Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.01.2024 | |
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Aktenzeichen | 8 TaBV 748/23 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2024:0130.8TABV748.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | §§ 77, 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG |
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 04.05.2023 – 4 BV 1/23 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1. zur Klarstellung wie folgt gefasst wird:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Ziff. 14 BetrVG anzuordnen, dass:
- ein Arbeitstag pro Woche nach Antrag für mobile Arbeit freizugeben ist und jeder weitere Tag einer gesonderten Begründung bedarf,
- primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten ist,
solange nicht der Antragsteller zugestimmt hat oder die Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt hat.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
A.
In dem Beschlussverfahren begehrt der zu 1) beteiligte Betriebsrat, es möge der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin aufgegeben werden, es zu unterlassen, bestimmte einschränkende Anordnungen bezüglich der Genehmigung von mobiler Arbeit im Betrieb der Beteiligten zu 2) zu treffen, solange nicht der Beteiligte zu 1) zugestimmt oder die Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt hat.
Die Beteiligten schlossen am 03.05.2021 eine „Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten“ (Anlage ASt2 zur Antragsschrift, Blatt 9 fortfolgende der Akte). Ihr Text lautet auszugsweise wie folgt:
„Präambel
Mobiles Arbeiten verbessert die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben, somit die Work-Life-Balance und eine erhöhte Verfügbarkeit zugunsten des Arbeitgebers. Sie ermöglicht den Arbeitnehmern dadurch beispielsweise die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen oder auch mehr Freizeit durch die Ersparnis von Fahrzeiten. (...) Neben der Unterstützung von schwerbehinderten Arbeitnehmern soll durch das Angebot vom mobilen Arbeiten die Produktivität und Selbstverantwortung gefördert, sowie eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben ermöglicht werden, (...)
(...)
§ 2
Definition
Mobiles Arbeiten im Sinne dieser Betriebsvereinbarung umfasst die Arbeit, die an einem anderen Ort als dem betrieblichen Arbeitsplatz und damit örtlich flexibel verrichtet wird.
Die Teilnahme an mobilen Arbeiten ist grundsätzlich freiwillig.
(...)
§ 3
Grundsätze und Teilnahmevoraussetzungen
Das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer bleibt beim mobilen Arbeiten in seiner bestehenden Form unberührt; lediglich Ort und Zeit der Arbeitsleistung wird geteilt. Im Rahmen dieser Vereinbarung geht es um eine zeitlich begrenzte und möglichst unbürokratische Lösung zur Ermöglichung von mobilen Arbeiten zum Schutz der Beschäftigten und Aufrechterhalten der Betriebsabläufe, sofern die Gegebenheiten dies zulassen.
Mobiles Arbeiten findet grundsätzlich nur in gegenseitigem Einvernehmen statt.
Der Antrag auf mobiles Arbeiten wird formlos per Mail beim Abteilungsleiter gestellt.
Grundsätzlich wird allen Arbeitnehmern mobiles Arbeiten ermöglicht, wenn die Tätigkeit für mobiles Arbeiten als geeignet anzusehen ist und die technische Ausstattung zur Verfügung steht.
(...)
§ 9
Schlussbestimmungen
Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft.
Die Betriebsvereinbarung kann (...) mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende gekündigt werden.
(...) Bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung wirkt die bestehende Betriebsvereinbarung nach und es gelten die Regelungen dieser Vereinbarung weiter.“
Mit E-Mail vom 26.01.2023 (Anlage ASt3, Blatt 12 der Akte) schrieb der bei der Beteiligten zu 2) als HR Manager beschäftigte Herr W zum Betreff „Mobiles Arbeiten / Freigabe ab Februar 2023“ die Führungskräfte der Beteiligten zu 2) wie folgt an:
„Ab dem ersten Februar ist bitte folgende Anpassung zu unserer Betriebsvereinbarung „Mobiles Arbeiten“ umzusetzen:
- Es bedarf für Mobile Arbeitstage der finalen Zustimmung der Geschäftsleitung (P. B. oder P. C. oder G. D. oder M. W.)
- Es ist ein Arbeitstag pro Woche nach Antrag freizugeben. Ein weiterer Tag benötigt die gesonderte Begründung.
- Primär ist die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten.“
Eine weitere E-Mail hierzu versandte Herr W am 27.01.2023 (Anlage AG1 zum erstinstanzlichen Schriftsatz der Beteiligten zu 2) vom 02.03.2023, Blatt 51 der Akte).
Mit E-Mail ebenfalls vom 27.01.2023 (Anlage ASt4, Blatt 13 der Akte) forderte der Vorsitzende des Beteiligten zu 1) den Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) auf, „die Anweisung zur Anpassung der BV mobiles Arbeiten bis spätestens 31.01.2023 (...) zurückzuziehen“.
Mit E-Mail vom 31.01.2023 wandte sich der bei der Beteiligten zu 2) als Head of Customer Service beschäftigte Herr E zu dem Thema an die Teamleiter der Beteiligten zu 2); auf Anlage ASt5 (Blatt 14 folgend der Akte) wird Bezug genommen.
Der Beteiligte zu 1) hat behauptet, es fielen circa 50 Arbeitnehmer:innen der Beteiligten zu 2) unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten. Seit Februar 2023 sei ein deutlicher Rückgang der Gewährung mobiler Arbeit zu verzeichnen.
