Gericht | VG Potsdam 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.10.2023 | |
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Aktenzeichen | VG 4 K 100/17 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2023:1017.4K100.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2016 wird aufgehoben, soweit die Kostenentscheidung eine Verwaltungsgebühr von mehr als 278.248,00 € und eine Widerspruchsgebühr von mehr als 27.824,00 € festsetzt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/4 und die Klägerin zu 1/4.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist im Umfang des streitig entschiedenen Teils wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Baugebühren im Rahmen der Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung e_____.
Die Klägerin beantragte am 7. April 2015 eine Baugenehmigung für die Errichtung des L_____. Die Logistikhalle hat die Maße 627,72 m x 135,32 m x 14,13 m, besteht aus acht Hallenbereichen („Units“) und vier Büroanbauten. Es handelt sich um eine Stiehl-Riegel-Konstruktion. In die Halle sind zwei Zwischengeschosse (Mezzanine) eingebaut, die jeweils einen Grundriss von 156,76 m x 12,55 m haben. Die Büroanbauten und Teile der Einbauten sind aus Stahlbeton errichtet, ebenso wie alle Brandwände. Die Fassade der Halle besteht aus einer Stahl-Trapezblechverkleidung.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass jedenfalls ein Teil des Tragwerks aus Stahlbeton-Fertigteilstützen besteht. Einig sind sich die Beteiligten des Weiteren dahingehend, dass der gebührenrechtliche Begriff „Massivbauart“ Mauerwerk und Beton umfasse, die Fundamente in der hier strittigen gebührenrechtlichen Betrachtung neutral sind und das Dachtragwerk nicht dem „schweren Stahlbau“ zuzuordnen ist.
Ebenfalls unstreitig – aber mit erheblichen Abweichungen hinsichtlich der konkreten Berechnung und der in der Planung enthaltenen Komponenten – ist, dass das Tragwerk, sofern man auf die Länge der einzelnen Komponenten abstellt, im Verhältnis zur Gesamtlänge zu mehr als der Hälfte weder der Massivbauart noch dem schweren Stahlbau zuzuordnen ist. Die Beteiligten sind sich weiter darüber einig, dass sich dieses Verhältnis umkehrt und das Tragwerk zu mehr als der Hälfte der Massivbauart oder dem schweren Stahlbau zuzuordnen ist, wenn man nicht auf die Länge, sondern auf das Gewicht der einzelnen Komponenten im Verhältnis zum gesamten Tragwerk abstellt, unabhängig davon, was baukonstruktiv noch als Teil des Tragwerks zu verstehen ist.
Mit Bescheid vom 31. August 2015 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung und setzte eine Gebühr in Höhe von 372.528,00 Euro fest. Grundlage der Baugebührenberechnung seien zwei Bauwerte: 3.382.629,60 Euro für Büro- und Sozialbereiche und 33.596.073,60 Euro für Hallenbereiche, einschließlich Pförtner und Sprinklerzentrale mit einer, im Sinne der Tarifstelle 11.1 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 der Brandenburgischen Baugebührenordnung vom 20. August 2009 i.d.F. der Verordnung vom 21. Juni 2010 – BbgBauGebO –, überwiegend „schweren Bauart" der Tragwerke. Die Summe der beiden (gem. § 3 Abs. 4 BbgBauGebO gerundeten) Bauwerte ergebe nach der Tarifstelle 1.1.1 BbgBauGebO eine Gebühr von 369.790,00 Euro. Hinzu käme nach der Tarifstelle 1.9.3 BbgBauGebO für die Erteilung zweier Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Gebühre von 2.600,00 Euro und für die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis eine Gebühr von 138,00 Euro.
Am 29. September 2015 erhob die Klägerin gegen die festgesetzte Gebühr Widerspruch. Zu dessen Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass im Rahmen der Gebührenermittlung anstelle der Bauart „schwer“ die Bauart „sonstige“ hätte herangezogen werden müssen, da das Gebäudetragwerk nicht massiv, sondern in leichtem Stahlfachwerk errichtet sei. Das habe die Beklagte in der Vergangenheit bei baugleichen Hallen i_____ ebenso gesehen. Zudem sei gemäß der Tarifstelle 2.4 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 1 BbgBauGebO eine Ermäßigung zu berücksichtigen, da das Gebäude als „gleiche bauliche Anlage“ mittig gespiegelt sei. Die Dachkonstruktion sei nicht als Stahlbetonträger mit Betondach, sondern als Stahlwabenträger mit Trapezblecheindeckung ausgeführt. Diese wiege lediglich ca. 15 Prozent einer herkömmlichen Stahlbetonbinderkonstruktion, sodass von leichter Bauart auszugehen sei.
