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Lehrerin, keine Studienrätin, Statusamt, Beförderungsamt, gleiche Funktion, gerechte Bewertung, ungleiche Bezahlung, unterschiedliche Vorbildung, Ausbildung, Laufbahnen, Laufbahnprinzip, Laufbahnzweig Lehrer mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern, Laufbahnzweig Studienrat, EU-Recht


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 29.07.2024
Aktenzeichen OVG 4 N 64/23 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0729.OVG4N64.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG, § 18 BBesG BE

Leitsatz

Zur ungleichen Besoldung von Beamten verschiedener Laufbahnzweige bei gleicher Funktion.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. September 2023 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf über 30.000 bis 35.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das Gericht prüft nur die von der Klägerin, einer Sekundarschulrektorin der Besoldungsgruppe A 13 mit Amtszulage, dargelegten Gründe (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Gemessen an deren Darlegungen hat das Verwaltungsgericht die Klage mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin mit Wirkung vom 1. März 2019, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 einzuweisen, zu Recht abgewiesen.

1. Die Klägerin macht ohne Erfolg ernstliche Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und auch die Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses solchen Zweifeln unterliegt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. April 2020 – OVG 4 N 24.19 – juris Rn. 1).

Die Klägerin rügt eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, für die ein Sachgrund, anders als das Verwaltungsgericht annehme, nicht zu erkennen sei. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei unergiebig. Dessen zentrales Argument sei falsch, wegen einer unterschiedlichen Vorbildung trotz gleicher Tätigkeit sei eine unterschiedliche Bezahlung der Arbeit zu rechtfertigen. Konkretisierungen des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß §§ 18, 25 BBesG bzw. des Berliner Übergangsgesetzes würden nicht erwogen. Das Gesetz verlange, die Funktionen der Beamten nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen. Es müsse auch mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG von einem problematischen Auseinanderklaffen von Amt und Funktion gesprochen werden. Es sei verfassungsrechtlich zweifelhaft, wenn unterschiedlich besoldete Beamte in verschiedenen Statusämtern, die lediglich durch die Vorbildung getrennt seien, faktisch die gleiche Tätigkeit ausübten. Das werde auch durch den Alimentationsgrundsatz nicht getragen. Es gehe nicht an, von der Klägerin eine Weiterbildung zu verlangen, um besser besoldet zu werden.

Die Klägerin zeigt mit diesen Rügen keinen Fehler des ausdrücklich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung bezogenen Urteils des Verwaltungsgerichts auf. Es steht vielmehr aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fest, dass gegen die vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellte einfachrechtliche Rechtslage, aus der sich die Besoldung der Klägerin ergibt, verfassungsrechtlich nichts zu erinnern ist. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bindet gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG die übrigen Gerichte.

Für die Höhe der Besoldung ist das in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Alimentationsprinzip entscheidend. Nach diesem Prinzip richtet sich die Besoldung maßgeblich nach dem jeweiligen Statusamt (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 49). Das Statusamt wird durch die Amtsbezeichnung, das vom Besoldungsgesetzgeber zugewiesene Endgrundgehalt und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Laufbahn oder Laufbahngruppe bestimmt (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2021 – 2 A 1.21 – juris Rn. 26). Der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung, wie er in § 18, ferner in § 25 BBesG BE zum Ausdruck kommt, hat zur Folge, dass Beamte eines Dienstherrn mit gleichen oder vergleichbaren Dienstposten derselben Laufbahn in der Regel gleich zu besolden sind (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2012 – 2 BvL 4/09 – juris Rn. 59). Die Klägerin rügt allerdings die Ungleichbehandlung im Vergleich mit Lehrkräften, die sich in einem höheren Statusamt befinden und einem anderen Laufbahnzweig angehören. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit geklärt, dass gemäß Art. 33 Abs. 5 GG mit einem höheren Statusamt nicht stets auch eine höhere Funktion verbunden sein muss (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 40). Aus der von der Klägerin behaupteten Gleichartigkeit der wahrgenommenen Funktionen bei unterschiedlichen Statusämtern folgt mithin noch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Dieser ergibt sich auch nicht aus den Unterschieden im Statusamt. Denn es ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts möglich, den Grad der Vorbildung als Anknüpfungspunkt für den Laufbahn(zweig) festzulegen. Das Laufbahnprinzip, wonach für die Einstellung und das berufliche Fortkommen des Beamten Laufbahnen mit jeweils typisierten Mindestanforderungen bestehen, gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 36 und vom 12. Februar 2003 – 2 BvR 709/99 – juris Rn. 51). Zulässige Mindestanforderungen können die Art der Berufsausbildung sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 17). Das auf die Ausbildung abstellende Laufbahnrecht mag rechtspolitisch kritisiert werden (vgl. Voßkuhle/Kaiser, in: Voßkuhle/Eifert/Möllers, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II, 3. Aufl. 2022, § 41 Rn. 37 und 119), wahrt jedoch den verfassungsrechtlichen Rahmen.

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe die Grundsätze der Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Oktober 2006 – C-17/05 – und vom 11. Mai 1999 – C-309/97 – außer Acht gelassen. Danach dürfe die Einstufung der Wertigkeit eine Arbeitsleistung nicht auf die individuelle Leistung oder das persönliche Alter oder Dienstalter abstellen. Unterschiede in der Vor- und Ausbildung dürften berücksichtigt werden, aber nur, wenn die zu einer höheren Einstufung führende Ausbildung sich von der anderen Ausbildung dadurch unterscheide, dass erstere zu anderen Aufgaben berechtige und diese den höher eingestuften Beschäftigten auch zugewiesen würden.

Die Einwände der Klägerin zeigen keinen Rechtsfehler des Urteils auf. Das jüngere Urteil des Europäischen Gerichtshofs betrifft nicht die Qualität der Berufsausbildung als Einstellungsvoraussetzung. Das ältere Urteil beantwortete in einem Fall, in dem einerseits Ärzte, andererseits Psychologen in einer österreichischen Gebietskrankenkasse anscheinend gleiche Tätigkeiten auszuüben hatten, die Vorlagefrage damit, dass eine gleiche Arbeit im Sinne des (damaligen) Artikels 119 EWGVtr oder der Richtlinie EWGRL 117/75 nicht vorliege, wenn eine gleiche Tätigkeit über einen erheblichen Zeitraum von Arbeitnehmern mit unterschiedlicher Berufsberechtigung ausgeübt werde (EuGH, Urteil vom 11. Mai 1999 – C-309/97 – juris Rn. 23). Der Europäische Gerichtshof hatte in der Begründung dieser Antwort darauf abgestellt, dass die als Psychotherapeuten beschäftigten Psychologen und Ärzte zwar eine anscheinend identische Tätigkeit ausübten, sich jedoch bei der Behandlung ihrer Patienten auf in sehr verschiedenen Fachrichtungen erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten stützten, die bei den einen auf einem Psychologiestudium und bei den anderen auf einem Medizinstudium beruhten. Weiter führte der Europäische Gerichtshof das Argument des vorlegenden Gerichts an, dass zwar Ärzte wie Psychologen konkret eine psychotherapeutische Arbeit ausübten, die Ärzte jedoch berechtigt seien, auch andere Tätigkeiten in einem anderen Bereich auszuüben, der den Psychologen, die nur eine Tätigkeit als Psychotherapeut ausüben könnten, nicht offenstehe (EuGH, Urteil vom 11. Mai 1999 – C-309/97 – juris Rn. 20). Angesichts dieser europarechtlichen Vorgaben verfängt nicht das Argument der Klägerin, wonach im Verlauf eines Berufslebens die Ausbildung (das Studium) immer weniger prägend für die aktuell ausgeübte Tätigkeit sei. Die Klägerin geht in ihrer Zulassungsbegründung außerdem mit keinem Wort auf die anderen Bereiche ein, die im Laufbahnzweig der Studienrätin und des Studienrats im Wege der Beförderung erreicht werden können (§ 11 BLVO) und einer Beamtin im Laufbahnzweig der Lehrerin – mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern – (§ 9 BLVO) nicht offenstehen.

2. Die Klägerin nimmt besondere Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) an. Eine Rechtssache weist – nach einer Auffassung – besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund der summarischen Prüfung im Zulassungsverfahren als offen erscheint (so Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 106, 118; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 27 f.; in dieser Richtung der Beschluss des Senats vom 10. Juni 2010 – OVG 4 N 37.08 – juris Rn. 12). Nach anderer Auffassung sind besondere Schwierigkeiten gegeben, wenn die Streitsache überdurchschnittliche Schwierigkeiten macht, nämlich Schwierigkeiten, die das normale Maß übersteigen. Die Rechtssache muss Probleme aufwerfen, die das Verfahren in seinem Schwierigkeitsgrad von den in der verwaltungsgerichtlichen Praxis regelmäßig zu entscheidenden Streitsachen abheben (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2017 – OVG 10 N 21.14 – juris Rn. 16; Rudisile, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 124 Rn. 28; beide Auffassungen zusammenführend: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Dezember 2020 – OVG 2 N 65.17 – juris Rn. 29 <kumulativ>; Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 29 f. <alternativ>). Jedenfalls ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes erforderlich, dass die Fragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, konkret bezeichnet werden und erläutert wird, worin die besondere Schwierigkeit besteht (OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 29. März 2017 – OVG 10 N 21.14 – juris Rn. 16 und vom 15. August 2019 – OVG 11 N 118.17 - juris Rn. 15).

Die Klägerin meint, es sei nicht einfach zu entscheiden, ob die unterschiedliche besoldungsrechtliche Behandlung von Lehrern mit unterschiedlicher Vorbildung, aber gleicher Tätigkeit gegen höherrangiges Recht verstoße oder mit Europarecht unvereinbar sei.

Damit werden von der Klägerin nach keiner Auffassung besondere Schwierigkeiten der Rechtssache aufgezeigt. Soweit die Klägerin auf deutsches Verfassungsrecht zielt, ist die Frage, wie dargestellt, vom Bundesverfassungsgericht längst entschieden. Soweit die Klägerin das Recht der Europäischen Union in den Blick nimmt, führt sie über ihre knappen Ausführungen zu zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofes hinausgehend keine besonderen Schwierigkeiten vor Augen. Aus den beiden Urteilen ergibt sich, wie dargelegt, nicht das Verbot unterschiedlicher Besoldung bei gleicher Tätigkeit und unterschiedlicher Vorbildung. Die Klägerin erläutert in ihrer Zulassungsbegründung nicht, welchen fallbezogenen Aspekten der Senat vor dem Hintergrund der zitierten Urteile des Europäischen Gerichtshofs in einer Berufungsverhandlung nachgehen müsste.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG. Die Klage betraf die Verleihung eines anderen Amts. Die Klägerin verfolgte das Ziel, den Beklagten zu verpflichten, sie (bei gleichbleibender Amtsbezeichnung) in eine Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe einzuweisen. Die Klägerin begehrte im Ergebnis die Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Grundgehalt im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG. Ein anderes Amt ist nicht erst bei einer Änderung der Amtsbezeichnung gegeben, wie sich im Vergleich der genannten Vorschrift mit § 10 Abs. 1 Nr. 3 BBG und mit § 8 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG ergibt (so auch Hoffmann, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand September 2023, § 8 BeamtStG Rn. 71). Der Senat hat mit Beschluss vom selben Tag – OVG 4 L 3/24 – den erstinstanzlichen Streitwert geändert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).