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Entscheidung 7 U 133/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 16.07.2024
Aktenzeichen 7 U 133/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0716.7U133.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 01.09.2023, Az. 8 O 58/21, abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

1) 7.049 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2021 zu zahlen;

2) 800,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2021 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

1.1. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Notebook des Herstellers Apple nach Ausübung eines gesetzlichen Widerrufsrechts. Der Kläger erwarb das Apple Macbook Pro 2,4 GHz I9 TouchBarCTO 64 GB/ 8 TB / SSD SpaceGrau Radeon Pro zum Preis von 7.049 € aufgrund einer Bestellung über die Internetplattform eBay am 30.12.2020 von der Beklagten, die den Kauf am selben Tag bestätigte.

Hinsichtlich des Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Zudem ist erstinstanzlich vorgetragen worden, dass der Kunde auf der Angebotsseite der Beklagten bei eBay die „persönliche Konfiguration“ des Gerätes hinsichtlich des Prozessors in einem Menü zwischen 2,3 GHz 8-Core i9 oder 2,4 GHz 8-Core i9 wählen konnte, hinsichtlich des Arbeitsspeichers zwischen 16,32 oder 64 GB, hinsichtlich der Festplattenkapazität „1 TB SSD - 8 TB SSD“ und hinsichtlich der Grafikkarte AMD Radeon Pro 5500M mit 4 GB oder AMD Radeon Pro 5500 M mit 8 GB. Die Auswahl war jeweils mittels eines per Mausklick aufklappbaren Menüs (drop-down-Menü) möglich. Die Konstruktion der Macbooks durch den Hersteller Apple ist so gestaltet, dass die einzelnen Komponenten mit der Hauptplatine fest verlötet und nicht ohne Beschädigung wieder voneinander getrennt werden können.

Der Kläger wählte von allen wählbaren Komponenten die leistungsstärkste Variante. Nach Erhalt des Gerätes am 23.01.2021 sandte der Kläger es an die Beklagte zurück. Dort ging es Ende Januar 2021 wieder ein. Per E-Mail vom 08.02.2021 teilte er der Beklagten zudem mit, dass er den Kauf des Gerätes widerrufe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten festgestellt, dass der Kläger sich mit der Rücknahme des Gerätes seit dem 09.03.2021 in Annahmeverzug befinde. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger kein Widerrufsrecht zustehe, da es sich bei dem bestellten Notebook um eine Ware handele, die nicht vorgefertigt und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich sei. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könne das Widerrufsrecht dennoch gegeben sein, wenn die Anfertigung aus verschiedenen Komponenten rückgängig gemacht werden und die Komponenten sodann problemlos veräußert werden könnten. Dies sei aber nicht der Fall. Im Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sei festzustellen, dass das Gerät in der gewählten hochwertigen Ausstattung nur schwer und mit großen finanziellen Preisnachlässen durch den Händler weiterzuveräußern sei. Ein vertragliches Rückgaberecht sei nicht vereinbart worden. Der Kläger sei nach Rücksendung des Notebooks auch in Annahmeverzug, da er es unterlassen habe, das Gerät bei der Beklagten innerhalb der ihm gesetzten Frist abzuholen. Ergänzend wird auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das am 04.09.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.09.2023 Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 04.11.2023 am 26.10.2023 begründet hat.

Der Kläger führt zur Begründung seines Rechtsmittels aus: Nach dem Ergebnis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens sei nicht eindeutig festgestellt, ob es sich bei dem von ihm bestellten Gerät um eine serienmäßig gefertigte Ausstattungsvariante handele oder um eine für den Kunden hergestellte Sonderanfertigung. Es hätte, da der Sachverständige diese Frage auch in einer ergänzenden Stellungnahme nicht habe beantworten können, ein weiteres Gutachten eingeholt werden müssen. Zudem sei die Einschätzung des Landgerichts, dass ein vertragliches Rückgaberecht nicht vereinbart worden sei, nicht nachvollziehbar, da nach seiner Ansicht ein Rückgaberecht in den allgemeinen Vertragsbedingungen enthalten sei.

Der Kläger beantragt,

das am 01.09.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam abzuändern und

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1. 7.049 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Diskontsatz der EZB seit dem 23.02.2021 zu zahlen;

2. 800,39 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

sowie die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die Rechtsauffassung des Landgerichts. Sie ist der Ansicht, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als erste Voraussetzung für den Ausschluss des Widerrufsrechts gelte, dass die Anfertigung der Ware nicht ohne Weiteres rückgängig gemacht werden könne. Als zweite Voraussetzung sei erkannt worden, dass die Ware nach den Angaben des Verbrauchers so individualisiert worden sein muss, dass sie für den Fall ihrer Rücknahme wirtschaftlich geringwertig sei, weil der Verkäufer sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder nur mit erheblichen Preisnachlässen absetzen könne. Beide Voraussetzungen müssten im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden und lägen hier vor. Die Grundkonfiguration des Macbooks sei ein Gerät in der geringsten Ausstattungsvariante. Sobald eine Komponente davon abweichend gewählt werde, handele es sich um eine Sonderbestellung, die nicht mehr in die Grundkonfiguration zurückgebaut werden könne. Der Kläger habe nun auch noch die höchste Ausstattungsvariante gewählt mit der Folge, dass sie, das Gerät nicht ohne weiteres absetzen könnte. Es sei vor der Bestellung des Klägers nicht bestellt worden. Ein vertragliches Rückgaberecht sei nicht vereinbart worden. Vielmehr habe sie lediglich auf das gesetzliche Widerrufsrecht hingewiesen.

Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger ist berechtigt, nach Ausübung seines gesetzlichen Widerrufsrechts die Rückzahlung des Kaufpreises von der Beklagten gemäß § 355 Abs. 3, § 357 Abs. 1 BGB zu verlangen.

1.

Dem Kläger stand ein Widerrufsrecht nach § 312c Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB zu. Der von den Parteien vereinbarte Vertrag ist ein Fernabsatzvertrag, da er ausschließlich über Fernkommunikationsmittel geschlossen worden ist. Der Kläger hat seine Bestellung auf der Angebotsseite der Beklagten bei der Internetplattform eBay abgegeben. Die Beklagte hat die Bestellung per E-Mail bestätigt.

2.

Das Widerrufsrecht des Klägers ist rechtzeitig ausgeübt worden. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 2 BGB. Sie beginnt nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit a) BGB bei Fernabsatzverträgen mit dem Zugang der Ware. Der Widerruf wurde vom Kläger durch die Rücksendung der Ware Ende Januar 2021 erklärt. Der Kläger sandte das noch originalverpackte Gerät versichert (vgl. Bl. 64) an die Beklagte zurück. Auch die Rücksendung des Gerätes kann als Widerruf angesehen werden, wenn sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Rücksendung auf anderen Umständen beruht, etwa einer Geltendmachung von Mängeln unter Aufrechterhaltung des Vertrages. Mit der Rücksendung bringt der Kunde zum Ausdruck, dass er die bestellte Ware nicht behalten möchte. Der Kläger hat hier das Notebook in der noch versiegelten Originalverpackung versichert zurückgesandt, wie sich aus der von den Parteien nicht angegriffenen Feststellung des erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen … ausweislich S. 3 des Gutachtens vom 25.06.2022 ergibt. Diese Rücksendung ist für den Empfänger erkennbar als Ausübung des Widerrufsrechts anzusehen. Zusätzlich erklärte der Kläger am 08.02.2021 den Widerruf per E-Mail über ein von der Beklagten zu diesem Zweck zur Verfügung gestelltes elektronisches Widerrufsformular (Anl B8, Bl 64 LG).

3.

Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.

Die Regelung setzt Art. 16 lit c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. L 2011/304, S. 64) um. Nach Nr. 49 der einleitenden Erwägungen zur Richtlinie sollen unter anderem für Fernabsatzverträge bestimmte Ausnahmen vom Widerrufsrecht gelten, die nach Kundenspezifikationen angefertigt oder auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, beispielsweise nach Maß gefertigte Vorhänge. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers begründet ein erhöhtes Absatzrisiko des Verkäufers. Der Verbraucher kann den geschlossenen Vertrag ohne Begründung widerrufen, unabhängig davon, ob der Verkäufer die vertraglichen Pflichten erfüllt. Der Verkäufer muss also beim Fernabsatzgeschäft damit rechnen, dass der Kunde seinen Kaufentschluss ändert oder die Ware zurückgibt, weil er sie bei einem anderen Anbieter günstiger gesehen hat. Er ist dann darauf angewiesen, die zurückgegebene Ware anderweitig zu veräußern. Dieses Risiko ist dem Verkäufer nicht mehr zuzumuten, wenn die Ware infolge etwa einer Maßfertigung nach Angaben des Käufers nicht ohne weiteres erneut verkauft werden kann (BGH, Urteil vom 19.03.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 154, 239, juris Rn. 13; Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312g Rn. 22). Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind eng auszulegen. Der Schutzzweck der Vorschrift erfasst nur die Fälle, in denen das Absatzrisiko wegen der Fertigung nach Angaben des Käufers erhöht ist.

Das vom Kläger bestellte Notebook unterliegt nicht dem Ausschluss des Widerrufsrechts. Es stellt ein Produkt dar, das nicht nach individueller Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher hergestellt wird. Vielmehr wird es vom Hersteller in verschiedenen Ausstattungen produziert und Angeboten, die vom Käufer bei der Bestellung aus den vom Verkäufer vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten gewählt werden können. Ob das Notebook, wie die Beklagte vorträgt, tatsächlich von Apple auf die konkrete Bestellung des Klägers bzw. der Zwischenhändlerin, von der die Beklagte es bezogen hat, gefertigt wurde, kann dabei dahinstehen. Denn es ist nicht maßgeblich, ob die Produktion der bestellten Ware im Voraus erfolgt oder ob sie zur Vermeidung von Lagerkosten erst entsprechend der Nachfrage vorgenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 153, 239, juris Rn. 13). Anderenfalls könnte mit einer nachfrageorientierten Produktion das Widerrufsrecht in bestimmten Fällen eingeschränkt werden.

Entscheidens ist vielmehr, dass das Notebook wird nicht nach individueller Auswahl durch den Verbraucher, sondern serienmäßig in bestimmter Bauart hergestellt und hinsichtlich der vier Komponenten Prozessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte und Festplatte gefertigt wird. Die Auswahl des Kunden aus den vom Verkäufer vorgegebenen Möglichkeiten stellt keine vom Kunden für die Produktion vorgenommene Bestimmung im Sinn der Vorschrift dar, weil es an einer individuellen, vom Verkäufer erst mit der Bestellung zu berücksichtigenden Vorgabe fehlt (vgl. OLG München, Urteil vom 18.06.2020 - 31 U 7119/19, NJW-RR 2020, 1248, juris Rn. 67; LG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2016 - 12 O 357/15, juris; MüKOBGB/Wendehorst, § 312g Rn. 17). Vielmehr stellt der Verkäufer verschiedene Varianten des angebotenen Notebooks zur Verfügung, von denen der Käufer gerade nicht abweichen kann. Der Verkäufer kann sich mithin - anders als bei einer Bestellung etwa nach konkreten Maßen - von vornherein die zu liefernde Sache beschaffen und auf Bestellung ausliefern. Da die Auswahlmöglichkeiten für die Käufer vorgegeben und begrenzt sind, ist auch das Absatzrisiko grundsätzlich geringer, als dies bei maßgefertigten Textilien oder Möbelstücken der Fall ist. Jeder Kunde ist in die Lage versetzt, aus den vorgegebenen Varianten auszuwählen, so dass aus der Zahl von Auswahlmöglichkeiten grundsätzlich auch wiederholt dieselbe Bestellung aufgegeben werden wird.

Der Umstand, dass das hier bestellte Notebook von der Beklagten nur einmal verkauft wurde und dass es nach der vom Landgericht vorgenommenen Beweisaufnahme insgesamt selten nachgefragt ist, weil die Kombination der jeweils leistungsstärksten Komponenten aus Sicht der Konsumenten selten benötigt wird und angesichts des hohen Preises für das Notebook eher konstengünstigere Alternativen mit gleicher Leistung gesucht würden, steht dem nicht entgegen. Aus Sicht des Senats ist es die vom Verkäufer und vom Hersteller vorgegebene Auswahl, die auch die Möglichkeit der Konfiguration des bestellten Notebooks ermöglicht. Handelt es sich bei bestimmten Konfigurationen tatsächlich um „Ladenhüter“, so ist dies das Risiko, dass der Verkäufer bei Geräten, die in Serie hergestellt werden, regelmäßig trägt und dass sich hier aus den von ihm eröffneten Kombinationsmöglichkeiten ergibt.

Die vom Senat vertretene Rechtsauffassung steht in Einklang zu den von der Europäischen Kommission veröffentlichten Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher (ABl C 2021/525, 1), veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union C vom 29.12.2021 zu Art. 16 der RL 2011/83/EU. Nach Ziffer 5.11.2 der Leitlinien ist Art. 16 der Richtlinie, da sie eine Ausnahme von der allgemeineren Bestimmung ist, die den Verbrauchern ein Widerrufsrecht einräumt, eng auszulegen. Erfasst sein sollen nach den Leitlinien Waren nach Spezifikationen des Verbrauchers, wie Maße für Möbel oder Abmessungen eines Stoffes, ferner Waren, für die der Verbraucher besondere, auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Eigenschaften erbeten hat, wie beispielsweise die spezielle Bauart eines Pkw, die auf Bestellung angefertigt wird oder eine besondere Komponente für einen Computer, die für den speziellen Auftrag eigens beschafft werden muss und die nicht Bestandteil des allgemeinen Angebots war, das vom Unternehmer öffentlich unterbreitet wurde“(ABl. C 2021/525, 66). Die Leitlinien führen zusammenfassend aus, dass eine Spezifikation oder Personalisierung vorliege, wenn die Waren im Prinzip einmalig sind und nach individuellen Wünschen und Anforderungen gefertigt wurden, die vom Verbraucher angegeben und mit dem Unternehmer abgestimmt wurden. Stelle der Verbraucher dagegen Waren einfach nur zusammen, indem er dies aus den vom Unternehmer angebotenen (vorgegebenen) Standardoptionen auswähle, solle weder von „Spezifikation“ noch von „Personalisierung“ im engeren Sinn dieser Bestimmung die Rede sein. Daher gelte die Ausnahme nicht bei einer Auswahl von Möbeln in einer bestimmten Farbe oder Textur nach Herstellerkatalog oder bei einer Zusatzausstattung eines Pkw, die im Herstellerkatalog aufgeführt ist, sowie bei einer Möbelgarnitur aus Standardelementen.

Schließlich steht die von der Beklagten zitierte höchstrichterliche Entscheidung (BGH, Urteil vom 19.03.2003 - VIII ZR 295/01, BGHZ 154, 239) den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen. Zu entscheiden war dort über ein aus Standardbauteilen nach einem „Baukastensystem“ zusammengestelltes Notebook, das nach der tatrichterlichen Annahme mit seiner konkreten Ausstattung nur zufällig einen anderen Käufer finden würde. Im Tatbestand des dort überprüften Berufungsurteils (OLG Frankfurt , Urteil vom 28.11.2001 - 9 U 148/01, juris) ist - anders als im hier zu entscheidenden Fall - nicht die Feststellung getroffen, dass der Kläger dort aus einer Bandbreite von vorgegebenen Ausstattungsmöglichkeiten eines Gerätes wählte. Vielmehr wurde ihm aufgrund einer telefonischen Anfrage vom Verkäufer ein Angebot unterbreitet, das er mit bestimmten Komponenten annahm und zu dem er weitere Komponenten später nachbestellte. Auf die dort maßgebliche Frage, inwieweit die Möglichkeit besteht, die einzelnen Bestandteile zu trennen, kommt es hier demgegenüber nicht an, weil die Bestellung schon nicht nach den individuellen Vorgaben des Verbrauchers vorgenommen worden ist, sondern aus der Angebotsauswahl des Verkäufers bestimmt wurde.

4.

Infolge des Widerrufs hat die Beklagte den Kaufpreis in der geltend gemachten Höhe zu erstatten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hatte bereits per E-Mail vom 10.02.2021 (Anl B9 Bl. 65) auf den Widerruf des Klägers vom 08.02.2021 (Anl B8, Bl. 64 LG) reagiert, und darin ernsthaft und endgültig die Rückzahlung des Kaufpreises verweigert. Sie hat erklärt, sie nehme den Widerruf nicht an, weil sie sich hierzu rechtlich nicht verpflichtet sehe und sie hat den Kläger aufgefordert, mitzuteilen, an welche Adresse das Gerät gesendet werden solle.

5.

Dem Kläger steht ferner aus § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren zu, weil er es nach der Ablehnung der Leistung per E-Mail vom 10.02.2021 als erforderlich ansehen durfte, einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner Forderung zu beauftragen. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts steht nicht im Streit. Die Höhe der Gebühren ist zutreffend berechnet. Dem Kläger sind als Vergütung für seinen Bevollmächtigten Kosten entstanden in Höhe einer Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nach einem Gebührensatz von 1,3, die sich nach der Gebührentabelle Stand 01.01.2021 auf 652,60 € belaufen und sich unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale in Höhe von 20 € (Nr. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer von 19 % (Nr. 7008 VV RVG) auf insgesamt 800,39 € erhöhen.

Soweit die Beklagte unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Presserecht bei Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der Abwehr von inhaltlich übereinstimmenden Folgeberichterstattungen und der Führung von zwei gerichtlichen Verfahren gegen die Betreiberin einer Internetseite und ein Medienunternehmen (BGH, Urteil vom 22.01.2019 - VI ZR 402/17- NJW 2019, 1522) in Zweifel zieht, dass der Kläger im Innenverhältnis zur Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung verpflichtet ist, ist der Einwand nicht begründet. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Gebühren außergerichtlich angefallen sind. Die Tätigkeit ist belegt durch die vorgerichtliche Korrespondenz (Anl K2, Bl. 7 LG, Anl B10, Bl. 43). Ein Zusammenhang zu Folge- oder Parallelverfahren, die den Abschluss einer Gebührenvereinbarung nahe legen könnten, besteht nicht. Der Vortrag, die Gebühren aus dem Streitwert von 7.049 € seien dem Kläger gegenüber angefallen und müssten als Verzugsschaden von der Beklagten erstattet werden, ist angesichts dieser Umstände glaubhaft und bedarf keiner weiteren Begründung oder des Nachweises.

Der Zinsanspruch bezüglich der Nebenforderung ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 291 BGB.

6.

Die Widerklage ist unbegründet, da die Beklagte zur Rücknahme des von ihr gelieferten Gerätes infolge des wirksamen Widerrufs verpflichtet war.

7.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711, § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird zugelassen gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da sich die Frage der Begründung eines Widerrufsrechts bei einem Fernabsatzgeschäft, bei dem der Besteller die bestellte Ware aus einem Angebot des Verkäufers konfiguriert, bei einer Vielzahl von Fällen für verschiedene Waren stellen kann. Die Frage der Auswahl ist zumindest in der Literatur nicht eindeutig im hier gefundenen Sinn beantwortet, da auch vertreten wird, dass die Ware nach den persönlichen Bedürfnissen des Verbrauchers angefertigt ist, wenn der Kunde aus dem Angebot des Unternehmers eine Ware komponiert, die von anderen Verbrauchern zumindest nicht regelmäßig angefordert wird (Staudinger/Thüsing (2019)§ 312g Rn. 22; BeckOGK/Busch BGB § 312g Rn. 19).

Der Streitwert wird auf 7.049 € festgesetzt, § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 1 ZPO.