Gericht | OLG Brandenburg Senat für Notarsachen | Entscheidungsdatum | 05.08.2024 | |
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Aktenzeichen | Not 1/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0805.NOT1.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Der Kläger, Notar mit Amtssitz in „Ort 1“, wendet sich mit seiner gegen das Land Brandenburg erhobenen Klage gegen die Verfügung des Beklagten vom 14. Dezember 2022, mit der der Amtsbereich des Beigeladenen um das Gebiet der Stadt „Ort 2“ erweitert worden ist.
Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
In dem Amtsgerichtsbezirk „Ort 1“ waren vier Notare tätig, zwei Notare u.a. der Kläger jeweils mit Amtssitz in „Ort 1“, ein Notar mit Amtssitz in „Ort 3“ und eine Notarin mit Amtssitz in „Ort 2“. Die in „Ort 2“ ansässige Notarin „Name 1“ bat den Beklagten um Entlassung aus dem Amt. Der Beklagte entließ die Notarin „Name 1“ (Amtssitz „Ort 2“) daraufhin mit Ablauf des 31. Dezember 2022 auf eigenen Antrag aus dem Amt. Die Notarstelle in „Ort 2“ wurde in der Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum 28. Februar 2023 aufgrund der Verfügung des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Dezember 2022 von der Notarin „Name 2“ als Notariatsverwalterin geführt.
Da der Amtsgerichtsbezirk „Ort 1“ seit Jahren eine Bevölkerungszahl mit absteigender Tendenz aufweist und das Urkundenaufkommen der Notarstelle „Name 1“ seit 2016 sowohl deutlich unter dem Landesdurchschnitt als auch unter dem des Amtsgerichtsbezirks „Ort 1“ lag, ist von dem Beklagten die Organisationsentscheidung getroffen worden, die Notarstelle in „Ort 2“ mit Wirkung vom 1. März 2023 einzuziehen. (Anlage B 4 – Bl. 52 ff.). Zuvor waren die Stellungnahmen des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Anlage B1 – Bl. 46), der Notarkammer Brandenburg (Anlage B2 – Bl. 47ff.) und der Ländernotarkasse (Anlage B 3 – Bl. 49 ff.) eingeholt worden.
Um zu Verhindern, dass durch die von dem Beklagten beabsichtigte Einziehung der Notarstelle eine räumliche Lücke entsteht, sollten in „Ort 2“ Sprechtage eingerichtet werden. Der Kläger und die weiteren betroffenen Notare im Amtsgerichtsbezirk „Ort 1“ wurden durch den Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts und die Notarkammer Brandenburg zur wöchentlichen Abhaltung von auswärtigen Sprechtagen in „Ort 2“ angehört. Lediglich der Beigeladene und die Notarin „Name 2“ haben sich zur Abhaltung von zweiwöchentlichen auswärtigen Sprechtagen im Wechsel bereiterklärt. Der Kläger hat eine Übernahme von der weiteren Tätigkeit eines Angestellten in dem Büro der ehemaligen Notarin „Name 1“ abhängig gemacht. Dieser Angestellte wollte seine Tätigkeit in dem dortigen Büro jedoch nicht fortsetzen, so dass der Kläger die Fortführung der Amtsstelle in „Ort 2“ als auch die Durchführung von Sprechtagen letztlich ablehnte.
Der Präsident der Notarkammer Brandenburg regte sodann mit Schreiben vom 11. November, 1. Dezember und 12. Dezember 2022 (Anlagen B 5 bis 7) an, den Beigeladenen und die Notarin „Name 2“ zu Abhaltung von auswärtigen Sprechtagen in „Ort 2“ zu verpflichten und zu diesem Zweck den Amtsbereich des Beigeladenen gem. § 10a Absatz 1 Satz 2 BNotO um das Gebiet der Stadt „Ort 2“ zu erweitern.
Die abändernde Festlegung der Amtsbereiche der betroffenen Notare ist durch den Beklagten mit Verfügung vom 12. Dezember 2022 erfolgt und am 14. Dezember 2022 gebilligt worden. Der Kläger und die weiteren betroffenen Notare sind über diese Entscheidung mit Schreiben vom 14. Dezember 2022 unter Rechtsmittelbelehrung in Kenntnis gesetzt worden. Zugleich wurde er darüber unterrichtet, dass der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts gem. Abschnitt III Nummer 1 Absatz 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verfügung über die Angelegenheiten der Notarinnen und Notare über die Genehmigung der auswärtigen Sprechtage entscheiden wird.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2022 hat der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts dem Beigeladenen und der Notarin „Name 2“ die Genehmigung für die Abhaltung regelmäßiger auswärtiger Sprechtage in „Ort 2“ mit Wirkung vom 1.März 2023 bis auf Widerruf erteilt und dem Kläger Mitteilung gemacht (Anlagen B 9 bis 11 – Bl. 64 ff.).
In einem bei dem Beklagten mit den Verfahrensbeteiligten, der Notarin „Name 2“ sowie Vertretern der Notarkammer am 19. April 2023 geführten Gespräch konnte eine Lösung des dem Streitverfahren zugrundeliegenden Konflikts nicht gefunden werden.
Mit seiner am 13. Januar 2023 bei Gericht angebrachten Klage wendet sich der Kläger gegen die Verfügung des Beklagten vom 14. Dezember 2022. Er ist der Auffassung, dass es in keiner Weise einer geordneten Rechtspflege im Sinne von § 10a BNotO diene, die Grenzen des Amtsbereichs eines Notars außerhalb seines eigentlichen Amtssitzes zu verlegen. Im Falle einer Einziehung der Notarstellen in „Ort 4“ und „Ort 2“, sei mit einer Unterversorgung im nördlichen Bereich des Landkreises … zu rechnen. Aus den beiden vakanten Notarstellen „Ort 4“ und „Ort 2“ hätte vielmehr eine neue Notarstelle geschaffen werden sollen, die seiner Ansicht nach auch ein auskömmliches Urkundenaufkommen haben würde.
Der Amtsbereich des Notariates „Ort 2“ habe seiner Einschätzung nach erhebliche Auswirkungen auf die Verteilung des Beurkundungsaufkommens im südlichen Bereich des Landes Brandenburg. Er schätze das Potential an Beurkundungsaufkommen auf über 1.000 Urkunden jährlich. Würde man es bei der jetzigen Entscheidung belassen, würden mit der Übernahme von 1.000 Urkunden im Jahr aus dem Bestand der Notarin „Name 1“ zwei „Supernotariate“, die jeweils einem der Eheleuten „Name 2“ gehören würden (Jahresaufkommen 2022 des Beigeladenen von 2.600 und der Notarin „Name 2“ von 2.400 Urkunden), entstehen, die weite Teile im südlichen Bereich des Landes Brandenburg ohne „Konkurrenz-Notare“ beherrschen. Hierdurch würden die übrigen Notare des Amtsgerichtsbezirks benachteiligt. Die angrenzenden Notariate, seien in der Relation dazu erheblich kleiner („Ort 5“ und „Ort 6“ erreichten keine 2.000 Sachen). Der Standort „Ort 5“ werde zudem von den Notariaten der Eheleute „Name 2“ fast „umzingelt“.
Die Stadt „Ort 1“ sei mit zwei Notaren im Verhältnis zur Größe der Stadt (25.000 Einwohner) deutlich überbesetzt. Das Beurkundungsaufkommen des Klägers habe am 14. April in den letzten Jahren im Jahr 2021 596 Urkundennummern, im Jahr 2022 613 Urkundennummern und im Jahr 2023 597 Urkundennummern betragen. Perspektivisch sei davon auszugehen, dass zukünftig weniger Klienten aus dem Bereich des Freistaates Sachsen zu ihm nach „Ort 1“ kämen, da die Amtsstelle in „Ort 7“ inzwischen wieder ordnungsgemäß besetzt worden sei. Der Kläger schätzt seinen derzeitigen Anteil an Klienten aus dem angrenzenden Freistaat Sachsen auf 20 bis 25 % seines Gesamtaufkommens. Aus diesem Grunde sei es wünschenswert, wenn sich die Klienten aus dem Bereich „Ort 2“ in Richtung „Ort 1“ orientieren würden.
Bei den beiden Notaren in „Ort 1“ und dem Notar in „Ort 5“ sei im Jahr 2023 ein Rückgang von ca. 10 Prozent eingetreten sei, während das Beurkundungsaufkommen der Eheleute „Name 2“ gestiegen sein dürfte. Dies habe zu einer völligen Veränderung des bisherigen Status Quo geführt.
Hinsichtlich der auswärtigen Sprechtage sei er, der Kläger, bereit gewesen, diesen gemeinsam mit einem weiteren Notar oder einer Notarin zu übernehmen. Allerdings habe die Notarin „Name 2“ die Zusammenarbeit mit ihm verweigert. Auch im Übrigen habe sich – unstreitig - kein Notar an dem Sprechtag beteiligen wollen.
Nach Ansicht des Klägers hätte sich der Beklagte im Zusammenspiel mit der Notarkammer um eine gemeinsame Vertretung der im Amtsgerichtsbezirk „Ort 1“ ansässigen Notare bemühen müssen, bevor ein auswärtiger Notar, nämlich der Beigeladene, herangezogen werde.
Er beanstandet zudem, dass die Notarin „Name 2“ bereits sämtliche Akten von „Ort 2“ in ihre Amtsräume verbracht habe und Werbung mache für die von ihr durchgeführten Sprechtage und schaffe damit bereits feste Verhältnisse. Der Beigeladene und die Notarin „Name 2“ hätten zudem – unstreitig – bereits zum 1. März 2023 Amtsräume in „Ort 2“ zur Durchführung der Sprechtage angemietet und hierdurch bereits Fakten geschaffen. Zudem sei, aufgrund der eigenen Ausführungen der Notarin „Name 2“ davon auszugehen, dass sie den Sprechtag als „Auftragsverteilung „Name 2“ mit Sitz in „Ort 2““ nutze und hiermit gegen notarielle Pflichten verstoße. Auch sei es so, dass die beiden Notariate „Name 2“ Sachen erledigen, die wirtschaftlich lukrativ sind. Sachen, die aufwendig oder nicht lukrativ seien, werden an die anderen Notare im Umkreis weitergegeben.
Der Kläger beantragt,
die Verfügung des Beklagten vom 14. Dezember 2022 über die Festlegung der Änderung der Amtsbereiche von Notaren gemäß § 10a Abs. 1 BNotO aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält die Klage mangels Klagebefugnis bereits für unzulässig. Denn der Kläger mache nicht geltend, in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 11b Abs. 1 Satz 1 BNotO). Der Kläger beschränke sich weitgehend auf Überlegungen objektiv-organisatorischer Art. Er stelle Belange der vorsorgenden Rechtspflege dar, wie die Versorgung und Unterversorgung von örtlichen Bereichen mit notariellen Leistungen, die geschichtliche Entwicklung in der Ausbringung bzw. von Amtsstellen im Landkreis und in einzelnen Städten und die Auslastung von Notarkollegen. Eine eigene wirtschaftliche oder gar rechtliche Betroffenheit werde vom Kläger nicht behauptet.
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die Entscheidung sei formal rechtmäßig ergangen, insbesondere sei der Kläger zu allen Belangen vor der Entscheidung angehört worden. Die getroffene Entscheidung beruhe auf § 10a Abs. 1 Satz 1 BnotO und entspreche den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege. Ermessensfehler habe der Kläger nicht aufgezeigt. Das Gebührenaufkommen des Klägers sei angesichts der überdurchschnittlichen Urkundenzahlen sehr gut auskömmlich.
Er stellt klar, dass eine Entscheidung über die Notarstelle in „Ort 4“ bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht veröffentlicht worden sei.
Der Beigeladene schließt sich den Ausführungen des Beklagten an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird ergänzend auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich im Termin der mündlichen Verhandlung am 5. März 2024 mit einer Entscheidung des Senats im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2024 erklärten Einverständnisses der Beteiligten kann der Senat über die Klage ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, § 111 b Abs. 1 BNotO, § 101 Abs. 2 VWGO.
Beklagter des Antrags auf Aufhebung der Organisationsverfügung vom 14. Dezember 2022 ist gem. § 111 c BNotO die Behörde und nicht das Land Brandenburg. Die Organisationsverfügung wurde durch das Ministerium der Justiz erlassen, so dass das Ministerium selbst auch richtiger Beklagter ist. Der Notarsenat legt die Klage dahingehend aus, dass sich diese gegen das Landesjustizministerium richten soll. Auf den Beschluss des Senats vom. März 2024 wird ergänzend Bezug genommen.
Soweit sich der Kläger in seinen Ausführungen gegen die Abhaltung von Sprechtagen durch den Beigeladenen und die Notarin „Name 2“ wendet, ist dies nicht Gegenstand des Notarstreitverfahrens. Der Beklagte ist für die Erteilung bzw. Abhaltung von auswärtigen Sprechtagen nicht zuständig, diese Entscheidung obliegt auf Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Angelegenheiten der Notarinnen und Notare (Abschnitt III, Nr. 1 Abs. 3 Nummer AVNot) dem Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts. Hierauf wurde der Kläger u.a. in dem Senatstermin hingewiesen.
Die Klage ist mangels Klagebefugnis bereits unzulässig, denn der Kläger macht nicht geltend, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VWGO i.V.m. § 111 b Abs. 1 S. 1 BNotO). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er durch die angefochtene Verfügung des Beklagten, mit der der Amtsbereich des beigeladenen Notars um die Gemeinde Stadt „Ort 2“ erweitert wird, in eigenen subjektiven Rechten verletzt wird.
Eine Verletzung eigener Rechte setzt voraus, dass die Anwendung von Rechtssätzen möglich erscheint, die auch dem Schutz der Individualinteressen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage des Klägers befinden (vgl. z.B. BGH NJW 2003, S. 976 m.w.N.). Dies setzt voraus, dass die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale einer subjektive Rechte konstituierenden Norm nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise unmöglich erscheint. Die bloße Beeinträchtigung eines Interesses genügt hingegen nicht (BGH NJW 2003, S. 976 m.w.N.; Schippel/Eschwey- Herrmann, BnotO, 11. Aufl., 2023, § 111b BNotO, Rdn. 21, 22). Der Kläger hat hier nicht dargelegt, dass die von dem Beklagten veranlasste Erweiterung des benachbarten Amtsgerichtsbezirks des Beigeladenen die Individualinteressen des Klägers betrifft.
Die Bedarfsermittlung und Besetzung von Notarstellen gemäß § 4 BNotO (Bedürfnisprüfung) geschieht – wie grundsätzlich die Organisation von staatlichen Aufgaben – ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit und dient ebenso wenig wie die Einrichtung von Dienstposten der Beamten dazu, Berufsaussichten Interessierter oder den Besitzstand amtierender Notare zu wahren. So besteht etwa zwischen Bewerbern um ein Notarsamt beziehungsweise Amtsinhabern und der Justizverwaltung grundsätzlich keine Rechtsbeziehung, die eine Rücksichtnahme auf deren Belange bei der Einrichtung von Stellen einforderte. Der Pflicht, die Notarstellen gemäß § 4 BNotO festzulegen, korrespondiert insbesondere kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (Senat, Beschluss vom 13. Oktober 2008 – NotZ 15/08 - , juris m.w.N.). In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass die Justizverwaltung gehalten ist, den Notaren eine Berufsausübung zu ermöglichen, die dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Seine Aufgabe kann der Notar nur erfüllen, wenn ihm ein solches Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit gewährleistet ist, dass er sich nötigenfalls wirtschaftlichem Druck widersetzen kann. Vor diesem Hintergrund kann sich ein amtierender Notar gegen die Besetzung einer (weiteren) Stelle mit der Begründung zur Wehr setzen, wenn er dartut hierdurch in seinen Rechten aus Art 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt zu sein. Dies ist der Fall, wenn er Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen können, die Lebensfähigkeit seines Notariats, das heißt seine wirtschaftliche Unabhängigkeit, sei gefährdet. Er müsste darlegen, dass unter Verstoß gegen § 4 BNotO so viele Notarstellen besetzt werden, wie gerade noch oder nicht mehr lebensfähig waren (BGH, MDR 1998, S. 1377; Senat, Beschluss vom 19. Januar 2023 – Not 1 1/22; Beschluss vom 9. Dezember 2004 – Not 1/04, juris).
Vorliegend handelt es sich zwar nicht um die Neubesetzung einer Notarstelle, sondern – wie dargelegt - um die Erweiterung des Amtsbezirks einer benachbarten Notars, die vorgehend dargelegten Grundsätze sind jedoch hier anwendbar. Denn bei dem vorliegenden Fall der Erweiterung eines angrenzenden Amtsbereichs durch die zusätzliche Übertragung eines (geringen) Teils eines anderen Notariats, nämlich der Stadt „Ort 2“, handelt es sich gegenüber den Fällen der Wiederbesetzung einer Notarstelle um ein vergleichbares Minus, also um einen weniger schweren Eingriff durch die Justizverwaltung. Damit gelten für die subjektive Betroffenheit eines Klägers, der sich gegen die Erweiterung eines angrenzenden Amtsbereichs wehrt, (mindestens) dieselben Voraussetzungen, wie für einen Kläger, der sich gegen die Neubesetzung einer Notarstelle klageweise wendet. Deshalb muss der Kläger für die Annahme der Verletzung eigener Rechte jedenfalls – entsprechend den oben dargelegten Anforderungen - solche Tatsachen vortragen, die auf eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz und damit seiner Unabhängigkeit allein durch die Erweiterung des angrenzenden Amtsbereichs hindeuten.
Diesen Vorgaben wird der Vortrag des Klägers – auch bei großzügiger Betrachtung – nicht gerecht. Dessen Vortrag erschöpft sich in allgemeinen Darstellungen der Belange der vorsorgenden Rechtspflege wie der Versorgung und Unterversorgung von örtlichen Bereichen mit notariellen Leistungen, der geschichtliche Entwicklung in der Ausbringung bzw. von Amtsstellen im Landkreis und in einzelnen Städten und der Auslastung von Notarkollegen.
Die Ausführungen des Klägers zu einer aus seiner Sicht geordneten Rechtspflege im Sinne von § 10a BNotO sind bereits nicht geeignet, eine individuelle Betroffenheit des Klägers darzulegen. Eine Klagebefugnis ergibt sich nicht aus der Einschätzung des Klägers, es hätten aus den beiden vakanten Notarstellen in „Ort 4“ und „Ort 2“ eine neue Notarstelle geschaffen werden sollen. Diese persönlichen Vorstellungen zum Zuschnitt von vakanten Notarstellen, berühren keine individuellen Interessen des Klägers.
Auch die vom Kläger vertretene Ansicht, es genüge nicht einer geordneten Rechtspflege im Sinne von § 10a BNotO, wenn die Grenzen des Amtsbezirks des Beigeladenen außerhalb seines eigenen Amtsbereichs erweitert werden, vermag kein individuelles Recht des Klägers zu begründen.
Seine allgemeinen Ausführungen, dass zwei „Supernotariate“ geschaffen würden, die von dem Beigeladenen und seiner Ehefrau geführt würden und die die anderen Notare benachteiligen, berühren – möglicherweise – wirtschaftliche Interessen oder Hoffnungen des Klägers, vermögen aber keine von § 42 VWGO geschützte Rechtsposition zu begründen. Soweit er eine Umzingelung des Notariates in „Ort 1“ sieht, sind schon keine eigenen Interessen des Klägers betroffen.
Der Kläger hat nicht behauptet, dass die Ersetzung einer eingezogenen ganzen Notarstelle durch Erweiterung des Amtsbereichs des Beigeladenen lediglich um einen kleinen Teil zum Zwecke der Durchführung von Sprechtagen, zu einer Gefährdung der Lebensfähigkeit seines Notariates führt. Hierfür bestehen auch nach den vorgelegten Zahlen des Beklagten keinerlei objektive Anhaltspunkte.
Bezüglich seiner eigenen wirtschaftlichen Situation trägt der Kläger vor, es sei nach der Neubesetzung einer Notarstelle in Sachsen, die länger vakant gewesen sei, mit einem Einbruch seines Beurkundungsaufkommens um 20 bis 25 % zu rechnen. Diese möglichen Einbußen stehen bereits nicht in Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Erweiterung des Amtsbereichs des Beigeladenen. Der Beklagte hat auf die Neubesetzung von Stellen in einem anderen Bundesland keinen Einfluss, so dass dies nicht zur Begründung der Klagebefugnis in dem vorliegenden Verfahren herangezogen werden kann. Darüber hinaus sind die vom Kläger zu erwartenden Einbußen weder nachvollziehbar dargelegt noch belegt.
Die Darlegung seines Urkundenaufkommens jeweils zum 14. April der Jahre 2021 bis 2023 vermag eine Gefährdung der Lebensfähigkeit seines Notariates durch die angefochtene Entscheidung gleichfalls nicht zu begründen. Der Beklagte verweist zutreffend darauf, dass es sich dabei um ein über dem Landesdurchschnitt liegendes und sehr auskömmliches Urkundenaufkommen handelt. Auf die Beurkundungszahlen, sowie die von dem Kläger vermutete Steigerung der Zahlen des Notariats des Beigeladenen, kommt es hingegen nicht an.
Auch der vom Kläger behauptete Umstand, dass bei den beiden Notaren in „Ort 1“ und dem Notar in „Ort 5“ ein Rückgang der Urkunden von 10 % eingetreten sei, während – so vermutet er – das Beurkundungsaufkommen des Beigeladenen und der Notarin „Name 2“ gestiegen sein dürfte, beinhaltet keinen Vortrag dahingehend, dass hierdurch eine konkrete Gefährdung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit des klägerischen Notariates eingetreten sei.
Ebenso kommt es nicht darauf an, ob die Sprechtage zu Recht von dem Beigeladenen sowie der Notarin „Name 2“ übernommen wurden. Zum einen greift der Kläger mit seiner Klage lediglich die Verfügung des Beklagten vom 14. Dezember 2022 an (und nicht die Verfügung des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Dezember 2022 über die Genehmigung von auswärtigen Sprechtagen). Eine Erweiterung der Klage ist auch nach Hinweis der Beklagten nicht erfolgt. Zum anderen vermag die Regelung der Sprechtage eine Betroffenheit in subjektiven Rechten durch den hier angegriffenen Verwaltungsakt nicht zu begründen.
Auch die Beanstandungen des Klägers hinsichtlich der Amtsführung der Notarin „Name 2“ vermag eine Klagebefugnis nicht zu begründen. Dies betrifft den Umstand, dass die Notarin „Name 2“ Akten in das Notariat „Name 2“ verbracht habe und die Werbung für auswärtige Sprechtage in „Ort 2“ mache. Die Notarin „Name 2“ ist nicht Beteiligter des hiesigen Klageverfahrens, da sie von der angefochtenen Verfügung des Beklagten nicht betroffen ist. Eine Betroffenheit in eigenen subjektiven Rechten des Klägers ist zudem durch die Tätigkeiten der Notarin „Name 2“ nicht gegeben.
Soweit der Kläger vorträgt, sei bereit gewesen auswärtige Sprechtage gemeinsam mit anderen Notaren im Wechsel abzuhalten, begründet dies keine subjektive Klagebefugnis. Dies ist wiederum nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung. Darüber hinaus wäre der Beklagte nicht passiv legitimiert.
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 111b BnotO sowie § 709 Satz 2 ZPO.
Die Berufung ist nicht entsprechend § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 111d BNotO, 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO nicht vorliegen. Die zu entscheidenden Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, der Senat weicht hiervon nicht ab.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 111 g Abs. 2 Satz 1 BNotO i.V.m. § 52 Abs. 1, 2GKG.