Gericht | OLG Brandenburg 10. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 11.07.2024 | |
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Aktenzeichen | 10 U 30/24 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0711.10U30.24.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird sowohl das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15. Februar 2024, Az. 12 O 30/24, als auch die einstweilige Verfügung vom 18. Dezember 2023 (Amtsgericht Nauen, Az. 16 C 83/23) in ihrer Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 25. Januar 2024, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Zugunsten der Antragstellerin wird angeordnet, dass eine Vormerkung an nächstoffener Rangstelle zur Sicherung des Anspruchs der Antragstellerin auf Einräumung einer Sicherungshypothek gemäß § 650e BGB für das Bauvorhaben Errichtung eines Zweifamilienhauses in der („Adresse 01“) in („Ort 01“) zur Sicherung ihrer Forderung aus dem Bauvertrag vom 08.04.21 nebst Nachträgen vom 03.02.22, 07.03.22, 01.04.22, 27.04.22, 01.06.22, 23.06.22, 01.07.22, 29.07.22 und 03.09.22 und Forderungsaufstellung vom 08.11.23 iHv 268.211,36 € sowie veranschlagter Kosten iHv 2.500,00 € an nachstehend bezeichnetem Grundstück („Adresse 01“), Flst.-Nr. …, Flur … der Gemarkung …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichtes Nauen für …, Bl.-Nr. … eingetragen wird.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Verfügungsklägerin zu 11 % und die Verfügungsbeklagten als Gesamtschuldner zu 89 % zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird für die erste und zweite Instanz auf jeweils 101.003,79 € festgesetzt.
I.
Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung für eine Sicherungshypothek zur Sicherung eines Restwerklohnanspruchs in Höhe von 303.011,36 € für erbrachte Leistungen zur Errichtung von zwei nebeneinander liegenden Haushälften in („Ort 01“).
Die Parteien schlossen am 8. April 2021 einen Bauvertrag zur Errichtung eines Hauses, der einen Preis in Höhe von 247.520 € brutto bzw. 865€/pro m² (727 € netto/m²) ausweist und einen Zahlungsplan entsprechend des Baufortschritts enthält. Am 21. August 2021 und am 27. Februar 2022 schlossen die Parteien weitere Vereinbarungen.
Das Haus gliedert sich in die von der Verfügungsklägerin fertiggestellte und von den Verfügungsbeklagten am 16. Januar 2023 bezogene Doppelhaushälfte (DHH) 1 rechts und in die noch nicht fertiggestellte DHH 2 links.
Auf die im Zeitraum von September 2021 bis Oktober 2022 gestellten Rechnungen der Verfügungsklägerin zahlten die Verfügungsbeklagten insgesamt einen Betrag in Höhe von 270.836,33 €.
Der von den Verfügungsbeklagten beauftragte Sachverständige („Name 01“) stellte in seinem Gutachten vom 4. Oktober 2023 Mängel an beiden DHH (u.a. unzulässige Verklebung von Dachziegeln, Undichtigkeiten von Haustüren und Fenstern, Rissbildungen) und Mängelbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 34.800 € fest.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Oktober 2023 forderten die Verfügungsbeklagten die Verfügungsklägerin unter Fristsetzung bis zum 30. Oktober 2023 erfolglos zur Mängelbeseitigung unter Verweis auf das Gutachten („Name 01“) auf. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2023 machten sie erfolglos einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung in Höhe von 38.280 € gegenüber der Verfügungsklägerin geltend.
Die von der Verfügungsklägerin erstellte Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 (Anlage ASt 7), die zu ihren Gunsten eine von den Verfügungsbeklagten zu zahlende Restforderung in Höhe von insgesamt 303.011,36 € für beide Haushälften beziffert, wiesen die Verfügungsbeklagten mangels Prüfbarkeit mit Schreiben vom 17. November 2023 zurück.
Daraufhin hat die Verfügungsklägerin am 16. Dezember 2023 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek nach § 650e BGB in Höhe von 303.011,36 € beim Amtsgericht Nauen gestellt, welches dem Antrag aufgrund der Dringlichkeit ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 18. Dezember 2023, berichtigt mit Beschluss vom 25. Januar 2024, entsprochen hat.
Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 15. Januar 2024 und nach Verweisung an das Landgericht Potsdam hat das Landgericht die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 29. Februar 2024 bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Verfügungsklägerin ihre Forderung durch die Angaben in der Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 schlüssig dargelegt habe. Die Richtigkeit dieser Angaben sei im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht zu prüfen. Eine Schlussrechnung sei ebenso nicht erforderlich. Die von den Verfügungsbeklagten eingewandten Mängel seien wegen des Beschleunigungsgedankens des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht zu berücksichtigen. Das vorgelegte Privatgutachten biete ohnehin keine geeignete Schätzgrundlage für etwaige zu berücksichtigende Kosten, da es auf die nach § 287 ZPO zu schätzende Störung des Äquivalenzverhältnisses ankomme, wofür Vortrag fehle. Das Schreiben der Verfügungsklägerin an die („Bank 01“) vom 16. Januar 2023, mit der sie die Erfüllung ihrer Ansprüche durch die Verfügungsbeklagten erklärt hat, entfalte keine Wirkung gegenüber Dritten, mithin den Verfügungsbeklagten, und betreffe die tatsächlichen Grundlagen des Anspruchs, die nicht im einstweiligen Verfügungsverfahrens zu prüfen seien.
Dagegen wenden sich die Verfügungsbeklagten mit ihrer Berufung und vertiefen im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere habe die Verfügungsklägerin die von ihr erbrachten Leistungen durch die Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 nicht schlüssig dargelegt. Der Gesamtpreis von 247.520,00 € sei für den Bau beider DHH vereinbart worden. Anderes ergebe sich auch nicht aus den Vertragsunterlagen; vielmehr sprechen schon die gemeinsamen Bauteile (Bodenplatte, Außenwände und Dach) für eine einheitliche Beauftragung. Eine Änderung der vereinbarten Preise, mithin die neuen Preise, habe die Verfügungsklägerin nicht dargelegt. Die von ihr angesetzten Einheitspreise und Quadratmeter finden sich in den Verträgen nicht, die Quadratmeter auch nicht in den von ihr vorgelegten Unterlagen des Architekten. Es seien in den Rechnungen 3/7/2022, 2/7/2022, 1/8/2022, 1/9/2022, 2/9/2022 und 1/10/2022 Materialien abgerechnet worden, ohne dass es dazu eine Vereinbarung der Parteien gegeben habe bzw. seien diese Positionen zum Teil bereits laut Baubeschreibung B Inhalt des ursprünglichen Vertrages gewesen. In der Rechnung 2/7/2022 seien 2 E-Thermen abgerechnet worden, obwohl tatsächlich nur eine geliefert und eingebaut worden sei. Der Sicherungsanspruch mindere sich zudem um den Vergütungsanteil, der auf die mangelhafte Teilleistung gemäß dem Gutachten („Name 01“) entfalle. Insoweit haben die Verfügungsbeklagten bereits einen Mängelkostenvorschuss geltend gemacht. Das Schreiben der Antragstellerin an die („Bank 01“) vom 16. Januar 2023 belege jedenfalls die Erfüllung aller Ansprüche im Hinblick auf die fertiggestellte DHH rechts.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 15. Februar 2024 aufzuheben und den Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Insbesondere sei das zusätzliche Material infolge der als Nachtrag abzurechnenden auftraggeberseits gewünschten geänderten Ausführungsvarianten erforderlich geworden.
II.
Die Berufung hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.
Die Berufung ist zulässig, weil sie frist- und formgerecht eingelegt worden ist, §§ 517, 519, 520 ZPO. Sie ist jedoch zum überwiegenden Teil unbegründet.
Die Verfügungsklägerin hat gemäß §§ 935 ZPO, 650e, 883 Abs. 1, 885 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung für eine Sicherungshypothek zur Sicherung eines Restwerklohnanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung, nachdem sie ihren Verfügungsanspruch, mithin ihren restlichen Werklohnanspruch für erbrachte Leistungen, nunmehr schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht hat (1.). Die vom Parteigutachter („Name 01“) auf 34.800 € bezifferten voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten sind von der zu sichernden Werklohnforderung der Verfügungsklägerin jedoch abzuziehen (2.). Der Verfügungsklägerin steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite (3.).
1. Nach § 650e S. 1 BGB kann der Unternehmer für seine Forderungen aus dem Vertrag die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers verlangen.
Unstreitig haben die Parteien einen Vertrag zur Errichtung eines Hauses in („Ort 01“) bestehend aus zwei nebeneinander liegenden Haushälften, mithin einen Bauvertrag nach § 650a BGB geschlossen.
Die Verfügungsklägerin hat schlüssig dargelegt, dass ihr aus diesem Bauvertrag für die von ihr erbrachten Leistungen ein Restwerklohn in Höhe von 303.011,36 € zusteht.
Für die Schlüssigkeit gelten im einstweiligen Verfahren dieselben Anforderungen wie im Hauptsacheverfahren (vgl. OLG Frankfurt a. M., OLGZ 1989, 356; OLG Köln VersR 1996, 733; MüKoZPO/Drescher, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 935, Rn. 12), da das einstweilige Rechtsschutzverfahren bei einstweiligen Verfügungen auf die Sicherung einer gegenwärtigen oder zukünftigen prozessualen Rechtsstellung im Hauptverfahren ausgerichtet ist. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 – 1 BvR 1819/10, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19, juris, Rn. 19; BGH, Beschluss vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, VersR 2019, 835, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, ZIP 2020, 486, Rn. 7). Der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei ist nur dann unbeachtlich, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 – 1 BvR 1819/10, Rn. 15, juris).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe hat die Verfügungsklägerin ihre ausstehende Werklohnforderung schlüssig dargetan.
Die Verfügungsklägerin beziffert den Wert der von ihr bisher an beiden Haushälften erbrachten Werkleistungen auf insgesamt 573.847,69 €, von denen die Verfügungsbeklagten 270.836,33 € beglichen haben, so dass noch eine Forderung in Höhe von 303.011,36 € zu sichern sei. Zur Berechnung der ausstehenden Forderung hat die Verfügungsklägerin ausweislich der Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 für die DHH rechts „laut Angebot und Vertrag/m² 1.552 € (Schlüsselfertig mit Eigenleistungsanteil) Haus 1 (bezogen) 221m² gesamt Grundfläche Brutto“ und für die DHH links „laut Angebot und Vertrag/m² 727 € (Ausbauhaus) mit gelieferter Heizung und Elektro 214,01 m² gesamt Grundfläche Brutto“ angesetzt und auf dieser Grundlage die geforderten Brutto-Beträge für die einzelnen DHH zutreffend berechnet.
Zu den in der Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 als Berechnungsgrundlage herangezogenen Preisen hat die Verfügungsklägerin mit Schriftsatz vom 16. Juni 2024 vorgebracht, dass den Verfügungsbeklagten das (nunmehr auch zur Akte gereichte) Angebot der Verfügungsklägerin vom 1. April 2021 unterbreitet worden sei, welches einen gestaffelten Fertigstellungsstandard für die Erstellung eines Reihenhauses wie folgt darstellt:
„Zu einem Preis von 727 €/pro m² Netto zzgl. 19% MwSt. (Ausbauhaus)
Zu einem Preis von 1.552€/pro m² Netto zzgl. 19% MwSt. (Schlüsselfertig mit Eigenleistungsanteil)
Zu einem Preis von 1.958€/pro m² Netto zzgl. 19% MwSt. (Schlüsselfertig).“
Nach dem Vortrag der Verfügungsklägerin seien dementsprechend unter der Adresse („Adresse 01“) für die Verfügungsbeklagten auftragsgemäß zwei Doppelhaushälften entstanden; die bereits bezogene rechte Einheit 1 sei als Schlüsselfertigbau mit Eigenleistung und die linke als Ausbauhaus errichtet worden. Die Verfügungsklägerin hat dazu auch im Wesentlichen korrespondierende Vertragsunterlagen vorgelegt. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 8. April 2021 weist einen Pauschalpreis von 727 € netto pro m² aus und nimmt auf ein Angebot vom 1. April 2021 ausdrücklich Bezug. Die weitere Vereinbarung der Parteien vom 21. August 2021 enthält eine dezidierte Leistungsbeschreibung zur Herstellung eines Hauses, welche zwar keinen Quadratmeterpreis aufführt, jedoch aufgrund des Umfangs der von der Verfügungsklägerin nach dem Vertragsinhalt zu erbringenden Leistungen auf einen Schlüsselfertigbau (mit Eigenleistung) schließen lässt. Am 27. Februar 2022 erklärten die Parteien zudem schriftlich, den Bauvertrag vom 8. April 2021 hinsichtlich der Ausführung als bindend anzusehen, aber nicht mehr preisbindend.
Vor diesem Hintergrund sind die Angaben der Verfügungsklägerin in ihrer Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 in der Gesamtschau mit den übrigen Unterlagen, insbesondere dem Angebot vom 1. April 2021, schlüssig. Der Senat geht insoweit davon aus, dass im Ergebnis eine Vereinbarung der Parteien über zwei DHH auf Basis des vorgelegten Angebotes vom 1. April 2021 getroffen wurde.
Die Verfügungsbeklagten vermochten demgegenüber nicht darzulegen, auf welcher Angebotsgrundlage der Vertrag vom 8. April 2021 zustande gekommen ist, insbesondere auf welches andere Angebot vom 1. April 2021 sich der Vertrag vom 8. April 2021 seinem Wortlaut nach beziehen soll. Sie beschränkten sich lediglich darauf, die Echtheit des vorgelegten Angebots vom 1. April 2021 anzuzweifeln (vgl. auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangener Schriftsatz vom 4. Juli 2024), wofür jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte bestehen.
Dass die von der Verfügungsklägerin in der Forderungsaufstellung ASt7 angegebene Quadratmeterzahl beider DHH nicht mit der dezidiert dargelegten Berechnung des Architekten vom 4. Februar 2024 (Anlage ASt8) übereinstimmt, ist insoweit nicht zu beanstanden, als dass die Angabe in der Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 die Bruttogrundflächenberechnung des Architekten jedenfalls nicht überschreitet. Insoweit haben die Verfügungsbeklagten auch lediglich eingewandt, dass auf die (vom Architekten berechnete) Gesamtnettogrundfläche abzustellen sei. Einwände zur Begründetheit der Forderung, mithin zur inhaltlichen Unrichtigkeit einzelner Berechnungsgrundlagen wie behauptete Mengenangaben, berühren die Schlüssigkeit des Vortrags jedoch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2023 – VII ZR 228/22, NJW 2024, 44, Rn. 36, beck-online). Vielmehr ist dem Unternehmer für seine schlüssig dargelegte Vergütung eine Sicherheit ohne Klärung der Streitfragen zu gewähren, auch wenn die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des dargelegten Vergütungsanspruchs streitig sind. Deshalb ist auch die Einwendung der Verfügungsbeklagten gegen den Anspruch der Verfügungsklägerin aus dem Schreiben der Verfügungsklägerin an die Bank vom 16. Januar 2023 (Anlage B2, Beiakte AG Nauen) im hiesigen einstweiligen Verfügungsverfahren nicht zu prüfen.
Die Verfügungsklägerin hat ihre restliche Werklohnforderung durch die Vorlage der genannten Vertragsunterlagen und des Angebotsschreibens vom 1. April 2021, der Forderungsaufstellung vom 8. November 2023 sowie der Berechnung des Architekten vom 4. Februar 2024 auch glaubhaft gemacht, § 294 ZPO. Denn nach Auffassung des Senats besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Behauptungen der Verfügungsklägerin zutreffen (vgl. BGH NJW 2003, 3558; BGH, NJW-RR 2007, 776 [777]).
Die Verfügungsklägerin kann somit grundsätzlich die Sicherung einer offenen Werklohnforderung in Höhe von 303.011,36 € brutto beanspruchen. Die vertragliche Forderung muss dabei noch nicht fällig sein (vgl. BGH NJW 1977, 947; OLG Hamm, BauR 1999, 407f.); mithin ist weder eine Abnahme noch die Vorlage einer Schlussrechnung erforderlich, selbst wenn zwischenzeitlich Schlussrechnungsreife eingetreten ist (vgl. OLG München, BauR 2005, 1960). Sicherbar ist auch der Anspruch auf Vergütung der Umsatzsteuer (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Auflage 2024, Rn. 195 m.w.N.). Mangels Fälligkeit der begehrten Hauptforderung (§ 650g Abs. 4 BGB) können daraus zu zahlende Zinsen dagegen nicht gesichert werden.
2. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind hier jedoch die von den Verfügungsbeklagten eingewandten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 34.800 € zum Nachteil der klägerischen Forderung zu berücksichtigen, wodurch sich die zu sichernde Forderung auf insgesamt 268.211,36 € reduziert.
Ist die Werkleistung mangelhaft, besteht der Anspruch nur in der Höhe, in der der Wert des Grundstücks gesteigert wurde. Denn der Unternehmer eines Bauwerks soll eine Sicherung für seinen Werklohn jeweils nur in der Höhe erhalten, in der die geleistete Arbeit dem Wert der vereinbarten Vergütung entspricht. Die mangelhafte Leistung ist hinsichtlich der zu sichernden Werklohnforderung als nicht vollwertige Leistung anzusehen und einer Teilleistung i.S. des § 648 Abs. 1 S. 2 BGB gleichgestellt (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2000 - VII ZR 299/96, NJW 2000, 1861, beck-online). Nur so kann schließlich dem Wertzuwachs des Grundstücks Rechnung getragen und das Risiko zwischen den Parteien, auch anhand der Last der Glaubhaftmachung, angemessen verteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1977 – VII ZR 77/76, NJW 1977, 947).
Der Senat folgt damit jedenfalls im vorliegenden Fall nicht der teilweise und auch vom Landgericht vertretenen Ansicht, die aufgetretenen Mängel vollständig unberücksichtigt zu lassen (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 1976 – 5 U 131/75, BauR 1976, 211; LG Flensburg, Urteil vom 20. Dezember 1974 – 2a O 418/74, MDR 1975, 841; Staudinger/Peters, BGB, § 650e, Rn. 32; Jagenburg BauR 1975, 216; Kapellmann BauR 1976, 323). Im Einzelfall kann zwar der Beschleunigungsgedanke des einstweiligen Verfügungsverfahrens und das Interesse an einer zügigen Eintragung einer Sicherungshypothek durchaus für diese Ansicht sprechen, insbesondere wenn die Frage nach der Höhe der Mangelbeseitigungskosten nicht ohne Weiteres zu beantworten ist. Hier hat die Verfügungsklägerin gegen die Feststellungen des Parteigutachters („Name 01“) jedoch keine dezidierten Einwendungen erhoben. Sie hat das Vorliegen der Mängel und die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten lediglich bestritten, ohne ihr Bestreiten hinreichend zu substantiieren.
Damit sind im hiesigen einstweiligen Verfügungsverfahren die durch das Parteigutachten grundsätzlich nachvollziehbar dargestellten voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 34.800 € von der zu sichernden Forderung abzuziehen (so auch BGH, Urteil vom 10. März 1977 – VII ZR 77/76, NJW 1977, 947 (948); OLG Celle, Urteil vom 1. August 1985 – 14 U 71/85, BauR 1986, 588 (599); OLG Brandenburg, Urteil vom 24. April 2002 – 13 U 245/01, BeckRS 2002, 30255656; OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Januar 2005 – 6 U 175/04, NJOZ 2005, 1144; OLG Köln, Urteil vom 9. Juli 1974 – 15 U 12/74, BauR 1975, 213; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Dezember 1975 – 21 U 235/75, BauR 1976, 363; MüKoBGB/Busche, § 650e, Rn. 2; Kniffka/Schmitz, ibrOK BauVertrR, Stand 4. Mai 2020, § 650e, Rn. 31).
Das Bestehen von Mängeln und die Höhe der (mutmaßlichen) Mängelbeseitigungskosten haben die Verfügungsbeklagten durch das Parteigutachten („Name 01“) vom 4. Oktober 2023 auch glaubhaft gemacht.
3. Die Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes für die Eintragung einer Vormerkung ist dagegen grundsätzlich nicht erforderlich, denn eine Gefährdung des durch die Vormerkung zu sichernden Anspruchs aus § 650e BGB wird nach § 885 Abs. 1 S. 2 BGB nicht vorausgesetzt, sondern gesetzlich vermutet (vgl. OLG Celle, Urteil vom 5. März 2015 – 13 U 12/15, BeckRS 2015, 7621, Rn. 4 m.w.N., beck-online; OLG Koblenz, Urteil vom 13. Mai 2013 - 12 U 1297/12, juris Rn. 29; OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2013 - 21 U 123/12, juris Rn. 10; OLG Hamm, Urteil vom 4. November 2003 - 21 U 44/03, juris Rn. 6; OLG Frankfurt, BauR 2003, 145; OLG Frankfurt, BeckRS 2017, 145535, Rn. 20; KG MDR 1994, 1011 (1012); OLG Brandenburg BeckRS 2005, 4129; OLG Karlsruhe, BeckRS 2016, 114621, Rn. 37; OLG Nürnberg, IBR 2016, 148; OLG Rostock, BeckRS 2023, 24796, Rn. 2). Für die Vermutungswirkung spricht bereits der Wortlaut des Gesetzes, da hiernach lediglich die Glaubhaftmachung nicht aber das Vorliegen eines Verfügungsgrundes entbehrlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2013 - 21 U 123/12, juris Rn. 11; OLG Hamm, Urteil vom 4. November 2003 - 21 U 44/03, juris; OLG Celle, Urteil vom 5. März 2015 – 13 U 12/15, BeckRS 2015, 7621 Rn. 5, beck-online).
Im Einzelfall kann die gesetzliche Dringlichkeitsvermutung deshalb widerlegt werden, insbesondere dann, wenn der Bauhandwerker nach Beendigung seiner Arbeiten und Erstellung der Schlussrechnung geraume Zeit ins Land gehen lässt, bevor er sich zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung entschließt (vgl. etwa OLG Koblenz, Urteil vom 13. Mai 2013 - 12 U 1297/12, juris: 3 Jahre; OLG Celle, Urteil vom 5. März 2015 – 13 U 12/15, BeckRS 2015, 7621: 14 Monate; OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2003 - 21 U 44/03, juris: 18 Monate; OLG Celle, Urteil vom 27. Februar 2003, 14 U 116/02, BauR 204, 1439: 21 Monate; OLG Nürnberg IBR 2016, 148: 13 Monate nach Fertigstellung; OLG Rostock, BeckRS 2023, 24796, Rn. 4 ff.: 17 Monate; OLG Schleswig, Beschluss vom 3. März 2023 – 12 W 5/23, BeckRS 2023, 9625: 28 Monate).
Die Verfügungsbeklagten haben jedoch weder Umstände vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich, welche geeignet wären, die gesetzliche Dringlichkeitsvermutung zu widerlegen, § 292 S. 1 ZPO. Zwischen Beendigung der Arbeiten der Verfügungsklägerin wohl im Januar 2023 und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 16. Dezember 2023 liegen lediglich 11 Monate, in denen ausweislich des Akteninhalts zwischen den Parteien immer wieder außergerichtliche Korrespondenz zu ihren gegenseitigen Ansprüchen geführt wurde. Insbesondere hat die Verfügungsklägerin ihre ausstehenden Forderungen am 8. November 2023 beziffert, gegenüber den Verfügungsbeklagten geltend gemacht und unmittelbar nach deren Zurückweisung den Erlass der einstweiligen Verfügung beantragt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht statthaft, § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO.