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Befundprüfung, Grundlagen der Schätzung, mobile Entsorgung, Schätzung, Trinkwassergebühren


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 25.07.2024
Aktenzeichen VG 6 K 1638/17 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0725.6K1638.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 10 KAG, § 6 KAG

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 wird aufgehoben, soweit er einen Betrag von insgesamt 1.876,93 Euro für Gebühren für die mobile Entsorgung und Trinkwassergebühren festsetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 83 %, die Klägerin zu 17 %.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des Vollstreckungsbetrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Trinkwasser- und Abwassergebühren durch den Beklagten sowie gegen eine Kostenerstattung für eine Befundprüfung eines Wasserzählers durch den Beklagten.

Sie ist Eigentümerin des Grundstücks W_____.

Auf diesem Grundstück installierte der Beklagte am 8. November 2012 ein Wasserzähler mit der Zählernummer 1_____. Am 3. Januar 2017 wurde der Wasserzähler mit einem Stand von 662 m³ ausgebaut und für eine von der Klägerin beantragten Befundprüfung vom Beklagten an die staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte für Wasser bei der Firma a_____ in B_____ weitergeleitet. Dort wurde am 9. Januar 2017 die Prüfung des Wasserzählers durchgeführt. Mit Prüfschein vom selben Tag bescheinigte die Prüfstelle, dass das Messgerät die Prüfung nicht bestanden habe. Zwar lägen die Messabweichungen innerhalb der Verfahrensfehlergrenzen. Die sonstigen Anforderungen (innere und äußere Beschaffenheit) seien jedoch nicht erfüllt, da aufgrund des fehlenden Klemmrings am Zähler keine Zählernummer zu erkennen sei.

Mit Rechnung vom 10. Januar 2017 berechnete die a_____dem Beklagten für die Zählerprüfung einen Betrag von 136,14 Euro.

Mit Bescheid vom 18. Januar 2017 erhob der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Kostenersatz i.H.v. 168,68 Euro brutto für die Wasserzählerprüfung. Als Rechtsgrundlage für den Kostenersatz gab er die Trinkwassersatzung des S_____(im Folgenden T_____) an.

Mit weiterem Bescheid vom 1. Februar 2017 zog der Beklagte die Klägerin im Hinblick auf das oben genannte Grundstück zu Gebühren für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2016 für die mobile Entsorgung i.H.v. 1.059,84 Euro für eine abgerechnete Menge von 138 m3 und i.H.v. 763,64 Euro netto (817,09 Euro brutto) und für eine abgerechnete Menge von 332 m3 für Trinkwassergebühren heran. Ferner erhob der Beklagte in dem Bescheid auch Jahresvorauszahlungen für das Jahr 2017, für die mobile Entsorgung i.H.v. 424,01 Euro und für Trinkwasser i.H.v. 127,09 Euro netto (135,99 Euro brutto).

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mittels Email vom 8. Februar 2017 Widerspruch ein. Mit laut Eingangsstempel am 1. März 2017 bei dem Beklagten eingegangenem weiteren Schreiben, legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut gegen beide Bescheide Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2017 wies der Beklagte den eingelegten Widerspruch zurück. Zur Begründung gab er an, dass die Gebührenveranlagung anhand der Satzung für Trink- und Abwasser des S_____vom 29. Dezember 2012 entsprechend der Zählerstände erfolgt sei. Die Befundprüfung des Zählers sei von der Klägerin veranlasst worden. Bei der Gebührenveranlagung sei der Zählerstand am 31. Dezember 2016 mit einem Wert von 662 m3 abgelesen worden. Der Zählerstand am 1. Januar 2016 sei mit 330 m3 geschätzt worden. Hieraus ergebe sich der Verbrauch von 332 m3. Für das streitgegenständliche Grundstück sei der Zählerstand am 3. Januar 2017 über das Erfassungsportal gemeldet worden. Die Jahre zuvor hätten mangels erfolgter Übermittlung geschätzt werden müssen. Der zuvor zuletzt gemeldete Zählerstand von 16 m3 sei für das Ablesungsjahr 2012 erfolgt. Somit sei von einem Verbrauch von 646 m3 für vier Jahre und fünf in dem Haushalt lebenden Personen auszugehen. Somit liege der jährliche Verbrauch für fünf Personen bei 161,5 m3. Pro Person sei somit von einem Durchschnittsverbrauch pro Jahr von 32,3 m3 auszugehen. Der durchschnittliche Verbrauch pro Person im Verbandsgebiet liege zwischen 30-35 m3 pro Jahr. Der diesjährige hohe Abrechnungswert von 332 m3 beruhe auf den zu geringen Schätzungen der Vorjahre. Hierbei sei zu beachten, dass die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Zählerablesung in den vergangenen Jahren nicht nachgekommen sei und sie es ebenfalls unterlassen habe, die ihr ergangenen Abrechnungsbescheide auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Soweit ein Abgabenpflichtiger seiner Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung des abgabenrechtlich zu ermittelnden Sachverhalts nicht nachkomme, könnten die Grundlagen der Gebührenerhebung auch geschätzt werden, wenn die Grundlagen nicht ermittelt oder berechnet werden könnten. Der hiesige Wasserzähler sei am 8. November 2012 mit einem Anfangsstand von 0 m3 installiert worden. Zum 31. Dezember der Jahre 2013, 2014 und 2015 seien die Zählerstände geschätzt worden, weil eine Mitteilung der Zählerstände seitens der Klägerin nicht erfolgt sei. Für das Jahr 2016 sei unter der Berücksichtigung des geschätzten Zählerstandes zum 31. Dezember 2015 sowie der erfolgten Selbstablesung vom 31. Dezember 2016 ein Trinkwasserverbrauch von 332 m3 ermittelt worden. Analog verhalte es sich bei der Ermittlung des Schmutzwasseranfalls. Der Zählerstand sei zum 2. August 2016 geschätzt worden. Hinsichtlich des Kostenersatzes sei der streitgegenständliche Zähler am 3. Januar 2017 mit einem Zählerstand von 662 m3 ausgewechselt worden. Die Klägerin habe dabei die Befundprüfung beantragt. Hierbei seien keine Messabweichungen festgestellt worden. Insoweit sei zu schlussfolgern, dass der Wasserverbrauch korrekt angezeigt worden sei. Anhand der T_____fielen die Kosten der Prüfung dem Verband zur Last, falls die Abweichung die Verkehrsfehlergrenze überschreite, andernfalls sei der Grundstückseigentümer, hier die Klägerin, zur Zahlung verpflichtet. Der Zähler sei seinerzeit am 8. November 2012 vollständig mit einem Klemmring eingebaut worden. Bei Ausbau habe dieser Klemmring und somit die Zählernummer gefehlt. Auf dem Prüfprotokoll sei der Ausbaustand (662,78937 m3) des eingereichten Zählers erkennbar und somit eindeutig zuordenbar gewesen. Anhand der T_____hafte der Grundstückseigentümer für das Abhandenkommen oder die Beschädigung des Wasserzählers. Das über die Jahre tatsächlich angefallene Schmutzwasser könne nicht als Grundlage für den Trinkwasserverbrauch herangezogen werden. Seit dem Jahr 2010 seien anhand des Einwohnermeldeamtes auf dem streitgegenständlichen Grundstück fünf Personen gemeldet, wobei von einem gleichbleibenden Verbrauch auszugehen sei. Auf dem Grundstück habe sich bis zum 1. August 2016 eine Kleinkläranlage befunden. Die Abnahme der Sammelgrube sei am 2. August 2016 erfolgt. Ein Zählerstand sei bei Inbetriebnahme der Sammelgrube nicht mitgeteilt worden. Herr G_____ habe am 28. März 2014 angegeben, dass sich auf dem Grundstück eine Sammelgrube befinde. Daraufhin sei die Klägerin aufgefordert worden, Entsorgungsnachweise für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2013 vorzulegen. Dieser Aufforderung sei die Klägerin nicht nachgekommen. Für das Jahr 2012, 2013 und 2015 seien keine Entsorgungen der Grube erfolgt. Es sei ungeklärt wie die Grube entsorgt worden sei. Als Schmutzwassermenge gelte die aus der öffentlichen Wasserversorgung bezogene Frischwassermenge.

Daraufhin hat die Klägerin am 12. Juli 2017 Klage erhoben. Am 13. Oktober 2017 hat der Beklagte einen weiteren Widerspruchsbescheid erlassen, indem er den eingelegten Widerspruch hinsichtlich des Kostenbescheids für die Befundprüfung als unzulässig zurückgewiesen hat, da die Widerspruchseinlegung nicht formgemäß erfolgt sei. Mit Schriftsätzen vom 24. November 2021 und vom 8. Dezember 2021 haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit die Erhebung von Vorausleistungen im Streit standen.

