgehen oder eine solche Gefahr konkret zu besorgen ist

und seine Erhaltung oder die Abwendung der Gefahren dem Eigentümer mit zumutbarem Aufwand nicht möglich ist.

Die Verpflichtung zum ökologischen Ausgleich ist ausgehend hiervon im vorliegenden Fall nicht entfallen:

1. Dass bei Erlass der Fällgenehmigung ein Fall der Nr. 1a oder der Nr. 1b des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO gegeben war, macht der Kläger selbst nicht geltend. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen der Mitarbeiterin des Beklagten K_____ bestand hinsichtlich beider Waldkiefern Schadstufe 1. Die Anlage 2 zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO (Schadstufen-/Vitalitätsbestimmung) sieht Schadstufen von 0 bis 4 vor und beschreibt den „Baumzustand allgemein“ bei Schadstufe 1 wie folgt: “Wachstum und Entwicklung ausreichend, kleine Mängel, leicht eingeschränkte Funktionserfüllung, leicht nachlassende Vitalität“. Der Angabe des Beklagten, die Kiefern seien nur wegen des beengten Wachstumsbereichs der Wurzeln in die Schadstufe 1 eingruppiert worden, tritt der Kläger nicht entgegen. Ausgehend hiervon bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kiefern bei Erlass der Fällgenehmigung krank gewesen sind oder ihre ökologischen Funktionen weitgehend verloren hatten.

2. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO, auf die sich der Kläger hier beruft, greift ebenfalls nicht ein. Der bloße Umstand, dass Nr. 1c im Gesetz vor Nr. 2 des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO geregelt ist, lässt eine Prüfung ihrer Voraussetzungen nicht entfallen. Diese liegen hier aber nicht vor:

a. Soweit der Kläger auf einen möglichen Astabbruch verweist, bestanden bereits keine Gefahren für Personen oder Sachen. Eine Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO ist eine Sachlage, die in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an den geschützten Rechtsgütern (Personen und Sachen) führt. Der Eintritt eines solchen Schadens braucht weder gewiss zu sein noch unmittelbar bevorstehen; es genügt, wenn in überschaubarer Zeit damit gerechnet werden muss (vgl. hierzu Vornholdt, Baumschutzrecht, Diss. 2022, S. 64 m.w.N.). Dies war hier nicht der Fall. Denn die vom Astabbruch betroffene Waldkiefer vor dem Haus war nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten nach wie vor vital. Eine konkrete Gefahr bestand insofern nicht. Eine bloß abstrakte Gefahr reicht für die Bejahung des Tatbestandes des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO nicht aus. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift („konkret zu besorgen“) (vgl. auch Vornholdt, Baumschutzrecht, Diss. 2022, S. 65 m.w.N.). Anderenfalls liefe auch der Schutzzweck der Baumschutzverordnung leer. Denn auch bei gesunden Bäumen ist ein Astabbruchrisiko nie gänzlich auszuschließen, wobei dieses Risiko angesichts der vielfältigen positiven Wirkungen der Bäume als natürliches Lebensrisiko akzeptabel erscheint (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Februar 2016 – OVG 11 S 84.15 – juris, Rn. 10; OVG Berlin, Urteil vom 16. August 1996 – 2 B 26/93 – NVwZ 1997, 530, 532 – beck-online m.w.N.).

b. Die vom Kläger geltend gemachten Schäden an baulichen Anlagen, wie z.B. Risse in den Treppen zu Haus und Terrasse, Aufwölbungen der Terrassensteine, Anhebungen von Gehwegplatten, unterfallen dem Tatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO nicht. Der Verordnungsgeber hat die vorgenannte Vorschrift mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Baumschutzverordnung vom 4. März 2004 zusammen mit § 5 Abs. 1 Satz 2 BaumSchVO in die Verordnung eingefügt. Dabei stellt die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BaumSchVO ausdrücklich klar, dass eine Nutzungsbeeinträchtigung im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 auch dann vorliegt, wenn der Baum – wie hier – Schäden an baulichen Anlagen verursacht (vgl. Begründung zur Dritten Verordnung zur Änderung der Baumschutzverordnung vom 4. März 2004, dort unter A.b)3.). Fällt aber sogar der Sachverhalt, dass die Wurzeln des Baumes durch Schäden an baulichen Anlagen – wie Bodenbelägen, Treppen, Terrassen u.a. – eine zulässige Nutzung des Grundstückes ganz ausschließen, unter Nr. 2 des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO, kann er aus systematischer Sicht nicht auch § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO unterfallen. Denn anderenfalls verbliebe – was kein in sich schlüssiges Gesetz ergäbe – kein Anwendungsbereich für § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. BaumSchVO. Durch Baumwurzeln verursachte Schäden an baulichen Anlagen sind danach zu einem gewissen Grad als übliche Auswirkungen von Bäumen anzusehen und begründen noch keine Gefahr. Hier kann dahinstehen, ob dies nur solange gilt, wie die Wurzeln die Standsicherheit der baulichen Anlage nicht gefährden (so Vornholdt, Baumschutzrecht, Diss. 2022, S. 66 m.w.N.). Denn dass bei Erlass der Fällgenehmigung mit Blick auf die Wurzeltätigkeit der Kiefern bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein die Substanz vernichtender, d.h. über Schäden an baulichen Anlagen hinausgehender Einsturz (von Teilen) des Hauses drohte, macht der Kläger selbst nicht geltend. Der bloße Verweis auf Risse in Fußböden und Treppen reicht insofern nicht aus.

c. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO greift aber auch mit Blick auf die vom Kläger geltend gemachte Stolper- bzw. Verletzungsgefahr für sich und Dritte nicht ein. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass von den Wurzeln der Waldkiefern bei Erteilung der Fällgenehmigung eine Stolper- und damit Verletzungsgefahr für den Kläger und dritte Personen ausging bzw. eine solche Gefahr konkret zu besorgen war (EA, Seite 6 f.), stellt der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage. Der Beklagte bestreitet nicht, dass die Wurzeln der Waldkiefer vor dem Haus auf der rechten Grundstücksseite, d.h. auf der Zufahrt zur Garage großflächig eine deutliche Bodenwelle bildeten. Ebenso wenig zweifelt er an, dass die Waldkiefer auf der Rückseite des Gebäudes, die direkt am rückwärtigen Zugang zur Garage steht, mit ihren Wurzeln den rückwärtigen Zugang zur Garage derart aufgewölbt hat, dass dem Kläger ein gefahrloses Begehen der Garage unmöglich war. Er lässt auch die erstinstanzliche Annahme unbeanstandet, dass die auf der Rückseite des Gebäudes liegende baulich erhöhte Terrasse sowie der sich davor anschließende Pflasterbereich erhebliche Aufwölbungen aufwiesen, die eine Stolpergefahr bedingten, wobei der Gartenbereich des Grundstückes nur über diese Terrasse bzw. Pflasterfläche erreichbar war.

Der Beklagte ist jedoch in rechtlicher Hinsicht der Auffassung, dass es sich insoweit nicht um eine Gefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO handelt. Da eine Nutzungsbeeinträchtigung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO vorliege, bestehe nach der Systematik der BaumSchVO keine Gefahr im Sinne von Nr. 1c, was auch durch § 5 Abs. 1 Satz 2 BaumSchVO verdeutlicht werde. Diese Auffassung überzeugt nicht. Denn mit der Verwendung der Begriffe „Gefahr“ und „Nutzungsbeeinträchtigung“ werden tatsächliche Situationen beschrieben, die nicht zwangsläufig deckungsgleich sind.

Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO waren jedoch deswegen nicht erfüllt, weil dem - insoweit darlegungs- und beweisbelasteten - Kläger die Abwendung der unstreitig vorliegenden Stolper- und Verletzungsgefahr mit zumutbarem Aufwand möglich war. Die Entscheidung, welche Maßnahmen zur Abwehr der von einem geschützten Baum ausgehenden Gefahren zumutbar sind, erfordert eine einzelfallbezogene Abwägung der widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen (vgl. zum Erlass einer Fällgenehmigung: VG Schwerin, Urteil vom 20. Februar 2014 – 2 A 1594/21 SN – juris, Rn. 33 m.w.N.). Diese Abwägung fällt hier zu Lasten des Klägers aus. Der Kläger hätte die Stolperfallen in Form von hochstehenden Wurzeln, angehobenen Bodenplatten und brüchigen Treppen beseitigen lassen können, weshalb entgegen erstinstanzlicher Annahme zur Abwendung der Gefahr weder eine umfassende Überbauung der oberirdischen Wurzeln noch eine Renovierung von Teilen des Hauses nötig war. Denn dem Kläger war mit Bescheid vom 25. April 2019 eine Fällgenehmigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO erteilt worden. Die Beantragung und Inanspruchnahme der Fällgenehmigung vom 25. April 2019 stellt einen zumutbaren Aufwand i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO dar. Dies ergibt die Auslegung der §§ 5 und 6 BaumSchVO:

Schon der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO stellt nicht darauf ab, ob dem Eigentümer das Abwenden der Gefahr zumutbar ist. Vielmehr verlangt er, was etwas anderes ist, dass das Abwenden der Gefahr „mit zumutbarem Aufwand“ nicht möglich ist. Der Begriff des „Aufwands“ ist dabei durch den Verordnungsgeber nicht eingeschränkt worden. Auch das Einholen einer Genehmigung kann demnach ein Aufwand im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO sein.

Auch die Systematik der §§ 5 und 6 BaumSchVO lässt erkennen, dass eine Nutzungsbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO nur eine Fällgenehmigung mit Ausgleichspflicht zur Folge haben soll, selbst wenn sie zugleich eine Gefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO darstellt. So ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO die Fällgenehmigung zu erteilen, wenn eine sonst zulässige Nutzung des Grundstückes nicht oder nur unter wesentlichen Beschränkungen verwirklicht werden kann oder eine solche Nutzung unzumutbar beeinträchtigt wird. Bereits auf dieser Ebene – d.h. bei der Frage der Gewährung der Fällgenehmigung – findet eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen, d.h. eine Betrachtung der mit dem Baumschutz einhergehenden Situationsgebundenheit des Grundeigentums statt (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Juni 2004 – 2 B 2/02 – juris, Rn. 17 ff. m.w.N.). Für eine Fällgenehmigung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaumSchVO besteht indes – ausweislich der Regelung des § 6 Abs. 2 BaumSchVO – grundsätzlich eine Ausgleichspflicht. Eine Fällgenehmigung grundsätzlich nur gegen Ausgleichspflicht sieht der Verordnungsgeber mithin auch dann vor, wenn eine zulässige Nutzung des Grundstücks ganz und gar unmöglich gemacht wird. Mit anderen Worten: Selbst bei einem vollständigen Nutzungsverzicht entfällt die Ausgleichspflicht nach Auffassung des Verordnungsgebers grundsätzlich nicht.

Der Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Differenzierung zwischen Umständen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO, in denen einAusgleich grundsätzlich unzumutbar ist, und Umständen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BaumSchVO, in denen ein Ausgleich grundsätzlich zumutbar ist, erschließt sich mit Blick auf die anderen Fallgruppen der Nr. 1 des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO. In den Fällen der Nr. 1a und b des § 5 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO kann die wegen Krankheit bzw. Funktionsverlust vom Baum ausgehende Gefahr nicht anders als durch Fällen des Baumes abgewandt werden. Wenn der Antragsteller diese Ursachen nicht zu vertreten hat (vgl. hierzu § 6 Abs. 2 Satz 2 BaumSchVO), ist die Ausgleichszahlung in diesen Fällen unzumutbar. Derselbe Gedanke muss für § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c BaumSchVO gelten: Nur bei einer vom Baum ausgehenden, faktisch nicht anders als durch Fällung abwendbaren Gefahr, deren Ursache der Antragsteller nicht zu vertreten hat, ist es für den Eigentümer nicht tragbar, die Fällgenehmigung an weitere Bedingungen, wie Ersatzpflanzungen oder eine Ausgleichsabgabe, zu knüpfen. Für den Fall der Nutzungsbeeinträchtigung durch einen (vitalen) Baum hat der Verordnungsgeber hier ersichtlich eine Sonderregelung geschaffen, mit der den Interessen des Eigentümers an einer zulässigen Nutzung seines Grundstücks Rechnung getragen werden soll (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, - OVG 2 B 2/02 – juris, Rn. 17), und die daher in ihrem Anwendungsbereich die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO ausschließt. Fiele die Ausgleichspflicht schon mit der bloßen Nutzungseinschränkung des Eigentümers weg, unterliefe dies die Absicht des Verordnungsgebers, zwischen ausgleichspflichtigen und nicht ausgleichspflichtigen Fällungen zu differenzieren.

Die vorgenannte Differenzierung des Verordnungsgebers unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei der naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe handelt es sich um eine verfassungskonforme, insbesondere mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes kompatible öffentliche Abgabe. Die Ausgleichsabgabe gehört nicht zu denjenigen Sonderabgaben, für die das Bundesverfassungsgericht die von Verfassung wegen zu stellenden Anforderungen näher umrissen hat. Sie ist vor allem Wiedergutmachung für einen Natur und Landschaft zugefügten Schaden. Kern dieses Instrumentarium ist der in § 8 BNatSchG verankerte Gedanke der Verursacherhaftung: Wer – zulässigerweise – in Natur und Landschaft eingreift, ist zum Ausgleich verpflichtet. Dieser Ausgleich ist in erster Linie durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu leisten, um den Eingriff ungeschehen zu machen. Soweit ein realer Ausgleich nicht möglich ist, gilt es, einer fortschreitenden Erosion des Naturhaushaltes dadurch entgegenzuwirken, dass jedenfalls an anderer Stelle Werte oder Funktionen des Naturschutzes oder des Landschaftsbildes hergestellt oder in ihrem Bestand gesichert werden. Es liegt in der Konsequenz des Verursacherprinzips, auch solche Ersatzmaßnahmen demjenigen finanziell aufzubürden, der den Eingriff vorgenommen hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. Februar 2015 – OVG 11 N 139.14 – juris, Rn. 5 m.w.N.).

Schließlich spricht auch der Schutzzweck der Verordnung (§ 1 BaumSchVO) für eine enges Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1c BaumSchVO. Dieser besteht darin, den Baumbestand in Berlin zu schützen und damit die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts sicherzustellen. Ist nach der Verordnung eine Fällgenehmigung zu erteilen, soll nach § 6 Abs. 1 BaumSchVO grundsätzlich ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 BaumSchVO stellt eine restriktiv auszulegende Ausnahme von diesem Grundsatz dar.

3. Der Klägers zeigt auch keine Unzumutbarkeit im Übrigen auf. Zwar regeln die Umstände des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO die Frage der Unzumutbarkeit nicht abschließend, da § 6 Abs. 2 Satz 2 BaumSchVO nur „insbesondere“ auf diese verweist. Andere Umstände, aus denen sich die Unzumutbarkeit der Ausgleichspflicht ergeben könnte, zeigt der Kläger indes nicht auf. Soweit er geltend macht, er verfüge nur über ein geringes Nettoeinkommen, legt er dies schon nicht substantiiert dar. Zudem ist davon auszugehen, dass er als Grundstückseigentümer nicht vermögenslos ist. Im Übrigen lässt sich der Baumschutzverordnung kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Zumutbarkeit der Ausgleichspflicht von ihrer Finanzierbarkeit, geschweige denn vom Nettoeinkommen des Ausgleichspflichtigen, abhängig sein soll.

II. Ausgehend hiervon „ist“ der Kläger – so der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 BaumSchVO – „zum ökologischen Ausgleich verpflichtet“. Ein Ermessen der Behörde auf Rechtsfolgenseite besteht folglich nicht. Zwar kann der Antragsteller zwischen Ersatzpflanzungen oder der Entrichtung einer Ausgleichsabgabe wählen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BaumSchVO) und hat die Behörde die Wünsche des Verpflichteten bei der Festlegung der Ausgleichsverpflichtung zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 BaumSchVO). Jedoch hat der Beklagte dem Kläger die Wahl zwischen Ausgleichszahlung und Ersatzpflanzung überlassen, der Kläger eine solche Wahl indes nicht getroffen. Ausgehend hiervon war der Beklagte auch nicht gehalten, eine Ersatzpflanzung statt einer Ausgleichszahlung festzusetzen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit hat der Beklagte dem Kläger Ratenzahlung angeboten, die dieser indes abgelehnt hat.

III. Schließlich ist auch die Höhe der festgesetzten Ausgleichsabgabe nicht zu beanstanden. Gemäß § 6 Abs. 8 BaumSchVO bestimmt sich die angemessene Höhe der Ausgleichsabgabe nach dem Wert der nach § 6 Abs. 4 BaumSchVO rechnerisch ermittelten Ersatzpflanzungen handelsüblicher Baumschulware, jeweils nach Art des zu entfernenden Baumes, zuzüglich eines Zuschlags in gleicher Höhe. Der angemessene und erforderliche Umfang von Ersatzpflanzungen richtet sich gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BaumSchVO hinsichtlich der Anzahl nach der Wüchsigkeit, der erreichbaren Lebensdauer und der ökologischen Wertigkeit der zu entfernenden Baumart (Anlage 1), wobei die Ersatzpflanzungen nach § 6 Abs. 4 Satz 2 BaumSchVO in handelsüblicher Baumschulware vorzunehmen sind. Für zu fällende Waldkiefern mit einem Stammumfang von 175 cm (Stufe: bis 200 cm) in 130 cm Höhe sind nach Anlage 1 zu Nr. 1 des § 6 Abs. 4 Satz 1 BaumSchVO jeweils drei Ersatzbäume in handelsüblicher Baumschulware zu pflanzen. Der Beklagte hat zur Bestimmung handelsüblicher Baumschulware den Katalog der Baumschule Lorenz von Ehren von 2018 herangezogen und festgestellt, dass danach eine Waldkiefer 400,- Euro kostet. Der Kläger ist dem nicht entgegen; Zweifel hieran sind auch sonst nicht ersichtlich. Ausgehend hiervon ergibt sich der festgesetzte Ausgleichsbetrag von 4.800,- Euro = 2 x 2.400,- Euro (= 400,- Euro x 6 Ersatzbäume).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht schriftlich oder in der bezeichneten elektronischen Form einzureichen.

Rechtsanwälte, Behörden, juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Vertretungsberechtigte, die über ein elektronisches Postfach nach § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO verfügen, sind zur Übermittlung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 55d VwGO verpflichtet.

Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 VwGO bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen als Bevollmächtigte nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.

BESCHLUSS

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für die Berufungsinstanz auf 4.800,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).