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Abwassergebühren, Stadt Cottbus, Vertrauensschutz nach hypothetischer Festsetzungsverjährung von Anschlussbeiträgen - Übergang zu reiner Gebührenfinanzierung


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 18.07.2024
Aktenzeichen VG 6 K 476/22 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0718.6K476.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen §§ 169 ff AO, Art. 2 I, 20 III GG, §§ 6, 8, 12, 19 KAG

Leitsatz

1. Wechselt ein Einrichtungsträger zur Deckung des Aufwands für die Anschaffung und Herstellung seiner zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage von einer gemischten Beitrags- und Gebühren-/Entgeltfinanzierung zu einer reinen Gebührenfinanzierung, indem er alle Beiträge nach entsprechender Bescheidaufhebung auf der Grundlage einer Aufhebungs- und Erstattungssatzung zurückzahlt, steht der Grundsatz des Vertrauensschutzes einer Gebührenfinanzierung der Herstellungskosten entgegen, soweit Anschlussbeiträge wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung nicht mehr erhoben werden konnten. Geschützt ist in diesen Fällen nicht nur das Vertrauen, nicht mehr zu Anschlussbeiträgen herangezogen zu werden, sondern auch das Vertrauen, sich an der Deckung des beitragsfinanzierten Teils der Anschaffungs- und Herstellungskosten auch über Benutzungsgebühren nicht mehr beteiligen zu müssen.

2. Hat sich der Einrichtungsträger entschieden, den Herstellungsaufwand vollständig oder zu einem bestimmten Anteil über Beiträge zu finanzieren, bleibt nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG bei der Ermittlung der Abschreibungen und der Verzinsung der aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Betracht, um zu vermeiden, dass es durch die Heranziehung zu Benutzungsgebühren zu einer Doppelbelastung für Anteile am Gesamtaufwand kommt, die bereits mit der Beitragsleistung entgolten wurden. Ein und dieselbe Aufwandsposition darf nicht durch einen Beitrag umgelegt und zusätzlich nochmals als Kostenposition in Form kalkulatorischer Abschreibungen in die Berechnung der Benutzungsgebühren eingestellt werden. Die den kalkulatorischen Abschreibungen zugrunde zu legenden Herstellungskosten vermindern sich insoweit nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG in der (verfassungskonformen) Auslegung des BVerwG (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2023 9 CN 3.22 -) nach Sinn und Zweck der Norm nicht nur um die gezahlten Beiträge, sondern um den Kostenanteil, der nach dem Willen des Satzungsgebers durch Beiträge gedeckt werden soll bzw. sollte, also unabhängig davon, ob Beiträge (bereits) gezahlt worden sind.

3. Die Legitimation dafür, den durch Beiträge zu deckenden Herstellungsaufwand über kalkulatorische Abschreibungen durch Benutzungsgebühren zu finanzieren, ist bereits mit der Entscheidung für die Beitragserhebung entfallen. Tritt (hypothetische) Festsetzungsverjährung ein, hat dies mithin zur Folge, dass nicht nur keine Beiträge mehr erhoben werden können, sondern auch, dass der nach dem ursprünglichen Finanzierungskonzept des Einrichtungsträgers beitragsfinanzierte, d.h. durch Beiträge zu decken beabsichtigte Teil des Herstellungsaufwands, nicht mehr durch Benutzungsgebühren gedeckt werden kann. Gleiches gilt für den Fall des Eintritts echter Festsetzungsverjährung und für diejenigen Fälle, in denen Beiträge wegen Verstreichens der Höchstfrist gemäß § 19 Abs. 1 KAG nicht mehr erhoben werden konnten. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG schützt das Vertrauen in den Fortbestand dieser Rechtslage.

4. In die nach vorstehenden Ausführungen geschützte Vertrauensposition greifen Gebührensätze ein, die Abschreibungen enthalten, die nach § 6 Abs. 2 Satz 3 KAG auf der Grundlage der vollen Herstellungskosten berechnet worden sind, obwohl als Abzugskapital nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG nicht die Summe der tatsächlich gezahlten Beiträge, sondern der Anteil der Herstellungskosten anzusetzen ist, der nach dem Satzungsrecht des Einrichtungsträgers durch Anschlussbeiträge finanziert werden sollte. Zur Deckung des Kostenanteils, der durch Anschlussbeiträge finanziert werden sollte, werden so nämlich sowohl die Beitragszahler als auch unter anderem - diejenigen herangezogen, für deren Grundstücke wegen (hypothetischer) Festsetzungsverjährung kein Beitrag entrichtet wurde. Darin liegt eine Doppelbelastung und eine Beeinträchtigung der geschützten Vertrauensposition, zu diesen Kosten auch über Benutzungsgebühren nicht mehr beitragen zu müssen.

5. Zumindest muss der Einrichtungsträger insoweit ein gewissermaßen fiktives Abzugskapital bilden, in das neben den hypothetisch und echt festsetzungsverjährten Beitragsforderungen jene Beiträge einzubeziehen sind, die wegen Verstreichens der Höchstfrist nach § 19 Abs. 1 KAG nicht mehr erhoben werden konnt

Tenor

Der Abwassergebührenbescheid vom 24. Februar 2022 (Kundennummer 2_____) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2022 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung von Gebühren für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks S_____.

Mit Bescheid vom 24. Februar 2022 zog der Beklagte den Kläger für den Erhebungszeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 für das o.g. Grundstück zu Gebühren für die zentrale Schmutzwasserentsorgung in Höhe von insgesamt 1.220,85 Euro heran. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Mengengebühr in Höhe von 1.028,85 Euro, ausgehend von einer entsorgten Schmutzwassermenge von 285 m³ und einem Gebührensatz von 3,61 Euro/m³ und einer Grundgebühr in Höhe von 192 Euro, ausgehend von einem Grundgebührensatz von 48 Euro bei einer Anzahl von 4 Wohneinheiten und einem Zeitraum von 365 Tagen.

