Gericht | VG Cottbus 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 29.08.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 4 K 10/21 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0829.4K10.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG §, 24 Abs. 2 BAföG §, 24 Abs. 3 BAföG §, 36 Abs. 2 BAföG § |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von unter Vorbehalt gewährter Ausbildungsförderung.
Die Klägerin absolvierte in der Zeit von August 2011 bis Juni 2014 eine Ausbildung in der Fachrichtung Grafikdesign an der Berufsfachschule für Design L_____. Für die Bewilligungszeiträume September 2011 bis Juli 2012 (BWZ 1), August 2012 bis Juli 2013 (BWZ 2) und August 2013 bis Juni 2014 (BWZ 3) stellte sie jeweils Anträge auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).
Mit Bescheid vom 28. Februar 2012 bewilligte der Beklagte für den BWZ 1 zunächst 137,00 Euro monatliche Ausbildungsförderung, wobei er gemäß § 24 Abs. 1 BAföG die Einkommensverhältnisse der Eltern der Klägerin im Jahr 2009 berücksichtigte. Nachdem die Klägerin den Beklagten telefonisch darüber informiert hatte, dass sich das Einkommen ihres Vaters gegenüber dem maßgeblichen Kalenderjahr verschlechtert habe, übersandte der Beklagte ihr mit Schreiben vom 1. März 2012 einen Antrag auf Aktualisierung nach § 24 Abs. 3 BAföG. Unter dem 18. April 2012 stellte die Klägerin den entsprechenden Antrag. Hierbei erklärte sie u. a., ihr sei bekannt, dass Ausbildungsförderung auf der Grundlage der aktuellen Einkommensverhältnisse unter dem Vorbehalt der Rückzahlung geleistet werde, dass unverzüglich und aufgefordert alle Änderungen angezeigt und die für die endgültige Feststellung des Einkommens erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden müssten, und dass sie verpflichtet sei, eine sich bei der endgültigen Berechnung ergebene Überzahlung zu erstatten.
Mit Bescheid vom 27. April 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den BWZ 1 daraufhin Ausbildungsförderung nach § 24 Abs. 3 BAföG in Höhe von monatlich 313,00 Euro unter dem Vorbehalt der Rückforderung, weil sich das Einkommen des Vaters im Bewilligungszeitraum noch nicht abschließend feststellen ließ.
Für den BWZ 2 stellte die Klägerin am 2. Juli 2012 sowie am 4. Oktober 2012 einen Antrag auf Aktualisierung nach § 24 Abs. 3 BAföG hinsichtlich des Einkommens ihres Vaters. Mit Bescheid vom 29. November 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin daraufhin für den BWZ 2 Ausbildungsförderung in Höhe von 465,00 Euro. Die Bewilligung erfolgte dabei unter einem doppelten Vorbehalt der Rückforderung: Hinsichtlich des Einkommens des Vaters der Klägerin nach § 24 Abs. 3 BAföG, weil sich dessen Einkommen im Bewilligungszeitraum noch nicht abschließend feststellen ließ, und hinsichtlich der Mutter der Klägerin nach § 24 Abs. 2 BAföG, weil der insoweit maßgebliche Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 noch nicht vorlag.
Am 27. August 2013 ging der Einkommensteuerbescheid der Mutter der Klägerin für das Jahr 2010 bei dem Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 18. September 2013 bewilligte der Beklagte für den BWZ 3 zunächst eine monatliche Ausbildungsförderung in Höhe von 211,00 Euro und mit Bescheid vom 21. Oktober 2013 in Höhe von 414,00. Am 17. Oktober 2013 stellte die Klägerin insoweit einen Aktualisierungsantrag nach § 24 Abs. 3 BAföG hinsichtlich des Einkommens ihres Vaters. Gegen den daraufhin ergangenen Aktualisierungsbescheid vom 24. Januar 2014, der eine Bewilligung nur noch in Höhe von 116,00 Euro monatlich und dementsprechend eine Rückforderung aufgrund einer Überzahlung beinhaltete, legte die Klägerin am 12. Februar 2014 Widerspruch ein. In dessen Rahmen teilte die Klägerin mit, dass ihr Vater seit einigen Jahren alkoholabhängig sei und seitdem alles ins Schwanken geraten sei. Den neuen Job, auf dessen Grundlage die Aktualisierung vorgenommen worden sei, habe er wieder verloren. Sie wolle daher bitten, die Neuberechnung rückgängig zu machen oder ihr die Möglichkeit zu geben, elternunabhängige Ausbildungsförderung zu beantragen. Sie wisse wirklich nicht, wie sie es mit dem jetzigen BAföG-Satz schaffen solle, denn ihre Eltern könnten ihr wirklich nichts geben. Der Beklagte wies die Klägerin daraufhin auf die Möglichkeit eines neuen Aktualisierungsantrags hin, den die Klägerin sodann am 6. März 2014 stellte. Mit Bescheid vom 12. März 2014 bewilligte der Beklagte für den BWZ 3 letztlich Ausbildungsförderung in Höhe von 431,00 Euro monatlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung hinsichtlich des Einkommens des Vaters der Klägerin nach § 24 Abs. 3 BAföG und hinsichtlich des Einkommens der Mutter der Klägerin nach § 24 Abs. 2 BAföG.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 forderte der Beklagte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Informationen über den Verdienst des Vaters der Klägerin in den Jahren 2011 bis 2013 an. Zugleich forderte der Beklagte die Klägerin auf, Unterlagen zur abschließenden Bescheidung für die ersten beiden Bewilligungszeiträume (bis Juli 2013) einzureichen. Daraufhin kam es zwischen der Klägerin und der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten zu einem Austausch per E-Mail. In dessen Rahmen bat die Klägerin den Beklagten per E-Mail vom 14. Juli 2014 um Mitteilung, ob die Nachberechnung noch erfolgen werde, was der Beklagte mit E-Mail vom 16. Juli 2014 bestätigte.
Zum 1. Oktober 2015 wurde die Verwaltungsakte an das Studentenwerk P_____ übergeben, da die Klägerin ein Studium im Bereich Kommunikationsdesign an der Fachhochschule P_____ aufgenommen hatte. Nachdem der Beklagte das Studentenwerk P_____ im Mai 2016 über die noch aufzulösenden Vorbehalte informiert hatte, bat dieses mit E-Mail vom 20. Mai 2016 den Beklagten, die Vorbehalte selbst aufzulösen. Am 23. Februar 2017 forderte der Beklagte die Akte zu diesem Zweck vom Studentenwerk P_____ zurück.
Mit Schreiben vom 7. Mai 2019 bat der Beklagte die Klägerin zwecks Auflösung der Vorbehalte und der endgültigen Berechnung der Ausbildungsförderung um Übersendung des Steuerbescheides ihrer Mutter für das Jahr 2011 sowie um Übersendung der Steuerbescheide und Nachweise über Lohnersatzleistungen ihres Vaters für die Jahre 2011 bis 2014. Des Weiteren richtete der Beklagte Auskunftsersuchen an das Finanzamt, die Agentur für Arbeit, die K_____ und die A__________ betreffend das Einkommen des Vaters der Klägerin in den Bewilligungszeiträumen. Die entsprechenden Ersuchen wurden in den Monaten Mai und Juni 2019 beantwortet. Unter dem 6. Juni 2013 reichte zudem die Klägerin bei dem Beklagten die Einkommensteuerbescheide ihrer Eltern für die Jahre 2011 bis 2014 ein.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2020 setze der Beklagte die Höhe der bewilligten Ausbildungsförderung für den BWZ 1 auf monatlich 270,00 Euro, für den BWZ 2 auf monatlich 240,00 Euro und für den BWZ 3 auf monatlich 420,00 Euro herab und forderte von der Klägerin überzahlte Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 3.294,00 Euro zurück (BWZ 1: 43 Euro x 11 = 473 Euro, BWZ 2: 225 Euro x 12 = 2.700 Euro und BWZ 3: 11 Euro x 11 = 121 Euro).
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass der Erstattungsbescheid auf einem Beratungsfehler (§ 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch SGB I) beruhe. Sie habe sich seinerzeit an den Beklagten gewandt und mitgeteilt, dass der Leistungsanspruch bei der zunächst vorgenommenen Anrechnung des früheren Einkommens der Eltern zu niedrig sei, weil ihre Eltern den aus dem Einkommen berechneten Teil nicht zahlen könnten, und somit ihre Ausbildung gefährdet werde. Unabhängig davon, ob man bereits diese Mitteilung als Vorausleistungsantrag nach § 36 BAföG hätte verstehen müssen, hätte es dem Beklagte jedenfalls oblegen, auf die Notwendigkeit der Stellung eines solchen Antrags hinzuweisen. Stattdessen habe er ihr Begehren fehlerhaft als Wunsch auf Stellung eines Aktualisierungsantrags interpretiert. Insoweit stelle der geltend gemachte Rückzahlungsbetrag den ihr durch den Beratungsfehler des Beklagten entstandenen Schaden dar, so dass sich die Forderungen gegenseitig verrechneten. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, warum eine abschließende Festsetzung erst nach beinahe zehn Jahren erfolgt sei. Die erforderlichen Unterlagen dürften beim Beklagten auch bereits seit längerer Zeit vorgelegen haben, so dass Verwirkung eingetreten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2020 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Hinsichtlich des Einkommens der Mutter seien die Vorbehaltsentscheidungen schon nicht auf Grund eines Aktualisierungsantrages, sondern nach § 24 Abs. 2 BAföG erfolgt. Der Aktualisierungsantrag hinsichtlich des Einkommens des Vaters sei der Klägerin übersandt worden, nachdem diese mitgeteilt habe, dass sich das Einkommen ihres Vaters im Bewilligungszeitraum verringert habe. Gegenstand des geführten Schrift- und E-Mailverkehrs sei zu keinem Zeitpunkt gewesen, dass die Eltern der Klägerin den festgestellten Unterhaltsbetrag nicht zahlten. Es habe daher kein Anlass für die Durchführung eines Vorausleistungsverfahrens bestanden. Weder beinhalteten die §§ 20, 24 BAföG Aufhebungsfristen noch sei Verwirkung eingetreten. Die Klägerin sei von Anfang an mehrfach darüber informiert worden, dass die bewilligten Leistungen nach Vorliegen der entsprechenden Nachweise nochmals überprüft würden und sich daraus Rückforderungen ergeben könnten. Bereits mit Schreiben vom 23. Mai 2014 und vom 14. Juli 2014 sei sie zur Vorlage von Unterlagen hinsichtlich der abschließenden Bewilligung für die ersten beiden Bewilligungszeiträume aufgefordert worden. Zu keinem Zeitpunkt habe er die Klägerin im Glauben gelassen, auf eine Rückforderung zu verzichten.