Gericht | VG Cottbus 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.07.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 8 L 66/24 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0718.8L66.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 19 Abs. 3 Satz 1 GefStoffV, § 35 Satz 1 VwVfG, § 37 Abs. 1 VwVfG, § 7 GefStoffV, § 80 Abs. 5 Satz 1, Halbsatz 2 VwGO, 519 TRGS, 3492 und 3866 VDI-Richtlinen |
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Anordnung nach der Gefahrenstoffverordnung.
Der Antragsteller ist Inhaber eines Dachdeckereibetriebes. Am 27. Juni 2023 führten Mitarbeitende seines Unternehmens Arbeiten an der Deckenunterkonstruktion des Lagerbereiches der Mieterin Firma A_____ durch. Im Zuge dieser Arbeiten schnitt ein Beschäftigter eine der Deckenplatten mit einem Trennschleifer auf, was mit einer erheblichen Staubentwicklung einherging. Aufgrund des Verdachtes, dass es sich hierbei um asbesthaltiges Material handelte, wurden die Arbeiten sofort gestoppt. Nach Besichtigung der Baustelle ordnete der Antragsgegner mit Bescheid vom 28. Juni 2023 sofort vollziehbar an, dass die Arbeiten erst fortgesetzt werden dürften, wenn entweder feststehe, dass die Deckenplatten frei von Asbestfasern seien, oder wenn nach Feststellung von Asbestfasern die personelle und sicherheitstechnische Ausstattung für die Tätigkeiten gegeben sei und die Forderungen der Gefahrstoffverordnung eingehalten würden. Mit E-Mails vom 3. Juli 2023 wies der Antragsgegner sowohl den Antragsteller als auch den Eigentümer des Gebäudes, Herrn D_____, darauf hin, dass der Lagerraum fachgerecht durch eine Fachfirma unter Einsatz von Restfaserbindemittel gereinigt werden müsse.
Nach Untersuchung einer Materialprobe aus der Deckenplatte bestätigte die Labor für W_____ GmbH mit Prüfbericht vom 21. Juli 2023, dass diese Fasern von Chrysotil-Asbest mit einem geschätzten Massengehalt von 5-20% enthalte.
Mit E-Mail vom 30. August 2023 bat der Antragsgegner den Gebäudeeigentümer um Mitteilung, wann eine Reinigung des Lagers durch eine Fachfirma erfolgen werde. Hieraufhin übersandte Herr D_____ am 8. Oktober 2023 einen Untersuchungsbericht der K_____ vom 5. Oktober 2023, ausweislich dessen in sechs am 11. September 2023 aus dem Liegestaub entnommenen und untersuchten Proben keine Asbestfasern nachgewiesen worden seien, wobei die Probenahme von insgesamt 16 Proben aufgrund der potentiell großflächigen Verteilung der Kontamination den Charakter einer eingrenzenden Untersuchung gehabt habe. Zusammenfassend empfahl der Bericht, alle Räume - bis auf den Havarie-Raum und Räume, die nur durch diesen zugänglich seien - wieder zur Nutzung freizugeben, wobei der Havarie-Raum zuvor fachgerecht abzudichten und zu kennzeichnen sei, um eine weitere Verteilung der Asbest-Fasern in die genutzten Räume zu verhindern. Da das erkundete Probenahmeraster für die Eingrenzung der Kontamination zu grob gewesen sei, sei eine Feinerkundung zur Verteilung der Kontamination vorzunehmen. Daraus ließen sich Reinigungsflächen abgrenzen. Mit E-Mail vom 18. Oktober 2023 wies der Antragsgegner den Antragsteller darauf hin, dass im Ergebnis des Untersuchungsberichtes zumindest der Havarie-Raum und ggf. der direkt angrenzende und zudem offene Werkstattraum fachgerecht zu reinigen seien.
Am 8. Dezember 2023 wurden die Räumlichkeiten durch die G_____gereinigt. Mit E-Mails vom 11. und vom 19. Dezember 2023 wandten sich die Inhabenden der F_____ an den Antragsgegner und beanstandeten unter Beifügung von Photographien und einer Stellungnahme der Ingenieurbüro D_____ vom 14. Dezember 2023 eine nur sehr spärliche und oberflächliche Reinigung ohne Beachtung des fachlich vorgegebenen Ablaufs.
Daraufhin hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 21. Dezember 2023 zu einer beabsichtigten Anordnung von Maßnahmen an, die auf Grundlage der Gefahrstoffverordnung eine fachgerechte und gründliche Reinigung sowie eine entsprechende Nachweisführung beinhalten.
Mit E-Mail vom 1. Januar 2024 übersandte Herr D_____ dem Antragsgegner einen Prüfbericht der A_____ vom 29. Dezember 2023 hinsichtlich der von der G_____ durchgeführten Freigabemessung in Form einer Raumluftmessung vom 21. Dezember 2023. Hiernach seien in der Raumluft des Lagers keine Asbestfasern festgestellt worden, was rechnerisch einer Konzentration von <100 F/m³ entspreche, wobei die tatsächliche Konzentration am Probenahmeort unter Annahme einer Poissonverteilung mit mindestens 95% Wahrscheinlichkeit innerhalb eines Vertrauensbereiches von 0 bis 290 F/m³ liege.
Die Inhabenden der Firma A_____ übersandten dem Antragsgegner am 4. Januar 2024 eine erneute Stellungnahme der Ingenieurbüro D_____ vom 3. Januar 2024 zum Reinigungszustand der Räumlichkeiten. Hiernach habe ausweislich einer Ortsbesichtigung in dem als Werkstatt und Lagerbereich genutzten Raum offensichtlich keine schadstoffspezifische Feinreinigung (Absaugen aller Oberflächen mittels zugelassener Sauger/Feuchtwischen glatter Oberflächen) stattgefunden. Im gesamten Raum, auf dem Mobiliar und Inventar seien Materialreste, Verunreinigungen und Liegestäube visuell erkennbar. Ablagerungen auf Lampengehäusen, Spinnweben in Eckbereichen sowie die Anordnung von zum Teil als nicht reinigungsfähig anzusehender Materialien wie Textilien und Stoffbahnen wiesen deutlich darauf hin, dass allenfalls eine punktuelle, oberflächliche und nicht zielführende Reinigung unternommen worden sei. Exemplarisch zur Dokumentation entnommene Proben von Verunreinigungen und Liegestäuben hätten ausweislich des Prüfberichtes der R_____ vom 3. Januar 2024 in drei von fünf Fällen einen Nachweis für Chrysotil-Asbest ergeben. Es werde daher eine fachgerechte Feinreinigung des gesamten Werkstattbereiches durch ein qualifiziertes Fachunternehmen empfohlen. Mit E-Mail vom 8. Januar 2024 wies der Gutachter ergänzend darauf hin, dass ausweislich der VDI 3492 eine Raumluftmessung nicht ausreichend und gemäß Punkt 6.2 eine Aufstellung der Raumluftmessung aufgrund der Verunreinigung nicht erlaubt sei.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2024 ordnete der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller für den Lager- und den angrenzenden Werkstattraum der F_____gemäß § 19 Abs. 3 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) an, Maßnahmen einzuleiten, die unverzüglich gewährleisteten, dass alle Oberflächen einschließlich des Interieurs der Räume mit Industriestaubsaugern gemäß Anlage 7.1 der TRGS 519 abgesaugt oder feucht gereinigt würden (Ziffer 1), sodann die zusätzlichen Maßnahmen nach Nummer 14 der TRGS 519 anzuwenden (Ziffer 2), dafür Sorge zu tragen, dass die Umsetzung der Anordnungen unter Ziffer 1 und 2 durch ein Unternehmen erfolge, das über eine geeignete personelle und fachliche Ausstattung für Arbeiten mit Asbest verfüge (Ziffer 3) und dem Antragsgegner bis zum 29. Februar 2024 Nachweise über die Umsetzung dieser Maßnahmen vorzulegen bzw. nachweislich und unter Vorlage eines Maßnahmen- und Zeitplanes zu begründen, wenn die Anordnungen bis zu dem genannten Termin noch nicht vollständig umgesetzt werden konnten (Ziffer 4). Unter Ziffer 5 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 4 an. Zudem drohte er dem Antragsteller bei Nichterfüllung des Anordnungspunktes Ziffer 4 ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro an (Ziffer 6).
Zur Begründung verwies er auf die Bestimmungen der Gefahrstoffverordnung, die insbesondere ermächtige, gegenüber einer Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber die zur Bekämpfung besonderer Gefahren notwenigen Maßnahmen anzuordnen. Hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen seien die nach § 20 Abs. 4 GefStoffV bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen, wozu die Technischen Regeln für Gefahrstoffe 519 „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ (TRGS 519) zählten. Diese regelten Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit asbesthaltigem Material. Gemäß Punkt 16.3 TRGS 519 dürften betroffene Räume während der Arbeiten mit Asbest und bis zum Abschluss der Reinigung nicht genutzt werden. Raumlufttechnische Anlagen seien stillzulegen, Arbeitsräume geschlossen zu halten. Nach Beendigung der Arbeiten seien alle Oberflächen mit Industriestaubsaugern gemäß Anlage 7.1 der TRGS 519 abzusaugen oder feucht zu reinigen. Vor Freigabe der Räume sei ein mehrfacher Luftaustausch durchzuführen. Da die asbesthaltige Deckenplatte hier beim Ausbau im Sinne von Punkt 16.3 der TRGS 519 zerstört (gebohrt, gebrochen, aufgeschnitten) worden sei, sei zusätzlich Nummer 14 der TRGS 519 zu beachten. Hiernach dürften die festgelegten Schutzmaßnahmen erst aufgehoben werden, wenn u.a. die Tätigkeiten mit Asbest bzw. asbesthaltigen Materialen einschließlich der Reinigung abgeschlossen seien, durch eine visuelle Kontrolle bestätigt worden sei, dass keine sichtbare Restverschmutzung mehr vorhanden sei, durch Messung nach VDI 3492 eine Asbestfasernkonzentration in der Raumluft unter 500 F/m³ ermittelt worden sei und die Obergrenze des nach der Poisson-Verteilung berechneten 95%-Vertrauensbereichs der Asbestfasernkonzentration weniger als 1000 F/m³ betrage. Die angeordnete Beauftragung eines personell und sicherheitstechnisch ausgestatteten Unternehmens basiere auf § 8 Abs. 8 i. V. m. Anhang I, Abschnitt 2.4.2 Abs. 3 und 4 GefStoffV. Da der F_____ die Nutzung der Räumlichkeiten und des Interieurs bis zu einer Reinigung untersagt worden sei, sei es notwendig, dass der Antragsteller Nachweise über die fachgerechte und gründliche Reinigung und über die eingeleiteten bzw. umgesetzten Maßnahmen nach Punkt 16.3 Abs. 5 und 6 der TRGS 519 vorlege. Diese Anordnungen seien geeignet, um Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und Dritter vor Gefährdungen durch Asbestfasern umzusetzen. Da die bisher erfolgten Maßnahmen unzureichend gewesen seien, seien die Anordnungen auch erforderlich. Namentlich seien die vorgelegten Nachweise der Freimessung unzureichend gewesen, Nachweise über eine angemessene Reinigung lägen nicht vor. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel stehe nicht zu Verfügung. Die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten sowie der mögliche wirtschaftliche Schaden der Mieterin seien höher als das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers zu bewerten.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geboten, da ein besonderes öffentliches Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten und Dritter bestehe. Dieses habe ebenso wie das Interesse der Mieterin an der Wiederaufnahme der Nutzung der Räumlichkeiten sowie an der Sicherung ihrer Einrichtung und der ihr anvertrauten Möbel Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers, von der Anordnung durch Erhebung eines Widerspruches vorläufig verschont zu bleiben. Andernfalls sei davon auszugehen, dass Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit bei Tätigkeiten in den Räumlichkeiten bestünden und die Mieterin die Räume weiterhin nicht nutzen und die ihr anvertrauten Möbel weder aufarbeiten noch an die Eigentümer zurückgeben könne, was erheblich geschäftsschädigend wäre.
Das angedrohte Zwangsgeld sei das geeignete Mittel, um den Antragsteller Gelegenheit zu geben, eine geeignete und gleichzeitig kostengünstige Fachfirma zu beauftragen; eine Beauftragung durch ihn, den Antragsgegner, im Wege der Ersatzvornahme scheide aus. Da der Antragsteller es bislang nicht geschafft habe, eine ordnungsgemäße Reinigung der Räume zu veranlassen, und deshalb an seiner Bereitschaft hierzu gezweifelt werde, sei die Androhung des Zwangsgeldes notwendig, um die getroffenen Anordnungen zu verstärken. Die angedrohte Höhe sei in Anbetracht der vorhandenen Gesundheitsgefährdung und des wirtschaftlichen Schadens der Mieterin angemessen.
Zunächst mit E-Mail vom 23. Januar 2024 sowie mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 25. Januar 2024 erhob der Antragsteller gegen den Bescheid Widerspruch und beantragte zudem wörtlich die „Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“. Er machte geltend, dass die Anordnungen zur Zeit nicht nachvollziehbar seien, da ihm die Probenahme vom 29. Dezember 2023, insbesondere die Orte innerhalb der Räumlichkeiten, an denen Proben genommen worden seien, und die Person, die die Proben genommen habe, unbekannt seien, weshalb er um Übersendung der entsprechenden Unterlagen bitte. Im Zuge der beiden von ihm beauftragten Messungen sei keinerlei Asbestbelastung festgestellt worden. Ergänzend trug er vor, dass er den Liegestaub aufwändig untersuchen lassen und die Reinigung und Absaugung bezahlt und damit bereits mehr geleistet habe, als er müsse. Der Antragsgegner habe sein Auswahlermessen nicht zutreffend ausgeübt, da er, der Antragsteller, nicht Eigentümer der Immobilie sei und gar keine Möglichkeit habe, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Zudem fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage für die erfolgte Anordnung, da die Gefahrstoffverordnung kein Gesetz sei. Das Chemikaliengesetz scheide hier insoweit aus, da die Baustelle geschlossen sei. Diese würde deshalb auch nicht mehr von seinen Beschäftigten betreten. Hilfsweise werde gerügt, dass der Bescheid zu unbestimmt sei.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2024 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab, da der Antragsteller keine neuen Erkenntnisse vorgebracht habe, die dies rechtfertigen würden.
Mit E-Mail vom 25. Februar 2024 wies die Inhabende der F_____ den Antragsgegner darauf hin, dass ihr Vermieter im Hinblick auf das Ende des Mietverhältnisses zum 29. Februar 2024 die Räumung der betroffenen Räume und teilweise Entsorgung ihres Inventars betreibe. Es seien bereits Mietinteressenten vorhanden, die die Absicht hätten, die Räumlichkeiten zum 1. März 2024 für eine Weiternutzung vorzubereiten. Zu diesem Zwecke solle am 26. Februar 2024 eine Begehung der Räumlichkeiten zusammen mit dem Antragsteller stattfinden, um zu klären, in welchem Umfang eine Reinigung überhaupt noch erforderlich sei. Sie, die Mieterin, werde die Räume jedoch auf keinen Fall betreten, bevor diese nicht – nach fachgerechter Reinigung – durch den Antragsgegner freigegeben worden seien.
Am 27. Februar 2024 hat der Antragsteller den vorliegenden gerichtlichen Eilantrag gestellt.
Er behauptet, dass schon die erste Probenahme am 7. Juli 2023 ergeben habe, dass nur eine geringe, ordnungsbehördlich nicht relevante Asbestfaserkonzentration vorgelegen habe. Nachdem eine Reinigung nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe erfolgt und in der zwischenzeitlichen Beprobung vom 11. September 2023 kein Asbest nachgewiesen worden sei, sollte die Angelegenheit erledigt sein. Entsprechend habe die Raumluftmessung im Nachgang der Reinigung eine Asbestfaserkonzentration von unter 100 F/m³ ergeben. Der Prüfbericht vom 3. Januar 2024 gebe demgegenüber keine Faserkonzentration wieder, sondern lediglich das wohl knappe Überspringen einer Nachweisgrenze des Messgerätes von 1%. Dies genüge nicht, zumal von dem parteilich agierenden Gutachter keine Ausführungen dazu getätigt würden, ob diese geringfügige Anzeige von Asbest überhaupt noch etwas mit dem Vorfall vom Juni 2023 zu tun habe. Sinngemäß macht der Antragsteller zudem geltend, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits formell unzulässig sei, da es sich vorliegend nicht um einen subordinativen, belastenden Verwaltungsakt handele, sondern Leistungen von ihm als Bürger begehrt würden, die nicht dem Konzept des § 80 VwGO unterfielen. Vielmehr hätte der Antragsgegner seinerseits einen Antrag nach § 123 VwGO bei Gericht stellen müssen. Zudem genüge die Begründung der Vollziehungsanordnung nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie sich nicht auf den vorliegenden Einzelfall beziehe, nämlich ignoriere, dass hier die geltenden Grenzwerte nicht erreicht, eine fachgerechte Reinigung durchgeführt, die Baustelle geschlossen und die Mieterin ausgezogen sei. Damit liege weder eine Gefahr noch eine Eilbedürftigkeit vor. Auch sei er, der Antragsteller, nicht Eigentümer des Gebäudes und habe aufgrund der Schließung der Baustelle auch kein Betretungsrecht, so dass er schon rein tatsächlich nicht in der Lage sei, die Maßnahmen durchzuführen. Eine entsprechende Duldungsverfügung gegenüber dem Gebäudeeigentümer sei nicht erlassen worden, auch habe der Antragsgegner nicht geprüft, ob er gemäß Art. 13 Abs. 2 des Grundgesetzes eine richterliche Anordnung zum Betreten von Wohnräumen beantragen hätte müssen. Ebenso wenig sei er der verantwortliche Störer, da die Gefahr nicht von ihm, sondern einem seiner Beschäftigten verursacht worden sei, zumal der Antragsgegner richtigerweise den Gebäudeeigentümer als Zustandsstörer in Anspruch nehmen müsse. Dieser – und nicht er, der Antragsteller – habe auch entschieden, dass die Platte aufgetrennt werden solle. Entgegen der Darstellung des Antragsgegners sei diese dabei auch nicht zerstört worden. Er, der Antragsteller, sei entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch nicht Arbeitgeber im Sinne des § 19 GefStoffV, da sich der Vorfall nicht in seiner Betriebsstätte ereignet habe. Da er „guter Dinge“ sei, sich gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches zivilrechtlich exkulpieren zu können, dürfe er aus Gründen der Einheit der Rechtsordnung auch nicht verwaltungsrechtlich verfolgt werden. Des Weiteren sei der Bescheid nichtig, da der Tenor unbestimmt sei. Er wisse nicht, was die TRGS 519 sei und welche Oberfläche er reinigen solle, ebenso wenig könne er sich unter der Bezeichnung „geeignete personelle sicherheitstechnische Ausstattung für Arbeiten mit Asbest“ in Ziffer 3 der Anordnung etwas vorstellen oder verstehe, was es bedeute, wenn er hierfür „Sorge tragen“ solle. Korrespondierend sei auch die Anordnung unter Ziffer 4 des Bescheides nicht ausführbar. Auch trage der Antragsgegner nicht vor, warum diese Maßnahmen notwendig seien und ob bereits durchgeführte Maßnahmen angerechnet würden. Eigene Ermittlungen vor Ort und ggf. eigene Messungen habe der Antragsgegner ebenfalls nicht vorgenommen, was verfahrensfehlerhaft sei. Die von dem Antragsgegner der Anordnung zugrunde gelegte Gefahrstoffverordnung sei im Übrigen keine taugliche Ermächtigungsgrundlage, da diese lediglich der Umsetzung von EU-Richtlinien diene und damit im Grunde EU-Recht sei, so dass es eines deutschen Ermächtigungsgesetzes bedürfte. § 23 des Chemikaliengesetzes sei jedoch nicht einschlägig. Ebenso wenig seien die technischen Regelwerke VDI und TRGS taugliche Ermächtigungsgrundlagen. Zudem seien diese urheberrechtlich geschützt und dürften im hiesigen Verfahren nicht verwendet werden, so dass ein Beweisverwertungsverbot bestehe. Bedenken unterliege zudem, dass diese Regelwerke den „Stand der Technik“ widerspiegelten, was gegenüber den bewährten „anerkannten Regeln der Technik“ eine Steigerung bedeute, da sie hierdurch bereits den Fortschritt der Technik symbolisierten. Er, der Antragsteller, als Bürger könne jedoch nicht für wissenschaftliche, noch nicht allgemein anerkannte Grundsätze haftbar gemacht werden.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 25. Januar 2024 gegen den Bescheid über die Durchführung der Gefahrstoffverordnung vom 11. Januar 2024 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass unstreitig feststehe, dass ein Beschäftigter der Firma des Antragstellers im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses auf dessen Anweisung eine Deckenplatte mit einem Trennschleifer aufgetrennt habe und dass es hierdurch zu einer Exposition von Asbestfasern in den Räumlichkeiten des Gebäudes gekommen sei. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei die Platte mit dem Zerschneiden auch im Sinne von Ziffer 6 Abs. 6 der TRGS 519 zerstört worden. Die daraufhin erlassene Anordnung stelle entgegen der Auffassung des Antragstellers einen belastenden Verwaltungsakt dar, auch sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung einzelfallbezogen mit den Lebens- und Gesundheitsgefahren für die Beschäftigten der Mieterin sowie Dritter begründet worden. Im Hinblick darauf, dass die am 29. Dezember 2023 entnommenen Proben Asbestfasern enthalten hätten, stehe für ihn, den Antragsgegner, fest, dass die am 8. Dezember 2023 ausgeführten Reinigungsarbeiten unzureichend und nicht fachgerecht erfolgten und dass eine Rechtsgütergefährdung weiterhin nicht auszuschließen sei. So habe der Geschäftsführer der Reinigungsfirma auf telephonische Nachfrage erklärt, lediglich für die Reinigung einer Fläche von 20 m² beauftragt gewesen zu sein, weshalb er eine vorherige Begehung der Räumlichkeiten als nicht notwendig erachtet habe. Tatsächlich wiesen die Räumlichkeiten jedoch eine Grundfläche von ca. 184 m² auf. Mit seinem Einwand, dass die Mieterin zwischenzeitlich aus den Räumen ausgezogen sei, berücksichtige der Antragsteller nicht, dass deren Möbel und sonstige Gegenstände weiterhin mit Asbestfasern verunreinigt seien, so dass weder die Gesundheitsgefahren noch die Eigentums- und Besitzbeeinträchtigungen beseitigt seien. Ebenso seien Dritte, die die Räume beträten, gefährdet. Der Einwand, der Antragsteller sei nicht mehr berechtigt, die Baustelle zu betreten, und deshalb nicht in der Lage, die Räume zu reinigen, überzeuge nicht, da ihm lediglich aufgegeben worden sei, eine Fachfirme mit den Reinigungsarbeiten zu beauftragen. Als verantwortlicher Arbeitgeber sei der Antragsteller zudem gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 2 GefStoffV möglicher Adressat der erfolgten Anordnung. Als solcher könne er sich an den Vorgaben der TRGS 519 orientieren; wähle er eine andere, müsse er nachweisen, dass er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreiche, was dem Antragsteller aber bislang nicht gelungen sei. Auch die am 21. Dezember 2023 erfolgte Raumluftmessung habe nicht den Anforderungen der VDI-Richtlinie 3492 und damit dem notwendigen Stand der Technik entsprochen, da zum einen zuvor eine grundlegende Reinigung und die zusätzlichen Maßnahmen nach TRGS 519 wie etwa eine visuelle Kontrolle hinsichtlich einer etwa sichtbaren Restverschmutzung durchgeführt hätten werden müssen. Dieser stufenweise angegebene Aufbau der Maßnahmen der TRGS i. V. m. den anerkannten Regeln der VDI 3492 und VDI 3877 sei nicht eingehalten worden. Zum anderen seien zu wenig Messpunkte eingerichtet worden, was sich nach VDI 3492 Punkt 5.3 und den Tabellen 2 und 3 bestimme. Demgegenüber sei im Ergebnis der Probennahme vom 29. Dezember 2023 in drei von fünf Fällen Chrysotilasbest nachgewiesen worden. Der Annahme des Antragstellers, bei einer Asbestfaserkonzentration in der Raumluft von unter 500 F/m³ seien keine Schutzmaßnahmen erforderlich, liege eine fehlerhafte Interpretation der Gefahrstoffverordnung einschließlich der TRGS 519 zugrunde. Schon das Vorhandensein von freigesetztem Asbest als Gefahrstoff in den Räumen bedinge vielmehr, dass diese nicht von Unbefugten, sondern nur von fachkundigen Personen betreten werden dürfen. Das Gutachten der F_____ vom 5. Oktober 2023 wiederum habe lediglich dazu gedient, das Ausmaß und die Ausdehnung der Kontamination festzustellen, um nicht belastete Räume nicht der Nutzung entziehen zu müssen. Die Anordnung beziehe sich auf Lager- und Werkstattraum, da sich die zerstörte Asbestplatte unmittelbar im Deckenbereich am offen gestalteten Zugang zum angrenzenden Werkstattraum befinde und deshalb nicht auszuschließen sei, dass die Asbestfasern aufgrund der zum Zeitpunkt der Havarie eingeschalteten lüftungstechnischen Anlage weitläufig in beidem Räumen verteilt worden seien, zumal sich die Freisetzung der Asbeststäube ohne geeignete Absaugung und räumliche Abschottung ereignete. Daher sei von einer relevanten Kontamination des Raumes auszugehen. Zudem seien infolge der Bearbeitung des Wasserschadens Luftentfeuchter ohne Führung des Ablaufs ins Freie installiert worden, die die Raumluft weiter mobilisiert und im Raum verteilt hätten. Im Hinblick auf das vorliegende Eilverfahren, dessen Ausgang zunächst abgewartet werden solle, würden die Anordnung in Ziffer 4 des Bescheides und die darauf bezogene Zwangsgeldandrohung in Ziffer 6 nicht aufrechterhalten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des Vortrages der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang (3 Hefte) ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag des Antragstellers ist hinsichtlich der unter den Ziffern 1 bis 3 der verfahrensgegenständlichen Anordnung vom 11. Januar 2024 getroffenen Verfügungen gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Halbsatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig, nachdem der Antragsgegner unter Ziffer 5 insoweit gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei der Anordnung des Antragsgegners – was Voraussetzung für die Statthaftigkeit des vorliegenden Antrages ist (vgl. Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 7. Dezember 2021 – M 10 S 21.4517 –, juris Rn. 19) – auch um einen belastenden Verwaltungsakt. Namentlich liegt in der Begründung von konkreten Pflichten, wie durch die Anordnung in den Ziffern 1 bis 3 erfolgt, eine hoheitliche Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg vor, die belastend in die rechtliche Position des Antragstellers eingreift und deren Aufhebung in einem Hauptsacheverfahren mit der Anfechtungsklage zu verfolgen wäre. Warum eine solche Regelung – wie der Antragsteller meint – nicht dem Konzept des § 80 VwGO unterfallen sollte, erschließt sich nicht und wird von dem Antragsteller auch nicht nachvollziehbar dargelegt, zumal er sich mit dieser Auffassung in Widerspruch zu seiner eigenen Antragstellung setzt.
Hinsichtlich der Regelung unter Ziffer 4 der Anordnung ist der Antrag dagegen mangels eines Rechtschutzbedürfnisses unzulässig, nachdem der Antragsgegner erklärt hat, die sich durch Zeitablauf erledigte Anordnung zunächst nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Der Antrag ist unbegründet.
Zum einen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig erfolgt. Die diesbezüglichen Einwände des Antragstellers vermögen nicht zu überzeugen.
Wie oben bereits dargelegt, handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Anordnung um einen belastenden Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet werden konnte. Soweit der Antragsteller der Auffassung ist, der Antragsgegner hätte stattdessen einen Antrag nach § 123 VwGO bei Gericht stellen müssen, verkennt er den Gebotscharakter der verfahrensgegenständlichen Anordnung. Anders als der Antragsteller meint, hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch ordnungsgemäß im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Erforderlich ist insoweit eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des öffentlichen Interesses dafür, dass die sofortige Vollziehbarkeit ausnahmsweise notwendig ist und deshalb das private Interesse, von dem angegriffenen Verwaltungsakt zunächst nicht betroffenen zu werden, zurücktreten muss. Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Antragsgegners, mit der dieser darauf verweist, dass eine aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln hier nicht nur dazu führen würde, dass die Gesundheitsgefahren weiter fortbestünden, sondern dass die Mieterin bis zum Abschluss des Verfahrens unter Einschluss erheblicher finanzieller und geschäftsschädigender Folgen auch von der Nutzung der Räume und der darin befindlichen, teilweise ihrer Kundschaft gehörenden Gegenstände ausgeschlossen wäre. Der Hinweis des Antragstellers darauf, dass die Baustelle geschlossen und die Mieterin ausgezogen sei, steht dem nicht entgegen, da auch die bloße Räumung des Lagers und der Werkstatt aus Anlass der Beendigung des Mietverhältnisses die daran beteiligten Personen den angenommenen Gesundheitsgefahren aussetzen würde. Ob eine relevante Kontaminierung der Räume mit Asbest vorliegt bzw. eine fachgerechte Reinigung bereits durchgeführt wurde, ist demgegenüber eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der unter den Ziffern 1. bis 3. getroffenen Anordnungen.
Zum anderen sind die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht gegeben.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Halbsatz 2 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO von der Behörde besonders angeordnet wird, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches bzw. einer Anfechtungsklage wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, in deren Rahmen es die Interessen der Beteiligten an der sofortigen Vollziehung der behördlichen Verfügung bzw. an der aufschiebenden Wirkung des dagegen erhobenen Rechtsbehelfes unter maßgebender Berücksichtigung der Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens gegeneinander abwägt.
Ausgehend hiervon ist nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilverfahrens davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der hier in Rede stehenden Anordnung zur Durchführung der Gefahrstoffverordnung das Interesse des Antragstellers, einstweilen von der Durchsetzung der Anordnung verschont zu bleiben, überwiegt. Denn die Anordnung des Antragsgegners vom 11. Januar 2024 erweist sich im Rahmen der hier nur möglichen, aber auch nur gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig.
Ihre Rechtsgrundlage findet die Anordnung in § 19 Abs. 3 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) i. V. m. §§ 18 Abs. 1 und 2, 19 des Arbeitsschutzgesetzes und § 19 des Chemikaliengesetzes.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers enthalten (u.a.) die genannten Bundesgesetze eine wirksame Ermächtigung im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes für den Erlass der Gefahrstoffverordnung. Diese bezweckt ausweislich § 1 Abs. 1 Nr. 2 GefStoffV u.a. durch Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen den Schutz der Menschen und der Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen. Namentlich die Abschnitte 3 bis 6 der Gefahrstoffverordnung gelten für Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse ausgesetzt sein können sowie wenn die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen aufgrund von Tätigkeiten im Sinne von § 2 Absatz 5 GefStoffV gefährdet sein können, die durch Beschäftigte oder Unternehmer ohne Beschäftigte ausgeübt werden, § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 GefStoffV. Eine Tätigkeit im Sinne von § 2 Absatz 5 GefStoffV ist jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung.
Die hierauf beruhende Anordnung des Antragsgegners vom 11. Januar 2024 ist formell rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des Antragstellers leidet der Bescheid insbesondere nicht an einem Mangel der Bestimmtheit.
Inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm konkret gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille unzweideutig erkennbar und keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zudem muss der Bescheid eine geeignete Grundlage für Maßnahmen einer zwangsweisen Durchsetzung sein können (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13. Oktober 2010 – 7 B 50/10 –, juris Rn. 8; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Januar 2013 - 8 S 2919/11 -, juris Rn. 23). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck. Dabei muss sich die Regelung nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt. Will oder muss die Behörde dem Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Freiheit überlassen, selbst auszuwählen, mit welchem Mittel das mit dem Verwaltungsakt verfolgte Ziel erreicht werden soll, kann oder muss sie sich auf die Angabe eines Zieles beschränken (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Januar 2013 – 8 S 2919/11 –, a. a. O.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Antragsgegner seine Anordnungen unter den Ziffern 1 bis 3 des Bescheides hinreichend bestimmt abgefasst. Ihnen ist unzweideutig die Verpflichtung des Antragstellers zu entnehmen, den Lager- und den Werkstattraum einschließlich des darin befindlichen Interieurs durch eine Fachfirma nach Maßgabe der TRGS 519 reinigen zu lassen und anschließend eine ordnungsgemäße sog. Freitestung vorzunehmen. Das Vorbringen des Antragstellers, er wisse nicht, was die TRGS 519 sei, vermag ungeachtet dessen, dass diese gemäß § 20 Abs. 4 Nr. 1 GefStoffV im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht ist (vgl. GMBl 2014 S. 164 ff., zuletzt geändert und ergänzt: GMBl 2022, S. 269 ff.) und ohne Probleme im Internet recherchiert werden kann, schon deshalb nicht zu überzeugen, weil der Bescheid unter seiner Begründung II entsprechende Erläuterungen zu dem Regelungswerk und den einzelnen Maßnahmen nach den Nummern 16.3 und 14 TRGS 519 enthält. Hierbei wird auch hinreichend klargestellt, dass der Antragsteller die Arbeiten nicht selbst ausführen, sondern hiermit einen Fachbetrieb beauftragen soll, von dem auszugehen ist, dass er seinerseits mit den Anforderungen der TRGS 519 vertraut ist. Dass dem Antragsteller dabei die Freiheit verbleibt, eine entsprechend geeignete Firma selbst auszuwählen, ist nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers war der Antragsgegner auch nicht verpflichtet, vor Erlass des Bescheides eigene Ermittlungen vor Ort und eigene Messungen durchzuführen, so dass auch ein entsprechender Verfahrensmangel insoweit nicht gegeben ist. Vielmehr konnte sich der Antragsgegner insoweit auf die ihm übermittelten Messergebnisse und Stellungnahmen der sachverständigen Firmen stützen, diese auswerten und gewichten.
Die Anordnung ist auch materiell rechtmäßig.
Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 GefStoffV kann die zuständige Behörde unbeschadet des § 23 des Chemikaliengesetzes im Einzelfall Maßnahmen anordnen, die Hersteller.innen, Lieferant.innen oder Arbeitgeber.innen zu ergreifen haben, um die Pflichten nach den Abschnitten 2 bis 5 dieser Verordnung zu erfüllen. Dabei kann sie insbesondere u.a. anordnen, dass Arbeitgeber.innen die zur Bekämpfung besonderer Gefahren notwendigen Maßnahmen ergreifen müssen, § 19 Abs. 3 Nr. 1 GefStoffV.
Die im Zusammenhang mit Tätigkeiten mit Gefahrstoffen bestehenden Grundpflichten einer Arbeitgeberin oder eines Arbeitgebers bestimmen sich nach § 7 GefStoffV. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 GefStoffV haben diese, um die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu gewährleisten, die erforderlichen Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz und zusätzlich die nach der Gefahrstoffverordnung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Dabei haben sie grundsätzlich die nach § 20 Absatz 4 GefStoffV bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen, § 7 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GefStoffV. Wie der Antragsgegner zutreffend ausgeführt hat, gehört hierzu die TRGS 519.
Mit seinen diesbezüglichen Einwänden, die TRGS 519 sei urheberrechtlich geschützt und im vorliegenden Verfahren nicht verwertbar und widerspiegele darüber hinaus einen – die bewährten „anerkannten Regeln der Technik“ übersteigenden – noch nicht allgemein anerkannten „Stand der Technik“, für den er nicht haftbar gemacht werden könne, vermag der Antragsteller nicht durchzudringen.
Die TRGS werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe (§ 20 GefStoffV) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales – wie oben bereits erwähnt – im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben. Inwiefern hier ein diesbezügliches „Beweisverwertungsverbot“ vorliegen sollte, erschließt sich angesichts dessen nicht im Ansatz.
Gleiches gilt, soweit die TRGS tatsächlich den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen wiedergeben (vgl. GMBl 2014 S. 164, 2022, S. 269). Gemäß § 2 Abs. 15 GefStoffV ist der Stand der Technik der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene. Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestimmt sich der Stand der Technik damit anhand gesicherter Erkenntnisse und Praxiserfahrungen und ist als Maßstab dementsprechend nicht zu beanstanden.
Dass der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller hier Maßnahmen nach Maßgabe der TRGS 519 angeordnet hat, ist hiernach rechtlich nicht zu beanstanden. Die TRGS 519 konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereiches die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Asbest und asbesthaltigen Materialien, vgl. Nr. 1 Abs. 1 und 4 TRGS 519. Für Abbrucharbeiten an Asbestzementprodukten, also vorgefertigten, zementgebundenen Erzeugnissen (vgl. Nr. 2.12 TRGS 519), wie sie die in Rede stehende Deckenplatte ersichtlich unstreitig darstellt, enthält zunächst Nr. 16 TRGS besondere Regelungen.
Zwar haben hier keine Abbrucharbeiten im eigentlichen Sinne stattgefunden, worunter namentlich das vollständige Abbrechen (Rückbau) von bzw. das vollständige Entfernen asbesthaltiger Materialien aus baulichen Anlagen zu verstehen sind (vgl. Nr. 2.1 TRGS 519). Das hier im Rahmen der Behebung eines Wasserschadens erfolgte Auftrennen der Deckenplatte – wohl um einen Durchbruch durch diese herzustellen – widersprach vielmehr schon im Ansatz dem vor allem für Innenräume geltenden Gebot der Anwendung bruch- und staubfreier Arbeitsmethoden (vgl. Nr. 16.3 Abs. 1 bis 3 TRGS 519). Dabei verwirklichten sich insbesondere im Hinblick auf die einhergehende Staubentwicklung gerade Risiken, denen die Anforderungen nach Nr. 16.3 TRGS (Arbeiten in Innenräumen) gelten. Insofern konnte der Antragsgegner seine Anordnung der zur Bekämpfung der hieraus resultierenden Gesundheitsgefahren für auf der Baustelle Beschäftigte und sonstige Nutzende der Räumlichkeiten gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 1 GefStoffV notwendigen Maßnahmen hieran orientieren. Gleiches gilt, soweit er unter Ziffer 2 des Bescheides gemäß Nr. 16.3 Abs. 6 TRGS 519 ergänzend die in der Begründung näher erläuterten Maßnahmen nach Nr. 14 TRGS anordnet. Daran, dass die Deckenplatte hier im Sinne von Nr. 16.3 Abs. 6 TRGS 519 zerstört – nämlich aufgeschnitten – worden ist, besteht entgegen dem Vorbringen des Antragstellers kein Zweifel.
Im Hinblick darauf, dass das mit einer erheblichen Staubentwicklung einhergehende Auftrennen der Deckenplatte erfolgte, ohne dass zuvor die selbst bei zulässigen Tätigkeiten mit Asbest und asbesthaltigen Materialien zu beachtenden Arbeitsschutzmaßnahmen ergriffen worden waren, unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Antragsgegner die angeordneten Maßnahmen zur Reinigung und Freigabe der Räume nach Maßgabe von Nr. 16.3 Abs. 5 und Nr. 14.5 TRGS 519 für erforderlich und geboten erachtet hat. Dies erscheint zumindest im Ansatz zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Mit seinen nichtsdestotrotz gegen die ihm gegenüber erfolgte Anordnung erhobenen Einwänden vermag der Antragsteller nicht durchzudringen.
Soweit er der Auffassung ist, die Anordnung sei jedenfalls ihm gegenüber rechtsfehlerhaft ergangen, da er nicht der verantwortliche Störer, nämlich weder Verursacher der Gefahr, noch Eigentümer des Gebäudes, noch Arbeitgeber im Sinne von § 19 GefStoffV sei, und zudem keinen Zugang zu der Baustelle mehr habe, vermag dies nicht zu überzeugen.
Zum einen ist es nicht von Belang, dass sich der Vorfall nicht in seiner Betriebsstätte, sondern auf einer von ihm als Unternehmer betriebenen Baustelle ereignete. Die durch die Gefahrstoffverordnung begründeten Pflichten von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern knüpfen vielmehr ohne örtliche Beschränkung an die durch diese vorgenommenen oder veranlassten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen an. Dass diese Tätigkeiten – wie hier – von Beschäftigten einer Unternehmerin oder eines Unternehmers ausgeführt werden, entbindet diese nicht von ihrer Verantwortlichkeit. Dies gilt auch, soweit der Antragsteller hier geltend gemacht hat, dass der Beschäftigte, der die Deckenplatte aufgetrennt hat, dies eigenständig und ohne entsprechende Vorgabe getan habe. Denn die Pflichten der Arbeitgeber.innen nach der Gefahrstoffverordnung bestehen verschuldensunabhängig als Ausfluss der unternehmerischen Verantwortung für die gesundheitsgefährdenden Auswirkungen der unternehmerischen Tätigkeit. Im Hinblick hierauf kann sich der Antragsteller ebenso wenig erfolgreich darauf berufen, dass der Antragsgegner vorrangig den Eigentümer des Gebäudes als Zustandsstörer in Anspruch hätte nehmen müssen. Soweit er darüber hinaus behauptet, keinen Zugang zu der Baustelle zu haben, und moniert, es fehle an einer entsprechenden Duldungsverfügung gegenüber dem Eigentümer, bleibt dieser Einwand völlig unsubstantiiert und ersichtlich ins Blaue hinein erhoben. Vielmehr sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich und von dem Antragsteller auch nicht vorgetragen worden, dass der Eigentümer ihm – bzw. der von ihm zu beauftragenden Fachfirma – den Zutritt zum Gebäude zum Zweck der Umsetzung der Reinigungsmaßnahmen verwehren würde. Dies erscheint im Rahmen der summarischen Prüfung auch nicht plausibel, da davon auszugehen ist, dass der Eigentümer, der die Räume offensichtlich zu gewerblichen Zwecken vermietet und nach dem Vortrag des Antragstellers auch schon neue Mietinteressenten gefunden hat(te), vielmehr ein erhebliches Interesse an deren fachgerechter Reinigung und Freigabe hat.
Ebenso wenig kann sich der Antragsteller schließlich erfolgreich darauf berufen, dass die Räume bereits fachkundig gereinigt worden sind und eine Kontaminierung mit Asbestfasern nicht (mehr) vorliegt. Im Ergebnis der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung spricht vielmehr Überwiegendes dafür, dass dieser Einwand unzutreffend ist.
Hier ist zunächst festzustellen, dass in der am 7. Juli 2023 aus der betroffenen Deckenplatte selbst entnommenen Materialprobe ausweislich des Prüfberichtes der L_____vom 21. Juli 2023 Chrysotil-Asbest (vgl. Nr. 2.6 Abs. 1 Nr. 4 TRGS 519) mit einem geschätzten Massengehalt von 5 bis 20% nachgewiesen worden ist. Insofern ist – hierauf hat der Antragsgegner zutreffend hingewiesen – davon auszugehen, dass es beim Durchtrennen der Platte und angesichts der fehlenden Schutzmaßnahmen wie etwa einer räumlichen Abschottung und einer geeigneten Absaugung zu einer Asbestfaserexposition gekommen ist, indem sich der in die Raumluft abgegebene Materialstaub jedenfalls in dem Lager- und dem offen angrenzenden Werkstattraum verteilt hat, zumal zum Zeitpunkt des Vorfalls Luftentfeuchter installiert und in Betrieb gewesen sind.
Soweit der Antragsteller behauptet, schon diese Probennahme habe eine geringe, ordnungsbehördlich nicht relevante Asbestfaserkonzentration ergeben, verkennt er, dass der Massengehalt den Asbestanteil des Asbestzementproduktes – hier also der Deckenplatte selbst – bezeichnet und als solcher noch keine Aussage über die – zur Beurteilung von Gesundheitsgefahren relevanten – Faserkonzentration der Exposition etwa in der Raumluft oder im Liegestaub trifft. Ausweislich Nr. 2.12 TRGS haben fest gebundene Asbestzementprodukte regelmäßig einen Asbestgehalt von ca. 15%.
Aus dem Untersuchungsbericht (UB) der K_____ vom 5. Oktober 2023 folgt nichts Entgegenstehendes.
Zwar wurde in keiner der am 11. September 2023 aus dem Liegestaub entnommenen und untersuchten sechs Proben Asbest nachgewiesen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Untersuchung der Feststellung von Ausmaß und Ausdehnung der Asbestkontamination diente, da insbesondere unklar war, inwieweit der Trocknerbetrieb im Zeitpunkt des Vorfalls die freigesetzten Fasern zusätzlich in den Räumen verteilt hat (vgl. Ziff. 1, S. 4 UB). Dementsprechend verweisen die Gutachter in ihrer zusammenfassenden Bewertung der Ergebnisse ausdrücklich darauf, dass die Probennahme aufgrund der potentiell großflächigen Verteilung der Kontamination den Charakter einer eingrenzenden Untersuchung gehabt habe, um das Gesamtausmaß der Kontamination abschätzen zu können. Da die Luftströme nur unzureichend bekannt gewesen seien, habe die Faserfreisetzung nur abgeschätzt werden können. Dass die Untersuchung der Proben aus den der Kontaminationsstelle anliegenden Räumen keine Feststellung von Asbestfasern ergeben habe, lasse die Schlussfolgerung zu, dass die Verteilung der Fasern örtlich begrenzt auftrete (vgl. Ziff. 5, S. 16 UB).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich dem Untersuchungsbericht damit nicht entnehmen, dass es zu keiner entsprechenden Exposition mit Asbestfasern gekommen ist. Eine solche Feststellung war vom Untersuchungsauftrag ersichtlich nicht erfasst. Dementsprechend empfiehlt der Bericht im Ergebnis der getroffenen Feststellungen, dass nur die übrigen Räumlichkeiten – nicht aber der Havarieraum und die Räume, die nur über diesen zugänglich sind – wieder zur Nutzung freigegeben werden können. Der Havarieraum sei zuvor fachgerecht abzudichten und zu kennzeichnen, um eine weitere Verteilung der Asbestfasern in die genutzten Räume zu verhindern. Unbefugten sei das Betreten des Raumes nach Nr. 7 Abs. 2 TRGS 519 zu verbieten (vgl. Ziff. 5, S. 16 UB). Zudem erachten die Gutachter eine Feinerkundung zur Verteilung der Kontamination für erforderlich, da das erkundete Probenahmeraster für die Eingrenzung der Kontamination zu grob gewesen sei (vgl. Ziff. 5, S. 17 UB). Ausweislich des handschriftlichen Vermerks über eine telephonische Rücksprache mit den Gutachtern am Ende des Untersuchungsberichtes (vgl. S. 26 UB), haben diese hierzu ergänzend erklärt, dass die Proben für den Havarieraum und den Werkstattraum nicht aussagekräftig seien. Vielmehr sei hierfür eine neue Beprobung u.a. mit Luftstaub erforderlich.
Die nachfolgende Reinigung am 8. Dezember 2023 durch die G_____erfolgte, obwohl es sich hierbei ersichtlich um eine Fachfirma handelte und ausweislich der Anzeige der Tätigkeit gemäß Nr. 3.2 TRGS 519 vom 1. Dezember 2023 nach den Vorgaben des Regelwerkes vorgegangen werden sollte, nicht hinreichend.
Zwar ergab die Analyse der im Nachgang zu der Reinigung am 21. Dezember 2023 von der Reinigungsfirma vorgenommenen Raumluftmessung nach VDI-Richtlinie 3492 ausweislich des Prüfberichtes der XXX GmbH vom 29. Dezember 2023 einen Messwert von <100 F/m³ mit einer Obergrenze des nach der Poisson-Verteilung berechneten 95%-Vertrauensbereiches der Asbestfaserkonzentration von 290. Gemäß Nr. 14.5 Abs. 1 Nr. 3. und 4. TRGS 519 kann eine Freigabe der Räume erfolgen, wenn durch die Messung nach VDI-Richtlinie 3492 eine Asbestfaserkonzentration in der Raumluft von < 500 F/m³ ermittelt wurde und die Obergrenze des 95%-Vertrauensbereiches weniger als 1000 F/m³ beträgt.
Allerdings setzt die Freigabe nach Nr. 14.5 Abs. 1 Nr. 2 TRGS 519 daneben auch voraus, dass durch eine visuelle Kontrolle bestätigt wurde, dass keine sichtbare Restverschmutzung mehr vorhanden ist. Daran fehlte es hier ausweislich des in dem beigezogenen Verwaltungsvorgang vorhandenen, nach der Reinigung angefertigten Bildmaterials, das deutliche Staubablagerungen und Verschmutzungen auf zahlreichen Oberflächen erkennen lässt. Hierzu haben die Inhabenden der Firma A_____, die seinerzeit Mieterin der Räume war, dem Antragsgegner mit E-Mail vom 11. Dezember 2023 mitgeteilt, dass eine Begehung der Räume erkennen habe lassen, dass nur „sehr, sehr spärlich“ und oberflächlich gereinigt worden sei. Weder sei der komplette Fußboden abgesaugt noch alle Oberflächen gewischt worden, Möbel und sonstige Gegenstände seien zum Zweck der Reinigung nicht bewegt worden. Zu vergleichbaren Feststellungen kommt ausweislich seiner Stellungnahme vom 3. Januar 2024 auch der Gutachter der Ingenieurbüro D_____ im Ergebnis der von ihm am 29. Dezember 2023 vorgenommenen Ortsbesichtigung. Auch hiernach deuten die vorhandenen und visuell erkennbaren Verunreinigungen, Liegestäube, Ablagerungen und Spinnweben darauf hin, dass allenfalls eine punktuelle, oberflächliche und nicht zielführende Reinigung erfolgt ist.
Gleichzeitig lassen die zur Akte gereichten Bilder erkennen, dass die Räumlichkeiten mit alten Möbeln, Kleinteilen, Arbeitsmaterialien, Werkzeug und Werkbänken vollgestellt waren, so dass davon auszugehen ist, dass die fachgerechte Reinigung einen überdurchschnittlich hohen Aufwand erfordert haben dürfte. Es spricht Einiges dafür, dass dieser Aufwand von der Reinigungsfirma unterschätzt worden war. So hatte sich ein Mitarbeiter der Firma ausweislich eines Gesprächsvermerks vom 7. Dezember 2023 gegenüber dem Antragsgegner entrüstet über die Schwierigkeiten der Ausführung geäußert. Offenkundig war der Firma ein Reinigungsbedarf für nur 20 m² Raumfläche angezeigt worden, obwohl Lager- und Werkstattraum ausweislich des vorliegendes Grundrisses eine Fläche von 184,7 m² aufweisen. Hiernach hatte die Firma – ohne vorherige Begehung der Räume – die für die Reinigung angesetzte Zeit bemessen, die angesichts der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort jedoch nicht gereicht haben dürfte. Bezeichnenderweise hat die Firma trotz entsprechender Ankündigung und nochmaliger Erinnerung seitens des Antragsgegners ersichtlich auch keine/n Gefährdungsbeurteilung/Arbeitsplan nach Anlage 1.5 TRGS 519 vorgelegt.
Im Hinblick auf diese - nach der Reinigung noch vorhandenen - Staubablagerungen ist im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung davon auszugehen, dass das oben dargestellte Ergebnis der Raumluftmessung vom 21. Dezember 2023 nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und deshalb nicht verwertbar ist. Denn nach Nr. 6.2 der VDI-Richtlinie 3492 sind Kontrollmessungen nach Asbestsanierungsarbeiten nur sinnvoll, wenn eine Endreinigung erfolgt ist und der Raum keinerlei erkennbare Staubablagerungen enthält. Dies war hier ersichtlich nicht der Fall.
Hinzu kommt, dass ausweislich des Prüfberichtes der A_____ vom 29. Dezember 2023 lediglich ein Messpunkt eingerichtet worden war. Auch dies widerspricht den in der VDI-Richtlinie 3492 niedergelegten Anforderungen. Nach Nr. 5.3.3 der VDI-Richtlinie 3492 richtet sich die Anzahl der Messpunkte nach Anzahl, Größe und Anordnung der Räume bzw. Raumzellen. Großräume bis 200 m² Bodenfläche – wie hier - werden nach Tabelle 2 in 3 Raumzellen aufgeteilt (vgl. Nr. 5.3.3.1 der VDI-Richtlinie 3492); je Raumzelle muss nach Nr. 5.3.3.2 der VDI-Richtlinie 3492 in der Regel ein Messpunkt angeordnet werden.
Schließlich hat die am 29. Dezember 2023 erfolgte nochmalige Probennahme aus Liegestäuben ausweislich des Prüfberichtes der R_____ vom 3. Januar 2024 bei drei der fünf Proben erneut zu einem Nachweis von Chrysotil-Asbest geführt, was das Vorbringen des Antragstellers, die Räume seien bereits fachgerecht gereinigt worden, ebenfalls durchgreifend in Frage stellt.
Soweit der Antragsteller hiergegen einwendet, der Prüfbericht gebe keine Faserkonzentration, sondern lediglich das „wohl“ knappe Überspringen einer Nachweisgrenze des Messgerätes von 1% wieder, was zu geringfügig sei, vermag er auch damit nicht durchzudringen. Vielmehr verkennt er zum einen, dass hier nicht die Raumluft, sondern Liegestäube beprobt wurden, was ein anderes Messverfahren – hier nach VDI-Richtlinie 3866 Blatt 5 - erfordert und eine andere Ergebnisdarstellung nach sich zieht. Zum anderen handelt es sich bei der angegebenen Nachweisgrenze von bis zu 1% um den im Rahmen des angewandten Analyseverfahrens mindestens feststellbaren Asbestmassenanteil der Materialprobe. Die weiteren Einwendungen des Antragstellers, es würden seitens der – zumal parteilich agierenden – Ingenieurbüro D_____, die diese Probennahme veranlasst hatte, keine Ausführungen dazu getätigt, ob der nachgewiesene Asbest überhaupt noch von dem hier in Rede stehenden Vorfall stamme, bleiben wiederum völlig unsubstantiiert und werden ersichtlich ins Blaue hinein erhoben. Gleiches gilt für seine Auffassung, im Hinblick auf seine Erwartung, zivilrechtlich nicht für den entstandenen Schaden zur Verantwortung gezogen zu werden, folge aus Gründen der Einheit der Rechtsordnung auch seine verwaltungsrechtliche Freistellung, zumal er hierbei verkennt, dass insoweit gänzlich verschiedene Rechtsgrundlagen zur Anwendung kommen und vorliegend gerade kein Verschulden im schadensersatzrechtlichen Sinne erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes, der für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren war.