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Agrarsubventionen, verbundenes Unternehmen, KMU, Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen, Beziehungen zwischen Unternehmen, natürliche Personen, Auslegung, Wortlaut, Zweck, Systematik


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 15.08.2024
Aktenzeichen OVG 3 N 72/24 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0815.OVG3N72.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 3 Abs 3 Verordnung (EU) Nr. 702/2014, Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 (2003/361/EG)

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Mai 2024 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 142.796,58 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Unter Zugrundelegung des allein maßgeblichen Zulassungsvorbringens bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Der Zulassungsantrag stellt die Würdigung des Verwaltungsgerichts, wonach es sich bei der Klägerin nicht um ein Kleinstunternehmen bzw. ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU), sondern um ein verbundenes Unternehmen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 1 Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 handelt, nicht schlüssig in Frage, wobei die Begriffe auf die Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG) – KMU-Empfehlung - zurückgehen. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es für die Eigenschaft als verbundenes Unternehmen ausreicht, wenn die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 1, lit. a Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 (bzw. der KMU-Empfehlung) – wie hier – erfüllt sind, weil an der Klägerin u.a. ein anderes Unternehmen – die F_____ mbH, an der wiederum zu 94% die O_____ AG beteiligt ist - 90% der Anteile und damit die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter hält.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht ferner zutreffend angenommen, dass es angesichts dieser Sachlage für die Beantwortung der Frage, ob es sich um ein verbundenes Unternehmen oder aber um ein KMU handelt, nicht (zusätzlich) darauf ankommt, ob die Klägerin und die weiteren Unternehmen gemäß Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 4 Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 bzw. der KMU-Empfehlung durch eine natürliche Person miteinander in einer der in Unterabsatz 1 genannten Beziehungen stehen, und diese Unternehmen in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind, wobei die Klägerin Letzteres verneint.

Der klare Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 4 Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702/2014 bzw. der KMU-Empfehlung streitet nicht für die von dem Rechtsmittel favorisierte Auslegung. Er ist hierfür auch nicht offen, sondern spricht vielmehr eindeutig gegen die Ansicht der Klägerin. Dessen Formulierung, zu der insbesondere auch das von dem Zulassungsantrag hervorgehobene Wort „gleichermaßen“ gehört („Unternehmen, die durch eine natürliche Person oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen miteinander in einer dieser Beziehungen stehen, gelten gleichermaßen als verbundene Unternehmen, sofern diese Unternehmen ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind“), verdeutlicht, dass es sich hier nicht um eine Einschränkung von Unterabsatz 1, sondern um eine weitere Fallgruppe handelt, für die dieselben Regelungen gelten sollen wie für verbundene Unternehmen im Sinne von Unterabsatz 1. Diese Fallgruppe tritt – ebenso wie die in Abs. 3 Unterabsatz 3 angeführte Fallgruppe - eigenständig neben die von Abs. 3 Unterabsatz 1 erfassten verbundene Unternehmen und wird diesen – obwohl die Tatbestandsvoraussetzungen des Unterabsatzes 1 nicht vorliegen, weil nicht die dort genannten Unternehmen, sondern (nur) natürliche Personen in der von der Regelung erfassten Beziehung stehen  gleichgestellt („gelten gleichermaßen als verbundene Unternehmen“). Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet, dass es sich hier gerade nicht um verbundene Unternehmen im Sinne von Abs. 3 Unterabsatz 1 handelt, sie jedoch als solche „gelten“.

Vor diesem Hintergrund findet sich für die These des Zulassungsantrags, Unterabsatz 4 müsse als (weitere) Einschränkung für (bereits) von Unterabsatz 1 erfasste verbundene Unternehmen interpretiert werden, in dem Wortlaut der Regelung kein Anknüpfungspunkt. Unterabsatz 4 bezieht sich auf Unternehmen, die  wenn die dort genannten Beziehungen zwischen natürlichen Personen bestehen – als verbundene Unternehmen gelten, ohne dass die Voraussetzungen des Unterabsatzes 1 erfüllt sind.

Der Zulassungsantrag legt ferner nicht mit Erfolg dar, dass sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung etwas anderes ergeben könnte. Abgesehen davon, dass der von der Klägerin behaupteten teleologischen Auslegung bereits der klare und eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegensteht, bleibt das Rechtsmittel eine nachvollziehbare Erklärung dafür schuldig, warum der Unionsgesetzgeber die in Abs. 3 Unterabsatz 1 genannten Fälle, in denen ein Unternehmen aus seiner Sicht bereits über eine stärkere Wirtschaftskraft als ein KMU verfügt, einer weiteren Einschränkung mittels Unterabsatz 4 unterwerfen wollte, indem er zusätzlich auf die hinter dem Unternehmen bzw. hinter der juristischen Person stehende (natürliche) Person abstellt. Der Verweis des Zulassungsantrags auf Erwägungsgrund 12 der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 (2003/361/EG) führt nicht weiter. Bereits aus dessen Wortlaut ergibt sich klar, dass es insoweit (nur) um Unternehmen geht, zwischen denen durch natürliche Personen bestimmte Beziehungen bestehen, die zwar keine in Erwägungsgrund 11 behandelte verbundene Unternehmen darstellen, hinsichtlich derer es aber „gleichermaßen wünschenswert“ ist, nicht als KMU qualifiziert zu werden, wenn sie auf dem gleichen relevanten Markt oder auf benachbarten Märkten tätig sind. Demgegenüber geht aus Erwägungsgrund 11 ebenso eindeutig hervor, dass die Definition des verbundenen Unternehmens eine derartige Einschränkung nicht kennt. Dies ergibt sich aus dem dort in Bezug genommenen Art. 1 der Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983, der allein auf die Beteiligungs- und Stimmrechte bzw. den beherrschenden Einfluss eines Unternehmens auf ein anderes abstellt. Dies spiegelt sich dementsprechend in Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 1 Anhang der KMU-Empfehlung wider.

Schließlich lässt sich nach alledem auch der „Systematik“ nicht entnehmen, dass es darauf ankommen soll, ob am Ende der „Beteiligungskette“ eine natürliche Person steht, sondern entscheidend ist allein – wie ausgeführt -, ob zwischen zwei Unternehmen die in Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 1 a) bis d) beschriebenen Beziehungen bestehen.

Nichts anderes ergibt sich aufgrund einer systematischen Auslegung unter Berücksichtigung des von dem Zulassungsantrag genannten Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27. Februar 2014 – C-110/13 –. Dort ging es mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen von Abs. 3 Unterabsatz 1 gerade nicht um die Frage, wann Unternehmen im Sinne von Unterabsatz 1 verbundene Unternehmen darstellen, sondern um einen anderen Sachverhalt, nämlich um die Frage, ob Unternehmen, die in keiner der in Unterabsatz 1 genannten Beziehungen stehen, aber wegen der Rolle, die natürliche Personen oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen spielen, dennoch eine einzige wirtschaftliche Einheit darstellen können (Rn. 34). Im Übrigen hat der Gerichtshof auch entschieden, dass der Begriff der KMU (wegen der ihnen nur ausnahmsweise gewährten Vorteile) eng auszulegen ist (Rn. 32), wohingegen der Zulassungsantrag eine über den Wortlaut hinausgehende erweiterte Auslegung anstrebt. Dass die von der Beklagten in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Regelung vorgenommene Würdigung wegen des zufälligen Aufbaus eines Unternehmens willkürlich sein könnte, liegt fern. Es ist – wie dargelegt - vielmehr gerade sachgerecht, bei Erfüllung der in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzungen nicht zusätzlich die hinter dem jeweiligen Unternehmen stehenden Strukturen bis an das „Ende der Kette“ zu verfolgen.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nicht mit Erfolg dargelegt. Die Auslegung der hier streitigen Regelung ist schon von ihrem Wortlaut her eindeutig und bedarf – wie ausgeführt- keiner weiteren Klärung, was im Übrigen auch der Zulassungsantrag nicht mit Erfolg aufzeigt.

Wird grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend gemacht, muss eine verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und erläutert werden, warum diese entscheidungserheblich ist und der Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Eine solche für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage bezeichnet der Zulassungsantrag nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).