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Entscheidung 11 U 222/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 23.08.2024
Aktenzeichen 11 U 222/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0823.11U222.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16.08.2023, Az. 15 O 453/22, wird zurückgewiesen.

  2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

  5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.400,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von dem beklagten Versicherungsunternehmen Leistungen aus einer Teilkaskoversicherung aufgrund des behaupteten Diebstahls eines PKW VW … .

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Sachanträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 16.08.2023 vollumfänglich abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, dass nach den hier maßgeblichen, als Anlage B1 vorgelegten AKB (Stand 01.10.2017) bzw. den AKB 2015 Leistungsfreiheit der Beklagten im Falle einer vorsätzlichen Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers bestehe. Eine solche sei im Streitfall hinsichtlich der unzutreffenden Angaben des Klägers in der Schadenanzeige vom 26.09.2019 bezüglich des Vorschadens an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu bejahen. Da der Kläger dieses Schadenformular „blind“ unterzeichnet habe, bevor die unrichtigen Eintragungen insoweit veranlasst worden seien, habe er schon nach eigenem Vortrag Angaben „ins Blaue hinein gemacht“ und insoweit die unzutreffende Auskunft gegenüber der Beklagten billigend in Kauf genommen. Hierin sei ein arglistiges Verhalten zu erblicken, mit der Rechtsfolge, dass es weder auf Kausalitätsgesichtspunkte noch auf eine ordnungsgemäße Belehrung im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG ankomme.

Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 18.08.2023 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 18.09.2023 eingelegten und am 18.10.2023 begründeten Berufung. Hierzu führt er im Wesentlichen aus, dass die Bedingungswerke der Beklagten, Stand 01.10.2017 (Anlage B1), nicht Vertragsbestandteil geworden seien, weil der unscheinbare Hinweis im Versicherungsschein auf die AKB 2017 ihm keine ausreichende Möglichkeit eröffnet hätten, diese zur Kenntnis zu nehmen. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts habe er in seiner Klageschrift auch nicht zu verstehen gegeben, dass von einer Vereinbarung der Musterbedingungen des GDV 2015 auszugehen sei, sondern er habe sich daran lediglich orientiert. Im Übrigen sei auch keine arglistige Obliegenheitsverletzung zugrundezulegen. Aufgrund der jahrelangen reibungslosen Zusammenarbeit mit Herrn F. sei er vertrauensvoll davon ausgegangen, dass dieser den vorab unterzeichneten Fragebogen zutreffend ausfüllt. Unzutreffende Angaben habe er sich nicht zu eigen gemacht oder diese gebilligt.

Der Kläger beantragt,

  1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.400,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2019 zu zahlen,
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von einer Forderung seines Prozessbevollmächtigten über 808,13 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

    die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen das angegriffene Urteil unter Wiederholung bzw. Verweis auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2024 ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F.. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.07.2024 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Berufungsgründe sind nicht gegeben; weder beruht das angefochtene Urteil auf einer durchgreifenden Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere - für den Kläger günstige(re) - Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Versicherungsleistung. Die Beklagte ist jedenfalls aufgrund einer arglistigen Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei.

1. Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers zu Recht verneint.

a) Nach § 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 VVG ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer eine vertragliche Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat, die Leistungsfreiheit in diesem Fall vertraglich vorgesehen ist, die Verletzung sich hinsichtlich des Eintritts oder die Feststellung des Versicherungsfalles bzw. für die Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht ursächlich ausgewirkt hat und der Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist.

Die entsprechende vertragliche Vereinbarung ergibt sich aus E.1.1.3 i.V.m. E.2.1 und E.2.2 der AKB 2017 (Anlage B1) bzw. E.1.1.3 i.V.m. E.2.1 und E.2.2 der Musterbedingungen AKB 2015 des GDV.

Mit dem Landgericht ist nach dem Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass entweder die AKB 2017 der Beklagten (Anlage B1) oder die Musterbedingungen des GDV AKB 2015 in den Vertrag einbezogen wurden.

Der Senat hat zwar bereits erhebliche Zweifel, dass dem Kläger die AKB 2017 von der Beklagten tatsächlich nicht ausgereicht worden sind, wie dieser mehrfach betont hat. Denn insbesondere im Rahmen seiner Anhörung offenbarten sich mehrere grobe Erinnerungslücken und -ungenauigkeiten, die zwar angesichts des langen Zeitablaufs nachvollziehbar sind, jedoch wiederholt von ihm erst auf ausdrückliche und gezielte Nachfrage als solche zu erkennen gegeben wurden. So hat er eingangs etwa auch sicher behauptet, dass er bis auf den Versicherungsschein keine Unterlagen zu der streitgegenständlichen Versicherung erhalten habe. Erst auf direkte Nachfrage, ob er daneben zum Beispiel eine Abschrift des Antrages erhalten habe, hat er dies bejaht. Im Weiteren erklärte er, dass die Eintragungen im Schadenformular (Anlage B2) - bis auf seine Unterschrift - vollständig von dem Zeugen F. stammen. Erst auf konkreten Vorhalt, dass in dem Formular unterschiedliche Handschriften erkennbar seien, räumte er ein, dass er nicht sicher sagen könne, ob einige Eintragungen nicht doch von ihm stammen. Auch seine anfängliche Einlassung, wonach „Funkstille“ in Bezug auf den Zeugen F. herrsche, seit ihm dieser mitgeteilt habe, dass er als Zeuge benannt worden sei, hat er später auf direkte Nachfrage, wann er in dieser Angelegenheit zuletzt Kontakt zu ihm hatte, klargestellt, dass er den Zeugen danach noch angeschrieben habe.

Wie das Landgericht jedoch bereits zutreffend erkannt hat, kommt es streitentscheidend tatsächlich nicht darauf an, ob die AKB 2017 (Anlage B1) einbezogen wurden - wofür grundsätzlich die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt - oder die Musterbedingungen des GDV aus 2015. Denn die hier maßgebliche vertragliche Vereinbarung ergibt sich gleichermaßen aus E.1.1.3 i.V.m. E.2.1 und E.2.2 der AKB 2017 (Anlage B1) wie auch aus E.1.1.3 i.V.m. E.2.1 und E.2.2 der Musterbedingungen AKB 2015 des GDV.

Für den Fall, dass die AKB 2017 übergeben worden sind, genügte der Hinweis im Versicherungsschein (vgl. Anlage K1). Nach allgemeinen Regelungen (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB) war lediglich der ausdrückliche Hinweis auf die AKB geschuldet (eingehend hierzu: MüKo VVG/Armbrüster, 3. Aufl., § 7 Rn. 157 m.w.N.). Anders als in der Berufungsbegründung behauptet, handelt es sich nicht um eine unscheinbar im Fließtext untergebrachte Bezugnahme.

Für den Fall, dass der Kläger die AKB tatsächlich nicht erhalten haben sollte, ergab sich dessen Obliegenheit zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen gleichwohl aus den - zu diesem Zeitpunkt aktuellsten - AKB 2015 des GDV:

Werden die Versicherungsbedingungen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, könnte der Vertrag als solcher in Ermangelung der konkreten Leistungsbeschreibung ohne zur Verfügung stehendem, dispositivem Recht regelmäßig keinen Bestand haben (in diesem Sinne: Prölss/Martin/Rudy, VVG, 31. Aufl., § 7 Rn. 53 ff.; MüKo VVG/Armbrüster, 3. Aufl. § 7 Rn. 152 ff.). Wenn - wie hier - die ersatzlose Streichung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit des Vertrages nicht im Interesse der Parteien liegt, bedarf es einer ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 12.10.2005 - IV ZR 162/03, juris Rn. 49; s.a. Looschelders/Pohlmann, VVG, 4. Aufl., Einl. B, Rn. 46 f.) dahingehend, dass die „üblichen“ Versicherungsbedingungen bzw. die entsprechenden Musterbedingungen als einbezogen gelten (Rudy, a.a.O.; Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, VVG, 4. Aufl., § 7 Rn. 52; vgl. auch: Armbrüster a.a.O.: analoge Anwendung des § 49 Abs. 2 VVG). Bezeichnenderweise stützte der Kläger seine Ansprüche in der Klage selbst auf die AKB 2015. Soweit er in der Berufungsbegründung nunmehr ausführt, dass er seinen Vortrag so verstanden wissen wollte, dass er sich lediglich an den AKB 2015 „orientierte“, als dass im Falle einer Teilkaskoversicherung Diebstahl unter den Versicherungsschutz fällt, die AKB 2015 selbst aber nicht Vertragsbestandteil sein sollen, ist dies widersprüchlich und damit prozessual unerheblich, wenn er nämlich einerseits den Versicherungsschutz, dessen Gegenstand und Umfang sich gerade erst aus den AKB ergibt, in Anspruch nehmen möchte, andererseits jedoch die AKB nicht in den Vertrag einbezogen wissen will (in diesem Sinne Prölss/Martin/Rudy, VVG, 31. Aufl., § 7 Rn. 57).

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Anhörung des Klägers ist zugrundezulegen, dass die Schadenanzeige vom 26.09.2019 (Anlage B2) zahlreiche schwerwiegende Falschangaben und Unrichtigkeiten enthält, die sich durch einen bloßen Übermittlungs- oder Kommunikationsfehler nicht mehr plausibel erklären lassen. In diesem Zusammenhang ist allerdings vorab berichtigend klarzustellen, dass, soweit in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2024 mehrfach die Rede von der behaupteten Entwendung bzw. der Schadensmeldung im Jahr 2021 die Rede ist, es sich um offensichtliche Diktatversehen handelt. Die fraglichen Ereignisse sollen sich im Jahr 2019 zugetragen haben.

Schon nach eigenem Vortrag des Klägers unrichtig sind die Angaben im Schadenformular zum äußeren Bild des behaupteten Diebstahls. So habe er sein Fahrzeug nicht um 16.00 Uhr (so laut Schadenanzeige), sondern um 18.15 Uhr vor dem Vereinshaus abgestellt und dieses nicht um 16.00 Uhr (Schadenanzeige), sondern gegen 23.30 Uhr das letzte Mal gesehen. Zweck seines Besuches sei nicht eine „Party“ gewesen (Schadenanzeige), sondern ein Ligapunktspiel seines Vereins. Der Abend habe nicht durch eine Party mit Übernachtung (Schadenanzeige), sondern mit einer Mitfahrt bei dem damaligen Vereinsvorsitzenden, der den Kläger nach Hause gebracht habe, geendet. Ausweislich der Anhörung des Klägers unrichtig war zudem die Eintragung, wonach das Fahrzeug einen kleinen reparierten Lackschaden gehabt habe (Schadenanzeige), soweit dieser tatsächlich unrepariert gewesen sei. Die Angaben zu dem in 2015 unstreitig erlittenen Vorschaden mit kalkulierten Reparaturkosten von rund 3.400,00 EUR fehlten in der Schadenanzeige völlig, obgleich danach in dem Formular ausdrücklich gefragt wurde. Nicht in Streit steht überdies die unrichtige Angabe, wonach keine Ersatzschlüssel gefertigt worden seien.

c) Bei den unzutreffenden Angaben in der Schadenanzeige handelte es sich um Erklärungen des Klägers. Etwaige Zurechnungserwägungen scheiden aus, wenn - wie hier - der Versicherungsnehmer sich mit seiner Unterschrift die Angaben im Schadenformular zu eigen macht. Denn damit gibt er eine eigene Erklärung ab (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1994 - IV ZR 304/93, juris Rn. 11; OLG Köln, Urt. v. 15.07.2014 - 9 U 204/13, juris Rn. 8; Brandenburgisches OLG, Urt. v. 06.01.2010 - 4 U 66/06, juris Rn. 34; gerade für den Fall einer „blinden“ Unterzeichnung: OLG Hamm, Beschl. v. 02.08.2019 - 20 U 102/19, juris Rn. 22). Entscheidend kommt es darauf an, dass aus der Sicht der Beklagten das von dem Kläger mit Datum 26.09.2019 unterschriebene Formular als dessen Erklärung und nicht als die eines Dritten erschien (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1994 - IV ZR 304/93, juris Rn. 11).

d) Der Kläger hat seine Aufklärungsobliegenheit arglistig verletzt. Für diese Feststellung bedurfte es allerdings der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen F.. Da eine arglistige Täuschung von Vornherein ausscheidet, wenn der Versicherer kein Aufklärungsbedürfnis hat, wenn er um die Unzulänglichkeiten der Angaben des Versicherungsnehmers ohnehin weiß (vgl. BGH, Urt. v. 26.01.2005 - IV ZR 239/03, juris Rn. 22; BGH, Urt. v. 17.01.2007 - IV ZR 106/06, juris Rn. 17; BeckOK VVG/Marlow, 28. Ed., § 28 Rn. 51), kam es vorliegend maßgeblich darauf an, inwieweit der Kläger den Zeugen F. als Ausschließlichkeitsvertreter der Beklagten und damit deren „Auge und Ohr“ mündlich informiert hatte.

Eine arglistige Verletzung setzt neben dem Wollen der Obliegenheitsverletzung voraus, dass der Versicherungsnehmer zumindest billigend in Kauf nimmt, dem Versicherer einen Nachteil zuzufügen (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 31. Aufl. § 28 Rn. 197, m.w.N.). Der Versicherungsnehmer muss einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgen und wissen, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Dies muss im Wege einer einzelfallbezogenen Betrachtung des Handelns des Versicherungsnehmers geprüft werden, wobei es für die Beurteilung des Handelns des Versicherungsnehmers allein auf den Zeitpunkt ankommt, in dem dieser die Obliegenheit verletzt (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2012 - IV ZR 97/11, Rn. 29 ff.; Saarländisches OLG, Urt. v. 01.02.2017 - 5 U 26/16, Rn. 42, jew. juris). Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es genügt, dass er nur die Schadensregulierung beschleunigen, einen Verdacht von sich abwenden oder Schwierigkeiten bei der Feststellung seiner berechtigten oder für berechtigt gehaltenen Ansprüche vermeiden will (vgl. etwa OLG Hamm, Urt. v. 27.07.2011 - 20 U 146/10, juris Rn. 39; BeckOK VVG/Marlow, 23. Ed., § 28 Rn. 203). Der Versicherungsnehmer muss die Unrichtigkeit seiner Angaben dabei zumindest für möglich halten (Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, VVG, 4. Aufl., § 31 Rn. 47, m.w.N.).

Darlegungs- und beweisbelastet ist insoweit der Versicherer. Steht jedoch fest, dass der Versicherungsnehmer in einem bedeutsamen Punkt objektiv die Unwahrheit gesagt hat, ist zunächst von ihm zu erwarten, dass er eine plausible Erklärung dafür gibt, wie es zu diesem Fehler gekommen ist (BGH, Urt. v. 19.02.1981 - IVa ZR 43/80, juris Rn. 7). Gelingt es dem Versicherungsnehmer nicht, plausible Entschuldigungsgründe darzulegen, liegt die Annahme arglistigen Verhaltens nahe (vgl. Bruck/Möller/Johannsen, VVG, 9. Aufl., AFB, § 16 Rn. 32).

Die von dem Kläger vorgebrachte Erklärung bezüglich des Zustandekommens der unrichtigen Angaben gegenüber der Beklagten, wonach er die Schadenmeldung vorab „blanko“ unterzeichnet habe und diese erst danach durch den Zeugen F. ausgefüllt worden sei, ist weder hinreichend belegt noch im vorliegenden Einzelfall überhaupt geeignet, ein arglistiges Verhalten zu verneinen. Zutreffend hat das Landgericht bereits darauf hingewiesen, dass im Falle einer „blinden“ Unterschrift unter einer Erklärung gegenüber dem Versicherer, die ein Dritter ausfüllt, ein arglistiges Verhalten regelmäßig ernsthaft in Erwägung zu ziehen ist (vgl. etwa Saarländisches OLG, Urt. v. 12.07.2006 - 5 U 6/06, juris; OLG Schleswig, Urt. v. 04.06.2020 - 16 U 133/19; OLG Zweibrücken, Urt. v. 09.03.2005 - 1 U 100/04, juris; s.a. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 31. Aufl., § 31 Rn. 49; Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, § 28 Rn. 63). Der gute Glaube an die Richtigkeit der Erklärung schließt die Arglist in diesem Fall nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 08.05.1980 - IVa ZR 1/80, juris Rn.). Allerdings kommt es auch insoweit auf eine Gesamtschau der Einzelfallumstände an (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.11.1997 - 1 U 24/97 = Schaden-Praxis 1998, 361).

Ausgehend von diesem Maßstab ist von Arglist in Bezug auf die Verletzung der Auskunftsobliegenheiten nach Überzeugung des Senats auszugehen.

Der Kläger konnte bereits nicht glaubhaft darlegen, wie es zu den erwähnten unrichtigen Eintragungen in dem Formular gekommen ist. Im Gegenteil änderte sich sein diesbezüglicher Vortrag im Laufe des Prozesses je nach Vortrag der Beklagten und ohne, dass hierfür ein nachvollziehbarer Grund ersichtlich wäre. So ließ er etwa noch in der Klageschrift - zu einem Zeitpunkt, in welchem die Beklagte ihre konkreten Ablehnungsgründe nach eigenen Angaben aus prozesstaktischen Erwägungen heraus noch nicht offengelegt hatte - erklären, dass er den Fragebogen der Beklagten mit dem Zeugen F. gemeinsam ausgefüllt habe. Nachdem die Beklagte ihre Gründe sodann in der Klageerwiderung unter Vorlage der Anlage B2 erläutert hatte, änderte der Kläger seinen Vortrag in der Replik dahingehend, dass der Zeuge F. das Formular auf die Fragen nur teilweise ausgefüllt habe, er - der Kläger - daraufhin unterzeichnet habe, und der Zeuge F. die restlichen Eintragungen später anhand seiner Notizen vorgenommen habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger schließlich, dass der Zeuge bei dem Gespräch nur den Namen und die Schadennummer eingetragen habe.

Der Zeuge F. konnte darüber hinaus zentrale Behauptungen des Klägers bei seiner Vernehmung nicht bestätigen. Im Gegensatz zum Kläger hat der Zeuge etwa bekundet, dass er bezüglich der Fragen nach den Vorschäden an dem Fahrzeug nicht zu erkennen gegeben habe, dass er diese aus seinen Unterlagen ersehen könne bzw. allenfalls die von der Beklagten regulierten. Bezüglich der Behauptung des Klägers, er habe den Zeugen ausdrücklich auf das Vorhandensein eines Ersatzschlüssels hingewiesen, hat der Zeuge erklärt, dass er zwei „VW-Schlüssel“ bekommen habe und deshalb davon ausgegangen sei, es handele sich um Originale. Auch die Behauptung des Klägers, es sei bis zur streitgegenständlichen Schadenaufnahme bereits mehrfach so gehandhabt worden, dass er die Formulare unterschrieben habe und diese erst danach von dem Zeugen ausgefüllt worden seien, hat der Zeuge verneint. Vielmehr hat er bekundet, dass er für den Kläger zuvor noch nie Schadensfälle abgewickelt hatte.Gegen die Behauptung des Klägers, er habe den Zeugen wahrheitsgemäß über die äußeren Umstände vor der Entwendung des PKW aufgeklärt (Abstellort gegenüber dem Vereinsheim, Ligapunktspiel des Vereins bis in die Nacht hinein) spricht überdies, dass der Zeuge F. auf Nachfrage des Klägervertreters nicht einmal angeben konnte, welche „Einrichtungen“ sich in der Umgebung des angegebenen Tatortes befinden. Die Frage zielte erkennbar darauf ab, dem Zeugen das dargestellte Rahmengeschehen am behaupteten Tattag - parken des Fahrzeugs gegenüber dem Vereinsheim zum Zwecke des Ligapunktspiels - in Erinnerung zu rufen, was jedoch misslang. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Kläger dem Zeugen F. zwar den Sachverhalt mit „denselben Daten und Fakten wie in der Klage“ geschildert habe (vgl. Schriftsatz vom 11.07.2023), es beim anschließenden Ausfüllen des Schadensformulars durch den Zeugen F. sodann jedoch unbeabsichtigt zu der erheblich abweichenden Darstellung gekommen ist, gerade und vor allem, weil der Zeuge offensichtlich nicht einmal wusste, dass sich das Vereinsheim des Klägers gegenüber dem vermeintlichen Tatort befindet.

e) Jedenfalls konnte der Kläger keinesfalls berechtigterweise davon ausgehen, dass der Zeuge F. noch zutreffende (ergänzende) Eintragungen im bereits unterzeichneten Formular vornimmt. Vielmehr war ohne weiteres absehbar, dass es zu unzutreffenden Angaben kommen wird.

Dies betrifft zunächst die unterlassene Angabe bezüglich des erheblichen Vorschadens in einer Größenordnung von rund 3.400,00 EUR. Der Zeuge F. hat in diesem Zusammenhang bekundet, dass er die Fragen aus der Schadenmeldung im Einzelnen mit dem Kläger durchgegangen sein muss, da er sich anderenfalls hierzu keine Notizen hätte machen können. Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Zwar neigte er zu Beginn seiner Vernehmung noch vereinzelt zu entlastenden Formulierungen zugunsten des Klägers. Jedenfalls auf direkte Nachfragen antwortete der Zeuge jedoch widerspruchsfrei und überwiegend sicher - auch dann, wenn die Antworten für den Kläger oder gar für ihn selbst ungünstig waren. Er räumte Erinnerungslücken ein, soweit diese bestanden. Für die Richtigkeit der Aussage spricht überdies, dass der kleinere weitere Vorschaden mit einer unstreitigen Größenordnung von 300,00 EUR von ihm in der Schadenmeldung tatsächlich vermerkt wurde (vgl. Anlage B2). Da es sich hierbei nicht um einen von einem Versicherer regulierten Schaden handelte, konnte der Zeuge diese Information nur aus der Befragung zum Schaden im Büro des Klägers erlangt haben.

Soweit demnach die Frage nach Vorschäden in dem Gespräch mit dem Kläger durchaus thematisiert wurde, ist weder vorgetragen oder sonst ersichtlich, weshalb die Beklagte oder der Zeuge F. Kenntnis von dem größeren Vorschaden gehabt haben sollen; insbesondere wurde gerade nicht behauptet, dass der Beklagten bzw. dem Zeugen F. das zum damaligen Zeitpunkt von der A. Versicherungs AG angefertigte Schadengutachten zur Verfügung gestellt worden wäre oder die Beklagte insoweit eine Kasko-Regulierung vorgenommen hätte. Da sich der Schaden bereits in 2015 ereignet hatte, mithin mehr als zwei Jahre bevor der Kläger das Fahrzeug überhaupt bei der Beklagten erstmals versicherte, ist seine diesbezügliche Einlassung, wonach er davon ausgegangen sei, die Beklagte bzw. deren Vertreter hätten die Vorschäden aus ihren Unterlagen ersehen können, weder nachvollziehbar noch durch greifbare Anhaltspunkte belegt.

Der Kläger hat damit die vorsätzliche Falschangabe gegenüber der Beklagten zu vertreten. Zwar gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage zugleich auch immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, mithin arglistig erfolgt (vgl. z.B. auch BGH, Beschl. v. 04.05.2009 - IV ZR 62/07, juris Rn. 10). Nach der Gesamtschau der Einzelfallumstände ist hier allerdings von arglistigem Verhalten des Klägers auszugehen. Indiziell hierfür ist nicht nur die mit der unterlassenen Angabe des größeren Vorschadens verbundene Aussicht auf einen finanziellen Vorteil, sondern auch der Umstand, dass der Bagatellschaden durchaus angegeben wurde. Es zählt zum Allgemeinwissen, dass gerade bei älteren Transportfahrzeugen Gebrauchsspuren und Kratzer üblich sind und sich nicht bzw. kaum wertbeeinflussend auswirken. Wenn aber selbst völlig unbedeutende Schäden angegeben werden (zumal hier unzutreffend als „repariert“ ausgewiesen), der erheblichere Vorschaden hingegen nicht, zeugt dies davon, dass sich der Kläger um die Bedeutung seiner Nichtangabe im Klaren war. Hinzu kommt, dass der Kläger jedenfalls zu Beginn des Prozesses noch behauptete, die Schadenanzeige gemeinsam mit dem Zeugen F. ausgefüllt zu haben, während er im Rahmen seiner Anhörung zunächst pauschal bestritt, dass Vorschäden im Rahmen der Schadensaufnahme thematisiert worden seien. Auf weitere Befragung erklärte der Kläger dann allerdings, dass der Zeuge F. von sich aus lediglich beiläufig mitgeteilt habe, dass er etwaige Vorschäden aus seinen Unterlagen entnehmen könne. Diese ohnehin eher lebensfremde Behauptung hat der Zeuge indes ebenfalls nicht bestätigt.

f) Auch bezüglich der unzutreffenden Angabe, wonach ein Ersatzschlüssel nicht gefertigt worden sei, ist von einem arglistigen Verschweigen auszugehen. Die diesbezügliche Erklärung der Klägerseite, wie es zu der unzutreffenden Aussage in der Schadenanzeige gekommen ist, ist nicht ansatzweise plausibel. So soll die Schadenaufnahme im Büro des Klägers zwar spontan und äußerst hektisch verlaufen sein (dies bestätigte auch der Zeuge); er - der Kläger - will in dieser Situation aber geistesgegenwärtig und ungefragt dann auf den nachgemachten Schlüssel hingewiesen haben. Überdies hat der Zeuge F. glaubhaft ausgesagt, dass die „Ja- oder Nein-Fragen“ und damit auch die Frage nach dem Ersatzschlüssel noch im Büro des Klägers beantwortend im Formular eingetragen worden sind. Vor diesem Hintergrund ist weder die unzutreffende Angabe an sich nachvollziehbar noch, dass der Kläger nicht zumindest diese Eintragung noch einmal vor seiner Unterschrift auf Korrektheit überprüfte. Auch insoweit handelte er arglistig: Wie er im Rahmen seiner Anhörung selbst einräumte, wurde er durch das Autohaus Z., das seinerzeit mit der Anfertigung des Ersatzschlüssels beauftragt worden war, ausdrücklich darüber belehrt, dass er diesen Umstand gegenüber seinem Versicherer angeben musste. Ihm war mithin schon nach eigener Darstellung die Bedeutung seiner diesbezüglichen Angabe für die Regulierungsentscheidung durch die Beklagte bewusst.

g) Insgesamt sprechen zur Überzeugung des Senats neben der bemerkenswerten Häufung der unzutreffenden Angaben im Schadenformular und den Inkonsistenzen im klägerischen Vortrag vor allem die fehlende Angabe zum Vorschaden wie auch jene zum vorhandenen Ersatzschlüssel dafür, dass der Kläger einen gegen die Interessen der Beklagten gerichteten Zweck verfolgte. Dabei verfängt das Argument, er habe infolge der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Zeugen F., im Rahmen derer zuvor wiederholt und ohne Beanstandungen in gleicher Wiese verfahren worden sei, schon deshalb nicht, weil der Zeuge selbst erklärte, dass es sich um die erste Regulierungstätigkeit seinerseits für den Kläger handelte.

h) Ohne Relevanz ist, ob sich die Falschangaben ausgewirkt haben. Im Falle der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung ist zu vermuten, dass sich diese kausal ausgewirkt hat, wobei es dem Versicherungsnehmer grundsätzlich unbenommen bleibt, den Gegenbeweis zu führen. Aus generalpräventiven Gründen (vgl. BT-Drs. 16/3945, S. 69) ist dem Versicherungsnehmer nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG bzw. hier nach E.2.2 Satz 2 der Versicherungsbedingungen bei arglistigem Handeln jedoch die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises versagt.

Unerheblich ist schließlich, ob der Kläger ausreichend im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG belehrt worden ist, da es im Falle einer arglistigen Obliegenheitsverletzung keiner Belehrung bedarf (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2014 - IV ZR 306/13, Rn. 16 f., zitiert nach juris).

2. Auf die Frage, ob und inwieweit die Klageforderung mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 VVG nicht fällig geworden ist, kam es dementsprechend nicht mehr an. Zwar hat der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vom 17.07.2024 nunmehr eingeräumt, tatsächlich nicht Eigentümer des in Rede stehenden Fahrzeugs VW … gewesen zu sein. Da er zum Zeitpunkt der behaupteten Entwendung unstreitig Versicherungsnehmer und Halter des Fahrzeugs war, es sich mithin um eine Versicherung auf fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG gehandelt hat, fielen damit die materiell-rechtliche Anspruchsinhaberschaft und die formelle Verfügungsbefugnis über den Anspruch auseinander. Aus § 45 Abs. 1 VVG ergibt sich in diesem Fall eine gesetzliche Einziehungsbefugnis zugunsten des Versicherungsnehmers (vgl. Prölss/Martin/Klimke, VVG, 31. Aufl., § 45 Rn. 20, m.w.N.). Dass der Kläger im Innenverhältnis ggf. zur Auskehr der Leistung gegenüber Dritten verpflichtet ist, ist grundsätzlich unerheblich (vgl. BGH, Urt. v. 04.07.2018 - IV ZR 297/16, juris Rn. 30 ff.). Ob er daneben eine ausdrückliche Zustimmung seiner Ehefrau im Sinne des § 45 Abs. 3 VVG benötigte oder im vorliegenden Fall insoweit nach § 1357 BGB auch Erklärungen mit Wirkung für diese abgeben konnte (vgl. BGH, Urt. v. 28.02.2018 - XII ZR 94/17, juris Rn. 16 ff.), bedarf - wie ausgeführt - keiner abschließenden Entscheidung, da der geltend gemachte Klageanspruch aus den genannten Gründen ohnehin nicht besteht.

3. Mangels Anspruch in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen und außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.

III.

Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war in Ermangelung von Zulassungsgründen im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Streitentscheidend kam es vorliegend auf eine tatsächliche Würdigung der Einzelfallumstände an.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach den §§ 47, 48 GKG.