Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 06.08.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 N 35/23 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0806.OVG10N35.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 33 Abs 2 GG, § 21 BBG, § 49 BLV, § 50 BLV, Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des BMI (ohne Bundespolizei) vom 7. April 2017 |
Die Gleichgewichtung der Einzelmerkmale für die Gesamtnote einer dienstlichen Beurteilung muss sich aus der Beurteilungspraxis der betroffenen Behörde(n) bzw. einer ausdrücklichen Vorgabe der Beurteilungsrichtlinie ergeben. Allein die Offenheit der Regelungen der Beurteilungsrichtlinie für eine dahingehende Auslegung genügt insoweit nicht.
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. April 2023 wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Die unterlegene Beklagte beantragt die Zulassung der Berufung gegen ihre vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung zur Neubeurteilung der Klägerin. Die als Bürosachbearbeiterin beim Bundesamt beschäftigte Klägerin erhielt am 2019 postalisch eine Regelbeurteilung vom 2019 für den Beurteilungszeitraum 2014 bis 2015, welche auf der Grundlage der Richtlinie für die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des BMI (ohne Bundespolizei) vom 7. April 2017 erstellt worden war. Darin wurde die Klägerin von beiden Beurteilenden übereinstimmend bei den Leistungsmerkmalen mit zehnmal der Note 7, zweimal der Note 8 und zweimal der Note 6 bewertet. Die Notenskala für die Leistungsbewertung und das Gesamturteil reicht von 1 (entspricht in keiner Weise den Anforderungen) bis 9 (übertrifft die Anforderungen durch stets besonders herausragende Leistungen). Bei den Eignungs- und Befähigungsmerkmalen wurde die Klägerin ebenfalls übereinstimmend siebenmal mit der Einstufung B, dreimal mit der Einstufung C und einmal mit der Einstufung A bewertet. Die Skala bei den Eignungs- und Befähigungsmerkmalen reicht von A (besonders stark ausgeprägt) bis D (schwächer ausgeprägt). Anschließend an die Eignungs- und Befähigungsmerkmale gibt es im Beurteilungsformular ein Ankreuzfeld „Die Eignungs- und Befähigungsbeurteilung gibt Anlass, für die Bildung der Gesamtnote über die Leistungsbewertung hinauszugehen oder hinter ihr zurück zu bleiben (vgl. Ziffer 4.5 BuRiLi), weil Eignung und Befähigung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters von den Anforderungen des Amtes deutlich abweichen“, welches bei der Klägerin mit „nein“ markiert ist.
Die Klägerin erhielt sowohl von der Erst- als auch der Zweitbeurteilerin die Gesamtnote 7 („übertrifft die Anforderungen durch häufig herausragende Leistungen“). Für die Gesamtnote findet die gleiche Bewertungsskala Anwendung wie für die Einzelmerkmale der Leistungsbewertung. In der zusammenfassenden Begründung der Erstbeurteilung wurde zur Gesamtnote wie folgt ausgeführt:
„Bei angemessener Berücksichtigung der zwei einzubeziehenden Beurteilungsbeiträge für ihre Tätigkeit im Referat konnte die Gesamtnote ‚7 Punkte‘ vergeben werden. Die Einstufung bei den Leistungsmerkmalen ‚Dienstleistungsorientierung‘ und ‚Zuverlässigkeit‘ sticht dabei besonders positiv hervor. Hier hat die Beamtin die an sie gestellten Anforderungen überwiegend übertroffen; sie war immer bestrebt, die ihr zugeteilten Aufgaben verlässlich und umsichtig zu bearbeiten und die Sachbearbeiter/innen sowie die Referatsleitung dadurch zu entlasten.“
Gegen die Beurteilung legte die Klägerin mit Schreiben vom 2019 Widerspruch ein. Die Klägerin erhob am 2019 Untätigkeitsklage und hat den Widerspruchsbescheid vom 2019 in das Verfahren einbezogen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 2023 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung und des Widerspruchsbescheids verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen. Dagegen wendet sich die Beklagte.
II.
Der ausschließlich auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. November 2020 - OVG 10 N 68.20 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Dies gelingt dem Zulassungsvorbringen der Beklagten (Schriftsätze vom 2023 und vom 2023) nicht in Bezug auf die Annahme des Verwaltungsgerichts, der dienstlichen Beurteilung fehle es an einer hinreichend plausiblen Begründung der Gesamtnote im Sinne einer Herleitung aus den Einzelmerkmalen (1.). Da insoweit bereits ein Zulassungsgrund nicht mit Erfolg dargelegt worden ist, kommt es auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel hinsichtlich der selbständig tragenden Annahme des Verwaltungsgerichts, die Begründung des Gesamtergebnisses genüge auch im Hinblick auf die Einbeziehung der Eignungs- und Befähigungsmerkmale nicht den Anforderungen an ihre Plausibilisierung, nicht mehr an (2.).
1. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die dienstliche Beurteilung sei rechtswidrig, weil es ihr an einer hinreichend plausiblen Begründung der Gesamtnote im Sinne einer Herleitung aus den Einzelmerkmalen fehle. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, in der Gesamteinschätzung komme die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Leistungsmerkmale nicht hinreichend zum Ausdruck. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2021 - BVerwG 2 C 2.21 -, juris Rn. 42) sei insbesondere bei im sogenannten Ankreuzverfahren erstellten Beurteilungen eine gesonderte Begründung des Gesamturteils erforderlich, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet werde. Es sei eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen Gesichtspunkte vorzunehmen. Der Begründung der streitgegenständlichen Beurteilung lasse sich nicht hinreichend entnehmen, welche Gesichtspunkte für die Bildung der Gesamtnote 7 bestimmend gewesen seien. Es fehle an einer Erläuterung, wie sich die Bewertung der Einzelmerkmale auf die Festlegung der Gesamtnote ausgewirkt habe bzw. welches Merkmal mit welchem Gewicht in die Gesamtbewertung eingegangen sei. Die Begründung des Gesamtergebnisses sei auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9. Mai 2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 65) entbehrlich, weil sich die vergebene Note 7 – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf null – geradezu aufdrängen würde. Auch die Beurteilungsrichtlinie enthalte keine konkrete Vorgabe, wie die Gesamtbewertung zu erfolgen habe.
a. Die Beklagte wendet dagegen ein, die Gesamtnote 7 dränge sich im Sinne der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf. Dies ergebe bereits eine einfache Berechnung des Durchschnitts der Einzelnoten der Leistungsmerkmale. Eine andere Gesamtnote wäre nur vorstellbar, wenn gerade die mit 6 oder 8 bewerteten Einzelmerkmale besonders zu gewichten seien, was die Beklagte aber nicht getan habe. Die Beurteilungsrichtlinie vom 7. April 2017 sehe in Ziff. 4.1 – anders als die Vorgängerregelung vom 13. September 2011 – bewusst keine Gewichtung vor, was bedeute, dass die Kriterien gleichgewichtet seien. Dies sei auch weder generell noch im konkreten Fall wegen des Inhalts der vorliegend bewerteten Kriterien unzulässig, weil insofern jedenfalls keine Willkür erkennbar sei. Soweit das Verwaltungsgericht in der Regelung der Ziff. 4.5 der Beurteilungsrichtlinie, wonach aus den einzelnen Leistungsmerkmalen unter Würdigung des Gesamtbildes der Leistung eine Gesamtnote zu vergeben sei, offenbar Vorgaben zur Bildung der Gesamtnote vermisse und einen Freiraum vermute, treffe dies nicht zu. Eine weitergehende Konkretisierung des Begriffes „Würdigung“ sei zum Zweck der Nachvollziehbarkeit der Gesamtnote nicht erforderlich und der Begriff stehe einer Gleichgewichtung der Einzelnoten auch nicht entgegen.
Damit wird das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage gestellt. Es ist – was die Beklagte auch nicht beanstandet – von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen: In ständiger Rechtsprechung verlangt das Bundesverwaltungsgericht (zuletzt etwa Urteil vom 12. Oktober 2023 - 2 A 7.22 -, juris Rn. 32 m.w.N.; Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, juris Rn. 65; grundlegend Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -, juris Rn. 30 ff.) – und ihm folgend auch der Senat (vgl. etwa Beschluss vom 18. August 2020 - OVG 10 N 43.17 -, juris Rn. 13 m.w.N.; Beschluss vom 24. September 2018 - OVG 10 S 47.18 -, juris Rn. 11; Beschluss vom 29. Mai 2018 - OVG 10 S 66.16 -, juris Rn. 13) – eine Begründung des Gesamturteils einer Regelbeurteilung. Diese Pflicht folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) sowie der Funktion der dienstlichen Beurteilung, als tragfähige Grundlage für eine an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Auswahlentscheidung zu dienen. Wie die einzelnen Auswahlkriterien zu gewichten sind, geben weder Art. 33 Abs. 2 GG noch § 9 Satz 1 BBG unmittelbar vor. Im Rahmen des ihm zustehenden Spielraums ist es daher Sache des Dienstherrn festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen beimessen will. Das abschließende Gesamturteil ist durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen auf die Auswahl nach Art. 33 Abs. 2 GG bezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Diese Gewichtung bedarf schon deshalb einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden kann. Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung müssen in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten lässt. Die Begründung des Gesamturteils hat schon in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen. Sie ist materieller Bestandteil der dienstlichen Beurteilung selbst und kann nicht erst im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden.
Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind jedoch umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf null – geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 43; Urteil vom 17. September 2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 37; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. August 2020 - OVG 10 N 43.17 -, juris Rn. 13 m.w.N.).
Die Auffassung des Zulassungsvorbringens, wonach sich die Gesamtnote 7 im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung aufdränge, geht von der Annahme aus, der Dienstherr habe die Gleichgewichtung der Einzelmerkmale im Rahmen der Leistungsbeurteilung in der Beurteilungsrichtlinie vom 7. April 2017 vorgegeben. Zunächst ist rechtlich in erster Linie die Gewichtung in der Beurteilungspraxis der betreffenden Behörde maßgeblich (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 19), nicht der Inhalt einer Verwaltungsvorschrift (Beurteilungsrichtlinie), deren Beachtung in der Praxis zwar naheliegt, aber nicht zwangsläufig vorausgesetzt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 18, 31 f. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. September 2019 - 6 B 852/19 -, juris Rn. 101). Angaben zur Praxis der Gewichtung im Geschäftsbereich des BMI (ohne Bundespolizei) enthält das Zulassungsvorbringen nicht, sondern begründet die angenommene Gleichgewichtung allein mit einem Vergleich der Beurteilungsrichtlinie vom 7. April 2017 mit der Vorgängerregelung vom 13. September 2011, welche noch eine besondere Gewichtung von bis zu zwei Leistungsmerkmalen vorgesehen habe. Dass in Ziff. 4.1 der Beurteilungsrichtlinie vom 7. April 2017 eine derartige Gewichtung nicht mehr enthalten sei, bedeute, dass die einzelnen Leistungsmerkmale gleich zu gewichten seien. Dies sei ohne weitere Mühe oder Auslegungstechniken erkennbar. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die Regelung in Ziff. 4.5 Absatz 1 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie zur Bildung der Gesamtnote („Aus den einzelnen Leistungsmerkmalen ist unter Würdigung des Gesamtbilds der Leistung eine Gesamtnote zu vergeben.“) ist vielmehr offen für verschiedene Auslegungsergebnisse. Mit dem Begriff der „Würdigung“ wird vorgegeben, dass eine solche Würdigung zu erfolgen hat; es wird aber gerade nicht festgelegt, wie und mit welchem Ergebnis dies geschehen soll. Eine Gleichgewichtung der Einzelmerkmale ist damit nicht ausgeschlossen, aber auch nicht ausdrücklich normiert (vgl. für eine ähnliche Regelung OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. September 2019 - 6 B 852/19 -, juris Rn. 80). Die zitierte Regelung ist ebenso offen für die Auslegung des Verwaltungsgerichts, dass sie keine Vorgaben für die Gewichtung der Einzelmerkmale enthalte und somit defizitär ist. Die Offenheit des Wortlauts für eine Gleichgewichtung bietet ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Regel des Inhalts, dass die Einzelmerkmale gleich zu gewichten sind, solange nichts anders bestimmt ist, oder dafür, dass eine gleichwertige Behandlung dann „stillschweigend vorgegeben“ würde. Dieses Verständnis überdehnt den Wortlaut. Der Umstand, dass ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab bestimmt sein müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 – BVerwG 2 A 10.17 – juris Rn. 45), aber nicht bestimmt ist, reicht für die Annahme einer stillschweigenden Vorgabe nicht aus, sondern führt – wie vom Verwaltungsgericht festgestellt – auf diejenige eines Rechtsfehlers (vgl. für eine ähnliche Regelung OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. September 2019 - 6 B 852/19 -, juris Rn. 100).
Unabhängig davon ist es durchaus zweifelhaft, ob die Beklagte – die Gleichgewichtung der einzelnen Leistungsmerkmale unterstellt – sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Entbehrlichkeit einer Begründung des Gesamturteils aus den Einzelbewertungen in Fällen einer zulässigen rein rechnerischen Ermittlung der Gesamtnote berufen könnte. Danach ist die Vorgabe einer gleichen Gewichtung aller Einzelmerkmale bei der Bildung der Gesamtnote grundsätzlich zulässig (BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 24 m.w.N.) und hat zur Folge, dass das Gesamturteil rein rechnerisch zu ermitteln ist und die Notwendigkeit entfällt, es im Einzelnen zu begründen (BVerwG, a.a.O. Rn. 27). Allerdings bezieht sich diese Rechtsprechung auf Fälle, in denen die Anzahl der Einzelmerkmale mit sieben oder acht relativ gering und die gleiche Gewichtung zudem angesichts des Bedeutungsgehalts der Einzelmerkmale nachvollziehbar ist. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht bei Beurteilungsrichtlinien mit einer großen Anzahl von Einzelmerkmalen ohne Vorgaben des Dienstherrn zu deren Gewichtung die rein rechnerische Bildung der Gesamtnote aus dem arithmetischen Mittel von Einzel- oder Teilnoten beanstandet und eine Begründung des Gesamturteils für erforderlich gehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 25 mit Verweis auf das Urteil vom 2. März 2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 30 [19 Einzelkriterien] und das Urteil vom 24. November 1994 - BVerwG 2 C 21.93 -, juris Rn. 2, 16 [30 Einzelmerkmale in zwei Teilblöcken]). Die Klägerin ist in 14 Einzelmerkmalen bewertet worden, was nicht mehr als eine relativ geringe Anzahl bezeichnet werden kann. Eine ausdrückliche Aussage zur Gewichtung dieser Merkmale enthält die Beurteilungsrichtlinie vom 7. April 2017 – wie bereits dargelegt – nicht.
Überdies ist zweifelhaft. ob die von der Beklagten angenommene Gleichgewichtung der 14 Einzelmerkmale die Grenzen des dem Dienstherrn eröffneten Wertungsspielraums bei der Gewichtung der Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung überschreitet, weil die vorgegebene Gewichtung dem Bedeutungsgehalt der Begriffe von „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG offensichtlich nicht mehr gerecht wird. Dies könnte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1. März 2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 46; vgl. auch Urteil vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 25) der Fall sein, wenn der Dienstherr vorgäbe, dass bei einer Vielzahl von zu bewertenden Einzelmerkmalen diesen sämtlich das gleiche Gewicht zukommen soll mit der Folge, dass selbst solche Einzelmerkmale, die für eine Bewertung von „Eignung“ und „fachliche Leistung“ eines Beamten regelmäßig im Vordergrund stehen wie z.B. „Arbeitsgüte“ und „Arbeitsmenge“ lediglich mit dem gleichen Gewicht in das Gesamturteil einfließen sollen wie andere, zwar ebenfalls bedeutsame, aber im Vergleich dazu doch nachrangige Einzelmerkmale wie etwa „Fortbildungsbereitschaft“ oder „Offenheit für Innovationsprozesse“. Bei der Beurteilung der Klägerin käme es zu einer Gleichgewichtung von „Qualität und Verwertbarkeit“ der Arbeitsergebnisse bzw. „Arbeitsmenge und Termingerechtigkeit“ mit Einzelmerkmalen wie „Initiative“ und „Mündlicher Ausdruck“, die offensichtlich einen weniger starken Bezug zu Eignung und fachlicher Leistung haben. Zudem weisen die Bereiche „Arbeitsweise“ und „Soziale Kompetenz“ mit zehn Untermerkmalen zahlenmäßig ein deutliches Übergewicht gegenüber den Bereichen „Arbeitsergebnisse“ (drei Untermerkmale) und „Fachkenntnisse“ (kein Untermerkmal) auf. Eine Gleichgewichtung aller Einzelmerkmale würde daher zwangsläufig die Frage aufwerfen, ob damit der Bedeutungsgehalt der Begriffe von „Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ grundlegend verkannt wird.
Gegen die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der Beurteilungsrichtlinie im Sinne einer Gleichgewichtung der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung mit der Folge der Entbehrlichkeit einer Gesamtnotenbegründung auf der Grundlage der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts spricht zudem, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. September 2020 (BVerwG 2 C 2.20, juris Rn. 27) von seiner früheren Vorgabe abgewichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - BVerwG 2 C 21.16 -, juris Rn. 71) ist, dass das Beurteilungssystem dem Beurteiler die Möglichkeit belassen muss, ein vom rechnerischen Ergebnis der – ggf. gewichteten – Einzelbewertungen abweichendes Gesamturteil zu vergeben (vgl. zu dieser Änderung der Rechtsprechung bereits OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Dezember 2021 - 10 S 40.21 -, juris Rn. 25; von der Weiden, jurisPR-BVerwG 6/2021 Anm. 3 unter C. III.). Dies konnte die Beurteilungsrichtlinie vom 7. April 2017 noch nicht berücksichtigen. Die Richtlinie sieht in Ziff. 4.5 Absatz 3 zudem eine zusammenfassende Begründung der Gesamtnote ausdrücklich vor, hält diese also selbst nicht für verzichtbar.
Des Weiteren überzeugt auch das sinngemäße Vorbringen der Beklagten nicht, die Formulierung in Ziff. 4.5 Absatz 1 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie, wonach die Gesamtnote aus den einzelnen Leistungsmerkmalen „unter Würdigung des Gesamtbildes der Leistung“ zu vergeben sei, erfordere keine Darlegungen zur Gewichtung der Einzelmerkmale für vergebene Gesamtnote. Genau dies ist der Fall. Die Würdigung, d.h. zusammenfassende Bewertung bzw. Betrachtung der gesamten bewerteten Einzelleistungen erfordert eine zusätzliche, eigenständige Wertungsentscheidung, die sich gerade nicht in der schematischen Übernahme des rechnerischen Mittels erschöpft. Nichts anderes ergibt sich aus dem von der Beklagten als Beleg dafür, dass der Begriff der „Würdigung“ eine Gleichgewichtung nicht ausschließe, angeführten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2019 (6 A 3974/18, juris Rn. 43), wonach mit der Wendung „unter Würdigung ihrer Gewichtung“ vorgegeben werde, dass eine solche Würdigung zu erfolgen habe, es werde aber gerade nicht festgelegt, wie und mit welchem Ergebnis dies geschehen soll. Ebenso hat das Verwaltungsgericht vorliegend zu Ziff. 4.5 Absatz 1 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie angenommen, dass der Regelung eine konkrete Vorgabe fehle, wie die Gesamtbewertung zu erfolgen habe (S. 7 EA). Die Erwägungen des Zulassungsvorbringens dazu, dass der Begriff der „Würdigung“ nicht im Widerspruch zu einer Gleichgewichtung bzw. Festlegungen zur Gewichtung stehe (Schriftsatz vom 26. Juni 2023, S. 4 f.), verfehlen die Begründung des Verwaltungsgerichts. Dieses hat nicht angenommen, dass die vorgesehene „Würdigung“ einer Gleichgewichtung entgegenstehe, sondern bemängelt, dass dieser ausfüllungsbedürftige Begriff nicht um weitergehende Vorgaben zur Art und Weise („wie und mit welchem Ergebnis“) der Ableitung der Gesamtnote aus den Bewertungen der Einzelmerkmale ergänzt worden ist.
Schließlich überzeugt das Zulassungsvorbringen, zwischen „Würdigung“ und Gleichgewichtung aller Einzelmerkmale bestehe kein Widerspruch, auch in der Sache nicht. Denn der Begriff der „Würdigung“, der – wie bereits ausgeführt – eine eigenständige, zusätzliche (Gesamt-) Bewertung impliziert, deutet – bei Annahme einer ansonsten vorgegebenen Gleichgewichtung – auf die Befugnis zur Abweichung vom arithmetischen Mittel im Gesamturteil hin, die auch nach der Rechtsprechung weiterhin einer Begründung bedarf. Der Dienstherr ist – unter den bereits dargestellten Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – berechtigt, die Gesamtnote bei einer Gleichgewichtung rein rechnerisch zu ermitteln und auf eine ansonsten erforderliche Begründung ihrer Herleitung ausnahmsweise zu verzichten. Der Vorteil der rein rechnerischen Ergebnisermittlung geht jedoch wieder verloren, wenn der Dienstherr trotz Vorgabe einer Gleichgewichtung der Einzelmerkmale die Möglichkeit für ein vom rechnerischen Ergebnis abweichendes Gesamturteil eröffnet, dass die Einzelbewertungen lediglich plausibel einbeziehen muss (BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 27). In einem solchen Fall bedarf es mithin weiterhin einer Begründung des Gesamturteils, die erkennen lässt, ob und wie der Beurteiler von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ein vom rechnerischen Ergebnis abweichendes Gesamturteil zu vergeben und dessen Herleitung aus den Einzelbewertungen plausibilisiert (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Dezember 2021 - OVG 10 S 40.21 -, juris Rn. 25 f.).
b. Ohne Erfolg wendet die Beklagte gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein, eine gesonderte Begründung der Gesamtnote hätte – da das Begründungserfordernis der Herstellung von Transparenz diene – für die Klägerin keinen Mehrwert, wenn die Einzelmerkmale gleichgewichtet würden und eine Note sich aufdränge (Schriftsatz vom 2023, S. 5 f.). Ungeachtet der Frage des Mehrwerts verlangt bereits die Beurteilungsrichtlinie selbst in Ziff. 4.5 Absatz 3 eine zusammenfassende Begründung der – unter Würdigung des Gesamtbilds der Leistung zu vergebenden – Gesamtnote. Insbesondere aber trifft – wie vorstehend unter a. bereits ausgeführt – die Grundannahme der Beklagten nicht zu, die Beurteilungsrichtlinie gebe vor, alle bewerteten Leistungsmerkmale gleich zu gewichten. Fehlt es daher an einer Vorgabe des Dienstherrn zur Gewichtung, kann sich – soweit wie im Fall der Klägerin nicht alle Einzelmerkmale mit der gleichen Note bewertet worden sind – grundsätzlich auch keine Note aufdrängen, solange die Frage der Gewichtung der unterschiedlichen Noten nicht beantwortet worden ist. Der Mehrwert der Begründung unter dem Gesichtspunkt der Nachvollziehbarkeit bestünde für die Klägerin schlicht in der Darstellung dieser Gewichtung.
Das Beschwerdevorbringen, Sinn und Zweck der Begründungspflicht erforderten vorliegend keine weitergehende Begründung in der Beurteilung selbst, kann auch deshalb nicht überzeugen, weil die Pflicht zur Begründung einer Regelbeurteilung neben der von der Beklagten angeführten Nachvollziehbarkeit des Gesamturteils noch weiteren Zwecken dient, die im Fall der Klägerin Ausführungen zur Gewichtung der Einzelmerkmale erforderlich machen. Wie bereits unter a. ausgeführt, folgt die Begründungspflicht auch aus der Funktion der dienstlichen Beurteilung, als tragfähige Grundlage für eine an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Auswahlentscheidung zu dienen. Die Gewichtung der Einzelmerkmale bedarf vor diesem Hintergrund schon deshalb einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet und gerichtlich überprüft werden kann. Nachdem das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, dass der Beurteilungsrichtlinie keine Vorgaben zur Gewichtung entnommen werden können, wären daher in der Beurteilung selbst Ausführungen dazu notwendig gewesen.
c. Entgegen der Auffassung der Beklagten (Schriftsatz vom 2023, S. 7) genügt die zusammenfassende Begründung der Erstbeurteilung nicht den vorstehend beschriebenen rechtlichen Anforderungen. In Bezug auf die vergebene Gesamtnote 7 lässt sich der Begründung lediglich entnehmen, dass die zwei einzubeziehenden Beurteilungsbeiträge berücksichtigt worden sind und die Einstufung der Klägerin bei den Leistungsmerkmalen „Dienstleistungsorientierung“ und „Zuverlässigkeit“ – die mit der Note 8 bewertet worden sind – besonders hervorsteche. Nicht nachvollziehbar ist insoweit das Vorbringen der Beklagten, es würden auch die Kompetenzen genannt, die sich von der Gesamtnote 7 „ins Negative“ leicht absetzten. Die einzigen mit 6 bewerteten Merkmale „Fachkenntnisse“ und „Umgang mit Konfliktsituationen“ werden in der Begründung nicht ausdrücklich erwähnt. Ungeachtet dessen spricht die Hervorhebung der mit 8 bewerteten Leistungsmerkmale eher für deren besondere Gewichtung als für die Gleichgewichtung aller Einzelmerkmale. Abgesehen davon nimmt die Begründung auf die Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung keinen Bezug. Aussagen zu deren Gewichtung enthält sie gerade nicht. Die vorhandene verbale Begründung genügt daher nicht den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen.
Wie bereits unter a. ausgeführt, enthält die Beurteilungsrichtlinie keine (stillschweigende) Vorgabe einer Gleichgewichtung der einzelnen Leistungsmerkmale. Diese gleiche Gewichtung müsste daher in der Begründung der Gesamtnote angegeben und damit für die Klägerin und die gerichtliche Prüfung nachvollziehbar gemacht werden. Dies wäre auch keine „inhaltsleere Floskel“, da sich diese Information entgegen der Annahme der Beklagten nicht bereits der Beurteilungsrichtlinie entnehmen lässt.
2. Nachdem das Zulassungsvorbringen die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel zu ziehen vermochte, das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung sei hinsichtlich der Gewichtung der einzelnen Merkmale der Leistungsbeurteilung nicht hinreichend begründet, kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob das Vorbringen der Beklagten die selbständig tragende Annahme des Verwaltungsgerichts („darüber hinaus“, S. 7 f. EA) erschüttert, die Begründung des Gesamtergebnisses genüge auch im Hinblick auf die Einbeziehung der Eignungs- und Befähigungsmerkmale nicht den Begründungsanforderungen. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eröffnet den Zugang zur Rechtsmittelinstanz im Hinblick auf das prognostizierte Ergebnis des Rechtsmittels. Die maßgebliche Frage geht also dahin, ob die Rechtssache richtig entschieden wurde. Ist die Entscheidung der Vorinstanz selbständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, bedarf es der Darlegung eines Zulassungsgrundes für jede Begründung. Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt wird und ggf. gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO müssen also hinsichtlich jedes einzelnen tragenden Entscheidungsgrundes erfüllt sein (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. März 2017 - OVG 10 N 49.13 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Umgekehrt bedeutet dies, dass der Zulassungsantrag keinen Erfolg mehr haben kann, wenn für einen von mehreren selbständig tragenden Urteilsgründen ein Zulassungsgrund nicht mit Erfolg dargelegt werden konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziff. 10.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).