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 4. Januar 2021 erhobenen Klage, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Es liege ein Beratungsfehler vor. Bereits nach Erhalt des Bewilligungsbescheides für den BWZ 1 habe sie der zuständigen Sachbearbeiterin beim Beklagten telefonisch mitgeteilt, dass der festgesetzte Betrag des Elternunterhalts von ihren Eltern nicht aufgebracht werden könne und somit ihre Ausbildung gefährdet sei. Die Sachbearbeiterin habe ihr daraufhin gesagt, dass sich für diese Situation eine Lösung finden lasse. Danach habe sie bis zum Erlass des Bescheides nach § 24 Abs. 3 BAföG nichts mehr von dem Beklagten gehört. Zudem sei Verwirkung eingetreten. Richtig sei, dass der Beklagte im Jahr 2014 mehrmals mitgeteilt habe, dass eine Entscheidung noch nicht abschließend getroffen worden sei. Jedoch ergebe sich aus dem diesbezüglichen E-Mailverkehr, dass die Unterlagen für die ersten beiden Bewilligungszeiträume bei dem Beklagten bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben dürften. Soweit noch Unterlagen ihres Vaters gefehlt hätten, sei ihr dies nicht bekannt gewesen. Danach sei davon auszugehen, dass sie selbst jedenfalls bereits 2014 alle erforderlichen Handlungen für eine endgültige Feststellung vorgenommen habe und sich deshalb darauf habe verlassen können, dass der Beklagte zeitnah entscheiden werde. Dies habe ihr die zuständige Sachbearbeiterin mit Mail vom 16. Juli 2014 auch versichert.
Die Klägerin beantragt,
- den Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2020 aufzuheben,
- die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf die Begründung der angegriffenen Bescheide und führt ergänzend aus, die Klägerin verkenne die Bedeutung von Vorausleistungen nach § 36 BAföG einerseits und Aktualisierungen nach § 24 Abs. 3 BAföG andererseits. Ein Vorausleistungsverfahren komme nur in Betracht, wenn die Eltern entweder jegliche Auskunft zu ihrem Einkommen verweigerten oder den Unterhalt zwar zahlen könnten, aber nicht wollten. Ein Aktualisierungsverfahren komme dagegen in Betracht, wenn der Auszubildende mitteile, dass sich die aktuellen Einkommensverhältnisse eines oder beider Elternteile gegenüber dem an sich maßgeblichen vorletzten Kalenderjahr verschlechtert hätten. Letzteres sei hier der Fall gewesen. Dabei handele es sich um den klassischen Fall eines Aktualisierungsantrags. Zu Unrecht berufe sich die Klägerin zudem auf eine Verwirkung. Es fehle sowohl an dem dafür erforderlichen Zeitmoment als auch dem Umstandsmoment. Insbesondere habe die Klägerin nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Rückforderung nicht mehr erfolgen werde. Sie sei von Anfang an auf ihre Rückforderungspflicht hingewiesen worden. Auch habe sie gewusst, dass die endgültige Festsetzung erst nach Vorlage sämtlicher Unterlagen erfolgen könne. Das sei hier erst im Jahr 2019 der Fall gewesen, nachdem die Klägerin die noch fehlenden Steuerbescheide ihrer Eltern nachgereicht habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den seitens des Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (1 Ordner) verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die Entscheidung ergeht durch die Einzelrichterin, nachdem die Kammer dieser den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat. Im Einvernehmen mit den Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann eine Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 7. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2020 nicht verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beklagte für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides örtlich zuständig war (dazu 1.). Ein etwaiger Mangel der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten ist nach § 42 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) jedenfalls unbeachtlich, weil der Bescheid nicht nichtig ist und eine andere Entscheidung in der Sache nicht hätte getroffen werden können (dazu 2.). Die gegen den Bescheid erhobenen Einwände der Klägerin greifen nicht durch (dazu 3.).
1. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides örtlich zuständig war.
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz hat sich bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der Ämter für Ausbildungsförderung, soweit es den staatlichen Hochschulbereich betrifft, grundsätzlich für das Ausbildungsortprinzip entschieden: Örtlich zuständig ist das Amt, das bei der Hochschule, an der der Auszubildende immatrikuliert ist, errichtet ist (§ 45 Abs. 3 Satz 1 BAföG). Ist das Amt für Ausbildung bei einem Studentenwerk errichtet, wird dessen Zuständigkeit durch das Land bestimmt (§ 45 Abs. 3 Satz 3 BAföG). Das Bundesausbildungsförderungsgesetz geht dabei von dem Grundsatz der Allzuständigkeit aus (vgl. § 45a Abs. 1 Satz 1 BAföG), nach dem das jeweils zuständige Amt für Ausbildungsförderung für alle Entscheidungen über die Ausbildungsförderung und damit auch für solche Verwaltungshandlungen zuständig ist, die Zeiträume vor dem Zuständigkeitsübergang betreffen (ausführlich zum Vorstehenden vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1992 5 C 66.88 , juris Rn. 13 ff.).
Dies zugrunde gelegt lag die örtliche Zuständigkeit für die im Jahr 2020 erfolgte Teilaufhebung vorangegangener Bewilligungsbescheide und Rückforderung überzahlter Beträge nach § 5 Abs. 2 Satz 2 und § 21 Landesorganisationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 1994 (GVBl. I S. 406) i. V. m. § 1 Abs. 3 Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 30. Januar 1996 (GVBl.II/96, [Nr. 10], S. 79) im Grundsatz bei dem Studentenwerk P_____, seitdem die Klägerin sich im Jahr 2015 an der Fachhochschule P_____ eingeschrieben hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin bei dem betreffenden Studentenwerk erneut einen Antrag auf Ausbildungsförderung gestellt hat.
Dahinstehen kann, ob der Beklagte das Verfahren ungeachtet des generellen Zuständigkeitsübergangs auf das Studentenwerk P_____ nach § 45a Abs. 1 Satz 2 BAföG i. V. m. § 2 Abs. 2 SGB X an sich ziehen durfte. Nach diesen Vorschriften kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände ändern, dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt. Zwar dürften die zuletzt genannten Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen. Fraglich erscheint allerdings, ob das Verwaltungsverfahren zur Auflösung der Vorbehalte beim Zuständigkeitsübergang auf das Studentenwerk Potsdam im Jahr 2015 schon im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB X begonnen hatte. Insoweit ließe sich allenfalls auf das Datum des 23. Mai 2014 abstellen, unter dem die Klägerin aufgefordert wurde, Unterlagen zur abschließenden Bescheidung einzureichen. Allerdings bezog sich diese Aufforderung zunächst nur auf die ersten beiden Bewilligungszeiträume.
Einer abschließenden Entscheidung hierzu bedarf es nicht, weil ein etwaiger Zuständigkeitsmangel jedenfalls gemäß § 42 Satz 1 SGB X unbeachtlich ist. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, u. a. nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, also in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können.
So liegt es hier.
Bescheide eines Förderungsamtes, die ergehen, obwohl ein Wechsel in der Zuständigkeit stattgefunden hat, sind nach § 40 Abs. 3 Nr. 1 SGB X nicht allein deshalb nichtig im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB X.
Der streitgegenständliche Bescheid leidet zudem auch mit Blick auf die Rückforderung überzahlter Beträge lediglich unter einem Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit und nicht zugleich an einem materiellen Fehler, etwa weil dem Beklagten die Aktivlegitimation zur Geltendmachung der Forderung fehlen würde (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1992 5 C 66.88 , juris Rn. 20). Insbesondere liegt ein Gläubigerwechsel nach § 45a Abs. 3 BAföG nicht vor, da der Zuständigkeitswechsel vorliegend innerhalb des Landes B_____ erfolgt ist.
Schließlich hat der Beklagte die Bewilligungen vom 27. April 2012 (BWZ 1), vom 29. November 2012 (BWZ 2) und vom 12. März 2014 (BWZ 3) zu Recht abgeändert und die überzahlten Beträge zurückgefordert, ohne dass ihm insoweit Ermessen zustand.
Die mit Bescheid vom 7. Mai 2020 erfolgte Neuberechnung und Rückforderung geleisteter Ausbildungsförderung unter Auflösung der Vorbehalte nach § 24 Abs. 2 und Abs. 3 BAföG findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG. Haben die Voraussetzungen für die Leistung von Ausbildungsförderung an keinem Tag des Kalendermonats vorgelegen, für den sie gezahlt worden ist, so ist nach dieser Vorschrift – außer in den Fällen der §§ 44 bis 50 SGB X – insoweit der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Förderungsbetrag zu erstatten, als Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet worden ist.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Beklagte hat der Klägerin in den streitbefangenen Bewilligungszeiträumen Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt.
Mit Blick auf das anzurechnende Einkommen des Vaters war er hierzu nach §§ 50 Abs. 1 Satz 2, 24 Abs. 3 Satz 3 BAföG berechtigt, nachdem die Klägerin jeweils unter Verwendung des entsprechenden Formblattes Anträge auf Aktualisierung gestellt und glaubhaft gemacht hatte, dass das Einkommen ihres Vaters in den zu bescheidenden Bewilligungszeiträumen voraussichtlich wesentlich niedriger sein werde als in den sonst maßgeblichen Kalenderjahren. Zudem durfte der Beklagte hinsichtlich des anzurechnenden Einkommens der Mutter der Klägerin für den BWZ 2 und den BWZ 3 nach §§ 50 Abs. 1 Satz 2, 24 Abs. 2 Satz 2 BAföG Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung leisten, nachdem die insoweit maßgeblichen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 bei Erlass der Bewilligungsbescheide noch nicht vorlagen.
Soweit die Klägerin andeutet, der Beklagte habe ihre nach Erhalt des ersten Bewilligungsbescheids vom 28. Februar 2012 erfolgte (telefonische) Mitteilung, dass ihre Eltern den unter Berücksichtigung des Kalenderjahrs 2009 zunächst festgesetzten Betrag des Elternunterhalts nicht aufbringen könnten, als Vorausleistungsantrag im Sinne des § 36 Abs. 1 BAföG verstehen müssen, so dass eine Vorbehaltsentscheidung nach § 24 Abs. 3 BAföG nicht habe ergehen dürfen, überzeugt dies nicht. Dies schon deshalb, weil Vorausleistungen nach § 36 BAföG nur auf ausdrücklichen Antrag erfolgen können, der zudem grundsätzlich schriftlich unter Verwendung des entsprechenden Formblatts zu erfolgen hat. Einen ausdrücklichen Antrag auf Vorausleistungen nach § 36 Abs. 1 BAföG hat die Klägerin indes auch nach eigenem Vorbringen zu keinem Zeitpunkt weder mündlich noch schriftlich gestellt, sondern stattdessen nach dem Telefonat mit der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten unter Verwendung des entsprechenden Vorblatts jeweils Aktualisierungsanträge nach § 24 Abs. 3 BAföG eingereicht. Eine anderweitige Auslegung der von der Klägerin gestellten Anträge kam danach aus Sicht eines objektiven Empfängers nicht in Betracht.
Die von der Klägerin gestellten Anträge nach § 24 Abs. 3 BAföG können auch nicht gleichsam im Nachgang in Vorausleistungsanträge umgedeutet oder wie solche werden, weil sonst die gesetzgeberische Wertung in § 36 Abs. 1 Halbsatz 2 BAföG und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes unterlaufen würden. Danach findet die zur früheren Rechtslage noch anerkannte sog. Vorausleistungseinrede, mit der sich der Auszubildende gegenüber einem Rückforderungsbescheid nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG darauf berufen konnte, die nunmehr zurückgeforderte Ausbildungsförderung habe ihm als Vorausleistung gemäß § 36 BAföG zugestanden, da seine Ausbildung wegen der Nichtleistung des in der abschließenden Entscheidung angerechneten Unterhaltsbeitrags durch seine Eltern gefährdet gewesen sei, keine Anwendung mehr (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 5 C 2.09 -, juris Rn. 15 ff.). Tritt eine Zahlungsunwilligkeit der Eltern, die während des Bewilligungszeitraums zum Stellen eines Vorausleistungsantrags nach § 36 BAföG berechtigt hätte, erst nach Ende der Ausbildungsförderung erkennbar hervor, mutet der Gesetzgeber den betroffenen Auszubildenden vielmehr zu, hinsichtlich eines sich aus der endgültigen Berechnung ergebenden Rückforderungsbetrag ggf. gegen ihre Eltern vorzugehen. Dabei wird auch in Kauf genommen, dass die Auszubildenden den festgesetzten Unterhaltsbetrag im Ergebnis möglicherweise selbst tragen müssen, falls dieser unterhaltsrechtlich gegen die Eltern nicht (mehr) durchsetzbar ist (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 - 5 C 2.09 , juris Rn. 23 ff.).
Ist nach alledem nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet hat, war er nach § 24 Abs. 2 Satz 3 bzw. Abs. 3 Satz 4 BAföG verpflichtet, über die Anträge abschließend zu entscheiden, sobald die Einkommensteuerbescheide der Mutter für die Jahre 2010 und 2011 vorlagen (BWZ 2 und BWZ 3) bzw. sich das Einkommen des Vaters in den Bewilligungszeiträumen endgültig feststellen ließ (BWZ 1 bis 3). Dass der Beklagte bei Auflösung der Vorbehalte und der entsprechenden Rückforderung Fehler bei der Berechnung gemacht haben könnte, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
3. Die seitens der Klägerin im Übrigen erhobenen Einwände greifen nicht durch:
a. Der Beklagte war insbesondere nicht aufgrund Zeitablaufs gehindert, am 7. Mai 2020 den streitgegenständlichen Bescheid zu erlassen. Verwirkung ist nicht eingetreten.
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BaföG sieht in Unterschied etwa zu den Befugnissen nach §§ 44 bis 50 SGB X weder eine Aufhebungsfrist noch anderweitigen Vertrauensschutz zugunsten des Auszubildenden vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1991 5 C 4.88 , juris Rn. 13 m. w. N.; Knoop, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 8. Auflage 2024, § 24 Rn. 18). Auch wenn diese gesetzgeberische Wertung nicht unterlaufen werden darf, schließt dies nach Auffassung des erkennenden Gerichts zwar nicht grundsätzlich aus, dass im Einzelfall nach dem auch das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch BGB) Verwirkung eintreten kann (vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 1988, 32; VG Augsburg, Beschluss vom 5. Februar 2015 Au 3 K 14.933 , juris Rn. 51; Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 8. Auflage 2024, § 20 Rn. 17 ff.). Die Annahme einer Verwirkung setzt nach allgemeiner Auffassung allerdings voraus, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die die spätere Geltendmachung treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Das Umstandsmoment ist dabei insbesondere erfüllt, wenn der Schuldner infolge eines bestimmten Verhaltens des Gläubigers darauf vertrauen durfte, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 1987 5 152/86 , juris Rn. 5; OVG Münster, NVwZ-RR 1988, 32, 33; VG Augsburg, Beschluss vom 5. Februar 2015 – Au 3 K 14.933 , juris Rn. 50 f.).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Keine entscheidende Bedeutung kommt insoweit zunächst dem Umstand zu, dass der Beklagte die Vorlage der entsprechenden Unterlagen bei der Klägerin lediglich unter dem 23. Mai 2014 und dann erst wieder am 7. Mai 2019 angefordert hat. Die Klägerin hat auf den Formblättern der Aktualisierungsanträge nach § 24 Abs. 3 BAföG jeweils mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass ihr bekannt sei, dass sie entsprechend ihrer allgemeinen Mitwirkungspflicht unverzüglich und unaufgefordert die für die endgültige Feststellung des Einkommens erforderlichen Unterlagen vorlegen müsse. Sie trug damit sowohl vor als auch nach dem 23. Mai 2014 selbst die Verantwortung, dem Beklagten die maßgeblichen Unterlagen schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, ohne dass es einer (weiteren) Aufforderung seitens des Beklagten bedurfte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Beklagte im Übrigen im Nachgang zur Aufforderung vom 23. Mai 2014 auch nicht durch aktives Verhalten einen Vertrauenstatbestand gesetzt, sondern war gegenüber der Klägerin schlicht über mehrere Jahre untätig. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, die zuständige Mitarbeiterin des Beklagten habe ihr mit E-Mail vom 16. Juli 2014 versichert, dass der Beklagte zeitnah entscheiden werde, ist dies ausweislich eines im Verwaltungsvorgang des Beklagten vorhandenen Ausdrucks der in Bezug genommenen E-Mail (Bl. 312 BA) unzutreffend. In dieser E-Mail hat die Mitarbeiterin des Beklagten die Klägerin im Gegenteil auf deren entsprechende Nachfrage darauf hingewiesen, dass sie weitere Unterlagen benötige, die sie bei dem Vater der Klägerin angefordert habe, und eine Nachberechnung nach Vorlage aller Unterlagen noch erfolgen werde. Weder stellte sie dabei eine zeitnahe Entscheidung noch einen letztmöglichen Entscheidungszeitpunkt in Aussicht.
Das danach folgende „Schweigen“ des Förderamtes gegenüber der Klägerin über mehrere Jahre reicht für sich genommen für die Annahme einer Verwirkung auch bei erheblichen Zeitablauf nicht aus, weil ihm ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine vertrauensbildende Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1984 5 C 1.83 , juris Rn. 19; a. A. für einen Zeitablauf von vier Jahren nach Vorliegen der betreffenden Unterlagen: Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 8. Auflage 2024, § 20 Rn. 18). Dies gilt umso mehr angesichts dessen, dass was der Klägerin ausweislich des Verwaltungsvorganges bewusst war (vgl. etwa Bl. 124 BA) Auskünfte seitens ihres Vaters auch zuvor nur verzögert zu bekommen waren. Auch vor diesem Hintergrund musste sie jedenfalls in Betracht ziehen, dass der Beklagte ggf. weitere langwierige Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens ihres Vaters würde anstellen müssen.
Unabhängig davon kommt eine Verwirkung denknotwendig ohnehin erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, ab dem dem Beklagten die zur Berechnung erforderlichen Unterlagen tatsächlich vollständig vorlagen (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 5. Februar 2015 Au 3 K 14.933 , juris Rn. 53). Dies war hier erst im Jahr 2019 der Fall. Denn der Beklagte konnte eine endgültige, die Vorbehalt auflösende Entscheidung erst nach Vorlage der Einkommensteuerbescheide der Eltern der Klägerin aus den Jahren 2011 bis 2014 treffen. Diese hat die Klägerin nach entsprechender Aufforderung des Beklagten vom 7. Mai 2019 am 6. Juni eingereicht 2019 (Bl. 364 ff., Bl. 409 ff., Bl. 438 ff. und Bl. 475 ff. BA).
Eine frühere Entscheidung war auch nicht aufgrund der eingeholten Auskünfte des Finanzamtes, der Agentur für Arbeit, der K_____ und der A__________ möglich. Abgesehen davon, dass die entsprechenden Mitteilungen ausweislich eines Aktenvermerks der zuständigen Mitarbeiterin des Beklagten wohl nur bedingt brauchbar waren (Bl. 545 BA), gingen auch diese Auskünfte erst im Verlauf des Mai bzw. Juni 2019 bei dem Beklagten ein.
Unschädlich ist schließlich auch, dass der Einkommensteuerbescheid der Mutter der Klägerin für das Jahr 2010 dem Beklagten bereits seit dem 27. August 2013 vorlag (Bl. 198 ff. BA). Zwar hätte der für den BWZ 2 hinsichtlich des Einkommens der Mutter erklärte Vorbehalt nach § 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG zu diesem Zeitpunkt aufgelöst werden können. Es ist aber nicht zu beanstanden, dass der Beklagte mit einer endgültigen Berechnung hinsichtlich des BWZ 2 zugewartet hat, bis auch Sicherheit über die insoweit maßgeblichen Einkünfte des Vaters im Bewilligungszeitraum bestand, um sodann den gesamten Bewilligungszeitraum einheitlich abschließend zu verbescheiden (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 5. Februar 2015 Au 3 K 14.933 , juris Rn. 54).
b. Die streitgegenständliche Rückforderung kann entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht mit geltend gemachten Schadensersatzansprüchen wegen einer etwaigen Beratungspflichtverletzung „verrechnet“ werden.
aa. Soweit man den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin als Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB verstehen wollte, kann diese im vorliegenden Verfahren schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die Entscheidung über Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aus einer Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB, Art. 34 Grundgesetz (GG) gemäß Art. 34 Satz 3 GG den ordentlichen Gerichten vorbehalten ist.
Die Berücksichtigung einer Aufrechnung mit einer Gegenforderung, für deren gerichtliche Geltendmachung ein anderer Rechtsweg gegeben ist, ist nur dann möglich, wenn die Forderung rechtskräftig oder bestandskräftig festgestellt bzw. unbestritten ist. Hieran ändert auch § 17 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nichts, wonach das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Denn zum einen handelt es bei der Aufrechnung nicht lediglich um einen „rechtlichen Gesichtspunkt“, sondern ein selbstständiges Gegenrecht, durch das der Klage ein weiterer Streitgegenstand hinzugefügt wird (vgl. dazu OVG Lüneburg, Urteil vom 26. Mai 2004 4 LC 408/02 -, juris Rn. 33 ff.; Ehlers, in: Schoch/Schneider, VwGO, 45. EL Januar 2024, § 17 GVG Rn. 31). Für den hier in Rede stehenden Amtshaftungsanspruch bestimmt zudem § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG ausdrücklich, dass Art. 14 Abs. 3 Satz 4 und Art. 34 Satz 3 GG unberührt bleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 1993 7. B 5.93 -, juris Rn. 3).
Angesichts dessen, dass die Klägerin nicht vorgetragen hat, einen entsprechenden Anspruch gegenüber dem Beklagten außergerichtlich überhaupt geltend gemacht, geschweige einen Amtshaftungsprozess eingeleitet zu haben, sah sich das Gericht mit Blick auf die in der Klagebegründung zudem nicht weiter substantiierte Schadensersatzforderung auch weder zu einer Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO (vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1998 3 B 68.97 -, juris Rn. 17; Beschluss vom 31. März 1993 7. B 5.93 -, juris Rn. 4) noch zum Erlass eines Vorbehaltsurteils nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 302 Zivilprozessordnung (ZPO) veranlasst (vgl. dazu Ehlers, in: Schoch/Schneider, VwGO, 45. EL Januar 2024, § 17 GVG Rn. 31).
bb. Die Klägerin kann auch nicht unter Berufung auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verlangen, wegen des von ihr geltend gemachten Beratungsfehlers so gestellt zu werden, als hätte sie Vorausleistungen vor Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums beantragt.
Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang die zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelten Grundsätze im Recht der Ausbildungsförderung anwendbar sind (wie hier offenlassend: BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 5 C 13.09 , juris Rn. 16; OVG Münster, Beschluss vom 17. Januar 2011 12 E 970/10 -, juris Rn. 28 ff.; ablehnend: OVG Magdeburg, Beschluss vom 24. März 2009 3 L 260/07 -, juris Rn. 11; Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 8. Auflage 2024, § 20 Rn. 72). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat nämlich jedenfalls zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft verletzt hat, die kausal für einen sozialrechtlichen Nachteil des Berechtigten ist. Auf Rechtsfolgenseite muss der Zustand, der bestehen würde, wenn die Behörde ihre Verpflichtungen gegenüber dem Berechtigten nicht verletzt hätte, durch eine gesetzlich zulässige Amtshandlung hergestellt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 B 4 AS 29/10 R -, juris Rn. 12, m. w. N.).
Daran gemessen kommt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch vorliegend nicht in Betracht.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts besteht eine Hinweis- und Beratungspflicht des Sozialleistungsträgers (§§ 14, 15 SGB I) außerhalb eines konkret geäußerten Auskunfts- bzw. Beratungsbegehren des Betroffenen ausnahmsweise dann, wenn anlässlich der konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Leistungsberechtigter wahrnehmen würde. Die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, ist dabei allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 B 4 AS 29/10 R -, juris Rn. 14 m. w. N.).
Dies zugrunde gelegt lässt sich der geltend gemachte Beratungsfehler weder der Klagebegründung noch dem Verwaltungsvorgang entnehmen.
Insoweit sind die unterschiedlichen Zielrichtungen von Vorausleistungen nach § 36 BAföG einerseits und Aktualisierungsanträgen nach § 24 Abs. 3 BAföG andererseits zu berücksichtigen: Der Zweck der Aktualisierung nach § 24 Abs. 3 BAföG liegt darin, eine Gefährdung der Ausbildung entgegenzuwirken, die dadurch entsteht, dass die - an sich zahlungswilligen Eltern den Anrechnungsbetrag, der sich nach ihrem Einkommen aus dem Regelberechnungszeitraum des § 24 Abs. 1 BAföG ergibt, wegen einer zwischenzeitlichen Verschlechterung der Einkommensverhältnisse im aktuellen Bewilligungszeitraum nicht (mehr) als Unterhalt leisten können. Demgegenüber haben Vorausleistungen nach § 36 Abs. 1 BAföG zum Ziel, insbesondere im Falle sich bereits während des Bewilligungszeitraums abzeichnender fehlender Zahlungsbereitschaft der an sich zahlungsfähigen Eltern eine Gefährdung der Ausbildung zu verhindern. Ein Anlass für die Behörde, den Auszubildenden dahin zu beraten, einen Vorausleistungsantrag zu stellen, kann daher auch im Falle eines Aktualisierungsantrages nur bestehen, wenn jedenfalls während des laufenden Bewilligungszeitraums klar erkennbar ist, dass die Eltern nicht bereit sind, die festgesetzten Anrechnungsbeträge zu leisten und dadurch eine Ausbildungsgefährdung verursacht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2010 5 C 13.09 , juris Rn. 20).
Daran fehlt es vorliegend. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs des Beklagten hat die Klägerin während der hier in Rede stehenden Bewilligungszeiträume gegenüber dem Beklagten zu keiner Zeit ausdrücklich kundgetan, dass ihr Vater trotz entsprechender Einkünfte nicht bereit sei, den berechneten Unterhaltsbetrag zu zahlen. Vielmehr hat sie - wiederholt (vgl. Bl. 62, Bl. 116, Bl. 117 und Bl. 259 BA) - darauf hingewiesen, dass insbesondere ihr Vater aufgrund immer wieder eintretender Arbeitslosigkeit den zunächst festgesetzten Betrag nicht leisten könne (Hervorhebung durch das Gericht). Etwas anderes ergibt sich auch aus der Klagebegründung nicht. Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der ihm geschilderten Situation um den geradezu klassischen Fall für einen Aktualisierungsantrag handelte.
Auf dieser Grundlage war der Beklagte nicht gehalten, die Klägerin vorsorglich auf die Möglichkeit der Stellung eines Vorausleistungsantrages für den aus seiner Sicht hypothetischen Fall einer Zahlungsunwilligkeit ihres Vaters aufzuklären. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Stellung eines Vorausleistungsantrages für die Klägerin ggf. objektiv vorteilhaft(er) gewesen wäre, vor allem wenn worauf die Klage hindeutet - der Vater der Klägerin sich geweigert haben sollte, den festgesetzten Unterhaltsbetrag zu leisten. Insoweit hätte es aber der Klägerin oblegen, dies für den Beklagten bereits im Bewilligungszeitraum klar erkennbar zu machen, indem sie ihn über eine Zahlungsunwilligkeit ihres Vaters unmissverständlich in Kenntnis setzt. Daran fehlt es hier. Der Beklagte muss vor einer entsprechenden Antragstellung auch keine eigene Sachverhaltsaufklärung „ins Blaue hinein“ vornehmen.
Nach alledem sei nur ergänzend darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch nichts dazu vorgetragen hat, dass sie für den Fall einer dahingehenden Beratung tatsächlich einen Vorausleistungsantrag gestellt hätte. Hierzu hätte es insbesondere deshalb gesonderter Ausführungen bedurft, weil viele Auszubildende lieber auf Förderungsmittel verzichten, als in Kauf zu nehmen, dass ihre Eltern wegen des infolge der Vorausleistung nach § 37 BAföG kraft Gesetzes auf das Land übergehenden Unterhaltsanspruchs in Anspruch genommen werden oder sich auch nur gegen einen vermeintlichen Unterhaltsanspruch zur Wehr setzen müssen (vgl. Lackner/Heinecke, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 8. Auflage 2024, § 36 Rn. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO.
Eine Entscheidung über die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren als notwendig gemäß § 162 Abs. 2 VwGO erübrigt sich angesichts der zu Lasten der Klägerin ergangenen Kostenentscheidung.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung: