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Normenkontrolle; Rechtsschutzbedürfnis; Ausschöpfung der Festsetzungen des Bebauungsplans; bestandskräftiger Bauvorbescheid; noch nicht bestandskräftige Baugenehmigung; Abwägungsgebot; Verkaufsflächenbegrenzung; städtebaulicher Vertrag; bebauungsplanergänzender Vertrag; Baulast; Löschungsanspruch; Verzicht; Maß der baulichen Nutzung; Kerngebiet; Obergrenzen; Geschossflächenzahl; Obergrenzenüberschreitung; Bauland; Verkehrsfläche; besondere städtebauliche Gründe; städtebauliche Ausnahmesituation; allgemeine Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse; Abstandsflächenverkürzung; Abstandsflächenunterschreitung; Abstandsflächenüberdeckung; Belichtung; Besonnung; Denkmal; Denkmalschutz; Ermittlungs- und Bewertungsfehler; Abwägungsdisproportionalität; Beachtlichkeit; Gesamtunwirksamkeit; Teilunwirksamkeit;


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 22.09.2011
Aktenzeichen OVG 2 A 8.11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 2 S 1 VwGO, § 215 Abs 1 BauGB, § 20 Abs 2 BauNVO, § 82 Abs 3 BauO BE, § 82 Abs 1 BauO BE, § 6 Abs 8 BauO BE, § 6 Abs 5 BauO BE, § 6 Abs 2 S 2 BauO BE, § 6 Abs 1 BauO BE, § 2 Abs 2 BauO BE, § 47 Abs 2a VwGO, § 214 Abs 3 BauGB, § 214 Abs 1 S 1 Nr 1 BauGB, § 11 Abs 1 S 2 Nr 2 BauGB, § 9 Abs 1 Nr 11 BauGB, § 3 Abs 2 BauGB, § 2 Abs 3 BauGB, § 1 Abs 7 BauGB, § 19 Abs 3 BauNVO, § 17 Abs 2 S 1 Nr 2 BauNVO, § 17 Abs 2 S 1 Nr 1 BauNVO, § 17 Abs 1 BauNVO, § 1 Abs 7 BauNVO

Leitsatz

Die Regelung einer Verkaufsflächenbegrenzung in einem den Bebauungsplan er-gänzenden städtebaulichen Vertrag, verbunden mit einer die Begrenzung absichernden Baulast, ist zulässig, wenn damit ein legitimes städtebauliches Ziel verfolgt wird. Voraussetzung ist weiter, dass der Vertrag bereits vor der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abgeschlossen wurde und Gegenstand der Abwägung sowie der Öffentlichkeitsbeteiligung war. Eine unzulässige Umgehung des grundsätzlichen Verbots einer baugebietsbezogenen Verkaufsflächenbegrenzung liegt darin jedenfalls dann nicht, wenn das Baugebiet nur aus einem Grundstück besteht, auf das sich zugleich die vertragliche Verkaufsflächenbegrenzung bezieht.

Tenor

Der durch Rechtsverordnung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 7. September 2010, bekannt gemacht im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 25. September 2010, Seite 439, festgesetzte Bebauungsplan I-15b für das Grundstück Leipziger Platz 12-13 im Bezirk Mitte, Ortsteil Mitte, ist unwirksam.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen den Bebauungsplan I-15b für das Grundstück Leipziger Platz 12-13 im Bezirk Mitte.

Das Plangebiet liegt nordöstlich des Leipziger Platzes zwischen Voßstraße und Leipziger Straße. Es umfasst das im Eigentum der Beigeladenen stehende 20.603 m² große Grundstück Leipziger Platz 12-13, auf dem sich früher der wesentliche Teil des ehemaligen Wertheim-Kaufhauses am Leipziger Platz befand, sowie Teile der angrenzenden Verkehrsflächen Voßstraße und Leipziger Straße.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der seit den 1980er Jahren mit mehrstöckigen Wohngebäuden bebauten beiden Grundstücke Wilhelmstraße 93, 94, An der Kolonnade 1, 7, 9, 11, Gertrud-Kolmar-Straße 2, Voßstraße 1, 9 und Voßstraße 10, 11, 12, Gertrud-Kolmar-Straße 1, 3, 5, 7, 9, In den Ministergärten 1 sowie des Grundstücks Neben Voßstraße 12, die auf der dem Plangebiet gegenüberliegenden nördlichen Seite der Voßstraße liegen. Der für dieses Gebiet geltende Bebauungsplan I-202 b aus dem Jahre 2006 weist das zuletzt genannte Grundstück als Kerngebiet und die mit Wohngebäuden bebauten Grundstücke als allgemeines Wohngebiet aus.

Östlich an das Plangebiet grenzen die Grundstücke Voßstraße 33 und Hinter Voßstraße 33 (im Folgenden: Voßstraße 33) sowie das südlich davon gelegene Grundstück Leipziger Straße 128 an. Sie liegen, ebenso wie der westlich angrenzende Teil der nördlichen Randbebauung des Leipziger Platzes, im Geltungsbereich des 2006 festgesetzten Bebauungsplans I-15a, der sie als Kerngebiet ausweist. Das Grundstück Voßstraße 33 ist mit einem 1884-1886 als Geschäfts- und Wohnhaus errichteten Gebäude bebaut. Dieses Gebäude besteht aus einem die gesamte Grundstücksbreite einnehmenden Vorderhaus und einem daran etwa in der Mitte ansetzenden sechsgeschossigen Rückgebäude, das aus einem in nord-südlicher Richtung ausgerichteten Mittelflügel sowie einem daran im Süden anschließenden Quergebäude besteht. Das Gebäude stand seit 1905 im Eigentum der Wertheim AG. Im Jahre 1934 wurde es durch die Reichsbahnverwaltung erworben und zu einem Verwaltungsgebäude umgebaut. Das Gebäude ist seit 1990 in der Berliner Denkmalliste verzeichnet. Im rückwärtigen Teil des Grundstücks Voßstraße 33 lässt der Bebauungsplan I-15a durch eine Baugrenze eine grenzständige Bebauung zum Grundstück Leipziger Platz 12-13 zu.

Das Plangebiet gehört zu dem Areal des Potsdamer und Leipziger Platzes, für dessen Neubebauung der Antragsgegner im Jahre 1991 einen städtebaulichen Ideenwettbewerb ausgelobt hatte. In der Ausschreibung war zur städtebaulichen Zielvorstellung u.a. ausgeführt worden, dass der Bereich in das polyzentrische Gefüge der Stadt eingebunden und seiner Bedeutung als Verbindung zwischen den beiden Hauptzentren, der östlichen und westlichen Innenstadt, gerecht werden solle. Bei der Neubildung zentralörtlicher Funktionen solle ein höchstmöglicher Grad an Nutzungsmischung erreicht werden. Als Maßstab für die künftige bauliche Dichte wurde eine Geschossflächenzahl von 3,5 bis 5,5 genannt. Der im Oktober 1991 mit dem ersten Preis ausgezeichnete Entwurf des Büros Hilmer und Sattler wurde durch Senatsbeschluss vom 10. Dezember 1991 zur Grundlage für die weiteren Planungen erklärt. Mit Verordnung vom 28. Juni 1994 wurde als „Koordinierungsbebauungsplan“ der Bebauungsplan II-B 5 erlassen. Er setzt als einfacher Bebauungsplan u.a. Verkehrsflächen, Grün- und Freiflächen sowie Kerngebietsflächen fest.

Der angegriffene Bebauungsplan geht zusammen mit dem Bebauungsplan I-15a aus dem mit Aufstellungsbeschluss des Bezirksamts Mitte vom 28. April 1992 eingeleiteten Bebauungsplanverfahren I-15 hervor. Nachdem der Senat von Berlin am 19. Dezember 2000 die außergewöhnliche stadtpolitische Bedeutung des Bebauungsplangebiets festgestellt hatte, wurde das Aufstellungsverfahren von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weitergeführt. Mit Beschluss vom 3. November 2004 teilte diese den Geltungsbereich auf die Planentwürfe I-15a und I-15b auf und setzte das Aufstellungsverfahren in getrennten Verfahren fort. Die damals noch zu einem anderen Unternehmen gehörende und als O GmbH firmierende Beigeladene wurde im Jahre 2007 als Eigentümerin des Grundstücks Leipziger Platz 12-13 eingetragen. Im selben Jahre schrieb sie im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen städtebaulichen Ideenwettbewerb zur Neubebauung des Bebauungsplangebiets aus, in dem ein Entwurf des Büros Kleihues und Kleihues ausgewählt wurde. Im Jahre 2008 wurden Behörden und Träger öffentlicher Belange erneut beteiligt. Vom 9. März 2009 bis 8. April 2009 lagen die Planunterlagen zur Öffentlichkeitsbeteiligung aus. Neben der Antragstellerin erhob u.a. die Erwerberin des Grundstücks Voßstraße 33 Einwendungen. Im Ergebnis der Beteiligung wurde die geplante Bebauung an der diesem Grundstück zugewandten Seite durch Verzicht auf einen vorspringenden Gebäudekörper auf einer Höhe zwischen 50 m und 58 m über NHN (das Geländeniveau liegt nach der Begründung des Bebauungsplans bei etwa 35 m über NHN) geändert. Wegen dieser Änderung erfolgte eine erneute eingeschränkte Beteiligung der Öffentlichkeit. Am 17. November 2009 beschloss der Senat von Berlin, den Bebauungsplanentwurf dem Abgeordnetenhaus vorzulegen. Dieses stimmte dem Plan am 10. Dezember 2009 zu. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung setzte den Bebauungsplan mit Rechtsverordnung vom 7. September 2010, verkündet im Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 23 vom 25. September 2010 (S. 439), fest.

Der Bebauungsplan enthält im Wesentlichen folgende Festsetzungen: Als Art der Nutzung wird für das Grundstück Leipziger Platz 12-13 ein Kerngebiet festgesetzt. Die Anordnung und das Volumen der Gebäudekörper werden durch die Festsetzung von Baugrenzen und Gebäudehöhen geregelt (Baukörperfestsetzung). Danach darf das Grundstück mit Ausnahme einer etwa 16-24 m breiten Durchwegung, die es in nord-südlicher Richtung von der Voßstraße zur Leipziger Straße durchquert, oberirdisch durchgehend bis zu einer Höhe von 51 m bzw. – entlang der Voßstraße und der Leipziger Straße – von 62,50 m über NHN bebaut werden. Als darüber hinausragende Baukörper werden neben der Kranzbebauung am Leipziger Platz vier jeweils 17,7 m breite Türme an der Voßstraße sowie zwei sog. Scheibenhochhäuser entlang der Durchwegung mit einer Höhe bis zu 71 m über NHN zugelassen. Im Bereich der Durchwegung, die in der Verlängerung der Gertrud-Kolmar-Straße auf das südlich der Leipziger Straße gelegene Bundesratsgebäude zuläuft, ist eine Fläche mit einer Breite von mindestens 10 m mit einem Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit zu belasten. Die Durchwegung darf in einer Höhe zwischen 56 und 61,5 m über NHN mit einem transparenten Dach überdacht werden; darunter können begleitende Stege sowie zwei die Durchwegung in Ost-West-Richtung überspannende Stege zugelassen werden. Die Geschossfläche wird auf 89.000 m² begrenzt. Nach der Begründung des Bebauungsplans entspricht dies unter Berücksichtigung der durch die Überdachung der Durchwegung zusätzlich erzeugten Geschossfläche von 1.600 m² einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 4,4. Das Kerngebiet ist mit Ausnahme einer planfestgestellten U-Bahn-Anlage vollständig unterbaubar, wobei unterhalb der Durchwegung ein Leitungsrecht mit einer Breite von 5 m und einer Tiefe von 3 m zugunsten von Versorgungsunternehmen angeordnet wird. Weitere textliche Festsetzungen betreffen die Zulässigkeit von Wohnnutzungen. So wird festgesetzt, dass mindestens 30% der zulässigen Geschossfläche von 89.000 m² für Wohnungen zu verwenden sind und dass in bestimmten Gebäudeteilen Wohnungen ausschließlich oder allgemein zulässig sind. Im Übrigen wird festgesetzt, dass Einzelhandelsbetriebe unterhalb des ersten Untergeschosses nicht zulässig sind.

In einem mit dem Antragsgegner am 15. September 2009 abgeschlossenen städtebaulichen Vertrag verpflichtete sich die Beigeladene, auf dem Grundstück Leipziger Platz Nr. 12-13 Einzelhandelsbetriebe nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO nur bis zu einer Verkaufsfläche von 36.000 m² zu errichten. Eine entsprechende Baulast wurde am 13. November 2009 in das Baulastenverzeichnis eingetragen. Hintergrund für diese Beschränkung der Verkaufsfläche ist nach der Begründung des Bebauungsplans eine landesentwicklungspolitische Zielvorgabe des Stadtentwicklungsplans Zentren 2020 aus dem Jahre 2005, der für den Zentrumskern Potsdamer Platz/Leipziger Platz einen nach aktualisierter Fortschreibung der tatsächlichen Verkaufsflächenausstattung noch nicht ausgeschöpften Entwicklungsspielraum in dieser Größenordnung vorsieht. Daneben wurde nach der Begründung des Bebauungsplanes als ein Ergebnis des im Aufstellungsverfahren erstellten Verkehrsgutachtens zu Grunde gelegt, dass ein Ansteigen des Umfangs der Einzelhandelsnutzung ab einem bei einer Verkaufsfläche von ca. 40.000 m² liegenden Schwellenwert zu Beeinträchtigungen im Verkehrsablauf führen könne.

Die Beigeladene hat für die Bebauung des Grundstücks Leipziger Platz 12-13 mehrere Bauvorbescheide eingeholt. So erteilte ihr das Bezirksamt Mitte mit Datum vom 18. Dezember 2009 einen Vorbescheid, in dem in Beantwortung einzelner Fragen der Beigeladenen eine Bebauung entsprechend den Baukörperfestsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans für zulässig erklärt wurde; daneben wurden weitere Fragen, u.a. zur Errichtung einer kerngebietstypisch zu nutzenden Geschossfläche von 62.300 m² – insoweit mit einem Hinweis auf mögliche Vorbehalte gemäß § 15 BauNVO gegenüber einzelnen Nutzungen – sowie einer zusätzlichen Geschoßfläche von 26.700 m² für Wohnnutzungen positiv beantwortet. Die gegen diesen Vorbescheid erhobenen Nachbarklagen, u.a. eine Klage der Antragstellerin, wies das Verwaltungsgericht Berlin, soweit sie nicht zurückgenommen oder infolge des von der Beigeladenen im Prozess erklärten Verzichts auf die Bindungswirkung des Vorbescheids für die Kubatur der beiden mittleren Wohntürme an der Voßstraße übereinstimmend für erledigt erklärt worden waren, durch inzwischen rechtskräftige Urteile vom 19. April 2011 – VG 19 K 256 und 257.10 – ab. Unter dem 9. Juni 2011 erteilte das Bezirksamt Mitte der Beigeladenen, die Anfang des Jahres 2011 mit den Bauarbeiten begonnen hat, eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn-, Büro- und Geschäftshauses. Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden wurde.

Am 29. April 2011 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Sie macht zunächst geltend, der Bebauungsplan sei bereits unwirksam, weil abwägungserhebliche Belange nicht ausreichend und fachgerecht ermittelt und bewertet worden seien. Die im Bebauungsplanverfahren zu Grunde gelegten Verkehrs- und Lärmgutachten seien fehlerhaft. Im Einzelnen beanstandet die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ein von ihr eingereichtes Gutachten des Sachverständigen Prof. Dipl.-Ing. F die Ansätze zum Kundenaufkommen und zum Stellplatzbedarf und Unstimmigkeiten bei der Berechnung der Verkehrsverteilung sowie ferner die Nichtberücksichtigung von Mehrfachreflexionen.

Ein materieller Fehler sei darin zu sehen, dass der Plangeber die aus seiner Sicht erforderliche Begrenzung der Verkaufsfläche auf 36.000 m² in einen städtebaulichen Vertrag ausgegliedert und versucht habe, die planungsrechtlich gebotene Begrenzung der Verkaufsfläche durch Eintragung einer Baulast zu sichern. Baulasten seien für einen derartigen Regelungsgehalt von vornherein nicht geeignet. Mit ihnen könnten allenfalls bauordnungsrechtliche Probleme bewältigt, bauplanungsrechtliche Fragen jedoch regelmäßig nicht abschließend gelöst werden. Das Institut der Baulast sei ungeeignet für eine planungsrechtliche Abwägungsentscheidung, die, wie hier, mit einem konkreten Bauvorhaben noch nichts zu tun habe. In einem späteren Genehmigungsverfahren wäre die Baulast ohnehin unverbindlich, da sie zu einer ungerechtfertigten Beschränkung des Bauherrn führe, was einen Löschungsanspruch bzw. gar ihre Unwirksamkeit zur Folge habe. Es sei auch nicht zulässig, derartige Fragen in städtebaulichen Verträgen zu regeln, die grundsätzlich nur für die jeweiligen Vertragspartner bindend seien.

Des Weiteren leide der Bebauungsplan daran, dass die Obergrenze für die Geschossfläche nach § 17 Abs. 1 BauNVO überschritten sei, ohne dass die Voraussetzungen des hier maßgeblichen Absatzes 2 dieser Bestimmung vorlägen. Vieles spreche dafür, dass der Plangeber seiner Abwägung bereits eine unzutreffende Berechnung des zugelassenen Nutzungsmaßes zu Grunde gelegt habe, indem er die Fläche der in dem Bebauungsplan festgelegten Durchwegung als zum Bauland (§ 19 Abs. 3 BauNVO) gehörend einbezogen habe. Der Plangeber habe dabei nicht bedacht, dass die Durchwegung die Fortsetzung einer bestehenden Fußgängerverbindung darstelle und damit eine verkehrliche Funktion erfülle. Jedenfalls fehle es an besonderen städtebaulichen Gründen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauNVO) für die Überschreitung der Obergrenze der baulichen Nutzung (§ 17 Abs. 1 BauNVO). Die zentrale Lage des Gebiets sowie dessen touristische Attraktivität seien insoweit kein tragendes Argument, da damit eine städtebauliche Ausnahmesituation nicht begründbar sei. Auch der Wunsch nach Reaktivierung einer mauerbedingten innerstädtischen Brachfläche rechtfertige die Obergrenzenüberschreitung nicht, da die nach der Baunutzungsverordnung vorgegebenen Nutzungsmaße hierzu ausgereicht hätten. Soweit die Planbegründung auf eine Grundsatzentscheidung zur Schaffung eines weiteren Zentrenbereichs abstelle, werde übersehen, dass auch derartige Entscheidungen unter Beachtung der Vorgaben des § 17 BauNVO getroffen werden müssten. Der Plangeber habe sich offenbar durch Vorentscheidungen gebunden gefühlt und die Abwägungsentscheidung zur Überschreitung der Nutzungsmaßobergrenzen nicht mehr frei treffen können. Im Übrigen ergebe sich aus der Verkaufsflächenberechnung und der Verkehrsprognose, dass die realisierbare Verkaufsfläche völlig überdimensioniert und umgebungsschädlich wäre. Zudem sei die nur relativ kleine Voßstraße nicht geeignet, den zu erwartenden Besucher- und Anlieferverkehr aufzunehmen. Außerdem seien die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO) nicht gewahrt. Der Bebauungsplan überschreite nicht nur die Obergrenze für das Maß der baulichen Nutzung, sondern unterschreite außerdem an mehreren Stellen die bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Abstandsflächen. Dies indiziere eine Beeinträchtigung der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Die Festsetzung geringerer Abstandsflächen müsse auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben und setze das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse oder besonderer planerischer oder baulicher Situationen voraus. Eine derartige Situation sei nicht erkennbar. So überschritten die Abstandsflächen der vier mit einer Höhe von 71 m über NHN an der Voßstraße zugelassenen Gebäudeteile die Straßenmitte um ca. 4,40 m. Die Argumentation in der Planbegründung, durch die Baugrenze im Bebauungsplan I-202b sei gesichert, dass es nicht zu einer Überlappung der tatsächlichen Abstandsflächen kommen werde, gehe an der planungsrechtlichen Situation für die Gebäude Voßstraße 9-12 vorbei. Für diesen Bereich sei keine planerische Festsetzung über die Höhe getroffen worden, so dass eine Neubebauung möglich wäre, deren Abstandsflächen die Straße bis zu ihrer Mitte in Anspruch nimmt. Die Antragstellerin hat hierzu eine Skizze mit der Darstellung eines 57 m (über Geländeniveau) hohen Gebäudes vorgelegt. Auch im Bereich des rückwärtigen Anbaus des Grundstücks Voßstraße 33 seien die durch den Bebauungsplan hervorgerufenen Abstandsflächenunterschreitungen erheblich. Der Plangeber gehe selbst von massiven Beeinträchtigungen für die Belichtung dieses Gebäudeteils aus. Es sei abwägungsfehlerhaft, wenn er dies damit zu rechtfertigen versuche, dass in dem von der Verschattung betroffenen Teil des Anbaus nur Flure bestünden. Vielmehr sei es naheliegend, dass eine zukünftige Nutzung des Anbaus, der nur durch Fenster nach Osten und Westen hin beleuchtet werde, darauf angewiesen sein werde, dass die zu schaffenden Aufenthaltsräume auch von Westen her belichtet werden. Einer Verortung von Aufenthaltsräumen im westlichen Bereich des Anbaus stehe weder das Planungs- noch das Denkmalrecht entgegen. Schließlich seien nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt nicht vermieden worden und die Bedürfnisse des Verkehrs würden nicht befriedigt.

Die dargelegten Fehler führten dazu, dass der Bebauungsplan insgesamt unwirksam sei.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan I-15b vom 7. September 2010, verkündet im Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 23 vom 25. September 2010, Seite 439, für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen jeweils,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie machen im Wesentlichen geltend, der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig, da der Antragstellerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle. Sie könne ihre rechtliche Position durch den Normenkontrollantrag nicht verbessern, da der angegriffene Bebauungsplan durch den bestandskräftigen Vorbescheid vom 18. Dezember 2009 im Wesentlichen bereits ausgeschöpft sei. Außerdem wäre das im Bauvorbescheid und in der Baugenehmigung konkretisierte und bereits begonnene Vorhaben der Beigeladenen nach dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts auf der Grundlage des Bebauungsplans II B-5 in Verbindung mit § 34 BauGB auch ohne den angegriffenen Bebauungsplan zulässig. Die mit den festgesetzten Nutzungen allgemein zugelassenen Lärmimmissionen müsse die Antragstellerin bereits aufgrund des bestandskräftigen Vorbescheids hinnehmen. Ob die konkrete Nutzung und Aufteilung der Kerngebietsfläche zu unzumutbaren Beeinträchtigungen führe, sei im Baugenehmigungsverfahren erneut sachverständig geprüft worden. Für den in einem sich daran anschließenden Rechtsschutzverfahren anzuwendenden Maßstab des Rücksichtnahmegebots mache es keinen Unterscheid, ob der Bebauungsplan Bestand habe oder nicht.

Das im Bebauungsplanverfahren erstellte Verkehrsgutachten sowie die zu Grunde gelegte schalltechnische Untersuchung seien fach- und methodengerecht erstellt worden. Der gerichtlichen Kontrolle unterliege nur, ob den Prognosen realistische Annahmen zu Grunde lägen und ob eine geeignete fachspezifische Methode angewandt sowie das Ergebnis einleuchtend begründet worden sei. Hieran gemessen habe die Antragstellerin durch das von ihr vorgelegte Verkehrsgutachten nicht darstellen können, dass die im Bebauungsplanverfahren zu Grunde gelegten Gutachten fehlerhaft erarbeitet worden seien.

Auch die Einwände gegen die Begrenzung der Verkaufsfläche durch städtebaulichen Vertrag und ihre Absicherung durch eine Baulast gingen fehl. Der Bebauungsplan weise insoweit kein Abwägungsdefizit auf, weil sich der Plangeber eingehend mit seinen städtebaulichen Zielen und den rechtlichen Möglichkeiten zur Verkaufsflächenbegrenzung auseinandergesetzt habe. Ebenso wenig habe der Plangeber gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen, denn die gewählte Lösung einer Kombination aus Festsetzungen und städtebaulichem Vertrag sei zur Konfliktbewältigung geeignet. Es gehe um einen Fall, in dem die Gemeinde die mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziele durch einen städtebaulichen Vertrag absichert, weil der Festsetzungskatalog des § 9 BauGB i.V.m der Baunutzungsverordnung kein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung stellt.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin habe die Obergrenze für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im Kerngebiet überschritten werden dürfen. Bei der Berechnung des zugelassenen Maßes der baulichen Nutzung sei der Bereich der überdachten und unterbaubaren Einkaufspassage als Teil des Baulandes zutreffend einbezogen worden. Jedenfalls wäre das Ergebnis der Abwägung bei Abzug der Fläche des Gehrechts dasselbe geblieben, weshalb ein insoweit etwa anzunehmender Berechnungsfehler unbeachtlich wäre. Die Überschreitung der Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung sei durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt, die in der Planbegründung dargelegt worden seien.

Die weitere Voraussetzung für eine Überschreitung der Obergrenze, wonach sichergestellt sein müsse, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt seien, sei ebenfalls erfüllt. Dies gelte zunächst für das Gebäude Voßstraße 33. Dem Plangeber könne nicht vorgeworfen werden, er habe insoweit nur auf eine Bestandsnutzung abgestellt. Einerseits sei im Zeitpunkt der Abwägung tatsächlich davon auszugehen gewesen, dass der Denkmalschutz sich nicht nur auf die Fassade erstrecke, sondern auch die Raumaufteilung unter Bestandsschutz stehe. Andererseits sei die Schlussfolgerung falsch, durch die Veränderung der Innenräume, insbesondere eine Öffnung der Flure, verschlechtere sich die Belichtungssituation für das Gebäude und diese Möglichkeit sei in der Abwägung übersehen worden. Richtig sei vielmehr, dass sich die Belichtung durch diese Öffnung sogar verbessern würde, da die Räume dann auch nach Westen geöffnet wären. Eine Änderung der Anordnung der Räume scheine bei einem nur ca. 8 m breiten Gebäude ausgeschlossen. Die von dem Eigentümer des Grundstücks Voßstraße 33 gegen das Vorhaben der Beigeladenen erhobenen Einwendungen seien inzwischen auch durch den Abschluss einer Nachbarvereinbarung gütlich beigelegt worden. Jedenfalls begründe ein etwaiger Mangel insoweit nur eine Teilunwirksamkeit des Planes, da die Festsetzungen zur baulichen Gestaltung räumlich und sachlich abgrenzbar seien.

Auch die zur Voßstraße hin geplanten sog. Wohntürme seien abstandsflächenrechtlich unbedenklich. Soweit die Antragstellerin eine mögliche Abstandsflächenüberschneidung im Bereich der mittleren beiden Wohntürme aus dem von ihr konstruierten Beispiel einer Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks durch ein 57 m hohes Hochhaus ableite, handele es sich dabei um eine fernliegende, hypothetische Möglichkeit, die der Plangeber, nachdem die Antragstellerin im Beteiligungsverfahren keine entsprechenden Planungsabsichten vorgetragen habe, nicht habe in die Abwägung einstellen müssen. Davon abgesehen wäre eine derartige Bebauung nicht genehmigungsfähig. So sei in der Begründung des Bebauungsplans I-202b im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Festsetzung einer Gebäudehöhe darauf hingewiesen worden, dass das Planungserfordernis erneut zu prüfen sei, wenn der Eigentümer Pläne zu einer wesentlichen Veränderung der vorhandenen Bebauung entwickeln sollte. Unter diesen Voraussetzungen käme jedenfalls § 15 Abs. 1 BauNVO zum Tragen, wonach bauliche Anlagen im Einzelfall unzulässig sein könnten.

Neben dem Normenkontrollantrag hat die Antragstellerin am 9. Juni 2011 unter dem Aktenzeichen OVG 2 S 60.11 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO gestellt, über den der Senat noch nicht entschieden hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakten sowie die beigezogenen Aufstellungsvorgänge des Bebauungsplans verwiesen, die zusammen mit den ebenfalls beigezogenen Bebauungsplänen II-B 5, I-202b und I-15a sowie den außerdem beigezogenen Genehmigungsvorgängen für die im Jahre 2010 erteilte Baugenehmigung zur Sanierung des Hauses Voßstraße 33 Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Die mit der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift beginnende einjährige Antragsfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt.

2. Die Antragstellerin ist im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie macht u.a. Abwägungsfehler bei der Zulassung geringerer als der nach der Bauordnung vorgeschriebenen Abstandsflächen gegenüber ihren Grundstücken und bei der Ermittlung und Bewertung der infolge der zugelassenen Nutzungen zu erwartenden Verkehrsimmissionen geltend. Da die Antragstellerin insoweit in abwägungserheblichen Belangen betroffen ist, genügt dies zur Geltendmachung einer möglichen Rechtsverletzung.

3. Die Antragstellerin ist nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert. Sie hat jedenfalls einen Teil der im Normenkontrollverfahren erhobenen Einwendungen rechtzeitig bereits im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB geltend gemacht.

4. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners und der Beigeladenen fehlt der Antragstellerin nicht das für den Normenkontrollantrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Ein solches fehlt, wenn ein Antragsteller dadurch, dass die Norm entsprechend seinem Antrag für unwirksam erklärt wird, seine Rechtsstellung offensichtlich nicht verbessern kann (vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 28. August 1987 – 4 N 3.86 –, BVerwGE 78, 85; Beschluss vom 30. September 1992 – 4 NB 22.92 –, juris Rn. 11), d.h. eine Verbesserung der Rechtsstellung unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt ausgeschlossen ist. Es genügt, wenn sich bei kursorischer Prüfung ergibt, dass im Fall der Unwirksamkeit des Plans die rechtlichen Möglichkeiten des Antragstellers, sein Ziel zu erreichen, verbessert werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 – 4 NB 1.89 -, juris Rn. 6; Urteile des Senats vom 26. November 2009 – OVG 2 A 16.07 – und vom 30. September 2010 – OVG 2 A 22.08 –).

Hieran gemessen lässt sich das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nicht bereits deshalb verneinen, weil durch den bestandskräftigen Bauvorbescheid vom 18. Dezember 2009 oder durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung alle die Antragstellerin potentiell belastenden Festsetzungen des Bebauungsplans bereits ausgeschöpft wären. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung noch nicht bestandskräftig ist. Auch trifft es nicht zu, dass mit dem bestandskräftigen Bauvorbescheid vom 18. Dezember 2009 bereits alle die Antragstellerin potentiell belastenden Festsetzungen des Bebauungsplans unangreifbar zugunsten der Beigeladenen abgesichert wären. So hat die Beigeladene in den Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht auf die Bindungswirkung des Vorbescheids für die Kubatur der beiden mittleren geplanten Wohntürme an der Voßstraße verzichtet, woraus sich ergibt, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans, die in diesem Bereich geringere Abstandsflächen als nach den sonst geltenden Regelungen der Bauordnung erlauben, insoweit wieder relevant würden, wenn sie im Rahmen eines späteren oder geänderten Bauvorhabens – anders als offenbar durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 9. Juni 2011 – ausgenutzt würden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen noch keineswegs vollständig verwirklicht ist. Derzeit haben erst die Arbeiten an der Baugrube begonnen und es wurden noch keine Hochbauten errichtet. Ist aber eine Baugenehmigung, sei sie auch bereits unanfechtbar, vom Bauherrn noch nicht vollständig ausgenutzt worden, so kann die gerichtliche Feststellung der Ungültigkeit des Bebauungsplans den von dem Plan ausgehenden rechtlichen Nachteil im Einzelfall durchaus noch mindern, da die Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist, dass die Baugenehmigung außer Kraft tritt, wenn das genehmigte Vorhaben nicht innerhalb der landesrechtlich bestimmten Fristen (vgl. § 72 BauO Bln) begonnen oder die Bauausführung über die landesrechtlich bestimmten Fristen hinaus unterbrochen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 1987, a.a.O., S. 92). Entsprechendes gilt hinsichtlich eines noch nicht vollständig ausgenutzten Bauvorbescheids (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 BauO Bln). Angesichts des aktuellen Standes der Bauausführung lässt sich außerdem nicht die Möglichkeit von der Hand weisen, dass das Vorhaben noch Änderungen erfährt, für die es auf die Gültigkeit des Bebauungsplans ankommen könnte.

Ebenso wenig lässt sich ein Rechtsschutzbedürfnis im vorliegenden Fall mit der Begründung verneinen, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechenden Vorhabens wäre auch bei Annahme der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht anders zu beurteilen, da es bei der in diesem Fall gebotenen Beurteilung am Maßstab des einfachen Bebauungsplans II-B 5 in Verbindung mit § 34 BauGB ebenfalls zulässig wäre. Eine solche Argumentation verträgt sich bereits nicht mit den Ausführungen in der Begründung des Bebauungsplans zur Erforderlichkeit des Planes (S. 7, hier und nachfolgend jeweils zitiert aus der Anlage der Vorlage zur Kenntnisnahme durch das Abgeordnetenhaus). Danach seien die den Bebauungsplan II-B 5 i.V.m. § 30 Abs. 3 BauGB ergänzenden Regelungen u.a. des § 34 BauGB als Beurteilungsbasis für die angestrebte Bebauung, als deren Elemente u.a. die geplanten Turm- und Scheibenbauten genannt werden, nicht geeignet. Auch an anderer Stelle ist der Begründung des Bebauungsplans zu entnehmen, dass jedenfalls die geplanten sog. Wohntürme bzw. Scheibenhochhäuser mit einer Höhe von 71 m über NHN – anders als möglicherweise die Kranzbebauung am Leipziger Platz, die eine auf den Nachbargrundstücken bereits vorhandene Bebauung abschließt – nach § 34 BauGB nicht genehmigungsfähig wären. So wird im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsbewertung (S. 35 der Planbegründung) ausgeführt, dass sich die durch den Bebauungsplan ermöglichte Bebauung zwar bezogen auf das Grundmaß der baulichen Nutzung wie auch der überbaubaren Grundstücksfläche in die nähere Umgebung einfüge, dass aber mit den Festsetzungen des Planes an der Voßstraße und im Blockinnenbereich eine Bebauung ermöglicht werden solle, die ca. 8 bis 9 m über die prägende Gebäudehöhe hinausgehe (vgl. ferner die Erwähnung der „über die maßstabsbildende Höhe gem. § 34 BauGB hinausgehenden ‚Turmaufbauten‘“ wenige Sätze danach, sowie ähnlich S. 198 der Planbegründung und S. 2 der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB). Ebenfalls nicht offensichtlich ist, ob bzw. inwieweit die durch den Bebauungsplan zugelassene Überbauung des Blockinnenbereichs sowie die zugelassene bauliche Dichte bzw. Geschossfläche bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB zulässig wäre.

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die den Festsetzungen des Bebauungsplanes zu Grunde liegende Abwägung weist beachtliche Fehler auf, die zur Gesamtunwirksamkeit des Planes führen.

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gebot gerechter Abwägung verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 – IV C 105.66 –, BVerwGE 34, 301, 309). Soweit die Ermittlung und Bewertung der Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, in § 2 Abs. 3 BauGB nunmehr auch als verfahrensbezogene Pflicht ausgestaltet worden ist, ergeben sich hieraus keine inhaltlichen Änderungen gegenüber den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Abwägungsgebot entwickelten Anforderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, BVerwGE 131, 100, 106). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend ( § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel bei der Ermittlung des Abwägungsmaterials und sonstige Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind ( § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB).

1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist ein Abwägungsfehler allerdings nicht darin zu sehen, dass der Plangeber, der davon ausgegangen ist, dass die in dem Bebauungsplan zugelassene Geschossfläche theoretisch eine Verkaufsfläche von bis zu 61.300 m² erlaube (vgl. die „worst-case-Betrachtungen“ auf S. 49 f. der Planbegründung), trotz seiner Annahme, eine Begrenzung der Einzelhandels-Verkaufsfläche auf 36.000 m² (im Sinne der Definition in Anhang II Nr. 7 zur AV Einzelhandel in der Fassung vom 29. September 2007, ABl. S. 2957 ff.) sei geboten, die Verkaufsfläche im Bebauungsplan nicht entsprechend begrenzt, sondern die für erforderlich erachtete Regelung dem vor Erlass des Bebauungsplans abgeschlossenen und durch Eintragung einer Baulast abgesicherten städtebaulichen Vertrag überlassen hat.

a) Die Verkaufsflächenbegrenzung konnte in einem den Bebauungsplan ergänzenden städtebaulichen Vertrag geregelt werden. Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen, deren Gegenstand u.a. die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele und insbesondere die Grundstücksnutzung sein kann (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB).

Nach der Begründung des Bebauungsplans (vgl. etwa S. 16 u. 55) soll im Plangebiet eine Nutzungsmischung nicht allein im Verhältnis von kerngebietstypischen Nutzungen und Wohnnutzungen verwirklicht werden. Vielmehr strebt der Plangeber darüber hinaus eine Mischung der Einzelhandelsnutzung mit sonstigen Gewerbenutzungen wie Gastronomie, Büro-, Hotel- und Dienstleistungsnutzungen an. Dies kommt nach der Begründung des Bebauungsplans auch in der Struktur der geplanten Bebauung zum Ausdruck, wonach die oberen Geschosse in ihrer baulichen Ausformung, soweit sie nicht für eine Wohnnutzung vorgesehen seien, auf eine Hotel- oder Büronutzung ausgelegt seien, sich aber nicht für eine Einzelhandelsnutzung eigneten. Die vertraglich geregelte Verkaufsflächenbegrenzung bedeutet danach eine Konkretisierung der im Bebauungsplan durch eine Geschossflächenfestsetzung und Anordnung eines Wohnanteils getroffenen Festsetzungen zum Maß der Nutzung, die in Form einer Feinsteuerung die vom Plangeber zu Grunde gelegte Absicht einer Mischung gewerblicher Nutzungen durch Einschränkung des Anteils der Einzelhandelsnutzung umsetzt. Dies ist als eine nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB grundsätzlich zulässige bebauungsplanergänzende vertragliche Regelung zu werten. Für den festsetzungsergänzenden Charakter spricht außerdem, dass die angestrebte Begrenzung des Anteils der Einzelhandelsnutzung mit den Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 BauGB in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung, nicht erreichbar gewesen wäre (vgl. Reidt in: Nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung, Festschrift für Krautzberger, 2008, S. 203, 205), weil – wie in der Begründung des Bebauungsplanes (S. 55 f.) im Einzelnen ausgeführt wird – die angestrebte Nutzungsmischung der Ausweisung eines Sondergebiets entgegengestanden habe und eine Beschränkung der Einzelhandelsnutzung auf einzelne Geschosse oder Bauteile im Sinne des § 1 Abs. 7 BauNVO wegen der beabsichtigten Flexibilität bei einer späteren Verlagerung von Nutzungen ausgeschieden sei.

Die an die Zulässigkeit bebauungsplanergänzender Verträge zu stellenden Anforderungen sind ebenfalls gewahrt. So verfolgt der von dem Antragsgegner abgeschlossene städtebauliche Vertrag ein legitimes städtebauliches Ziel, d.h. eine mit den Anforderungen des § 1 Abs. 5 und 6 BauGB in Einklang stehende Zielsetzung (vgl. Reidt, a.a.O., S. 205 f.). Wie der Planbegründung entnommen werden kann, hat der Plangeber die Verkaufsflächenbegrenzung auf 36.000 m² zum einen im Hinblick auf die landesentwicklungspolitischen Zielvorgaben im Stadtentwicklungsplan Zentren 2020 für erforderlich gehalten, der für den Zentrumsbereichskern Potsdamer Platz/Leipziger Platz einen nach aktueller Fortschreibung der bislang erreichten Verkaufsflächenausstattung noch offenen Entwicklungsspielraum in dieser Größenordnung ausweise (vgl. etwa S. 48 f., 143, 183 der Planbegründung). Zum anderen wird zur Begründung der Verkaufsflächenbegrenzung ausgeführt, dass es nach dem Ergebnis des im Bebauungsplanverfahren erstellten Verkehrsgutachtens ab einem Schwellenwert von ca. 40.000 m² zu Beeinträchtigungen im Verkehrsablauf kommen könne (vgl. S. 55 der Planbegründung sowie Nr. 6 der Präambel des städtebaulichen Vertrags).

Ferner liegt in der vertraglichen Vereinbarung keine unzulässige Umgehung des nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehenden Verbots der baugebietsbezogenen Verkaufsflächenbegrenzung (vgl. Urteil vom 24. März 2010 – 4 CN 3/09 -, NVwZ 2010, 782; Beschluss vom 11. November 2009 – 4 BN 63/09 -, BauR 2010, 430; Urteil vom 3. April 2008 – 4 CN 3/07 -, BVerwGE 131, 86). Der Fall, dass ein Grundeigentümer bei Ausschöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen ist und damit eine Situation entsteht, die im Widerspruch zu dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsansatz steht, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in Betracht kommen solle, kann vorliegend nicht eintreten. Insoweit ergeben sich bereits deshalb keine Probleme, weil das im Bebauungsplan ausgewiesene Kerngebiet nur aus einem Grundstück besteht, auf das sich zugleich die vertragliche Verkaufsflächenbegrenzung bezieht.

Auch die bei planungsergänzenden Verträgen zu beachtenden verfahrensrechtlichen Anforderungen, wonach diese u.a. im Hinblick auf ihre Abwägungsbedeutsamkeit regelmäßig schon vor der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abgeschlossen und zuvor zumindest in ihrem wesentlichen Inhalt bereits Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung gewesen sein müssen (vgl. Reidt, a.a.O., S. 209 f.), sind gewahrt. Der städtebauliche Vertrag zur Begrenzung der Verkaufsfläche auf 36.000 m² war bereits vor der abschließenden Abwägungsentscheidung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgeschlossen worden (vgl. zur Maßgeblichkeit der der Zustimmung durch das Abgeordnetenhaus vorausgehenden Abwägungsentscheidung der zuständigen Senatsverwaltung in den Fällen des § 9 AGBauGB Urteil des Senats vom 11. Oktober 2007 – OVG 2 A 7.06 –, juris). Der Vertrag und die Eintragung der Baulast waren ausweislich der Begründung des Bebauungsplans auch Gegenstand der Abwägung. Zudem war bereits in der zur Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 2 BauGB) ausgelegten Begründung des Bebauungsplans (vgl. S. 59 und 145 des Auslegungsexemplars), zu der sich auch die von der öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 BauGB informierten Behörden und Träger öffentlicher Belange äußern konnten, auf den geplanten Abschluss und den Inhalt des Vertrages sowie auf die beabsichtigte Baulasteintragung hingewiesen worden.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist durch die Eintragung der Baulast hinreichend sichergestellt, dass nachfolgende Eigentümer in gleicher Weise an die vertraglich vereinbarte Verkaufsflächenbegrenzung gebunden sind.

b) Die Baulast entspricht den in § 82 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln geregelten Anforderungen. Danach können Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben.

Um eine derartige dem öffentlichen Recht zuzuordnende baugrundstücksbezogene Verpflichtung zu einem Unterlassen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen ergibt (vgl. zur Subsidiarität der Baulast, Dageförde in: Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer/Broy-Bülow, BauO Bln, 6. Aufl. 2008, § 82 Rn. 11), handelt es sich hier. Weiter ist anerkannt, dass Baulasten auch die Sicherung bauplanungsrechtlicher Regelungen zum Gegenstand haben können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. November 1987 – 4 B 216.87 –, juris Rn. 2; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10. Januar 2007 – 3 S 1251.06 –, juris Rn. 25; ders., Urteil vom 13. Februar 2004 – 3 S 2548.02 –, juris, sowie nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2004 – 4 BN 24.04 –, juris Rn. 10).

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin besteht kein Anspruch auf Löschung der Baulast. Ein solcher ergibt sich nicht aus einer gemessen am Bebauungsplan als ungerechtfertigt erscheinenden Einschränkung des Bauherrn, da die Bedeutung einer Baulast bei planergänzenden Regelungen gerade darin besteht, dass sich der Grundstückseigentümer engeren Bindungen unterwirft als nach den sonst geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

Ebenso wenig liegen die in § 82 Abs. 3 BauO Bln geregelten Löschungsvoraussetzungen vor. Danach geht die Baulast durch schriftlichen Verzicht der Bauaufsichtsbehörde unter, der zu erklären ist, wenn ein öffentliches Interesse an der Baulast nicht mehr besteht. Der Einwand der Antragstellerin, die Baulast widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, rechtfertigt nicht die Annahme eines fehlenden öffentlichen Interesses. Im Gegenteil, vorliegend besteht gerade ein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Baulast, weil die vertraglich vereinbarte Verkaufsflächenbegrenzung zum Grundgerüst der den Bebauungsplan tragenden planerischen Abwägung gehört. Ausweislich der Planbegründung wäre der Bebauungsplan mit seinem jetzigen Inhalt nicht ohne die in dem städtebaulichen Vertrag vereinbarte und durch die Baulast abgesicherte Verkaufsflächenbegrenzung beschlossen worden. Zudem dürfte ein Verzicht auf die Baulast nur im Rahmen eines formellen Bebauungsplanänderungsverfahrens zulässig sein, da ein Wegfall der Verkaufsflächenbeschränkung die Grundzüge der Planung berühren würde (vgl. hierzu Reidt, a.a.O., S. 214).

2. Abwägungsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Plangebers, die Voraussetzungen für eine Überschreitung der in der Baunutzungsverordnung geregelten Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung (vgl. § 17 Abs. 1 und 2 BauNVO) lägen vor.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die vom Plangeber zu Grunde gelegte Berechnung der durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes ermöglichten Geschossflächenzahl.

Die Errechnung einer Geschossflächenzahl von 4,4 unter Einbeziehung der Fläche der Durchwegung einschließlich des 10 m breiten Streifens, der nach dem Bebauungsplan mit einem Gehrecht zugunsten der Allgemeinheit zu belasten ist (textliche Festsetzung Nr. 1.2), entspricht den normativen Voraussetzungen. Für die Ermittlung der zulässigen Geschossfläche ist nach § 19 Abs. 3 S. 1 BauNVO in Verbindung mit § 20 Abs. 2 BauNVO die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, „die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie" liegt. Der – im Baugesetzbuch nicht mehr verwendete – Begriff des „Baulands" geht zurück auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BBauG 1960, in dem es – soweit hier von Interesse – hieß, dass der Bebauungsplan „das Bauland und für das Bauland die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen" festsetzt. Zum Bauland gehören bei einem für eine Bebauung bestimmten Grundstück daher auch die nicht überbaubaren Grundstücksflächen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB und § 23 Abs. 5 BauNVO. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Bebauungsplan für diese Flächen zusätzliche Festsetzungen wie Pflanzgebote oder Pflanzbindungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB trifft. Nicht zum Bauland zählen hingegen Flächen, die nach ihrem Zweck nicht für eine Bebauung vorgesehen sind, wie etwa nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB festgesetzte private Grünflächen oder solche Flächen, die zur Verbindung des Baugrundstücks mit der öffentlichen Verkehrsfläche notwendig sind und mithin der straßenmäßigen Erschließung dienen (vgl. Urteile des Senats vom 18. Dezember 2007 – OVG 2 A 3.07 –, juris Rn. 80 und vom 19. Oktober 2010 – OVG 2 A 15.09 –, juris Rn. 54 ff.).

Im Gegensatz zu den vorstehend genannten Fällen gehört die Durchwegung zu dem für die Ermittlung der zulässigen Geschossfläche maßgeblichen Bauland. Zwar wird durch die angeordnete Belastung der Fläche mit einem Gehrecht für die Allgemeinheit ihre Funktion als Fußgängerverbindung zwischen der Gertrud-Kolmar-Straße und dem südlich der Leipziger Straße gelegenen Bundesratsgebäude unterstrichen, dennoch handelt es sich der Sache nach nicht um eine die bauliche Nutzung ausschließende Verkehrsfläche im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der überwiegende Teil der Durchwegung mit einem Glasdach überdeckt wird und durch sogenannte Stege Verbindungen zwischen den Scheibenhochhäusern hergestellt werden (textliche Festsetzung Nr. 4.1.5). Dadurch wird in diesem Bereich ein Innenraum geschaffen, sodass es sich insgesamt um eine bauliche Anlage im Sinne von § 2 BauO Bln handelt. Zudem ist die Fläche überwiegend unterbaubar.

Lediglich zwei Teilflächen der Durchwegung, nämlich die jeweiligen Eingangsbereiche, werden nicht überdacht. Dies rechtfertigt jedoch keine abweichende Betrachtung, da diese Bereiche lediglich dazu dienen, das Gebäude bzw. die bauliche Anlage im angeführten Sinn zu betreten, nicht jedoch die straßenmäßige Erschließung des Baugrundstücks sicherzustellen (vgl. hierzu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Juni 2011, § 19 BauNVO Rn. 15).

b) Rechtlich zutreffend ist der Plangeber ferner vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung ausgegangen.

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauNVO können die Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überschritten werden, wenn besondere städtebauliche Gründe dies erfordern. Dabei ist das Merkmal „erfordern“ im Sinne eines „vernünftigerweise Gebotenseins“ auszulegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1997 – 4 NB 7.96 –, NVwZ 1997, 903). Für die Beurteilung dieser Frage kommt es auf die von der Gemeinde mit der jeweiligen Planung verfolgte städtebauliche Konzeption an, wobei der planerische Wille der Gemeinde, von § 17 Abs. 1 BauNVO abzuweichen, allein nicht genügt. Vielmehr muss die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO aus dem besonderen Charakter oder aus besonderen Umständen des neu überplanten Gebiets objektiv begründbar sein; die städtebaulichen Gründe müssen dabei ein gewisses Gewicht besitzen und dürfen nicht in jeder Standardsituation einsetzbar sein. In diesem Sinne setzt § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauNVO eine städtebauliche Ausnahmesituation voraus (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. November 1999 - 4 CN 17.98 -, NVwZ 2000, 813, und vom 31. August 2000 - 4 CN 6.99 -, BVerwGE 112, 41). Ob der Plangeber diese Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung zu Recht angenommen hat, beurteilt sich dabei maßgeblich nach der Begründung des Bebauungsplans (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 1994 – 4 NB 42.93 –, Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 5; zum Ganzen auch Urteile des Senats vom 18. Dezember 2007, a.a.O., vom 30. September 2010 – OVG 2 A 22.08 –, juris, und vom 19. Oktober 2010, a.a.O.).

Die vom Antragsgegner angeführten städtebaulichen Gründe für die Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl werden den vorgenannten Anforderungen gerecht. In der Begründung des Bebauungsplans wird hierzu u.a. ausgeführt (Pkt. 4.2.4.8, S. 82, 83):

„Das Plangebiet liegt an einem zentralen innerstädtischen Verkehrsknotenpunkt und im Schnittpunkt erheblicher Touristenströme, es ist bereits jetzt eine der bedeutendsten touristischen Attraktionen in Berlin. Es besteht – nach wie vor – die Notwendigkeit, eine neue Verbindung lange getrennter Stadthälften herzustellen und eine mauerbedingte innerstädtische Brache zu reaktivieren. Nach 1990 wurde die Grundentscheidung getroffen, diese herausragende Aufgabe der Stadtentwicklung mit der Schaffung eines weiteren Zentrenbereichs als Ergänzung zur bestehenden Friedrichstadt, City West und Alexanderplatz zu lösen. Daraus folgt, dass es sich hier um eine Gebiet handelt, das sich von ‚normalen‘, existierenden, gewachsenen Kerngebieten in Innenstadtlagen unterscheidet, da hier die Mitte einer europäischen Metropole an einer historisch und örtlich herausgehobenen Schnittstelle wieder geschaffen werden soll, um sich neben den genannten, bereits vorhandenen Zentrenbereichen im Osten und Westen der Stadt behaupten zu können. Das erfordert und begründet eine hohe Baudichte. (…)

Die außergewöhnlich gute Anbindung an den Öffentlichen Personenverkehr (Regionalbahnhof, mehrere S-Bahnlinien und eine U-Bahnlinie, je eine weitere S- und U-Bahnlinie sowie Straßenbahn baulich vorbereitet) prädestiniert das Gebiet für eine verdichtete Bebauung. (…)

Das städtebauliche Ziel, die durch Kriegseinwirkung und politische Entwicklung entstandenen Bruchstellen zwischen jahrzehntelang getrennten Stadtteilen durch eine dichte geschlossene Bebauung baulich und räumlich wiederherzustellen und in Maß, Struktur und Nutzung an die Vorkriegssituation anzuknüpfen, bedingt neben einer interessanten Nutzungsmischung ein ungewöhnlich hohes Nutzungsmaß auf den Bauflächen. Nur so erhält der neue Stadtteil ohne übermäßigen Flächenverbrauch zulasten umliegender Freiflächen das nötige städtebauliche Gewicht, um mit den vorhandenen Zentren in Ost und West konkurrieren zu können. Das gilt umso mehr, als das Gebiet durch das Kulturforum und die Staatsbibliothek, den Tiergarten, den Landwehrkanal und das Gleisdreieck teilweise von umliegenden Stadtteilen isoliert ist.“

Auf S. 55 heißt es zum beabsichtigten Nutzungskonzept, es solle ein lebendiger, kerngebietstypischer Nutzungsmix entstehen, der neben der Unterbringung von Handelsbetrieben auch zentrale Einrichtungen der Wirtschaft und der Kultur sowie einen 30%igen Wohnungsanteil umfassen solle. Zu den städtebaulichen Gründen wird in der Planbegründung weiter Folgendes ausgeführt (S. 83):

„Das Plangebiet ist der ‚Schlussstein‘ der Rekonstruktion des Potsdamer/Leipziger Platzes. Dem Grundstück kommt aufgrund seiner exponierten Lage und wegen des früheren, seinerzeit architektonisch auffälligen ‚Wertheim-Kaufhauses‘ seit jeher eine besondere, das Gebiet prägende Bedeutung zu. Die Neuinterpretation der historischen Platzfigur – weithin Sichtbarkeit des Platzgrundrisses durch den 35 m hohen ‚Kranz‘ – und die besondere Wohnqualität, die in der Kranzbebauung erreicht werden soll, spielt eine ausschlaggebende Rolle. Zugleich soll die historische Einzelhandelskonzentration durch Ermöglichung eines Kaufhauses im nach heutigen Erfordernissen notwendigen Größenmaßstab ermöglicht werden.“

Das der Planung zugrunde liegende Konzept wird an anderer Stelle der Planbegründung im Wesentlichen wie folgt beschrieben (Pkt. 4.2.4.1, S. 62 – 64; Pkt. 4.2.4.2, S. 65):

„Von entscheidender Bedeutung (…) war dabei die differenzierte städtebauliche Situation von Potsdamer und Leipziger Platz. Letzterer ist Bestandteil der barocken Stadterweiterung mit den drei repräsentativen Plätzen Quarre, Oktogon, Rondell. Mit der Wettbewerbsentscheidung 1991 wurde eine (…) Entscheidung zu Gunsten einer maßvollen Stadtstruktur, die sich an der historischen Stadt bzw. der europäischen Stadt anlehnt, bei gleichzeitig veranschlagter hoher Dichte (GFZ) von im Durchschnitt 5,0 getroffen. Das Gebiet Potsdamer/Leipziger Platz soll als ein Dienstleistungszentrum von bis dahin in Berlin nicht gewohnter Dimension entwickelt werden, um den Anforderungen einer Hauptstadt gerecht werden zu können und gleichzeitig ein Angebot an stadträumlichen Identifikationsmöglichkeiten anzubieten. Für diese Identifikationsmöglichkeiten bietet der Leipziger Platz trotz der totalen Zerstörung der ursprünglichen Bausubstanz aufgrund seiner prägnanten Platzform als barocke Platzanlage (…) beste Voraussetzungen. (…) Ein wesentliches Element im Konzept (…) ist das Aufgreifen des historischen Platzgrundrisses bei der neuen Formulierung des Oktogons hinsichtlich seiner Höhenentwicklung mit einer Traufhöhe von 70 m über NHN. Damit verbunden war, dass im ‚Kranz‘ um den Leipziger Platz oberhalb von 58,5 m über NHN zwingend eine Wohnnutzung vorzusehen war. (…)

Zum anderen wird mit der Konzentration des Wohnens in den sechs punktuellen Erhöhungen die Idee des ‚Wohnkranzes‘ (…) für das Oktogon auf die ‚Wohntürme‘ übertragen. Städtebaulich bedeutsam ist, dass die Türme die Höhe des Oktogons nicht überschreiten und nicht in Konkurrenz zu den Hochhäusern des Potsdamer Platzes treten.

Es soll ein homogenes Höhenprofil für den Leipziger Platz und entlang der Voßstraße entstehen, durch welches sich insbesondere in den Abendstunden weithin sichtbar die Konzentration des Wohnens in diesem Areal an einer städtebaulich hervorragenden Stelle präsentiert.

Zudem bedeutet insbesondere die Ausbildung der Türme an der Voßstraße eine stärkere Individualisierung des städtebaulichen Konzeptes, um unterschiedliche auch in der Höhe ablesbare Architektursprachen entwickeln zu können. (…)

Der Stellenwert, der dem Wohnen durch besondere städtebauliche Ausprägung zukommen soll, ist somit eine der wesentlichen Charakteristika des neuen Quartiers (…).

Die Turmbauten in der Voßstraße greifen zwar die Höhenentwicklung aus der Kranzbebauung auf, sollen aber ansonsten deutlich stärker als bei der Platzumbauung als individuelle Gebäude ausgebildet werden. Die aus der Blockrandbebauung hervortretenden Solitäre (…) ‚rhythmisieren‘ den Straßenraum der Voßstraße und geben dem Ort einen unverwechselbaren Charakter, der sich deutlich von dem der Platzumbauung unterscheidet.“

Es geht mithin um die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „besonderer“ städtebaulicher Grund im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauNVO anerkennungswürdige Umsetzung einer besonderen, qualifizierten planerischen Lösung bzw. städtebaulichen Idee sowie um die Berücksichtigung stadtgestalterischer Gesichtspunkte, die die erforderliche städtebauliche Antwort auf die besonderen objektiven Gegebenheiten des Plangebiets darstellen. Das Areal war bereits historisch mit der Doppelplatzanlage Potsdamer Platz/Leipziger Platz als Bestandteil der barocken Stadterweiterung sowie später als Verkehrsknotenpunkt und Warenhausstandort von besonderer Bedeutung. Die nach wie vor gegebene besondere stadträumliche Lage in der Mitte Berlins – an einer herausgehobenen Schnittstelle zwischen dem Ost- und dem Westteil der Stadt und im Schnittpunkt bestehender Verkehrsachsen mit zudem außergewöhnlich guter Anbindung an den schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr – als auch die besondere historische Herausforderung, die darin besteht, mit der Überplanung dieser zentralen Brachfläche die Folgen der Teilung Berlins zu überwinden und damit einen Impuls für die städtebauliche und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zu geben, verleihen dem Plangebiet unter städtebaulichen Aspekten einen einzigartigen Charakter. Die hiermit einhergehenden hohen Ansprüche an eine Bauleitplanung verlangen eine außergewöhnliche planerische Lösung bzw. städtebauliche Idee, die der Plangeber mit dem dargestellten Konzept anstrebt. Ob es sich hierbei um die einzig denkbare oder realisierbare Bewältigung der städtebaulichen Ausnahmesituation handelt, unterliegt nicht der Prüfung durch das Normenkontrollgericht. Solange eine städtebauliche Ausnahmesituation im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauNVO objektiv vorliegt, ist vom Gericht allein zu prüfen, ob sich aus dem zugrunde gelegten Planungskonzept gewichtige und am Maßstab des „vernünftigerweise Gebotenseins“ nachvollziehbare Gründe für die Überschreitung der in § 17 Abs. 1 BauNVO geregelten Obergrenzen ergeben. Nicht Gegenstand der Prüfung ist dagegen im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit, ob die Überschreitung der Obergrenzen mit einem anderen Planungskonzept vermeidbar wäre. Insoweit kommt es entgegen der Ansicht der Antragstellerin vorliegend nicht darauf an, ob die angestrebten Planungsziele angesichts der Größe des Grundstücks auch mit einer die Obergrenze des § 17 Abs. 1 BauNVO wahrenden Blockrandbebauung hätten erreicht werden können. Ebenso Ausdruck der Planungshoheit und daher nicht zu beanstanden ist, dass der Plangeber Grundzüge der das Bebauungsplanverfahren leitenden städtebaulichen Idee bereits bei der Ausschreibung des 1991 durchgeführten – ersten – Wettbewerbs als städtebauliche Zielvorstellung vorgegeben hat. Danach sollte die Frage der baulichen Dichte im Wettbewerb im Kontext mit einer „Stadtidee“ beantwortet und auf die städtebauliche Verträglichkeit hin überprüft werden, wobei der Spielraum für die Geschossflächenzahl (GFZ) mit 3,5 bis 5,5 angegeben wurde. Diese Zielvorstellungen sind dann auf der Grundlage der Wettbewerbsarbeit der Architekten Hilmer & Sattler von Oktober 1991 und des Senatsbeschlusses zur Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses Potsdamer/Leipziger Platz vom 10. Dezember 1991 durch den Wettbewerbsentwurf von Kleihues + Kleihues von 2008 und den vorliegenden Bebauungsplan weiterentwickelt worden. Anhaltspunkte für einen Abwägungsausfall oder ein Abwägungsdefizit sind hierin nicht zu erkennen.

c) Die Entscheidung, eine die Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO überschreitende bauliche Dichte zuzulassen, beruht jedoch auf einer Verletzung des Abwägungsgebots, weil die Annahme des Plangebers, die Überschreitung sei durch Umstände oder Maßnahmen ausgeglichen, durch die sichergestellt sei, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO), nicht abwägungsfehlerfrei zustande gekommen ist.

Zur Konkretisierung der Abwägungsschranke der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse kann auf die Legaldefinition der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen in § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 BauGB zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 – 4 CN 4.01 –, BVerwGE 116, 296; Urteil des Senats vom 18. Dezember 2007, a.a.O., juris Rn. 92). Die Anforderungen an die Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die durch das Maß der baulichen Nutzung berührt werden können, beziehen sich insbesondere auf die Belichtung, Besonnung und Belüftung der Wohnungen und Arbeitsstätten, auf die bauliche Beschaffenheit von Gebäuden, Wohnungen und Arbeitsstätten sowie auf die Zugänglichkeit der Grundstücke. Dabei sind gemäß § 136 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BauGB soziale, hygienische, wirtschaftliche und kulturelle Erfordernisse zu berücksichtigen (BVerwG, a.a.O.). Eine Überschreitung der in § 17 Abs. 1 BauNVO festgelegten Obergrenzen führt zwar nicht schematisch und zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Auch bei hoher Verdichtung kann eine Kombination verschiedener Maßfaktoren sowie die Anordnung der Baukörper einschließlich Nebenanlagen und Folgeeinrichtungen gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewährleisten (vgl. BVerwG, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall geht die Überschreitung der Obergrenze für das Maß der baulichen Nutzung allerdings damit einher, dass der Bebauungsplan Abweichungen von den sonst geltenden Abstandsflächenregelungen der Bauordnung (vgl. § 6 Abs. 1 bis 7 BauO Bln) zulässt, nämlich durch die an der Voßstraße zugelassenen vier sog. Wohntürme gegenüber der Bebauung nördlich der Voßstraße, durch die zugelassene Grenzbebauung am östlichen Rand des Plangebiets gegenüber den dort angrenzenden Nachbargrundstücken und innerhalb des Plangebiets, insbesondere durch die vorgesehenen Abstände zwischen den Wohntürmen und den sog. Scheibenhochhäusern (zur genauen Darstellung der Abstandsflächenunterschreitungen wird Bezug genommen auf die Zeichnung Bl. 5 des Ordners V der Aufstellungsvorgänge). Dies indiziert eine Beeinträchtigung der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, denn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften zielen im Interesse der Wahrung sozial verträglicher Verhältnisse darauf ab, eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung von Gebäude- und von sonstigen Teilen des Nachbargrundstücks sicherzustellen, und konkretisieren damit den in § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB genannten Belang der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1996, NVwZ-RR 1997, 516; Beschluss vom 23. Oktober 1990, Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 46). Dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse grundsätzlich die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Mindestabstandsflächen erfordern, ergibt sich auch daraus, dass der Gesetzgeber der Berliner Bauordnung bei der Herabsetzung der Abstandsflächentiefe auf das Maß von 0,4 H (§ 6 Abs. 5 Satz 1 BauO Bln) zu Grunde gelegt hat, dass damit ein „bauordnungsrechtlich zu sichernder Mindeststandard“ geregelt werde und dass „Unterschreitungen des nunmehrigen Mindestniveaus“ kaum mehr zu begründen seien (AbgH-Drs. 15/3926, S. 68 f.). Die Festsetzung geringerer Abstandsflächentiefen muss deshalb auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben und setzt besondere örtliche Verhältnisse oder besondere planerische oder bauliche Situationen voraus, etwa derart, dass die Außenwände auf Dauer gesichert insgesamt oder in Teilabschnitten keine zur Belichtung von Aufenthaltsräumen notwendigen Fenster haben (vgl. VGH München, Beschluss vom 5. Juni 2000 – 20 ZS 00.1127 –, juris; Urteile des Senats vom 18. Dezember 2007, a.a.O., juris Rn. 94 f. und vom 30. September 2010, a.a.O., juris Rn. 58).

aa) Nicht zu beanstanden ist unter diesem Gesichtspunkt allerdings die Baukörperausweisung der vier Wohntürme an der Voßstraße mit einer Höhe von 71 m über NHN (d.h. ca. 36 m über dem Geländeniveau), mit der eine Abweichung von der Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 BauO zugelassen wird, da die Abstandsflächen dieser Turmbauten die Mitte der Voßstraße jeweils um ca. 4,40 m überschreiten, d.h. die bis zur Straßenmitte einzuhaltende Abstandsflächentiefe entsprechend unterschritten ist. Diese Abstandsflächenunterschreitung führt jedoch weder unter Berücksichtigung der vorhandenen noch im Hinblick auf die künftig bauplanungsrechtlich mögliche Bebauung nördlich der Voßstraße zu einer Beeinträchtigung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse.

In Bezug auf die vorhandenen Wohngebäude auf den Grundstücken der Antragstellerin nördlich der Voßstraße (Voßstraße 9 sowie 10 bis 12), die den drei östlichen Wohntürmen im Plangebiet gegenüber liegen, folgt dies bereits daraus, dass die Gebäude der Antragstellerin ihrerseits um 12 bis 15 m von der Voßstraße zurückversetzt sind. Damit ergibt sich gegenüber der Bebauung im Plangebiet ein Gebäudeabstand von 32 bis 35 m, der trotz der Nichteinhaltung der Abstandsflächen zur Straßenmitte nicht zu einer Überlappung von Abstandsflächen führt. Es entsteht mithin keine Situation, bei der nach den Wertungen der Bauordnung die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse beeinträchtigt wären. Darüber hinaus wird in der Planbegründung (S. 68) darauf hingewiesen, dass die Abstandsflächenverkürzung auf die schlanken, 17,7 m breiten Türme beschränkt sei, die jeweils einen Abstand von mindestens 24,5 m zueinander aufwiesen, und dass eine solche „aufgelöste Turmstruktur“ in ihrer Wirkung anders zu beurteilen sei als eine durchgängig geschlossene Bebauung. Weiter wird in der Planbegründung (S. 70) ausgeführt, dass nach der durchgeführten Verschattungsstudie zum Datum der Tag- und Nachtgleiche am 20. März bzw. 22. September eine Besonnungszeit von mindestens zwei Stunden sichergestellt sei. Im Einzelnen seien für die unteren Geschosse der Gebäude nördlich der Voßstraße einschließlich des Erdgeschosses eine Besonnungszeit ca. 7,5 Stunden (Voßstraße 10-12) bzw. von 3,5 Stunden (Voßstraße 9) ermittelt worden. Darauf, ob sich auch aus diesen Erwägungen eine Wahrung der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse ergibt, kommt es indes wegen des hier eingehaltenen Gebäudeabstandes nicht an.

Eine Beeinträchtigung der Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse ist auch nicht im Hinblick auf die künftig mögliche Bebauung nördlich der Voßstraße zu erwarten. Insoweit ist wegen der unterschiedlichen planungsrechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans I-202b für das Gebiet nördlich der Voßstraße zwischen der möglichen Bebauung gegenüber den beiden äußeren Wohntürmen und der Bebauung gegenüber den beiden mittleren Wohntürmen zu unterscheiden.

Im Bereich der beiden äußeren Wohntürme ist durch die Festsetzungen des Bebauungsplans bereits planungsrechtlich gesichert, dass es im Falle einer Neubebauung nicht zu einer Überlappung von Abstandsflächen kommt. Gegenüber dem im Plangebiet des angegriffenen Bebauungsplans vorgesehenen äußeren westlichen Wohnturm weist der Bebauungsplan I-202b ein Kerngebiet aus. In diesem Gebiet wird die Gebäudehöhe durch eine Oberkantenfestsetzung auf 55 m über NHN (= ca. 20 m über der Geländeoberfläche) begrenzt. Ferner ist dort eine um 6 m von der Straßenbegrenzungslinie zurückgesetzte Baugrenze festgesetzt. Selbst bei vollständiger Ausnutzung der zugelassenen Gebäudehöhe von 20 m fiele die sich ergebende Abstandsfläche von (20 x 0,4 =) 8 m deshalb nur mit einer Tiefe von 2 m in den insgesamt 20 m breiten Straßenraum der Voßstraße, von der 14,4 m durch die Abstandsfläche des westlichen Wohnturms beansprucht werden, so dass die Abstandsflächen um 3,6 m auseinander lägen. Vergleichbares gilt für die gegenüber dem östlichsten der vier Wohntürme mögliche Bebauung im Bereich der Voßstraße 9. Der Bebauungsplan I-202b weist dort ein mit WA 3 bezeichnetes allgemeines Wohngebiet aus und begrenzt die Anzahl der zulässigen Vollgeschosse auf acht. Unter Berücksichtigung der für diesen Bereich festgesetzten Baugrenze, die dort um mindestens 12 m von der Straßenbegrenzungslinie zurückversetzt ist, sowie der durch die Abstandsfläche des östlichen Wohnturms in Anspruch genommenen Straßenbreite von 14,4 m verbleibt für eine mögliche Bebauung nördlich der Voßstraße eine Abstandsfläche von (12 + 5,6 =) 17,6 m, bei der es nicht zu einer Abstandsflächenüberlappung käme. Dies ermöglicht eine Gebäudehöhe von (17,6 / 0,4 =) 44 m. Eine höhere Bebauung ist aufgrund der für das allgemeine Wohngebiet WA 3 angeordneten Begrenzung auf höchstens acht Vollgeschosse bei realistischer Betrachtung nicht wahrscheinlich (vgl. ebenso VG Berlin, Urteil vom 19. April 2011 – VG 19 K 257.10 –, UA S. 26).

Ebenso wenig musste der Plangeber für das den mittleren beiden Türmen gegenüber liegende Grundstück der Antragstellerin im Bereich der Voßstraße 10 bis 12 mit einer zur Überschneidung von Abstandsflächen führenden Neubebauung rechnen. Allerdings enthält der Bebauungsplan I-202b für das dieses Grundstück umfassende Baufeld WA 1 lediglich eine die Lage der Bebauung auf dem Grundstück sichernde Baugrenze, auf die der Plangeber in diesem Zusammenhang ausdrücklich hinweist (Planbegründung S. 68). Damit hat er entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht nur die aktuelle bauliche Situation, sondern auch eine mögliche künftige Bebauung in den Blick genommen. Obwohl der Bebauungsplan I-202b keine die Gebäudehöhe begrenzende Festsetzung enthält, war der Plangeber darüber hinaus nicht gehalten, eine zur Überschneidung von Abstandsflächen führende Bebauung des Grundstücks der Antragstellerin in die Abwägung einzustellen, da es hierzu nur bei Verwirklichung einer sehr unwahrscheinlichen Bebauungsvariante kommen würde und die Antragstellerin im Planaufstellungsverfahren keine entsprechenden Planungsüberlegungen geäußert hatte. Denn zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören nur solche Betroffenheiten, die mehr als geringfügig, in ihrem Eintritt hinreichend wahrscheinlich und für den Plangeber bei der Entscheidung über den Bebauungsplan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. Mögliche Interessen bzw. Betroffenheiten, die von dem Betroffenen im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgetragen worden sind, sind nur dann abwägungsbeachtlich, wenn sich der planenden Stelle aufdrängen mussten (vgl. grundlegend BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979 – 4 N 1.78 u.a. –, juris Rn. 51 ff.). Eine Überlappung mit den Abstandsflächen der mittleren beiden Turmbauten war aber überhaupt nur dann zu erwarten, wenn auf dem gegenüberliegenden Grundstück der Antragstellerin ein Hochhaus mit einer Mindesthöhe von rund 50 m (über Geländeniveau) errichtet wird. Dies ergibt sich daraus, dass ein höheres Gebäude wegen der zu wahrenden seitlichen Abstandsflächen nicht nur entsprechend schmal, sondern auch entsprechend von der im Osten angrenzenden Gertrud-Kolmar-Straße abgerückt sein müsste, während die im Bebauungsplan I-202b für das Baufeld WA 1 festgelegte, von der Straßenbegrenzungslinie zurückversetzte Bebauungsgrenze nach Westen hin zunehmend von der Straßenbegrenzungslinie abrückt. Als Beispiel einer zu einer Abstandsflächenüberschreitung führenden Bebauung hat die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren Lagepläne für die Errichtung eines 57 m hohen Hochhauses vorgelegt, dessen Abstandsfläche die Straßenfläche der Voßstraße bis zur Straßenmitte hin in Anspruch nimmt. Eine derartige Bebauungsvariante mag zwar innerhalb der Vorgaben des Bebauungsplans I-202b für das Baufeld WA 1 (GRZ von 0,3 und GFZ von 2,0) theoretisch denkbar sein. Gleichwohl handelt es sich wegen der damit verbundenen punktuellen und unausgewogenen Konzentration der Baudichte auf einen kleinen Teil des Grundstücks Voßstraße 10, 11, 12, Gertrud-Kolmar-Straße 1, 3, 5, 7, 9, In den Ministergärten 1 angesichts der Größe und sonstigen Bebaubarkeit des Grundstücks um eine derart unwahrscheinliche bzw. unrealistische Bebauungsvariante, dass sie sich dem Plangeber, der von der Antragstellerin im Aufstellungsverfahren nicht auf entsprechende Planungsabsichten hingewiesen wurde, nicht aufdrängen und die deshalb nicht in die Abwägung eingestellt werden musste.

bb) Ein Abwägungsfehler bei der Zulassung eines die Obergrenzen für die bauliche Dichte nach § 17 Abs. 1 BauNVO überschreitenden Nutzungsmaßes liegt aber darin, dass der Plangeber die möglichen Auswirkungen der zugelassenen Gebäudeabstände zu dem als Denkmal geschützten Gebäude auf dem Nachbargrundstück Voßstraße 33 nicht hinreichend ermittelt und bewertet hat und ohne hinreichende Grundlage davon ausgegangen ist, die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse seien insoweit gewahrt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO).

Der Bebauungsplan erlaubt am östlichen Rand des Plangebiets eine durchgehende grenzständige Bebauung des Grundstücks Leipziger Platz 12-13. An der Grenze zu den östlichen Nachbargrundstücken, die im straßenseitigen Bereich mit einer Tiefe von etwa 24 m (an der Voßstraße) bzw. von etwa 38 m (an der Leipziger Straße) bis an die Grenze des Grundstücks Leipziger Platz 12-13 bebaut sind, wird im Blockinnenbereich eine grenzständige Bebauung mit einer etwa 55 m langen, 15 m hohen Außenwand zugelassen, die nach bauordnungsrechtlichen Bestimmungen als fensterlose Brandwand auszubilden ist. Dies führt bei der gegenwärtigen Bebauung des Nachbargrundstücks Voßstraße 33 zur Entstehung eines über 30 m langen, nur gut 5,50 m breiten Hofes, der auf der einen Seite durch die 15 m hohe Grenzwand im Plangebiet und auf der anderen Seite durch die etwa 19,8 m hohe Außenwand des rückwärtigen Anbaus auf dem Grundstück Voßstraße 33 begrenzt ist. Damit lässt der Bebauungsplan gegenüber dem benachbarten Gebäude über eine Breite von mehr als 30 m einen deutlich niedrigeren Gebäudeabstand zu als bei Wahrung der Abstandsflächentiefe nach der Bauordnung.

Dass der Plangeber gleichwohl die nach der Planbegründung (S. 76) zu erwartenden schwerer wiegenden Beeinträchtigungen der Belichtung und Besonnung im rückwärtigen Teil des Grundstücks Voßstraße 33 für hinnehmbar gehalten hat und von der Wahrung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse ausgegangen ist, beruht, wie an mehreren Stellen der Begründung des Bebauungsplans (vgl. etwa S. 76, 169 ff., 223) deutlich wird, u.a. auf der Erwägung, hinter der Westfassade des rückwärtigen Anbaus lägen nur im obersten Geschoss nach Westen orientierte Aufenthaltsräume. Insoweit sei eine ausreichende Besonnung gewahrt, weil die westliche Hofbebauung durch den Bebauungsplan auf eine Höhe von 15 m begrenzt sei. In den fünf unteren Geschossen des Anbaus befänden sich an der Westseite dagegen nur Flure, aber keine zur Belichtung von Aufenthaltsräumen notwendigen Fenster. Der Anbau sei von Osten und Süden her ausreichend belichtet, wo sich die Aufenthaltsräume befänden. Die Ostseite des Anbaus verfüge wegen des angrenzenden östlichen Hofes über eine günstige Belichtungssituation, die sich auch künftig unter Berücksichtigung der Festsetzungen des Bebauungsplans I-15a nicht erheblich verschlechtern werde. Die in den ersten fünf Geschossen befindlichen und nach Osten orientierten Aufenthaltsräume wiesen im Ergebnis eine gute Belichtungs- und Besonnungssituation auf. Der nur etwa 8 m tiefe Anbauteil sei somit keineswegs auf eine Belichtung von Westen angewiesen.

Diese Erwägungen beziehen sich indes nur auf den bei der Planaufstellung vorhandenen Bestand des seit längerer Zeit nicht mehr genutzten Gebäudes mit der damaligen Ausrichtung der Aufenthaltsräume. Dagegen hat es der Plangeber versäumt, eine im Zuge der Sanierung dieses Gebäudes mögliche Veränderung der Innenaufteilung des vorhandenen Gebäudes, bei der auch in den unteren fünf Geschossen des Anbaus Aufenthaltsräume zum westlichen Hof hin ausgerichtet werden könnten, in den Blick zu nehmen und die in diesem Fall zu erwartenden Beeinträchtigungen zu prüfen, zu bewerten und in die Abwägung einzustellen. Hierzu wäre er aber verpflichtet gewesen, da die Erwerberin des Nachbargrundstücks im Planaufstellungsverfahren ausdrücklich auf die beabsichtigte Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes mit voraussichtlichen Änderungen im Gebäudeinneren hingewiesen und damit ihre dadurch mögliche Betroffenheit zu erkennen gegeben hatte. So hatte die C............... als Erwerberin des Grundstücks Voßstraße 33 im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung mit Einwendungsschreiben vom 7. April 2009 geltend gemacht, die derzeit vorzufindende Nutzung innerhalb des Anbaus sei keineswegs festgeschrieben. Vielmehr sei zu erwarten, dass das Denkmal, wenn es im Rahmen der denkmalrechtlichen Möglichkeiten instand gesetzt werde, eine neue Innenaufteilung erhalten werde. Die Verortung eines Flures an der westlichen Fensterfront werde dann höchstwahrscheinlich aufgegeben werden und die Aufenthaltsräume würden im Zweifel durchgestreckt. Die Eigentümer eines Denkmals seien darauf angewiesen, eine denkmalverträgliche Nutzung zu finden, die so attraktiv sei, dass sie die Instandsetzung und Wiedernutzbarmachung des Denkmals in wirtschaftlicher Hinsicht erlaube. Wenn nunmehr durch eine derart massive Verschattung des denkmalgeschützten Anbaus die die Sanierung refinanzierende Nutzung beeinträchtigt werde, könne dies schlimmstenfalls dazu führen, dass die Sanierung als solche in Frage gestellt werde.

Der Plangeber durfte nicht davon ausgehen, dass eine bauliche Umstrukturierung des Gebäudes mit der Folge einer Anordnung von Aufenthaltsräumen an der Westseite denkmalrechtlich ausgeschlossen ist. Dass die vom Landesdenkmalamt im Planaufstellungsverfahren überlassenen Unterlagen (vgl. Ordner III Bl. 373 ff. der Aufstellungsvorgänge) eine solche Schlussfolgerung tragen könnten, ist nicht erkennbar. So bezieht sich die vom 8. März 1992 datierende Kurzbegründung des Denkmalwerts (Ordner III, Bl. 446), soweit sie das Gebäudeinnere betrifft, im Wesentlichen auf die Ausstattung des Vorderhauses. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Umgestaltung der Innenräume in dem angesprochenen Sinne ausgeschlossen wäre, ergeben sich auch nicht daraus, dass dort hervorgehoben wird, die Nutzung des Hauses nach 1935 durch die Deutsche Reichsbahngesellschaft und die dafür erfolgte nazistische Überformung der Innenräume habe historische Bedeutung (Treppengeländer mit Reichsbahnsymbol). Dafür spricht zudem, dass in der Erläuterung des Landesdenkmalamts zum Vorliegen der Merkmale eines Denkmals vom 20. September 1999 (Ordner III, Bl. 484 f.) als Schutzgut ausdrücklich nur die im Inneren des Vorderhauses einschließlich des Haupttreppenhauses überlieferten Raumfassungen und Ausstattungen genannt werden.

Die für denkmalrechtliche Genehmigungen nach § 11 Abs. 1 DSchG Bln zuständige untere Denkmalschutzbehörde ist im Planaufstellungsverfahren zu der konkreten Frage der Genehmigungsfähigkeit einer geänderten Raumaufteilung nicht beteiligt worden. Soweit das Stadtplanungsamt des Bezirksamts Mitte unter dem 31. August 2009 in dem ergänzenden Beteiligungsverfahren (§ 4a Abs. 3 BauGB), das nach der Modifizierung der Baukörperausweisung westlich des Grundstücks Voßstraße 33 durchgeführt worden war, mitgeteilt hat, „unter Berücksichtigung der Ausführungen des Landesdenkmalamts, u.a. zur Beibehaltung der Grundstruktur, d.h. nur Flurfenster in den unteren Geschossen,“ würden keine grundsätzlichen Bedenken geltend gemacht, handelt es sich weder um eine Stellungnahme der unteren Denkmalschutzbehörde, noch enthält die Stellungnahme inhaltlich eine Beurteilung der denkmalrechtlichen Genehmigungsfähigkeit etwaiger Änderungen der Raumaufteilung.

Der Plangeber durfte die Möglichkeit einer zukünftigen Ausrichtung von Aufenthaltsräumen zur Westseite des Gebäudes auch nicht im Hinblick auf die Stellungnahme des Landesdenkmalamts Berlin vom 10. September 2009 außer Betracht lassen. Der Antragsgegner hatte in dem an das Landesdenkmalamt gerichteten Anfrageschreiben vom 3. September 2009 ausgeführt, der Planentwurf folge der Vorgabe des Denkmalschutzes, welche sowohl von einer denkmalgerechten Sanierung im Bestand (Vorderhaus und Seitenflügel) als auch einer Sicherung des historischen Bebauungsmaßstabes auf dem Grundstück zum Ende des 19. Jahrhunderts ausgehe. In der Konsequenz gehe die Abwägung im Bebauungsplanentwurf davon aus, dass eine denkmalgerechte Sanierung des Seitenflügels die Beibehaltung der inneren Struktur, d.h. in den ersten fünf Geschossen sind und bleiben die Aufenthaltsräume nach Osten ausgerichtet, beinhalte. Auf die Bitte um eine explizite Bestätigung der Ausführungen zur denkmalgerechten Sanierung des Seitenflügels erwiderte das Landesdenkmalamt unter dem 10. September 2009 ohne weitere Ausführungen, dass es mit der Darstellung im Schreiben vom 3. September 2009 einverstanden sei.

Diese Stellungnahme des Landesdenkmalamts bietet keine tragfähige Grundlage für den von dem Plangeber daraus gezogenen Schluss, die von ihm vorausgesetzte bauliche Situation – insbesondere, dass an der Westseite des Anbaus mit Ausnahme des obersten Geschosses keine zur Belichtung von Aufenthaltsräumen erforderlichen Fenster vorhanden seien – sei denkmalrechtlich auf Dauer gesichert (vgl. S. 225 der Planbegründung; ferner S. 5 f. der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB). Hiervon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Stellungnahme die Aussage enthielte, dass eine derartige Änderung der inneren Struktur des Gebäudes denkmalschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig wäre. Diesen Erklärungsgehalt hat die Stellungnahme indes nicht. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass das Landesdenkmalamt nach dem Denkmalschutzgesetz nicht Genehmigungsbehörde, sondern Denkmalfachbehörde ist (§ 5 DSchG). Als solcher kommt ihr vornehmlich die Funktion zu, denkmalfachliche Belange zu artikulieren. Bereits dies spricht dafür, dass das vom Landesdenkmalamt erklärte Einverständnis mit der Darstellung in dem Schreiben vom 3. September 2009 allein so verstanden werden kann, dass die dort getroffene Aussage, eine denkmalgerechte Sanierung des Seitenflügels beinhalte die Beibehaltung der inneren Struktur, aus denkmalfachlicher Sicht, d.h. bei weitestgehender Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzinteresses, zutreffe. Nichts anderes ergibt sich aus § 6 Abs. 5 DSchG, wonach das Landesdenkmalamt bei den Entscheidungen der unteren Denkmalschutzbehörden über die Erteilung denkmalschutzrechtlicher Genehmigungen zu beteiligen ist, denn weder hat hier ein solches Genehmigungsverfahren stattgefunden noch ist ersichtlich, dass das Landesdenkmalamt sich mit seiner Stellungnahme an den Kriterien für eine Genehmigung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln orientiert hätte. Für die insoweit regelmäßig maßgebliche Voraussetzung, dass Gründe des Denkmalschutzes dem Vorhaben nicht entgegenstehen dürfen, kommt es nicht allein darauf an, ob denkmalfachliche Belange mehr als geringfügig beeinträchtigt sind. Vielmehr sind dafür im Rahmen einer an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten orientierten Interessenabwägung auch die den Denkmalschutzinteressen gegenläufigen privaten Interessen des Eigentümers zu berücksichtigen (vgl. m.w.N. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 – OVG 2 B 12.06 –, juris Rn. 23). Dass die Stellungnahme des Landesdenkmalamts, die keinerlei Begründung enthält, diese Gesichtspunkte einbezieht, ist aber – auch unter Berücksichtigung der im Schreiben vom 3. September 2009 formulierten Fragestellung – nicht zu erkennen. Die offensichtliche Fehlinterpretation dieser Stellungnahme seitens des Plangebers bestätigt die der C............... am 6. Juli 2010 mit dem nach § 12 Abs. 3 DSchG Bln erforderlichen Einvernehmen der unteren Denkmalschutzbehörde und unter Beteiligung des Landesdenkmalamts (§ 6 Abs. 5 DSchG Bln) erteilte Baugenehmigung zur „Revitalisierung“ des Gebäudes Voßstraße 33, durch die neben weitreichenden Erweiterungen des südlichen Quergebäudes auch erhebliche Änderungen der Innenstruktur des Anbaus genehmigt wurden.

Der Notwendigkeit, im Rahmen der Abwägungsentscheidung über die Zulassung einer Ausnahme von § 17 Abs. 1 BauNVO auch die Auswirkungen im Falle baulicher Veränderungen des Gebäudes Voßstraße 33 zu prüfen und zu bewerten, war der Plangeber schließlich nicht etwa deshalb enthoben, weil es sich dabei um eine gänzlich fernliegende und somit nach den oben dargestellten Maßstäben nicht notwendigerweise in die Abwägung einzustellende Möglichkeit gehandelt hätte. Vielmehr hatte die Erwerberin des Grundstücks Voßstraße 33 – wie oben dargelegt – bereits im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung auf die beabsichtigte Sanierung und die Wahrscheinlichkeit einer neuen Innenaufteilung hingewiesen. Schon die von ihr angesprochene Möglichkeit, dass die bisher nur nach Osten orientierten Aufenthaltsräume im Zweifel bis zur Westseite durchgestreckt würden, gab Anlass zu der Prüfung, ob diese Räume auf ihrer westlichen Seite dann noch hinreichend – den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- oder Arbeitsverhältnisse entsprechend – beleuchtet wären, etwa im Hinblick auf die mögliche Einrichtung von Arbeitsplätzen an der westlichen Gebäudeseite. Des Weiteren hätten die Beleuchtungsverhältnisse für den Fall geprüft werden müssen, dass in dem Anbau allein nach Westen ausgerichtete Aufenthaltsräume entstehen. Zwar mag es aufgrund der Breite des Mittelflügels ausgeschlossen sein, dort einen Flur mit nach beiden Seiten abgehenden Aufenthaltsräumen unterzubringen. Möglich wären aber nach Westen ausgerichtete Aufenthaltsräume, die durch einen Flur an der östlichen Seite erschlossen werden. Eine derartige Form der Innenaufteilung durfte von dem Plangeber ohne Rückfrage bei der Erwerberin des Grundstücks, die sich durch ihr Einwendungsschreiben ersichtlich nicht auf eine bestimmte Innenaufteilung festgelegt hatte, nicht als von vornherein unwahrscheinlich ausgeblendet werden. Denn im Rahmen einer grundlegenden Gebäudesanierung ist es nicht ungewöhnlich, wenn die interne Erschließung, etwa durch neue Treppenhäuser oder geänderte Übergänge zwischen den einzelnen Gebäudeteilen, geändert wird.

Unabhängig davon begründen das Ausmaß der durch die mit dem Bebauungsplan zugelassene Bebauung hervorgerufenen Verschattung und Verdunkelung des Nachbargebäudes sowie der einengende, gleichsam „gefängnishofartige“ Charakter des hierdurch geschaffenen Innenhofs eine erhöhte Verpflichtung des Plangebers, mögliche Auswirkungen nicht nur im Hinblick auf den gegenwärtigen Bestand des Nachbargebäudes, sondern auch im Hinblick auf eine mögliche Umgestaltung im Rahmen der notwendigen Sanierung zu prüfen und zu bewerten.

cc) Auf einer fehlerhaften Abwägung beruht darüber hinaus zum Teil die Ausweisung von Gebäudekörpern innerhalb des Plangebiets. Zu beanstanden ist insoweit, dass der Plangeber innerhalb der durch Baugrenzen vorgegebenen Blockdurchwegung zwischen den sog. Scheibenhochhäusern bzw. den die Durchwegung flankierenden Wohntürmen Gebäudeabstände zugelassen hat, mit denen die abstandsflächenrechtlichen Anforderungen nach der Bauordnung unterschritten werden, ohne hinreichend zu untersuchen, ob für die dort zugelassenen Nutzungen die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- bzw. Arbeitsverhältnisse gewahrt sind.

Im Bereich der Durchwegung würden sich die Abstandsflächen der einander gegenüber liegenden Gebäudeteile bei Zugrundelegung der Vorschrift des § 6 Abs. 5 BauO Bln um ca. 4,40 m überdecken (Planbegründung S. 67). Zwar ist der durch das vorgesehene Glasdach überdeckte und damit bauordnungsrechtlich zum Gebäude (§ 2 Abs. 2 BauO Bln) gehörende Teil der Durchwegung nicht zu betrachten, da Abstandsflächen nur vor den Außenwänden von Gebäuden einzuhalten sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln), zu beanstanden bleibt jedoch die Annahme des Plangebers, die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse seien in den beiden Eingangsbereichen der Durchwegung (nördlich und südlich der durch das Glasdach überdeckten Fläche) gewahrt.

Der Plangeber begründet die Abwägung insoweit maßgeblich mit den Ergebnissen der im Planaufstellungsverfahren erstellten Verschattungsstudie. Im Einzelnen stellt er für den Zugangsbereich an der Leipziger Straße für den Zeitpunkt der Tag- und Nachtgleiche eine gemessen an dem Kriterium einer mindestens zweistündigen Besonnung ausreichende Besonnung der zur Durchwegung orientierten Fassaden ab dem vierten bzw. fünften Geschoss fest, zumal es sich um eine Ecksituation handele, d.h. die Gebäudeteile auch über eine Südfassade mit einer hinreichend langen Besonnungszeit verfügten und die Belichtungsituation im Straßenraum durch den gegenüberliegenden Innenhof des Preußischen Herrenhauses außergewöhnlich gut sei (S. 72 der Planbegründung). Diese Erwägungen sind jedoch insofern unzureichend, als sie die unteren drei Geschosse ausblenden, in denen eine ungünstigere Beleuchtungssituation zu erwarten ist. Zwar musste der Plangeber insoweit nicht mit einer Wohnnutzung rechnen, die nach Nr. 3.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans in diesem Bereich unterhalb einer Höhe von 51 m über NHN, was etwa den in der Verschattungsstudie angesprochenen ersten drei Geschossen entspricht, nicht allgemein zulässig (§ 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO), sondern nur ausnahmsweise zulassungsfähig ist (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Ebenso dürfte die Erwägung des Plangebers durchgreifen, dass für Aufenthaltsräume, die im Hinblick auf ihre Nutzung, wie etwa Verkaufsräume, Räume in Schank- und Speisegaststätten oder Sporträume, gemäß § 48 Abs. 3 BauO Bln ohne Fenster zulässig sind, von einem Nachweis einer natürlichen Belichtung und Besonnung abgesehen werden kann (S. 71 der Planbegründung). Damit ist aber der Rahmen der durch den Bebauungsplan entlang der Durchwegung zugelassenen Nutzungen nicht erschöpft. Zulässig sind dort – teilweise mit Einschränkungen für Bereiche im ersten Vollgeschoss (vgl. Nr. 3.1 der textlichen Festsetzungen) – auch kerngebietstypisch genutzte Aufenthaltsräume, die auf eine hinreichende Beleuchtung durch Tageslicht angewiesen sein können, wie etwa im Rahmen einer Nutzung als Büro- und Verwaltungsgebäude (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO), Aufenthaltsräume in Betrieben des Beherbergungsgewerbes (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, dazu Urteil des Senats vom 18. Dezember 2007, a.a.O., Rn. 95), Aufenthaltsräume in Anlagen für kirchliche, kulturelle oder soziale Zwecke (§ 7 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO). Angesichts der Unterschreitung der bauordnungsrechtlich zu fordernden Mindestabstände hätte deshalb in Bezug auf derartige Nutzungen geklärt werden müssen, ob insoweit in den ersten drei Stockwerken noch von einer Wahrung der Anforderungen an gesunde Wohn- bzw. Arbeitsverhältnisse ausgegangen werden konnte. Entsprechendes gilt für den nördlichen Eingangsbereich der Durchwegung an der Voßstraße, für den nach der Planbegründung (S. 72) eine ungünstigere Beleuchtungssituation als im südlichen Bereich festzustellen ist. Insoweit besteht gleichfalls ein Untersuchungsdefizit im Hinblick auf kerngebietstypische Nutzungen, die nicht unter § 48 Abs. 3 BauO fallen, denn eine planerische Abhilfe in Form von Nutzungsbeschränkungen ist insoweit allein in Bezug auf Wohnnutzungen geregelt (vgl. textliche Festsetzung Nr. 3.2).

3. Die Abwägung ist darüber hinaus in Bezug auf die Nichteinhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen innerhalb des Plangebiets und an der Grenze zu dem Nachbargrundstück Voßstraße 33 zu beanstanden.

Zwar erlaubt § 6 Abs. 8 BauO dem Plangeber, durch Festsetzungen der Grundflächen der Gebäude mittels Baulinien oder Baugrenzen in Verbindung mit der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse oder durch andere ausdrückliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan geringere Abstandsflächen zuzulassen, als nach den abstandsflächenrechtlichen Regelungen des § 6 BauO Bln. Die Auswirkungen der durch die Festsetzungen des Bebauungsplans verringerten Abstandsflächen auf die durch das Abstandsflächenrecht geschützten Rechtsgüter und Belange müssen jedoch in der Abwägung berücksichtigt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung erfordert eine Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen eine besondere städtebauliche Rechtfertigung, bei der die Wirkungen auf die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts besonders gewichtet und in die Abwägung aufgenommen werden müssen (AbgH-Drs. 15/3926, S. 69). Der Rechtfertigungsbedarf ist dabei umso größer, wenn – wie hier – zugleich die Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung überschritten werden.

a) In Bezug auf die in den Eingangsbereichen der Durchwegung zugelassenen Gebäudeabstände sind diese Anforderungen wegen der, wie dargelegt, unvollständigen Untersuchung der Auswirkungen auf die dort zugelassenen Nutzungen (s.o. unter 2. c) cc)) nicht erfüllt.

b) Dasselbe gilt, soweit der Bebauungsplan an der Grenze zu dem Grundstück Voßstraße 33 geringere Abstandsflächen zulässt als bei Zugrundelegung des § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 5 BauO Bln wegen des oben dargelegten Ermittlungs- und Bewertungsdefizits in Bezug auf die Wahrung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse auf dem Nachbargrundstück (s.o. unter 2 c) bb)).

c) Darüber hinaus ist im Hinblick auf das Grundstück Voßstraße 33 das Abwägungsergebnis zu beanstanden.

Der Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist nicht in einer ihrer objektiven Gewichtigkeit entsprechenden Weise vorgenommen worden. Der Plangeber hat die berechtigten Interessen des Eigentümers des Nachbargrundstücks und das damit gleichlaufende öffentliche Interesse an einer Erhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes dem Interesse des Eigentümers des Grundstücks Leipziger Platz 12–13 und das dementsprechende städtebauliche Interesse an einer dem dargelegten Planungskonzept entsprechenden Bebauung in einer dem Gebot gerechter Abwägung nicht mehr entsprechenden Weise einseitig untergeordnet.

Die Zulassung einer über die gesamte Tiefe des Grundstücks Leipziger Platz 12-13 bis an die östliche Grundstücksgrenze herangeführten Bebauung führt, wie dargelegt, zur Entstehung eines schmalen, über 30 m langen und nur 5,5 m breiten Innenhofs auf dem Nachbargrundstück. Dies hat neben der hierdurch hervorgerufenen einengenden, gleichsam „gefängnishofähnlichen“ Wirkung eine deutliche Verschattung und Verdunkelung des Nachbargebäudes zur Folge, die die Nutzungsmöglichkeiten dieses im Zeitpunkt der Planaufstellung ungenutzten und sanierungsbedürftigen Gebäudes erheblich beeinträchtigt. Soweit in der Planbegründung (S. 77) ausgeführt wird, die Einhaltung eines Grenzabstandes zur Voßstraße 33 würde die zur Verfügung stehenden Raumtiefen für Läden o.ä. in diesem Bereich, der durch die geplante Passage bereits begrenzt sei, so weit verkürzen, dass sie nur sehr eingeschränkt nutzbar wären und damit die Belange dieses Eigentümers – insbesondere bezüglich der Funktionalität – erheblich beeinträchtigen, ist dies nicht näher substantiiert und im Hinblick auf die Größe des Grundstücks Leipziger Platz 12-13 sowie die damit prinzipiell gegebene Möglichkeit, für größere und ggf. mehrgeschossige Ladeneinheiten an anderer Stelle Raum zu finden, nicht nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, dass ein angemessener Interessenausgleich durch abweichende Festsetzungen, z.B. die Anlegung eines kleinen korrespondierenden Hofes oder einer abgetreppten Bebauung auf dem Grundstück Leipziger Platz 12-13 von vornherein ausgeschlossen wäre.

Die Erwägung des Plangebers, die Ostseite des Anbaus auf dem Grundstück Voßstraße 33 verfüge wegen des dort vorhandenen, 8 bis 10 m breiten Hofes über eine günstige Belichtungssituation, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass die durch die Lage im Blockinnenbereich ohnehin eingeschränkte Beleuchtungssituation des Anbaus maßgeblich durch die von Westen mögliche Belichtung mitbestimmt wird. Wie dargelegt, ist nicht erkennbar, dass denkmalrechtliche Belange einer Ausrichtung von Aufenthaltsräumen nach Westen entgegenstehen. Unter diesen Umständen vermag die im Mittelteil des Anbaus auch von Osten mögliche Beleuchtung nichts daran zu ändern, dass das Gebäude durch die Verschattung auf der Westseite eine erhebliche Beeinträchtigung erfährt.

Ebenso wenig ist das Argument, aus Gründen des Denkmalschutzes solle mit dem Erhalt des Gesamtensembles Voßstraße 33 auch der historische Bebauungsmaßstab vermittelt und erhalten bleiben, und zwar einschließlich der engen Hofsituation zum Nachbargrundstück im Bebauungsplan I-15b, geeignet, das Abwägungsergebnis zu tragen. Diese Erwägung, die im Zusammenhang mit der im Planaufstellungsverfahren erfolgten Modifizierung der Baukörperausweisung an der östlichen Grenze des Plangebiets steht (vgl. Vermerk vom 23. Juni 2009, Ordner III Bl. 486), geht auf vom Landesdenkmalamt zuvor übersandte Unterlagen zurück (vgl. Ordner III Bl. 373 ff. und Bl. 482 ff.). Aus den darin enthaltenen denkmalrechtlichen Stellungnahmen geht jedoch nicht hervor, dass der bei Realisierung des Bebauungsplans entstehende, westlich durch die Grenze zum Plangebiet begrenzte Hof dem historischen Zustand entspricht, auf den sich der Zeugniswert des Gebäudes Voßstraße 33 für den historischen Bebauungsmaßstab bezieht (vgl. Kurzbegründung vom 8. März 1992, Ordner III, Bl. 412; Erläuterungen zum Vorliegen der Merkmale eines Denkmals vom 20. September 1999, Ordner III, Bl. 485). Nach den in dem beigezogenen Informationsband der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz zur Ausschreibung des städtebaulichen Wettbewerbs von 1991 enthaltenen historischen Grundrissen ist vielmehr davon auszugehen, dass der Hof, jedenfalls in dem Zeitraum, in dem das Gebäude Voßstraße 33 Teil des Wertheim-Areals war und in der Zeit, in der es zum Gebäudebestand der Reichsbahnverwaltung gehörte, erheblich breiter war (vgl. S. 72, 73 und 66 des Informationsbandes).

Die zugelassene grenzständige Bebauung an der östlichen Grenze des Plangebiets lässt sich schließlich nicht damit begründen, der Plangeber habe eine korrespondierende Regelung zu dem für das angrenzende Gebiet geltenden Bebauungsplan I-15a treffen wollen, der ebenfalls die Möglichkeit einer grenzständigen Bebauung zum Grundstück Leipziger Platz 12-13 hin eröffnet. Dem widerspricht die ausdrückliche Annahme des Plangebers, es könne nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass von dem in dem Bebauungsplan I-15a vorgesehenen Anbaurecht Gebrauch gemacht werde, da einem Abriss oder einer Erweiterung des Gebäudes die im Laufe des Bebauungsplanverfahrens I-15b offenkundig gewordenen Belange des Denkmalschutzes, nämlich der Umstand, dass auch der rückwärtige Anbau auf dem Grundstück Voßstraße 33 dem Denkmalschutz unterliegt, entgegenstünden (vgl. Planbegründung S. 69). Darüber hinaus zeigen die Aufstellungsvorgänge, dass der Plangeber diesen Konflikt gesehen und als mögliche Lösung die Erweiterung des Plangebiets in den Blick genommen hat, um so die für das benachbarte Plangebiet I-15a vorgesehene Anbaubarkeit an die Grundstücksgrenze aufheben zu können. Ein solches Vorgehen war aber von der Beigeladenen, u.a. unter Hinweis auf die damit verbundene Verfahrensverzögerung abgelehnt worden (vgl. Protokoll der Steuerungsrunde vom 4. Juni 2009, Ordner III, Bl. 469 der Aufstellungsvorgänge).

4. Die festgestellten Abwägungsfehler sind im Sinne der Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuchs beachtlich und führen zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

a) Soweit die dem Bebauungsplan zugrunde liegende Abwägung bereits im Abwägungsergebnis zu beanstanden ist (s.o. unter 3 c)), handelt es sich von vornherein nicht um einen nach § 214 oder § 215 BauGB unbeachtlichen Fehler.

Die darüber hinaus festgestellten Ermittlungs- bzw. Bewertungsfehler sind nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich. Sie sind im Sinne dieser Vorschrift offensichtlich, da sie sich bereits aus den beigezogenen Aufstellungsvorgängen ergeben. Die nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB erforderliche Kausalität für das Abwägungsergebnis ist ebenfalls gegeben, denn es besteht die konkrete Möglichkeit, dass der Plangeber bei ausreichender Ermittlung und Bewertung des Sachverhalts andere Festsetzungen hinsichtlich der Abstandsflächen gegenüber dem Nachbargrundstück Voßstraße 33 und zu den Gebäudeabständen im Bereich der Durchwegung bzw. zur Art der dort zulässigen Nutzungen getroffen hätte.

Die Abwägungsfehler sind nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden. Die unter diese Regelung fallenden beachtlichen Mängel sind, wie bereits der Wortlaut ergibt, von Amts wegen zu berücksichtigen, solange – wie hier im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung – die Rügefrist nicht abgelaufen ist (vgl. Battis in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 215 Rn. 7; Stock in: Enst/Zinkahn/Bielenberg/
Krautzberger, BauGB, Stand: Juni 2011, § 215 Rn. 48). Davon abgesehen hat die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung jedenfalls die den Umgang mit dem Grundstück Voßstraße 33 betreffenden Abwägungsfehler im Sinne des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtzeitig und hinreichend substantiiert gegenüber dem Antragsgegner gerügt.

b) Die festgestellten Abwägungsfehler führen zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn zusätzlich die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 – 4 CN 1.02 –, juris Rn. 12 f.; Beschluss vom 6. April 1993 – 4 BN 43.92 –, juris Rn. 27).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Abwägungsfehler, die dem Bebauungsplan sowohl in Bezug auf die Durchwegung als auch im Hinblick auf die zum Grundstück Voßstraße 33 hin zugelassene Grenzbebauung anhaften, beziehen sich nicht auf einen objektiv und subjektiv abtrennbaren Teil des Planes. Dies ergibt sich bereits daraus, dass mit der in dem Bebauungsplan festgesetzten Baukörperausweisung der in einem städtebaulichen Wettbewerb ausgewählte Entwurf der Architekten Kleihues + Kleihues umgesetzt wird, bei dem es sich um eine geschlossene Gesamtkonzeption handelt. In Ermangelung greifbarer Zäsuren wäre zudem nicht willkürfrei feststellbar, an welcher Stelle ein Schnitt angesetzt werden könnte. Jedenfalls kann unter Berücksichtigung der Aufstellungsvorgänge nicht festgestellt werden, dass der Plangeber im Zweifel eine derart reduzierte Planung gewollt hätte.

5. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage bedarf keiner Entscheidung, ob entsprechend den Angriffen der Antragstellerin auch die dem Plan zu Grunde gelegten Verkehrs- und Immissionsgutachten fehlerhaft waren und deshalb abwägungsbeachtliche Belange nicht ausreichend und fachgerecht ermittelt und bewertet worden sind.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.