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Entscheidung 9 WF 149/24


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 02.09.2024
Aktenzeichen 9 WF 149/24 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0902.9WF149.24.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

  1. Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter vom 16.07.2024, gerichtet gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 12.07.2024, wird zurückgewiesen.

  2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kindesmutter auferlegt.

  3. Der Beschwerdewert beträgt 4.000 €.

  4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 6 Abs. 2 FamFG, 567 ff. ZPO). In der Sache bleibt sie ohne Erfolg, sie ist unbegründet.

1.

Nach §§ 6 Abs. 1 S. 1 FamFG, 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

a.

Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der böse Schein, das heißt der Eindruck mangelnder Objektivität (BVerfG, NJW 2012, 3228). Entscheidend ist, ob ein Verfahrensbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände objektiv Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn ein Beteiligter bei verständiger Würdigung des Sachverhalts berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGH NJW-RR 2022, 209). Dazu zählen Verstöße gegen das verfahrensrechtliche Gleichbehandlungsgebot, eine negative Einstellung gegenüber einem Beteiligten unter Bevorzugung eines anderen Beteiligten, unsachliche Äußerungen oder die willkürliche Benachteiligung oder Behinderung eines Beteiligten in der Ausübung seiner Rechte (Brandenburgisches OLG NJW-Spezial 2021, 8). Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht eines verständigen Beteiligten berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des abgelehnten Richters aufkommen lassen (st. Rspr. d. BGH, z.B. BGH NJW-RR 2023, 431 m.w.N.), während rein subjektive Vorstellungen oder Gedankengänge des Ablehnenden als Ablehnungsgründe ausscheiden (BGH NJW 2021, 385).

b.

Keine tauglichen Ablehnungsgründe sind vorläufige Meinungsäußerungen und Einschätzungen des Richters im Rahmen der materiellen Verfahrensleitung, bloße Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen, soweit die Grenze zur Willkür nicht überschritten ist (Brandenburgisches OLG NJW-RR 2024, 741). Die Befangenheitsablehnung stellt insbesondere kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle dar. Denn im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein dem Rechtsmittelgericht vorbehalten ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen - insbesondere verfassungsrechtlichen - Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht des Beteiligten nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken (Anwaltsgerichtshof Hamm v. 02.09.2022 – 1 AGH 6/22 –, juris).

c.

Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör ist eine Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren. Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. etwa BVerfGE 84, 188 m.w.N.). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet umgekehrt das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.

Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Bereits aus der Formulierung klar ergibt folgt, dass nicht jeder Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu der objektivierbaren Annahme einer Besorgnis der Befangenheit führt. Erforderlich ist vielmehr eine Verkürzung des rechtlichen Gehörs mit erheblichem Gewicht (OLG Hamburg NJW-RR 2018, 831; OLG Hamm FamRZ 2014, 324; G. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 35. Auflage 2024, § 42 ZPO Rn. 23); es muss sich um einen solch groben Verfahrensfehler handeln, dass die Handhabung des Verfahrens einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und dadurch die (Anhörungs)Rechte des Betroffenen gravierend beeinträchtigt sind (BVerfG v. 12.12.2023 – 1 BvR 75/22, RuS 2024, 340).

2.

Nach Maßgabe dessen liegt aus Sicht eines verständigen Betrachters kein objektiver Grund dafür vor, dass eine Befangenheit des hier abgelehnten Richters zu befürchten ist.

a.

Soweit mit dem Befangenheitsgesuch darauf abgestellt wird, dass trotz mehrfachen Bitten das Gericht über die gestellten Anträge im Termin nicht entschieden und dass die beantragte Aufnahme bestimmter Äußerungen des Vorsitzenden bzw. Anträge/Äußerungen des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter nicht zu Protokoll genommen wurden, kann dies die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen.

aa.

Dies folgt schon aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall ein solches Sitzungsprotokoll von Gesetzes wegen nicht - jedenfalls nicht unmittelbar während der Sitzung - angefertigt werden musste. Innerhalb des Befangenheitsgesuchs werden Rechtsgrundlagen für die anderweitige - fehlerhafte - Ansicht der Antragstellerin nicht angeführt.

Der vorliegende Termin vom 24.05.2024 war ausdrücklich als (bloßer) Anhörungstermin anberaumt worden. Dies entspricht auch einer der im FamFG vorgesehenen Verfahrensweisen. Die nach § 160 FamFG vorzunehmende Anhörung der Kindeseltern in einer Kindschaftssache kann in einem eigenständigen Anhörungstermin vorgenommen werden, wie es der abgelehnte Richter bereits zuvor hinsichtlich der Anhörung der Kinder vorgenommen hatte. Der wesentliche Inhalt der persönlichen Anhörung muss dann allein in einem (hier auch angefertigten) Vermerk nach § 28 Abs. 4 FamFG aufgenommen und bekannt gegeben werden (OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 2085). Und selbst hierauf kann verzichtet werden, sofern die Mitteilung des wesentlichen Inhalts innerhalb einer abschließenden Entscheidung möglich ist (BGH FamRZ 2001, 907).

Zwar ist in Kindschaftssachen, die – wie hier – (u.a.) den Aufenthalt des Kindes betreffen, ein Erörterungstermin und daher eine mündliche Verhandlung geboten (vgl. § 155 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 FamFG; vgl. Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl. 2024 § 33 FamFG Rn. 2 a.E.). Die persönliche Anhörung eines Beteiligten (§ 34 FamFG) muss aber nicht zwingend in einem Termin zur Erörterung stattfinden (BTDrs. 16/6308 S. 191). Es ist grundsätzlich in das richterliche Ermessen gestellt, wie das Verfahren mit Blick darauf und mit Blick auf die notwendigen Anhörungen (§§ 159 f. FamFG) durchgeführt wird. Führt der Richter zunächst in eigenständigen Anhörungsterminen die gebotenen Anhörungen durch, ist dies verfahrensrechtlich zulässig und führt zu keiner grundsätzlichen Beanstandung bzw. gar der Besorgnis seiner Befangenheit. Zudem bleibt die Möglichkeit, dass im unmittelbaren Anschluss an den (letzten) Anhörungstermin in eine mündliche Verhandlung im Sinne des § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG übergeleitet wird.

Jedenfalls aber handelt es sich bei alledem um bloße Verfahrensfragen, bei denen selbst für den Fall eines Verfahrensverstoßes des abgelehnten Richters kein objektivierbarer Grund für die Besorgnis der Befangenheit vorläge.

bb.

Vorsorglich:

Selbst für den Fall einer aus dem Gesetz folgenden Protokollierungspflicht ergäbe sich nichts anderes. Der wesentliche Inhalt des Protokolls ergibt sich aus § 161 Abs. 1-3 ZPO entsprechend. Soweit die Beteiligten beantragen können, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden, entscheidet darüber der Richter abschließend, § 160 Abs. 4 ZPO entsprechend. Sollte der abgelehnte Richter hiergegen verstoßen haben, wäre auch dies ein (i.S.d. Ablehnungsgründe) unbeachtlicher Verfahrensverstoß, welcher mittels der vorgegebenen Rechtsmittel zu rügen wäre.

Im Übrigen ergibt sich aus dem nachträglich angefertigten richterlichen Vermerk (Bl. 134 eA) der entsprechende Verlauf der Anhörungen und die entsprechenden Antragstellungen, weshalb auch insoweit keine Besorgnis der Befangenheit objektivierbar vorliegt. Wenn angesichts einer hochemotional geführten Verhandlung der Richter nicht sogleich (und erst nachträglich) protokolliert, ist dies nicht zu beanstanden. Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin einen anderen Eindruck von dem Verlauf der Verhandlung und insb. bzgl. des Grades der Emotionalität geäußert hat, entspricht dies nicht dem Inhalt des richterlichen Vermerks. Im Übrigen ist hierbei allein der subjektiv gewonnene Eindruck des Richters entscheidend, der sich klar, eindeutig und in nicht zu beanstandender Weise aus dem Inhalt seines richterlichen Vermerks ergibt.

b.

Die Bemerkung des abgelehnten Richters, dass er es für unglaublich halte, wie er (gemeint ist der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin) sich in den Vordergrund spiele, begründet nicht den Anschein der Voreingenommenheit.

aa.

Bloße Unmutsäußerungen des Richters bzw. Unmutsaufwallungen (vgl. BGH NJW 2018, 2578) oder sonstige gegen einen Beteiligten oder dessen Verfahrensbevollmächtigten gerichtete Äußerungen / Handlungen führen nicht ohne Weiteres die Besorgnis der Befangenheit herbei. Dies gilt umso mehr, wenn dem ein provokatives Verhalten des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten vorangegangen ist, weil durch Provokationen nicht die Möglichkeit eröffnet werden darf, einen Ablehnungsgrund zu schaffen. Der Richter, Sachverständige oder die sonstigen anwesenden Gerichtspersonen dürfen sich gegen solche Angriffe auch mit deutlichen Worten zur Wehr setzen (vgl. im Einzelnen: OLG Karlsruhe IBR 2015, 639; OLG Zweibrücken MDR 2013, 1425; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1353).

Dies gilt auch und vor allem in den vielfach (hoch)emotional geführten familienrechtlichen Streitigkeiten angesichts derer persönlichen Dynamik. Trotz der gebotenen Zurückhaltung ist schon deshalb nicht jede Unmutsäußerung des Richters gegenüber den Verfahrensbeteiligten bzw. ihren Bevollmächtigten objektivierbarer Grund der Besorgnis einer Befangenheit. Mag auch der Eindruck der Emotionalität unterschiedlich bewertet werden (vgl. bereits zuvor), ergibt sich hier sowohl aus dem vorgenannten Vermerk des abgelehnten Richters als auch dem Gedächtnisprotokoll des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, dass jedenfalls im Verlaufe der Verhandlung diese zunehmend streitig geführt wurde, so auch zwischen den beiden (sich nicht grünen - Wortwahl der Antragstellerseite) Rechtsanwälten.

Soweit nach eigener Erklärung der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin darum bemüht war, dem Verfahren Struktur zu geben und rechtlich zutreffend einzuordnen, mag dies in guter Absicht geschehen sein. Es ist aber nicht seine Aufgabe, dem Verfahren Struktur zu geben; die Leitung der Verhandlung – gleich ob im Rahmen eines mündlichen Verhandlungs- oder lediglich Anhörungstermins – obliegt allein dem Richter. Dieser hat das Verfahren selbstständig zu leiten; Hilfestellungen der Beteiligten werden dafür nicht benötigt, soweit der Richter diese nicht ausdrücklich zulässt. All dies lässt zudem darauf schließen, dass auch auf diesem Wege zusätzliches - dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin anzulastendes - Streitpotential in den Anhörungstermin gelangt ist.

Ergänzend dazu haben die Anwesenden sich nur insoweit zu äußern, als ihnen der Richter das Wort erteilt. Nach den detailreichen Angaben innerhalb des Vermerks des abgelehnten Richters über den Verlauf der mündlichen Verhandlung hat hiergegen der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin im Wege mehrfacher Unterbrechungen erkennbar verstoßen. Hierzu haben der Verfahrensbevollmächtigte bzw. die Antragstellerin – mit Ausnahme einfachen Bestreitens – nicht konkret und substantiiert Stellung genommen. Wenn jedoch in einer solchen Situation das Gericht den unangemessen handelnden Verfahrensbevollmächtigten maßregelt, kann dies schon deshalb nicht die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Vielmehr hat der Richter das Recht dazu, auf seine Stellung als Verhandlungsführer zu bestehen und sich nicht durch das Dazwischenreden unterbrechen zu lassen; im Gegenteil entspricht ein solches leitendes Eingreifen des Richters durchaus, dem Verfahren Struktur zu geben.

c.

Zuletzt ist auch die Anordnung eines Beichtstuhlverfahrens und der Verweis des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und dieser selbst unter (letztendlich nur angedrohter) Zuhilfenahme von Wachtmeistern aus dem Sitzungssaal kein objektivierbare Anlass dafür, die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters anzunehmen.

aa.

Zunächst ist der Richter bei der Gestaltung der persönlichen Anhörung weitgehend frei. Zwar hat diese im Falle des § 159 FamFG grundsätzlich in Anwesenheit beider Eltern zu erfolgen (Umkehrschluss aus § 33 Abs. 1 S. 2 FamFG), jedoch kann – wie das Gesetz hervorhebt – auch die isolierte Anhörung in Betracht zu ziehen sein. Bereits deshalb liegt mit der beabsichtigten getrennten Anhörung – falls überhaupt – ein (für die hiesige Entscheidung unbeachtlicher) Verfahrensverstoß vor.

Dies gilt erst recht angesichts des Umstandes, dass der abgelehnte Richter hier zunächst die gemeinsame Anhörung beider Eltern angeordnet hatte (und diese zumindest zeitweise auch durchführen konnte), dann aber unter dem Eindruck der bisherigen Anhörung und den aufgetretenen Störungen sein Ermessen dahingehend ausgeübt hat, diese Anhörung (lieber) getrennt vorzunehmen. Eine solche Entscheidung kann bereits in allgemeiner Hinsicht die objektive Befangenheit nicht rechtfertigen. Der abgelehnte Richter hatte den Eindruck gewonnen, dass ohne ein solches Einschreiten die Anhörungen - zu deren Zweck der Termin anberaumt war - gescheitert wären. Zudem war mit dem Entfernen der Antragstellerin bzw. ihres Verfahrensbevollmächtigten aus dem Sitzungssaal ohnehin nur die Umsetzung der geplanten getrennten Anhörungen verbunden - und nicht etwa einseitiges Verhandeln mit dem Antragsgegner. Für eine solche Absicht findet sich innerhalb der Akte bzw. den entsprechenden Stellungnahmen kein einziger mit Tatsachen hinterlegter Anhaltspunkt. Wenn aber die Eltern beiderseits jeweils getrennt angehört werden sollten, ist dies in Gänze unbedenklich.

bb.

Ebenso wenig ist es bedenklich, dass der abgelehnte Richter (auch) den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zum Verlassen des Sitzungssaals aufgefordert und nach dessen Weigerung sodann Gerichtsdiener (Wachtmeister) hinzugezogen hat.

Die Aufforderung des Richters an einen Beteiligten (oder an sonstige Anwesende), den Sitzungssaal zu verlassen, um die Anhörung getrennt vorzunehmen, entspricht zunächst dem Wesen der getrennten Anhörungen, zumal die Beurteilung, ob und welche weiteren Beteiligten bei der Anhörung anwesend sind, erneut freiem richterlichen Ermessen unterliegt (KG Berlin FamRZ 2018, 765; MüKo-FamFG/Schumann, § 160 Rn. 11). Sie stellt daher (noch) keine sitzungspolizeiliche Maßnahme dar, weshalb die so Angewiesenen - und somit auch der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bzw. diese selbst - dem Folge zu leisten haben, was hier insbesondere aufgrund der ausdrücklichen Verweigerung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht geschehen ist.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen: Dem Richter obliegt die Leitung und auch die sitzungspolizeiliche Leitung der Verhandlung, § 176 Abs. 1 GVG. Er entscheidet über die Art und Weise der Durchführung der Sitzung, erteilt oder entzieht Anwesenden das Wort, ist bei Störungen befugt, Maßnahmen gegen den oder die Störer zu ergreifen. Erteilt der Richter die Anweisung, dass eine Seite (hier die Antragstellerin) mit ihrem Verfahrensbevollmächtigten den Sitzungssaal zu verlassen habe, muss dem angesichts des Sitzungsleitungsrechts des Richters Folge geleistet werden - und zwar grundsätzlich unverzüglich.

Dies gilt uneingeschränkt für einen anwesenden Verfahrensbevollmächtigten, dem jedenfalls in dieser Hinsicht (zunächst) keine Sonderrechte eingeräumt sind. Dem Terminsleitungsrecht des Richters unterliegen sämtliche Personen im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang der Sitzung. Eingeschlossen sind somit auch die beisitzenden Richter, die Schöffen, der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, Behördenmitglieder und grundsätzlich auch Rechtsanwälte (BVerfGE 48, 118; BGH NJW 1977, 437).

Anderes gilt zwar für das Ergreifen sitzungspolizeilicher Maßnahmen. Nach § 176 Abs. 1 GVG obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung dem Vorsitzenden. Diese Regeln gelten für jeden gerichtlich angeordneten Termin, unabhängig davon, ob es sich um eine mündliche Verhandlung oder (nur) einen Anhörungstermin handelt. Der Vorsitzende bedient sich zur ihrer Durchsetzung vorzugsweise der Gerichtswachtmeister (Nr. 128 Abs. 3 RiStBV). Beteiligte, Zeugen, Sachverständige, Jugendamtsmitarbeiter, Verfahrensbeistand oder bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen, die den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge leisten, können aus dem Sitzungszimmer entfernt sowie zur Ordnungshaft abgeführt werden, wie aus § 177 S. 1 GVG folgt. Der Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigter eines Beteiligten wird von dem Wortlaut dieser Norm zwar nicht erfasst. Wegen seiner Sonderstellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) unterliegt er damit nicht der Sitzungspolizei und kann daher im Grundsatz weder mit Ordnungsmitteln belegt noch aus dem Sitzungssaal entfernt werden (allg. Ansicht, vgl. nur Caspers ZAP 2024, 331, 333). Jedoch ist bei einem offensichtlichen Missbrauch die dem Rechtsanwalt in § 177 GVG eingeräumte Sonderstellung unbeachtlich. Nutzt der bevollmächtigte Rechtsanwalt in missbräuchlicher Weise seine Privilegierung aus, um durch gezielte Störungen die weitere Verhandlung unmöglich zu machen, kommen gegen ihn sitzungspolizeiliche Maßnahmen wie auch die Entfernung aus dem Sitzungssaal in Betracht (BGHZ 67, 184; OLG Hamm JMBlNRW 80, 215; Lückemann in: Zöller, ZPO, 35. Auflage 2024, § 177 GVG Rn. 2; C. Schreiber in: Wieczorek/​Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 177 GVG Rn. 3; Malmendier NJW 1997, 227, 232 ff).

Mit Blick darauf ist das Verhalten des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter unangemessen und als offensichtlich rechtsmissbräuchlich zu beurteilen. Der Disput zwischen dem abgelehnten Richter und dem ihn (jedenfalls nach substantiierter Darlegung des abgelehnten Richters) immer wieder unterbrechenden Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus Anlass und im Hinblick auf die Abfassung des Protokolls genügt dafür zwar noch nicht (vgl. auch BGH NJW 1977, 437, 438). Anderes gilt jedoch für die Weigerung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, den Sitzungssaal zu verlassen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat sich geweigert, der erstmaligen Aufforderung des abgelehnten Richters (Anordnung des Vorsitzenden nach § 176 GVG) zum Verlassen des Sitzungssaals zur Durchführung der getrennten Anhörung Folge zu leisten. Der erneuten Aufforderung des abgelehnten Richters (Wiederholung der Anordnung des Vorsitzenden nach § 176 GVG, die nicht einmal zwingend notwendig ist) hat sich der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter erneut verweigert, nach weiterer Befragung zudem bejaht, dass er mit Wachtmeister hinausgeleitet werden müsse. Spätestens hierdurch ist der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zum Störer des Anhörungstermins geworden. Zudem zeigt sich hierin ein mangelnder Respekt vor dem Gericht, was nicht der Rolle eines Verfahrensbevollmächtigten als (unabhängiges) Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO, entspricht. Dabei ging es dem Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter erkennbar darum, seine eigenen - zudem fehlerhaften, siehe zuvor - Rechtsvorstellungen von der Art und Weise der durchzuführenden Anhörungen bzw. des Verfahrensverlaufs entgegen dem Verhalten und den Anweisungen des abgelehnten Richters durchzusetzen. Erschwerend tritt hinzu, dass der Verfahrensbevollmächtigte mit diesem Verhalten zugleich (mindestens) seiner Mandantin - der Antragstellerin - vermittelt hat, Anweisungen eines Richters müssten nicht beachtet werden. Damit hat er seine besondere Rechtsstellung in gravierender Weise missbraucht, weshalb auch gegen ihn Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung bis hin zum Herbeiziehen von Gerichtspersonal ausnahmsweise zulässig waren. (Vermeintliche) Verfahrensverstöße des Richters kann der Anwalt durch entsprechende Rechtsbehelfe/-mittel oder auch – wie hier – durch Erhebung eines Ablehnungsgesuchs rügen; sie berechtigen aber keinesfalls dazu, durch Nichtbefolgung richterlicher Anweisungen vermeintliches richterliches Fehlverhalten eigenmächtig zu sanktionieren.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 84 FamFG, 40, 45 FamGKG. Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.