Zur Begründung führt sie aus, dass sowohl die Berechnung der Mengengebühr für Trinkwasser als auch für Abwasser fehlerhaft sei. Auch die Schätzung sei fehlerhaft. Sie beruhe auf der Zugrundelegung von abgelesenen Zählerständen zum 1. Januar 2013 und zum 31. Dezember 2016. Sie fuße damit nicht auf zugrunde zu legenden Tatsachen. Sofern man die Ablesewerte für die Schätzung heranziehen würde, so habe innerhalb eines Zeitraums von 4 Jahren 646 m3 Wasser anfallen müssen. Hierbei handele es sich um einen Jahresverbrauch von 161,5 m3. Der Beklagte habe allerdings für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Zählerwert von 330 m3 zugrunde gelegt und somit für das Kalenderjahr 2016 einen Verbrauch von 332 m3 geschätzt. Diese Vorgehensweise sei unzutreffend und unzulässig. Der Beklagte selbst sei in seinem Widerspruchsbescheid von einer gleichbleibenden Anzahl an Bewohnern und einem gleichbleibenden Verbrauch ausgegangen. Somit könne ein derartiger Verbrauch nicht für das Kalenderjahr 2016 geschätzt werden. Vielmehr habe der Zählerstand sodann auf 490,5 m3 geschätzt werden müssen. Dies ergebe sich aus einem – wie von dem Beklagten vorgetragenen – linearen Anstieg. In diesem Fall wäre ein durchschnittlicher Jahresverbrauch von 161,5 m3 entstanden. Der Beklagte habe selbst ausgeführt, dass der durchschnittliche Verbrauch im Verbandsgebiet 30-35 m3 liege. Ein Schätzwert von 32,3 m3 sei insofern im hiesigen Verfahren pro Person angemessen. Vielmehr versuche der Beklagte allerdings für das Jahr 2016 etwaige zu niedrig erfolgte Schätzungen der Vorjahre durch eine erhöhte Schätzung für das streitgegenständliche Jahr 2016 auszugleichen. Auch habe sie ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Sie sei zu keinem Zeitpunkt vom Beklagten angehalten worden ihren Zählerstand mitzuteilen. Insofern habe sie wenig Anlass gehabt, die Werte zu übermitteln. Fehlerhaft sei ebenfalls die abgerechnete Schmutzwassermengengebühr. Hier seien lediglich 48,5 m3 aus der Grube entsorgt worden und nicht wie von dem Beklagten zugrunde gelegt 138 m3. Auch sei die Grube zeitweise von dem mittlerweile verstorbenen Nachbarn Herrn P_____genutzt worden. Dieser habe im eigenen Namen Entsorgungsaufträge an den Beklagten erteilt. Ebenso wenig könnten ihr die Kosten für die Befundprüfung des Wasserzählers zur Last fallen, da dieser ausweislich des Prüfscheines die Befundprüfung nicht bestanden habe. Im Übrigen sei sie für eine etwaige Beschädigung dieses Wasserzählers nicht verantwortlich.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

  1. den Kostenbescheid des Beklagten vom 18. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 und des weiteren Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2017 aufzuheben,
  2. den Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag und ist ergänzend der Ansicht, dass sowohl der Kostenbescheid als auch der Gebührenbescheid rechtmäßig sei. Hinsichtlich der Schätzung resultiere der hohe Abrechnungswert von 332 m3 daraus, dass in den Vorjahren zu geringe Schätzungen erfolgt seien, die aber in Bestandskraft erwachsen seien. Vor diesem Hintergrund habe der Verbrauch auf der Grundlage des Bescheidergebnisses von 2015 und des Ablesewertes vom 3. Januar 2017 korrekt ermittelt werden können. Das Fehlen des Klemmrings liege im Verantwortungsbereich der Klägerin, da es bereits bei Ausbau festgestellt worden sei. Dafür, dass die mobile Entsorgung in dem Zeitraum vom 15. März 2014 bis 13. Mai 2015 erfolgt sei, gäbe es keinen Nachweis.

Entscheidungsgründe

Der Einzelrichter konnte gemäß § 6 Abs. 1 VwGO anstelle der Kammer entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat und gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in Bezug auf die Erhebung einer Vorauszahlung für das Kalenderjahr 2017 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Insoweit war nur noch gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (vgl. insoweit unten die Begründung der Kostenentscheidung).

Die Klage ist zulässig. Gemäß § 70 Abs. 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats nachdem er bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Bekanntgegeben gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt der im Inland durch die Post übermittelt worden ist, nach § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG). Anhand des Verwaltungsvorgangs des Beklagten ist nicht ersichtlich, wann der Kostenbescheid für die Befundprüfung mit Datum vom 18. Januar 2017 und der Gebührenbescheid, datiert vom 1. Februar 2017 zur Post gegeben wurden. Allerdings müssen beide Bescheide der Klägerin jedenfalls am 8. Februar 2017 zugegangen sein, da von der gemeinsamen Email-Adresse von ihr und ihrem Mann gegen beide Bescheide per Email Widerspruch eingelegt wurde. Zwar genügte diese Email nicht der notwendigen Form des § 70 Abs. 1 VwGO. Jedenfalls dürften die Bescheide der Klägerin spätestens am 8. Februar 2017 zugegangen sein. Insofern ist mangels Nachweises des Beklagten davon auszugehen, dass die Bescheide einen Tag vorher, also am 7. Februar 2017, als spätestens möglicher Postübergabezeitpunkt für einen Zugang am 8. Februar von dem Beklagten zur Post gegeben wurden, so dass die Bescheide erst am 10. Februar 2017 als bekanntgegeben gelten. Da insoweit aber mit anwaltlichem Schreiben vom 23. Februar 2017 Widerspruch für beide Bescheide laut Eingangsstempel am 1. März 2017 beim Beklagten einging, liegt weder ein Form- noch ein Fristverstoß vor, so dass die Klage zulässig ist.

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2017 und des weiteren Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Gebühren ist die Trinkwassergebührensatzung (TWGebS) des Beklagten vom 12. Dezember 2012 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 4. Dezember 2014 sowie die Mobilen-Entsorgungs-Satzung (MobEntS) des Beklagten vom 12. Dezember 2012 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 4. Dezember 2015. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 der TWGebS wird die Verbrauchsgebühr nach der durch einen Wasserzähler ermittelten Menge des aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entnommenen Wassers bemessen. Nach § 12 Abs. 3 MobEntS gilt „als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasseranlage gelangte Schmutzwassermenge u. a. die dem Grundstück aus der öffentlichen zentralen oder aus privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte und durch Wasserzähler ermittelte Wassermenge“. Vorliegend ist der Wasserzählerstand zwar am Ende des Jahres 2016 abgelesen worden, nicht jedoch auch zu Beginn des Jahres 2016. Diese Ablesung ließ sich nach Ablauf des Erhebungszeitraums für das Kalenderjahr 2016 auch nicht mehr nachholen. Da der Wasserzählerendstand im Jahr 2015 – wie der Wasserverbrauch in den Jahren 2013 bis 2014 insgesamt – ebenfalls nicht abgelesen, sondern nur geschätzt worden ist, können der Zähleranfangsstand für das Jahr 2016 und die im Jahr 2016 entnommene Wassermenge nicht mehr konkret ermittelt oder berechnet werden.

Die danach zulässige Schätzung des Zähleranfangsstandes für das Jahr 2016 ist nicht fehlerfrei erfolgt. Bei einer Schätzung sind gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b. KAG i. V. m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die Schätzung muss von dem Bemühen getragen werden, dem wahren Sachverhalt nach den verfügbaren Erkenntnisquellen möglichst nahe zu kommen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2013 – 9 B 5.12 –, juris Rn. 17; Urteil vom 26. November 2014 – OVG 9 B 31.13 –, juris Rn. 25; Sächsisches OVG, Urteil vom 17. Januar 2020 – 5 A 334/17 –, juris Rn. 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 9 LA 48/18 -, juris Rn. 24; Rüsken, in: Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 162 Rn. 36).

Von diesem Bemühen konnte der Beklagte nicht deshalb ablassen, weil er den Zählerstand von 330 m³ zum 1. Januar 2016 bereits in dem vorangegangenen Jahresgebührenbescheid als Zählerendstand für das Jahr 2015 schätzungsweise angenommen hatte und die Klägerin diesen Bescheid - wie auch die Gebührenbescheide für die Vorjahre - nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten hat bestandskräftig werden lassen. Auch wenn der vorangegangene Jahresgebührenbescheid eine verbindliche Gebührenfestsetzung enthält, entfaltet der dieser Gebührenfestsetzung zugrunde gelegte Zählerstand von 330 m³ keine Verbindlichkeit für andere Gebührenfestsetzungen. Als Teil der Bemessungsgrundlage nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b. KAG i. V. m. § 157 Absatz 2 AO (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2009 - 9 S 75.08, 9 S 22.09 -, juris, Rn. 13) kommt diesem Schätzwert für die Gebührenfestsetzung im nachfolgenden Veranlagungszeitraum mangels gesonderter Feststellung im Sinne von §§ 179 ff. AO keine Bindungswirkung zu (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 9 LA 48/18 -, juris Rn. 25; VG Potsdam, Urteil vom 21. Dezember 2011 – 8 K 1330/07 -, juris Rn. 21; Rüsken, in: Klein, a. a. O., § 157 Rn. 21). Mit der Bestandskraft des vorangegangenen Jahresgebührenbescheides hat die Klägerin auch nicht den geschätzten Zählerendstand für das Abrechnungsjahr 2015 von 330 m³ zugleich als Zähleranfangsstand für den nächsten Veranlagungszeitraum akzeptiert und sich diesbezüglich jeglicher späterer Einwendungen begeben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2013, 9 B 5.12 –, juris Rn. 17).

Musste sich der Beklagte danach auch für den Erhebungszeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 (erneut) um ein möglichst wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis betreffend die entnommene Wassermenge bemühen, hat er diese Vorgabe nicht erfüllt. Die von ihm aufgrund des geschätzten Zähleranfangsstandes von 330 m³ für das Jahr 2016 angenommene Wassermenge in Höhe von 332 m³ bildet nicht den wirklichkeitsnahen Wasserverbrauch der Antragstellerin in diesem Jahr ab. Diese Wassermenge übersteigt ausweislich eines vom Antragsgegner im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom 27. September 2017 eingereichten Auszugs der Erfassungswerte den in den Vorjahren angenommenen Wert von (zuletzt) 100 m³ um das Dreifache, ohne dass ein außergewöhnliches Verbrauchsereignis im Jahr 2016 vorgetragen oder ersichtlich ist. Der geschätzte Wert von 332 m³ übersteigt zudem deutlich den durchschnittlichen Verbrauch im Verbandsgebiet des Beklagten, den dieser im Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2017 mit 30 - 35 m³ pro Person und Jahr angegeben hat. Wenn – so wie hier – fünf Personen für ein Grundstück gemeldet sind, ergäbe dies einen durchschnittlichen Jahresverbrauch von lediglich 150 - 175 m³.

Der Beklagte vermag den vom ihm zugrunde gelegten Zähleranfangsstand von 330 m³ auch nicht damit zu begründen, seine Schätzungen für die Vorjahre seien zu niedrig gewesen. Eine wirklichkeitsnahe Schätzung des Verbrauchs in einem bestimmten Veranlagungszeitraum besteht gerade nicht darin, diesem Veranlagungszeitraum wider besseres Wissen auch solche Verbrauchsmengen zuzuschlagen, die in Wirklichkeit schon in vorherigen Veranlagungszeiträumen angefallen sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2013 - 9 B 5.12 –, juris Rn. 17). Ebenso wenig kann sich der Beklagte für die Fehlerfreiheit seiner Schätzung darauf berufen, dass die Klägerin ihre Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Zählerablesung verletzt habe. Es trifft zwar zu, dass ein Abgabenpflichtiger, der Veranlassung zur Schätzung gibt, hinnehmen muss, dass die im Wesen jeder Schätzung liegende Unsicherheit oder Fehlertoleranz gegen ihn ausschlägt und sich die abgabenerhebende Behörde an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientiert (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 9 LA 48/18 -, juris Rn. 25; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 161. Lieferung 2020, § 162 AO Rn. 44; Rüsken, in: Klein, a. a. O., § 162 Rn. 38). Selbst wenn die Klägerin hier Veranlassung zur Schätzung gegeben hätte, was von ihr bestritten wird, vermag dies jedoch nichts daran zu ändern, dass sich der Beklagte um ein möglichst wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis der Trinkwassermenge für das Jahr 2016 hätte bemühen müssen.

Da dies, wie oben ausgeführt worden ist, nicht erfolgte, ist nicht nur die festgesetzte Trinkwasser-, sondern auch die festgesetzte Schmutzwassergebühr rechtswidrig. Letztere beruht mittelbar ebenfalls auf der fehlerhaft geschätzten Trinkwassermenge. Der Beklagte hat die im Bescheid vom 1. Februar 2017 festgesetzten Entsorgungsgebühren – wie er mit Schriftsatz vom 29. Juni 2020 erklärt hat - nach dem sogenannten modifizierten Frischwassermaßstab gemäß § 12 Abs. 3 MobEntS bemessen, indem er jedenfalls für die Monate August bis Dezember 2016 die der öffentlichen dezentralen Schmutzwasseranlage von dem Grundstück der Klägerin zugeführte Schmutzwassermenge anhand der geschätzten Trinkwassermenge bemessen hat. Er hat hierfür die von ihm geschätzte Trinkwasserjahresmenge von 332 m³ durch 12 (Monate) geteilt und den Quotienten mit 5 (August – Dezember = 5 Monate) multipliziert. Die vorhandenen Fehler bei der Trinkwasserschätzung greifen mithin auf die Schmutzwasserbemessung durch.

Das Gericht ist nicht befugt eine eigene Schätzung vorzunehmen. Wie sich aus einem Vergleich zwischen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergibt, steht den Verwaltungsgerichten anders als den Finanzgerichten hinsichtlich der abgabenrelevanten Tatsachen keine eigenständige Schätzungsbefugnis zu (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Februar 2019 – 9 S 7.18 –, juris Rn. 18; OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 9 LA 48/18 -, juris Rn. 31; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. April 2012 - 4 L 41/11 -, juris, Rn. 50). Es wird aber zur Vermeidung weiteren Rechtsstreits darauf hingewiesen, dass ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis der Trinkwassermenge für das Jahr 2016 – wie der Beklagte dies im Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2016 auch bezüglich der Abschläge zugrunde gelegt hat - bei etwa 161,50 m³ liegen dürfte.

Rechtsgrundlage für die Kostenersatzforderung ist § 23 der Trinkwassersatzung (T_____) des Beklagten vom 3. November 2009, die am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Nach § 23 Abs. 2 T_____fallen die Kosten der Befundprüfung dem S_____zur Last, falls die Abweichung die gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen überschreitet, sonst dem Grundstückseigentümer. Vorliegend hat der Zähler die Überprüfung durch die Eichbehörde zwar nicht bestanden, Grund hierfür war aber nicht eine Abweichung der gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen, sondern das Fehlen des Klemmrings. Die Messergebnisse hingegen haben die Prüfung bestanden, so dass keine Abweichung der Verkehrsfehlergrenzen vorlag. Insofern sind die Kosten der Prüfung, anhand der Satzung dementsprechend von dem Grundstückseigentümer zu tragen. Es ist vor diesem Hintergrund für die Frage der Kostentragung unbeachtlich, ob der Zähler aufgrund des fehlenden Klemmrings die Prüfung nicht bestanden hat und wer für das Fehlen des Klemmrings verantwortlich ist. Entscheidend für die Frage der Kostentragung bei einer Befundprüfung ist ausschließlich, ob eine Abweichung der gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen vorlag, was hier zu verneinen ist.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des streitigen Teils beruht auf 155 Abs. 1 VwGO.

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Insoweit entspricht es billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten des Verfahrens den Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen. Denn die Erfolgsaussichten der Klage hinsichtlich der für erledigt erklärten Vorauszahlungen erweisen sich als offen und es sind insoweit auch keine anderen Billigkeitsgesichtspunkte für die Kostenverteilung ersichtlich. Insbesondere ob sich die festgesetzte Vorauszahlung auf eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage stützen lässt, wirft komplexe Rechtsfragen auf, die nach summarischer Prüfung nicht beantwortet werden können. Dies insbesondere vor dem Hintergrund dessen, dass sich die Verbrauchsgebühr anhand der ab dem 1. Januar 2017 in Kraft getretenen 3. Änderungssatzung der TWGebS geändert hat, die insoweit den hier betroffenen Zeitraum der Vorausleistungen umfasst.

Im Sinne einer einheitlichen Kostenentscheidung waren der Klägerin die Kosten zu 17 % und dem Beklagten 83 % aufzuerlegen.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung: