Gericht | VG Cottbus 9. Kammer | Entscheidungsdatum | 19.08.2024 | |
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Aktenzeichen | VG 9 K 867/22.A | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2024:0819.9K867.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 11 Abs. 1,3 AufenthG § |
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. September 2022 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und der Kläger je zu Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger, nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 20. September 2017 einen Asylantrag.
Der Asylantrag des Klägers wurde zunächst mit Bescheid vom 10. Oktober 2017 als unzulässig wegen einer Zuständigkeit Italiens abgelehnt. Nachdem der Kläger nicht innerhalb der vorgegebenen Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO überstellt worden war, hob die Beklagte den vorgenannten Unzulässigkeitsbescheid durch (Aufhebungs-)Bescheid vom 12. Juli 2019 auf und trat ins nationale Verfahren ein.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2020 lehnte die Beklagte den Asylantrag als Zweitantrag als unzulässig ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2.). Sie forderte den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Nigeria auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 1 Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Ziffer 3.) Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4.).
Gegen diesen ablehnenden Bescheid hat der Kläger am 07. Juli 2020 Klage erhoben. Mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 10. Mai 2022 hob das Verwaltungsgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen Ziffer 4 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Juni 2020 auf.
Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht folgendes aus:
„Jedoch ist die im Bescheid verfügte Dauer der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes (Ziffer 4 des Bescheides) im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylG) rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes ist § 11 Abs. 1 AufenthG. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylG ist insoweit auf das Aufenthaltsgesetz in seiner heutigen Fassung abzustellen; auch § 11 Abs. 1 AufenthG in der bis August 2019 geltenden Fassung enthielt indes bei unionsrechtskonformer Auslegung eine entsprechende Rechtsgrundlage, wie das Bundesverwaltungsgericht in seiner oben zitierten Rechtsprechung festgestellt hat.
Nach § 11 Abs. 3 AufenthG ist über die Länge der Frist des Verbotes nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die Behörde hat also insbesondere die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen. Auch insoweit kommt es allerdings wegen § 77 Abs. 1 AsylG auf die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an; das Bundesamt ist gehalten, seine Ermessenserwägungen auch nach der Entscheidung unter Kontrolle zu halten und im Falle einer wesentlichen Änderung der Sachlage bis zur gerichtlichen Entscheidung seine Ermessenserwägungen entweder zu ergänzen (§ 114 S. 2 VwGO) oder die verfügte Frist gegebenenfalls zu korrigieren (vgl. zuletzt VG Würzburg, Urt. v. 10. Februar 2021 – W 8 K 20.31115 – juris, Rn. 29 f. m. w. N.).
Das Bundesamt ist ausweislich der Bescheidbegründung davon ausgegangen, dass die von ihm in ständiger Verwaltungspraxis angesetzte Frist von 36 Monaten auch im Falle des Klägers angemessen sei, weil Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung weder vorgetragen seien, noch nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vorlägen. Diese Annahme ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht (mehr) haltbar. Denn der Kläger ist nunmehr Vater eines im Bundesgebiet geborenen Kindes, welches einen Aufenthaltstitel besitzt und demgegenüber er (mindestens) ein Umgangsrecht besitzt. Vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen und konventionsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie ist dieser Gesichtspunkt zumindest in die Ermessensentscheidung über die Befristung einzubeziehen. Die Annahme des Bundesamtes, es seien "keine Anhaltspunkte" für eine vom Standardfall abweichende Entscheidung vorhanden, ist daher zum jetzigen Zeitpunkt verfehlt und die Ermessensentscheidung im Sinne von § 114 VwGO defizitär.“
Mit Bescheid vom 6. September 2022, per Einschreiben am 29. September 2022 zum Zwecke der Zustellung zur Post gegeben, ergänzte das Bundesamt Ziffer 4 des Bescheides vom 29. Juni 2022 dahingehend: „Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 35 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.“
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 6. Oktober 2022 erhobene Klage, mit welcher der Kläger schriftsätzlich beantragt,
- den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2022 aufzuheben.
- die Beklagte zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts angemessen zu befristen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid und verweist zur Begründung auf die Begründung des Bescheides vom 6. September 2022.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen. Vorgenannte Akten waren ebenso wie die beigezogenen Ausländerakte des Landkreises P_____ Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichts.
Die Kammer entscheidet den mit Beschluss vom 9. März 2023 auf den Einzelrichter übertragenen Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung, da Voraussetzungen für diese Form der Entscheidung gemäß § 77 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) vorliegen.
Die mit dem Antrag zu 1. erhobene und als solche auch zulässige Anfechtungsklage hat Erfolg. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 6. September 2022 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die mit Bescheid vom 6. September 2022 erfolgte Ergänzung des Bescheides vom 29. Juni 2020 ist § 11 Abs. 1, 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist oder gegen den eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG ist über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Ermessen zu entscheiden, wobei außer in den Fällen des § 11 Absätze 5 bis 5b die Frist fünf Jahre nicht überschreiten darf.
Nach § 11 Abs. 3 AufenthG ist die Länge der Frist mithin in das Ermessen der Behörde gestellt. Dies bedeutet, dass die Behörde insbesondere alle für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen hat. Wegen § 77 Abs. 1 AsylG ist dabei aber maßgeblich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw., wenn – wie hier – ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, diejenige im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Dies bedeutet grundsätzlich, dass die Behörde ihre Ermessenserwägungen auch nach der behördlichen Entscheidung unter Kontrolle zu halten und im Falle einer wesentlichen Änderung der Sachlage bis zur gerichtlichen Entscheidung die Ermessenserwägungen entweder zu ergänzen (§ 114 S. 2 VwGO) oder die verfügte Frist gegebenenfalls zu korrigieren hat.
Bei der Ermessensentscheidung muss das Bundesamt bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten vorzunehmenden Befristung der Geltungsdauer des abschiebungsbedingten Einreise- und Aufenthaltsverbotes einerseits Zweck und Gewicht der das Einreise- und Aufenthaltsverbot veranlassenden Verfügung oder Maßnahme und andererseits die schützenswerten Belange des Betroffenen berücksichtigen. Schützenswert sind solche persönlichen Belange, die dem Ausländer eine aufenthaltsrechtlich beachtliche Rückkehrperspektive vermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 2021 – 1 C 47/20 – juris Rn. 15), wobei die Schutzwürdigkeit des Interesses des Ausländers an einer angemessenen Rückkehrperspektive insbesondere durch Art. 6 und Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 GRC sowie durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt wird (vgl. BVerwG, a.a.O., juris Rn. 19).
Hiervon ausgehend sind die vom Bundesamt gegebenen Erwägungserwägungen fehlerhaft. Die Beklagte ist bei ihrer Entscheidung von unzutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Umständen ausgegangen. Das Bundesamt hat in dem angegriffenen Bescheid im Wesentlichen angenommen, dass die Kindesmutter das alleinige Sorgerecht ausübe und zu dem Kindesvater keine gute Beziehung bestehe. Ferner heißt es in dem Bescheid, dass der Antragsteller das Kind manchmal besuche. Eine familiäre Lebensgemeinschaft bestehe nicht, sie lebten getrennt; der Kläger in T_____, die Kindesmutter und das Kind im ca. 100 km entfernten B_____. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger einen Erziehungsbeitrag neben der Kindesmutter einnehme, wenn er lediglich manchmal das Kind besuche.
Dabei sind die Ermessenserwägungen bereits deshalb zweifelhaft, weil die Beklagte den Besuchen des Klägers (Kindsvaters) zu seinem Kind ersichtlich ein zu geringes Gewicht beigemessen hat und die Beklagte insoweit die Bedeutung von Art. 6 Abs. 1 GG, der den Staat verpflichtet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern, verkannt haben dürfte. Es ist insoweit nämlich nicht erforderlich, dass der Kläger mit der Kindsmutter und dem Kind in einer familiären Lebensgemeinschaft lebt. Auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts kann unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung sein. Dass der Umgangsberechtigte nur ausschnittsweise am Leben des Kindes Anteil nehmen kann und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft, steht der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft nicht entgegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/08 -, juris Rn. 20 m. w. N). Bei der vorzunehmenden Bewertung der familiären Beziehungen verbietet sich eine schematische Einordnung und Qualifizierung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber als bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, zumal auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung ist und daher unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht. Nicht entscheidend ist, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein Elternteil nur ausschnittsweise am Leben teilnimmt und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft. Der spezifische Erziehungsbeitrag eines Elternteils wird durch die Betreuung des Kindes durch den anderen Elternteil nicht entbehrlich. Die Entwicklung eines Kindes wird nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt. Es kommt jedoch darauf an, ob die vorhandenen Kontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zum Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Vater-Kind-Beziehung gelebt wird. Erforderlich ist daher, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (BayVGH, B.v. 17.12.2018 – 10 C 18.2177 – juris Rn. 19; B.v. 28.7.2015 – 10 ZB 15.858 – juris Rn. 5). Es kommt darauf an, ob zwischen dem Ausländer und seinem Kind auf Grund des gepflegten persönlichen Umgangs ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht, das von der nach außen manifestierten Verantwortung für die leibliche und seelische Entwicklung des Kindes geprägt ist (VGH BW, U.v. 20.9.2018 – 11 S 240/17 – juris Rn. 80; U.v. 5.8.2002 – 1 S 1381/01 – juris, Rn. 19). Dass der Kläger aber tatsächlich von seinem Umgangsrecht Gebrauch macht und er sich nicht bloß formal auf das Bestehen eines Umgangsrechts bezieht, ergibt sich insoweit bereits aus den Ermittlungen der Beklagten selbst, die in dem angegriffenen Bescheid selbst angenommen hat, dass der Kläger sein Kind besuche; dies dürfte Ausdruck einer persönlichen Verbundenheit des Klägers zu seinem Kind sein und insoweit Teil der Wahrnehmung der Vater-Kind-Beziehung sein. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund des – von der Beklagten allerdings wohl zu Lasten des Klägers eher negativ gewerteten – Umstandes, dass der Kläger ca. 100 km von seinem Kind entfernt gewohnt hat. Dass der Kläger insoweit „die Mühen“ eines langen Reiseweges auf sich genommen hat, spricht eher für, als gegen den Kläger, dass dieser sich seiner Verantwortung als Vater bewusst ist und er tatsächlich Kontakt zu seinem Kind halten will.
Fehlerhaft sind jedenfalls die Erwägungen der Beklagten, soweit sie angenommen hat, dass allein die Kindesmutter das Sorgerecht ausübe. Dies trifft und traf im Übrigen bereits bei Erlass des angegriffenen Bescheides nicht mehr zu. Denn der Kläger hat ausweislich des Inhalts der beigezogenen Ausländerakte des Landkreises P_____ unter dem 19. Juli 2022 zusammen mit der Kindsmutter eine gemeinsame Sorgerechtserklärung gemäß § 1626a Abs. 1 Ziffer 1 BGB abgegeben und sie haben erklärt, dass sie gemeinsam die elterliche Sorge für das am 2_____ 2019 geborene Kind übernehmen. Diesen für Frage der Schutzwürdigkeit der Vater-Kind-Beziehung und damit ebenso für die Ermessenentscheidung nach § 11 Abs. 3 AufenthG wesentlichen Umstand hat die Beklagte fehlerhaft außer acht gelassen und ist von falschen Tatsachen ausgegangen. Sie hat auch nicht die Gelegenheit genutzt, ihre Ermessenerwägungen zu ergänzen, etwa nachdem sie zuvor Einsicht in die Ausländerakte genommen hätte, was unterblieben ist, obwohl das Gericht die Beteiligten mit Verfügung vom 22. Januar 2024 darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass die Ausländerakte des Klägers übermittelt und zum Verfahren beigezogen worden ist.
Ist damit bereits die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft und rechtswidrig, kommt noch hinzu, dass der Kläger Vater eines weiteren Kindes mit Frau F_____ ist; das Kind I_____ ist am 1_____ geboren; der Kläger hat vorgeburtlich die Vaterschaft anerkannt; beide Elternteile haben unter dem 19. Juli 2022 erklärt, gemeinsam die elterliche Sorge für das Kind zu übernehmen. Auch diesen Umstand, der ebenfalls bereits bei Erlass des angegriffenen Bescheides bestand, hat die Beklagte ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt.
Schließlich findet sich in der Ausländerakte der Ausländerbehörde des Landkreises P_____ eine Erklärung der Kindesmutter vom 11. November 2023, in welcher diese erklärt: „Der Vater und mein Partner D_____, er lebt nicht in meinem Haushalt, ist sehr fürsorglich zu unseren Kindern. Sobald er neben seiner beruflichen Tätigkeit Zeit hat, kümmert er sich um unsere gemeinsamen Kinder. Er bringt sie zum Doktor / Kindergarten und verbringt Zeit mit ihnen. Auf Grund seiner Leistungen vom Sozialamt war es für ihn schwierig, Unterhalt zu zahlen. Durch seine Arbeit, die er gerade begonnen hat, ist eine Unterhaltszahlung möglich.“ Vor diesem Hintergrund treffen die Erwägungen des Bundesamtes, die Kindesmutter habe keine gute Beziehung zu dem Kläger und der Kläger komme (nur) „manchmal“ zu Besuch, nicht mehr zu. Diese Annahmen stützt das Bundesamt ausweislich der Begründung des angegriffenen Bescheides auf Äußerungen der Kindesmutter, Frau F_____ in deren asylgerichtlichem Verfahren vom 18. September 2020. Abgesehen davon, dass diese Äußerungen bereits im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheides nahezu zwei Jahre alt und damit nicht mehr aktuell waren und sie damit wenig über die aktuelle Vater-Kind-Beziehung bzw. über die Vater-Kind-Beziehung im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 6. September 2022 aussagen, sind sie mit Blick auf den Inhalt der Erklärung der Kindesmutter vom 11. November 2023 ersichtlich überholt.
Hinzu kommt, dass der Kläger und die Kindesmutter wohl offensichtlich erneut intimen Kontakt hatten, angesichts dessen, dass vor Geburt des am 1_____ geborenen Kindes ein Akt der Zeugung gestanden haben dürfte; auch dies deutet darauf, dass die vom Bundesamt in seinem Bescheid zugrundegelegte Annahme, der Kläger und die Kindesmutter hätten keine „gute Beziehung“ nicht mehr den derzeitigen Gegebenheiten entsprechen dürfte.
Ist die Entscheidung des Bundesamtes nach alledem ermessensfehlerhaft, so ist sie rechtswidrig und der Bescheid vom 6. September 2022 deshalb aufzuheben.
Der auf Verpflichtung der Beklagten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts angemessen zu befristen, gerichtete Klageantrag zu 2. bleibt hingegen ohne Erfolg. Ihm fehlt es, nachdem der Anfechtungsantrag Erfolg hatte, jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt immer dann, wenn der Kläger selbst bei einem Erfolg seines Klagebegehrens seine Rechtsstellung nicht verbessen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. August 1987, BVerwGE 78, 85, 91). So liegt der Fall aber hier, denn der Erlass eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots stellt für den betroffenen Ausländer ausschließlich eine Belastung dar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 der Zivilprozessordnung.
Rechtsmittelbelehrung