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Richterdienstrecht, Stellenbesetzung


Metadaten

Gericht VG Potsdam 1. Kammer Entscheidungsdatum 30.11.2023
Aktenzeichen VG 1 L 690/23 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2023:1130.1L690.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 33 Abs 2 GG

Leitsatz

Ziel der Verhinderung der Stellen-besetzung mit Konkurrentin vor einer Entscheidung über den eigenen Antrag auf amtsangemessene Beschäftigung (durch Übertragung des im Streit stehenden konkret-funktionellen Amtes) Das Statusamt einer brandenburgischen Richterin am Arbeitsgericht als die ständige Vertreterin einer Direktorin oder eines Direktors (Besoldungsgruppe R 2) unterscheidet sich vom Statusamt einer Direktorin des Arbeitsgerichts (Besoldungsgruppe R 2 ohne Amtszulage).

Tenor

  1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

  2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit dem sinngemäßen Ziel, die beabsichtigte Beförderung der Beigeladenen zur Direktorin des A_____am A_____in der Besoldungsgruppe R 2 bis zur Bestandskraft der Entscheidung über ihren eigenen Antrag auf amtsangemessene Beschäftigung (vorläufig) zu unterbinden, hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte Sicherungsanordnung). Dafür müssen ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch in rechtlicher Hinsicht gegeben sein, wobei die dem Anordnungsgrund und dem Anordnungsanspruch zugrundeliegenden Tatsachen von dem Antragsteller glaubhaft zu machen sind, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

Vorliegend mangelt es jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.

1) Für die Dienstverhältnisse der Beamten, auf das vorliegende Richterdienstverhältnis jedoch – auch unter besonderer Berücksichtigung der richterlichen Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) – im Wesentlichen übertragbar, hat das Bundesverwaltungsgericht das Folgende ausgeführt:

Der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes kann gemäß Art. 33 Abs. 5 GG beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d. h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden. Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet (bei Beamten auch durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe). In abstrakter Weise wird dadurch seine Wertigkeit in Relation zu anderen Ämtern zum Ausdruck gebracht. Das Amt im funktionellen Sinne bezieht sich auf die dienstlichen Aufgaben. Das konkret-funktionelle Amt, der Dienstposten, bezeichnet die tatsächlich übertragene Funktion, seinen Aufgabenbereich. Das abstrakt-funktionelle Amt knüpft ebenfalls an die Beschäftigung des Beamten an, jedoch im abstrakt verstandenen Sinne. Gemeint ist der einem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis, der einem Inhaber dieses Statusamtes auf Dauer zugewiesen ist. Das abstrakt-funktionelle Amt wird durch gesonderte Verfügung des Dienstherrn übertragen.

Im Rahmen dieser Vorgaben liegt es im Ermessen des Dienstherrn, den Inhalt des abstrakt- und des konkret-funktionellen Amtes festzulegen. Das bedeutet aber auch, dass der Dienstherr gehalten ist, dem Betroffenen solche Funktionsämter zu übertragen, die in ihrer Wertigkeit dem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechen. Damit wird zwar kein Recht auf unveränderte oder ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amtes im funktionellen Sinne gewährt. Der Betroffene muss vielmehr Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines statusrechtlichen Amtes hinnehmen. Bei jeder sachlich begründbaren Änderung der dem Betroffenen übertragenen Funktionsämter muss ihm jedoch stets ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleiben. Ohne seine Zustimmung darf diese Beschäftigung weder entzogen, noch darf er auf Dauer unterwertig beschäftigt werden. Insbesondere darf er nicht aus dem Dienst gedrängt und nicht dadurch, dass ihm Pseudobeschäftigungen zugewiesen werden, zur Untätigkeit in perspektivlosem Zuwarten genötigt werden.

BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 – 2 C 26.05 -, juris Rn. 9 ff.

2) Die von der Antragstellerin – mit ihrem beim Antragsgegner unter dem 23. Mai 2023 gestellten Antrag auf „Übertragung einer ihrem Statusamt entsprechenden Funktion“ – zugleich begehrte Übertragung des Amtes der Direktorin des A_____ab dem 1. November 2023 würde nicht – wie die Antragstellerin meint – zur Übertragung einer ihrem Statusamt entsprechenden Funktion führen und damit den von ihr geltend gemachten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung erfüllen. Denn das Amt „Direktorin des A_____“ entspricht bereits in der Amtsbezeichnung nicht dem Statusamt, in das die Antragstellerin nach Aktenlage seit 2013 ernannt ist, nämlich das Amt der „Richterin am A_____als ständige Vertreterin einer Direktorin oder eines Direktors“ (vgl. Brandenburgisches Besoldungsgesetz - BbgBesG -, Anlage 3 zu § 38 - Besoldungsordnung R, dort unter „Besoldungsgruppe R 2“).

Soweit man entgegen dem Vorstehenden annähme, dass es sich bei der Stelle der Direktorin des A_____um eine dem Statusamt der Antragstellerin entsprechende Funktion handeln würde, ist weiter auch nicht ersichtlich, woraus sich ergeben sollte, dass ein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung sich allein oder bevorzugt durch Übertragung der derzeit zu besetzenden Stelle der Direktorin des A_____erfüllen ließe. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass im Land Brandenburg verschiedene A_____bestehen, denen eine Direktorin bzw. ein Direktor vorsteht. Weiter ist von besonderer Bedeutung, dass die Antragstellerin sich im Zuge der Aufhebung des A_____, wo sie bis zuletzt als ständige Vertreterin der Direktorin tätig war, zum 31. Dezember 2022 nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten bereit erklärte, bei dem A_____– im Wissen, dass dort nicht mindestens acht Planrichterstellen bestanden – die gleiche Funktion wahrzunehmen. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die dargestellte Maßgabe, dass nur eine auf Dauer ohne die Zustimmung der Richterin erfolgende unterwertige Beschäftigung rechtlich problematisch erscheint, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin erst nach der Ausschreibung der Direktorenstelle in N_____den Antrag auf amtsangemessene Beschäftigung gestellt hat, erschiene es hier im Ergebnis rechtlich unbedenklich, dass der Dienstherr den Anspruch nicht durch eine Übertragung gerade dieser konkreten Funktion beim A_____erfüllt. Der Umstand, dass die Antragstellerin derzeit ihre Planstelle ebendort, also bei dem A_____, hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Begehrt die Antragstellerin nunmehr, etwa ein Jahr nach der Erklärung ihres Einverständnisses mit der Tätigkeit als ständige Vertreterin der Direktorin an einem A_____mit weniger als acht Richterplanstellen, davon abweichend eine andere, amtsangemessene Beschäftigung, so ist es ihr gegebenenfalls auch zuzumuten, diese an einem anderen Gericht, an dem in der Zukunft die Funktion zu besetzen wäre, auszuüben und insoweit auch ihr Einverständnis zu einer entsprechenden Versetzung zu erklären.

3) Die Ausführungen der Antragstellerin zum vom Antragsgegner durchgeführten Ausschreibungsverfahren hinsichtlich der Direktorenstelle beim A_____und der dort erfolgten Beschränkung auf Beförderungsbewerberinnen und -bewerber führen im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, dem allein die Entscheidung über den Antrag auf Übertragung der Funktion der Direktorin des A_____in Erfüllung eines Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung zugrunde liegt, nicht weiter. Auf das noch anhängige, offene Eilverfahren VG 1 L 776/23, das den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin betrifft, wird verwiesen.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entspricht es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt, da sie selbst keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei wegen der mit dem Antrag verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache auf eine Reduzierung des Auffangwerts verzichtet wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen den Beschluss zu 1 steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch nach § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zugelassene Bevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde.

Gegen den Beschluss zu 2 ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen; der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht.