Gericht | OLG Brandenburg 10. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 12.09.2024 | |
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Aktenzeichen | 10 U 88/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:0912.10U88.23.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. April 2023 - 12 O 369/20 - unter Zurückweisung der weitergehenden Anschlussberufung und unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten abgeändert und aus Klarstellungsgründen wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 243.047,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31. März 2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Beklagte zu 35 % und die Klägerin zu 65 %. Die Kosten des Berufungsrechtszugs tragen der Beklagte zu 47 % und die Klägerin zu 53 %.
3. Dieses Urteil sowie die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 517.880,87 € festgesetzt.
I.
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft, die insbesondere im Bereich Fahrzeugleasing tätig ist. Der Beklagte ist ehemaliger Geschäftsführer der mittlerweile insolventen F… GmbH. Diese vermietete neben Klein- und Mittelklassefahrzeugen auch sehr hochwertige Fahrzeuge.
Die F… GmbH und die Klägerin standen ab dem Jahr 2015 in einer Vertragsbeziehung. Danach sollte die Klägerin Fahrzeuge von Autohäusern erwerben. Für eine Einmalzahlung und gegen ein monatliches Entgelt sollte die Klägerin der F… GmbH die Fahrzeuge für einen jeweils begrenzten Zeitraum überlassen, damit diese die Fahrzeuge ihrerseits an Dritte vermietet/verleast. Am Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit sollten die Fahrzeuge an das ausliefernde Autohaus zurückgegeben werden. Die Klägerin sollte dafür mit den Autohäusern Rückkaufvereinbarungen schließen.
Dieses Geschäftsmodell setzten die Klägerin und die F… GmbH zunächst auch um. Da die Klägerin allerdings mehrere der der F… GmbH überlassenen Fahrzeuge nicht mehr zurückerhielt, unter anderem die nachfolgend aufgeführten Fahrzeuge, um diese entsprechend der Rückkaufvereinbarungen an die beteiligten Autohäuser zu veräußern, kündigte die Klägerin am 31. März 2017 den Vertrag mit der F… GmbH fristlos wegen Zahlungsverzugs und verspäteter Rückgabe von Fahrzeugen. Sie forderte erfolglos die Herausgabe der gegenständlichen Fahrzeuge. Dieser Rückforderung der Fahrzeuge liegen - soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung - folgende Vorgänge zu Grunde:
Die Klägerin überließ der F… GmbH ein Fahrzeug des Typs „X“ mit dem Kennzeichen B… (Nr. 3). Der Rückkaufpreis betrug 29.413,10 €. Die F… GmbH vermietete das Fahrzeug ab dem 6. September 2016 an ein Autocenter S…. Der zunächst bis zum 5. Oktober 2016 laufende Mietvertrag wurde mündlich verlängert. Der Beklagte forderte das Fahrzeug allerdings nicht zurück, es ist nicht mehr auffindbar
Die Klägerin überließ der F… GmbH ein Fahrzeug des Typs „Y“ mit dem Kennzeichen B- .. 2,,. Der Rückkaufpreis betrug 21.616,99 € (Nr. 4). Der Beklagte überließ das Fahrzeug an einen Herrn A…. Es ist nicht mehr auffindbar, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien umstritten sind.
Die Klägerin überließ der F… GmbH ein Fahrzeug des Typs „Z“ mit dem Kennzeichen B- .. 6.. (Nr. 6). Der Rückkaufpreis betrug 103.638,56 €. Die F… GmbH vermietete das Fahrzeug für einen Tag am 3. November 2016 an einen Herrn Ab.C…. Dieser behielt es für sich und vermietete das Fahrzeug weiter, das Fahrzeug ist nicht mehr auffindbar
Die Klägerin überließ der F… GmbH ein Fahrzeug des Typs Audi SQ 5 mit dem Kennzeichen B- … ( Nr. 7) mit einem Rückkaufpreis von 51.046,04 € sowie weitere vier Fahrzeuge des Typs VW Golf GTD mit den Kennzeichen B… ( Nr. 8) zum Rückkaufpreis von 30.125,93 €, B… ( Nr. 9) zum Rückkaufpreis von 30.483,77 €, B… ( Nr. 10) zum Rückkaufpreis von 30.125,93 € und B- … ( Nr. 11) zum Rückkaufpreis von 29.413,10 €. Die F… GmbH, vertreten durch den Beklagten, vermietete die Fahrzeuge ( Nr. 7 vom 02.07.2016 bis zum 01.01.2017; Nr. 8, Nr. 9 und Nr. 10 vom 23.07.2016 bis zum 19.01.2017; Nr. 11 vom 13.10.2016 bis zum 30.12.2016) an eine P… S…in Frankreich. Seit Oktober 2016 zahlte diese keine Miete mehr. Die Fahrzeuge wurden am 31. Dezember 2016 zur Fahndung ausgeschrieben. Sie konnten nicht aufgefunden werden.
Die Klägerin überließ der F… GmbH ein Fahrzeug der Marke Lamborghini (Nr. 13) mit dem Kennzeichen B…. Der Rückkaufpreis betrug 192.017,45 €. Der Beklagte stellte das Fahrzeug in der Nähe der Mercedes-Benz Arena in Berlin mit abmontierten Kennzeichen ab, wobei der genaue Abstellort zwischen den Parteien umstritten ist. Ferner übergab der Beklagte beide Fahrzeugschlüssel an einen Herrn A…A…C…. Der Beklagte sagte hierzu in einer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung, dass er von diesem Herrn A…A…C…ein Darlehen über 50.000 € erhalten habe und diesem den Lamborghini im November 2016 übergangsweise als eine Art Pfand für dieses Darlehen übergeben habe. Dabei sei er allerdings davon ausgegangen, dass das Fahrzeug nicht wegbewegt werde. Das Fahrzeug ist nicht mehr auffindbar.
Am 26. April 2018 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg unter dem Aktenzeichen 36f IN 6041/17 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der F… GmbH.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte gegen seine Pflichten gegenüber der Klägerin verstoßen habe und nun persönliche hafte. Insbesondere habe er die gegenständlichen Fahrzeuge wissentlich an Personen vermittelt, die der Clan-Kriminalität zuzuordnen seien. Daher sei der Beklagte selbst nicht mehr davon ausgegangen, die Fahrzeuge wieder zurückzuerhalten.
Die Klägerin hat zu den einzelnen Fahrzeugen vorgetragen:
Hinsichtlich des Fahrzeugs VW Golf mit dem Kennzeichen B … (Nr. 3) sei ein Mitarbeiter des Autocenters S… ein Freund von einem Herrn A…A…C…, der seinerseits schon ausweislich umfangreicher Medienberichterstattung eine Vielzahl von Straftaten begangen habe und dem kriminellen Clan-Milieu zuzurechnen sei, tätig geworden. Daher habe es dem Beklagten klar sein müssen, dass er das Fahrzeug in kriminelle Strukturen gibt und nicht mit dessen Rückkehr zu rechnen hat. Der Beklagte habe zudem das Verschwinden des Fahrzeugs nicht der Versicherung gemeldet. Die Versicherung habe eine Einstandspflicht abgelehnt, weil kein schriftlicher Mietvertrag vorgelegen habe.
Die unentgeltliche Zurverfügungstellung des Fahrzeugs Nissan Infiniti mit dem Kennzeichen B- … (Nr. 4) an einen Herrn A… sei als Kompensation für Schutzdienste erfolgt. Dieser Herr A… habe sich für den Beklagten in einer Auseinandersetzung von Kriminellen eingesetzt und eine deshalb als Wiedergutmachung erfolgte Übergabe des Fahrzeugs an einen Herrn A… führe zu einer ganz erheblich gesteigerten Verlustgefahr für das Fahrzeug.
Der Beklagte habe den Verlust des Mercedes Benz AMG mit dem Kennzeichen B… (Nr. 6) nicht der Versicherung gemeldet und zumindest hafte er aus diesem Grund. Auch habe der Beklagte das Fahrzeug an einen Herrn A…A…C… im Zusammenhang mit einer in einer Einkaufstasche erfolgten Gewährung eines Darlehens über 200.000 € übergeben und daher offenbar zum Ausgleich des persönlich gewährten Darlehens. Auch das zeige das gesteigerte Diebstahlsrisko.
Der Beklagte habe den Verlust der nach Frankreich vermieteten Fahrzeuge Audi SQ 5 und 4 VW Golf GTS (Nr. 7-11) erst am 13.07.2017 der Versicherung gemeldet. Dies hätte er aber binnen 6 Monaten tun müssen. Seit Oktober 2016 habe die P… S… keine Miete mehr gezahlt, der Beklagte habe die Fahrzeuge auch nicht herausgefordert. Das Unternehmen P… S… gehöre überdies auch zum kriminellen Clan- Milieu. Der Beklagte habe bei der Vermietung nicht nur die Mietverträge unvollständig ausgefüllt, sondern auch die vereinbarten Mietkautionen nicht eingefordert.
Das Abstellen des Lamborghini (Nr. 13) vor der Mercedes-Benz-Arena ohne Nummernschilder habe das Diebstahlsrisiko ebenso stark erhöht wie die Übergabe beider Schlüssel an einen Herrn A…A…C….
Der Beklagte hat behauptet, er sei jeweils davon ausgegangen, die Fahrzeuge zurückzuerhalten. Eine irgend geartete und von der Beklagten ohne Anhaltspunkte behauptete Verstrickung in kriminelle Abläufe habe es nicht gegeben. Zu den Fahrzeugen trägt er im Einzelnen vor:
Als er Geschäftsbeziehungen mit dem Autocenter S… wegen des VW Golf mit dem Kennzeichen B… (Nr. 3) aufgenommen habe, sei er von einem seriösen Geschäftshintergrund des Unternehmens ausgegangen. Da ihm allerdings von einem Mitarbeiter des Autocenters Gewalt angedroht worden sei, wenn er das Auto zurückfordere, habe er davon abgesehen.
Hinsichtlich des Nissan Infiniti mit dem Kennzeichen B… (Nr. 4) hat der Beklagte behauptet, er schulde einem ehemaligen Geschäftspartner 70.000 €. Dieser sei ungeduldig geworden und habe jemanden beauftragt, das Geld bei ihm einzutreiben. Dieser Herr A… habe sich in einer körperlichen Auseinandersetzung im März 2016 wegen dieser Angelegenheit für den Beklagten eingesetzt. Als Wiedergutmachung habe der Beklagte einem Herrn A… das Auto kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Übrigen habe die Klägerin wie auch bei anderen Fahrzeugen die Schadensmeldung bei der Versicherung übernommen. Deren Unterlassen könne daher nicht ihm angelastet werden.
Wegen des Mercedes S 63 AMG mit dem Kennzeichen B… (Nr. 6) sei der Beklagte davon ausgegangen, das Fahrzeug alsbald wiederzuerlangen. Als das nicht der Fall gewesen sei, habe er den Diebstahl unverzüglich dem Maklerbüro und als die Klägerin die Schadensregulierung übernommen habe, an diese gemeldet.
Auch bei den an die P… S… in Frankreich vermieteten Fahrzeugen (Nr. 7-11) habe er den Schaden der Versicherung gemeldet.
Wegen des Lamborghini mit dem Kennzeichen B… (Nr. 13) sei der Beklagte davon ausgegangen, das Fahrzeug werde aufgefunden oder zurückgegeben. Der Beklagte hat behauptet, er habe ein Darlehen von einem Herrn A…A…C… über 50.000 € erhalten. Den Lamborghini habe er im November 2016 übergangsweise als eine Art Pfand für dieses Darlehen übergeben. Das Fahrzeug sei hierfür von ihm vor der Mercedes Benz Arena abgestellt worden. Er habe die Kennzeichen abmontiert, weil er nicht gewollt habe, dass mit dem Wagen gefahren werde. Er habe beide Schlüssel an einen Herrn A…A…C… übergeben. Der Lamborghini solle angeblich seit Dezember 2016 in einem Pfandleihhaus sein. Er wisse aber nicht, wo das Fahrzeug sei.
Das Landgericht hat den Beklagten hinsichtlich des Lamborghini (Nr. 13) zur Zahlung von 192.017,45 € - des vereinbarten Rückkaufpreises - gemäß § 823 Abs. 1 BGB verurteilt. Das Abstellen im öffentlichen Straßenland ohne Kennzeichen und Übergabe der 2 Schlüssel an einen Herrn A…A…C… sei ohne Weiteres fahrlässig und habe das Diebstahlsrisiko erheblich erhöht.
Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Eine Haftung des Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG bestehe nur gegenüber der F… GmbH. Eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB scheitere an fehlender Fahrlässigkeit. Der Eigentumsverlust sei durch das Dazwischentreten von Dritten verursacht worden, die die Fahrzeuge nicht zurückgegeben hätten. Eine wesentliche Steigerung des Entwendungsrisikos sei durch den Beklagten nicht erfolgt. Soweit der Beklagte in den Fällen 1- 7 keine schriftlichen Mietverträge abgeschlossen habe, seien die Daten der Mieter ohnehin bekannt gewesen und der Beklagte habe als Zeuge die Übergabe der Fahrzeuge beweisen können. Eine unterlassene oder verspätete Meldung an die Versicherung betreffe allein das Vermögen der Klägerin und das werde von § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt.
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 StGB scheitere am Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht. Denn allein schuldrechtliche Verpflichtungen aus einem Vertrag zwischen F…und Klägerin begründeten noch keine Vermögenbetreuungspflicht des Beklagten.
Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 Abs. 1 StGB bestehe ebenfalls nicht. Es mangele an einer Manifestation des Zueignungswillens. Zwar habe das Verhalten des Beklagten die Rückerlangung der Fahrzeuge erschwert, es lasse aber keinen sicheren Schluss darauf zu, dass er die Fahrzeuge seinem Vermögen einverleiben wollte. Gleiches gelte für die Drittzueignung. Zudem habe dem Beklagten der Vorsatz gefehlt.
Soweit der Beklagte das Fahrzeug Nummer Nr. 3 nach Ende der Mietzeit nicht herausverlangt habe, sei er jedenfalls gerechtfertigt gemäß § 34 StGB. Der Beklagte sei mit körperlicher Gewalt bedroht worden, falls er das Fahrzeug herausverlange. Um dieser Gefahr zu entgehen, habe er davon Abstand nehmen dürfen, dass Fahrzeug herauszuverlangen.
Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitere daran, dass allein die Übergabe von Fahrzeugen an Personen, die ausweislich von Medienberichten mit kriminellen Clans in Verbindung stehen, nicht sittenwidrig sei.
Lediglich hinsichtlich des Fahrzeugs Nr. 4 könne eine Manifestation der Zueignung darin gesehen werden, dass der Beklagte das Fahrzeug unentgeltlich an einen Herrn A… gegeben haben, nachdem dieser ihn körperlich wegen einer Geldschuld geschützt habe. Allerdings fehle auch hier der Vorsatz, weil die unentgeltliche Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs nicht bedeuten müsse, dass es nicht zurückgegeben werde.
Gegen die teilweise Stattgabe der Klage wendet sich die Berufung des Beklagten. Er schulde keinen Schadensersatz hinsichtlich des Lamborghini (Fahrzeug Nr. 13). Er habe das Fahrzeug in einem Parkhaus vor der Mercedes Benz Arena abgestellt. Dieses Abstellen ohne Kennzeichen erhöhe das Diebstahlsrisiko nicht. Gleiches gelte für die Übergabe der beiden Schlüssel an einen Herrn A…A…C…als Pfand für ein dem Beklagten gewährtes Darlehen. Denn der Beklagte habe das Darlehen fristgerecht zurückgezahlt und habe angesichts erfolgreicher Geschäftsbeziehungen mit seinen Vertragspartnern nicht davon ausgehen müssen, dass das Fahrzeug entwendet werde.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage unter Aufhebung des am 18. April 2023 verkündeten und am 24. April 2023 zugestellten Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder — Aktenzeichen: 12 O 369/20 — abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin bringt vor, dass der Beklagte erstinstanzlich noch vorgetragen habe, dass er den Lamborghini im öffentlichen Straßenland abgestellt habe. Das Vorbringen in der Berufung, das Fahrzeug sei in einem Parkhaus abgestellt worden, sei nicht nur widersprüchlich sondern auch verspätet.
Die Anschlussberufung der Klägerin richtet sich gegen die Klageabweisung hinsichtlich der Fahrzeuge Nr. 3, 4, 6, 7-11. Auch insoweit seien die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten gegeben.
Hinsichtlich des Fahrzeugs Nr. 3 (VW Golf B …) habe sich der Beklagte entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht einer Notstandslage gemäß § 34 StGB befunden, weil er vom Clan-Milieu bedroht worden sei. Der Beklagte habe überhaupt keine Schritte unternommen, um das Fahrzeug aus dem Clan Milieu zurückzuerlangen, welches er sich selbst als Geschäftspartner ausgesucht habe.
Das Fahrzeug Nr. 4 (Nissan Infiniti B…) sei an einen Herrn A… übergeben worden, ohne dass der Mietvertrag eine aktuelle Anschrift enthalten und zwei unterschiedliche Enddaten des Vertrags ausgewiesen habe. Soweit der Beklagte behaupte, das Fahrzeug sei zum Dank kostenlos übergeben worden, sei nicht ersichtlich, warum der Beklagte dann im Mietvertrag einen Preis genannt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, warum der Beklagte Vermögen der F… genutzt habe, um eigene kriminelle Verstrickungen zu belohnen.
Das Fahrzeug Nr. 6 (MB S63 AMG B…) sei ohne schriftliche Dokumentation an einen Herrn A… A…C… übergeben worden. Die direkte Verbindung der Übergabe des Fahrzeugs mit einem Darlehen von einen Herrn A… A… C… an den Beklagten in Höhe von 200.000 € habe die Klägerin umfassend dargelegt.
Die Fahrzeuge Nr. 7-11 (insgesamt 190.000 €) seien mit rudimentären Angaben in den Mietverträgen an eine einem kriminellen Clan zugehöriges Unternehmen P… S…in Frankreich vermietet worden. Auch seien nur teilweise Mietkautionen vereinbart und dann vom Kläger nicht eingefordert worden.
Insgesamt sei dem Kläger klar gewesen, was mit den Fahrzeugen geschehe und insbesondere, dass die Klägerin sie nicht mehr zurückerhalten werde. Auch der Einsatz von Fahrzeugen zur Befriedung von Problemen mit Clan Mitgliedern durch den Beklagten sei vorsätzlich zu Lasten der Klägerin erfolgt.
Die Klägerin beantragt zu ihrer Anschlussberufung,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. April 2023 teilweise zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 325.863,42 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2017 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Klageabweisung unter Verweis auf seine erstinstanzlichen Ausführungen.
Die Akte der Staatsanwaltschaft Berlin mit dem Aktenzeichen 233 J2 4983/17 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet, so dass der Beklagte für das Fahrzeug Nr. 13 einen Betrag von 192.017,45 € an die Klägerin zu zahlen hat (1.). Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist teilweise begründet, so dass der Beklagte für das Fahrzeug Nr. 3 und Nr. 4 weitere 51.030,09 € zu zahlen hat (2.). Dabei ist die Klageabweisung hinsichtlich der Fahrzeuge 1, 2, 5 und 12 rechtskräftig geworden. Denn die Klägerin greift das Urteil mit der Anschlussberufung hinsichtlich der Fahrzeuge Nr. 3, 4, 6, 7-11 an, der Beklagte mit der Berufung hinsichtlich des Fahrzeugs 13.
1. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung des Rückkaufpreises von 192.017,45 € für das Fahrzeug Nr. 13 gemäß § 823 Abs. 1 BGB verurteilt. Zwar handelt der Geschäftsführer einer GmbH im Rahmen seines Aufgabenkreises als organschaftlicher Vertreter der juristischen Person, so dass diese nach § 31 BGB für Schäden haftet, die er in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen einem Dritten zufügt. Dieser Grundsatz schließt indessen eine daneben bestehende eigene Haftung des Geschäftsführers nicht aus, wenn er persönlich den Schaden durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 12. März 1996 – VI ZR 90/95 –, Rn. 9, juris; vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73 - NJW 1974, 1371, 1372; vom 29. September 1987 - VI ZR 300/86 - NJW 1988, 1782 und vom 11. Juli 1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205).
Diese Voraussetzungen für eine persönliche Haftung des Klägers sind erfüllt. Der Lamborghini ist unauffindbar verschwunden, so dass das Eigentum der Klägerin an dem Fahrzeug verletzt ist. Denn die Verletzung des Eigentums an einer Sache nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen (BGH, Urteil vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 –, Rn. 25, juris). Das ist vorliegend der Fall, da das Fahrzeug seit über sieben Jahren nicht mehr auffindbar ist. Schon angesichts dieses langen Zeitraums liegt eine der Zerstörung der Sache gleichzustellende Einwirkung auf die Sache vor.
Diese Eigentumsverletzung ist auf ein Tun des Beklagten zurückzuführen, wobei schon das Abstellen des Fahrzeugs ohne Nummernschilder zu einer Haftung führt. Denn schon das Abstellen des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenland ohne Nummernschilder steigert die Gefahr einer Entwendung des Fahrzeugs derart, dass eine Haftung des Beklagten gerechtfertigt ist.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Verschwinden dieses Fahrzeugs erst durch das Dazwischentreten Dritter erfolgt ist. Allerdings unterbricht das Dazwischentreten Dritter den Kausalverlauf nicht schon grundsätzlich. Setzen zwei Schädiger nacheinander Ursachen, kann der Verursachungsbeitrag eines Zweitschädigers zwar die Wertung erlaubten, dass die durch den Erstschädiger geschaffene Gefahrenlage für den Zweitschädiger eine Haftung des Erstschädigers nicht mehr rechtfertigt. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen also, wenn die zweite Ursache - das Eingreifen des Dritten - den Geschehensablauf so verändert hat, dass die Rechtsgutsverletzung bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu, der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken in der Rechtsgutsverletzung dagegen die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12 –, BGHZ 199, 237-270, Rn. 55; BGH, vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09, VersR 2010, 1662 Rn. 20; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 10; BGH, Urteile 15. November 2007 - IX ZR 44/04, BGHZ 174, 205 Rn. 11 ff.). So hat der Bundesgerichtshof die Schaffung eines stark erhöhten Diebstahlrisikos als Haftungsgrund trotz eines darauf folgenden Diebstahls durch einen Dritten angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1978 – VI ZR 253/77 –, Rn. 12, juris; siehe auch für die Entwendung eines Fahrzeugschlüssels: OLG Hamm, Urteil vom 17. Februar 2004 – 9 U 161/03 –, Rn. 7, juris). Der Zurechnungszusammenhang zwischen der mittelbaren Ursache und einer auf ihrer Grundlage ausgeführten unmittelbaren vorsätzlichen Rechtsgutverletzung wird jedenfalls dann nicht unterbrochen, wenn der Ersttäter die Gefahrenlage für das betroffene Rechtsgut wesentlich gesteigert hat (OLG Hamm, Urteil vom 17. Februar 2004 – 9 U 161/03 –, Rn. 7, juris).
Hiervon ausgehend hat das Landgericht zu Recht eine Haftung des Beklagten angenommen. Das Abstellen des Fahrzeugs ohne Nummernschilder hat zum Verschwinden des Fahrzeugs und damit zur Eigentumsverletzung der Klägerin beigetragen. Dadurch hat der Beklagte auch ein stark erhöhtes Diebstahlsrisko geschaffen. Wird ein Fahrzeug ohne Nummernschilder im öffentlichen Parkraum abgestellt, liegt der Schluss nahe, dass der letzte Gewahrsamsinhaber ein verringertes Interesse an dem Fahrzeug hat. Darauf deutet schon hin, dass auf diesem Weg eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 14 Abs. 2 BerlStrG mit Geldbußen bis 10.000 € verwirklicht wird. Wenn ein Fahrzeug daher ohne Nummernschilder im öffentlichen Straßenland abgestellt wird, liegt der Schluss nahe, dass kein gesteigertes Interesse mehr an dem Fahrzeug besteht. Gegen einen solchen Schluss spricht auch nicht der hohe Wert des gegenständichen Fahrzeugs. Denn auch wenn das Fahrzeug für den Eigentümer weiterhin diesen Wert hat, heißt das nicht, dass der letzte Gewahrsamsinhaber, der das Fahrzeug ohne Nummernschilder abgestellt hat, einen vergleichbaren Wert auf das Fahrzeug legt.
Das Fehlen der Nummernschilder sichert das Fahrzeug auch nicht auf andere Weise gegen einen Diebstahl. Zwar ist das Entdeckungsrisiko hoch, falls das Fahrzeug ohne Nummernschilder am Straßenverkehr teilnehmen sollte. Allerdings ist mit der Anbringung von roten Kennzeichen oder gefälschter Nummernschilder an dem Fahrzeug dessen zumindest kurzfristig wenig auffällige Teilnahme am Straßenverkehr ohne weiteres möglich.
Nichts anderes gilt für den Fall, dass der Beklagte den Lamborghini in einem öffentlichen Parkhaus an der Mercedes-Benz-Arena und nicht auf der Straße geparkt abgestellt haben sollte. Der Beklagte hat hierzu erstmals im Berufungsrechtszug vorgebracht, er habe den Lamborghini nicht wie erstinstanzlich vorgetragen auf dem öffentlichen Straßenland, sondern in einem Parkhaus an der Mercedes Benz Arena geparkt. Dabei kann offenbleiben, ob dieses Vorbringen nicht ohnehin unerheblich ist. Der Beklagte hat jedenfalls auch im polizeilichen Vernehmungsprotokoll erklärt, dass der Lamborghini vor der Mercedes Benz Arena stand (Bl. 20 LG). Eine nachvollziehbare Erläuterung für die Vortragsänderung hin zu einem Abstellen im Parkhaus ist dagegen nicht erfolgt. Aber selbst das Einstellen im Parkhaus ohne Nummernschilder steigert das Entwendungsrisiko nicht unerheblich, insbesondere liegt es nahe, dass eine baldige Teilnahme des Berechtigten mit dem Fahrzeug am Straßenverkehr unwahrscheinlich ist und das Entdeckungsrisiko eines Diebstahls dieses Fahrzeugs im Falle einer Entwendung verringert ist. Das gilt umso mehr, als der Beklagte selbst mit der Berufungsbegründung vorgebracht hat, ein „Herausfahren [aus dem Parkhaus erfordere] jedoch keine besondere Legitimation“ (Bl. 25 OLG).
Das Verhalten des Beklagten war auch rechtswidrig und zumindest fahrlässig. Der Schaden der Klägerin liegt darin begründet, dass das Fahrzeug dauerhaft nicht mehr auffindbar ist und die Klägerin daher den vereinbarten Rückkaufpreis von 192.017,45 € nicht erhält.
Der Senat übersieht nicht, dass der Lamborghini nach dem Vorbringen des Beklagten nicht von einem unbekannten Dritten, sondern von einem Herrn A…A…C… mit dem ihm vom Beklagten übergebenen Schlüssel und einem roten Nummernschild versehen weggefahren worden sein soll. Falls damit, so wie der Beklagte vorbringt, tatsächlich kein Einverständnis des Beklagten vorgelegen haben sollte, ändert das an seiner Haftung nichts. Denn auch in diesem Fall hat sich das durch die entfernten Nummernschilder erhöhte Risiko in der Entwendung des Fahrzeugs verwirklicht.
2. Die Klägerin greift das Urteil mit der Anschlussberufung hinsichtlich der Fahrzeuge Nr. 3, 4, 6, 7-11 an. Hinsichtlich der Fahrzeuge Nr. 3 und 4 hat die Anschlussberufung Erfolg, im Übrigen bleibt die Anschlussberufung erfolglos.
2.1 Hinsichtlich des Fahrzeugs Nr. 3, Typ VW Golf, hat die Berufung Erfolg, der Beklagte haftet für dessen Verschwinden in Höhe des vereinbarten Rückkaufspreises von 29.413,10 € gemäß § 823 Ab.1 BGB. Dabei folgt die Haftung allerdings nicht aus dem Vortrag der Klägerin, der Beklagte habe das Fahrzeug an ein Autohaus S…, ein einem kriminellen Clan zuzurechnendes Unternehmen, übergeben. Denn die Klägerin hat hierzu lediglich Verstrickungen des Beklagten in diese Strukturen behauptet, aber keine konkreten Umstände vorgetragen, die allein schon aus einer wie auch immer gearteten Verstrickung zu einer Haftung führen könnten.
Allerdings ist bei diesem Fahrzeug zu berücksichtigen, dass der Beklagte selbst vorgebracht hat, er habe das Fahrzeug nach Ende der Mietzeit aus Angst vor dem kriminellen Clan nicht mehr zurückgefordert, so dass die haftungsbegründende Handlung in der fehlenden Rückforderung zu sehen ist. Soweit das Landgericht hierbei unter Berufung auf einen Notstand des Beklagten nach § 34 StGB dennoch von einer Haftung absieht, trifft das nicht zu. Das Landgericht hat dazu angenommen, dass sich eine Rechtfertigung nach § 34 StGB ergebe, da die körperliche Unversehrtheit des Beklagten ein größeres Gewicht aufweise als der Vermögensgegenstand Auto.
Zwar kann auch eine gegenwärtige Dauergefahr einer Rechtfertigung nach § 34 StGB offenstehen. Allerdings fehlt es an einer nicht anders abwendbaren Gefahrenlage. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem Beklagten zivilrechtliche Schritte nicht zumutbar möglich gewesen sein sollen. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte in seiner polizeilichen Vernehmung ausgeführt hat, dass nach einer „Gefährderansprache vom MEK [mobiles Einsatzkommande der Polizei] erstmal Ruhe“ gewesen sei (Bl. 14 Bd. III der beigezogenen Ermittlungsakte).
2.2 Hinsichtlich des Fahrzeugs Nr. 4, Typ Nissan Infiniti, hat die Berufung Erfolg. Der Beklagte haftet für dessen Verschwinden in Höhe des vereinbarten Rückkaufspreises von 21.616,99 € gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Denn aus der erforderlichen Gesamtwürdigung folgt, dass die Übergabe des Fahrzeugs an einen Herrn A… durch den Beklagten das Risiko deutlich erhöht hat, dass es nicht zurückgegeben wird. Darauf deutet schon hin, dass der Beklagte die Übergabe des Fahrzeugs unstreitig nur durch einen Scheinvertrag begleitet hat und eine Bezahlung durch Herrn A…nicht erfolgen sollte. Vielmehr sollte die Fahrzeugübergabe deshalb erfolgen, weil Herr A… sich wegen einer anderen Schuld des Beklagten über 70.000 € für den Beklagten eingesetzt hat und insbesondere in einer körperlichen Auseinandersetzung dazu für den Beklagten eingetreten ist. Wenn Herr A… derart großzügig vom Beklagten mit einem Auto ausgestattet wird, liegt jedoch die Vermutung nahe, dass der Beklagte persönlich die ohnehin nur zum Schein erfolgte Vermietung des Fahrzeugs und damit auch dessen Rückgabe nicht überaus ernst nimmt. Danach hat sich die Gefahr des Verlustes des Fahrzeugs durch die Übergabe des Fahrzeugs an Herrn A… gewichtig erhöht, so dass der Rückkaufpreis von 21.616,99 € ebenfalls als Schadensersatz zu erstatten ist.
2.3 Beim Fahrzeug Nr. 6, Typ Mercedes-Benz S 63 AMG hat das Landgericht allerdings zutreffend eine Haftung des Beklagten verneint. Der Klägerin steht gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein entsprechender Anspruch zu.
a) Der Beklagte haftet der Klägerin nicht aus Vertrag. Der Geschäftsführer einer GmbH kann gegenüber Dritten nach § 311 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 i.V.m. § 280 BGB haften, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst (BGH v. 5.4.1971 - VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 83; BGH v. 22.3.1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 108.). Hierfür ist nichts ersichtlich.
b) Der Beklagte haftet der Klägerin nicht nach § 43 Abs. 1, 2 GmbHG. Eine Außenhaftung sieht diese Vorschrift nicht vor. Eine analoge Anwendung von § 93 Abs. 5 AktG - wonach Gläubiger der Gesellschaft einen Schaden direkt gegen den Vorstand geltend machen können - scheidet für Ansprüche aus § 43 Abs.2 GmbHG aus. Denn die Schaffung einer solchen Regelung im GmbHG wurde erwogen, aber nicht verwirklicht (BT-Drucks. VI/3088, S. 21, 126; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, Rz. 73; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, Rz. 80; Drescher, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, Rz. 62; Wicke, Rz. 11).
c) Der Beklagte haftet auch nicht aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
aa) Wegen der von der Klägerin vorgebrachten Vermietung des Fahrzeugs ohne oder mit einem unvollständig ausgefüllten Vertrag ist unstreitig, dass dem Beklagten die Namen und Anschriften des Mieters allesamt bekannt gewesen sind und er die Übergabe der Fahrzeuge habe „bezeugen können“. Zwar dürfte dieses Verhalten, ein Auto ohne oder nur unvollständigem schriftlichen Mietvertrag herauszugeben, den Anreiz steigern, dieses Auto nicht zurückzugeben. Eine erhebliche Steigerung des Diebstahlsrisikos ist damit jedoch nicht verbunden, wenn der jeweilige Mieter wusste, dass seine Personalien ohnehin bekannt waren.
bb) Dabei führt auch das Vorbringen der Klägerin, der Beklagte habe Verlustmeldungen nicht oder verspätet an die Versicherung der jeweiligen Fahrzeuge übermittelt, nicht zum Erfolg der Berufung.
Fehlende oder verspätete Verlustmeldungen des Beklagten für Fahrzeugverluste sind von § 823 Abs. 1 BGB nicht geschützt. Zwar führt die fehlende Meldung an die Versicherung zu einem Verstoß gegen die Obliegenheit des § 30 VVG und kann zum Verlust der Versicherungsleistung führen. Diese Frage betrifft allerdings das Vermögen der Klägerin und ist nicht von § 823 BGB erfasst. Primäre Vermögensschäden sind deliktisch nicht geschützt (st Rspr. etwa BGH, Urteil vom 22. April 1958 – VI ZR 65/57 –, BGHZ 27, 137-143, Rn. 8; BGH, Urteil vom 4. Februar 1964 – VI ZR 25/63 –, BGHZ 41, 123-128, Rn. 11; BGH, Urteil vom 5. Februar 1992 – IV ZR 94/91 –, Rn. 17, juris).
cc) Auch die Umstände um die Übergabe des gegenständlichen Mercedes S 63 AMG an einen Herrn A…A…C… begründet keine Haftung. Die Klägerin trägt hierzu im Wesentlichen vor, dass dem Beklagten eine Verstrickung in einen kriminellen Clan bewusst gewesen sei. Sie trägt allerdings über die allgemeine Mutmaßung hinaus keine Umstände vor, die die Annahme einer fahrlässigen Eigentumsverletzung auch im konkreten Fall rechtfertigen könnten. Solche Umstände sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal auch die Staatsanwaltschaft Berlin das gegen den Beklagten geführte Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat. Soweit der Beklagte im Zusammenhang mit der Übergabe des Fahrzeugs seinerseits ein Darlehen über 200.000 € von einem Herrn A…A…C… erhalten haben soll, folgt auch daraus ohne weitere Einzelheiten nicht, dass die Darlehenshingabe das Risiko einer Entwendung des Fahrzeugs irgend geartet erhöht haben könnte.
d) Auch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm den Regelungen des StGB folgt keine Haftung des Beklagten wegen des Fahrzeugs Nr. 6.
aa) Eine Schutzgesetzverletzung wegen Diebstahls gemäß § 242 StGB liegt nicht vor. Ungeachtet der Verwirklichung des objektiven Tatbestands fehlt es am subjektiven Element. Auszugehen ist von der im Schutzgesetz geforderten Schuldform. Ist nur vorsätzliches Verhalten verboten, so ist dieses auch Voraussetzung für die Haftung auf Schadensersatz (Staudinger/J Hager (2021) BGB § 823 G, Rn. G 37). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte irgend geartet als Mittäter oder Gehilfe an einem Diebstahl beteiligt war, liegen angesichts der behaupteten Zusammenarbeit des Beklagten mit kriminellen Clan-Strukturen zwar nicht fern. Dass er sich an einer solchen Tat allerdings mit zumindest bedingtem Vorsatz und Zueignungsabsicht beteiligt hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Gleiches gilt für eine Haftung über § 263 Abs. 1 StGB.
bb) Eine Unterschlagung ist ebenfalls nicht verwirklicht. Dass der Beklagte die Fahrzeuge für sich nutzen wollte, ist nicht ersichtlich. Zwar reicht es für § 246 StGB aus, dass die Tat zu einem Aneignungserfolg bei einem Dritten führt. Allerdings muss der Aneignungserfolg bedeuten, dass der Dritte Eigentümer wird oder eine eigentümerähnliche Stellung erlangt (Vogel/Brodowski in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 246 StGB, Rn. 47). Das war aber schon deshalb nicht der Fall, weil die Dritten nach dem objektiven Bild die Fahrzeuge aufgrund eines Mietvertrags besessen haben. Daher kann auch offenbleiben, ob für eine Unterschlagung – nach bisheriger Auffassung - eine Manifestation des Zueignungswillens ausreicht (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1959 – GSSt 1/59 –, BGHSt 14, 38-48, Rn. 11) oder weiter, dass der Eigentümer auf Dauer von der Nutzung ausgeschlossen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2023 – 6 StR 191/23 –, Rn. 10, juris).
Soweit der Beklagte die gegenständlichen Fahrzeuge vereinbarungswidrig nicht zurückgegeben hat, liegt darin ebenfalls keine Unterschlagung. So liegt in dem bloßen Unterlassen der zivilrechtlich geschuldeten Rückgabe sicherungsübereigneter Gegenstände keine vollendete Zueignung, denn ein solches beeinträchtigt die Eigentümerbefugnisse nicht weitergehend, als bereits durch die im Rahmen des Miet- oder Leasingvertrags erfolgte Gebrauchsüberlassung geschehen (BGH, Beschluss vom 29. November 2023 – 6 StR 191/23 –, Rn. 12, juris; BGH, Beschluss vom 14. November 2012 – 3 StR 372/12 –, Rn. 10, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21. August 2009 – 1 Ss 57/09 –, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 27. April 2001 – 1 Ss 21/01 –, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Juli 2009 – 1 Ss 45/09 –, Rn. 10, juris). Nichts anderes ist vorliegend der Fall, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte die Fahrzeuge in sein eigenes Vermögen einverleiben wollte.
c) Eine Schutzgesetzverletzung folgt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Untreue gemäß § 266 StGB. Es fehlt jedenfalls die erforderliche Vermögensbetreuungspflicht. Eine Vermögensbetreuungspflicht setzt voraus, dass der Täter in einer Beziehung zum Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt (Saliger in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 266 StGB, Rn. 10). Anhaltspunkte für eine Vermögensbetreuungspflicht sind danach der Stellenwert der Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, Spielraum und Verantwortlichkeit des Treunehmers bei der Pflichterfüllung sowie Dauer und Umfang seines Pflichtenkreises. Von primärer Bedeutung ist insbesondere, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (Saliger in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 266 StGB, Rn. 10).
Danach reicht allein die Pflicht des Beklagten, die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin zu schützen nicht aus, um eine Vermögensbetreuungspflicht anzunehmen. Denn weder die bloße Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen, noch die allgemeine vertragliche Nebenpflicht (§§ 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB), auf die (Vermögens-)Interessen des Vertragspartners nach Treu und Glauben Rücksicht zu nehmen, begründet eine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 –, BVerfGE 126, 170-233, Rn. 108; BGH, Urteil vom 13. Juni 1985 – 4 StR 213/85 –, BGHSt 33, 244-252; BGH, Beschluss vom 2. April 2008 – 5 StR 354/07 –, BGHSt 52, 182-191, Rn. 15). Insbesondere verband die Klägerin und die F… GmbH eine gewöhnliche geschäftliche Beziehung, die regelmäßig mit der Berührung von Vermögensinteressen verbunden ist. Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Hauptgegenstand der Vertragsbeziehung zwischen Klägerin und F… GmbH die Vermögensfürsorge für die Klägerin ausmacht (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 –, BVerfGE 126, 170-233, Rn. 108).
d) Der Beklagte haftet wegen des Fahrzeugs Nr. 6 auch nicht wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Nach dieser Vorschrift ist, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Es fehlt vorliegend schon an der Sittenwidrigkeit.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 16; BGH, Urteil vom 14. Juli 2015 - VI ZR 463/14, MDR 2015, 1363; BGH, Urteil vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, NJW 1992, 3167; BGH, Urteil vom 24. September 1991 - VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282).
Diese Voraussetzungen für Sittenwidrigkeit sind nicht erfüllt. Zwar trifft das Vorbringen der Klägerin zu, wonach eine offenbar fortwährende Verstrickung des Beklagten mit wohl kriminellen Personengruppen überaus auffällig erscheint. Dass der Beklagte allerdings über eine Opferrolle hinaus zumindest gewusst hat, dass sein Verhalten zum Verlust der Fahrzeuge führt, ist auch in der Gesamtschau nicht hinreichend vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Gegenteil hat die Staatsanwaltschaft Berlin eben zu diesen Fragen ermittelt und keine Anhaltspunkte für eine Verstrickung des Beklagten festgestellt. Ausweislich der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachte Akte der Staatsanwaltschaft Berlin mit dem Aktenzeichen 233 J2 4983/17 hat die Staatsanwaltschaft Berlin wegen einer Vielzahl der gegenständlichen Vorgänge gegen den Beklagten Ermittlungsverfahren geführt und alle gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Bl. 161 ff. Bd. VI der beigezogenen Ermittlungsakte). Dabei hat die Staatsanwaltschaft insbesondere ausgeführt, dass alleine der Umstand, dass der Beklagte die Fahrzeuge zum Teil an Personen überlassen habe, „die er selbst für gefährlich gehalten“ habe, nicht für einen hinreichenden Tatverdacht ausreiche. Auch sonst sind keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die alleine aus behaupeten Geschäften des Beklagten mit Personen aus dem kriminellen Clan-Milieu den Rückschluss auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin durch den Beklagten gestatten würden und den Vortrag näherer Einzelheiten entbehrlich machen könnten.
Der Senat hat auch erwogen, ob sich aus den zeitlichen Abläufen weitergehende Schlüsse ziehen lassen, dies aber verneint. Denn die gegenständlichen Vermietungen haben im Wesentlichen im Jahr 2016 begonnen. Daher sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger im Zeitpunkt von Vermietungen schon aus vorangegangenen Vermietungen wissen musste, dass die Fahrzeuge nicht mehr zur Klägerin zurückgelangen werden.
2.4 Hinsichtlich der an eine P… S… in Frankreich vermieteten Fahrzeuge Nr. 7-11 haftet der Beklagte ebenfalls nicht, insbesondere nicht nach § 823 Abs.1 BGB. Der Beklagte hat keine relevant erhöhte Gefahr von deren Entwendung verursacht . Die von der Klägerin vorgebrachten Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung von Mietverträgen und bei der Meldung von Versicherungsfällen reichen, wie bereits aufgezeigt, für eine Haftung nicht aus. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte wusste, dass es sich bei dem anmietenden Unternehmen aus Frankreich um ein Clan-Unternehmen handeln soll, noch, dass er sonstige Anhaltspunkte für gravierende Unregelmäßigkeiten hatte. Soweit der Kläger nach dem Vorbringen der Klägerin vertraglich vereinbarte Sicherheiten für die Anmietung nicht beigetrieben hat, lässt sich aus diesem Umstand nicht schließen, dass daraus eine Erhöhung des Entwendungsrisikos folgt, wenn schon die bekannte Anschrift des Mieters die Entwendung nicht verhindert hat. Dies gilt umso mehr, als auch die Klägerin ausgeführt hat, dass die Kaution das wirtschaftliche Risiko nur unzureichend abdecke (S. v. 5. September 2022, Bl. 167 Lg).
3. Damit haftet der Beklagte hinsichtlich der Fahrzeuge 3, 4 und 13. Der Senat war dabei nicht gehalten, von Amts wegen gemäß § 255 BGB auszusprechen, dass der Beklagte nur Zug um Zug gegen Abtretung der Insolvenzforderung der Klägerin gegen die Gesellschaft zu zahlen hat, um dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot Rechnung zu tragen (vgl. für Neugläubiger BGH, Urteil vom 5. Februar 2007 – II ZR 234/05 –, BGHZ 171, 46-55, Rn. 20), insbesondere fehlt hierzu jeder Vortrag der Parteien.
4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 849, 288 Abs. 1 BGB.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.
6. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.
7. Der Streitwert wird für die Berufung gemäß §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO auf 517.880,87 € (Berufung 192.017,45 €, Anschlussberufung 325.863,42 €) festgesetzt.