Hiergegen legte der Kläger unter dem 15. März 2022 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2022 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er aus: Der Abwassergebührenbescheid sei in rechtmäßiger Weise ergangen. Rechtsgrundlage für die mit dem Bescheid erfolgte Gebührenerhebung sei die Satzung der Stadt C_____über die Abwasserbeseitigung und den Anschluss an die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung und ihre Benutzung im Gebiet der Stadt C_____(Abwassersatzung) i.V.m. der Satzung der Stadt C_____über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung (Abwassergebührensatzung), beide vom 25. November 2020. Die vom Kläger gegen die Kalkulation des Mengengebührensatzes vorgebrachten Einwendungen verfingen nicht. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Einbeziehung der vereinbarten Fremdleistungsentgelte für die Aufgabenerfüllung der L_____ (L_____) in die Gebührenkalkulation unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Auch die Ansicht des Klägers, dass im Rahmen der Gebührenkalkulation nicht der Herstellungsaufwand angesetzt werden dürfe, der verjährt oder hypothetisch verjährt sei, überzeuge nicht. Diese Ansicht sei unzutreffend und beruhe auf einer Fehldeutung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Oktober 2021 im Verfahren 9 C 9.20.

Mit seiner am 24. Mai 2022 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung verweist er auf die Begründung des Widerspruchs vom 15. März 2022. Ergänzend führt er aus: Das in der Kalkulation zugrunde gelegte Betreiberentgelt der L_____sei rechtswidrig. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2023 im Verfahren 9 CN 3.22 dürfe zudem ein und derselbe Herstellungsaufwand nicht durch Anschlussbeiträge und zusätzlich über Benutzungsgebühren umgelegt werden. Wechsele der Einrichtungsträger sein Satzungsrecht und gehe zu einer reinen Gebührenfinanzierung mit „gespaltenen“ Gebührensätzen über, könnten die von der (hypothetischen) Festsetzungsverjährung Begünstigten darauf vertrauen, auch über Benutzungsgebühren nicht mehr zur Deckung des beitragsfinanzierten Herstellungsaufwandes herangezogen zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe zwar nur über einen Unterfall des weiter geltenden Vertrauensschutzes entschieden („gespaltene“ Gebühren). Dieser Vertrauensschutz wirke natürlich aber auch und gerade in den Fällen fort, in denen nicht auf „gespaltene“ Gebühren umgestellt worden sei, sondern einheitliche Gebühren einschließlich des ursprünglich über Beiträge zu refinanzierenden Herstellungsaufwands erhoben würden, wie dies in C_____der Fall sei. Es mache für die von der Festsetzungsverjährung Begünstigten keinen Unterschied, ob sie im Rahmen „gesplitteter“ Gebühren den dauerhaft nicht mehr durchsetzbaren anteiligen Herstellungsaufwand zahlen sollten oder im Rahmen einheitlicher Gebühren. Der Vertrauensschutz beziehe sich auf den Herstellungsaufwand und nicht darauf, wie andere, die diesen konkreten Vertrauensschutz nicht für sich in Anspruch nehmen könnten, zu behandeln wären. All diejenigen, die keine Beiträge zahlen müssten, weil sie sich erfolgreich gewehrt hätten und damit Vertrauensschutz genössen, müssten die in der Beitragskalkulation eingestellten Herstellungskosten auch über Gebühren dauerhaft nicht mehr bezahlen, egal ob „gespaltene“ Gebühren erhoben würden oder nicht. Die wegen der Rechtsmittelverfahren nicht bestandskräftigen Beitragsbescheide seien vorliegend durch den Beklagten aufgehoben und die vorläufig vollziehbaren Beiträge zurückgezahlt worden. Auch der Kläger habe sich gegen den damaligen Beitragsbescheid gewehrt und sei bis zum Oberverwaltungsgericht mit seinem Berufungszulassungsantrag vorgedrungen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 und den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Februar 2016 habe die Stadt C_____den Beitragsbescheid aufgehoben. Die erworbenen Rechtspositionen des Vertrauensschutzes all derer, die sich erfolgreich gegen die Beiträge gewährt hätten, gingen damit aber nicht verloren. Im Gegenteil könnten die von der (hypothetischen) Festsetzungsverjährung Begünstigten auch künftig nicht mehr zu den anteiligen Herstellungskosten herangezogen werden, die mit den Beiträgen hätten erhoben werden sollen, selbst nach genereller Aufhebung der Beitragspflicht und Umstellung der Gebühren. Die Herstellungskosten müssten auch in C_____zumindest für die erfolgreichen Nichtbeitragszahler aus der Gebührenkalkulation gestrichen werden. Dies sei aber im Falle der Kalkulation des Beklagten nicht geschehen. Der Beklagte habe nicht bestritten, alle gewollten Beiträge in die Entgelt- bzw. Gebührenkalkulation eingestellt zu haben. Er sei der Meinung, das nicht tun und nur die tatsächlich eingenommen Beiträge berücksichtigen zu müssen. So heiße es in der Kalkulation eindeutig, dass (nur) die teilweise Finanzierung aus zugeflossenen Beiträgen in den vergangenen Jahren die ansatzfähigen Kosten mindere. Aufgrund der Rückzahlung der Kanalanschlussbeiträge würden diese nur noch in Höhe der verbleibenden Beitragszahlungen bei der Berechnung der Benutzungsgebühr für die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage kostenmindernd berücksichtigt. Damit liege bereits auf der Kalkulationsseite ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbelastung und den Vertrauensschutz vor. Die Herstellungskosten in Höhe von rund 117,6 Millionen Euro, die der Beklagte mit Beiträgen habe einnehmen wollen, seien für diesen verloren. Bereits mit dem Erlass der Beitragssatzung hätten diese als eingenommen behandelt werden müssen. Zudem seien sie hypothetisch und z.T. (echt) verjährt. Von den 117,6 Millionen Euro gewollten Beitragseinnahmen seien nur rund 89 Millionen Euro beschieden worden. Für 28,6 Millionen Euro sei Ende des Jahres 2015 wegen des Ablaufs der gesetzlichen Höchstfrist nicht nur hypothetische, sondern sogar echte Verjährung eingetreten. Auf die erlassenen Beitragsbescheide in Höhe von insgesamt 89 Mio Euro seien nur 76 Mio Euro tatsächlich gezahlt worden. Die Differenz zu den über Beiträge angestrebten Herstellungskosten von 117,6 Mio Euro in Höhe von 41,6 Mio Euro sei auch nach der Zahlung der Beitrage in den Jahren 2010 bis 2012 bis zur Rückzahlung im Jahr 2017/2018 rechtswidrig weiter über die Gebühren/Entgelte eingenommen worden.

Der Kläger beantragt,

1. den Abwassergebührenbescheid vom 24. Februar 2022 (Kundennummer 2_____) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2022 aufzuheben,

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide. Ergänzend führt er aus: Der vom Gericht mit Aufklärungsverfügung vom 23. Mai 2024 geforderte Nachweis, dass der Anteil der Herstellungskosten der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Stadt C_____, welcher nach dem Beitragssatzungsrecht der Stadt C_____ursprünglich durch Kanalanschlussbeiträge habe finanziert werden sollen, bei der Kalkulation der Schmutzwassergebühren als Abzugskapital berücksichtigt worden sei, sei so nicht in der Geschwindigkeit erbringbar. Im Rahmen der Kalkulation der in den Abwassergebührensatzungen vom 25. November 2020 und vom 24. November 2021 geregelten Schmutzwassergebührensätze sei auch der Herstellungsaufwand der Anlage einbezogen worden, welcher ursprünglich, bis zur bekannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2015, durch die Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen habe refinanziert werden sollen. Nach Auffassung des Beklagten stünden dieser Verfahrensweise die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2023 und die neuerliche Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 26. April 2024 im Verfahren 9 A 2.24 nicht entgegen. Dass die Rechtsgrundsätze aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2023 keine entsprechende Anwendung auf die C_____Situation finden könnten, ergebe sich bereits aus der eindeutigen Formulierung des Leitsatzes der Entscheidung, die den Ausführungen im Urteilstext unter Randziffer 19 entspreche. Den vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen Wechsel in ein System mit gespaltenen Gebührensätzen habe es in der Stadt C_____nicht gegeben. Durch die komplette Abkehr der Stadt C_____von dem bisherigen Finanzierungsmodell im Wege der Rückabwicklung der Beitragserhebung mit vollständiger Rückzahlung der erhobenen Beiträge habe eine Gebührenerhebung mit einheitlichen Gebührensätzen etabliert werden können. Da sich nach der vollständigen Rückabwicklung der Beitragserhebung praktisch kein Anschlussnehmer im Wege der Beitragszahlung an der Refinanzierung der C_____Schmutzwasserbeseitigungsanlage beteiligt habe, habe es bei der Umstellung auf die reine Gebührenerhebung auch keine Fälle bereits erbrachter Beitragszahlungen gegeben, die gebührenmindernd hätten berücksichtigt werden müssen. Davon ausgehend habe sich in C_____aber auch jede Anschlussüberlegung erübrigt, ob auch die Fälle hypothetisch festsetzungsverjährter Beiträge wie Fälle tatsächlich gezahlter Beiträge zu behandeln seien und damit die betreffenden Abgabenpflichtigen von den geminderten Gebührensätzen profitieren dürften. Die Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts bezögen sich nur auf den ihm zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalt der gespaltenen Gebührensätze und das sich hieraus ergebende Problem der Ungleichbehandlung von Personengruppen und die Frage, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Für diesen Fall habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Gruppe derjenigen, die keinen Beitrag gezahlt hätten, sich aber auf die hypothetische Festsetzungsverjährung der Beitragsforderung berufen könnten, der Gruppe der tatsächlichen Beitragszahler gleichzustellen sei und deshalb im Rahmen der gespaltenen Gebühren den geminderten Schmutzwassergebührensatz in Anspruch nehmen dürfe. Soweit das Bundesverwaltungsgericht weiter ausführe, dass nicht gezahlte, jedoch hypothetisch festsetzungsverjährte Beitragsforderungen bei der Kalkulation der Gebührensätze wie gezahlte Beiträge zu behandeln seien und damit insbesondere als Abzugskapital bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden müssten, könne dahinstehen, ob dieser unzulässigen Auslegung von Landesrecht durch das Bundesverwaltungsgericht gefolgt werden könne. Denn eine solche Überlegung zur Beseitigung einer Ungleichbehandlung bei gespaltenen Gebührensätzen müsse bei dem C_____Finanzierungsmodell der Erhebung einheitlicher Gebühren nach vollständiger Rückabwicklung der Beitragserhebung von vornherein nicht angestellt werden. Demzufolge sei die Stadt C_____mit Einführung der Gebührenfinanzierung nicht gehalten gewesen, den Anteil der Herstellungskosten zu ermitteln und als Abzugskapital anzusetzen, welcher nach dem früheren Beitragssatzungsrecht durch Anschlussbeiträge habe finanziert werden sollen. Auch für die Ermittlung und Berücksichtigung des auf hypothetisch festsetzungsverjährte Beitragsforderungen entfallenden Anteils der Herstellungskosten habe nach der vollständigen Rückabwicklung der Beitragserhebung mit Aufhebung des Beitragssatzungsrechts und Ablösung durch eine reine Gebührenfinanzierung kein Bedarf mehr bestanden. Einzig der Anteil der Beitragszahlungen, die im Rahmen der von der Stadt C_____auf der Grundlage einer Satzung durchgeführten Beitragserstattung wegen tatsächlicher oder rechtlicher Hindernisse nicht hätten ausgezahlt werden können, werde ein Abzugskapital geführt und mindere dadurch die Abwassergebühren gleichmäßig für alle Gebührenschuldner. Ungeachtet der fehlenden Passgenauigkeit des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2023 auf das C_____Finanzierungssystem werde die Entscheidung in der Literatur kritisch betrachtet. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang etwa auf die Anmerkungen von Brüning zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in der NVwZ 2024, S. 248ff.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte gemäß §§ 87a Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Vorsitzenden und Berichterstatter entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit jeweils einverstanden erklärt haben (Schriftsatz des Klägervertreters vom 30. April 2024, Schriftsatz des Beklagten vom 30. April 2024).

Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1,1. Alt. VwGO zulässig und begründet. Der streitgegenständliche Gebührenbescheid des Beklagten vom 24. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dem angefochtenen Gebührenbescheid vom 24. Februar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2022 mangelt es bereits an einer wirksamen satzungsrechtlichen Grundlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommu-nalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG). Denn die als dessen Rechtsgrundlage allein in Betracht kommende Satzung der Stadt C_____über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung vom 25. November 2020 (Abwassergebührensatzung - AwGebS 2020), die in nicht zu beanstandender, dem Hauptsatzungsrecht der Stadt C_____entsprechender Weise im Amtsblatt für die Stadt C_____vom 21. November 2020 (dort S. 15 ff.) veröffentlicht wurde und am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist (Art. 14 AwGebS 2020) und die daher den streitgegenständlichen Erhebungszeitraum tatbestandlich erfasst, ist für den hier allein interessanten Bereich der zentralen (leitungsgebundenen) Schmutzwasserbeseitigung, die gemäß § 1 Abs. 1 lit. a) AwGebS 2020 zusammen mit der Schmutzwasserbeseitigung aus zentralen öffentlichen Sammelgruben und der Schmutzwasserbeseitigung aus abflusslosen Sammelgruben von Wohn- und Gewerbegrundstücken, Einzelgärten und Gaststätten auf dem Gelände von Kleingartenanlagen und Erholungs- und Wochenendsiedlungen als einheitliche öffentliche Einrichtung mit einheitlichen Grund- und Mengengebührensätzen betrieben wird, was aus Anlass der vorliegenden Entscheidung nicht näher zu hinterfragen war, unwirksam. Ihr fehlt der nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderliche Mindestinhalt, weil jedenfalls die darin festgelegten Gebührensätze unwirksam sind, was die Gesamtnichtigkeit der Satzung nach sich zieht.

Die in § 4 Abse. 1, 6 und 7 AwGebS 2020 festgelegten Gebührensätze zur Grund- und Mengengebühr im Bereich der zentralen (leitungsgebundenen) Schmutzwasserbeseitigung verletzen Bundesrecht. Sie verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG.

Wechselt ein Einrichtungsträger zur Deckung des Aufwands für die Anschaffung und Herstellung seiner zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage – wie bei der Stadt C_____der Fall - von einer gemischten Beitrags- und Gebühren-/Entgeltfinanzierung zu einer reinen Gebührenfinanzierung, indem er alle Beiträge nach entsprechender Bescheidaufhebung auf der Grundlage einer Aufhebungs- und Erstattungssatzung zurückzahlt (vgl.  Satzung über die Abschaffung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Stadt C_____sowie Erstattung bereits erhobener Kanalanschlussbeiträge (Aufhebungs- und Erstattungssatzung Kanalanschlussbeiträge) vom 30. November 2016), steht der Grundsatz des Vertrauensschutzes einer Gebührenfinanzierung der Herstellungskosten entgegen, soweit Anschlussbeiträge wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung nicht mehr erhoben werden konnten. Geschützt ist in diesen Fällen entgegen der Ansicht des Beklagten nicht nur das Vertrauen, nicht mehr zu Anschlussbeiträgen herangezogen zu werden, sondern auch das Vertrauen, sich an der Deckung des beitragsfinanzierten Teils der Anschaffungs- und Herstellungskosten (im Folgenden: Herstellungskosten) auch über Benutzungsgebühren nicht mehr beteiligen zu müssen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Oktober 2023 (– 9 CN 3.22 -, juris, Rn. 19 ff.) für alle Fälle des Wechsels der Finanzierung des Herstellungsaufwands von einer reinen Beitrags- bzw. Mischfinanzierung zu einer (reinen oder stärkeren) Gebührenfinanzierung und damit auch für die vorliegende Fallkonstellation festgestellt, und dem schließt sich die Kammer aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ungeachtet der hieran z.T. geäußerten Kritik in der Literatur (vgl. etwa Brüning NvWZ 2024, 248 ff.; Kluge in Becker u.a., KAG Bbg Komm., § 6 Rn. 49r), die auch der Beklagte z.T. in Bezug genommen hat, an. Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

Art. 2 Abs. 1 GG schützt in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf dieser Grundlage erworbenen Rechte (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 20 unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 Rn. 41 und vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 Rn. 60; BVerwG, Urteile vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9.20 - BVerwGE 173, 324 Rn. 30 und vom 6. Oktober 2021 - 9 C 10.20 - BVerwGE 173, 340 Rn. 17). Ausgehend von der Rechtslage in Brandenburg ist in Fällen, in denen wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung Anschlussbeiträge nicht mehr erhoben werden konnten, auch die konkrete Vertrauensposition geschützt, nicht über Benutzungsgebühren zur Deckung des beitragsfinanzierten bzw. durch Beiträge zu finanzierenden Anteils der Herstellungskosten herangezogen zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O.).

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG können die Einrichtungsträger nach ihrem Ermessen zum Ersatz des Aufwands für die Anschaffung und Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtungen und Anlagen Beiträge von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erheben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Machen die Einrichtungsträger von diesem Ermessen keinen oder nicht in vollem Umfang Gebrauch, sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG (auch) für die Deckung des Herstellungsaufwands Benutzungsgebühren zu erheben, die – soweit hier von Interesse - nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 KAG Abschreibungen auf der Grundlage der Herstellungskosten enthalten, so dass die Herstellungsaufwendungen über die kalkulatorischen Abschreibungen als Kostenposition in die Kalkulation der Benutzungsgebühren einzustellen sind (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 - juris Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 - LKV 2008, 377 <378>). Die Einrichtungsträger haben danach die Wahl, den Gesamtaufwand für die Anschaffung und Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtungen und Anlagen durch einmalige Beiträge, durch kalkulatorische Abschreibungen im Rahmen der Benutzungsgebühren oder im Wege einer Kombination beider Möglichkeiten teils durch Beiträge und teils durch Gebühren zu refinanzieren (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 - juris Rn. 32).

Hat sich der Einrichtungsträger entschieden, den Herstellungsaufwand vollständig oder zu einem bestimmten Anteil über Beiträge zu finanzieren, bleibt nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG bei der Ermittlung der Abschreibungen und der Verzinsung der aus Beiträgen aufgebrachte Eigenkapitalanteil außer Betracht, um zu vermeiden, dass es durch die Heranziehung zu Benutzungsgebühren zu einer Doppelbelastung für Anteile am Gesamtaufwand kommt, die bereits mit der Beitragsleistung entgolten wurden. Ein und dieselbe Aufwandsposition darf nicht durch einen Beitrag umgelegt und zusätzlich nochmals als Kostenposition in Form kalkulatorischer Abschreibungen in die Berechnung der Benutzungsgebühren eingestellt werden (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 417/01 - juris Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 - LKV 2008, 377, 378). Die den kalkulatorischen Abschreibungen zugrunde zu legenden Herstellungskosten vermindern sich insoweit nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG in der (verfassungskonformen) Auslegung des BVerwG (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 22) aber nicht nur um die gezahlten Beiträge, sondern um den Kostenanteil, der nach dem Willen des Satzungsgebers durch Beiträge gedeckt werden soll bzw. sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 22, 29, 46; Hervorhebung durch die Kammer), also unabhängig davon, ob Beiträge (bereits) gezahlt worden sind.

Zwar kann der Einrichtungsträger sein Finanzierungssystem grundsätzlich jederzeit umgestalten und durch eine Änderung seines Satzungsrechts von einer Beitrags- oder Mischfinanzierung zu einer reinen oder stärkeren Gebührenfinanzierung übergehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 - LKV 2008, 377 <378> und vom 26. Januar 2011 - 9 B 22.09 - juris Rn. 30). Geschieht dies jedoch bis zum Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung nicht, können wegen der nach dem Satzungsrecht des Einrichtungsträgers bei Verjährungseintritt unverändert fortbestehenden Rechtslage die Herstellungskosten im Umfang der Beitragsfinanzierung weiterhin nur durch Beiträge gedeckt werden. Eine Deckung über Benutzungsgebühren bleibt nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG ausgeschlossen. Tritt (hypothetische) Festsetzungsverjährung ein, hat dies mithin zur Folge, dass nicht nur keine Beiträge mehr erhoben werden können, sondern auch, dass der nach dem ursprünglichen Finanzierungskonzept des Einrichtungsträgers beitragsfinanzierte, d.h. durch Beiträge zu decken beabsichtigte Teil des Herstellungsaufwands, nicht mehr durch Benutzungsgebühren gedeckt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 23). Gleiches gilt für den Fall des Eintritts echter Festsetzungsverjährung (vgl. Grünewald, GemHH 2003, 244 <247>) und für diejenigen Fälle, in denen Beiträge wegen Verstreichens der Höchstfrist gemäß § 19 Abs. 1 KAG nicht mehr erhoben werden konnten. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG schützt das Vertrauen in den Fortbestand dieser Rechtslage.

Dass der Einrichtungsträger sein Finanzierungssystem grundsätzlich für die Zukunft ändern kann, steht dem Schutz dieses Vertrauens ebenso wenig entgegen wie die unterschiedliche Entgeltfunktion und Ausgestaltung von Anschlussbeiträgen und Benutzungsgebühren oder - vom Beklagten reklamierte – überwiegende Gemeinwohlinteressen. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O., Rn. 24 ff. und Rn. 28 ff., Rn. 31 ff.) und auf die weiteren Darlegungen unten Bezug genommen werden.

Zwar kommt Vertrauensschutz nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG nicht in Betracht, soweit sich ein Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts nicht bilden konnte (vgl. zum Rückwirkungsverbot BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 Rn. 61 f.; Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 55 f.). Die Möglichkeit, von einer reinen Beitragsfinanzierung oder einer Mischfinanzierung zu einer stärkeren oder reinen Gebührenfinanzierung überzugehen, schließt die Bildung eines schutzwürdigen Vertrauens in den Bestand des geltenden Rechts jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht aus. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes gewährleistet das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung, zu der auch Rechtsverordnungen und Satzungen gehören (vgl. zu Rechtsverordnungen BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - BVerfGE 45, 142 <166 ff.>). Geschützt ist daher auch das Vertrauen in den Bestand des unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Satzungsrechts. Entscheidet der Einrichtungsträger sich durch den Erlass einer Anschlussbeitragssatzung für eine Beitragsfinanzierung, so können sich die Beitragszahler auf den Fortbestand der aufgrund der Beitragssatzung erlangten Rechtsposition verlassen. Denn die Möglichkeit künftiger Rechtsänderungen relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung für die Vergangenheit (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 65 und vom 12. April 2022 - 1 BvR 789/19, 1 BvR 2894/19 - NVwZ 2022, 977 Rn. 17). Vielmehr wird das Ermessen des Einrichtungsträgers, sein Finanzierungssystem zu ändern, durch höherrangiges Recht beschränkt. Der Wechsel von einer Beitrags- zu einer Gebührenfinanzierung kann deshalb nur unter Wahrung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes erfolgen, der, wie dargelegt, im Fall der hypothetischen Festsetzungsverjährung das Vertrauen schützt, entsprechend dem geltenden Satzungsrecht des Einrichtungsträgers nicht nur keine Beiträge mehr zahlen, sondern auch über Benutzungsgebühren nicht zur Deckung der Herstellungskosten beitragen zu müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 26). Maßgeblich für den Schutz des Vertrauens in die Verlässlichkeit der auf der Grundlage des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung ist hiernach die sich aus dem Satzungsrecht der Einrichtungsträger ergebende Rechtslage. Diese schließt, wie dargelegt, eine Deckung der Herstellungskosten durch Benutzungsgebühren in dem Umfang aus, in dem der Herstellungsaufwand durch Anschlussbeiträge gedeckt werden soll, die dem Ausgleich der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung gebotenen Vorteile dienen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 22, 29, 46).

Auch soweit der Beklagte meint, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne sich durch den Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung nur die Legitimation zur Erhebung von Anschlussbeiträgen, nicht aber die Legitimation zur Erhebung von Benutzungsgebühren verflüchtigen, steht dies dem Schutz des Vertrauens, auch über Benutzungsgebühren nicht mehr zu den Herstellungskosten herangezogen zu werden, nicht entgegen. Zwar verflüchtigt sich mit dem Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung nur die Legitimation zur Erhebung von Beiträgen für die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung gebotenen wirtschaftlichen Vorteile (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG), nicht aber die Legitimation zur Erhebung von Benutzungsgebühren für die tatsächliche Inanspruchnahme der Einrichtung (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG). Die Legitimation dafür, den durch Beiträge zu deckenden Herstellungsaufwand über kalkulatorische Abschreibungen durch Benutzungsgebühren zu finanzieren, ist jedoch bereits mit der Entscheidung für die Beitragserhebung entfallen. Ab dem Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung fehlt es daher insgesamt an einer Legitimation für die Deckung dieses Teils des Herstellungsaufwands durch die Abgabepflichtigen. Darauf können diese sich nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG verlassen. Hat sich daher der Einrichtungsträger nach seinem Satzungsrecht für eine Beitragserhebung entschieden, dürfen die betroffenen Grundstückseigentümer ungeachtet der Unterschiede zwischen Anschlussbeiträgen und Benutzungsgebühren nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG darauf vertrauen, dass eine Deckung des Herstellungsaufwands über Gebühren im Umfang der Beitragserhebung unterbleibt (so ausdrücklich vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 30 ff,).

In die nach vorstehenden Ausführungen geschützte Vertrauensposition greifen § 4 Abse. 1, 6 und 7 AwGebS 2021 ein, ohne dass dies, wie dargelegt, verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann.

Denn die oben genannten Gebührensätze enthalten – wie sich aus der vom Beklagten vorgelegten Gebührenkalkulation und den Erläuterungen zur Beschlussvorlage der Gebührensatzung II.-015-13/20, aber auch nach der Erläuterungen des Beklagten im vorliegenden Verfahren ergibt - Abschreibungen, die nach § 6 Abs. 2 Satz 3 KAG auf der Grundlage der vollen Herstellungskosten berechnet worden sind, obwohl als Abzugskapital nach § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG nicht die Summe der tatsächlich gezahlten Beiträge, sondern der Anteil der Herstellungskosten anzusetzen ist, der nach dem Satzungsrecht des Einrichtungsträgers durch Anschlussbeiträge finanziert werden sollte (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 46, Hervorhebung durch die Kammer), wobei es aus Anlass des vorliegenden Falles insoweit keiner Klärung bedarf, ob hierfür die erste wirksame Beitragssatzung der Stadt C_____, also die „Satzung der Stadt C_____über die Erhebung eines Beitrages für die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage der Stadt C_____vom 1. Dezember 2008 (Kanalanschlussbeitragssatzung – KABS 2008)“ oder die erste, unwirksame Beitragssatzung der Stadt („Beitragssatzung zur Abwassersatzung der Stadt C_____vom 30. Juni 1993 (Abwasserbeitragssatzung - AWBS 1993)“ oder eine andere (unwirksame) Beitragssatzung der Stadt (vgl. insoweit etwa die „Übersicht“ im Urteil der Kammer vom 3. November 2011 – 6 K 15/11 -, juris, Rn. 104 ff.) zugrunde zu legen (gewesen) wäre. So heißt es in den erwähnten Erläuterungen, die teilweise Finanzierung aus zugeflossenen Beiträgen habe in den vergangenen Jahren die ansatzfähigen Kosten gemindert. Aufgrund der Rückzahlung der Kanalanschlussbeiträge würden diese nur noch in Höhe der verbleibenden Beitragszahlungen bei der Berechnung der Benutzungsgebühr für die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage kostenmindernd berücksichtigt und als Abzugskapital geführt. Das ist fehlerhaft. Zur Deckung des Kostenanteils, der durch Anschlussbeiträge finanziert werden sollte, werden so nämlich sowohl die Beitragszahler als auch – unter anderem - diejenigen herangezogen, für deren Grundstücke wegen (hypothetischer) Festsetzungsverjährung kein Beitrag entrichtet wurde. Darin liegt eine Doppelbelastung und eine Beeinträchtigung der geschützten Vertrauensposition, zu diesen Kosten auch über Benutzungsgebühren nicht mehr beitragen zu müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 46). Zumindest hätte der Beklagte insoweit ein – gewissermaßen fiktives – Abzugskapital bilden müssen, in das neben den hypothetisch und „echt“ festsetzungsverjährten (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 4 li. b) KAG i.V.m. §§ 169 ff AO) Beitragsforderungen jene Beiträge einzubeziehen gewesen wären, die wegen Verstreichens der Höchstfrist nach § 19 Abs. 1 KAG nicht mehr erhoben werden konnten, wobei dahinstehen kann, ob dies den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügen würde. Insoweit ist die der genannten Gebührensatzung zugrundeliegende Kalkulation (auch) unplausibel (vgl. zur Notwendigkeit der Plausibilität einer Gebührenkalkulation etwa Kluge in Becker u.a., KAG Bbg Komm., § 6 Rn. 376 ff., 387a).

Dieser Eingriff ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 35 ff.).

Beeinträchtigungen des Vertrauens in die Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechtspositionen sind verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn sie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sind, also zur Erreichung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich sind und die Veränderungsgründe des Normgebers die Bestandsinteressen der Betroffenen überwiegen (stRspr zur Unzulässigkeit unechter Rückwirkung, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 Rn. 43 m. w. N.; BVerwG, Urteile vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9.20 - BVerwGE 173, 324 Rn. 30 und vom 6. Oktober 2021 - 9 C 10.20 - BVerwGE 173, 340 Rn. 17). Kommt die Beeinträchtigung im Ergebnis einer grundsätzlich unzulässigen echten Rückwirkung nahe, sind insoweit entsprechend gesteigerte Anforderungen zu stellen (BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9.20 - BVerwGE 173, 324 Rn. 39 unter Bezugnahmen auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 41 und 63). Nur besonders wichtige Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, können einen solchen Eingriff rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9.20 - BVerwGE 173, 324 Rn. 39; vgl. zur echten Rückwirkung BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 56 m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 9 C 2.18 - BVerwGE 164, 212 Rn. 44).

Diese gesteigerten Anforderungen gelten hier. Der beschriebene Eingriff in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG kommt einer echten Rückwirkung nahe. Echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14 - NVwZ 2016, 300 Rn. 41 m. w. N.). In den Fällen der hypothetischen Festsetzungsverjährung ist, wie ausgeführt, eine Deckung der Herstellungskosten nicht nur durch Anschlussbeiträge, sondern auch durch Benutzungsgebühren ausgeschlossen, soweit nach dem Satzungsrecht des Einrichtungsträgers zum Ersatz des Herstellungsaufwands Anschlussbeiträge erhoben werden. Die sich daraus ergebende geschützte Rechtsposition wird nachträglich wieder entzogen, wenn Satzungsregelungen die nicht mehr bestehende Möglichkeit einer Deckung des Herstellungsaufwands über Benutzungsgebühren erneut schaffen.

Der Eingriff ist nicht in einer den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit genügenden Weise durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 38 ff.).

Keinen das Vertrauensinteresse überwiegenden Gemeinwohlbelang stellt das Ziel dar, im Interesse der Abgabengerechtigkeit alle Abgabepflichtigen an der Deckung der Herstellungskosten zu beteiligen.

Der Gesetzgeber ist nach dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verpflichtet, Verjährungsregelungen oder sonstige Regelungen zu schaffen, die - wie § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO und § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG a. F. im Falle der hypothetischen Festsetzungsverjährung - sicherstellen, dass Beiträge zum Vorteilsausgleich nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45). Solche Regelungen haben zwangsläufig eine Einschränkung des Grundsatzes der Abgabengerechtigkeit zur Folge. Der mit ihnen einhergehende Vertrauensschutz hat daher schon von Verfassungs wegen Vorrang vor dem Ziel, im Interesse der Abgabengerechtigkeit auch diejenigen an der Deckung des Herstellungsaufwands zu beteiligen, die wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung nicht mehr zu Anschlussbeiträgen herangezogen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9.20 - BVerwGE 173, 324 Rn. 40).

Auch das Ziel, im Interesse des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG alle Abgabepflichtigen entsprechend den Regelungen der §§ 6 und 8 KAG an der Deckung des Herstellungsaufwands zu beteiligen, stellt keinen Gemeinwohlbelang dar, der die mit den genannten Gebührensatzregelungen verbundene Beeinträchtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes rechtfertigen könnte. Dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entspricht es gerade, die mit dem Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung entstandene Rechtslage und den Schutz des Vertrauens in deren Fortbestand zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9.20 - BVerwGE 173, 324 Rn. 41 f.).

Das Haushaltsinteresse des Einrichtungsträgers an der vollständigen Refinanzierung seiner Schmutzwasserbeseitigungsanlage ist ebenfalls kein Gemeinwohlbelang, der den mit den genannten Gebührensatzregelungen einhergehenden Entzug der geschützten Vertrauensposition rechtfertigen könnte. Ihm kommt trotz der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung, insbesondere beim Aufbau einer funktionierenden kommunalen Selbstverwaltung und bei der erstmaligen Schaffung von wirksamem Satzungsrecht, nur geringes Gewicht zu (vgl. BVerwG Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O.. Rn. 42 f.).

Vorstehenden Ausführungen steht entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG und der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin- Brandenburg bei der Umstellung des Finanzierungssystems auf eine reine Gebührenfinanzierung als Abzugskapital nur die tatsächlich entrichteten Beiträge berücksichtigt werden können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juni 2007 - 9 A 77.05 - LKV 2008, 377 <378>). Der Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG, nach dem bei der Berechnung der Abschreibungen das aus Beiträgen "aufgebrachte" Eigenkapital außer Betracht bleibt, umfasst – wie dargelegt - auch das Eigenkapital, das nach dem Satzungsrecht des Einrichtungsträgers durch Beiträge aufgebracht wird bzw. werden soll. Dies entspricht einer verfassungskonformen Auslegung der Norm im oben dargestellten Sinne und dem Sinn und Zweck von § 6 Abs. 2 Satz 5 KAG zu vermeiden, dass es durch die Heranziehung von Benutzungsgebühren zu einer Doppelbelastung für Anteile am Gesamtaufwand kommt, die bereits mit der (vom Satzungsgeber gewollten) Beitragsleistung entgolten wurden. Nur wenn der gesamte nach dem Satzungsrecht des Einrichtungsträgers durch Beiträge zu deckende bzw. zu decken beabsichtigte Teil der Herstellungskosten bei der Berechnung der Abschreibungen auch dann unberücksichtigt bleibt, wenn die Beiträge noch nicht bzw. – hier: wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung - nicht mehr gezahlt wurden, lässt sich vermeiden, dass der durch Beiträge zu finanzierende Herstellungsaufwand zusätzlich durch Benutzungsgebühren gedeckt wird (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2023, a.a.O., Rn. 47). Dass im Fall der Stadt C_____Beiträge in erheblichem Umfang wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung nicht mehr erhoben werden konnten, ist gerichtsbekannt und wird von den Beteiligten auch übereinstimmend so vorgetragen.

Soweit der Beklagte meint, den vom Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung angenommenen Wechsel in ein System mit gespaltenen Gebührensätzen habe es in der Stadt C_____nicht gegeben, vielmehr habe durch die komplette Abkehr der Stadt C_____von dem bisherigen Finanzierungsmodell im Wege der Rückabwicklung der Beitragserhebung mit vollständiger Rückzahlung der erhobenen Beiträge eine Gebührenerhebung mit einheitlichen Gebührensätzen etabliert werden können, ist dies zwar zutreffend. Wenn er aber darüber hinaus geltend macht, da sich nach der vollständigen Rückabwicklung der Beitragserhebung praktisch kein Anschlussnehmer im Wege der Beitragszahlung an der Refinanzierung der C_____Schmutzwasserbeseitigungsanlage beteiligt habe, habe es bei der Umstellung auf die reine Gebührenerhebung auch keine Fälle bereits erbrachter Beitragszahlungen gegeben, die gebührenmindernd hätten berücksichtigt werden müssen, so dass sich davon ausgehend in C_____auch jede Anschlussüberlegung erübrigt habe, ob auch die Fälle hypothetisch festsetzungsverjährter Beiträge wie Fälle tatsächlich gezahlter Beiträge zu behandeln seien und damit die betreffenden Abgabenpflichtigen von den solchermaßen geminderten Gebührensätzen profitieren dürften, greift dies zu kurz. Insbesondere verkennt der Beklagte die Bedeutung und Tragweite der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn er meint, die von diesem gemachten Ausführungen bezögen sich nur auf den ihm zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalt der gespaltenen Gebührensätze.

Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge erstreckt sich der Vertrauensschutz vielmehr gerade nicht nur darauf, nicht mehr zu Anschlussbeiträgen herangezogen zu werden, sondern umfasst auch, sich an der Deckung des beitragsfinanzierten Teils der Herstellungskosten nicht mehr über Benutzungsgebühren beteiligen zu müssen. Geschützt ist (daher) auch das Vertrauen in den Bestand des unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Satzungsrechts. Entscheidet sich der Einrichtungsträger durch den Erlass einer Anschlussbeitragssatzung für eine Beitragsfinanzierung, so können sich die Beitragszahler, wie ausgeführt, auf den Fortbestand der aufgrund der Beitragssatzung erlangten Rechtsposition verlassen. Denn die Möglichkeit künftiger Rechtsänderungen relativiert nicht ohne Weiteres die Verlässlichkeit der Rechtsordnung für die Vergangenheit. Der Wechsel von einer Beitrags-/Mischfinanzierung zu einer reinen oder stärkeren Gebührenfinanzierung kann deshalb in allen denkbaren Fällen nur unter Wahrung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes erfolgen. Zwar verflüchtigt sich, wie ebenfalls dargelegt, mit dem Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung nur die Legitimation zur Erhebung von Beiträgen für die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung gebotenen wirtschaftlichen Vorteile, nicht aber diejenige zur Erhebung von Benutzungsgebühren für die tatsächliche Inanspruchnahme der Einrichtung. Die Legitimation dafür, den durch Beiträge zu deckenden Herstellungsaufwand über kalkulatorische Abschreibungen durch Benutzungsgebühren zu finanzieren, ist jedoch bereits mit der Entscheidung für die Beitragserhebung entfallen. Ab dem Eintritt der (hypothetischen) Festsetzungsverjährung fehlt es daher insgesamt an einer Legitimation für die Deckung dieses Teils des Herstellungsaufwands durch die Abgabepflichtigen (vgl. so ausdrücklich auch Steinkühler, der in dem zitierten Verfahren des BVerwG Berichterstatter war, in: juris-PR-BVerwG 4/2024 Anm. 4). Eine solcherart verfassungsrechtlich geschützte Vertrauensposition bleibt im Übrigen auch von einem Wechsel des Einrichtungsträgers unberührt (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 2021 - 9 C 9/20 -, BVerwGE 173, 324).

Zu kurz gegriffen ist es auch, wenn der Beklagte ausführt, das Bundesverwaltungsgericht habe lediglich über einen Sachverhalt zu entscheiden gehabt, in welchem es zu einer Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Gebührenzahlern gekommen sei, die nur dadurch habe aufgelöst werden können, dass auch den Nichtbeitragszahlern mit hypothetisch verjährten „Forderungen“ der geringere Gebührensatz zugebilligt worden sei und jene auf diese Weise den tatsächlichen Beitragszahlern gleichgestellt worden seien, wobei das Bundesverwaltungsgericht nicht umhingekommen sei, auch die hypothetisch verjährten Beitragsforderungen wie tatsächlich eingenommene Beitragszahlungen zu behandeln, um sie als Abzugskapital gebührenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 15. Juli 2024). Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Oktober 2023 den von ihm angenommenen Verstoß gegen Bundesrecht selbständig tragend zum einen auf einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG einerseits und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG andererseits gestützt (a.a.O., Rn. 17, Rn. 18 ff., Rn. 48 ff.). Vorstehend wiedergegebene Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur grundsätzlichen Ermittlung des Abzugskapitals beziehen sich insoweit ausdrücklich auf den angenommenen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Nachdem weder der Gesetzgeber durch eine auch rückwirkende Änderung des KAG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 u.a. -, NVwZ 2016, 300) noch die Einrichtungsträger dem Vertrauensschutz durch einen Wechsel von einer Beitrags- zu einer Gebührenfinanzierung bzw. von einer Mischfinanzierung zu einer stärkeren Gebührenfinanzierung werden Rechnung tragen können, wird es unter Vertrauensschutzgesichtspunkten dabei bleiben, dass in diesen Fällen grds. der Einrichtungsträger bzw. dessen Mitglieder und damit letztlich die Allgemeinheit die Anschlusskosten trägt.

Angesichts der Unwirksamkeit der Schmutzwassergebührensatzung 2020 aus den

dargelegten Gründen, kann dahinstehen, ob sich eine Unwirksamkeit auch aus sonstigen, insbesondere aus den vom Kläger dargelegten Gründen ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Zuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren war notwendig im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, weil es dem Kläger nicht zuzumuten war, den Rechtsstreit ohne anwaltliche Hilfe zu führen. Dies gilt insbesondere für das Kommunalabgabenrecht, da hier der Bürger in aller Regel nicht in der Lage ist, seine Rechte gegenüber der Verwaltung ohne rechtskundigen Rat ausreichend zu wahren (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschlüsse vom 6. Dezember 1999 – 2 E 34/99 -, - 2 E 36/99 – und    2 E 38/99 -). Vorstehende Ausführungen gelten auch bei – wie hier – sich selbst vertretenden Rechtsanwälten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Komm., § 162 Rn. 9 ff., 19).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).