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Entscheidung 3 U 114/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 04.07.2023
Aktenzeichen 3 U 114/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0704.3U114.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 18.05.2022 - 3 O 232/12 abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Kläger weitere 110.016,99 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2022 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 120.898,35 €.

Gründe

I.

Die Kläger sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Erben nach F...L... (Erblasser). Der Erblasser war Eigentümer der ursprünglichen Flurstücke 179, 180 und 181 im Grundbuch von („ORT 01“), Band ..., Blatt ..., Nr. ..., aus denen u. a. die streitgegenständlichen Grundstücke in der Gemarkung („ORT 01“), Flur ..., Flurstücke 151/7, 151/8, 151/9, 151/10, 151/11, 392, 393, 151/13, 151/14 und 151/15 hervorgegangen sind. Er gehörte als Jude i. S. d. NS-Rassengesetze zum Kreis der Verfolgten i. S. d. § 1 Abs. 6 S. 1 VermG, wonach das VermG auf Bürger und Vereinigungen entsprechend anwendbar ist, die in der Zeit vom 30.01.1933 bis zum 08.05.1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise verloren haben.

Der Vater des Beklagten erwarb die im Grundbuch („ORT 01“), Band ..., Blatt …, eingetragenen Grundstücke Nr. 179, Nr. 180 und Nr. 181 durch notariellen Kaufvertrag vom 30.12.1938 und wurde am 02.03.1940 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Aus den Parzellen 179, 180 und 81 entstand das Flurstück 151, das in der Folgezeit zunächst in die Flurstücke 151/1 und 151/2 und später in insgesamt 18 Flurstücke zerlegt wurde. Der Beklagte und dessen Schwester (C... W...) wurden am 15.03.1994 aufgrund Erbscheins vom 02.02.1988 als Eigentümer der Flurstücke 151/1 und 151/2 in das Grundstück eingetragen. C... W... hat in der Folgezeit ihren Erbanteil auf den Beklagten übertragen.

Dem Beklagten wurde unter dem 26.03.1996 vom Landkreis ... ein Investitionsvorrangbescheid für das Grundstück Flur ..., Flurstück 151/1, 151/2, Gemarkung („ORT 01“) zur Schaffung von zehn Eigenheimen erteilt (Anlage B 1, Bl. 76 f.). Der Beklagte hat in der Folgezeit die Grundstücke in der Gemarkung („ORT 01“), Flur ..., Flurstück 151/7, 151/8, 151/9, 151/10, 151/11, 392, 393, 151/13, 151/14 und 151/15 verkauft (wegen der Lage der Flurstücke siehe den Auszug aus dem Liegenschaftskataster, Bl. 228).

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen durch Bescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 03.04.2008 (Anlage K 1, Bl. 5 f.) in der Fassung des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 30.03.2012 - 1 K 392/08 - (Anlage K 2, Bl. 18 f.) festgestellten Anspruch auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung der Grundstücke in der Gemarkung („ORT 01“), Flur ..., Flurstücke 151/7, 151/8, 151/9, 151/10, 151/11, 392, 393, 151/13, 151/14 und 151/15 oder - wenn ein Erlös nicht erzielt worden ist oder den Verkehrswert unterschreitet, den die Grundstücke in dem Zeitpunkt hatten, in dem der Investitionsvorangbescheid vollzogen wurde - auf Zahlung des Verkehrswertes.

Im vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger Stufenklage erhoben und in der ersten Stufe zunächst Auskunft unter Vorlage von Ablichtungen der den Veräußerungen der streitgegenständlichen Grundstücke zugrunde liegenden Übertragungsverträge verlangt. Das Landgericht hat die Klage in der ersten Stufe durch Teil-Urteil vom 16.01.2015 - 3 O 232/12 - abgewiesen (Bl. 274 f.). Der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat auf die Berufung der Kläger das vorgenannte Teilurteil abgeändert und den Beklagten gemäß Anerkenntnisurteil vom 28.06.2017 zur beantragten Auskunft verurteilt (Bl. 377 f.).

Nach erteilter Auskunft (siehe die Kaufverträge Anlage K 9 - K 13 Bl. 358 - 396) haben die Kläger erstinstanzlich in der zweiten Stufe beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 189.009,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (06.11.2012) zu zahlen, wobei sie in erster Linie den Erlösauskehr und nur hilfsweise den Verkehrswert beanspruchen (Bl. 356 f.). Diesen berechnen sie anhand des im Kaufvertrag Anlage K 9 (Bl. 358 f.) vereinbarten Kaufpreises für den Verkauf der unerschlossenen Flurflächen 151/7, 151/8, 151/9, 151/11 und 151/15 (0,40 DM/qm x 5.592 qm = 223.680 DM bzw. 114.365,77 €). Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Kläger, der Verkehrswert der Grundstücke, die mit den notariellen Verträgen - wie aus der Anlage K 10 bis K 13 ersichtlich - veräußert wurden, habe im Juni 1996 bei mindestens 40 DM/qm gelegen, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr.-Ing. H... T... (Bl. 499 f., 534). Dabei sollten Leistungen des Beklagten aus dem Vertrag vom 21.12.1995 (Anlage B 6, Bl. 111) außer Ansatz bleiben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen T... vom 30.01.2021 und das Ergänzungsgutachten vom 31.10.2021 (Bl. 688 f.) verwiesen.

Mit Urteil vom 13.04.2022 hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Kläger 69.001,92 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2012 zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Anspruch auf Erlösauskehr nach § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG bestehe hinsichtlich der mit den Verträgen - Anlagen K 10 bis K 13 (Bl. 354 f.) - veräußerten Grundstücke nicht. Entgegen der Ansicht der Kläger liege keine bindende Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen oder des Verwaltungsgerichts zur Höhe des zivilrechtlichen Anspruchs, sondern nur zum Anspruchsgrund vor. Nach dem Tenor der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehe ein Anspruch auf Erlösauskehr oder auf Wertersatz. Die Frage, ob der Erlös auszukehren oder Wertersatz zu leisten sei, sei eine Frage der Anspruchshöhe, über die allein von den Zivilgerichten zu entscheiden sei. Ein Anspruch auf Erlösauskehr nach § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG sei nur gegeben, wenn keine Inventionen getätigt worden seien. Investitionen seien aber in Bezug auf alle Grundstücke erfolgt. In den notariellen Verträgen - Anlage K 10 bis 13 - sei ausdrücklich vereinbart, dass der Beklagte als Verkäufer für die Erschließung der Grundstücke zu sorgen habe. Dass der Beklagte dem nachgekommen sei, ergebe sich aus dem Erschließungsvertrag mit der Gemeinde vom 21.12.1995 (Anlage B 6, Bl. 111). Darin sei unter § 4 geregelt, dass er Kanäle, Straßen und Grünanlagen bis zum 30.11.1996 fertigstellen müsse, und unter § 11 Abs. 3, dass er sämtliche Planungskosten der Stadt zu tragen habe. Vor diesem Hintergrund sei das pauschale Bestreiten der Kläger unbeachtlich.

Die Kläger hätten allerdings einen Anspruch auf Erlösauskehr nach § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG in Höhe von 59.044 € in Bezug auf die Flurstücke 151/7, 151/8, 151/9, 151/11 und 151/15, die der Beklagte mit dem notariellen Vertrag vom 29.10.1996 (Anlage K 9, Bl. 348) an seinen Sohn veräußert habe. Denn nach dem Vertragswortlaut habe der Beklagte seinem Sohn gegenüber keine Erschließungsleistungen erbringen müssen.

Bezüglich der Grundstücke 151/10, 151/12, 151/13 und 151/14, die mit den Verträgen Anlage K 10 bis 13 veräußert worden seien, hätten die Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch gemäß § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG in Höhe desjenigen Grundstückswerts, der bestanden hätte, wenn die Grundstücke im Zeitpunkt der Vollziehbakrkeit des Investitionsvorrangbescheides - also im Juni 1996 - zurückübertragen worden wären. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes solle der Berechtigte vom Verfügungsberechtigten das bekommen, was er an Wert im Falle der Rückübertragung bekommen hätte, also den Verkehrswert ohne die Investitionen des Verfügungsberechtigten. Der Verkehrswert ohne Investitionen sei aufgrund der überzeugenden gutachterlichen Feststellungen auf 3,7 €/qm, mithin auf insgesamt 9.957,92 € zu schätzen. Der Sachverständige habe nachvollziehbar dargelegt, dass die von den Klägern herangezogenen Grundstücke nicht vergleichbar mit den streitgegenständlichen seien, da baureife Grundstücke bzw. solche mit ausdrücklicher Bauerwartung nicht mit dem im Beweisbeschluss vorgegebenen Entwicklungstand der streitgegenständlichen Grundstücke gleichzusetzen seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Sie machen geltend, sie hätten bezüglich aller Grundstücke einen Anspruch auf Erlösauskehr. Dies ergebe sich bereits aus dem eindeutigen Tenor des bestandskräftigen Bescheids des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 03.04.2008. Im Übrigen ergebe sich aus § 16 Abs. 1 S. 1 InVOrG, dass den Berechtigten primär ein Erlösauskehranspruch zustehe und nur für den Fall, dass dieser in den vom Gesetz genannten Fällen nicht geleistet werden könne, Wertersatz zu leisten sei. Da die Verwaltungsgerichtsbarkeit über den Anspruchsgrund und die Zivilgerichtsbarkeit über die Anspruchshöhe zu entscheiden habe, liege es nicht mehr in der Entscheidungsgewalt des Landgerichts, sich über die verbindliche Feststellung des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen hinwegzusetzen, wonach der Erlös auszukehren sei. Denn die Behörde habe zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 03.04.2008 in Kenntnis der Tatsache entschieden, dass die Grundstücke seinerzeit bereits verkauft gewesen seien.

Im Übrigen sei der hilfsweise begehrte Wertersatz für die Flächen betreffend die Kaufverträge Anlagen K 10 bis 13 falsch berechnet. Es treffe zwar zu, dass der Berechtigte nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 142, 221) vom Verfügungsberechtigten nur das bekommen solle, was er an Wert im Falle der Rückübertragung bekommen hätte, also den Verkehrswert, den das Grundstück ohne die Investition des Verfügungsberechtigten gehabt hätte. Es bleibe aber bestritten, dass der Beklagte überhaupt Investitionen vorgenommen habe. Er habe solche nicht substanziiert dargelegt, zumal es auch erforderlich sei, dass es sich um eigene Investitionen des Beklagten handele. Allenfalls habe ein Dritter Investitionen in die streitgegenständlichen Grundstücke getätigt.

Das Landgericht habe den Verkehrswert der Grundstücke nicht zutreffend ermittelt. Der Sachverständige habe die Vergleichsobjekte in unmittelbarer örtlicher und zeitlicher Nähe zum maßgeblichen Bewertungsstichtag nicht gebührend berücksichtigt. Denn der Beklagte und sein Sohn hätten den Preis der zwischen ihnen verkauften Grundstücke gebildet, indem sie diese als unerschlossenes Bauerwartungsland behandelt hätten. Das treffe aber auf die anderen streitgegenständlichen Grundstücke ebenso zu. Zum maßgeblichen Stichtag 16.06.1996 sei das gesamte Areal bereits als Bauerwartungsland im Sinne der von dem Sachverständigen in seinem Gutachten vom 30.01.2021 genannten Definition zu bewerten. Schließlich sei der dem Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan vom 21.12.1995 (Anlage B 6) zugrunde liegende Vorhaben- und Erschließungsplan für das Gesamtareal bereits vor dem 21.12.1995 und damit lange vor dem Bewertungsstichtag geschlossen worden.

Der Beweisbeschluss sei bereits falsch gefasst. Das Landgericht hätte dem Sachverständigen aufgeben müssen, nur die Leistungen gemäß Erschließungsvertrag vom 21.12.1995 unberücksichtigt zu lassen. Ohne diese sei das Land gleichwohl als Bauerwartungsland einzustufen und sei demzufolge auch als solches zu bewerten.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 18.05.2022 zu     verurteilen, an sie weitere 120.898,35 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten     über dem Basiszinssatz seit dem 06.12.2012 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und erhebt Vollmachtsrüge nach § 88 ZPO.

Entgegen der Ansicht der Kläger werde in dem Restitutionsbescheid die Möglichkeit des Erlösauskehrs bzw. der Zahlung des Verkehrswertes alternativ genannt. Wie die Kläger abzufinden seien, sei verwaltungsgerichtlich nicht präjudiziell entschieden.

Dem Investitionsvorrangbescheid vom 30.05.1995 sei zu entnehmen, dass er auf eigene Kosten Planungs- und Erschließungsleistungen als notwendige Voraussetzung für die Bebauung habe erbringen müssen. Diese Leistungen seien Bestandteil des von ihm erlangten Veräußerungsgewinns, sie hätten selbstverständlich einen wesentlichen Einfluss auf den Kaufpreis gehabt. Die Kläger hätten nur Anspruch auf den Grundstückswert zum Zeitpunkt der Vollziehbarkeit des Investitionsvorrangbescheides, wie vom Landgericht zutreffend ermittelt. Die Kläger seien über die von dem Beklagten getätigten Investitionen im Investitionsvorrangverfahren informiert worden und hätten die mit dem Investitionsvorrangbescheid aufgegebenen Investitionen nicht in Abrede gestellt.

Der BGH (Urteil vom 16.07.1999 - V I ZR 129/98) habe zutreffend festgestellt, dass ein Streit über die Höhe des auszukehrenden Erlöses nach § 16 InVorG von den Zivilgerichten zu entscheiden sei.

Zum Nachweis der von ihm getätigten Planungs- und Erschließungsleistungen habe er zahlreiche Anlagen eingereicht. Im Übrigen ergebe sich sowohl aus dem Gutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte des Landkreises ... zum Wertermittlungstichtag 01.01.1994 als auch aus dem gerichtlich eingeholten Gutachten vom 30.01.2021, in welchem Zustand sich das vom Investitionsvorrangbescheid betroffene Areal befinde. Wieso statt seiner ein Dritter die Investitionen vorgenommen haben solle, wie die Kläger meinen, erschließe sich nicht. Selbstverständlich habe er - der Beklagte - diese erbracht. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Wertverbesserungen des Bodenwertes im Zusammenhang mit der Umwidmung der Grundstücksflächen zu Bauland. Dies sei allein auf sein persönliches und materielles Engagement zurückzuführen. 1992 hätten sich die streitgegenständlichen Grundstücksflächen planungsrechtlich noch vollständig im Außenbereich gemäß § 35 BauGB befunden, wie aus den Anlagen B 3 und B 4 ersichtlich sei.

Die Kläger haben Originalvollmachten im Termin vor dem Senat vorgelegt. Der Beklagte meint, die Vollmachten seien nicht für die streitgegenständlichen Grundstücke erteilt.

Mit Schriftsatz vom 05.06.2023 hat der Beklagte vorgetragen, er habe Kenntnis davon erlangt, dass die Klägerin zu 3 vermutlich am …2007 in C… verstorben sei. Es sei aufgrund der durchschnittlichen Lebenserwartung von Frauen in den USA auch unwahrscheinlich, dass die am ...1919 geborene Klägerin zu 3 noch am Leben sei. Es sei auch mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Klägerin zu 3 schon bei Klageeinreichung nicht mehr rechts- und parteifähig gewesen sei. Die Prozessvoraussetzungen seien von Amts wegen zu prüfen. Die von den Prozessbevollmächtigten vorgelegten Vollmachtsurkunden könnten insoweit keinen Nachweis erbringen

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

1.

Von der Prozessfähigkeit der Kläger ist auszugehen. Zwar ist ein Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung gemäß § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen. Allerdings setzt die Prüfungspflicht des Gerichts erst ein, wenn sich auf Grund des vorgetragenen Sachverhalts ausreichende Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen einer Prozessvoraussetzung ergeben, wenn sich also die Möglichkeit eines Mangels der Prozessvoraussetzung nicht von der Hand weisen lässt. Dem Gericht ist bei der Feststellung, ob solche Anhaltspunkte vorliegen, ein weiter Beurteilungsspielraum einzuräumen (Musielak/Voit/Weth, 20. Aufl., ZPO § 56 Rn. 2). Hier gibt es keinerlei Veranlassung, die Prozessfähigkeit der Kläger von Amts wegen zu überprüfen. Denn der Beklagte stellt nur Spekulationen anhand des Geburtsalters der Kläger an, die durch nichts unterlegt sind. Soweit er erfahren haben will, dass die Klägerin zu 3 verstorben sei, legt er bezeichnenderweise keinerlei Nachweis vor. Allein aufgrund ihres Geburtsdatums kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass sie nicht mehr lebt, was im Hinblick auf die Vertretung durch die Prozessbevollmächtigten gemäß § 246 Abs. 1 S. 1 ZPO auch den Fortgang des Verfahrens nicht hindern würde, solange kein Aussetzungsantrag unter Vorlage einer entsprechenden Sterbeurkunde gestellt ist.

2.

Die in der Berufungsinstanz für die Kläger handelnden Rechtsanwälte sind wirksam bevollmächtigt. Infolge der Vollmachtsrüge des Beklagten war eine Aufklärung gemäß § 88 ZPO geboten. Die Klägervertreter sind dem mit Senatsbeschluss vom 23.01.2023 erteilten Auflage nachgekommen, die vorab in Ablichtung eingereichten Vollmachten (Bl. 819 ff.) in der mündlichen Verhandlung im Original vorzulegen. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die Vollmachten für den vorliegenden Rechtsstreit erteilt., da dieser von der darin jeweils genannten Angelegenheit „Rückerstattungsverfahren/restitution claim - L..., („ORT 01“); L... L... KG („Straße 01“) 8, 9; („Straße 02“) 3, 4, 6, 7; („Straße 03“) 4-5; („Straße 04“) 20, 21“ erfasst ist. Denn mit der erstgenannten Angelegenheit „Rückerstattungsverfahren/restitution claim - L..., („ORT 01“)“ sind alle Grundstücke in („ORT 01“) gemeint, deren Eigentümer F... L... war. Die nachfolgende Aufzählung betrifft die L... L... KG. Die Angelegenheit „Restitutionsverfahren“ umfasst auch Erlösauskehr- bzw. Wertersatzansprüche, wenn die Rückübertragung der Grundstücke nicht möglich ist. Denn der Antrag auf Erlösauskehr bzw. Zahlung des Verkehrswertes nach § 16 Abs. 1 InVorG ist als Minus in dem Restitutionsantrag enthalten (BVerwG, Urteil vom 13.12.2006 - 8 C 25/05, Rn. 35, juris).

3.

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer 110.016,99 € gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG. Danach kann jeder Berechtigte nach Feststellung oder Nachweis seiner Berechtigung von dem Verfügungsberechtigten die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller auf den von ihm zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag verlangen, wenn dem Verfügungsberechtigten infolge seiner Veräußerung die Rückübertragung des Vermögenswertes nicht möglich ist (§ 16 Abs. 1 S. 1 InVorG). Über diesen Anspruch ist auf Antrag des Berechtigten durch Bescheid des Amtes oder Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen zu entscheiden (§ 16 Abs. 1 S. 2 InVorG).

Einen solchen Bescheid haben die Kläger hier erwirkt. Mit dem Bescheid vom 03.04.2008 i. d. F. des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 30.03.2012 (Bl. 18) wurde bezüglich sämtlicher Grundstücke, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, festgestellt, dass die Kläger gegenüber der (damals noch bestehenden) Erbengemeinschaft nach F... K... Anspruch auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung der betroffenen Grundstücke in („ORT 01“) entsprechend dem Investitionsvorrangbescheid vom 30.05.1996 (Bl. 76 f.) haben. Ist ein Erlös nicht erzielt worden oder unterschreitet dieser den Verkehrswert, den die Grundstücke in dem Zeitpunkt hatten, in dem der Investitionsvorrangbescheid vom 30.05.1996 vollzogen wurde, so steht den Klägern die Zahlung des Verkehrswertes zu (so Ziffer 3. des Tenors, Bl. 7). Der Investitionsvorrangbescheid ist nach Ablauf von zwei Wochen ab Bekanntgabe sofort vollziehbar (Bl. 77, § 10 InVorG). Dementsprechend machen die Kläger in erster Linie den Erlösauskehr und nur hilfsweise den Verkehrswert geltend.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts und des Beklagten haben die Kläger Anspruch auf die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Auskehr des Erlöses.

a)

Die Zivilgerichtsbarkeit ist auch befugt, darüber zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 30.03.2012 - 1 K 392/08 - ausgeführt, dass das Amt für offene Vermögensfragen entgegen § 16 Abs. 1 S. 1 und 2 InVorG nur den Erlösauskehranspruch festgestellt, nicht aber den auszukehrenden Erlös festgesetzt habe, hat aber letztlich offen gelassen, ob darin eine Rechtswidrigkeit des Tenors zu sehen sei, weil es an einer Rechtsverletzung des Klägers nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO fehle (Bl. 37 f.). Soweit das BVerwG davon ausgeht, dass der Gesetzgeber den ordentlichen Gerichten nur die Zuständigkeit für die weitergehenden Ansprüche auf Zahlung des Verkehrswertes mit der Begründung zugewiesen habe, die Vermögensämter seien mit der Feststellung des Verkehrswertes überfordert (BTDrucks 12/2480, S. 75, Begründung des Entwurfs eines Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes), während die Vermögensämter die Entscheidung über den auszukehrenden Erlös ohne erhebliche Mehrbelastung mit erledigen könnten, weil die Feststellung seiner Höhe regelmäßig keine Schwierigkeiten bereite (BVerwG, Urteil vom 17.05.2001 – 7 C 19/00 –, Rn. 22, juris), lässt sich daraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass - wenn wie hier - eine Entscheidung seitens des Amtes für offene Vermögensfragen über die Höhe des Erlösauskehranspruchs unterblieben ist, die Zivilgerichte darüber nicht mehr befinden könnten. Vielmehr hat der BGH ausdrücklich festgestellt, dass über die Höhe des Anspruchs auf Erlösauskehr im Zivilrechtsweg zu entscheiden ist (Urteil vom 16.07.1999 - V ZR 129/98, Rn. 9, juris).

b)

Der Erlösauskehranspruch besteht nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG. Dieser kann nicht unter Bezugnahme auf § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG mit der Begründung verneint werden, ein Anspruch auf Erlösauskehr nach § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG sei nur gegeben, wenn keine Investitionen getätigt worden seien; Investitionen seien hier aber in Bezug auf die streitgegenständlichen Grundstücke erfolgt.

Das lässt sich schon dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Danach kann der Berechtigte, wenn ein Erlös nicht erzielt wurde, dieser den Verkehrswert unterschreitet, den der Vermögenswert in dem Zeitpunkt hat, in dem der Investitionsvorrangbescheid vollziehbar wird, oder der Verfügungsberechtigte selbst investive Maßnahmen durchgeführt hat, innerhalb eines Jahres (Ausschlussfrist) Zahlung des Verkehrswertes gerichtlich geltend machen.

Mit den in § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG genannten Eigeninvestitionen sind nicht solche gemeint, die der Beklagte hier behauptet, vorgenommen zu haben. Vielmehr handelt es sich um investive Maßnahmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 InVorG, bei denen es sich nicht um eine investive Veräußerung handelt, weil der Verfügungsberchtigte nicht über den Vermögenswert verfügt. Vielmehr findet aufgrund des zu seinen Gunsten erlassenen bestandskräftigen Investitionsvorrangbescheides die Rückübertragung des Vermögenswertes nicht statt, § 11 Abs. 2 InVorG. Deshalb kommt in solchen Fällen auch kein Anspruch auf Erlöserkehr in Betracht (v. Drygalski/Hecker in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, 33. EL, Stand: Dezember 2004, § 16 InVorG Rn. 37). Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht, weil der Beklagte die Grundstücke verkauft hat.

Der Berechtigte hat in solch einem Fall ein Wahlrecht, wie auch das Amt für offene Vermögensfragen in seinem Bescheid unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 16 Abs. 1 S. 1 und 3 InVorG zutreffend festgestellt hat (Bl. 15, vgl. auch Jesch/Ley/Rachy, InVorG, 2. Aufl., §§ 16, 17 Rn. 16). Schließlich soll der Berechtigte i. S. d. § 2 VermG nach § 16 Abs. 1 S. 3 3 InVorG nicht besser oder schlechter, sondern wirtschaftlich so gestellt werden, als würde ihm das Grundstück zurückübertragen (BGH, Urteil vom 16.07.1999 - V ZR 129/98, Rn. 13, juris). Da der Berechtigte keinen Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Bestimmung des Erlöses durch die Vertragsparteien hat, profitiert er zwar von einer ihm günstigen Vertragsgestaltung und kann etwa einen Kaufpreis beanspruchen, der den Verkehrswert des Vermögensgegenstandes überschreitet. Bei Unterschreitung ist er aber dadurch geschützt, dass er in jedem Fall die Zahlung des Verkehrswertes verlangen kann (siehe BVerwG, Urteil vom 17.05.2001 – 7 C 19/00, Rn. 32, juris zum vergleichbaren § 6 Abs. 6 a Satz 5 VermG a.F.). Der Anspruch auf Zahlung des Verkehrswertes ist vom Gesetzgeber für den Fall vorgesehen, dass ein Erlös nicht erzielt wurde oder dieser hinter dem Verkehrswert zurückbleibt (Jesch/Ley/Rachy, a. a. O., §§ 16, 17 Rn. 15).

Soweit das Landgericht seine Auffassung auf BGHZ 142, 221 stützt, ist dies nicht tragfähig. Vielmehr ist der Entscheidung das Gegenteil zu entnehmen. Denn in dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Verfügungsberechtigte unstreitig Investitionen, nämlich Abriss- und Entsorgungskosten, getätigt. Die dortigen Kläger hatten in erster Linie einen Verkehrswertanspruch und hilfsweise einen Anspruch auf Erlösauskehr geltend gemacht (also genau umgekehrt). Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass über den - prozessual eigenständigen - Anspruch auf Erlösauskehr vom Berufungsgericht ebenfalls zu befinden ist, wenn der Hauptantrag nicht durchdringt (Urteil vom 16.07.1999 - V ZR 129/98, Rn. 16, juris).

c)

Für den Anspruch auf Erlösauskehr kommt es allein auf den tatsächlich erzielten und nicht auf den erzielbaren Erlös an (BVerwG, Urteil vom 17.05.2001 – 7 C 19/00, Rn. 21, juris). Die Kläger haben einen Anspruch auf Erlösauskehr in Höhe von 254.190 DM bzw. 129.965,28 €. Der Beklagte hat nämlich folgende Erlöse aus dem Verkauf der im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Grundstücke erlangt:

  • Flurstück 151/14 (498 qm):      49.800 DM (Anlage K 10, Bl. 364 f)
  • Flurstück 151/13 (493 qm): 49.300 DM (Anlage K 11, Bl. 342 f.)
  • Flurstück 151/12 = 392/393 (Bl. …?) (549 qm): 54.900 DM (Anlage K 12, Bl. 381 f.)
  • Flurstück 151/10 (1.165 qm): 100.190 DM (Anlage K 13, Bl. 388 f.).

Hiervon hat das Landgericht bereits einen Betrag von 9.957,92 € zugesprochen. Von dem verbleibenden Betrag in Höhe von 120.007,36 €, der Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, sind lediglich Abzüge in Höhe von 10.881,36 € im Hinblick auf die von dem Beklagten behaupteten und von den Klägern bestrittenen Eigeninvestitionen vorzunehmen.

Zwar wären tatsächlich von dem Beklagten getätigte Investitionen abzugsfähig. Denn nach dem Gesetzeswortlaut in § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG kann der Berechtigte die Zahlung eines Geldbetrages nur in Höhe aller auf den von ihm zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag verlangen. Für den Anspruch auf Verkehrswerterstattung nach § 16 Abs. 1 S. 3 VorInG hat der BGH entschieden, dass der Berechtigte nicht von werterhöhenden Aufwendungen, die der Verfügungsberechtigte im Vorgriff auf eine positive Investitionsentscheidung gemacht hat und die durch einen nachfolgenden Investitionsvorrangbescheid genehmigt wurden, profitieren soll. Denn ohne den Verkauf hätte der Berechtigte das Grundstück im früheren Zustand zurückerhalten. Nur dessen Wert und nicht mehr solle er nach § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG erstattet erhalten (BGHZ 42, 221). Gleiches muss für den Erlösauskehranspruch nach § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG gelten.

Der Beklagte hat ursprünglich Investitionen in Höhe von 392.762,08 DM behauptet, ohne diese in irgendeiner Form zu belegen (Bl. 73, 176 f.). Er will sogar Verlust gemacht haben, weil er nur 369.671 DM eingenommen hat (die Erlöse sind in dieser Höhe inzwischen belegt).

Vorgetragen hat er zunächst folgende angebliche Investitionen:

  1. Generalplanung und Konzipierung    57.260,00 DM
  2. Planung     14.375,00 DM
  3. Wasserringanschluss 36.000,00 DM
  4. Vermessung 19.177,91 DM
  5. Erdgasanschluss 52.329,09 DM
  6. Stromanschluss 18.924,40 DM
  7. Baustelleneinrichtung 8.972,34 DM
  8. Straßenbau 175.000,00 DM
  9. Kosten- und Gebührenbescheide 5.322,09 DM
  10. Steuerberater 5.401,25 DM.

Der Beklagte behauptet nunmehr folgende Investitionen und legt hierzu einzelne Unterlagen vor (Bl. 453 f.):

  1. Bauvorbescheid vom 20.04.1993                2.000,00 DM (Anlage B 20, Bl. 456 f.)
  2. Planungsleistung Architekt 31.12.1995         44.584,80 DM (Anlage B 21, Bl. 458)
  3. Grenzvermessung Flurstück 151/1, 22.2.1996        4.505,61 DM (Anlage B 22, Bl. 459)
  4. Grundbuchauszug Rückverfolgung, 11.3.1996 60,00 DM (Anlage B 23, Bl. 461)
  5. Grundstücksvermessung Flurstücke 151/, 151/2, 14.672,30 DM (Anlage B 24, Bl. 462 f.) 26.3.1996
  6. Lieferung Mineralgemisch, 30.4.1996 533,05 DM (Anlage B 25, Bl. 465)
  7. Grundstücksteilung Flurstück 151/1 und 151/2, 2.140,00 DM (Anlage B 26, Bl. 466) 28.05.1996
  8. Wasserrechtliche Genehmigung, 30.5.1996 186,00 DM (Anlage B 27, Bl. 468)
  9. Anschluss Verteilungsanlagen Elektrik,          18.924,40 DM (Anlage B 28, Bl. 469 f) 13.2.1996
  10. Erschließung Erdgas, 24./25.7.1996 4.256,09 DM (Anlage B 29, Bl. 471)
  11. Erschließung Straßenbau, 18.10.1996 100.000,00 DM (Anlage B 30, 472)
  12. Anteilige Erschließungskosten 175.000,00 DM (Anlage B 31, Bl. 473)
  13. Angebot Tiefbau 310.835,55 DM (Anlage B 32, Bl. 474)
  14. Vorbereitung/Bauleitung Erschließung, 12.500,00 DM (Anlage B 33, 476) 27.3.1996
  15. Angebot Tiefbau 272.781,28 DM (Anlage B 34, Bl. 477)
  16. Schmutzwasserleitung, 13.8.1996 36.000,00 DM (Anlage B 35, Bl. 478).

Von den vorgenannten Positionen sind nur einige wenige von dem Beklagten ausreichend plausibel in Bezug auf die streitgegenständlichen Grundsrtücke vorgetragen. Obwohl dies von den Klägern stets moniert wurde und der Senat in der mündlichen Verhandlung hierauf ebenfalls hingewiesen hat, ist auch in der daraufhin gewährten Schriftsatzfrist kein weiterführender Vortrag des Beklagten erfolgt.

Soweit der Sohn des Beklagten am 06.06.2023 persönlich zwei Aktenordner „als Beweismittel“ zur Akte gereicht hat, sind diese aus mehreren Gründen nicht von dem Senat zu würdigen: Der Sohn des Beklagten ist nicht Prozesspartei. Außerdem besteht im vorliegenden Rechtsstreit Anwaltszwang, so dass Schriftsätze und Unterlagen nur von einem Rechtsanwalt wirksam in das Verfahren eingeführt werden können. Selbst ein Rechtsanwalt könnte allerdings nicht ohne erläuternden Schriftsatz Aktenordner zur Akte reichen. Denn das Gericht muss sich nicht selbst den wesentlichen Sachvortrag aus umfangreichen Anlagekonvoluten zusammensuchen; die bloße Vorlage von Anlagen ersetzt nicht den substantiierten Sachvortrag (Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 20. Aufl., § 129 Rn. 3).

Zu den Positionen im Einzelnen:

aa)

Davon sind die Positionen unter Ziffern 1, 2, 3, 4 und 9 schon aus zeitlichen Gründen nicht zu berücksichtigen. Die gesetzliche Stichtagsregelung in § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG stellt auf den Zeitpunkt ab, in dem der Investitionsvorrangbescheid vollziehbar wird (§ 10 Abs. 1 InVorG). Dies betrifft den Regelfall von Investitionen, die in den meisten Fällen erst vorgenommen werden, wenn dafür in Form eines entsprechenden Bescheids eine rechtliche Grundlage gegeben ist, da der Verfügungsberechtigte nach § 3 Abs. 3 VermG insoweit gewissen Einschränkungen unterliegt. Der BGH hat aber entschieden, dass wertbeeinflussende Aufwendungen, die im Hinblick und im Vorgriff auf die erwartete Investitionsvorrangentscheidung vorgenommen worden sind, nach Sinn und Zweck von § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG nicht unberücksichtigt bleiben können (BGHZ 142, 221). Davon ausgeschlossen sind aber alle etwaigen Investitionen, die vor Stellung des Antrags auf Erlass des Investitionsvorrangbescheids am 26.03.1996 getätigt worden sind. Denn diese können nicht auf eine erwartete Investitionsvorrangentscheidung vorgenommen worden sein.

bb)

Die Position 2 - Quittung über 44.584,80 DM für „Architekturleistung - Honorar Bauvorhaben („ORT 01“), D…weg“, datierend vom 31.12.1995 - ist aber auch aus anderen Gründen nicht zu berücksichtigen. Denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern es sich dabei um eine Leistung handelt, die für die im Berufungsverfahren relevanten Grundstücke erbracht wurde, zumal die Quittung der „Fam. K…, („ORT 01“)“ erteilt wurde, also möglicherweise auch dem Sohn des Beklagten. Im Übrigen gibt es weder einen schriftlichen Auftrag noch eine Rechnung nach HOAI. Es ist nicht erkennbar, welche Leistungen der Architekt erbracht haben soll, zumal der Beklagte vorträgt:

  • ein Großteil der Investitionen in Planung und Ausführung seinen von ihm selbst vollzogen worden, deswegen seien diese nicht durch Rechnungen Dritter belegbar (Bl. 109)
  • die Planungsleistungen zum Erreichen des Baulandstatus habe er überwiegend selbst erbracht, die Erschließungsleistungen zum Teil auch Dritte (Bl. 129)
  • im Frühjahr 1996 seien die Planungsleistungen abgeschlossen gewesen; die Erschließungsleistungen erst nach Erlass des Investitionsvorrangbescheides (Bl. 138)
  • im Zusammenhang mit der planerischen Erschließung sei der Antrag auf Teilungsgenehmigung am 25.07.1995 gestellt worden (Bl. 178); am 09.06.1996 sei die Ausführungsplanung fertiggestellt und ihm am 18.07.1996 von der A… Bauplanung GmbH („ORT 01“) übergeben worden (B 175, Bl. 179 f.).

Das ist in sich nicht stimmig, zumal es auch ungewöhnlich anmutet, dass eine solche Summe in bar an einen Architekten aus M… bei D… bezahlt worden sein soll und dann auf einem Zettel von einem Abrissblock quittiert wird. Der Beklagte hat hierzu ergänzend in der mündlichen Verhandlung erwähnt, der Architekt sei sein Schwager, was zusätzlich noch den Eindruck einer Gefälligkeitsbescheinigung erweckt.

cc)

Die Position 4 „Grundbuchauszug Rückverfolgung" ist keine Investition.

dd)

Die Position 5 - Kosten der Vermessung von neun Trennstücken aus den Flurstücken 151/1 und 151/2, mit den Bezeichnungen 151/1b - 151/1k lässt sich nicht ohne Weiteres den verfahrensgegenständlichen Grundstücken zuordnen, da später eine weitere Teilung mit dem Ergebnis von 18 Trenngrundstücken erfolgte und die Gebühren sich auch nach der Größe der Trenngrundstücke richten. Der Beklagte hat dies nicht weiter konkretisiert, obwohl die Kläger stets moniert haben, dass die behaupteten Investitionen nicht grundstücksbezogen dargelegt sind und der Senat in der mündlichen Verhandlung ebenfalls darauf hingewiesen hat. Innerhalb der darauf dem Beklagten gewährten Schriftsatzfrist ist hierzu kein weiterer Vortrag erfolgt.

ee)

Bei der Pos. 6 - Lieferung Mineralgemisch - ist kein Bezug zu den verfahrensgegenständlichen Grundstücken erkennbar, zumal die Rechnung an einen Herrn K... adressiert ist. Damit könnte auch der Sohn des Beklagten gemeint sein.

ff)

Von der Position 7 - Grundstücksteilung in Trenngrundstücke 151/4 und 151/6 - 16 sind folgende Kosten auf die streitgegenständlichen Grundstücke zu beziehen (Bl. 467):

  • 151/10: 255 DM
  • 151/12: 195 DM
  • 151/13: 195 DM
  • 151/14: 195 DM,

insgesamt also 840 DM bzw. 429,49 €

gg)

Die Kosten der wasserrechtlichen Genehmigung vom 30.5.1996 in Höhe von 186,00 DM bzw. 95,10 € (Anlage B 27, Bl. 468) sind ebenso wie die Kosten der Erschließung Erdgas vom 24./25.7.1996 in Höhe von 4.256,09 DM bzw. 2.176,10 € (Anlage B 29, Bl. 471) abzugsfähig.

hh)

Die Kosten des Straßenbaus in Höhe von 100.000 DM sind zwar Erschließungskosten, sie müssen aber außen vor bleiben. Denn der Straßenbau ist nicht auf den streitgegenständlichen Grundstücken erfolgt, sondern auf solchen, die den Klägern mangels Veräußerung zurückübertragen werden mussten (siehe den Bescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 09.02.2015, Bl. 513, Bl. 563). Der Beklagte hat vor diesem Hintergrund erstinstanzlich mit den Kosten des Straßenbaus die Aufrechnung erklärt (Bl. 513). Die Kläger haben in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 3 Abs. 3 S. 4 VermG hingewiesen, wonach der Berechtigte verpflichtet ist, dem Verfügungsberechtigten die aufgewendeten Kosten, soweit diese durch eine instandsetzungsbedingte Mieterhöhung nicht bereits ausgeglichen sind, zu erstatten, sobald über die Rückübertragung des Eigentums bestandskräftig entschieden ist und insoweit Verjährung geltend gemacht (siehe Bl. 531 f.). Das Landgericht hat die Aufrechnung ignoriert, sie taucht weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auf. Da der Beklagte keine Berufung eingelegt hat und die Aufrechnung in der zweiten Instanz auch nicht mehr geltend macht, ist über die Aufrechnung in der Berufungsinstanz nicht zu entscheiden.

Hinzu kommt, dass die Kosten des Straßenbaus dem Sohn des Beklagten am 18.10.1996 in Rechnung gestellt wurden (Anlage B 30, 472). Dieser war ausweislich der zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Grundstückskaufverträge seinerseits auch zur Erschließung verpflichtet, so dass schon nicht erkennbar ist, inwiefern der Straßenbau überhaupt eine von dem Beklagten getragene Investition ist. Der Beklagte legt hierzu eine angeblich zwischen ihm und seinem Sohn geschlossene, undatierte Vereinbarung vor, wonach er - der Beklagte - seinem Sohn „die anteiligen Erschließungskosten der Grundstücksverkäufe, den Eigenheimstandort N… Weg betreffend, in Höhe von 175.000 DM mit Wirkung zum 01.06.1996“ zu erstatten habe. Auf welche Grundstücke und auf welche Erschließungsmaßnahmen sich dies im Einzelnen beziehen soll, ist nicht nachvollziehbar.

ii)

Was der Beklagte mit den Angeboten zu 13 (Ingenieur-, Straßen- und Tiefbau C… GmbH) und 15 (Verkehrs- und Tiefbau B… GmbH) geltend machen will, ist unklar. Offenbar ist es nicht zu einer Auftragserteilung gekommen. Vielmehr behauptet der Beklagte, er habe die Firma Hoch- und Tiefbau K…N… mit den Erschließungs- und Straßenbauleistungen zu einer Pauschalsumme von 208.000 DM brutto beauftragt (Bl. 106, 486). Hierin enthalten sind aber die nicht berücksichtigungsfähigen Straßenbauleistungen, die wegen der Vereinbarung einer Pauschalsumme nicht ohne Kenntnis der zugrundeliegenden Kalkulation zu ermitteln sind. Auch hierzu fehlt jeglicher konkreter, auf die streitgegenständlichen Grundstücksflächen bezogener Vortrag des Beklagten.

jj)

Die Rechnung über die Vorbereitung und Bauleitung bezüglich der Erschließung in Höhe von 12.500 DM (Anlage B 33, 476) ist wieder nur an einen Herrn K... gerichtet. Da der Sohn denselben Nachnamen und dieselbe Anschrift hat (vgl. Bl. 472), ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte diese Kosten getragen hat. Im Übrigen wären die Teilleistungen für den Straßenbau nicht berücksichtigungsfähig. Wieviel davon auf die Trink- und Abwasserentsorgung entfallen, lässt sich mangels entsprechendem Vortrag des Beklagten nicht ausmachen.

kk)

Die Schmutzwasserleitungskosten in Höhe von 36.000,00 DM (Anlage B 35, Bl. 478) sind zwar grundsätzlich berücksichtigungsfähig, allerdings nur anteilig. Es sind neun Grundstücke verkauft worden (vier an Dritte und fünf an den Sohn), die sechs an die Kläger rückübertragenen Grundstücke sind Straßenland. Deshalb sind 4/9 der Kosten in Abzug zu bringen, das sind 16.000 DM bzw. 8.180,67 €.

Insgesamt sind demnach 429,49 € + 95,10 € + 2.176,10 € + 8.180,67 € = 10.881,36 € abzugsfähig.

4.

Die Nebenforderungen sind gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288, 291 BGB begründet.

5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.