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Absetzung (angeblich) nicht eingeleiteter (Ab-) Wassermengen, Havarie/Leckage: nicht beabsichtigter Wasserverlust durch angeblich abgerutschten Gartenschlauch, Schmutzwassermengengebühr, Stadt Cottbus, zentrale Schmutzwasserbeseitigung


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 18.07.2024
Aktenzeichen VG 6 K 60/23 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0718.6K60.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen §§ 4, 6 KAG

Leitsatz

  1. Im Zuge der Bemessung der Schmutzwassermengengebühr ist, wenn die betreffende Gebührensatzung den sogenannten modifizierten Frischwassermaßstab vorsieht, nicht direkt auf allgemeine Beweislastregeln zurückzugreifen. Vielmehr sind Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung die Regelungen zum modifizierten Frischwassermaßstab und die in diesem Rahmen vorgesehene Beweislastverteilung.
  2. Mit dem modifizierten Frischwassermaßstab trifft der Satzungsgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität eine typisierende Regelung, die von der Überlegung getragen ist, dass die Menge des auf dem Grundstück bezogenen (oder gewonnenen) Frischwassers geeignet ist, den Umfang der Inanspruchnahme der Schmutzwasserentsorgung im Sinne eines hinreichenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG angemessen abzubilden. Dies ist grds. nicht zu beanstanden. Allerdings muss die Gebührensatzung die Möglichkeit vorsehen, Wassermengen abzusetzen, die nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitet worden sind.
  3. Mit Blick auf den satzungsrechtlich grds. in nicht zu beanstandender Weise dem Gebührenpflichtigen auferlegten Nachweis der nicht eingeleiteten Wassermengen durch einen geeichten und zugelassenen (Zwischen-)Wasserzähler oder durch Sachverständigengutachten ist zwar davon auszugehen, dass hiermit nur die Fälle willentlicher Wasserentnahme gemeint sind. Eine weitergehende Regelung im Satzungswerk für die atypischen, nicht vom bestimmungsgemäß Ge- bzw. Verbrauch von Frischwasser geprägten Fälle ist damit nicht eingeschlossen. Dies ist aber auch nicht erforderlich.
  4. Allerdings können bzw. müssen im Nachweisfall auch solche "Unglücks"-Fälle, soweit sie nicht die Einleitung dieses Wassers in die Schmutzwasserkanalisation bzw. öffentliche Einrichtung der Abwasserentsorgung zur Folge haben, trotz fehlender satzungsgemäßer Regelung auf der Veranlagungsebene zu einer Verringerung der Schmutzwasserverbrauchsgebühren führen.
  5. Enthält die Satzung ausdrücklich keine alternativen Nachweismöglichkeiten, ist bei der Ermittlung von Abzugsmengen in atypischen, nicht durch Messeinrichtung zu erfassenden Fällen auf die soweit passend - satzungsrechtlichen Schätzungsregelungen oder die gesetzliche Schätzungsbefugnis in § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 162 AO zurückzugreifen.
  6. Die Frage, welche Beweisanforderungen insoweit im Einzelnen gestellt werden dürfen, ist letztlich in Abwägung der erhebungstechnischen Vorteile einer möglichst weitgehenden Gebührenbemessung nach dem Frischwasserbezug mit den Interessen des Grundstückseigentümers an einer möglichst gerechten Erfassung seiner tatsächlichen Entsorgungsmenge zu beantworten.
  7. Angesichts des Umstandes, dass das Geschehen hinter dem Frischwasserzähler in der Sphäre des Grundstückseigentümers liegt, ist aber andererseits zu verlangen, dass der Grundstückseigentümer das Vorhandensein eines Rohrbruchs oder eines sonstigen Havariefalles bzw. einer Leckage substantiiert dartut und hinreichend belegt, so dass sich - schlüssig - der Verbleib einer erheblichen Frischwassermenge außerhalb der Kanalisation bzw. öffentlichen Einrichtung der Schmutzwasserentsorgung erklären lässt. Der Grundstückseigentümer muss substantiiert und plausibel einen Geschehensablauf aufzeigen und hinreichend im Rahmen des Zumutbaren dokumentieren, der dazu führt, dass der hohe Frischwasserbezug mutmaßlich nicht zu einer entsprechenden Abwassermenge geführt hat

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Absetzung von seiner Auffassung nach nicht in die öffentliche Einrichtung der zentralen Schmutzwasserentsorgung gelangten (Ab-)Wassermengen.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G_____. Das Grundstück ist an die zentrale öffentliche Schmutzwasserentsorgung angeschlossen.

Unter dem 20. Juni 2022 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Minderung der Abwassermenge infolge einer Leckage/Havarie unter Verwendung eines vom Beklagten zur Verfügung gestellten Formulares (Formular VI). Zur Begründung ist in dem Formular ausgeführt: „1. Leckage/Havarie vom 10. 6. 22, Dauer der Störung: 7 Tage“. „2. Schilderung/Darstellung der Störung: Eine Gardena- Kupplung mit Stopfunktion ist vom Schlauch ¾ Zoll runtergerutscht, es war Druck auf dem Schlauch, weil vergessen wurde, das Wasser auszumachen; wir waren im Urlaub.“ „3. Beseitigung des Schadens am/durch: 19.06.22.“ „4. Zählerstand vor Schadensbeseitigung: 779“. „5. Zählerstand nach Schadensbeseitigung: 1121“.

Mit Bescheid vom 27. September 2022 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Absetzung von nachweislich nicht eingeleitetem Abwasser ab. Zur Begründung führte er aus: Nachweise, wie z.B. Fotos von der Schadensstelle, welche das Schadensereignis untermauerten, seien vom Kläger nicht eigereicht worden. Die Anforderungen gemäß der Abwassergebührensatzung der Stadt C_____ seien daher nicht erfüllt, denn eine pauschalisierte Ausnahmegenehmigung sei nicht vorgesehen. Für individuell begangene Fehler auf Kosten aller Gebührenzahler könne keine Rücksicht genommen werden.

Hiergegen legte der Kläger am 21. Oktober 2022 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus: Weshalb den Anforderungen der Abwassergebührensatzung nicht genüge getan worden sei, werde vom Beklagten nicht dargelegt. Eine entsprechende Regelung finde sich in § 2 Abs. 2 der Abwassergebührensatzung. Dort heiße es, dass Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentliche Einrichtung gelangt seien, auf Antrag von der Wassermenge gemäß § 2 Abs. 1 abgesetzt würden (Satz 1). Der Nachweis der zurückgehaltenen Wassermenge obliege dem Gebührenpflichtigen und erfolge durch einen geeichten Unterzähler oder durch ein Sachverständigengutachten (Satz 2). § 2 Abs. 3 der Abwassergebührensatzung sehe bei Nichtvorhandensein eines Wasserzählers die Möglichkeit einer Schätzung vor. Sofern der Beklagte auf diese Regelung abstelle, erschließe sich nicht, weshalb er dann ein Formular für den Antrag auf Minderung der Abwassermenge vorhalte, welches auf eine Leckage/Haverie verweise. Unabhängig davon, dass seitens des Beklagten nicht auf die Möglichkeit eines Gutachtens hingewiesen worden sei, sei ein solches nicht erforderlich, da aufgrund der mitgeteilten Zählerstände die Frischwasserentnahme während der urlaubsbedingten Abwesenheit nachvollziehbar sei. Insofern könne ein Sachverständiger auch allein berechnen, welche Wassermenge innerhalb des relevanten Zeitraumes über den Wasserschlauch entweichen könne. Wenn diese Menge allerdings feststehe, da sie gezählt worden sei, sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens bloße Förmelei. Darüber hinaus sehe das seitens des Beklagten vorgehaltene Formular überhaupt keine Notwendigkeit des Nachweises, ggf. durch Gutachten, vor, sodass offensichtlich auch außerhalb der Satzungsregelung Absetzungen möglich seien. Derartiges sei auch naheliegend, wie der vorliegende Fall zeige. Für das Runterrutschen der Gartenschlauchkupplung vom Gartenschlauch stünden Zeugen zur Verfügung. Wenn das Wasser auf dem Grundstück des Klägers versickere, finde offensichtlich auch keine Zuführung in das Abwassersystem statt, wofür die Abwassergebühren erhoben würden. Weshalb hier eine Entscheidung auf Kosten aller Gebührenzahler erfolgen solle, erschließe sich daher nicht, da ja offensichtlich die Abwasserbeseitigungsanlage mit der genannten Wassermenge nicht in Anspruch genommen worden sei. Darüber hinaus handele es sich auch nicht um einen individuell begangenen Fehler, wenn sich die Gartenschlauchkupplung vom Schlauch löse. Es handele sich um einen ganz normalen Defekt, wie beispielhaft bei einem undichten Wasserhahn oder einer undichten Leitung. Offensichtlich werde darüber hinaus die Regelung im § 2 Abs. 2 der Abwassergebührensatzung nicht der Lebenswirklichkeit gerecht, wenn nicht einmal der hier vorliegende Sachverhalt die Absetzung einer entsprechenden Wassermenge rechtfertige. Dies gelte umso mehr, als dem Beklagten aufgrund der Verbrauchswerte der letzten Jahre der durchschnittliche Verbrauch auf dem Grundstück des Klägers bekannt sei.

Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2022, dem Kläger zugestellt am 31. Dezember 2022, zurück. Zur Begründung führte er aus: Rechtsgrundlage für den Antrag zur Absetzung von nicht eingeleiteten Wassermengen sei die Satzung der Stadt C_____ über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung (Abwassergebührensatzung) vom 25. November 2020. Gemäß § 2 Abs. 2 der Satzung würden Wassermengen, die nachweislich nicht in die Einrichtung gelangt seien, auf Antrag von der Wassermenge nach § 2 Abs. 1 der Satzung abgesetzt. Der Nachweis der zurückgehaltenen Wassermenge obliege dem Gebührenpflichtigen und erfolge durch Unterzähler oder durch ein Sachverständigengutachten. Die Vorschriften der Abwassergebührensatzung zur Absetzung von Wassermengen regelten zwar unmittelbar lediglich die Fälle einer geplanten Entnahme von Trinkwasser. Die atypischen – nicht von bestimmungsgemäßen Ge- oder Verbrauch des Frischwassers geprägten Fälle (Havarie bzw. Leckage) – würden von der Satzung in unmittelbarer Anwendung hingegen nicht erfasst. Gleichwohl sei bei solchen Havariefällen eine Absetzung in entsprechender Anwendung der Satzung vorzunehmen, wenn durch die Havarie das bezogene Frischwasser nachweislich nicht in die Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt sei. Die Frage, welche Beweisanforderungen insoweit im Einzelnen gestellt werden dürften, sei letztlich in Abwägung der erhebungstechnischen Vorteile einer möglichst weitgehenden Gebührenbemessung nach dem Frischwasserbezug mit den Interessen des Grundstückseigentümers an einer möglichst „gerechten“ Erfassung seiner tatsächlichen Entsorgungsmenge zu beantworten. Dabei gehe zu Lasten des Grundstückseigentümers, dass das, was auf seinem Grundstück hinter dem Wasserzähler passiere, in seiner Verantwortung liege. Im vorliegenden Fall könne daher verlangt werden, dass der Widerspruchsführer den Geschehensablauf, der zum Verlust des Trinkwassers geführt haben solle, hinreichend plausibel darstelle und belege. Die Schilderungen des Widerspruchsführers seien diesbezüglich jedoch lediglich knapp und pauschal und gerade nicht hinreichend plausibel. Im Antragsformular werde nur in wenigen Stichpunkten geschildert, wie es zum Entweichen des Wassers gekommen sein solle. Auch im Rahmen des Widerspruchs würden hierzu keine detaillierten und genaueren Ausführungen gemacht. Bei der vergleichsweise hohen Absetzungsmenge wäre zu erwarten gewesen, dass der Widerspruchsführer den genauen Ort, an welchem diese erhebliche Menge an Trinkwasser auf das Grundstück gelaufen sein solle, bezeichne und beschreibe, wie sich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Schadensfeststellung dargestellt hätten. Die vom Widerspruchsführer angegebene Verlustmenge von 342 m³ in einem Zeitraum von maximal 7 Tagen ergebe rechnerisch mindestens einen minütlichen Wasseraustritt von fast 34 Litern durch die vergleichsweise enge Öffnung des Gartenschlauchs. Der auftretende Wasserdruck hätte im Zeitraum von einer Woche, erst recht bei Austreten des Wassers an nur einem Tag bei weichem Untergrund sichtbare Ausspülungen hinterlassen. Bei festem Untergrund wären mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wasserlache oder andere erkennbare Wasserspuren entstanden. Daher habe man hier neben einer detaillierten Beschreibung der Situation auch eine Dokumentation des Wasseraustritts durch Fotos erwarten dürfen. Der vom Widerspruchsführer geschilderte Geschehensablauf sei demnach im Vergleich zu den o.g. Beweisanforderungen nicht hinreichend substantiiert und nachgewiesen. Es könne deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die beantragte Absatzmenge in Gänze oder zum Teil der Abwasseranlage zugeflossen sei. Für die zur Absetzung gestellte Wassermenge sei danach nicht im Umfang des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Abwassergebührensatzung nachgewiesen, dass diese nicht in die öffentliche Einrichtung gelangt sei.

Unter dem 7. Februar 2023 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Abwassergebührenbescheid für den Erhebungszeitraum 2022 für das o.g. Grundstück. Hierin wurde u.a. einer Trinkwassermengengebühr in Höhe von 1.728,06 Euro festgesetzt.

Mit seiner am 25. Januar 2023 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus: Das Grundstück des Klägers habe insgesamt eine Größe von etwa 2.500 m², wobei ca. 200 m² überbaut seien, so dass der Rest Frei – bzw. Grünfläche sei. Ein Pool sei auf dem Grundstück nicht vorhanden. Um die Frei-/Grünfläche zu unterhalten, verwende der Kläger u.a. einen Gartenschlauch, der an einem Außenwasserhahn angebracht sei, und zwar in der Art und Weise, dass ein Standrohr mit Wasseranschluss aus dem Boden rage, an dem ein 20 Meter langer ¾-Zoll-Wasserschlauch angeschlossen sei. Dieser Schlauch sei am Tag der Abreise des Klägers in den Urlaub auf die im hinteren Grundstück befindliche Rasenfläche ausgelegt gewesen. Der Gartenschlauch sei mit einer Gardena-Kupplung mit Stopfunktion auf beiden Seiten versehen. Stopfunktion bedeute dabei, dass kein Wasser austrete, wenn ein Gegenstück in die Kupplung, wie beispielsweise ein Bewässerungsaufsatz, eingesteckt sei. Diese Kupplungsstücke würden auf den Schlauch gesteckt, wobei dann außen aus Plastik hergestellte Haken angebracht seien, die durch Verschrauben eines Gegenstücks gegen die Außenseite des Gartenschlauchs gedrückt würden und somit den Halt des Kupplungsstückes bewirkten. Insoweit könne es dazu kommen, dass über die Zeit aufgrund des Wasserdrucks im Schlauch sich Stücke lockerten und vom Schlauch rutschten. So sei es dann auch im Jahr 2022 geschehen. Am 10. Juni 2022 habe sich der Kläger mit seiner Familie in einen Kurzurlaub begeben. Vor der Abfahrt sei nochmals eine Kontrollrunde gedreht worden, ob auch alles abgeschaltet sei. Es sei festgestellt worden, dass nirgendwo im Haus oder außerhalb desselben Wasser gelaufen sei. Versehentlich sei allerdings vergessen worden, den Außenwasserhahn, an dem sich der benannte Gartenschlauch befinde, zuzudrehen. Der Schlauch selber habe mit dem an der Plastikkupplung angeschlossenen Anlassstück auf der Grünfläche im hinteren Bereich des Grundstücks, die eine Größe von 1.000 m² umfasse, gelegen. Der Nachbar, Herr A_____, habe sich bereit erklärt, die Hühner des Klägers während der Abwesenheit zu versorgen. Dieser habe dann am 17. Juni 2022 am Abend zufällig festgestellt, dass aus dem benannten Gartenschlauch Wasser herausgelaufen sei, habe den Wasserhahn abgestellt und den Kläger telefonisch hierüber informiert. Die Grünfläche habe der Nachbar nicht betreten, da mit dem Abstellen des Wassers das Problem beseitigt gewesen sei. Eine Pfützenbildung habe Herr K_____ nicht wahrnehmen können und mangels Betretens der Fläche auch keine Durchnässung des Bodens, wobei - wie hier in Brandenburg üblich – die Böden auch in der G_____ sehr wasserdurchlässig seien. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub habe der Kläger mit seiner Frau den Gartenwasseranschluss und den Gartenschlauch in Augenschein genommen und festgestellt, dass am Ende des Wasserschlauchs das Kupplungsstück vom Schlauch gerutscht gewesen sei. Zur Angabe des Anfangszählerstandes in der Schadensanzeige sei es in der Art und Weise gekommen, dass in der Trinkwasserabrechnung für das Jahr 2021 zum 31. Dezember 2022 ein Zählerstand von 699 m³ abgelesen worden sei, bei einem Jahresverbrauch von 161 m³. Es sei dann etwa die Hälfte dieses Jahresverbrauchs hinzugerechnet worden, also 80 m³, so dass sich die Angabe von 779 m³ ergeben habe. Der Kläger habe sich dann erkundigt, was zu machen sei und sei auf das Formular VI „Minderung der Abwassermenge infolge einer Leckage/Havarie“ hingewiesen worden. Er habe das Formular am 20. Juni 2022 ausgefüllt und kurz den entsprechenden Sachverhalt geschildert, wobei er auch noch darauf hingewiesen habe, dass der Schlauch einen Durchmesser von ¾-Zoll habe. Dabei habe der Kläger den in dem Formular bereitgestellten Platz ausgenutzt, um den Sachverhalt darzustellen. Mit dem Hinweis darauf, dass das Gardena-Kupplungsstück mit Stopfunktion vom Schlauch heruntergerutscht sei, sei er auch davon ausgegangen, dass der „Schaden“ in ausreichendem Maße dargestellt gewesen sei. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass das vom Beklagten bereitgestellte Formular nicht einmal eine viertel DIN 4-Seite Platz vorsehe, um etwaige Störungen darzustellen oder zu schildern. Nichtdestotrotz sei es dem Kläger gelungen, in dem zur Verfügung gestellten Raum in gebotener Kürze darzustellen, in welcher Form es zur Leckage gekommen sei. Ohne auch nur irgendwelche weitergehenden Erklärungen abzufordern oder gar Hinweise zu erteilen, habe der Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2022 die Absetzung der Wassermenge abgelehnt und lediglich pauschal ausgeführt, dass Nachweise, welche das Schadensereignis untermauerten, nicht eingereicht worden seien. Mit diesem Hinweis sei bereits völlig unklar, was hier beklagtenseitig gefordert wäre. Weshalb die Darstellung des Klägers nicht bildlich genug (gewesen) sein solle, vielmehr noch mit einem Foto untermauert werden solle, erschließe sich nicht. Da im Widerspruchsbescheid sodann ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass die Abwassergebührensatzung den Fall nicht planmäßigen Wasserverlustes nicht erfasse, erschließe sich auch nicht, weshalb im Bescheid vom 27. September 2022 ausgeführt worden sei, dass die Anforderungen gemäß der Abwassergebührensatzung der Stadt C_____ nicht erfüllt seien. Diese finde offenbar gar keine Anwendung. Erstmals sei im Widerspruchsbescheid ausgeführt worden, dass vom Kläger konkrete Darlegung hinsichtlich des Schadensbildes gefordert würden. Wäre ein entsprechender Hinweis auch vorher erfolgt, hätte dies der Kläger konkretisiert. Zudem sei für den Beklagten anhand der eigenen Unterlagen, die er beigezogen habe, erkennbar, dass es ausreichend Versickerungsmöglichkeiten für das angefallene Wasser gegeben habe. Zudem gebe der Beklagte den Zeitpunkt der Störung nicht zutreffend wieder. Es sei nicht auszuschließen, dass die Leckage bereits am 10. Juni 2022 aufgetreten und erst am 17. Juni 2022 beseitigt worden sei. Es sollte für die rechtliche Würdigung auch eine Rolle spielen, ob es in der Benutzung eines Einfamilienhauses tatsächlich dem gewöhnlichen Nutzungsverhalten entspreche, eine derartige Menge an Wasser zu entnehmen und dem Abwassersystem wieder nach der Nutzung zuzuführen.

Der Kläger beantragt,

  1. den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 27. September 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2022 zu verpflichten, für die Abrechnung der Abwassergebühren für das Jahr 2022 insgesamt 342 m³ abzusetzen,

  2. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren notwendig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung stützt er sich auf die ablehnenden Bescheide. Ergänzend führt er aus: Der Kläger habe zwar nachvollziehbar dargestellt, wie er den Wasserzählerstand für den Zeitpunkt des Urlaubsantritts am 10. Juni 2022 durch Schätzung ermittelt habe. Dies sei vorher nicht in dieser Weise kommuniziert worden. Indes habe der Kläger einen Geschehensablauf, der die Absetzung der in Rede stehenden Wassermengen rechtfertigen könnte, auch nach den Ausführungen im Rahmen der Klagebegründung, nicht hinreichend plausibel geschildert. Wie bereits im Rahmen des Widerspruchsbescheides ausgeführt, hätten bei einem über 7 Tage andauernden, kontinuierlichem Wasseraustritt 34 Liter pro Minute das Schlauchende verlassen. Anders als der Kläger ausführe, sei dabei die maximale Dauer des Wasseraustritts – nämlich vom 10. Juni 2022 bis zum 17. Juni 2022, mithin höchstens 7 volle Tage – korrekt für die Beispielsrechnung zugrunde gelegt worden. Folglich habe sich die oben angeführte Austrittsmenge von 34 Liter pro Minute als Mindestmenge ergeben, bei einem kürzeren Zeitraum sei die Austrittsmenge entsprechend höher. Die hohe Wassermenge wäre mit relativ hohem Druck aus dem am Boden liegenden Schlauch ausgetreten und hätte sich nur auf eine kleine Fläche verteilt. Somit hätte es, auch auf einer Grünfläche, deutliche Ausspülungen gegeben, die auch nach der Rückkehr des Klägers aus seinem Urlaub hätten wahrnehmbar sein müssen. Angesichts der erheblichen Wassermenge, die hier zur Absetzung gestellt würde, habe der Beklagte eine Dokumentation der Spuren des Wasseraustritts durch Fotos und eine Schilderung der örtlichen Gegebenheiten erwarten dürfen. Zudem erscheine der Vortrag des Klägers, dass dessen Nachbar den Wasseraustritt am Abend des 17. Juni 2022 zufällig bei der Versorgung der Hühner festgestellt habe, nicht glaubhaft. Wenn man davon ausgehe, dass die Versorgung der Hühner im Zeitraum ab dem 10. Juni 2022 wohl täglich zu erfolgen gehabt habe, erscheine es als unwahrscheinlich, dass der Nachbar den Wasseraustritt zufällig erst am 17. Juni 2022 bemerkt haben wolle. Wenn man dies nicht in Zweifel ziehe, erscheine es aber zumindest nicht als lebensnah, dass der Nachbar zwar den Wasseraustritt bemerkt haben wolle, dann aber das Wasser lediglich abgestellt habe, ohne sich zu der nur 20 Meter entfernten Stelle zu begeben und sich von dem Ausmaß des Wasseraustritts unmittelbar selbst zu überzeugen. Denn wenn der Nachbar die Feststellung erst am 17. Juni 2022 getroffen habe, habe er im Zweifel davon ausgehen müssen, dass das Wasser seit fast einer Woche laufe und damit eine größere Menge ausgetreten sein könne. Der vom Kläger geschilderte Geschehensablauf sei demnach aus Sicht des Beklagten im Vergleich mit den Beweisanforderungen des § 2 Abs. 2 der Abwassergebührensatzung nicht hinreichend substantiiert und nachgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte gemäß §§ 87a Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Vorsitzenden und Berichterstatter entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit jeweils einverstanden erklärt haben (Schriftsatz des Klägervertreters vom 7. Mai 2024, Schriftsatz des Beklagten vom 30. April 2024).

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zwar als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO statthaft, nachdem der Beklagte über den Antrag des Klägers auf Absetzung (angeblich) nicht in die öffentliche Einrichtung der zentralen Abwasserbeseitigung eingeleiteter Wassermengen durch ablehnenden Bescheid entschieden und auch den hiergegen eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid, also durch Verwaltungsakt, beschieden hat; die Klage ist auch sonst zulässig.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 27. September 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger (daher) nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Absetzung der von ihm geltend gemachten Wassermengen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

§ 2 Abs. 1 der Satzung der Stadt C_____ über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung vom 25. November 2020 (Abwassergebührensatzung – AwGebS 2020), die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist (vgl. § 14 AwGebS 2020) und die daher den streitgegenständlichen Erhebungszeitraum erfasst, bestimmt, soweit hier von Interesse, dass die Mengengebühr für die Benutzung der öffentliche Einrichtung zur zentralen (leitungsgebundenen) Schmutzwasserbeseitigung nach der Menge der Abwässer berechnet wird, die von dem Grundstück in die öffentliche Einrichtung gelangt (Satz 1). Berechnungseinheit ist der Kubikmeter (m³; Satz 2). Als eingeleitete Abwassermenge gilt die dem Grundstück aus öffentlichen und privaten Versorgungsanlagen und sonst zugeführte Wassermenge (Satz 3). Die aus öffentlichen Anlagen zugeführte Wassermenge wird durch Wasserzähler ermittelt (Satz 4). § 2 Abs. 2 AwGebS 2020 regelt, dass Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentliche Einrichtung gelangt sind, auf Antrag von der Wassermenge gemäß Abs. 1 abgesetzt werden (Satz 1). Der Nachweis der zurückgehaltenen Wassermenge obliegt dem Gebührenpflichtigen und erfolgt durch einen geeichten Unterzähler oder durch ein Sachverständigengutachten (Satz 2). Der Antrag auf Absetzung und Ersteinbau eines Unterzählers ist durch den Gebührenpflichtigen bei der Stadt einzureichen (Satz 3). Soweit in Sonderfällen nach Genehmigung durch die Stadt der Nachweis der zurückgehaltenen Wassermenge durch Sachverständigengutachten erfolgen kann (Satz 10), ist von dem Gebührenpflichtigen nach Ablauf des Erhebungszeitraumes (Kalenderjahr) innerhalb der nachfolgenden drei Monate ein Antrag auf Absetzung zu stellen (Satz 11). Der Gebührenpflichtige hat innerhalb dieser – so die Satzung - Ausschlussfrist die Absatzmenge gegenüber der Stadt durch Vorlage des Gutachtens nachzuweisen (Satz 12). Gemäß § 4 Abs. 1 AwGebS 2020 i.d.F. der 1. Satzung zur Änderung der Satzung der Stadt C_____ über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung (Abwassergebührensatzung) vom 24. November 2021, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten und daher für den hier relevanten Erhebungszeitraum maßgeblich ist (Art. 2 der Satzung), beträgt die Mengengebühr für die Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zur zentralen (leitungsgebundenen) Schmutzwasserbeseitigung 3,47 Euro/m³.

Nach den zitierten Satzungsvorschriften findet der sogenannte (modifizierte) Frischwassermaßstab Anwendung. Dass dieser für sich nicht zu beanstanden, insbesondere mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist, ist für den Bereich der zentralen Schmutzwasserentsorgung grundsätzlich anerkannt (vgl. nur Düwel in: Becker u.a., KAG Bbg, Komm., § 6 Rn. 1014 f.).

Soweit der Kläger – auch in der mündlichen Verhandlung – (sinngemäß) geltend gemacht hat, in Bezug auf die Erhebung der Schmutzwassermengengebühren gelte, dass im Falle eines unkontrollierten Wasserverlustes durch ein Leck oder durch eine Havarie es nicht zulässig sei, das gelieferte Trinkwasser zu 100% als Abwasser zu berücksichtigen, vielmehr er nach der Abwassergebührensatzung oder aus allgemeinen Grundsätzen einen Absetzungsanspruch habe, wobei die materielle Beweislast für den Umfang der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung der Abwasserentsorgung beim Beklagten liege, weil dieser den Gebührenanspruch geltend mache, greift dies nicht.

Im Zuge der Bemessung der Schmutzwassermengengebühr ist, wenn die betreffende Gebührensatzung insoweit - wie hier - den sogenannten modifizierten Frischwassermaßstab vorsieht, nicht direkt auf allgemeine Beweislastregeln zurückzugreifen. Vielmehr sind Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung die Regelungen zum modifizierten Frischwassermaßstab und die in diesem Rahmen vorgesehene Beweislastverteilung. Mit dem modifizierten Frischwassermaßstab trifft der Satzungsgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität eine typisierende Regelung, die von der Überlegung getragen ist, dass die Menge des auf dem Grundstück bezogenen (oder gewonnenen) Frischwassers geeignet ist, den Umfang der Inanspruchnahme der Schmutzwasserentsorgung im Sinne eines hinreichenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabes gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG angemessen abzubilden. Dies ist – wie ausgeführt – grds. nicht zu beanstanden. Allerdings muss die Gebührensatzung die Möglichkeit vorsehen, Wassermengen abzusetzen, die nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitet worden sind (vgl. OVG Bln- Bbg, Beschl. vom 22.2.2018 – 9 N 217.13 -, juris, Rn. 12). Diesbezügliche Regelungen enthält – wie ausgeführt – die Satzung. Mit Blick auf den in den zitierten Vorschriften geforderten, in grds. nicht zu beanstandender Weise dem Gebührenpflichtigen auferlegten Nachweis der nicht eingeleiteten Wassermengen durch einen geeichten und zugelassenen (Zwischen-)Wasserzähler oder durch Sachverständigengutachten (vgl. zur Zulässigkeit solchen Regelungen Düwel, a.a.O., § 6 Rn. 1022 m.w.N.) ist zwar davon auszugehen, dass hiermit nur die Fälle willentlicher Wasserentnahme, z.B. durch die Gartenbewässerung, gemeint sind. Eine weitergehende Regelung im Satzungswerk für die atypischen, nicht vom bestimmungsgemäß Ge- bzw. Verbrauch von Frischwasser geprägten Fälle – wie etwa jenen, dass in Folge eines Wasserrohrbruchs nach dem Wasserzähler Frischwasser auf dem Grundstück versickert oder sonst nicht in die öffentliche Einrichtung zur dezentralen oder – wie hier - zentralen Schmutzwasserbeseitigung gelangt – ist damit nicht eingeschlossen. Dies ist aber auch nicht erforderlich. Weder das Kommunalabgabengesetz noch eine andere gesetzliche Regelung verlangen zwingend eine solche satzungsmäßige Bestimmung. Anders als in den Fällen einer willentlichen Wasserentnahme durch den Gebührenschuldner ohne Einleitung des Frischwassers in die Schmutzwasserkanalisation - etwa für die Gartenbewässerung oder im Rahmen der gewerblichen Nutzung (z. B. zur Herstellung von zum Weiterverkauf bestimmten und dieses Wasser enthaltenen Lebensmitteln) - ist eine solche Forderung nach zwingender satzungsrechtlicher Regelung auch nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich nicht dem Beschluss vom 28. März 1995 ( - 8 N 3.93 -, DÖV 1995, 826, 828), zu entnehmen. Klarstellend ist allerdings anzumerken, dass selbstverständlich auch solche "Unglücks"-Fälle, soweit sie nicht die Einleitung dieses Wassers in die Schmutzwasserkanalisation bzw. öffentliche Einrichtung der Abwasserentsorgung zur Folge haben, trotz fehlender satzungsgemäßer Regelung auf der Veranlagungsebene zu einer Verringerung der Schmutzwasserverbrauchsgebühren führen können bzw. im Nachweisfall führen müssen. Es ist in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt, dass nachgewiesen der Abwassereinrichtung nicht zugeleitetes Wasser im Rahmen der Bemessung der Abwassergebühr abgesetzt werden kann bzw. muss. Enthält die Satzung ausdrücklich keine alternativen Nachweismöglichkeiten, ist bei der Ermittlung von Abzugsmengen in atypischen, nicht durch Messeinrichtung zu erfassenden Fällen auf die – soweit passend - satzungsrechtlichen Schätzungsregelungen (vgl. etwa § 3 Abs. 3 AwGebS 2020,) oder die gesetzliche Schätzungsbefugnis in § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG i.V.m. § 162 Abgabenordnung (AO) zurückzugreifen, da regelmäßig nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Satzungsgeber für diese atypischen Fälle eine Schätzung der Abzugsmengen ausschließen wollte. Ein klassischer Fall für einen Frischwasser-Abzug bei den Schmutzwassergebühren ist dabei etwa der Frischwasser-Rohrbruch in Gebäuden nach dem Wasserzähler (vgl. zum Ganzen OVG Bln- Bbg, Beschl. vom 20.4.2012 – 9 S 80.11 -, juris, Rn. 5; VG Cottbus, Urt. vom 15.2.2018 – 6 K 1647/14 -, juris, Rn. 50 ff.; VG Potsdam, Urt. vom 26.2.2014 – 8 K 1383/11 -, juris, Rn. 15 ff.; VG Schwerin, Urt. vom 28.1.2010 – 4 A 595/09 -, juris, Rn. 68 ff.; Queitsch, KStZ 2006, 81 m. w. N.).

Die Frage, welche Beweisanforderungen insoweit im Einzelnen gestellt werden dürfen, ist letztlich in Abwägung der erhebungstechnischen Vorteile einer möglichst weitgehenden Gebührenbemessung nach dem Frischwasserbezug mit den Interessen des Grundstückseigentümers an einer möglichst „gerechten“ Erfassung seiner tatsächlichen Entsorgungsmenge zu beantworten. Dabei geht zu Lasten des Grundstückseigentümers, dass das, was auf seinem Grundstück hinter dem Wasserzähler passiert, in seiner Sphäre liegt (vgl. OVG Bln- Bbg, Beschl. vom 14.1. 2014 - 9 N 188.12 -, juris, Rn. 7; Beschl. vom 22.2.2018, a.a.O.; OVG NW, Beschl. vom 30.7.2012 - 9 A 2799/10 -, juris, Rn. 13). Geht es um einen „ungeplanten Wasserverlust“ infolge eines Rohbruchs oder einer sonstigen Leckage, wäre es – wie ausgeführt – zwar einerseits überzogen, wenn nicht technisch unmöglich, einen Nachweis der Absetzmenge durch eine geeichte Messeinrichtung zu verlangen. Insoweit sind – wie ausgeführt - entsprechende Satzungsregelungen einschränkend dahin auszulegen, dass sie derartige ungeplante Wasserverluste unmittelbar nicht erfassen. Angesichts des Umstandes, dass das Geschehen hinter dem Frischwasserzähler in der Sphäre des Grundstückseigentümers liegt, ist aber andererseits zu verlangen, dass der Grundstückseigentümer das Vorhandensein eines Rohrbruchs oder eines sonstigen Havariefalles bzw. einer Leckage substantiiert dartut und hinreichend belegt, so dass sich - schlüssig - der Verbleib einer erheblichen Frischwassermenge außerhalb der Kanalisation bzw. öffentlichen Einrichtung der Schmutzwasserentsorgung erklären lässt. Der Grundstückseigentümer muss substantiiert und plausibel einen Geschehensablauf aufzeigen und hinreichend im Rahmen des Zumutbaren dokumentieren, der dazu führt, dass der hohe Frischwasserbezug mutmaßlich nicht zu einer entsprechenden Abwassermenge geführt hat (vgl. OVG Bln- Bbg, Beschl. vom 14.1. 2014 - OVG 9 N 188.12 -, juris, Rn. 7; Beschl. vom 22.2.2018, a.a.O.; VG Cottbus, Urt. vom 15.2.2018, a.a.O., Rn. 51; vgl. auch OVG NW, Beschl. vom 30.7.2012, a.a.O., Rn. 7 und 13).

Das hat der Kläger hier nicht getan. Sein diesbezügliches Vorbringen ist unsubstantiiert. Er hat einen Geschehensablauf, der die Absetzung der in Rede stehenden Wassermengen rechtfertigen könnte, auch nach den Ausführungen im Rahmen der Klagebegründung, nicht hinreichend plausibel geschildert. Hierzu gilt Folgendes:

Zunächst genügten die im Antrag des Klägers vom 20. Juni 2022 unter Verwendung des vom Beklagten bereitgestellten Formulars VI und in seinem Widerspruch gemachten Angaben den Substantiierungsanforderungen nicht, da sie sich im Wesentlichen auf die Angabe beschränkten, während eines Kurzurlaubs des Klägers sei eine Gardena- Kupplung mit Stopfunktion vom Gartenschlauch gerutscht und infolgedessen Wasser in erheblicher, näher bezifferter Menge ausgetreten. Nähere Angaben, wie etwa eine Schilderung des „Schadensbildes“ auf dem Grundstück, ggf. unter Beifügung von Fotos oder Ähnlichem, wie oben dargelegt, wurden nicht gemacht, obwohl dies dem Kläger ohne weiteres möglich und zumutbar war. Es fehlt auch an jeglicher Darlegung dazu, wann, von wem und wie genau der angebliche Wasseraustritt auf dem Grundstück festgestellt wurde, obwohl der Kläger im Widerspruch angab, für das „Runterrutschen der Gartenschlauchkupplung vom Gartenschlauch“ stünden „Zeugen zur Verfügung“. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, dass vom Beklagten bereitgestellte Formular VI biete nicht genug Platz für weitergehende Angaben und er habe den in dem Formular bereitgestellten Platz ausgenutzt, um den Sachverhalt darzustellen, ist dies unergiebig. Denn es wäre dem Kläger unbenommen geblieben, dem Formular Beiblätter hinzuzufügen, in denen er eine genauere – plausible und substantiierte - Schilderung der Umstände hätte machen können. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, dass das Formular selbst keinerlei Hinweise auf die Beibringung eines Sachverständigengutachtens enthält. Denn dies ist nur eine Möglichkeit der Substantiierung. Der Kläger durfte unter Zugrundelegung der o.g. Beweisanforderungen gerade nicht davon ausgehen, dass mit dem Hinweis darauf, dass das Gardena-Kupplungsstück mit Stopfunktion vom Schlauch heruntergerutscht sei, der „Schaden“ in ausreichendem Maße dargestellt gewesen ist. Eine – wie auch immer geartete – Hinweispflicht des Beklagten auf die Notwendigkeit einer substantierten und plausiblen Sachverhaltsschilderung bestand nicht. Es geht – wie dargelegt - zu Lasten des Grundstückseigentümers, dass das, was auf seinem Grundstück hinter dem Wasserzähler passiert, in seiner Sphäre liegt.

Auch im Klageverfahren ist dem Kläger eine Substantiierung nicht gelungen. Wie der Beklagte bereits im Rahmen des Widerspruchsbescheides zutreffend ausgeführt hat, hätten bei einem – nach dem Vortrag des Klägers unterstellt - über 7 Tage andauernden, kontinuierlichen Wasseraustritt mit einem Gesamtwasserverlust von – ebenfalls unterstellt – 342 m³ während des Urlaubs knapp 34 Liter pro Minute (342 m³ : 7 Tage : 24 Stunden : 60 Minuten = gerundet 0,034 m³/Minute) das Schlauchende verlassen. Eine solch hohe Wassermenge wäre fontänenartig mit relativ hohem Druck aus dem am Boden liegenden Schlauch ausgetreten und hätte sich nur auf eine kleine Fläche verteilt. Somit hätte es, auch auf einer – wie der Kläger dargelegt hat – grundsätzlich wasserdurchlässigen Grünfläche, nach allgemeiner Erfahrung deutliche Ausspülungen gegeben, die auch nach der Rückkehr des Klägers aus seinem Urlaub hätten wahrnehmbar sein oder von seinem Nachbarn, der nach der Schilderung des Klägers keine Pfützenbildung wahrgenommen haben will, beim Betreten des Grundstücks hätten bemerkt werden müssen. Angesichts der erheblichen Wassermenge, die hier zur Absetzung gestellt wurde, hat der Beklagte eine Dokumentation der Spuren des Wasseraustritts durch Fotos und eine genaue Schilderung der örtlichen Gegebenheiten im Zusammenhang mit diesem erwarten dürfen. Zudem erscheint der Vortrag des Klägers, dass sein Nachbar den Wasseraustritt am Abend des 17. Juni 2022 zufällig bei der Versorgung der Hühner festgestellt haben will, nicht glaubhaft. Wenn man davon ausgeht, dass die Versorgung der Hühner durch Futter im Zeitraum ab dem 10. Juni 2022 typischerweise täglich, jedenfalls aber mehrmals zu erfolgen hatte, erscheint es als unwahrscheinlich, zumindest aber erklärungsbedürftig, dass der Nachbar den Wasseraustritt zufällig erst am 17. Juni 2022 bemerkt haben will. Dies wäre zumindest erläuterungsbedürftig. Ungeachtet dessen erscheint es nicht als lebensnah, dass der Nachbar zwar den Wasseraustritt bemerkt haben soll, dann aber das Wasser lediglich abgestellt haben soll, ohne sich zu der nach dem Vortrag des Klägers nur 20 Meter entfernten Stelle zu begeben und sich von dem Ausmaß des Wasseraustritts unmittelbar selbst zu überzeugen. Denn wenn der Nachbar die Feststellung erst am 17. Juni 2022 getroffen haben soll, hat er im Zweifel davon ausgehen müssen, dass das Wasser möglicherweise seit fast einer Woche laufe und damit eine größere Menge ausgetreten sein könnte. Bei dieser Sachlage hätte es zumindest nahegelegen, dass der Kläger den Nachbarn bei einem angeblichen Telefonat in Bezug auf weitere Feststellungen entsprechend instruiert hätte. Auch hätte etwa gerade ein vom Kläger selbst im Klageverfahren nicht beigebrachtes Sachverständigengutachten – anders als dieser im Widerspruchsverfahren ausgeführt hat - darüber Auskunft erteilen können, ob ein Wasseraustritt von knapp 34 Litern/Minute bei dem vom Kläger geschilderten Ablauf unter Berücksichtigung der technischen Gegebenheiten und der von ihm genannten Zählerstände realistisch wäre. Anders als der Kläger meint, ist bei vorstehender Berechnung eines Wasserverbrauchs von knapp 34 Litern die maximale Dauer des Wasseraustritts, nämlich vom 10. Juni 2022 bis zum 17. Juni 2022, mithin – unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers - höchstens 7 volle Tage für die Beispielsrechnung zugrunde gelegt worden, wobei sich bei Annahme eines 8- Tageszeitraums immer noch eine Menge von knapp 30 Litern/Minute ergäbe. Folglich hat sich diese Austrittsmenge pro Minute als Mindestmenge ergeben. Bei einem kürzeren Zeitraum, insbesondere bei einem Abrutschen der Kupplung erst am letzten Tag, wäre die Austrittsmenge entsprechend (deutlich) höher mit noch gravierenderen Begleiterscheinungen.

Der vom Kläger geschilderte Geschehensablauf ist demnach aus Sicht des Beklagten wie auch des erkennenden Gerichts unter Berücksichtigung der oben dargestellten Beweisanforderungen nicht hinreichend substantiiert dargestellt und nachgewiesen worden, um davon ausgehen zu können, dass der hohe Frischwasserbezug mutmaßlich nicht zu einer entsprechenden Abwassermenge geführt hat. Es lässt sich insoweit somit gerade nicht ausschließen, dass der Kläger das bezogene Wasser anderweitig – gegebenenfalls in den mehr als fünf Monaten vor dem angeblichen Urlaub – in einer Art und Weise verwendet oder eingesetzt hat, infolge derer es in die Abwasserbeseitigungseinrichtung gelangt ist, und sei es auch nur aufgrund einer defekten Toilettenspülung oder eines defekten oder nicht zugedrehten Wasserhahnes. Auch ist es ohne weiteres vorstellbar, dass der Kläger das Wasser etwa zur Gartenbewässerung genutzt hat, ohne den satzungsmäßigen Vorgaben zur Verwendung eines Unterwasserzählers zwecks Absetzung in solchen Fällen (vgl. § 2 Abs. 2 Sätze 3 bis 9 AwGebS 2020) zu entsprechen bzw. entsprechen zu wollen. Für die Fälle solch willentlicher Wasserentnahmen enthält aber die Gebührensatzung – wie ausgeführt – grundsätzlich nicht zu beanstandende ausdrückliche Regelungen für die Voraussetzungen der Absetzung nicht eingeleiteter Wassermengen. Den Anforderungen dieser Vorschriften hat der Kläger vorliegend nicht genügt. Es greift daher zu kurz, wenn der Kläger meint, dass wenn das Wasser auf dem Grundstück des Klägers außerhalb einer üblichen Gartenbewässerung versickere, offensichtlich auch keine Zuführung in das Abwassersystem stattfinde, wofür die Abwassergebühren erhoben würden. Einen solchen Nachweis ist der Kläger gerade schuldig geblieben, so dass es für die rechtliche Würdigung entgegen der Auffassung des Klägers auch keine Rolle spielt, „ob es in der Benutzung eines Einfamilienhauses tatsächlich dem gewöhnlichen Nutzungsverhalten entspricht, eine derartige Menge an Wasser zu entnehmen und dem Abwassersystem wieder nach der Nutzung zuzuführen“. Ein solches „gewöhnliches Nutzungsverhalten“ steht hier nach dem Vortrag des Klägers gerade nicht inmitten. Verbraucht im Sinne eines gebührenpflichtigen Frischwasserbezuges, d. h. einer Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgung (§ 4 Abs. 2 KAG) wird alles Frischwasser, das hinter dem Zähler aus der Leitung austritt, sei es durch planmäßige Benutzung für häusliche Zwecke, sei es durch einen versehentlich offen gelassenen Wasserhahn, sei es durch eine Havarie wie einen Rohrbruch oder dergleichen (vgl. OVG Bln- Bbg, Beschl. vom 28.2.2008 - 9 N 57.07 -, juris, Rn. 5). Gelangt das Wasser in die öffentliche Schmutzwasserkanalisation, liegt auch deren Inanspruchnahme vor (vgl. OVG Bln- Bbg, Beschl. vom 14.1.2014 – 9 N 188.12 -, Rn. 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung