Gericht | LG Neuruppin 2. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 13.12.2022 | |
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Aktenzeichen | 2 T 58/22 | ECLI | ECLI:DE:LGNEURU:2022:1213.2T58.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts …vom 07.07.2022, Az. 21 M 71/22, wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 793 ZPO zulässig. Insbesondere haben die Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 01.11.2022 das Original einer von dem Beschwerdeführer erteilten Vollmacht zu den Akten gereicht.
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Dem Beschwerdeführer ist zwar darin zuzustimmen, dass der Haftbefehl fehlerhaft ist. Gemäß § 802 g Abs. 1 S. 2 ZPO muss der Haftbefehl Gläubiger, Schuldner und den Grund der Verhaftung bezeichnen. Insoweit sind die Angaben in dem angegriffenen Beschluss teilweise unvollständig und teilweise unzutreffend. Schuldner ist nicht der Beschwerdeführer, sondern die …, als deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer auf Erteilung der Vermögensauskunft in Anspruch genommen wird. Dies lässt der Wortlaut des Haftbefehls nicht erkennen. Es fehlt ferner die Angabe der Insolvenzschuldnerin, bezüglich deren Vermögen der Kläger tätig ist. Der Name des Gerichtsvollziehers ist nicht korrekt angegeben. Diese Unrichtigkeiten machen jedoch nicht die Aufhebung des Haftbefehls erforderlich. Es handelt sich vielmehr um offenbare Unrichtigkeiten, die gemäß § 319 ZPO zu berichtigen sind. Die genannten Umstände ergeben sich ohne Weiteres aus den vorliegenden Akten. Die richtige Bezeichnung von Gläubiger und Schuldner ist ohne Weiteres erkennbar. Solange die Sache bei dem Beschwerdegericht anhängig ist, kann die Berichtigung durch die Beschwerdekammer vorgenommen werden (Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 319 Rn. 34). Die ist mit Beschluss vom heutigen Tage geschehen.
Es kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Schuldnerin wirksam abberufen ist. Die von dem Gläubiger insoweit erhobenen Bedenken greifen jedenfalls teilweise nicht durch. Entgegen der Auffassung des Gläubiger ist die Vereinbarung über die Übertragung der Gesellschaftsanteile an der Schuldnerin nicht schon deshalb formnichtig, weil die notarielle Urkunde keine Angaben darüber enthält, ob eine Übersetzung des Texts durch den anwesenden Dolmetscher erfolgt ist. Enthält die Niederschrift die Feststellung, dass ein Beteiligter der Sprache der Beurkundung nicht hinreichend mächtig ist, so muss sie mündlich übersetzt werden. Die mündliche Übersetzung ersetzt für den Sprachunkundigen die Verlesung. Die mündliche Übersetzung ist die einzige zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung bei Beteiligung eines Sprachunkundigen. Alle anderen Amtspflichten des § 16 BeurkG, so auch die Niederschrift der Tatsache, dass übersetzt worden ist, sind bloße Soll-Vorschriften (16 Abs. 2 S. 4 BeurkG, Staudinger, BeurkG, § 16 Rn. 543). Die gegenteilige Auffassung des Gläubigers findet auch in der von ihm zitierten Fundstellen keine Stütze. Der Umstand, dass die Übersetzung in der notariellen Niederschrift nicht erwähnt wird, lässt nicht den Schluss darauf zu, dass eine solche Übersetzung nicht stattgefunden hat. Auf die Qualität der Übersetzung kommt es im Übrigen nicht an. Unterbleibt die Übersetzung nicht vollständig, ist aber fehlerhaft oder lückenhaft bei bloßen Sollbestandteilen der Urkunde, so ist die Beurkundung dennoch formell wirksam (BeckGK, § 16 BeurkG Rn. 68), allenfalls anfechtbar. Die Auswahl eines ungeeigneten Dolmetschers beeinträchtigt die Wirksamkeit der Beurkundung nicht (BeckOK BGB, § 16 BeurkG Rn. 9). Allein die Zuziehung einer gemäß §§ 6, 7 BeurkG ausgeschlossenen Person, um die es sich hier nicht handelt, macht die Beurkundung unwirksam.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Notar über die Person des die Gesellschaftsanteile übernehmenden Herrn … nicht ausreichend vergewissert hat. Der notariellen Urkunde ist vielmehr zu entnehmen, dass dieser sich zur Gewissheit des Notars ausgewiesen hat. Die vorgelegten Unterlagen reichten hierfür offenbar aus.
Offen blieb die Frage, ob die aufschiebende Bedingung für die Anteilsübertragung durch Zahlung des Kaufpreises eingetreten ist. Hierzu hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen. Für eine Bestätigung der Kaufpreiszahlung gegenüber dem beurkundenden Notar spricht zwar, dass dieser in der Folgezeit zur Umsetzung der Vereinbarung weiter tätig geworden ist und der Wechsel in der Geschäftsführung im Handelsregister eingetragen worden ist. Käme es darauf an, wäre die Frage weiter aufzuklären.
Die Frage kann indes offenbleiben, weil der Beschwerdeführer auch im Fall seiner Abberufung als Geschäftsführer am 24.03.2021 weiter auskunftspflichtig geblieben ist. Grundsätzlich ist der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer einer GmbH zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO verpflichtet. Maßgebend sind die zum Zeitpunkt des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft herrschenden Vertretungsverhältnisse (Kindl, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 802c Rn. 21). Eine dann als Geschäftsführer abberufene Person ist nicht mehr auskunftspflichtig (Musielak/Voit, ZPO, 19. Auf., § 802c Rn. 3). Etwas anderes gilt dann, wenn der Geschäftsführer abberufen wurde oder seine Stellung niedergelegt hat, um der Offenbarungspflicht zu entgehen (allg. Auffassung, Musielak/Voit a.a.O., Kindl a.a.O.; Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 7. Aufl., § 802c Rn. 14 je m.w.N.). Die fortbestehende Auskunftspflicht ist anzunehmen, wenn solche Motive offenliegen oder wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Erteilung der Vermögensauskunft zu vermuten sind (OLG Köln, Beschluss vom 19.04.2000, 2 W 28/00, beckonline; BGH NJW-RR 2007, 185; MüKo ZPO, 6 Aufl., § 802c Rn. 18).
Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände kann sich der Beschwerdeführer nach dem im gesamten Verfahrensrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (vgl. BGH NJW-RR 2007, 185) nicht auf seine Abberufung als Geschäftsführer berufen. Es bestehen schwerwiegende Anhaltspunkte dafür, dass die Abberufung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer mit dem Versuch der Erschwerung der Zwangsvollstreckung, insbesondere mit dem Versuch in Verbindung stand, sich der Verpflichtung zur Erteilung der Vermögensauskunft zu entziehen. Hierfür sprechen verschiedene Indizien.
Die Übertragung der Gesellschaftsanteil ist nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Rechtsstreit erfolgt, der mit dem Erlass des Urteils endete, das der Zwangsvollstreckung zugrunde liegt. Zu diesem Zeitpunkt war also bereits abzusehen, dass eine Zwangsvollstreckung wegen einer erheblichen Geldforderung in Höhe von 823.956,- € bevorstand.
Bereits in der Vergangenheit hatte der Beschwerdeführer den Versuch der Umstrukturierung der Gesellschaft unternommen, den das Landgericht München … wegen des Versuchs der Vereitelung der Zwangsvollstreckung und des Versuchs des Entzugs von vollstreckbarem Vermögen unterbunden hatte.
Der substantiierten Darlegung des Gläubigers dazu, dass Hintergrund der Übertragung der Gesellschaftsanteile der Versuch der Vereitlung der Zwangsvollstreckung sei, ist der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten. Zwar hat er vorgetragen, die restlichen Gesellschafter hätten sich aus dem Immobilienbereich zurückziehen und sich wieder dem ursprünglichen Geschäftsbereich, dem Handel mit Wohnwagen, widmen wollen. Nachdem der Gläubiger bestritten hat, dass es andere Gesellschafter außer dem Beschwerdeführer überhaupt gegeben habe, ist der Beschwerdeführer dem nicht entgegengetreten. Er hat die Hintergründe der Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht weiter erläutert und die Argumente des Schuldners nicht entkräftet.
Im Jahr 2020 hat der Beschwerdeführer ein im Eigentum der Schuldnerin stehendes Grundstück im Wege der gemischten Schenkung, also teilweise unentgeltlich auf eine von seiner Lebensgefährtin vertretene Gesellschaft übertragen. Es steht die Möglichkeit im Raum, dass der Beschwerdeführer in den Fristen des § 802 c Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO weitergehend unentgeltlich über das Vermögen der Schuldnerin verfügt hat. Auskunft hierüber kann in erster Linie der Beschwerdeführer erteilen. Dies gilt entgegen dem Grundsatz, dass nur der aktuelle gesetzliche Vertreter der Gesellschaft auskunftspflichtig ist, unter den konkreten Umständen auch weil im März 2022 der Versuch einer Zustellung durch das Amtsgericht … unter der im Handelsregister angegeben Geschäftsadresse der Schuldnerin daran gescheitert, dass der dortige Briefkasten überfüllt war und nicht geleert wird. Dies ist der zu den Akten gereichten Postzustellungsurkunde vom 05.03.2022 zu entnehmen. Dieser Zustand lässt den Schluss darauf zu, dass der als Nachfolger des Beschwerdeführers bestellte Geschäftsführer der Schuldnerin seinen Pflichten nicht nachkommt und als Auskunftsperson für den Gläubiger nicht zur Verfügung steht.
Sämtliche Umstände lassen es treuwidrig erschienen, wenn sich der Beschwerdeführer auf seine Abberufung als Geschäftsführer beruft. Er bleibt weiter zur Auskunft verpflichtet. Die Abgabe der Vermögensauskunft ist auch nicht unzumutbar. Es handelt sich um eine Wissenserklärung, dem Beschwerdeführer wird also nur abverlangt, die Kenntnisse mitzuteilen, die er hat. Soweit ihm die notwendigen Kenntnisse fehlen, ist nur das mitzuteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Gründe, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfordern, liegen nicht vor.