Er hat die Auffassung vertreten, die mit E-Mail des Herrn W vom 26.01.2023 kommunizierten einschränkenden Anordnungen zur Genehmigung von mobiler Arbeit im Betrieb der Beteiligten zu 2) wichen von der Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten ab. Die Anordnungen formulierten einseitig von der Betriebsvereinbarung abweichende Tatbestandsvoraussetzungen und verkehrten den grundsätzlichen Anspruch der Arbeitnehmer/innen auf Gewährung mobiler Arbeit ins Gegenteil. Nach der Betriebsvereinbarung könne die Beteiligte zu 2) mobile Arbeit nur versagen, wenn nach ihrem Dafürhalten entweder die Tätigkeit hierfür nicht geeignet sei oder die notwendige technische Ausstattung nicht zur Verfügung stehe. Die Beteiligte zu 2) verstoße gegen die Betriebsvereinbarung und auch gegen § 87 Absatz 1 Nummer 14 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Die Anordnungen seien mitbestimmungspflichtig. Ihm stehe daher ein Anspruch auf Unterlassung dieser Anordnungen durch die Beteiligte zu 2) zu. Es handele sich zudem um einen groben Verstoß der Beteiligten zu 2) gegen ihre betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten im Sinne von § 23 Absatz 3 BetrVG.
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,
1. der Beteiligten zu 2) für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 10.000,00 EUR aufzugeben es zu unterlassen, unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Ziff. 14 BetrVG anzuordnen:
- Es bedarf für Mobile Arbeitstage der finalen Zustimmung der Geschäftsleitung (P. B. oder P. C. oder G. D. oder M. W.)
- Es ist ein Arbeitstag pro Woche nach Antrag freizugeben. Ein weiterer Tag benötigt die gesonderte Begründung.
- Primär ist die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten
solange nicht der Antragsteller zugestimmt hat oder die Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt hat.
Hilfsweise hierzu,
2. der Beteiligten zu 2) aufzugeben es zu unterlassen, unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Ziff. 14 BetrVG anzuordnen:
- Es bedarf für Mobile Arbeitstage der finalen Zustimmung der Geschäftsleitung (P. B. oder P. C. oder G. D. oder M. W.)
- Es ist ein Arbeitstag pro Woche nach Antrag freizugeben. Ein weiterer Tag benötigt die gesonderte Begründung.
- Primär ist die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten
solange nicht der Antragsteller zugestimmt hat oder die Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt hat.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat gemeint, es liege kein Verstoß, schon gar kein schwerwiegender Verstoß gegen die Betriebsvereinbarung vor. Aus dieser folge auch dann, wenn die Tätigkeit für mobiles Arbeiten geeignet sei und die technische Ausstattung zur Verfügung stehe, kein Anspruch auf die Gewährung mobiler Arbeitsmöglichkeit. Die Teilnahme an mobiler Arbeit sei nach der Betriebsvereinbarung für beide Arbeitsvertragsparteien, auch für sie, freiwillig und erfolge nur in gegenseitigem Einvernehmen. Auch gegen § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG werde nicht verstoßen. Es fehle bereits an einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme, da die Gewährung von mobiler Arbeit durch sie ohnehin freiwillig erfolge.
Ohnehin sei der Sinn der Betriebsvereinbarung bei historischer Einordnung in der Schaffung einer zeitlich begrenzten Lösung während der Hochphase der Corona-Pandemie zu sehen.
Der Antrag des Beteiligten zu 1) sei so weit gefasst, dass er viele denkbare künftige Fallgestaltungen betreffe, wobei zumindest nicht in allen Fällen Mitbestimmungsrechte betroffen seien, weshalb er insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sei. Bereits die Frage, wessen finaler Zustimmung es für mobile Arbeitstage bedürfe, betreffe eine rein in der Arbeitgebersphäre liegende Organisationsentscheidung. Ob die Zustimmungsbefugnis an nachgeordnete Hierarchieebenen delegiert werde oder nicht, sei der Mitbestimmung des Beteiligten zu 1) entzogen.
Das Arbeitsgericht hat der Beteiligten zu 2) aufgegeben, es zu unterlassen, unter Verstoß gegen § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG anzuordnen, dass ein Arbeitstag pro Woche nach Antrag freizugeben sei und jeder weitere Tag einer gesonderten Begründung bedürfe sowie, dass primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sei, solange nicht der Beteiligte zu 1) zugestimmt oder die Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt habe. Im Übrigen hat es die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Anträge seien zulässig. Sie seien aufteilbar, weil der Beteiligte zu 1) auch für jede einzelne Vorgabe aus der E-Mail vom 26.01.2023 einen eigenen Unterlassungsantrag hätte stellen können. Im Rahmen der Prüfung der Begründetheit sei der auf § 23 Absatz 3 BetrVG gestützte Hauptantrag zurückzuweisen gewesen. Ein grober Verstoß gegen Verpflichtungen aus dem BetrVG sei (noch) nicht festzustellen. Dem Hilfsantrag sei in zwei Punkten stattzugeben gewesen. Die Anordnungen, dass Anträge auf mobiles Arbeiten ab dem zweiten Tag pro Woche einer Begründung bedürften und primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sei, verstießen gegen die Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten und § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG. Sie verletzten den Durchführungsanspruch des Beteiligten zu 1) aus § 77 Absatz 1 BetrVG und sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG. Bezüglich der Modalitäten mobiler Arbeit bestehe ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht, wenn und weil die Betriebsvereinbarung einen gewissen Regelungs- und Beurteilungsspielraum auch hinsichtlich des „Ob“ der Einführung der Möglichkeit mobilen Arbeitens enthalte. Die zusätzlichen Voraussetzungen ergäben sich nicht aus einer Auslegung der Betriebsvereinbarung. Deren Laufzeit sei nicht, insbesondere nicht in Anknüpfung an die Covid-Pandemie oder Corona-Schutzmaßnahmen, beschränkt. Sie habe eine dauerhafte Zielsetzung. Einzige Voraussetzungen für die Teilnahme am mobilen Arbeiten seien nach der Betriebsvereinbarung die Geeignetheit der Tätigkeit und, dass die technische Ausstattung zur Verfügung stehe. Ein Begründungserfordernis für Anträge ergebe sich aus der Betriebsvereinbarung nicht. Die Freiwilligkeit mobiler Arbeit beziehe sich nach der Formulierung in § 2 der Betriebsvereinbarung nur auf die Arbeitnehmerseite. Hingegen verstoße die Anweisung, dass die Genehmigung von Anträgen auf mobiles Arbeiten nur durch vier namentlich benannte Personen erfolgen könne, nicht gegen die Betriebsvereinbarung, weshalb dieser Teilantrag zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen den ihr am 15.05.2023 zugestellten (Blatt 108 der Akte) Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Beteiligte zu 2) am 14.06.2023 Beschwerde eingelegt (Blatt 125 der Akte) und diese, nachdem die Frist zur Begründung der Beschwerde antragsgemäß bis zum 17.08.2023 verlängert worden ist (Blatt 128 fortfolgende der Akte), am 17.08.2023 begründet (Blatt 139 der Akte).
Die Beteiligte zu 2) verfolgt ihr Begehren, die Anträge des Beteiligten zu 1) insgesamt zurückweisen zu lassen, weiter und führt unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen aus: Das Arbeitsgericht habe durch die Aufteilung des einheitlich und kumulativ gestellten Antrags des Beteiligten zu 1) in drei getrennte Anträge nicht im Rahmen der gestellten Anträge entschieden. Richtigerweise sei infolge der Abweisung eines Teils des einheitlichen Antrags der gesamte Antrag als unbegründet abzuweisen gewesen. In der Sache beruhe der Beschluss des Arbeitsgerichts auf der falschen Grundannahme, mobile Arbeit sei nach der von den Beteiligten geschlossenen Betriebsvereinbarung stets zu genehmigen, wenn die Arbeit hierfür geeignet und die technische Ausstattung vorhanden sei. Damit würden mehrere dem entgegenstehende Regelungen der Betriebsvereinbarung außer Acht gelassen, so die Bestimmung in § 3, wonach mobiles Arbeiten ermöglicht werden solle, sofern die Gegebenheiten dies zuließen, und auch die Aufrechterhaltung der Betriebsabläufe zu berücksichtigen sei. Geeignetheit der Tätigkeit und Vorhandensein der technischen Ausstattung seien nur Mindestvoraussetzungen. Auch sei die Freiwilligkeit der Teilnahme am mobilen Arbeiten beidseitig zu verstehen. Ferner habe das Arbeitsgericht die Regelung in der Präambel übergangen, wonach es um eine zeitlich begrenzte Lösung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie gegangen sei. Als Grundsatz seien die Betriebsparteien von der Anwesenheit im Werk ausgegangen.
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
die Anträge des Beteiligten zu 1) unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 04.05.2023 – 4 BV 1/23 – zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Die Beteiligte zu 2) verkenne, dass es nicht darum gehe, ob nach der bestehenden Betriebsvereinbarung ein grundsätzlicher Anspruch auf die Gewährung mobiler Arbeit bestehe, sondern darum, ob sich der Regelung eine Begründungspflicht für Anträge auf mobiles Arbeiten ab dem zweiten Tag und ein Präsenzvorrang entnehmen ließen. Dies sei offenkundig nicht der Fall, weil die Betriebsparteien dies nicht vereinbart hätten. Auch eine Auslegung der Regelung führe nicht zu diesem Ergebnis.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Auf die unter Angabe der Blattzahl der Akten angeführten Unterlagen wird ergänzend verwiesen.
B.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Sie war mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Tenor des angefochtenen Beschlusses lediglich klarstellend durch Einfügung der Worte „für mobile Arbeit“ im ersten Anstrich unter Ziffer 1 ergänzt wird.
I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 87 Absatz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) statthaft. Die Beteiligte zu 2) hat die Beschwerde innerhalb der sich aus § 87 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 66 Absatz 1 Sätze 1 und 2 ArbGG ergebenden Fristen eingelegt und begründet. Einlegung und Begründung der Beschwerde genügen den formalen und inhaltlichen Anforderungen aus §§ 89 Absatz 2, 87 Absatz 2 Satz 1, 64 Absätze 6 und 7, 46c, 46g ArbGG, 519, 520 der Zivilprozessordnung. Insbesondere hat sich die Beteiligte zu 2) mit den Gründen des Beschlusses des Arbeitsgerichts hinreichend auseinandergesetzt.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht im tenorierten Umfang einen Unterlassungsanspruch des Beteiligten zu 1) aus § 87 Absatz 1 Nummer 14 und § 77 Absatz 1 BetrVG bejaht.
1. Die Anträge des Beteiligten zu 1) sind, soweit das Arbeitsgericht ihnen stattgegeben hat und sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind (das ist der Hilfsantrag erster Instanz), zulässig.
2. Die Anträge sind insoweit auch begründet.
a) Eine Unbegründetheit folgt entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) nicht daraus, dass es sich um einen sogenannten Globalantrag handelt.
aa) Ein sogenannter Globalantrag liegt vor, wenn im Rahmen eines Antrags auf Vornahme einer Handlung, auf Duldung, auf Unterlassung oder auf Feststellung ein abstrakt umschriebener Verfahrensgegenstand, der sich einschränkungslos auf alle denkbaren Möglichkeiten erstreckt, unter denen das geltend gemachte Recht bestehen soll, zur Entscheidung gestellt wird. Derartige Globalanträge sind unbegründet, wenn nur in einer denkbaren, hierunter subsumierbaren Fallgestaltung das geltend gemachte Recht nicht besteht. Begründet ist ein solcher Antrag, wenn der Anspruch auf Vornahme, Unterlassung oder Duldung einer Handlung unter allen denkbaren Gesichtspunkten einschränkungslos besteht. Ist dies nicht der Fall, kann dem Antrag grundsätzlich nicht nur teilweise stattgegeben werden, da dann nicht weniger, sondern etwas Anderes zugesprochen würde als beantragt (Bundesarbeitsgericht [BAG] 22.09.2021 – 7 ABR 23/20, BeckRS 2021, 45683, Randnummer 27; Ahrendt, in: GK-ArbGG, Stand Dezember 2023, § 81 Randnummern 45 fortfolgende; Roloff, in: BeckOK Arbeitsrecht, Stand 01.12.2023, § 81 ArbGG Randnummern 3 fortfolgende).
bb) Danach liegt hier kein Globalantrag vor. Hierfür ist es nicht erforderlich, auf die vom BAG anerkannte Ausnahme zu rekurrieren, wonach dann etwas Anderes gilt, wenn sich der Antrag auf voneinander zu trennende und gegeneinander klar abgrenzbare Sachverhalte bezieht und der begründete Teil schon dem Antrag selbst als Teilziel des Verfahrens zu entnehmen ist (vergleiche nur BAG10.2010 – 7 ABR 36/09, NZA 2011, 527, Randnummer 35; Ahrendt, am angegebenen Ort). Der Einwand der Beteiligten zu 2) geht vielmehr schon im Ansatz ersichtlich fehl. Der Antrag erfasst nicht eine Vielzahl von denkbaren Fallgestaltungen (Sachverhalten). Er umfasst drei konkret beschriebene Handlungen, deren Unterlassung der Beteiligte zu 1) begehrt. Es ist unproblematisch möglich, den Antrag teilweise zurückzuweisen und ihm teilweise stattzugeben, wie es das Arbeitsgericht getan hat, ohne dass damit etwas Anderes zugesprochen würde, als beantragt.
b) Dem Beteiligten zu 1) steht der vom Arbeitsgericht tenorierte Unterlassungsanspruch zu.
aa) Der Anspruch folgt zum einen aus § 77 Absatz 1 Satz 1 BetrVG in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten.
(1) Nach § 77 Absatz 1 Satz 1 BetrVG ist der Arbeitgeber zur Durchführung von Betriebsvereinbarungen verpflichtet. Damit korrespondiert ein Durchführungsanspruch des Betriebsrates. Der Betriebsrat kann diesen Anspruch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren durchsetzen, je nach Lage mit einem Antrag auf Vornahme der entsprechenden Maßnahmen oder auf Unterlassung betriebsvereinbarungswidriger Maßnahmen (statt aller: BAG04.2004 – 1 ABR 30/02, NZA 2004, 670, unter IV. 2. a) bb) (1) der Gründe; Landesarbeitsgericht [LAG] Berlin-Brandenburg 06.01.2021 – 15 TaBVGa 1440/20, BeckRS 2021, 14386, Randnummer 19; Schwarze, in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Auflage 2023, § 77 BetrVG Randnummer 71 mit weiteren Nachweisen; eingehend Ahrendt, NZA 2011, 774 fortfolgende).
(2) Die Beteiligte zu 2) handelt betriebsvereinbarungswidrig, wenn sie anordnet, dass Anträgen auf mobile Arbeit ab dem zweiten Tag pro Woche nur mit besonderer Begründung stattgegeben werden kann und dass primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sei. Dies ergibt die Auslegung der Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten.
(a) Die Auslegung des im Sinne von § 77 Absatz 4 Satz 1 BetrVG normativ wirkenden Teils einer Betriebsvereinbarung erfolgt nach den Regeln über die Auslegung von Gesetzen. Es kommt auf den objektiven Erklärungswert der Norm an, der nach dem Wortlaut sowie der Systematik und dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Bestimmungen zu ermitteln ist. Der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung sind insoweit beachtlich, als sie in der Betriebsvereinbarung erkennbaren Niederschlag gefunden haben (BAG05.2018 – 1 AZR 37/17, AP BetrVG 1972 § 77 Nummer 114, Randnummer 15; Kania, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 24. Auflage 2024, § 77 BetrVG Randnummer 30 mit weiteren Nachweisen).
(b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die beiden von der Beteiligten zu 2) angeordneten Voraussetzungen beziehungsweise Beschränkungen, wonach Anträgen auf mobile Arbeit ab dem zweiten Tag pro Woche nur mit besonderer Begründung stattgegeben werden kann und primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten ist, gegen die Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten verstoßen. Die Beschwerdekammer macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Punkt II.3. des angefochtenen Beschlusses zu eigen und verzichtet insoweit auf eine rein wiederholende Darstellung (§§ 87 Absatz 2 Satz 1, 69 Absatz 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen wird das Folgende wiederholt und ergänzt:
(aa) Zwar ist es richtig, dass es in § 3 Absatz 1 der Betriebsvereinbarung (nicht hingegen in ihrer Präambel, auf die sich die Beteiligte zu 2) insoweit irrtümlich bezieht) heißt, es gehe um eine „zeitlich begrenzte ... Lösung zur Ermöglichung von mobilen Arbeiten zum Schutz der Beschäftigten und Aufrechterhalten der Betriebsabläufe“. Es ist angesichts des Datums des Abschlusses der Betriebsvereinbarung auch plausibel, dass damit Bezug auf die SARS-CoV-2-Pandemie genommen werden sollte. Jedoch hätte es in der Konsequenz der Absicht, eine auch rechtlich zeitlich begrenzte Lösung zu schaffen, gelegen, die Betriebsvereinbarung zu befristen. Das ist nicht geschehen (vergleiche § 9 der Betriebsvereinbarung).
Zwar soll sich, wenn eine ausdrückliche Befristung in einer Betriebsvereinbarung fehlt, eine zeitliche Begrenzung auch aus dem mit ihr verfolgten Zweck ergeben können (Richardi/Picker, in: Richardi, BetrVG, 17. Auflage 2022, § 77 Randnummer 208 mit weiteren Nachweisen). Hier ist dies aber in Anbetracht zum einen des klar entgegenstehenden Wortlauts von § 9 der Betriebsvereinbarung nicht möglich. Dieser regelt, dass die Betriebsvereinbarung (nur) durch Kündigung beendet werden kann.
Der Annahme einer (gleichsam „stillschweigenden“) Befristung steht zweitens auch entgegen, dass die Beteiligten in § 9 sogar eine Nachwirkung der Betriebsvereinbarung vereinbart haben, obgleich sich diese vorliegend jedenfalls zunächst nicht aus dem Gesetz ergeben hätte. Denn nach § 77 Absatz 6 BetrVG wirken im Grundsatz nur erzwingbare Regelungen einer Betriebsvereinbarung weiter. Zum Zeitpunkt ihres Abschlusses am 03.05.2021 indes war die Betriebsvereinbarung jedenfalls keine gemäß § 87 Absatz 1 Nummer 14, Absatz 2 BetrVG erzwingbare Regelung, weil das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG erst kurz darauf, am 18.06.2021, in Kraft trat (zum Inkrafttreten: Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, BetrVG, 31. Auflage 2022, § 87 Randnummer 580; Dahm, in: Löwisch/Kaiser/Klumpp, BetrVG, 8. Auflage 2023, § 87 Randnummer 280). Es handelte sich zunächst um eine freiwillige Betriebsvereinbarung (dazu, dass freiwillige Betriebsvereinbarungen auch über die – nach § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG mitbestimmungsfreie – Einführung mobiler Arbeit möglich sind, siehe nur Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, BetrVG, 31. Auflage 2022, § 87 Randnummer 589). Gleichwohl vereinbarten die Beteiligten die Nachwirkung (zur Möglichkeit einer vereinbarten Nachwirkung freiwilliger Betriebsvereinbarungen siehe nur Werner, in: BeckOK Arbeitsrecht, Stand 01.12.2023, § 88 BetrVG Randnummer 5).
Drittens lässt sich die Annahme, eine zeitliche Begrenzung der Betriebsvereinbarung Mobiles Arbeiten ergebe sich aus dem mit ihr verfolgten Zweck, auch nicht etwa dadurch begründen, dass der Regelung außerhalb des Kontextes der SARS-CoV-2-Pandemie kein sinnvoller Regelungsgehalt zukäme. Vielmehr ergibt sich schon aus der Präambel der Betriebsvereinbarung ein von dem historischen Kontext losgelöster Regelungszweck insofern, als dort auf die (im Einzelnen auch noch näher ausgeführte) Verbesserung der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben durch mobile Arbeit hingewiesen wird. Dieses Regelungsziel behält auch unabhängig von der Pandemie seinen Sinn.
Aus der vorzitierten Formulierung in § 3 Absatz 1 der Betriebsvereinbarung kann darum die Beteiligte zu 2) argumentativ nichts zu ihren Gunsten herleiten.
(bb) Zu Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass sich die Voraussetzung eines Begründungszwangs ab dem zweiten Tag pro Woche und die Einschränkung dergestalt, dass primär eine Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sei, nicht aus der Betriebsvereinbarung ergeben. Einzige Voraussetzungen für die Gewährung mobiler Arbeit sind danach die Geeignetheit der Tätigkeit und das Vorhandensein der technischen Ausstattung. Es handelt sich nicht um Mindestvoraussetzungen, sondern um abschließende Voraussetzungen. Jedenfalls aber können gerade die von der Beteiligten zu 2) statuierten zusätzlichen Voraussetzungen und Beschränkungen nicht ergänzend in die Betriebsvereinbarung hineingelesen werden.
Nichts Anderes folgt aus der Formulierung „sofern die Gegebenheiten dies zulassen“ in § 3 Absatz 1 der Betriebsvereinbarung. „Gegebenheiten“ in diesem Sinne sind, wie der systematisch anschließende Absatz 2 verdeutlicht, dass die Tätigkeit geeignet ist und dass die technische Ausstattung zur Verfügung steht.
(cc) Die „Aufrechterhaltung der Betriebsabläufe“ ist nach § 3 Absatz 1 der Betriebsvereinbarung nicht Grenze, sondern (ein) Ziel der Ermöglichung von Mobiler Arbeit (insoweit in erkennbarer Reaktion auf die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung bestehende pandemische Lage).
(dd) Richtig hat das Arbeitsgericht auch erkannt, dass sich die Formulierung „Die Teilnahme an mobilen Arbeiten ist grundsätzlich freiwillig“ in § 2 der Betriebsvereinbarung nur auf die Arbeitnehmerseite bezieht. Das folgt schon aus der Definition von mobiler Arbeit ebenda. Eine gesetzliche oder sonst allgemeingültige Definition mobiler Arbeit gibt es nicht (Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, BetrVG, 31. Auflage 2022, § 87 Randnummer 583). In der Betriebsvereinbarung ist mobile Arbeit in § 2 aus der Arbeitnehmerperspektive definiert.
(ee) Speziell die Anordnung, wonach Anträge auf mobile Arbeit ab dem zweiten Tag pro Woche einer gesonderten Begründung bedürfen sollen, verträgt sich nicht mit den in der Präambel der Betriebsvereinbarung zum Ausdruck gebrachten Regelungszielen. Aus der Präambel folgt, dass die Gründe, die Arbeitnehmer:innen dazu bewegen können, von der Möglichkeit mobilen Arbeitens Gebrauch zu machen, nach der Vorstellung der Betriebsparteien vielfältig sind (etwa Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, Anpassung der Arbeitsbedingungen an eine Schwerbehinderung, aber auch der Gewinn an Freizeit durch die Ersparnis von Fahrzeiten). All diese – nicht einmal abschließend genannten („beispielsweise“) – Motive sind nach der Betriebsvereinbarung als legitim anzuerkennen. Hiermit wäre eine auf jeden Einzelfall (ab dem zweiten Tag) bezogene Prüfung und Bewertung der konkreten Gründe durch die Beteiligte zu 2), wie sie insbesondere in der E-Mail des Herrn E vom 31.01.2023 zum Ausdruck kommt (Blatt 14 der Akte: „weitere Tage bedürfen eines triftigen Grundes“), nicht zu vereinbaren.
(ff) Speziell bezüglich der weiteren Anordnung, wonach primär die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten sein soll, trifft es entgegen der Argumentation der Beteiligten zu 2) nicht zu, dass die ganze Betriebsvereinbarung nur Sinn ergebe, wenn der Grundsatz heiße „Anwesenheit im Werk“. Die grundsätzliche Anwesenheit im Werk ist der von den Betriebsparteien (vor Abschluss der Betriebsvereinbarung) vorgefundene status quo ante, der durch die Betriebsvereinbarung gerade verändert wird. Auch ist dann der Antrag auf Gewährung von mobiler Arbeit entgegen dem Vorbringen der Beteiligten zu 2) nicht „künstliche Förmelei“. Vielmehr ist ein Antrag erforderlich, damit die Beteiligte zu 2) die beiden Voraussetzungen „Geeignetheit der Tätigkeit“ und „Verfügbarkeit der technischen Ausstattung“ prüfen kann. Wie im Anhörungstermin vom 30.01.2024 erörtert, mag die Eignung einer Tätigkeit für mobile Arbeit im konkreten Einzelfall auch nur teilweise, gegebenenfalls auch nur für eine begrenzte Zahl von Arbeitstagen pro Woche, gegeben sein; dies ist allerdings nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens.
(gg) Insgesamt ergibt sich, dass die Betriebsvereinbarung keine Grundlage dafür enthält, dass die Beteiligte zu 2) ergänzend die von ihr einseitig angeordneten Regelungen treffen dürfte. Für die abweichende Interpretation seitens der Beteiligten zu 2) bedürfte es eines Anhaltspunktes dafür, dass die Betriebsparteien ihre Betriebsvereinbarung als ausfüllungsbedürftig angesehen hätten; daran fehlt es jedoch (vergleiche entsprechend: LAG München08.2023 – 8 TaBVGa 6/23, BeckRS 2023, 25053, Randnummer 105).
bb) Der Anspruch ergibt sich daneben auch aus § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG (zum möglichen Nebeneinander des aus dem Durchführungsanspruch und eines aus § 87 BetrVG folgenden Unterlassungsanspruchs vergleiche nur LAG Köln12.2013 – 12 TaBV 65/13, BeckRS 2014, 65325; LAG Berlin-Brandenburg 26.11.2019 – 11 TaBV 837/19, nicht veröffentlicht).
(1) Der Betriebsrat hat bei Verstößen gegen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 BetrVG einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber (konkret zu § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG: LAG München08.2023 – 8 TaBVGa 6/23, BeckRS 2023, 25053, Randnummern 95 fortfolgende).
(2) Die verfahrensgegenständlichen Anordnungen der Beteiligten zu 2) verletzen das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) aus § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG.
(a) Nach § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG hat der Betriebsrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über die Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird, (erzwingbar, Absatz 2) mitzubestimmen.
(aa) Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich lediglich auf die (inhaltliche) Ausgestaltung, also auf Fragen des „Wie“, nicht hingegen auf das „Ob“ der Einführung mobiler Arbeit (Müller, Homeoffice in der arbeitsrechtlichen Praxis, Rechtshandbuch für die Arbeit 4.0, 3. Auflage 2022, Randnummer 607; Dahm, in: Löwisch/Kaiser/Klumpp, BetrVG, 8. Auflage 2023, § 87 Randnummer 281).
(bb) Unter den Begriff der Ausgestaltung im Sinne von § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG und damit unter das Mitbestimmungsrecht fallen insbesondere Regelungen zu konkreten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte (Maschmann, in: Richardi, BetrVG, 17. Auflage 2022, § 87 Randnummer 989g; Gutzeit, in: GK-BetrVG, Band II, 12. Auflage 2022, § 87 Randnummer 1130; Dahm, in: Löwisch/Kaiser/Klumpp, BetrVG, 8. Auflage 2023, § 87 Randnummer 281; Reinartz, NZA-RR 2021, 457, 468) beziehungsweise zum zeitlichen Umfang der mobilen Arbeit (Maschmann, am angegebenen Ort; Dahm, am angegebenen Ort; Klebe, in: Däubler/Klebe/Wedde, BetrVG, 18. Auflage 2022, § 87 Randnummer 387f; Werner, in: BeckOK Arbeitsrecht, Stand 01.12.2023, § 87 BetrVG Randnummer 206b). Der Betriebsrat hat im Rahmen der Ausgestaltung mobiler Arbeit nach § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG darüber mitzubestimmen, welchen Anteil die mobile Arbeit an der betriebsüblichen Arbeitszeit im Sinne von § 87 Absatz 1 Nummer 2 BetrVG hat. Hierunter fällt auch die Mitbestimmung bei der Frage, an wie vielen Arbeitstagen das mobile Arbeiten erfolgt, welchen Anteil mithin mobiles Arbeiten an der betriebsüblichen Arbeitszeit haben kann (Salamon, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 4, 5. Auflage 2022, § 330 Randnummer 36).
(b) In dieses Mitbestimmungsrecht greift die Beteiligte zu 2) ein, wenn sie durch die Vorgabe, mehr als ein Tag mobiler Arbeit in der Woche sei nur auf gesonderte Begründung zu gewähren und primär sei die Anwesenheit im Werk zu gewährleisten, einseitig Regelungen zu dem wie oben beschriebenen zeitlichen Umfang mobiler Arbeit und zu Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte trifft. Die Anordnungen zielen auf eine einseitige Umgestaltung der Rechtslage hinsichtlich des „Wie“ der mobilen Arbeit ab (vergleiche auch LAG München08.2023 – 8 TaBVGa 6/23, BeckRS 2023, 25053, Randnummern 102 fortfolgende).
Den auch insoweit für das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts notwendigen kollektiven Bezug (vergleiche Gutzeit, in: GK-BetrVG, Band II, 12. Auflage 2022, § 87 Randnummer 1129; Kania, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 24. Auflage 2024, § 87 BetrVG Randnummer 136) hat das Arbeitsgericht mit überzeugender Begründung bejaht; hierauf wird nach §§ 87 Absatz 2 Satz 1, 69 Absatz 2 ArbGG Bezug genommen (Seite 8 der erstinstanzlichen Entscheidung, Blatt 102 der Akte).
cc) Sowohl der aus dem Durchführungsanspruch folgende als auch der auf § 87 BetrVG gestützte Unterlassungsanspruch setzen eine Wiederholungsgefahr voraus (siehe nur LAG Köln12.2013 – 12 TaBV 65/13, BeckRS 2014, 65325). Die Beteiligten und auch das Arbeitsgericht haben diese Anspruchsvoraussetzung nicht angesprochen. Nur der Vollständigkeit halber weist die Beschwerdekammer darauf hin, dass die Wiederholungsgefahr bereits durch die Verletzungshandlung der Beteiligten zu 2) in Gestalt der Anordnungen mit E-Mail vom 26.01.2023 indiziert ist (vergleiche nur BAG 28.07.2020 – 1 ABR 18/19, NZA 2021, 1509, Randnummer 24; LAG Berlin-Brandenburg 06.01.2021 – 15 TaBVGa 1440/20, BeckRS 2021, 14386, Randnummer 26). Davon, die verfahrensgegenständlichen Anordnungen für ihren Betrieb zu treffen, hat die Beteiligte zu 2) trotz entsprechender Aufforderung durch den Beteiligten zu 1) mit E-Mail vom 27.01.2023 weder vorprozessual (auch nicht durch die spätere E-Mail des Herrn W vom 27.01.2023, Blatt 51 der Akte, wie die E-Mail des Herrn E vom 31.01.2023, Blatt 14 der Akte, belegt) noch im hiesigen Verfahren Abstand genommen, sondern sie hält an diesen fest.
III. Der Tenor des angefochtenen Beschlusses war klarstellend durch Einfügung der Worte „für mobile Arbeit“ im ersten Anstrich unter Ziffer 1 zu ergänzen. Weitere klarstellende Änderungen hat die Beschwerdekammer erwogen, im Ergebnis aber nicht für geboten gehalten.
1. Klarstellungen in der Entscheidungsformel sind zulässig (für die Rechtsbeschwerdeinstanz: Tiedemann, in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Auflage 2022, § 96 Randnummer 23; für das Revisionsverfahren: Ahrendt, in: GK-ArbGG, Stand Juni 2023, § 75 Randnummer 24). Eine inhaltliche Änderung darf damit nicht verbunden sein (für das Revisionsverfahren: Ostrowicz, in: Ostrowicz/Künzl/Scholz, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage 2020, Randnummer 653).
2. Der Tenor des angefochtenen Beschlusses enthält eine Unklarheit insoweit, als dort sprachlich ein Bezug zur mobilen Arbeit fehlt. Dieser in den erstinstanzlichen Anträgen des Beteiligten zu 1) noch enthaltene sprachliche Bezug ist dadurch verloren gegangen, dass das Arbeitsgericht den Antrag insoweit, wie er sich auf die Anordnung bezog, dass es für mobile Arbeitstage der finalen Zustimmung der Geschäftsleitung bedarf, zurückgewiesen hat. Nur in diesem ersten Teilanstrich des Antrags war sprachlich auf mobile Arbeit Bezug genommen. Die Unklarheit war dadurch zu beheben, dass im ersten Anstrich unter Ziffer 1 des Beschlusstenors die Worte „für mobile Arbeit“ eingefügt wurden.
3. Die Beschwerdekammer hat als weitere Klarstellung des Beschlusstenors erwogen – und auch im Anhörungstermin vom 30.01.2024 mit den Beteiligten erörtert –, die Worte „unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Ziff. 14 BetrVG“ aus der Entscheidungsformel zu streichen, dies im Ergebnis aber nicht für geboten gehalten. Anlass für die Erwägung war die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, derzufolge der Antragsteller im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht bindend vorgeben kann, auf der Grundlage welcher Rechtsnormen ein Antragsbegehren zu prüfen ist (BAG09.2022 – 1 ABR 22/21, NZA 2022, 1616, Randnummer 12; BAG 11.12.2018 – 1 ABR 13/17, NZA 2019, 1009, Randnummer 30; Ahrendt, in: GK-ArbGG, Stand Dezember 2023, § 81 Randnummer 5). Auch die mit einem Rechtsmittel angegriffene Entscheidung kann das Prüfprogramm der Rechtsmittelinstanzen nicht auf bestimmte Rechtsnormen limitieren (BAG 11.12.2018 – 1 ABR 13/17, NZA 2019, 1009, Randnummer 30). In diesem Sinne hat das BAG auch bereits entsprechende Bezugnahmen auf Rechtsnormen im Tenor landesarbeitsgerichtlicher Beschlüsse gestrichen (etwa: BAG 15.04.2008 – 1 ABR 44/07, juris, Tenor zu 3 und Randnummern 13 fortfolgende). Allerdings ist den hierzu ergangenen Entscheidungen gemeinsam, dass jeweils unterschiedliche gesetzliche Mitbestimmungstatbestände als Anspruchsgrundlagen in Betracht kamen. So verhält es sich hier nicht. Zwar ist schon im Gesetzgebungsprozess zur Einführung von § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG diskutiert worden, ob nicht wesentliche Aspekte der Ausgestaltung mobiler Arbeit bereits nach anderen Tatbeständen des § 87 Absatz 1 BetrVG (insbesondere Nummern 1, 2, 3, 6 und 7) mitbestimmungspflichtig waren und § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG deshalb sogar überflüssig sei; der Gesetzgeber selbst wollte die Regelung als Auffangtatbestand verstanden haben (vergleiche dazu nur Gutzeit, in: GK-BetrVG, Band II, 12. Auflage 2022, § 87 Randnummer 1129; Reinartz, NZA-RR 2021, 457, 467 folgend). Mit § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG kommen jedoch auch neue Tatbestände der erzwingbaren Mitbestimmung hinzu, die nicht unter andere Mitbestimmungstatbestände fallen, und zwar, wie oben (mit Nachweisen) ausgeführt, insbesondere Regelungen zu konkreten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte beziehungsweise zum zeitlichen Umfang der mobilen Arbeit. Eben darum geht es bei den einschränkenden Anordnungen der Beteiligten zu 2). Die Erwähnung von § 87 Absatz 1 Nummer 14 BetrVG im Beschlusstenor mag danach ohne rechtliche Bedeutung sein, verursacht jedoch im Ergebnis keine Unklarheit.
C.
I. Eine Entscheidung über Kosten hat nicht zu ergehen, weil das Verfahren gerichtskostenfrei ist (§ 2 Absatz 2 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit § 2a Absatz 1 Nummer 1 ArbGG).
II. Es bestand keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die hierfür in §§ 92 Absatz 1, 72 Absatz 2 ArbGG aufgestellten Voraussetzungen nicht gegeben sind.