Zur Begründung der Einstufung als sonstige Bauart legte die Klägerin Stellungnahmen von H_____ vom 12. Dezember 2015, des A_____ verweist darauf, dass die fehlerhafte Einordnung darauf beruhen könne, dass in den Entwurfsplänen des Architekten das Tragwerk nicht ausdrücklich beschrieben gewesen sei, um den Bieterwettbewerb nicht zu beeinflussen. Im Rahmen der Vergabe an den ausführenden Generalunternehmer sei die fehlerhafte Entwurfsplanung von Betontragwerk hin zu ACB/Cellformtragwerk der F_____ korrigiert worden. Das Flächengewicht der Konstruktion habe sich um mehr als 70 % verringert. Alle Umfassungswände sowie das Dach seien mit „Leichtbaustoffen“ ausgeführt, die ihrerseits mindesten 70 % weniger wiegen würden als Bauteile einer massiven Bauweise mit Porenbetonelementen. H_____ geht ebenfalls von einer „leichten Hallenkonstruktion“ aus. Laut der Stellungnahme von H_____ handele es sich bei der Logistikhalle nicht um ein Gebäude schwerer Bauart, sondern allenfalls um ein Gebäude in leichter bis mittlerer Bauart. Die verwendeten Stahlkonstruktionen mit einem Eigengewicht des gesamten Dachs von 30-40 kg/m2 seien typische Leichtbaukonstruktionen. Schwerer Stahlbau sei demgegenüber etwa dadurch gekennzeichnet, dass große Stückgewichte verwendet und nur durch Spezialunternehmen gefertigt bzw. verbaut würden. Allein aus den verbauten Stahlbetonfertigteilstützen folge nicht, dass es sich um ein Gebäude in schwerer Bauart handele. Denn es überwiege weiterhin die leichte Bauweise. Eine eindeutige Abgrenzung zwischen „leichtem“, „mittlerem“ und „schwerem“ Stahlbau gebe es nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2016, der Klägerin zugestellt am 14. Dezember 2016, wies die Beklagte unter Bezugnahme auf eine statische Berechnung des Landesamtes für Bauen und Verkehr – Bautechnisches Prüfamt – den Widerspruch zurück. Die Frage nach der Bauart des Gebäudes sei mit der Fußnote 1 zur Tarifstelle 11.1 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO zu beantworten. Diese definiere schwere Bauart wie folgt: „Gebäude mit Tragwerken, die überwiegend in Massivbauart oder schwerem Stahlbau errichtet werden.“ Das bautechnische Prüfungsamt ordne unter Massivbauart Beton, Stahlbeton, Spannbeton oder Mauerwerk, z.B. Stahlbetonstützen, Stahlbetonunterzüge oder Stahlbetondecken ein. Schwerer Stahlbau bestehe aus Stützen, Rahmen oder Träger aus vollwandigen Stahlprofilen (z.B. Walzprofile aus Stahl). Im Gegensatz dazu seien z.B. filigranes ebenes Fachwerk, Raumfachwerk und seilverspannte Konstruktionen „möglicherweise nicht als schwerer Stahlbau anzusehen“. Ein typisches Merkmal für den Stahlleichtbau seien kaltgeformte dünnwandige Profile, bei denen die Sicherheit gegen lokales Beulen gesondert nachgewiesen werden müsse. Ein Stahltrapezblech als Dacheindeckung führe hingegen nicht dazu, dass ein Tragwerk als „leicht“ bezeichnet werden könne. Nach der Baubeschreibung sei das Vorhaben als schwere Bauart einzustufen. Diese beinhalte Stahlbetonkragstützen in Köcherfundamenten, Profilstahl S 355 als Dachbinder, als Pfetten und Trapezblecheindeckungen. Hinzu kämen zusätzliche Einbauten mit Stahlbetonunterzügen und Stahlbeton- oder Spannbetondecken. Die Bewertung sei anhand des Gutachtens von H_____ sowie 28 Positions- und Montageplänen des Vorhabens vorgenommen worden. Einfache Hallenbauten, die der üblichen Errichtungsweise moderner Fabrik-, Werkstatt- oder Lagerhallen und einfache Sporthallen entsprechen fielen grundsätzlich unter Tarifstelle 11 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO. Aus dem Zusatz mit „nicht geringen Einbauten“ (Tarifstelle 11.1) lasse sich entnehmen, dass die andere aufgeführten Gebäudearten (mit vergleichsweise niedrigen Bauwerten) nur Hallenbauten meinen könnten, die im Wesentlichen aus Außenwänden, Stützen und einer üblicherweise flachen Decke bestehen. Die weitere Differenzierung innerhalb der Tarifstelle 11 erfolge nach „Bauart schwer mit nicht geringen Einbauten“, „Bauart schwer“ und „sonstige Bauart“, um wesentliche Unterschiede in den Bauausführungen berücksichtigen zu können. Die Stahlbeton-Brandwände müsse man jedenfalls als „nicht geringe Einbauten“ auffassen, wenn man sie nicht ohnehin zum Tragwerk des Gebäudes zähle. Stützen und deren Fundamente, die vertikale Lasten in dem Baugrund leiten, seien in Massivbauweise errichtet. Da die Fußnote 1 zu Anl. 2 der BbgBauGebO allein auf die Bauart Bezug nehme, sei daraus zu schließen, dass das Tragwerk des Gebäudes überwiegend in Massivbauart errichtet worden sei. Auch die Mezzanine bestünden aus zwei Stahlbetondecken und -wänden und seien durch zwei dreigeschossige Stahlbeton-Treppenhäuser erschlossen. Bereits hierbei handelt es sich um nicht geringe Einbauten im Sinne der Fußnote 2.
Die Klägerin hat am 9. Januar 2017 Klage erhoben. Zu deren Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die Berechnung des Bauwertes für die Büro- und Sozialbereiche fehlerhaft sei. Dieser sei nur für selbstständige Büro- und Sozialgebäude in Ansatz zu bringen. Die Bauwertberechnung für die Hallenbereiche sei ebenfalls unzutreffend, da keine schwere Bauart vorliege. Der Gebührentatbestand der Tarifstelle 11 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO sei rechtlich nicht ausreichend bestimmt. Weder sei deutlich, was unter dem Tragwerk zu verstehen sei, noch, was eine schwere Bauart darstelle. Insbesondere Letzteres sei nicht zu subsumieren, wie aus der aktenkundigen Kommunikation der Beklagten mit dem Landesamt für Bauen und Verkehr hervorgehe. Der Begriff Massivbauart werde umgangssprachlich entweder als Gegensatz zur Skelettbauweise oder als Oberbegriff für Beton und Mauerwerk als Gegensatz zu Holz und Stahl verwandt. Vorliegend gehe es um eine in Skelettbauweise errichtete Halle mit Betonstützen und eine Dachkonstruktion aus Stahl. Auch der Begriff „schwerer Stahlbau“ sei nicht klar definiert und nicht klar abgrenzbar. Der - nach dem klägerischen Verständnis - Idealtyp eines schweren Stahlbaus (z.B. Schleusentore oder Brücken) sei mit der vorhandenen Dachkonstruktion so wenig vergleichbar, dass selbst die Beklagte nicht bestreite, dass es sich zumindest dahingehend nur um leichten Stahlbau handeln könne. Es sei auch nicht deutlich, was der Begriff „überwiegend“ bedeute. Ein Vergleich der Masse könne nicht in Betracht kommen, da folglich immer die schwere Bauart überwiegen würde, selbst wenn Bauteilzahlen oder Bauteillängen der leichten Bauart überwiegen. In anderen Baugebührenordnungen werde auf das gesamte Gebäude abgestellt. Jedenfalls hätte der Bauwert unter Heranziehung der sonstigen Bauart ermittelt werden müssen, weil sonst – wie hier – Gebäude mit einem schweren Tragwerk, die aber insgesamt als leicht einzustufen seien, also Hallen mit einem Bauwert von 44 Euro pro Kubikmeter, gleich mit Hallen mit einem Bauwert von 52 Euro pro Kubikmeter stehen. Hier sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen, weil die Baueinstufung von anderen Kriterien abhängig gemacht werden würde als denen, die der Differenzierung der Bauwerte zugrundeliegen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Tarifstelle 11 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO wirksam sei, wäre der konkrete Ansatz hier fehlerhaft. Von der Prämisse ausgehend, dass Massivbauart das Gegenteil von Skelettbauweise sei, könne keine schwere Bauart vorliegen. Die Einstufung sei geboten, weil die Gebühren sich nach den Baukosten richten und die Skelettbauweise, in der nur Pfosten und Riegel und keine Wände verbaut sind, sehr viel weniger Material und Bauzeit beanspruche. Selbst wenn man jedoch Massivbauart als Oberbegriff für Beton und Mauerwerk verstünde, wäre das Tragwerk hier überwiegend in Stahlbau ausgeführt. Hier seien Cellform-Träger verwandt worden. Insgesamt seien 4/5 des Tragwerks sowohl hinsichtlich der Länge als auch hinsichtlich der Anzahl der Bauelemente als leichter Stahlbau errichtet und nur 1/5 aus Betonteilen.
Das Gericht hat am 11. November 2020 einen Erörterungstermin durchgeführt. In dem Termin hat die Klägerin die Klage zurückgenommen, soweit diese die Berechnung des Bauwertes für Büro- und Sozialbereiche angriff.
Im Nachgang zum Termin legte die Klägerin ein Ergänzungsgutachten des S_____ vom 14. Dezember 2020 vor. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass nach den Längenverhältnissen 4/5 des Tragwerks in leichtem Stahlbau errichtet worden sei und 1/5 aus schweren Betonteilen. Damit könne es sich nicht um eine überwiegend schwere Bauart handeln.
Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
die Gebührenentscheidung in der Baugenehmigung der Beklagten vom 31. August 2015 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2016 aufzuheben, soweit eine Gebühr von mehr als 278.248,00 € festgesetzt und eine Widerspruchsgebühr in Höhe von mehr als 27.824,00 € erhoben wird;
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf Ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und ergänzt, dass die Zuordnung der Halle zum Begriff „schwere Bauart“ unabhängig davon sei, ob die Brandwände zum Tragwerk zählen. Im Bauordnungsrecht und im Bauingenieurwesen stehe der Begriff „Massivbau“ stets für die Verwendung von Mauerwerk, Beton und Stahlbeton im Gegensatz zum Metallbau oder Holzbau. Das werde auch aus der Unterteilung der Fachrichtungen innerhalb der Fachbereiche Standsicherheit und Brandschutz in § 2 Nr. 1 der Brandenburgischen Bautechnischen Prüfungsverordnung – BbgBauPrüfV – deutlich. Die Einordnung der Dachkonstruktion als leichte Stahlkonstruktion sei unstrittig, jedoch in Bezug auf das gesamte Tragwerk keinesfalls überwiegend. Auf das nach dem Erörterungstermin vorgelegte Gutachten sei (wiederum nach Hinzuziehung des Landesamtes für Bauen und Verkehr – Bautechnisches Prüfamt –) zu erwidern, dass der Vergleich der Längenverhältnisse zur Feststellung, ob das Tragwerk überwiegend in Massivbau errichtet wurde, nicht geeignet sei. Für die Gebührenermittlung sei vielmehr ausschlaggebend, welche Bauteile insgesamt überwiegende Bedeutung für das Tragverhalten haben. Das seien die in die Fundamente eingespannten Kragstützen aus Stahlbeton. Die Bauteilgewichte können zur Bestimmung der „Bauart schwer“ in Beziehung gesetzt werden. Die notwendige Berechnung müsste insbesondere auf Grundlage der geprüften Standsicherheitsnachweise durchgeführt werden. Es sei aber anzumerken, dass die Bauaufsichtsbehörde keine eigenen Statiker mehr beschäftige und aus diesem Grund die Berechnung nicht selbst vornehmen könne. Das Bautechnische Prüfamt habe für den hiesigen Fall eine „grob überschlägige“ Berechnung vorgenommen. Diese zeige, dass – selbst wenn Brandwände, Sockelplatten, Einbauten und Fundamente außer Betracht blieben – allein eine Gegenüberstellung des Gewichts der Stützen und des Gewichts der Dachträger zu einem deutlichen Überwiegen der Massivbauweise führe. Es zeigten sich zudem erhebliche Abweichungen der Angaben im Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 14. Dezember 2020 mit den Positions- und Montageplänen. Die in Ansatz gebrachten Zahlen zur Berechnung der Länge von tragenden Stahlbauteilen von Unit 1 seien nicht nachvollziehbar. Die Stützenlängen seien nicht korrekt berechnet. Die Anzahl der Stützen sei unklar. Sollten die Längenmaße auschlaggebend sein, fehlten in den Positions- und Montageplänen nachvollziehbare Berechnungen. Die Angabe von 24.189,20 lfd. m Stahl und 6.187,5 lfd. m Stahlbeton sei unzureichend. Abschließend und zusammenfassend sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Bildung des Verhältnisses zwischen Massivbauweise und hier verwendetem Stahlbau nicht nach dem Kriterium des Längenmaßes (in Meter) erfolgen könne, weil die Bauteile unterschiedlich dimensioniert seien. Es käme nur eine Differenzierung nach Kubikmetern (m3) umbauter Raum in Betracht oder eine Differenzierung nach Tonnen (t) Gewicht. Als weiteres Kriterium sei eine fiktive Raumbildung denkbar. Um das „Verhältnis der Amtshandlung zur Baugebührenberechnung zu wahren und […] nicht in zeitaufwendige Amtsermittlungen einzutreten, [bleibe es dabei], dass die Pos.- und Montagepläne der tragenden Bauteile des Gebäudes im Wesentlichen eine massive Bauart ausweisen.“ Die „Dimensionen“ der Stahlbetonelemente seien gegenüber den Stahlbauteilen dominant.
Daneben legt die Beklagt eine Stellungnahme des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung – Oberste Bauaufsicht – vor. Darin heißt es, dass die Qualifikation einer Bauart als schwer eine Frage des Einzelfalls sei. Es könnten „keine allgemeingültigen Kriterien aufgestellt werden“. Man teile im hiesigen Fall die Ansicht des Bautechnisches Prüfamtes. Ein Vergleich der Gewichte der verschiedenen Bauteile könne „zweckmäßig“ sein. Die notwendige Berechnung müsste die untere Bauaufsichtsbehörde auf Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen, insbesondere der geprüften Standsicherheitsnachweise, vornehmen. Unter Umständen seien Brandwände miteinzubeziehen, wenn sie zwingend der Standsicherheit dienten und damit Bestandteil des Tragwerks seien.
Die Klägerin erwidert abschließend wie folgt: Selbst, wenn die Beklagte den Positions- und Montageplänen andere Zahlen entnehme und mit lediglich halb so vielen Stahlbetonstützen, die zudem auch noch 2 m kürzer seien, gerechnet habe, komme es hierauf im Ergebnis nicht an. Es bleibe dabei, dass es allein auf die Methode zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „überwiegend“ ankäme. Das Kriterium des Längenverhältnisses sei geeignet, weil sich diese Angabe in allen Plänen finde und einfach zusammengerechnet werden könne. Auf das Gewicht und das Volumen (welches wiederum vom Gewicht abhänge) könne es nicht ankommen, weil der Vergleichsmaßstab zirkelschlüssig sei. Das Tragwerk müsse immer im Ganzen betrachtet werden, weil es in der Natur der Sache liege, dass kein Teil des Tragwerks entfernt werden könne, ohne die statischen Eigenschaften zu beeinflussen. Die Stellungnahme der obersten Bauaufsicht zeige gerade die nicht ausreichende Bestimmtheit der Tarifstelle 11 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO auf. Wenn es keine „allgemeingültigen Kriterien“ gäbe, liege ein Gleichheitsverstoß vor (wie sich hier in den Genehmigungen der gleichkonstruierten Hallen der Vergangenheit zeige). Die Norm müsse einer landesweiten einheitlichen Auslegung zugänglich sein, was die Stellungnahme des Ministeriums aber gerade in Abrede stelle.
Die Beklagte repliziert abschließend: Grundsätzlich bilden bei der Gebührenberechnung die Bruttowerte vom Gebäudemaßen und Bauteilen die Grundlage. Der Bruttorauminhalt ergebe sich aus den Bruttolängen, -höhen und -breiten, so auch bei Bauteilen. Ebenso wie bei der Einordnung „schwerer Stahlbau“ in der Fußnote 1 zur Tarifstelle 11.1 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO sei das Gewicht entscheidend. Das Gewicht einer Stahlbetonstütze lasse sich auch ohne Statiker mit Grundrechenarten ermitteln. Die im Einzelfall angenommenen Berechnungsfaktoren in KN/m3 seien der Schneider Bautabelle für Ingenieure entnommen.
Hinsichtlich der durch die Beklagte vorgenommenen konkreten Berechnung wird auf Blatt 243 der Gerichtsakte verwiesen.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
Im Umfang der Klagerücknahme war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
Die noch anhängige Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
A. Der Bescheid vom 31. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2016 ist im von der Klägerin angefochtenen und tenorierten Umfang aufzuheben, weil er insoweit rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Die herangezogene Rechtsgrundlage ist unwirksam und kann nicht Grundlage der erhobenen Gebühr sein (I.). Daneben ist die Anwendung der Norm im konkreten Einzelfall durch die Beklagte rechtswidrig (II.).
I. Rechtsgrundlage für die Erhebung der im Streit stehenden Baugebühr sind die §§ 1 ff. des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg – GebGBbg – vom 7. Juli 2009, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 10. Juli 2014 i.V.m. der BbgBauGebO in der o.g. Fassung.
1. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BbgBauGebO sind die Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis (Anl. 1) zu bestimmen. Nach Tarifstelle 1.1.1 der Anl. 1 zu § 2 Abs. 1 BbgBauGebO ist u.a. für die Errichtung von baulichen Anlagen im Baugenehmigungsverfahren 1,0 Prozent des anrechenbaren Bauwerts (mindestens 100 Euro) anzusetzen. Der anrechenbare Bauwert ergibt sich aus § 3 Abs. 1 S. 1 BbgBauGebO i.V.m. der Tabelle der anrechenbaren Bauwerte (Anl. 2) aus der Vervielfältigung des Brutto-Rauminhalts mit dem jeweils angegebenen anrechenbaren Bauwert je Kubikmeter Brutto-Rauminhalt.
Für den streitgegenständlichen Hallenbau kommt allein die Tarifstelle 11 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO Betracht. Diese regelt den Bauwert für eingeschossige, hallenartige Gebäude, wie Verkaufsstätten, Fabrik-, Werkstatt- und Lagergebäude in einfachen Rahmen- oder Stiel-Riegel-Konstruktionen sowie einfache Sporthallen und landwirtschaftliche Betriebsgebäude, soweit (wie hier) nicht Nr. 19 Anwendung findet.
Die Tarifstelle 11 trifft zum einen eine Unterscheidung nach der Größe des Bruttorauminhalts (– 11.1 – bis 5000 m³, – 11.2 – 5000 m³ übersteigend bis 20.000 m³,– 11.3 – 20.000 m³ übersteigend bis 50.000 m³, – 11.4 – 50.000 m³ übersteigend). Zum anderen unterscheiden die der Tarifstelle 11 nachgeordneten Tarifstellen jeweils innerhalb der genannten Volumina nach der Bauart: „schwer und mit nicht geringen Einbauten“, „schwer“ sowie „sonstige Bauart“. Es wird jeweils auf Fußnote 1 des Regelwerks verwiesen, welche die Definition des Tatbestandsmerkmals „schwer“ enthält: „Gebäude mit Tragwerken, die überwiegend in Massivbauart oder schwerem Stahlbau errichtet werden“. Zur Definition des Tatbestandsmerkmals „mit nicht geringen Einbauten“ enthält die Verordnung die Fußnote 2, die lautet: „Einbauten, wie Maschinenfundamente, Emporen, tragende Wände, Kranbahnen“.
2. Diese als Rechtsgrundlage herangezogenen der Tarifstelle 11 nachgeordneten Tarifstellen 11.1 bis 11.4 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO verstoßen auch unter Einbezug der Definitionen der Fußnote 1 in Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – GG –) und sind deshalb nichtig. Da es sich um eine Rechtsverordnung handelt, kommt dem Verwaltungsgericht insoweit eine eigene Prüfungspflicht hinsichtlich höherrangigem Recht sowie eine Verwerfungskompetenz zu (vgl. zur Verwerfungskompetenz hinsichtlich der Berliner Kündigungsschutzklausel-Verordnung: BGH, Urteil vom 22. Juni 2022 - VIII ZR 356/20 -, juris Rn. 21 m.w.N.).
a. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Bestimmtheitsgebot verlangt vom Normgeber, die Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 - 6 C 30.08 -, juris Rn. 21 m.w.N.). Für das Gebühren- und Beitragsrecht ist dabei nur die dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene Regelungsdichte zu fordern; ein Verstoß ist in der Regel nur dann anzunehmen, wenn eine willkürliche Handhabung durch die Behörden eröffnet wird (BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1969 - IV C 68.67 -, juris Rn. 17, und vom 16. November 1984 - 4 C 3.81 -, juris Rn. 10) und der Gebührenschuldner die Höhe der zu erwartenden Gebührenlast nicht mehr anhand der normativen Festlegungen im Wesentlichen abschätzen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 3 C 7.12 -, juris Rn. 16). Nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit, aber auch unter Berücksichtigung des weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gebührengesetzgebers, muss der Gebührenpflichtige erkennen können, für welche öffentliche Leistung die Gebühr erhoben wird und welche Zwecke der Gesetzgeber bei der Gebührenbemessung verfolgt (BVerwG, Urteil vom 4. August 2010 - 9 C 6.09 -, juris Rn. 17). Die Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift lässt insoweit noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit entfallen (vgl. BVerfGE 21, 209 <215>; 63, 312 <324>). Aus diesen Gründen begegnet auch die Verwendung sogenannter unbestimmter Rechtsbegriffe nicht um ihrer selbst willen Bedenken. Die Grenze der notwendigen Bestimmtheit ist überschritten, wenn entweder unter den gegebenen Umständen die Verwendung des Begriffes nicht sachgerecht ist oder wenn es wegen der Unbestimmtheit nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und die Gerichte ausschließen (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1969 - IV C 68.67 -, juris Rn. 17 m. w. N.; Urteil vom 4. August 2010 - 9 C 7.09 -, juris Rn. 13).
b. Nach diesem Maßstab entsprechen die der Tarifstelle 11 nachgeordneten Tarifstellen 11.1 bis 11.4 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO nicht mehr dem Bestimmtheitsgebot, weil der Gebührenschuldner die Höhe der zu erwartenden Gebührenlast nicht anhand normativer Festlegungen abschätzen kann. Es fehlt an der sprachlichen Eindeutigkeit der Tatbestandsmerkmale, die in den jeweils nachgeordneten Tarifstellen zu einer Erhöhung führen; namentlich ist auch im Auslegungswege nicht objektiv bestimmbar, was unter die Bauart „schwer“ fällt, weil die Definition der Fußnote 1 mit den Tatbestandsmerkmalen „Tragwerke“ (1) in „Massivbauart“ (2) oder „schwerem Stahlbau“ (3) und die Relation „überwiegend“ (4) in Teilen zu unbestimmt ist.
aa. Der Begriff des Tragwerks ist im Bauwesen eine Bezeichnung für das Gesamtsystem der ruhend beanspruchten Glieder, die maßgeblich für die Standsicherheit eines Bauwerks sind. Wirkt sich das Entfernen eines Gebäudeteils negativ auf die Statik aus, handelt es sich um ein Teil des Tragwerks. Insoweit bestehen keine Bedenken hinsichtlich der ausreichenden Bestimmtheit.
bb. Der Begriff „Massivbauart“ erscheint dagegen schwächer konturiert, aber im Sinne des zu prüfenden Maßstabs noch bestimmt genug. Eine allgemeingültige technische Definition findet sich nicht. Die Brandenburgische Bauordnung – BbgBO – regelt in § 16a die Anwendung von Bauarten, definiert selbst aber keine. In der Anlage zu § 65 Abs. 3 Nr. 3 und § 65a Abs. 1 Nr. 1 BbgBO (Leitlinien zu Ausbildungsinhalten) steht unter den inhaltlichen Anforderungen an das Studium des Bauingenieurwesens: „Massivbau (Beton-, Stahlbeton- und Mauerwerksbau)“. Das Brandenburgische Landesrecht kennt den Begriff zudem in § 2 Nr. 1 der Bautechnischen Prüfungsverordnung in Abgrenzung zu Metallbau und Holzbau.
Insbesondere mit Blick auf die verwendeten Materialien bzw. die Bauprodukte finden sich in den gebührenrechtlichen Parallelvorschriften anderer Bundesländer ähnliche Ansätze, so etwa in Rheinland-Pfalz – „Massivbauart (Beton – einschließlich Leicht- oder Gasbeton – oder Mauerwerk)“; vgl. Fußnote 1 der Anl. 2 zu § 2 Abs. 1 der Landesverordnung über Gebühren und Vergütungen für Amtshandlungen und Leistungen nach dem Bauordnungsrecht –. Zum Teil verzichten die Gebührenordnungen auch auf den Begriff und beschreiben innerhalb der Gebührentatbestände nur die Materialität und Maße der Bauteile, vgl. für Niedersachsen: Gebäude, deren Außenwände überwiegend aus Beton, einschließlich Leicht- und Porenbeton, oder aus mehr als 17,5 cm dickem Mauerwerk bestehen; Anl. 2 zu den §§ 1, 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Bauaufsicht –.
Die DIN 4109-32 | 2016-07 – Schallschutz im Hochbau - Teil 32: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) - Massivbau – beschreibt unter Nr. 4.1. (Massive einschalige Wände) die Bauteilgruppe (4.1.1): „Wände aus Mauerwerk, Beton, Gips oder großformatige Wandtafeln aus Mauerwerk, Beton, Leichtbeton, Porenbeton oder anderen mineralischen Baustoffen, die aus einer Schale bestehen.“
Zusammenfassend ist im allgemeinen bautechnischen Sprachgebrauch davon ausgehen, dass der Begriff – jedenfalls – die fehlende konstruktive Trennung zwischen tragenden und raumabschließenden Bauteilen meint und hinsichtlich der Materialität Beton einschließt. Insofern dürfte eine Bestimmtheit im Sinne des Prüfungsmaßstabes noch gegeben sein.
cc. Eine nachvollziehbare Begriffsbestimmung von „schwerem Stahlbau“ ist hingegen trotz des umfangreichen Austausches der Beteiligten und auch im Übrigen nicht ersichtlich und scheitert in Ermangelung objektiver Kriterien, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörde ausschließen, am hiesigen Prüfungsrahmen.
Laut der Stellungnahme von H_____ sei die verwendete Stahlkonstruktion eine „typische Leichtbaukonstruktion“. Schwerer Stahlbau sei demgegenüber durch die Verwendung großer Stückgewichte und die Fertigung durch Spezialunternehmen geprägt. Letzterer Aspekt kann greifbar nicht für eine gebührenrechtlich hinreichende Definition taugen. Was große Stückgewichte sind, bleibt indes ebenfalls unklar. Die Einordnung des Vorhabens in eine „allenfalls“ leichte bis mittlere Bauart ist – wenn auch aus Perspektive eines Fachkundigen – subjektiv geprägt und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien geprüft. Ebenso verhält es sich mit der Einordnung des Bautechnischen Prüfamtes. Danach bestehe schwerer Stahlbau aus Stützen, Rahmen oder Trägern aus vollwandigen Stahlprofilen (z.B. Walzprofile aus Stahl). Im Gegensatz dazu seien z.B. filigranes ebenes Fachwerk, Raumfachwerk und seilverspannte Konstruktionen „möglicherweise nicht als schwerer Stahlbau anzusehen“. Bereits aus letzterer Formulierung wird deutlich, dass es selbst der Fachbehörde nicht möglich ist, einen eingrenzbaren und verobjektivierbaren Rahmen für den unbestimmten Rechtsbegriff zu schaffen. Einer solcher ist auch darüber hinaus nicht ersichtlich, womit der vom Prüfungsmaßstab geforderte Ausschluss einer willkürlichen Handhabung durch die Behörde nicht erreicht werden kann. Der potenzielle Gebührenschuldner kann auch aus einer fachkundigen Perspektive nicht einschätzen, ob das zur Bescheidung gestellte Bauvorhaben aufgrund eines Tragwerks im überwiegend „schweren Stahlbau“ der Bauart „schwer“ unterfällt.
dd. Ungeachtet der vorherigen Einschätzung scheitert die Bestimmtheit der Tarifstellen 11.1 bis 11.4 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO jedenfalls an dem Tatbestandsmerkmal „überwiegend“, weil der Begriff ohne weitere Ausführung, was in Verhältnis zueinander zu setzen ist, die im hiesigen Sachzusammenhang angemessene (und notwendige) Regelungsdichte vermissen lässt.
Es bleibt unklar, was innerhalb des maßgeblichen Tragwerks des Gebäudes ins Verhältnis zu setzen ist, um den Gebührentatbestand prüfen zu können. Hier ergeben sich bereits nach dem umfangreichen Vortrag der Beteiligten – mindestens – zwei Alternativen: Ein Vergleich des Längenverhältnisses der einzelnen Komponenten des Tragwerks oder ein Vergleich der Massen der einzelnen Komponenten; wobei selbst nach dem Schriftsatz der Beklagten vom 5. März 2021 noch weitere Kriterien zur Berechnung wie eine fiktive Raumbildung und die Bedeutung für das Tragverhalten „in Betracht kämen“. Laut der Stellungnahme der obersten Bauaufsicht sei ein Vergleich der Gewichte der verschiedenen Bauteile – der „dominierenden“ Hauptbestandteile des Tragwerkes – „zweckmäßig“ für die Bestimmung der Bauart „schwer“. Auch innerhalb der Zuarbeit des Bautechnischen Prüfamtes finden sich Überlegungen, ob die Bauteillänge oder das Bauteilgewicht ein „besseres“ Kriterium für die Auslegung des fraglichen Tatbestandsmerkmals darstelle.
Diese von den Fachbehörden getroffenen Einschätzungen lassen nicht erkennen, worauf sich die Bildung einer Relation bezieht, im Gegenteil, sie sind vielmehr Ausdruck der unzureichenden Regelungsdichte. Auch hier ist festzustellen, dass es selbst bei den fachkundigen Anwendern der Norm schlussendlich auf das eigene subjektive Verständnis des technischen Prüfprogramms ankommt, was wiederum eine willkürliche Anwendung im Sinne des hiesigen Maßstabes nicht nur nicht ausschließt, sondern vielmehr zur Folge hat. Es ist dem Gebührenschuldner nicht möglich, die Gebührenlast eines Bauvorhabens in einer ggf. „schweren Bauart“ abzuschätzen, wenn selbst die Fachbehörden keine eindeutige Methodik für eine „nachträgliche genauere Betrachtung“ im „Streitfall“ (vgl. GA Bl. 195) benennen können und insbesondere die untere Bauaufsicht als verfahrensführende Behörde vom Verordnungsgeber offenkundig nicht in die Lage versetzt wird, den Gebührentatbestand anwenden zu können.
3. Aufgrund der Nichtigkeit der herangezogenen Tarifstellen fehlt es an der nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes erforderlichen Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Gebührenfestsetzung.
II. Neben der ausgeführten mangelnden Bestimmtheit der Norm ist der von der Beklagten angewandte Ansatz zum Vergleich der Bauteilgewichte jedenfalls in seiner konkreten Anwendung auf den vorliegenden Einzelfall rechtswidrig.
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BbgBauGebO bemisst die Bauaufsichtsbehörde (oder bei entsprechender Beantragung bautechnischer Nachweise nach S. 2 die Bewertungs- und Verrechnungsstelle der Prüfingenieure) die Gebühren (u.a.) nach dem maßgeblichen anrechenbaren Bauwert (§ 3 BbgBauGebO). Der anrechenbare Bauwert nimmt den Brutto-Rauminhalt als Berechnungsgrundlage (§ 3 Abs. 1 BbgBauGebO), der für das im Einzelfall zu beurteilende Gebäude nur anhand der Bauvorlagen nachvollzogen werden kann. Wie die Beklagte selbst anmerkt ist für die Gebührenberechnung somit der Bruttowert der Gebäudemaße entscheidend, weil sich der Brutto-Rauminhalt allein aus der Multiplikation der jeweiligen Längenmaße ergibt (vgl. Nr. 3.2 der Anl. 3 zu § 3 Abs.1 BbgBauGebO unter Verweis auf DIN 277-1:2005-02). Von dieser Prämisse ausgehend bleibt unklar, wie die Beklagte zu einer Berechnung des spezifischen Gewichts einzelner Komponenten kommt.
Weder Ausgangs- noch Widerspruchsbescheid verhalten sich zu einer spezifischen Berechnung der Masse. Vielmehr bleibt im Widerspruchsbescheid bereits offen, welche Bauteile in eine entsprechende Berechnung einzubeziehen sind, weil die Beklagte nicht einmal eindeutig bezeichnet, was zum für die Fußnote 1 zu Anl. 2 der BbgBauGebO maßgeblichen Tragwerk der baulichen Anlage gehört. Es wird dargestellt, dass es strittig sei, ob die Außenwandverkleidungen oberhalb der massiven Sockelbereiche und Stahlbeton-Brandwände zum Tragwerk zählen. Hinsichtlich der Brandwände könne eine Einordnung dahinstehen, weil diese – wenn sie nicht Teil des Tragwerks sind – jedenfalls „nicht geringe Einbauten“ (Tarifstelle 11.1 ff. der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO) darstellen würden. Dominierende Hauptbestandteile seien jedenfalls Stützen und Fundamente in Massivbauart. Die Begründung für die Einordnung der Bauart in überwiegend massiv erschöpft sich in der Feststellung, dass die Stützen und deren Fundamente als „dominierend Hauptbestandteile“ des Tragwerks angesehen werden müssten und es nicht auf die „Schlankheit“ ankäme. Damit wird die Beklagte ihrer im Verfahren vorgetragenen Berechnungsmethode nicht gerecht, sondern stellt lediglich eine Behauptung auf, die unbeantwortet lässt, welche Einheit bzw. physikalische Größe ins Verhältnis gesetzt wird. Es folgt die Annahme, dass der Baukörper „nicht geringe Einbauten“ habe und die – nicht normativ angebundene – Ausführung, dass unter Berücksichtigung der Gesamtgröße der Halle im Vergleich zu den an sich „auch schon sehr großen Einbauten“ in der Gebührenberechnung lediglich die „Bauart schwer“ gewählt worden sei. Diese Ausführungen lassen nicht erkennen, nach welchen Maßstäben die Beklagte den Gebührentatbestand, namentlich die Fußnote 1 der Anl. 2 zu § 3 Abs. 1 BbgBauGebO geprüft hat. Wenn die Annahme der Beklagten, es komme auf das spezifische Gewicht der Bauteile des Tragwerks an, zutreffen soll, muss sie mindestens konkret benennen, welche Bauteile mitbetrachtet werden. Davon ausgehend wäre es erst möglich, unter Zugrundelegung weiter Faktoren wie spezifische Materialität und konkrete Maße, Rückschlüsse auf das Gewicht einer Komponente zu ziehen.
Erst mit Schriftsatz vom 21. Juni 2021 legte die Beklagte im gerichtlichen Verfahren eine Berechnung vor, in der sie hinsichtlich 182 Mittelstützen, 78 Außenwandstützen (Achse 1), 118 Außenwandstützen (Achsen A, 23, Y, X) und 147 Brandwandstützen (Achsen D, G, J, M, P, S, V) anhand der Grundrisse der Genehmigungsplanung hinsichtlich der Unit 1-8 i.V.m. dem Positions- und Montageplan A001 mit dem Berechnungsfaktor 25 KN/m³ (aus der Schneider Bautabelle für Ingenieure entnommen) ein spezifisches Gewicht berechnet und ins Verhältnis setzt. In der Berechnung ist angegeben, dass zu den weiteren „Grundelementen“ des Gebäudes sieben Brandwände, vier dreigeschossige Treppenhäuser, zwei Mezzaninen und Überladebrücken an Andockrampen zu zählen seien. Diese Teile bestünden ausschließlich aus Stahlbeton und würden für ihre Funktion eigene Trageelemente beinhalten. Deshalb müssten diese elementar erforderlichen Bauteile mit eigenen tragenden Elementen auch in die Gesamtbetrachtung einfließen. Wenn dem aber so ist, müsste hinsichtlich dieser Bauteile – unabhängig davon, dass sich keine trennscharfe Einordnung findet, ob es sich um Teile des Tragwerks handelt, was z.B. hinsichtlich der Mezzaninen ein gänzlich neuer Gedanke wäre – ebenfalls ein spezifisches Gewicht angeführt werden. Andernfalls ist nicht deutlich, wie eine Einordnung in den von der Beklagten angenommenen Gewichtvergleich stattfinden soll.
Die von der Beklagten vorgetragene Berechnung stellt damit höchstens einen Teil des von ihr selbst geforderten Massevergleichs dar. Sie kann den rechnerischen Nachweis des Überwiegens der Massivbauart innerhalb des Tragwerkes der baulichen Anlage nicht führen und trägt nicht die streitgegenständliche Gebührenfestsetzung.
B. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Gebührenentscheidung kann auch die Widerspruchsgebühr in dem durch die Klägerin angefochtenen Umfang (10 % der angefochtenen Gebühr, vgl. § 18 Abs. 3 GebGBbg) keinen Bestand haben.
C. Die Kostenentscheidung folgt aufgrund der Teilrücknahme der Klage und im Übrigen dem Obsiegen der Klägerin aus §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig. Dies ist der Fall, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung wird auch durch die Bedeutung der Streitsache für den Beschwerdeführer bestimmt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Bevollmächtigung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2012 – 2 A 5/11 –, juris, Rn. 2; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Juni 2011 – OVG 10 N 64.09 –, juris, Rn. 7). In Anwendung dessen war die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig. Die Unzumutbarkeit der eigenständigen Verfahrensführung ergibt sich bereits aus der technischen und rechtlichen Komplexität des Sachverhalts.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 der Zivilprozessordnung. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124 a, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch nach § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zugelassene Bevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 158.682,80 Euro festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird.
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen.