Gericht | OVG Berlin-Brandenburg Der 11. Senat | Entscheidungsdatum | 16.05.2024 | |
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Aktenzeichen | 11 A 22/21 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0516.11A22.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4; 1 Abs. 4; 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; 2 Abs. 4 UmwRG, 35 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 2.13 der Anlage 5 UVPG, 3 Abs. 1,; 4 Abs. 1; 9 ; 2 Abs. 3 Nr. 3 KSG, Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG , 82 Abs. 1 Satz 2; 91 ; 172 VwGO, 47 Abs. 1; 51 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta, 9 Abs. 3 Aarhus-Kovention |
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Kläger zu 2. bis 4. die Klage zurückgenommen haben.
Auf die Klage des Klägers zu 1. wird die Beklagte verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts das Klimaschutzprogramm 2023 nach § 9 Bundesklimaschutzgesetz durch Beschluss der Bundesregierung um die erforderlichen Maßnahmen
a. zur Einhaltung der in Anlage 2 des Bundesklimaschutzgesetzes genannten Jahresemissionsmengen für die Sektoren Verkehr, Gebäude, Industrie, Energiewirtschaft und Abfallwirtschaft und Sonstiges in den Jahren 2024 bis 2030 unter Berücksichtigung des § 4 Abs. 3 Satz 1 Klimaschutzgesetz und
b. zur Erreichung des in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Klimaschutzgesetz genannten nationalen Klimaschutzziels
zu ergänzen.
Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 1. abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Beklagte zwei Drittel und die Kläger zu 2. bis 4. je ein Neuntel. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2. bis 4. tragen diese jeweils selbst.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. der zu vollstreckenden Kosten für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger zu 1., eine gem. § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, fordert von der Bundesregierung zuletzt noch die Änderung des am 4. Oktober 2023 beschlossenen Klimaschutzprogramms 2023, dessen Maßnahmen er für unzureichend hält, um die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Kläger zu 2. bis 4. haben sich der Klage im Laufe des Verfahrens angeschlossen, aber in der der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 ihre Klagen zurückgenommen.
Als Teil der nationalen Klimaschutzstrategie hat die Bundesregierung im November 2016 den „Klimaschutzplan 2050 – Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung“ beschlossen. Danach, am 11. Dezember 2018, hat die EU die Verordnung (EU) 2018/99 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz (ABl. L 328 vom 21. Dezember 2018, S. 1 - EU-GovernanceVO) erlassen, welche die Umsetzung der Ziele der Energieunion, insbesondere der EU-2030-Ziele zum Anteil erneuerbarer Energien und zur Energieeffizienz mittels eines neuen Planungs- und Monitoringsystems sicherstellen soll. Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 EU-GovernanceVO haben die Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 2020 und anschließend bis zum 1. Januar 2029 und danach alle zehn Jahre ihre jeweils langfristige Strategie mit einer Perspektive von 30 Jahren und im Einklang mit dem Unionsziel der Klimaneutralität zu erstellen und der Kommission vorzulegen. Nach Satz 2 sollten die Mitgliedstaaten diese Strategien erforderlichenfalls alle fünf Jahre aktualisieren.
Zur Umsetzung des Klimaschutzplans hat die Bundesregierung im Oktober 2019 das Klimaschutzprogramm 2030 (KSP 2030) beschlossen. Außerdem trat am 18. Dezember 2019 das Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513, - KSG -) in Kraft, das durch das Erste Änderungsgesetz vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905) geändert wurde. Der Bundestag beschloss am 26. April 2024 das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes, mit dem u.a. § 9 KSG geändert werden soll (BT-Drs. 20/8290 und 20/8670), das aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 nicht in Kraft getreten war.
Als zentrales Instrument der Klimaschutzplanung sieht § 9 KSG das Klimaschutzprogramm vor. Das Klimaschutzprogramm beruht auf dem jeweils aktuellem Projektionsbericht, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG. Die Bundesregierung erstellt ab dem Jahr 2021 alle zwei Jahre einen Klimaschutz-Projektionsbericht nach den Vorgaben des Art. 18 EU-GovernanceVO, der die Projektionen von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) einschließlich der Quellen und Senken des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) und die nationalen Politiken und Maßnahmen zu deren Minderung enthält, § 10 Abs. 2 Satz 1 KSG. Der Bericht ist dem Deutschen Bundestag bis zum 31. März des jeweiligen Jahres zuzuleiten (Satz 2). Bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 sind der Klimaschutz-Projektionsbericht 2021 für Deutschland (BT-Drs. 19/32706 vom 12. November 2021) und der Klimaschutz-Projektionsbericht 2023 für Deutschland (BT-Drs. 20/8455 vom 18. September 2023) erstellt worden. Der Projektionsbericht 2023 beschreibt die projizierte Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland in einem Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS) sowie in einem Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS) für die Jahre 2023 bis 2050. Für die weiteren Einzelheiten der Berichte wird auf diese Bezug genommen.
Die Bundesregierung erstellt zudem nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSG jährlich einen Klimaschutzbericht, der die Entwicklung der THG-Emissionen in den verschiedenen Sektoren, den Stand der Umsetzung der Klimaschutzprogramme nach § 9 und der Sofortprogramme nach § 8 sowie eine Prognose der zu erwartenden THG-Minderungswirkungen enthält. Nach Satz 3 ist der Klimaschutzbericht für das jeweilige Vorjahr bis zum 30. Juni dem Deutschen Bundestag zuzuleiten. Auf die bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 vorliegenden Klimaschutzberichte der Bundesregierung der Jahre 2020 (BT-Drs. 19/22180 vom 21. August 2020), 2021 (BT-Drs. 20/47 vom 5. November 2021) und 2022 (BT-Drs. 20/3790 vom 29. September 2022) wird Bezug genommen.
Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen wird durch das Umweltbundesamt beobachtet. Gemäß § 5 Abs. 1 KSG erstellt das Umweltbundesamt die Daten für das zurückliegende Kalenderjahr (Berichtsjahr), beginnend mit dem Berichtsjahr 2020 auf der Grundlage der methodischen Vorgaben der Europäischen Klimaberichterstattungsverordnung oder auf der Grundlage einer nach Artikel 26 der Europäischen Governance-Verordnung erlassenen Nachfolgeregelung. Das Umweltbundesamt veröffentlicht und übersendet bis zum 15. März eines jeden Jahres die Emissionsdaten des Berichtsjahres an den Expertenrat für Klimafragen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 lag als aktuellster Bericht der Bericht „Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt“ vom März 2024 vor. Der Expertenrat für Klimafragen erstellte dazu den „Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023“ vom April 2024.
Die Bundesregierung hat am 4. Oktober 2023 das Klimaschutzprogramm 2023 (KSP 2023) beschlossen. Zum Entwurf des KSP 2023 hat der Expertenrat für Klimafragen eine Stellungnahme (vom 22. August 2023, Stand: 15. September 2023) abgegeben, die er im oben genannten Prüfbericht vom April 2024 ergänzte.
Der Kläger zu 1. (im Folgenden Kläger) beantragte bei der Bundesregierung bereits mit Schreiben vom 8. Dezember 2020, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, welches geeignet ist, die Einhaltung der in Anlage 2 KSG für die einzelnen Sektoren festgelegten Jahresemissionsmengen zu gewährleisten.
Er hat dann am 8. März 2021 Klage erhoben, mit der er zunächst von der Bundesregierung ein Klimaschutzprogramm begehrte, mit dessen Maßnahmen die zulässigen Jahresemissionsmengen an Treibhausgasen nach §§ 3, 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 KSG für die Jahre bis 2030 in den Sektoren Industrie, Energiewirtschaft, Gebäude und Landwirtschaft eingehalten werden. Der Kläger hatte zudem verschiedene Hilfsanträge gestellt, die in erster Linie auf die Einhaltung eines linearen Reduktionspfades, mindestens aber auf die Einhaltung des Klimaschutzziels nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG für 2030 zielten. Diese Anträge hat er im Wesentlichen wie folgt begründet:
Seine Klage sei zulässig und begründet. Er verfüge über die nach dem UmwRG erforderliche Klagebefugnis. Das folge schon daraus, dass das Klimaschutzprogramm nach § 9 KSG ein Programm sei, für das nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 7, § 35 Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 5 eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) bestehen könne. Im Übrigen stehe ihm unabhängig von der SUP-Pflichtigkeit des Klimaschutzprogramms eine Klagebefugnis zu. Dies ergebe sich jedenfalls aus dem Unionsrecht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Begründung eines effektiven Klagerechts für Umweltverbände durch Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention (AK) i.V.m. Art 47 EU-Grundrechtecharta (GRC). Die Klage sei als Leistungsklage nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäben bestimmt genug und er verfüge auch über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Für seine Auffassung, dass seine Klage zulässig sei, verweist er zuletzt im Wesentlichen auf die Urteile des Senats vom 30. November 2023 in den Verfahren OVG 11 A 21/22, OVG 11 A 27/22 und OVG 11 A 1/23.
Die Klage sei auch gemäß § 2 Abs. 4 UmwRG begründet. Für das Klimaschutzprogramm sei gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen, da es nach § 35 Abs. 3 UVPG einen Rahmen für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben setze. Dies sei bei einem Klimaschutzprogramm im Sinne von § 9 KSG für eine Vielzahl von in Anlage 1 UVPG aufgeführten UVP-pflichtigen Vorhaben der Fall. Unabhängig davon sei § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts teleologisch zu reduzieren, so dass die Begründetheit der Klage nicht voraussetze, dass tatsächlich eine SUP-Pflicht bestehe.
Die Beklagte verstoße gegen die umweltbezogene Rechtsvorschrift aus § 9 Abs. 1 KSG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 3 und Satz 6 i.V.m. Anlage 2 KSG. Denn sie sei verpflichtet, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, mit dessen Maßnahmen die in § 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 KSG genannten Jahresemissionsmengen in den Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft eingehalten werden. § 3 Abs. 1 KSG sehe vor, dass die THG-Emissionen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 schrittweise um mindestens 55 % bzw. – seit Änderung des KSG durch das Erste Änderungsgesetz vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905) – um 65 % gemindert werden. Zur Verwirklichung des in § 3 Abs. 1 KSG geregelten Gesamtminderungsziels seien nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 KSG i.V.m. Anlage 2 zum KSG die Jahresemissionsmengen jeweils für die in Anlage 1 genannten Sektoren festgelegt worden. Dabei seien die Jahre 2020 bis 2030 abgedeckt worden. Aus § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG ergebe sich, dass sowohl die jährlichen Emissionshöchstmengen als auch der hierdurch vorgezeichnete lineare Minderungspfad verbindlich festgelegt seien.
Soweit Anlage 2 für den Bereich der Energiewirtschaft nur Jahresemissionsmengen für 2020, 2022 und 2030 enthalte, sei gleichwohl auch für den Energiesektor davon auszugehen, dass, was der Kläger näher begründet, eine lineare Reduktion gewährleistet sein müsse. § 4 Abs. 3 Satz 1 KSG stehe dem klägerischen Begehren nicht entgegen. Denn damit sei es lediglich möglich, innerhalb eines Sektors Über- oder Unterschreitungen auf die Folgejahre anzurechnen. Ein Hin- und Herschieben von Emissionsmengen zwischen Sektoren sei von dieser Vorschrift nach geltender Rechtslage nicht erfasst. Auch die in Art. 5 Abs. 4 EU-Klimaschutzverordnung geregelte Möglichkeit des Ankaufs von Emissionszuweisungen von anderen Mitgliedstaaten entbinde nicht von der Verpflichtung, ein Programm aufzustellen, dass gemäß § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 KSG einen linearen Minderungspfad einhalte.
Die Beklagte sei daher zur Aufstellung eines Klimaschutzprogramms verpflichtet, das zur Erreichung der im KSG verankerten Emissionsziele sowohl hinsichtlich der einzelnen Sektoren als auch hinsichtlich der Gesamtemissionsmenge prognostisch geeignet sei. Dabei hat der Kläger zunächst ausführlich ausgeführt, weshalb das KSP 2030, das 2019 beschlossen wurde, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche und zu ändern sei. Er hat auch das Zweijahresgutachten 2022 des Expertenrats für Klimafragen in das Verfahren eingeführt, dass nach seiner Auffassung seinen Vortrag zur fehlenden Zielerreichung des Klimaschutzprogramms bis zum Jahr 2030 bestätigt.
Nachdem die Bundesregierung am 4. Oktober 2023 das KSP 2023 beschlossen hat, begründet der Kläger seine Klage wie folgt: Auch das neue Klimaschutzprogramm verfehle die gesetzlichen Anforderungen. In dem KSP 2023 gehe die Bundesregierung selbst bereits von einer Zielerreichungslücke aus. Selbst bei vollständiger Umsetzung der darin genannten Maßnahmen würden die bis 2030 zugelassenen Jahresemissionsmengen um 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (Mt. CO2-Äq.) überschritten. Allerdings sei diese - erhebliche - Überschreitung noch deutlich zu optimistisch kalkuliert. Aus dem Projektionsbericht vom August 2023 – der die projizierte Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland in einem Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS) sowie in einem Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS) für die Jahre 2023 bis 2050 beschreibe und sie mit dem Minderungspfad des KSG vergleiche - ergebe sich, dass das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2045 in beiden Szenarien nicht erreicht werde. Die Gesamtlücke zu den Zielen bis zum Jahr 2030 betrage 331 Mt. CO2-Äq. (MMS) und 194 Mt. CO2-Äq. (MWMS). Der Expertenrat für Klimafragen habe zudem in seiner Stellungnahme zum Entwurf des KSP 2023 darauf hingewiesen, dass die Emissionslücke des Klimaschutzprogramms größer als die im MWMS projizierte Zielerreichungslücke sei. Er habe ausgeführt, dass die quantitativen Aussagen der Bundesregierung nicht durch eine konsistente Datengrundlage für die Quantifizierung der Wirkung der Maßnahmen gestützt würden. Als Grundlage ziehe die Bundesregierung vor allem ein Szenario aus dem Projektionsbericht 2023 heran. Dessen Annahmen seien allerdings nicht deckungsgleich mit den im KSP 2023 enthaltenen Maßnahmen. In Anbetracht dieser inkonsistenten Datenlage sei eine zuverlässige Aussage über die Gesamtminderungswirkung der Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2023 methodisch nicht möglich. Der Expertenrat für Klimafragen komme zu dem Ergebnis, dass selbst nach vollständiger Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2023 mit hoher Wahrscheinlichkeit die kumulierte Zielerreichungslücke größer ausfallen werde als jene, die sich im Projektionsbericht 2023 (MWMS) zwischen Emissionspfad und Zielpfad des Klimaschutzgesetzes bis zum Jahr 2030 ergebe und in Höhe von 194 Mt. CO2-Äq. ausgewiesen sei.
Außerdem werde von Vorhaben abgerückt, die dem bisherigen Planungsstand entsprochen hätten. So habe sich die Bundesregierung Mitte September 2023 darauf verständigt, dass man sich auf der Ebene der Europäischen Union gegen die im Green Deal vorgesehene Sanierungspflicht für ältere, nicht energieeffiziente Gebäude einsetzen werde. Noch im Klimaschutzsofortprogramm für den Gebäudesektor 2022 sei demgegenüber die europäische Initiative als wichtiges und entscheidendes Instrument zur Erreichung der Klimaziele bezeichnet worden. Zudem sei bekannt geworden, dass die Beklagte die noch im Entwurf des Klimaschutzprogramms genannte Angleichung der Neubau-Standards an den EH40-Standard zum 1. Januar 2025 nicht umsetzen, sondern verschieben werde.
Inhalt eines aktualisierten Klimaschutzprogramms müssten unter Berücksichtigung des jeweiligen Klimaschutz-Projektionsberichts diejenigen Maßnahmen sein, die zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele in den einzelnen Sektoren zu ergreifen seien, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG. Das Begehren des Klägers sei auf diesen Erfolg gerichtet und belasse sämtliche Spielräume bei der Beklagten. Dabei gälten folgende Maßstäbe:
Die Maßnahmen müssten auf Grundlage einer konsistenten Datenlage nach Inhalt und zeitlichem Horizont so konkret gefasst sein, dass jedenfalls im Groben abschätzbar werde, mit welchen Reduktionsanstrengungen und Emissionsminderungen in welchen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in welchen Zeiträumen bei plangemäßer Umsetzung zu rechnen sei und wann daher welche Gesetzesinitiativen ergriffen würden.
Eine Reihe der dazu festzulegenden Maßnahmen bedürfe naturgemäß der nachfolgenden legislativen Beratung und Entscheidung, der die Beklagte nicht vorgreifen könne. Gleichwohl sei es essentiell, dass durch das Klimaschutzprogramm ein strukturierendes Element der Klimaschutzplanung vorliege, in dem prognostisch ausgerichtet und strukturell gebündelt diejenigen Gesetzesinitiativen benannt würden, die erforderlich seien, um die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele zu gewährleisten. Dabei habe die Beklagte nur solche Gesetzesinitiativen in das Klimaschutzprogramm aufzunehmen, von denen sie die berechtigte Erwartung habe, dass die aktuell bestehenden Mehrheitsverhältnisse in den parlamentarischen Gremien eine entsprechende Gewähr dafür böten, dass sie auch als beschlussfähig gelten könnten. Sei dies dann wider Erwarten doch nicht der Fall, sei jedenfalls dann eine Nachsteuerung vorzunehmen, wenn die dadurch verlorengehenden Emissionsminderungsmengen nicht nur minimal seien. Die in das Programm aufgenommenen Maßnahmen müssten soweit konkretisiert sein, dass sich daraus ein Minderungseffekt prognostisch und unter Hinzuziehung sachverständiger Hilfe ermitteln lasse.
Lege man diesen Maßstab zugrunde, sei das KSP 2023 auch deshalb nicht ausreichend, da der Inhalt vieler angekündigter Maßnahmen des gerade einmal 28 Seiten langen Papiers nicht bestimmbar sei. Darauf habe auch der Expertenrat für Klimafragen in seiner Stellungnahme hingewiesen. Der rote Faden des Klimaschutzprogramms – wenn man von einem solchen sprechen möchte – sei, dass allenthalben von „Förderungen“ und „Förderprogrammen“, von „Stärkungen“, „ausweiten“, „beschleunigen“, „voranbringen“, von „modernisieren“ und „Digitalisierung“ die Rede sei, ohne dass in aller Regel konkretisiert werde, was genau ab wann nach welchen Kriterien in welchem Umfang gefördert werden solle und mit welchen konkreten Maßnahmen wann die beabsichtigte „Stärkung“, „Ausweitung“, „Beschleunigung“, „Modernisierung“ etc. herbeigeführt werde.
Auch bei potenziell besonders wirksamen sektorübergreifenden „Maßnahmen“ bleibe es unkonkret: Welche konkreten klimaschädlichen Subventionen wann abgebaut werden sollten, sage das Klimaschutzprogramm nicht einmal beispielhaft – es teile noch nicht einmal mit, wann überhaupt das angekündigte Reformkonzept vorgelegt werden solle. Genauso im Ungefähren bleibe die angekündigte Reform des Finanzierungssystems im Energiebereich. Hinzu komme, dass die Zeitschiene des Programms insgesamt zu unbestimmt sei. Weit überwiegend fehlten Aussagen dazu, wann einzelne Maßnahmen umgesetzt werden sollten. Ebenso werde nicht mitgeteilt, wann die verbleibende Emissionsminderungslücke geschlossen werden solle.
Insgesamt werde das KSP 2023 dem gesetzlichen Anspruch, ein Klimaschutzprogramm vorzulegen, das Maßnahmen zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele enthalte (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSG), nicht gerecht. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf die Entscheidung des französischen Conseil d‘État vom 19. November 2020 zur Verfahrens-Nr. 427301, Considerant no. 18, betreffend die Gemeinde Grande-Synthe.
Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2024 trägt der Kläger weiter ergänzend vor, dass das KSP 2023 auch deshalb den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge, da aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig erklärt worden sei. Es liege eine „Substanzveränderung“ des KSP 2023 vor. Mit der Entscheidung sei die dem Klimaschutzprogramm zu Grunde liegende Finanzplanung in wesentlichen Teilen obsolet geworden. Zentrale Maßnahmen des Klimaschutzprogramms, die auf eine Finanzierung angewiesen seien, würden nicht mehr durchgeführt oder es sei offen, ob die Finanzierung in Zukunft gesichert sei. Die Prognose in Bezug auf die Maßnahmen, die aufgrund des verfassungsgerichtlichen Urteils jetzt nicht mehr finanziert seien, sei fehlerhaft. Denn bereits in dem Beschluss des 2. Senats vom 22. November 2022 – 2 BvF 1/22 – habe das Gericht auf die rechtlichen Schwächen des 2. Nachtragshaushalts hingewiesen, so dass ein realistisch handelnder Programmgeber hätte davon ausgehen müssen, dass die Hauptsachenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu führen werde, dass die Vorgehensweise als verfassungswidrig beurteilt werde. Vor diesem Hintergrund sei es zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das KSP 2023 geboten gewesen, mindestens „doppelt zu stricken“, um das Klimaschutzprogramm nicht bereits wenige Wochen später, nach Erlass der Hauptsachenentscheidung, in wesentlichen Teilen lückenhaft werden zu lassen.
Neben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts komme hinzu, dass die Emissionsminderungslücke, die vor allem dem Verkehrssektor zuzuschreiben sei, auch nicht durch die ebenfalls im Klimaschutzprogramm enthaltene Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung gemindert werden könne. Denn die Novelle des StVG habe keine Zustimmung im Bundesrat gefunden, so dass auch diese Maßnahme voraussichtlich keine Aussicht auf eine Realisierung habe.
Obwohl das Klimaschutzprogramm erst am 4. Oktober 2023 beschlossen worden sei, seien daher mittlerweile bis zu 20 zentrale Projekte des Programms nicht mehr durchführbar bzw. würden unter einem ungewissen Finanzierungsvorbehalt stehen. Der Kläger legt in diesem Zusammenhang eine Übersicht derjenigen Projekte des Klimaschutzprogramms vor, die seiner Meinung nach bereits jetzt entfallen seien bzw. bei denen eine Realisierung ungewiss sei. Zusätzlich zu den in der Anlage genannten Projekten komme hinzu, dass das Maßnahmenprogramm für eine klimaneutrale Bundesverwaltung entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 15 Abs. 1 KSG nicht im Jahr 2023 verabschiedet worden sei; eine spätere Verabschiedung führe zu einem späteren Beginn der Wirksamkeit der darin enthaltenen Maßnahmen. Der Kläger rügt außerdem, dass die Bundesregierung den Klimaschutzbericht 2023 (für das Jahr 2022) nicht rechtzeitig vorgelegt habe. Der Bericht könne für die Bewertung des KSP 2023 relevant sein.
Nachdem der Kläger zunächst sehr ausführlich dazu vorgetragen hat, dass die Beklagte nach den Regelungen des § 9 KSG verpflichtet sei, ein neues Klimaschutzprogramm zu beschließen, argumentiert er zuletzt, dass er bereits deswegen einen Anspruch auf Aktualisierung habe, weil die Beklagte, wenn sie ein neues Klimaschutzprogramm beschließe, dieses in formeller und materieller Hinsicht den Anforderungen des § 9 KSG genügen müsse. Unabhängig davon legt der Kläger ergänzend und vertiefend dar, weshalb bei einer - hier zuvor eingetretenen - „wesentlichen Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse“ nicht nur eine Ermessensentscheidung zur Aufstellung eines Klimaschutzprogramms vorzunehmen gewesen sei, sondern sich diese Ermessensentscheidung, die sich aus dem Wort „mindestens“ ergebe, zu einer Rechtspflicht zum Beschluss des Klimaschutzprogramms verdichtet habe. Die Beklagte sei verpflichtet, das Klimaschutzprogramm unverzüglich anzupassen, wenn sich die bei seiner Beschlussfassung zugrunde gelegten rechtlichen oder tatsächlichen Annahmen und Verhältnisse so wesentlich geändert hätten, dass die im Programm vorgesehenen Maßnahmen überholt seien oder nicht mehr realisierbar erschienen und das Klimaschutzprogramm deshalb materiell rechtswidrig geworden sei. Diese Anpassungspflicht ergebe sich aus einer Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung des § 9 KSG sowie aus dem Rechtsstaatsgebot und dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 15. Januar 2014 kündigt der Kläger neue Anträge an. Er erklärt, dass er nunmehr dem sektorübergreifenden Ansatz der Klage umfassend Rechnung tragen werde, so dass die bisher nicht zum Gegenstand der Klage gemachten Sektoren „Verkehr“ sowie „Abfallwirtschaft und Sonstiges“ einbezogen würden. Dies erfolge vor dem Hintergrund einer möglichen Änderung des KSG, bei der es zukünftig nur noch auf eine vollständig sektorübergreifende Betrachtung ankomme. Eine Klageänderung sei damit nicht verbunden, denn durch die vollständig sektorübergreifende Betrachtung sei der Klageantrag allenfalls erweitert, was nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig sei. Selbst wenn man aber von einer Klageänderung ausgehen sollte, sei diese sachdienlich nach § 91 Abs. 1 VwGO. Das KSP 2023 sei – so der Kläger – zudem rechtswidrig, weil es entgegen § 9 Abs. 1 Satz 3 KSG nicht den Emissionspfad nach Anlage 2 zu § 4 KSG sicherstelle.
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2024 weist der Kläger ergänzend darauf hin, dass selbst nach den im März 2024 durch das Umweltbundesamt (UBA) vorgelegten Projektionen die Einhaltung des für das Jahr 2030 vorgesehenen Ziels nicht sichergestellt sei. Nach den Projektionen solle allenfalls die Jahresemissionsgesamtmenge 2021-2030 eingehalten werden. Dies sei ein Maßstab, der auf der Basis des aktuellen KSG nicht relevant sei. Die in die UBA-Projektionen 2024 eingeflossenen Maßnahmen seien nicht deckungsgleich mit den Maßnahmen des KSP 2023 und auch nicht deckungsgleich mit dem aktuellen Stand der Politik. Aus der jüngsten Veröffentlichung von Agora Energiewende ergebe sich zudem, dass die Annahmen des UBA zu wesentlichen Teilen auf der Fortschreibung schwacher Wirtschaftsdaten und nicht auf neuem strukturellem Klimaschutz beruhten. Davon dürfe die Einhaltung der Klimaschutzziele nicht abhängig sein, es müsse durch strukturellen Klimaschutz gesichert sein, dass die Ziele auch unabhängig von der Konjunktur eingehalten werden. Damit liege eine vergleichbare Situation vor, über die der High Court in London zum britischen Klimaschutzplan am 3. Mai 2024 geurteilt habe.
Der Kläger hat zunächst mit Klageschrift vom 8. März 2021 folgende Anträge angekündigt:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, mit dessen Maßnahmen die Jahresemissionsmengen an Treibhausgasen nach §§ 3 i.V.m. 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Bundes-Klimaschutzgesetz in den nachfolgend genannten Sektoren der Anlage 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes jeweils eingehalten werden, so dass
im Sektor „Energiewirtschaft“:
im Sektor „Industrie“:
im Sektor „Gebäude“:
im Sektor „Landwirtschaft“:
emittiert werden.
2. Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, mit dessen Maßnahmen die Jahresemissionsmengen an Treibhausgasen nach §§ 3 i.V.m. 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Bundes-Klimaschutzgesetz in den nachfolgend genannten Sektoren der Anlage 1 Bundes-Klimaschutzgesetz jeweils eingehalten werden, so dass
im Sektor „Energiewirtschaft“:
im Sektor „Industrie“:
im Sektor „Gebäude“:
im Sektor „Landwirtschaft“:
emittiert werden.
3. Weiter hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, mit dessen Maßnahmen die nationalen Treibhausgasemissionen gemäß § 3 Abs. 1 Bundes- Klimaschutzgesetz bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 anhand eines linearen Minderungspfades reduziert werden.
4. Weiter hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, mit dessen Maßnahmen die nationalen Treibhausgasemissionen gemäß § 3 Abs. 1 Bundes-Klimaschutzgesetz bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 reduziert werden.
5. Weiter hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, das geeignet ist, anhand eines linearen Minderungspfades bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 die nationalen Treibhausgasemissionen
zu reduzieren.
6. Weiter hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, das geeignet ist, bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990, die nationalen Treibhausgasemissionen
zu reduzieren.
7. Weiter hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, das geeignet ist, die nationalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 insgesamt um 55 % anhand eines linearen Minderungspfades gegenüber 1990 zu reduzieren.
8. Weiter hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, das geeignet ist, die nationalen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 insgesamt um 55 % gegenüber 1990 zu reduzieren.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts das Klimaschutzprogramm nach § 9 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) durch Beschluss der Bundesregierung um die erforderlichen Maßnahmen
- zur Einhaltung der in Anlage 2 des KSG genannten Jahresemissionsmengen für die Jahre 2024 bis 2030 unter Berücksichtigung des § 4 Absatz 3 Satz 1 KSG und
- zur Einhaltung des in § 3 Absatz 1 Nr. 1 KSG genannten nationalen Klimaschutzziels
zu ergänzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte tritt der Klage entgegen und ist der Auffassung, dass die Klage bereits unzulässig sei. Der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Klagebefugnis. Es fehle an der von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vorausgesetzten Möglichkeit einer SUP-Pflicht. Auch dem KSP 2023 komme keine rahmensetzende Wirkung zu. Diese ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Aus den Urteilen des Senats vom 30. November 2023 ergebe sich nicht, dass der Kläger auch im hiesigen Verfahren klagebefugt sei, da die Klagebefugnis im Hinblick auf § 9 KSG eigenständig zu bewerten sei. § 9 KSG beziehe sich nur auf die nationalen Klimaschutzziele. Diese seien zwar unionsrechtlich unterlegt, gingen aber deutlich über die Klimaschutzziele der Union hinaus. Das Instrument des Klimaschutzprogramms sowie die Schaffung von sektorspezifischen Jahresemissionsmengen sei allein national determiniert. § 9 KSG nehme nicht Bezug auf die europäischen Zielvorgaben.
Die Beklagte ist außerdem der Auffassung, dass dem Kläger keine einklagbare Rechtsposition zukomme. Die streitgegenständliche Norm des § 9 KSG binde nur die Bundesregierung. Dem Klimaschutzgesetz komme keine Außenwirkung zu, es sei insofern mit dem Haushaltsgesetz vergleichbar, das lediglich ein Organgesetz ohne Außenwirkung sei, da der Haushaltsplan nur die Bundesregierung ermächtige und verpflichte.
Die Leistungsklage sei nicht statthaft, weil die vom Kläger begehrte Tenorierung nicht den Maßstäben der Bestimmtheit genüge. Dies folge – wie der Senat in den Urteilen vom 30. November 2023 zu den Sofortprogrammen selbst ausgeführt habe – insbesondere daraus, dass das Vollstreckungsverfahren nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen könne, da in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts bestehe. Diese Grenze werde vorliegend mit einer Tenorierung entsprechend der Klageanträge überschritten, selbst wenn der Senat Maßgaben für die Auslegung des § 9 KSG erließe und die Revision zuließe. Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle dem Kläger, da – zum jetzigen Zeitpunkt – offensichtlich keine gesetzliche Verpflichtung zum Beschluss eines Klimaschutzprogramms bestehe.
Die Klage sei im Übrigen unbegründet. Der Kläger habe aus § 9 KSG keinen Leistungsanspruch auf Aufstellung eines neuen Klimaschutzprogramms oder Ergänzung des KSP 2023, was die Beklagte näher begründet. Der Beschluss über das KSP 2023 sei ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt.
Das KSP 2023 erfülle auch die Anforderungen des § 9 KSG. Es bleibe nicht – wie der Kläger meine – „um Dimensionen“ hinter den Emissionsminderungspflichten zurück. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Klimaschutzprogramms 2023 sei der Zeitpunkt des Beschlusses. Die Prognose sei nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar, und zwar dahingehend, ob sie methodisch korrekt erarbeitet worden sei, nicht lediglich auf unrealistischen Annahmen beruhe und ausreichend begründet sei. Je schwieriger die Prognose im Einzelfall sei, desto höher liege die Grenze der gerichtlichen Überprüfbarkeit.
Das KSP 2023 betrachte umfassend alle von § 4 KSG umfassten Sektoren unter einem Planungshorizont bis 2030 und beinhalte insoweit eine Vielzahl an Maßnahmen. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich dabei gerade um eine prognostisch ausgerichtete, hinreichend konkretisierte Klimaschutzplanung. § 9 KSG enthalte keine Vorgaben zum Konkretisierungsgrad der Maßnahmen. Es liege in der Natur des Klimaschutzprogramms als übergreifendes Planungsinstrument, dass nicht jede darin enthaltene Maßnahme bis ins letzte Detail konkretisiert sei. Eine unrealistische Annahme folge nicht daraus, dass die geplante Finanzierbarkeit nicht mit Sicherheit gewährleistet sei. Zum einen könnten alternative Finanzierungsmöglichkeiten gesucht werden. Eine verlässliche Finanzplanung könne es aufgrund der finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben (Art. 110 Abs. 2 GG) ohnehin nur für das unmittelbare Folgejahr durch die Verabschiedung des jeweiligen Haushaltsgesetzes geben.
Der Kläger messe dem „KFT-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Auswirkungen auf die im KSP 2023 enthaltenen Maßnahme eine unzutreffende Bedeutung bei. Die Bundesregierung halte – was die Beklagte näher ausführt – trotz der Haushaltskonsolidierung an den Klimazielen und den Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2023 fest. Das gelte auch für die für die Minderung der THG-Emissionen im Verkehrssektor wesentlichen Maßnahmen auf Basis des Beschlusses des KSP 2023.
Hinsichtlich der Bedeutung des Klimaschutzprogramms 2030 für das vorliegende Verfahren hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Maßnahmen aus diesem Programm grundsätzlich weiterliefen, soweit sie nicht explizit abgeschlossen seien. Mit dem KSP 2023 seien aber weitere Maßnahmen hinzugekommen, um die Ziellücke weiter zu schließen. Die Beklagte ergänzt ihren Vortrag hinsichtlich der Finanzierbarkeit der Maßnahmen mit Schriftsatz vom 8. Mai 2024 dahingehend, dass sie mittels einer Priorisierung und Umschichtung eine Konsolidierung des KFT-Wirtschaftsplans hergestellt habe. Die zentralen Programme für den Klimaschutz, die Teil des Klimaschutzprogramms 2023 seien, würden fortgesetzt. Der Expertenrat für Klimafragen habe zwar in seinem Prüfbericht vom 15. April 2024 darauf hingewiesen, dass Mittelkürzungen die Wahrscheinlichkeit verringerten, dass die angenommene Minderungswirkung der Klimaschutzprogramme tatsächlich erreicht werde. Es sei jedoch derzeit nicht möglich, eine quantitative Aussage bezüglich möglicher THG-Minderungsverluste zu treffen. Dafür müssten die Haushalts-Mittelausstattungen der Folgejahre einbezogen werden. Die Bundesregierung stufe die Auswirkungen der geringfügigen Kürzungen im Wirtschaftsplan 2024 als gering ein.
Das hiesige Verfahren ist mit dem Verfahren OVG 11 A 31/22 am 16. Mai 2024 im Einverständnis der Beteiligten gemeinsam verhandelt worden. In der Sitzung wurde die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen zur mündlichen Erläuterung des Zweijahresgutachtens 2022 (November 2022), der Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 (September 2023) und zum Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023 (April 2024) gehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens OVG 11 A 31/22 und die von der Beklagten hierzu übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
A. Das Verfahren war einzustellen, soweit die Kläger zu 2. bis 4. ihre Klagen zurückgenommen haben, § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
B. Die Klage des Klägers zu 1. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
I. Die Klage ist zulässig.
Das angerufene Oberverwaltungsgericht ist erstinstanzlich zuständig (1.). Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (2.). Der Kläger kann diesen Rechtsbehelf gem. § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, BGBl. I S. 3290, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 14. März 2023, BGBl. 2021 I Nr. 71, - UmwRG -) einlegen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen (3.). Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor (4.) und dem Kläger fehlt es auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (5.)
1. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 und 3 UmwRG. Denn bei dem eingeklagten Beschluss der Bundesregierung gemäß § 9 Bundes-Klimaschutzgesetz in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513, zuletzt geändert durch Art. 1 des 1. Änderungsgesetz vom 18. August 2021, BGB I S. 3905 – KSG -) handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG (vgl. die Ausführungen unter 3.).
2. Die in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 gestellten Anträge sind statthaft.
a. Gegen die Änderung der Anträge bestehen keine rechtlichen Bedenken. Auf der Grundlage der mit Klageerhebung gestellten Anträge und der Ausführungen des Klägers zu 1. (im Folgenden: Kläger) ist davon auszugehen, dass dieser von Anfang an nicht einen Beschluss über ein neues Klimaschutzprogramm begehrte, sondern die Klage darauf abzielte, dass die Beklagte das geltende Klimaschutzprogramm nach Maßgabe der im jeweiligen Antrag beschriebenen gesetzlichen Anforderungen zu ändern oder fortzuschreiben hat. Bei Klagerhebung bezog sich dies zunächst auf das Klimaschutzprogramm 2030 (KSP 2030). Nachdem die Bundesregierung am 4. Oktober 2023 das Klimaschutzprogramms 2023 (KSP 2023) beschlossen hat, bezieht sich der Antrag auf dieses Programm und die darin enthaltenen Maßnahmen, die der Kläger weiterhin nicht für ausreichend hält, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Die Einbeziehung des KSP 2023 stellt sich insofern als eine Anpassung der Klage auf eine nach Antragstellung entstandene, nicht in der Sphäre des Klägers liegende Änderung der Umstände dar, so dass die Änderung des Antrags nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987- 4 C 77/84 – juris, Rn. 13 zum Austausch eines Bescheides bei einer Verpflichtungsklage; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. März 2021 – 8 A 1183/18 – juris, Rn. 56 ff., 59; OVG Niedersachsen, Urteil vom 21. November 2023 – 7 KS 8/21 – juris, Rn. 91 m.w.N.; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2020, § 264 ZPO Rn. 25 ff.). Aber selbst wenn von einer Klageänderung auszugehen wäre, wäre diese nach § 91 Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat der Einbeziehung des KSP 2023 nicht widersprochen und sich in der Sache eingelassen.
Soweit der Kläger den mit Klageschrift vom 8. März 2021 als Hilfsantrag zu 4. gestellten Antrag nunmehr in leicht geänderter Form als Hauptantrag zu b. geltend macht, handelt es sich ebenfalls nicht um eine Klageänderung, denn hilfsweise, d. h. unter einer innerprozessualen Bedingung erhobene Klagen werden unmittelbar mit ihrer Stellung und somit vor Eintritt der Bedingung rechtshängig. Die Rechtshängigkeit entfällt rückwirkend, wenn der Hauptantrag Erfolg hat (vgl. Schoch/Schneider/Riese, 44. EL März 2023, VwGO § 90, Rn. 7, m.w.N.). Unabhängig davon hat auch insoweit die Beklagte die Unzulässigkeit der Klageänderung nicht explizit gerügt, sondern zur Rechtmäßigkeit des KSP2023 (kurz) Stellung genommen.
Der Erweiterung der Klage mit Schriftsatz vom 15. Januar 2024 um den Sektor Abfallwirtschaft und Sonstiges sowie den Sektor Verkehr stehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken entgegen. Insofern handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO, die nach Absatz 2 zulässig ist, weil die Beklagte konkludent in die Klageänderung eingewilligt hat. Sie hat mit Schriftsatz vom 7. März 2024 nur Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klageänderung hinsichtlich des Sektors Verkehrs geäußert und im Übrigen ergänzend auf den klägerischen Vortrag zur Zulässigkeit als auch - kurz - in der Sache erwidert. In Bezug auf den Sektor Verkehr greifen die Bedenken der Beklagten nicht (mehr) durch. Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist die Klage nicht nach § 90 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig. Zwar war dieser Streitgegenstand identisch mit dem Streitgegenstand der Klage OVG 11 A 22/20. Der Kläger hat die Klage OVG 11 A 22/20 jedoch mit Schriftsatz vom 2. Mai 2024 zurückgenommen.
b. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und insbesondere auch hinreichend bestimmt.
In einem bestimmten Antrag, der aus sich selbst heraus verständlich sein muss, sind Art und Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu benennen. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt und der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt sowie dem Beklagten eine präzise Verteidigung erlaubt. Schließlich soll aus einem dem Klageantrag stattgebenden Urteil eine Zwangsvollstreckung möglich sein, die das Vollstreckungsverfahren nicht unter Fortsetzung des Streits mit Sachfragen überfrachtet. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – juris, Rn. 54; vgl. auch Riese in Schoch/Schneider, VwGO, 44. EL, März 2023, § 82, Rn. 25; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 82, Rn. 10).
Unter Zugrundlegung dieser Maßstäbe ist der Antrag hinreichend bestimmt. Dem steht nicht entgegen, dass in dem Antrag nur abstrakt unter Wiederholung des gesetzlichen Wortlauts beschrieben wird, wozu die Bundesregierung verurteilt werden soll. Der Antrag ist gerichtet auf einen Änderungsbeschluss der Bundesregierung über das KSP 2023 auf der Grundlage von § 9 Absatz 1 KSG, so dass durch die beschlossenen Maßnahmen einerseits die nach dem KSG zulässigen Jahresemissionsmengen für die Jahre 2024 bis 2030 eingehalten werden und andererseits das Klimaschutzziel für das Jahr 2030 nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG erreicht wird, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache der Bundesregierung bleibt. Die Benennung allein des Ziels spiegelt insoweit die planerische Gestaltungsfreiheit wieder, die das Gesetz der Bundesregierung einräumt. Auch in anderen Fallkonstellationen, in denen nur ein Erfolg geschuldet wird, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache des Schuldners bleibt, ist anerkannt, dass für die Bestimmtheit des Antrags die Angabe des Erfolgs ausreicht. Der Vollstreckungsfähigkeit des stattgebenden Urteils wird dadurch Rechnung getragen, dass die Entscheidung hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben machen kann, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – juris, Rn. 55, 56).
Die Beklagte bezweifelt zwar, dass aufgrund der großen Bandbreite potenzieller Klimaschutzmaßnahmen und ihrer insoweit bestehenden Planungs- und Einschätzungsprärogative erkennbar sei, wie das erkennende Gericht im Urteil im Sinne der Rechtsprechung Maßgaben für konkrete in Betracht zu ziehende Maßnahmen aufnehmen könne. Der Senat geht demgegenüber auch für das durch das Klimaschutzgesetz geregelte Instrument des Klimaschutzprogramms davon aus, dass der Streitgegenstand im Antrag so hinreichend bestimmt festgelegt ist, dass die Beklagte sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen kann und ihr Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen gewahrt wird (so auch Urteil vom 30. November 2023 – OVG 11 A 1/23 – juris, Rn. 42 ff. zum Sofortprogramm nach § 8 KSG). Denn welche Qualität die Maßnahmen haben sollen, die die Bundesregierung nach § 9 Abs. 1 KSG zu beschließen hat, wird in § 9 Abs. 1 KSG legal definiert: Es müssen solche Maßnahmen sein, bei deren Durchführung die nationalen Klimaschutzziele erreicht (Satz 2) und die nach § 4 festgelegten Jahresemissionsmengen eingehalten werden (Satz 3). Die Maßnahmen müssen geeignet sein, die in den jeweiligen Sektoren erforderlichen zusätzlichen Treibhausgasminderungen zu erzielen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 KSG). Dabei stellen die vom Gesetz verwendeten Begriffe mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Anwendung dar (zur verfassungsrechtlichen Bestimmtheit von Normen vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 617/14 – juris, Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2009 – 4 B 37.09 – juris, Rn. 5). Das schutzwürdige Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz kann bei dieser Rechtslage nicht davon abhängen, dass bereits im vorliegenden Verfahren bestimmte Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit den genannten Kriterien des § 9 KSG überprüft werden. Denn damit wäre der Kläger mit seiner Klage grundsätzlich ausgeschlossen. Der Klageantrag trägt, was der Kläger ausdrücklich betont, dem planerischen Gestaltungsspielraum der Exekutive dadurch Rechnung, dass er die durch die Planung zu erreichenden (Klima-)Ziele benennt, aber keine durch das Gericht vorzugebenden Maßnahmen begehrt.
Dass eine verbindliche gerichtliche Auslegung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale auch bei komplexen Sachverhalten dem Bestimmtheitsgrundsatz grundsätzlich hinreichend Rechnung tragen kann, wird auch durch die in Vollstreckungsverfahren ergangene Rechtsprechung bestätigt, die anerkennt, dass das Vollstreckungsgericht insbesondere im Fall von zu vollstreckenden Bescheidungsurteilen über die notwendige Auslegung des zu vollstreckenden Urteils hinaus dessen Inhalt auch durch eine „Fortschreibung" konkretisieren kann, wenn sich darin enthaltene Unklarheiten aus der Urteilsurkunde selbst nicht sicher beseitigen lassen. Denn damit, dass § 172 VwGO – ebenso wie § 887 Abs. 1, 888 Abs. 1 Satz 1 und 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO – das Gericht des ersten Rechtszuges zum Vollstreckungsorgan erklärt, wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass in derartigen Vollstreckungsverfahren nicht selten ein „Weiterdenken" der Erwägungen notwendig wird, die der zu vollstreckenden Entscheidung zugrunde lagen, um feststellen zu können, was der frühere Beklagte schuldet und ob er seiner Verpflichtung nachgekommen ist (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 9 E 448/16 – juris, Rn. 26; BayVGH, Beschluss vom 12. Juli 2007 – 11 C 06.868 – juris, Rn. 31 f.).
Soweit die Beklagte vorträgt, dass durch eine entsprechende Formulierung die Gefahr bestehe, dass ein späteres Vollstreckungsverfahren die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehme, vermögen ihre Einwendungen nicht zu überzeugen. Die Beklagte wendet gegen eine Tenorierung entsprechend dem Klageantrag unter Hinweis auf den im Urteil des Senats vom 30. November 2023 (OVG 11 A 1/23) zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 16.427) ein, dass im Vollstreckungsverfahren materiell-rechtliche Fragen streitig werden würden. Denn es stehe bereits der Zielhorizont der Maßnahmen nicht zweifelsfrei fest und auch der Wahrscheinlichkeitsgrad sei nicht eindeutig, mit welchem die im Klimaschutzprogramm enthaltenen Maßnahmen prognostisch zur Erreichung der Klimaziele beizutragen hätten. Dem könne auch nicht durch eine Vorauswahl an Maßnahmen begegnet werden.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der genannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass nicht verkannt werden dürfe, dass das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen könne. Das folge nicht zuletzt daraus, dass in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts bestehe. Dies schließe es vor allem aus, im Vollstreckungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Vollstreckungsschuldner bisher noch ungenutzte Möglichkeiten zur Erfüllung der ihm rechtskräftig auferlegten Verpflichtung zur Verfügung stehen, rechtliche Fragen zu beantworten, die gemäß § 137 Abs. 1 VwGO letztinstanzlich der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen, sofern sie höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt wurden und sich das zutreffende Normverständnis nicht unmittelbar und zweifelsfrei aus dem geschriebenen Recht ergebe; durch eine gegenläufige Vorgehensweise würde den unterliegenden Beteiligten eine von Gesetzes wegen grundsätzlich eröffnete Rechtsmittelmöglichkeit abgeschnitten (BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris, Rn. 92). Diese Grenzen der gerichtlichen Befugnisse in Vollstreckungsverfahren werden – jedenfalls nach jetziger Erkenntnis – nicht überschritten, weil der Senat Maßgaben für die Auslegung des § 9 KSG formuliert und die Revision zulässt. Dass die Bundesregierung bei der Entscheidung über die Minderungswirkung eine Prognoseentscheidung trifft, steht der Bestimmtheit ebenfalls nicht entgegen, denn insofern ist in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits ein Maßstab für die Überprüfung solcher Prognoseentscheidungen entwickelt worden (vgl. dazu unten, unter Ziffer II.2.b.bb). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung zudem ausführlich und überzeugend begründet, dass auch nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäben eine gerichtliche Entscheidung, die die öffentliche Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichtet und die keine Maßnahmen benennt, die dieser Plan zwingend zu enthalten hat, grundsätzlich vollstreckbar ist (a.a.O., Rn. 80 ff.).
3. Der Kläger ist auch klagebefugt.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, also nach Nr. 4 auch gegen eine Entscheidung über die Annahme von Plänen und Programmen i.S.v. § 2 Abs. 7 UVPG, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann, einlegen, wenn sie geltend macht, dass die Entscheidung oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften verletzt, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können.
a. Das Gesetz fordert für den Rechtsbehelf einen tauglichen Gegenstand, allein die Möglichkeit dessen Vorliegens reicht nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 – 7 C 5.18 – juris, Rn. 17 ff. m.w.N.). Es ist daher schon im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen, ob die angegriffene Entscheidung oder der angegriffene Plan zu den Entscheidungen oder Plänen gehört, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine SUP-Pflicht bestehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3/19 – juris, Rn. 22 m.w.N.). Darauf, ob die SUP-Pflicht im konkreten Fall tatsächlich besteht, kommt es danach nicht an. Für die Klagebefugnis genügt es, wenn nach den in § 1 Abs. 1 Satz 4 UmwRG genannten Vorschriften eine entsprechende Vorprüfungspflicht besteht. Dies ist hier der Fall. Für Klimaschutzprogramme ist nach Nr. 2.13 der Anlage 5 des UVPG i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine SUP-Pflicht dann vorgesehen, wenn sie für Entscheidungen über die Zulässigkeit von in der Anlage 1 des UVPG aufgeführten Vorhaben oder von Vorhaben, die nach Landesrecht einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung des Einzelfalls bedürfen, einen Rahmen setzen.
b. Unabhängig davon - und mit Bedeutung sowohl für § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG als auch für die an das tatsächliche Bestehen einer SUP-Pflicht anknüpfende, für die Begründetheit einer zulässigen Klage erforderliche Voraussetzung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG - findet nach Auffassung des Senats die Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG, dass es sich um Pläne oder Programme handeln muss, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann, im vorliegenden Fall keine Anwendung. Eine vom Senat mit Blick auf die Sofortprogramme nach § 8 KSG für möglich gehaltene teleologische Erweiterung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG (Urteil vom 30. November 2023 - OVG 11 A 1/23 - juris, Rn. 52 ff.) scheidet hier zwar aus, da der Gesetzgeber mit der Aufnahme der Klimaschutzprogramme in die Anlage 5 zum UVPG hinreichend deutlich gemacht hat, dass er diese Programme tatsächlich in den Blick genommen hat und in der geregelten Weise behandelt sehen will. Der in Rede stehende § 9 KSG dient aber auch der Durchführung von Recht der Europäischen Union und die Mitgliedsstaaten sind in einem solchen Fall verpflichtet, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte zu gewährleisten (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 30. November 2023 - OVG 11 A 1/23 - juris, Rn. 65 ff., wo dies mit Blick auf § 8 KSG bejaht wurde).
Wie das Bundesverwaltungsgericht zuletzt in seiner Entscheidung vom 26. Januar 2023 (- 10 CN 1.23, Inntal Süd - juris, Rn. 25 f.) im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 8. März 2011 - C-240/09, Slowakischer Braunbär I -, Rn. 45, 51; vom 20. Dezember 2017 - C-664/15, Protect -, Rn. 45, und vom 8. November 2022 - C-873/19, Deutsche Umwelthilfe – Rn. 66, 77 ff.) ausgeführt hat, entfaltet Art. 9 Abs. 3 AK im Unionsrecht zwar keine unmittelbare Wirkung. In Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Amtsblatt der EU vom 26. Oktober 2012, C 326/2, S. 391 ff., - GRC -) verpflichtet die Regelung die Mitgliedsstaaten aber dazu, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten. Für den Fall, dass eine unionsrechtskonforme Auslegung (für die dieselben Grenzen gelten wie für die vorstehend ausgeschlossene teleologische Erweiterung) sich als unmöglich erweisen sollte, ist jedes im Rahmen seiner nationalen Zuständigkeit angerufene Gericht als Organ eines Mitgliedsstaates verpflichtet, eine dem etwa entgegenstehende nationale Bestimmung unangewendet zu lassen.
Geht es um die Verletzung einer umweltbezogenen Vorschrift des nationalen Rechts - wie hier des § 9 KSG -, ist Art. 47 Abs. 1 GRC allerdings nur dann anwendbar, wenn die in Rede stehende nationale Vorschrift der Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC dient. Um festzustellen, ob eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Unionsrechts im Sinne von Art. 51 GRC fällt, ist zu prüfen, ob mit ihr die Durchführung einer Bestimmung des Unionsrechts bezweckt wird, welchen Charakter diese Regelung hat und ob mit ihr nicht andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele verfolgt werden. Es muss ein hinreichender, über eine rein mittelbare Beeinflussung hinausgehender Zusammenhang mit dem Unionsrecht bestehen, der darüber hinausgeht, dass die fraglichen Sachbereiche benachbart sind oder der eine von ihnen mittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2023 - 10 CN 1/23 - juris, Rn. 24, im Anschluss an EuGH, Urteil vom 6. März 2014 - C-206/13, Siragusa - Rn. 25, 29, 35 m. w. N.).
Soweit die Beklagte meint, dass diese Rechtsprechung auf die hier zu beurteilende Konstellation im Bereich des Klimaschutzrechts nicht übertragbar sei, weil es am hinreichenden Zusammenhang von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht fehle, vermag der Senat dem auch in Ansehung der dort zitierten weiteren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht zu folgen. Diese stellen weder den oben zitierten, vom Bundesverwaltungsgericht in Ansehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs formulierten Maßstab in Frage, noch vermögen sie zu begründen, dass die damit konkretisierten Voraussetzungen im konkreten Fall nicht erfüllt sind.
Das Klimaschutzprogramm ist als solches zwar nicht unionsrechtlich vorgegeben. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der Pflicht zur Aufstellung und zum Beschluss eines Klimaschutzprogramms gemäß § 9 KSG um eine Maßnahme, die vom nationalen Gesetzgeber in Wahrnehmung seiner mitgliedsstaatlichen Pflicht zur Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der unionsrechtlichen Klimaschutzziele (vgl. dazu auch Art. 2 Abs. 2 VO (EU) 2021/1119 - Europäisches Klimagesetz) als geeignet und notwendig bestimmt worden ist. § 9 KSG ist ein nationales Steuerungsinstrument, das die Einhaltung der nationalen und damit zugleich auch der europäischen Zielvorgaben gewährleisten soll. § 1 bestimmt insoweit auch maßgeblich die Auslegung des § 4 und des § 9 KSG.
Zwar sieht § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG vor, dass die Bundesregierung in jedem Klimaschutzprogramm festzulegen hat, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der „nationalen“ Klimaschutzziele in den einzelnen Sektoren ergreifen werde. Dabei ist für die Maßnahmen die Einhaltung der nach § 4 festgelegten zulässigen Jahresemissionsmengen maßgeblich (Satz 3). Ohne dass es der Gesetzestext an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dient die Festlegung der nationalen Klimaziele und die Festlegung der Jahresemissionsmengen aber auch der Einhaltung der europäischen Zielvorgaben. Zum Verständnis dieser Normen ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass Ausgangspunkt für die Festlegung nationaler Klimaschutzziele die völkerrechtliche Verpflichtung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen (§ 2 Nr. 6 KSG) ist, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, vgl. § 1 Satz 3 KSG. Zu diesem Zwecke wurden europäische Zielvorgaben festgelegt und hieran anknüpfend bestimmt § 3 KSG die nationalen Klimaschutzziele (vgl. auch v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, Kommentar, 2022, § 3 KSG Rn. 1 m.w.N.). Dies ergibt sich explizit aus § 1 Satz 1 KSG, wonach es Zweck des KSG ist, zum Schutz vor den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie „die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten“. Das Abstellen auf eine Erfüllung auch der nationalen Klimaschutzziele begründet unter diesen Umständen nicht die Annahme, mit dem Gesetz würden andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele verfolgt, denn das nationale Ziel der Treibhausgasminderung ist nach Auffassung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 19/14337, S. 27 f.) nahezu deckungsgleich mit dem auf Deutschland entfallenden Anteil an der Erreichung des europäischen Klimaschutzziels für 2030. Die Vorschrift des § 3 Abs. 3 KSG stelle ausdrücklich klar, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Erreichung nationaler Klimaschutzziele durch unionsrechtliche und internationale Verpflichtungen unterlegt sei. Das Gesetz sei so weit an die europäischen Regelungen angepasst, dass es gemäß § 1 auch der Erfüllung der europäischen Zielvorgaben diene. Die zusätzliche Beachtung der europäischen Regelungen bleibe aber notwendig, weil der schlanke Rechtsrahmen dieses Gesetzes auf Durchführungsregeln für das bereits unmittelbar geltende Europarecht beschränkt sei. Sollte sich abzeichnen, dass die in Absatz 1 festgelegten Minderungspflichten nicht ausreichten, um die europäischen oder internationalen Ziele zu erreichen, sei in erster Linie die Bundesregierung nach Satz 1 verpflichtet, die notwendigen Anpassungen des Gesetzes auf den Weg zu bringen. Die durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18 u.a.) notwendig gewordene Überarbeitung der nationalen Minderungsziele in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 benannte der Gesetzgeber auch als Teil der Klimaschutzziele der EU (Gesetzesbegründung BT-Drs. 19/30230, S. 18).
Davon ausgehend kann der Einordnung des Klimaschutzprogramms als Maßnahme zur Umsetzung auch der unionsrechtlichen Klimaziele auch nicht entgegengehalten werden, dass die nationalen Klimaschutzziele des § 3 KSG seit der im Zuge der KSG-Novelle 2021 vorgenommenen Erhöhung deutlich über die Klimaschutzziele der Union hinausgingen. Im Übrigen dürfte dies jedenfalls seit der Änderung der Verordnung (EU) 2018/842 durch die Verordnung (EU) 2023/857 (vom 19. April 2023) auch tatsächlich nicht mehr zutreffen. Durch den damit geänderten Art. 4 i.V.m. Anhang I Spalte 2 ist eine Reduzierung der deutschen Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 um 50 % - statt bisher 38 % - gegenüber 2005 vorgeschrieben (vgl. auch die Abb. 3 in „Treibhausgas-Projektionen 2024 - Ergebnisse Kompakt“, März 2024, S. 10, ausweislich derer Deutschland seine Ziele zur EU-Klimaschutzverordnung trotz der dort angenommenen, mit Blick auf die nationalen Ziele günstigen Ergebnisse deutlich - und mit zunehmender Tendenz - verfehlen könnte).
4. Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor.
a. Der Kläger macht die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG geltend, denn er beruft sich darauf, dass die Bundesregierung gegen die Vorschriften der § 9 Abs. 1 i.V.m § 4 Abs. 1 Satz 3 und Anlage 2 KSG verstoße. Die Bundesregierung sei danach verpflichtet, ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, welches für die Einhaltung der „sektorübergreifend vorgesehenen verbindlichen Jahresemissionsmengen“ geeignet sei. Sowohl das Gesamtziel des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG als auch die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 KSG in Anlage 2 enthaltenen Jahresemissionsmengen für die in Anlage 1 genannten Sektoren seien verbindlich. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass den Vorschriften des KSG „keine Außenwirkung“ zukomme, den Klägern somit keine einklagbare Position zustehe, kann diese Meinung nicht überzeugen.
§ 1 Abs. 4 UmwRG definiert den Begriff der umweltbezogenen Rechtsvorschriften. Danach sind die Elemente der Definition von „Umweltinformationen" in § 2 Abs. 3 UIG von Relevanz, die eine 1:1-Umsetzung nicht nur der Umweltinformationsrichtlinie der EU, sondern auch der dahinter stehenden Begriffsbestimmung der Aarhus-Konvention darstellt (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 – 7 C 25.15 – juris, Rn. 19). Zur ergänzenden Bestimmung des Begriffs „umweltbezogene Rechtsvorschriften“ verweist die Gesetzesbegründung deshalb auch auf die Spruchpraxis des Aarhus Convention Compliance Committee - ACCC - (siehe BT-Drs. 18/9526 S. 36). Art. 9 Abs. 3 AK spricht von „umweltbezogenen Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts“. Es besteht Einigkeit, dass damit nur rechtliche Bestimmungen gemeint sein können. Im Übrigen ist der Begriff aber weit zu verstehen. Er umfasst alle materiellen Rechtssätze. Ausgeschlossen ist reines Binnenrecht, wie z.B. Verwaltungsvorschriften (vgl. Schlacke, in: Schlacke/Schrader/Bunge, Aarhus-Handbuch, § 3 Rn. 149; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UmwRG, 101. EL, Juni 2023, § 1 Rn. 160).
§ 9 KSG ist eine umweltbezogene Rechtsvorschrift in diesem Sinne (so auch Guckelberger in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, § 9 KSG, Rn. 26). Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits ausdrücklich festgestellt, dass zu den umweltbezogenen Vorschriften im Sinne der Aarhus-Konvention auch die Klimaschutzziele gehören (BVerwG Urteil vom 4. Mai 2022 – 9 A 7.21 – juris, Rn. 70). Dies muss auch für § 9 KSG gelten. Denn das Klimaschutzgesetz ist ein vom Deutschen Bundestag verabschiedetes Gesetz. Die Tatsache, dass aus dieser Norm die Bundesregierung verpflichtet wird, ist kein Grund, um die Norm aus dem Kreis der umweltbezogenen Bestimmungen von Art 9 Abs. 3 AK und § 2 Abs. 1 UmwRG auszuschließen. Bei einem Beschluss im Sinne von § 9 Abs. 1 KSG handelt es sich nicht um einen justizfreien Hoheitsakt, der der gerichtlichen Überprüfung entzogen wäre. Beschlüsse der Bundesregierung werden mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur in Ausnahmefällen – z.B. bei Gnadenentscheidungen – von einer gerichtlichen Überprüfung ausgenommen, da auch solche Akte trotz ihrer politischen Bedeutung rechtlichen Bindungen nach Art. 1 Abs. 3 GG unterliegen (Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 40, Rn. 5b). Dem Prinzip der Gewaltenteilung wird dadurch ausreichend Rechnung tragen, dass der Regierung ein weit bemessener Spielraum eingeräumt wird (vgl. VG Berlin, Urteil vom 31. Oktober 2019 – VG 10 K 412/18 – juris, Rn. 47 m.w.N. zur Rspr. des BVerfG). Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18) im Rahmen der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden gegen Vorschriften des KSG darauf hingewiesen, dass, sollten eigenständige Handlungen der Bundesregierung – im Klagewege – verlangt werden, insoweit grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei (juris, Rn. 138). Die von der Beklagten reklamierte „materielle Selbstbindung des Bundes“ liegt nicht vor. Der Bundestag hat die Bundesregierung verpflichtet und die Bundesregierung ist nicht aus eigener Zuständigkeit in der Lage – anders als z.B. bei Geschäftsordnungen oder Verwaltungsvorschriften – diese Verpflichtung wieder zu beseitigen. Auch der Hinweis der Beklagten auf das Haushaltsgesetz, das nur die Bundesregierung berechtigt und verpflichtet, vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen. Denn dem liegt das Budgetrecht des Bundestages zu Grunde. Diese Konstellation liegt ersichtlich nicht vor.
Ein Ausschluss der Klagebefugnis des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 10 KSG, wonach subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen durch oder aufgrund des Gesetzes nicht begründet werden. Dieser Ausschluss subjektiver (einklagbarer) Rechte ändert an der objektiven Verbindlichkeit der Normen nichts. Der Ausschluss klagbarer Rechte im Klimaschutzgesetz kann zudem nicht so verstanden werden, dass damit die unionsrechtlich geforderte und im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gewährleistete Klagebefugnis von Umweltschutzorganisationen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden soll. Eine derartige Intention ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber verstand die (ursprünglich in § 4 Abs. 1 Satz 7 KSG formulierte) Ausschlussregelung vielmehr als deklaratorische Klarstellung, dass die im Gesetz geregelten Jahresemissionsmengen keine einklagbaren Rechte oder Pflichten für Bürger oder Unternehmen begründen (BT-Drs. 19/14337 S. 28; vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 – 9 A 7.21 – juris, Rn. 70; ebenso v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 1. Auflage 2022, § 4 KSG, Rn. 24 ff., 34 m.w.N.). Auch § 8 KSG ist eine umweltbezogene Rechtsvorschrift i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG (so auch v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 1. Aufl. 2022, § 4 KSG, Rn. 35 m.w.N.; vgl. auch Urteil des Senats vom 30. November 2023 – 11 A 1/23 – juris Rn. 76).
b. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG sind ebenfalls erfüllt, denn der Kläger macht geltend, dass er durch das Unterlassen eines Beschlusses über ein Klimaschutzprogramm, das die Anforderungen des § 9 KSG erfüllt, auch in seinem satzungsmäßigen Zweck der Förderung des Umweltschutzes berührt sei. Dieser Zweck ergibt sich aus § 1 Abs. 2 der Satzung in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung vom 14. Mai 2022 und wird gem. § 2 Abs. 2 der Satzung u.a. durch Maßnahmen zur Förderung des Umweltschutzes, z.B. zur Reinhaltung der Luft (Abs. 2 lit. j) und der Einhaltung des nationalen und internationalen Umweltrechts (Abs. 2 lit. k) verfolgt.
c. Auch das besondere Zulässigkeitserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG ist gegeben. Danach setzt die Klagebefugnis einer Umweltvereinigung voraus, dass diese im Falle eines Verfahrens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Bei Zulassungsentscheidungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG, bei denen die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Beteiligungsberechtigung von einer Vorprüfung des Einzelfalles abhängt, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Zulässigkeitsebene die Möglichkeit einer Beteiligungsberechtigung zur Begründung der Klagebefugnis (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3/19 – juris Rn. 23 m.w.N.). Mit Blick auf das KSP 2023 hat der Kläger dies zwar nicht ausdrücklich gerügt. Gleichwohl steht diese besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht entgegen, da – wie oben dargelegt – § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG auch Pläne und Programme erfassen kann, bei denen die Voraussetzung einer SUP-Pflicht aus unionsrechtlichen Gründen jedenfalls unangewendet zu bleiben hat. Soweit es im Fall des streitgegenständlichen Klimaschutzprogramms mangels SUP-Pflicht an der Berechtigung zur Beteiligung fehlt, muss auch § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG unangewendet bleiben.
5. Der Kläger verfügt auch über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Der Begriff des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, der in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht genannt ist, soll zum Ausdruck bringen, dass nur derjenige, der ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat; es handelt sich also um eine allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung für alle Verfahrensarten, so dass im Falle des Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses die Klage oder der Antrag unzulässig ist. Im Fall der Geltendmachung materieller Rechte ist grundsätzlich von seinem Vorliegen auszugehen, es sei denn, dass besondere Umstände das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen lassen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1989 – 9 C 44.87 – juris, Rn. 9; Sodan, in: ders/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42, Rn. 335). Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein. Im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 3 C 26.07 – juris, Rn. 14). Für das Rechtsschutzbedürfnis eines Umweltverbandes ist nicht maßgeblich darauf abzustellen, ob sich durch den Erfolg im gerichtlichen Verfahren seine Rechtsstellung verbessert. Denn der Umweltverband wird nicht im eigenen Interesse, sondern altruistisch zur Förderung der Ziele des Umweltschutzes tätig. Es geht mithin nicht um seine „Rechtsstellung", die er durch eine Klage verbessern möchte, sondern darum, ob der Umweltverband noch Verbesserungen zum Schutz der Umwelt erreichen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2023 - 4 CN 8.21- juris, Rn. 12).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes kann in der vorliegenden Situation dem klagenden Verband das Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Arguments der Beklagten, dass „offensichtlich“ keine gesetzliche Verpflichtung zum Beschluss eines Klimaschutzprogramms bestanden habe. Auch wenn die Bundesregierung das KSP 2023 nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung, sondern – wie die Beklagte meint – freiwillig beschlossen haben sollte, bleibt die Frage streitig, ob und inwieweit das KSP 2023 die gesetzlichen Anforderungen erfüllt bzw. erfüllen muss. Dies sind Fragen, die im Rahmen der Begründetheit zu klären sind und durch deren Klärung der Kläger Verbesserungen zum Schutz der Umwelt erreichen kann.
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt auch nicht mit Blick auf das vom Beklagten als zeitnah angekündigte Inkrafttreten des Zweiten Änderungsgesetzes des KSG, das der Deutsche Bundestag am 26. April 2024 beschlossen hat (BT-Drs. 20/8290, 20/8670). Allein daraus, dass mit dem Änderungsgesetz voraussichtlich streitentscheidende Normen, darunter auch § 9 KSG, geändert werden, ergibt sich nicht eindeutig, dass die erstrebte Entscheidung auf alter Rechtslage nutzlos wird und durch sie keine Verbesserungen zum Schutz der Umwelt mehr erreicht werden können.
II. Die Klage ist auch ganz überwiegend begründet. Lediglich hinsichtlich der - mit dem Antrag a. - eingeklagten Einhaltung des nach § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Anlage 2 KSG festgelegten Reduktionspfades für den Sektor Landwirtschaft ist die Klage unbegründet.
Die Klage ist gemäß § 2 Abs. 4 UmwRG begründet, da das KSP 2023 gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, § 2 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz, Nr. 2 UmwRG (1.) und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert, § 2 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz UmwRG (2.). Soweit bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 4 UmwRG nach § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne § 2 Abs. 10 UVPG bestehen muss, steht diese Voraussetzung der Begründetheit der Klage nicht entgegen (3.). Die Verurteilung zu einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung erfolgt unter bestimmten Maßgaben, die von der Bundesregierung bei dem Beschluss über die Änderung des Klimaschutzprogramms 2023 zu beachten sind (4.).
1. Das KSP 2023 verstößt gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften des Klimaschutzgesetzes, nämlich § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG.
a. Dabei sind die genannten Vorschriften, insbesondere § 9 KSG, zugleich die Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Leistungsanspruch. Gemäß § 9 Abs. 1 KSG beschließt die Bundesregierung mindestens nach jeder Fortschreibung des Klimaschutzplans ein Klimaschutzprogramm (Satz 1, 1. Halbsatz); darüber hinaus wird bei Zielverfehlungen eine Aktualisierung des bestehenden Klimaschutzprogramms um Maßnahmen nach § 8 Abs. 2 vorgenommen (Satz 1, 2. Halbsatz).
Das Klagebegehren ist – wie oben erläutert – zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auf eine Änderung des Klimaschutzprogramms 2023 (KSP 2023) gerichtet. Soweit die Beteiligten vor Beschluss des KSP 2023 ausführlich darüber gestritten haben, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bundesregierung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSG verpflichtet sei, das KSP 2030, das vor Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes beschlossen wurde, zu ändern, fortzuschreiben oder zu aktualisieren, bedarf dies keiner Entscheidung mehr. Auch die Frage, ob die Beklagte das KSP 2023, wie sie vorträgt, „freiwillig“ beschlossen hat oder ob sie dazu verpflichtet war, ist keine Frage, die entscheidungserheblich ist. Denn auch wenn die Beklagte das KSP 2023 beschlossen haben sollte, ohne dass sie dazu verpflichtet war, muss dieses den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Mit der Verbandsklage kann der Kläger die Verletzung objektiven Rechts rügen und dabei auch einen Anspruch auf Änderung oder Fortschreibung des Klimaschutzprogramms im Wege der Leistungsklage geltend machen. Da die Leistungsklage des Klägers „gegen“ ein beschlossenes Klimaschutzprogramm (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG) gerichtet ist, ist sie dann begründet, wenn sich das Klimaschutzprogramm als rechtswidrig erweist, weil es nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzziels des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG und zur Einhaltung der in Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festgelegten, zulässigen Jahresemissionsmengen enthält (vgl. so zum Anspruch auf Fortschreibung eines Luftreinhalteplans, BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3.19 – juris, Rn. 24; vgl. auch das dieser Entscheidung vorhergehende Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 18. März 2019 – 10 S 1977/18 – juris, Rn. 27 ff.). Einer darüberhinausgehenden Anspruchsgrundlage aus materiellem Recht auf Änderung des KSP 2023 bedarf es in einem solchen Fall, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht.
b. Das KSP 2023 erfüllte bereits im Zeitpunkt des Beschlusses am 4. Oktober 2023 nicht alle Anforderungen, die das Klimaschutzgesetz an ein Klimaschutzprogramm stellt.
aa. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG legt die Bundesregierung unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Klimaschutz-Projektionsberichts nach § 10 Abs. 2 fest, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele in den einzelnen Sektoren ergreifen wird. Maßgeblich für die Maßnahmen nach Satz 3 ist die Einhaltung der nach § 4 festgelegten zulässigen Jahresemissionsmengen (Satz 3).
Aus einer Auslegung des § 9 KSG ergibt sich, dass den im Klimaschutzprogramm enthaltenen Maßnahmen eine Minderungswirkung hinsichtlich der Treibhausgasemissionen zukommen muss, die geeignet ist, die Klimaschutzziele des § 3 KSG zu erreichen und dabei den in Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festlegten sektorspezifischen Reduktionspfad einzuhalten. Der Gesetzgeber formuliert eine Zielverbindlichkeit, überlässt die Auswahl der Maßnahmen, die zu diesem Ziel führen, aber der Bundesregierung. Der Bundesregierung steht insoweit zwar ein weiter Auswahl- und Einschätzungsspielraum zu, welche Maßnahmen sie in das Klimaschutzprogramm aufnehmen möchte. Dieser bezieht sich aber nicht darauf, ob eine Erreichung der Klimaschutzziele des § 3 KSG bzw. eine Einhaltung der zulässigen Jahresemissionsmengen in Anlage 2 möglich ist, sondern nur darauf, welche der dafür in Betracht kommenden Maßnahmen ausgewählt und umgesetzt werden sollen.
Für die Verbindlichkeit der Klimaschutzziele des § 3 Abs. 1 KSG und des in Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festgelegten Reduktionspfades spricht bereits die Verwendung der Worte „Erreichung“ (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSG) sowie „maßgeblich“ und „Einhaltung“ (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KSG). Zudem bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 2 KSG für die Aufstellung des Klimaschutzprogramms, dass die für die Sektoren zuständigen Bundesministerien Maßnahmen vorschlagen, die geeignet sein müssen, die in den jeweiligen Sektoren erforderlichen zusätzlichen Treibhausgasminderungen zu erzielen.
Dafür spricht auch eine systematische Auslegung. In § 3 Abs. 1 und 2 KSG legt das Gesetz die bis 2030, 2040 und 2045 zu erreichenden Klimaziele fest. Nach 2050 sollen negative Treibhausgasemissionen erreicht werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 KSG bestimmt, dass zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele nach § 3 Abs. 1 KSG jährliche Minderungsziele durch die Vorgabe von Jahresemissionsmengen für die einzelnen genannten Sektoren festgelegt werden, die sich nach Anlage 2 richten (§ 4 Abs. 1 Satz 3 KSG). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 9 KSG sind die Jahresemissionsmengen und jährlichen Minderungsziele verbindlich, soweit das Gesetz auf sie Bezug nimmt. Das ist in § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSG der Fall. Auch wenn der Gesetzgeber den ursprünglich in § 9 Abs. 1 Satz 3 KSG enthaltenen Hinweis auf Anlage 2 durch Gesetz vom 18. August 2021 gestrichen hat, sind auch nach geltender Rechtslage die in Anlage 2 festgelegten Reduktionspfade für die einzelnen Sektoren aufgrund der Verweisung auf § 4 verbindlich. Die Streichung erfolgte ausweislich der Gesetzesbegründung nur, weil damit § 4 Abs. 6 KSG nicht erfasst wurde (vgl. BT-Drs 19/30230, S. 21). § 4 Abs. 6 KSG betrifft die Festlegung der Reduktionsziele für den Zeitraum 2031 bis 2040 und 2041 bis 2045 und ist daher für die vorliegende Entscheidung nicht relevant. Eine Abweichung ergibt sich nach § 4 Abs. 3 Satz 1 KSG nur für den Fall, dass die Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2021 die jeweils zulässige Jahresemissionsmenge über- oder unterschreiten. In diesem Fall wird die Differenzmenge auf die verbleibenden Jahresemissionsmengen des Sektors bis zum nächsten in § 3 Abs. 1 KSG genannten Zieljahr gleichmäßig angerechnet. Dieser Regelung hat der Kläger in seinem Antrag Rechnung getragen.
Unterscheidet das Gesetz demnach systematisch zwischen den Klimaschutzzielen und dem dahinführenden Zielpfad einerseits und der Klimaschutzplanung andererseits, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Planung der Verwirklichung der verbindlichen Klimaschutzziele und der Einhaltung der Jahresemissionsmengen dienen soll.
Die Verbindlichkeit der Klimaschutzziele des § 3 KSG und der in Anlage 2 festgelegten sektorspezifischen Jahresemissionsmengen bei der Entscheidung über Maßnahmen eines Klimaschutzprogramms ergibt sich insbesondere aber aus dem Sinn und Zweck der Regelungen. Das Klimaschutzprogramm nach § 9 KSG ist das zentrale Steuerungsinstrument, mit dem die Klimapolitik zur Erreichung der Klimaziele geplant wird. Es schaut in die Zukunft und konkretisiert und operationalisiert die Maßnahmen, mit denen die Zielvorgaben erreicht werden sollen. Damit hat das Klimaschutzprogramm eine mittel- bis langfristige Perspektive (so bereits OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. November 2023 – OVG 11 A 1/23 – juris, Rn. 94). Es ist eine Planung der Klimaschutzpolitik, die die Bundesregierung politisch bindet und der damit neben der Steuerungsfunktion eine wichtige Informations- und Transparenzwirkung zukommt (vgl. auch Guckelberger, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, § 9 KSG, Rn. 3 ff., 24 f.; Posser, in: § 9 KSG, Rn. 1 ff.),
Schließlich wird dieses Ergebnis auch durch verfassungsrechtliche Erwägungen bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18) ausführlich begründet, dass die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates auch die Verpflichtung umfasse, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen und dass sie eine objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen begründen könne (Rn. 147 und 148). Dabei hat das Gericht weiter ausgeführt, dass nur begrenzt verfassungsrechtlich überprüfbar sei, ob ausreichende Maßnahmen getroffen seien, um grundrechtliche Schutzpflichten zu erfüllen. Die Entscheidung, in welcher Weise Gefahren entgegengewirkt werden solle, die Aufstellung eines Schutzkonzepts und dessen normative Umsetzung seien Sache des Gesetzgebers, dem grundsätzlich auch dann ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukomme, wenn er dem Grunde nach verpflichtet sei, Maßnahmen zum Schutze eines Rechtsguts zu ergreifen. Das Bundesverfassungsgericht stelle die Verletzung der Schutzpflichten erst fest, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen seien, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückblieben (Rn. 152). Der deutsche Gesetzgeber habe mit dem KSG von diesem Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Dabei entfalte die gesetzgeberische Entscheidung, die bis zum Jahr 2030 in § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 geregelte Menge an THG-Emissionen zuzulassen, eingriffsähnliche Vorwirkung (Rn. 184). Subjektivrechtlich schützten die Grundrechte nämlich als intertemporale Freiheitssicherung vor einer einseitigen Verlagerung der durch Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausgasminderungslast in die Zukunft (Rn. 117 ff., 183). Die Schonung künftiger Freiheit verlange auch, den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten. Dies erfordere, dass frühzeitig transparente Maßgaben für die weitere Ausgestaltung der Treibhausgasreduktion formuliert würden, die für die erforderlichen Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse Orientierung böten und diesen ein hinreichendes Maß an Entwicklungsdruck und Planungssicherheit vermittelten (Rn. 248 und 252). Hat aber der Gesetzgeber sich unter Ausnutzung seines Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums entschlossen, zur Sicherung dieser Pflichten das Instrument des Klimaschutzprogramms einzuführen, hat die Bundesregierung insoweit keinen Gestaltungsspielraum, sondern hat bei dem Beschluss über ein Klimaschutzprogramm die Maßnahmen aufzunehmen, mit denen die in § 3 KSG genannten Ziele und der in Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festgelegte Reduktionspfad verwirklicht werden können.
Ein Klimaschutzprogramm, dessen Maßnahmen nicht geeignet sind, die Klimaschutzziele des § 3 KSG zu erreichen und die in Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festgelegten sektorspezifischen Jahresemissionsmengen einzuhalten, entspricht daher nicht den gesetzlichen Anforderungen.
bb. Die Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfang Maßnahmen zu einer Verminderung der Treibhausgasemissionen beitragen können, hängt wesentlich von Prognosen ab und unterliegt daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt es bei planerischen Entscheidungen, die nicht allein auf der Erfassung eines gegenwärtigen Zustands, sondern auch auf einer Einschätzung in der Zukunft liegender Tatsachen beruhen, in der Natur der Sache, dass die Richtigkeit der Prognose nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die zukünftige Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse enthält sich naturgemäß einer exakten Tatsachenfeststellung. Die mithin keiner Richtigkeitsgewähr unterliegenden Prognosen sind gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind bzw. eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist. Maßgeblich ist der bei der Aufstellung des Plans vorhandene tatsächliche und wissenschaftliche Erkenntnisstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 - juris, Rn. 42 und Beschluss vom 28. November 2013 - 9 B 14.13 - juris, Rn. 7 sowie jüngst Urteil vom 25. Mai 2023 – 7 A 7.22 – juris, Rn. 55).
Gemessen an diesen Maßstäben erfüllt das Klimaschutzprogramm 2023 nicht vollständig die gesetzlichen Vorgaben.
(1) Schon nach der eigenen Prognose der Bundesregierung sind – entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 9 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG – die im KSP 2023 aufgeführten Maßnahmen nicht geeignet, das sektorübergreifende Klimaschutzziel für 2030 zu erreichen, sondern es bleibt eine „Gesamtlücke“ bis 2030 von ca. 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (Mt. CO2-Äq).
Ausweislich der Begründung des KSP 2023 geht die Bundesregierung davon aus, dass „die Wirkungsabschätzung zu den Maßnahmen dieses Klimaschutzprogramms (…) unter Berücksichtigung verbleibender Unsicherheiten (u.a. Energiepreisentwicklung) einen sehr deutlichen Minderungsbeitrag“ ergebe. Bei Beginn der Legislaturperiode habe die Bundesregierung noch von einer kumulierten Gesamtlücke von über 1.100 Mt. CO2-Äq. im Zeitraum 2022-2030 ausgehen müssen (Projektionsbericht 2021 und Eröffnungsbilanz Klimaschutz des BMWK). Bei konsequenter Umsetzung der Maßnahmen dieses Klimaschutzprogramms könne von einer Verringerung der Lücke um etwa 900 Mt. CO2-Äq. ausgegangen werden. Im Projektionsbericht von 2021 seien für die bis 2030 kumulierten Jahresemissionsmengen in allen Sektoren (Ausnahme sei der Sektor Landwirtschaft, bedingt durch methodische Anpassungen im Treibhausgasinventar) erhebliche Überschreitungen festgestellt worden. Der größte Anteil sei auf den Energiesektor (500 Mt. CO2-Äq.) entfallen, gefolgt vom Verkehrssektor (271 Mt. CO2-Äq.), dem Industriesektor (178 Mt. CO2-Äq.) und dem Gebäudesektor (152 Mt. CO2-Äq.).
Auf Basis der vorgeschlagenen Maßnahmen zeige die Wirkungsabschätzung, dass diese Überschreitung in den Sektoren Energie, Industrie und Gebäude nahezu vollständig abgebaut werde. Auch im Verkehrssektor werde die Überschreitung stark verringert um einen Beitrag zwischen 96 und 153 Mt. CO2-Äq. Die Überschreitung werde hier aber noch nicht vollständig abgebaut. Wie die noch verbleibende Lücke geschlossen werden soll, wird im KSP 2023 nicht erläutert.
Damit genügt das KSP 2023 nicht den rechtlichen Anforderungen, weil es nicht am verbindlichen Ziel des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG ausgerichtet ist.
(2) Nach Überzeugung des Senats ist die Prognose zudem methodisch defizitär und beruht teilweise auf unrealistischen Annahmen. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Expertenrates für Klimafragen zum Entwurf des KSP 2023 vom 22. August 2023 (Stand: 15. September 2023, im Folgenden: Stellungnahme), die durch die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats in der mündlichen Verhandlung erläutert wurde.
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 5 KSG ermittelt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die voraussichtliche Treibhausgasminderungswirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Die im KSP 2023 genannten Zahlen entstammen dem Projektionsbericht 2023 (MWMS). In der Stellungnahme des Expertenrates für Klimafragen zum Entwurf des KSP 2023 wird dargelegt, dass laut Bundesregierung der Entwurf des Projektionsberichts 2023 die Grundlage der Prüfung der THG-Minderung des Maßnahmenbündels im KSP 2023 für alle Sektoren außer für den Verkehrssektor bilde (S. 12). Die Vertreter der Beklagten haben dazu in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass es bei der Bewertung der Wirkungsabschätzung zunächst – soweit möglich – eine Quantifizierung der Einzelmaßnahmen gegeben habe, aber dann der Projektionsbericht 2023 zur Grundlage der Bewertung genommen worden sei, weil er in einigen Bereichen methodisch umfassender sei. Der Projektionsbericht sei für die Frage, wie das Klimaschutzprogramm in Summe die Klimaziele erreiche, der bessere Maßstab gewesen.
Der Expertenrat macht in seiner Stellungnahme demgegenüber deutlich, dass eine konsistente, quantifizierte Gesamtbewertung des Maßnahmenbündels im KSP 2023 hinsichtlich seiner THG-Minderungswirkung auf Grundlage der vorhandenen Unterlagen nicht möglich sei. Insbesondere bilde die im Projektionsbericht 2023 und in der Abstimmungstabelle BMWK-BMDV dargelegte THG-Minderung der Maßnahmenbündel nicht die Wirkung des KSP 2023 ab (Rn. 10). Der Expertenrat führt hierzu näher aus (Stellungnahme, Rn. 9):
„Die seitens der Bundesregierung dem Expertenrat zur Verfügung gestellten Unterlagen enthalten keine konsistente Quantifizierung der zusätzlichen Wirkung der im Klimaschutzprogramm 2023 enthaltenen Maßnahmen auf der Grundlage einer einheitlichen Referenzentwicklung, mittels derer sich die verlautbarte THG-Minderung von etwa 900 Mt CO2-Äq. durch das Klimaschutzprogramm 2023 herleiten lässt. Das Klimaschutzprogramm 2023 basiert nicht auf einer konsistenten und zusammenhängenden Quantifizierung der THG-Minderungswirkung des Maßnahmenbündels, sondern auf einer Zusammenstellung der Bewertungen unterschiedlicher Gutachten. (…) Der Projektionsbericht 2023 stellt mit den zwei Szenarien, dem sogenannten „Mit-Maßnahmen- Szenario“ (MMS) und dem „Mit-weiteren-Maßnahmen-Szenario“ (MWMS), eine Pfadsimulation unter Berücksichtigung des aktuellen politischen Rahmens für alle Sektoren dar. Somit steht nicht das Klimaschutzprogramm 2023 und dessen Wirkung im Vordergrund, sondern die THG-Emissionspfade bis zum Jahr 2050 für die einzelnen Sektoren sowie sektorenübergreifend. Der resultierende Emissionspfad des MWMS im Projektionsbericht 2023, der von der Bundesregierung hauptsächlich als Grundlage für die Quantifizierung der THG-Minderungswirkung herangezogen wird, ist abhängig von Rahmendaten, wie (1) der Energiepreisentwicklungen oder (2) dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), (3) den bestehenden Maßnahmen, die weiterhin ihre Wirkung entfalten, (4) den Maßnahmen, die sich mit dem Klimaschutzprogramm 2023 decken, sowie (5) weiteren neuen Maßnahmen, die nicht im Klimaschutzprogramm 2023 enthalten sind. Das Klimaschutzprogramm 2023 stellt also im Hinblick auf die Entwicklung der THG-Emissionen im Projektionsbericht 2023 nur einen unter vielen Einflussfaktoren dar. Zudem enthält das Klimaschutzprogramm 2023 Maßnahmen, die nicht im Projektionsbericht 2023 enthalten sind. Neben diesen Einschränkungen der Aussagekraft des Projektionsberichts 2023 bezüglich der Maßnahmenwirkung des Klimaschutzprogramms 2023 kommt hinzu, dass der Verkehrssektor hinsichtlich des Klimaschutzprogramms 2023 nicht adäquat im Projektionsbericht 2023 abgebildet ist. Für den Verkehrssektor wurde seitens der Bundesregierung die Abstimmungstabelle BMWK-BMDV (BMWK und BMDV 2022) übermittelt. Diese basiert auf zwei Gutachten (M-Five et al. 2023a; Fraunhofer ISI et al. 2022), die auf dem Projektionsbericht 2021 (Öko‐Institut et al. 2021) sowie einem Einigungsprozess zwischen den Ressorts fußen. (…) Die für den Verkehrssektor vorgelegte Abstimmungstabelle BMWK-BMDV enthält eine Einzelmaßnahmenbewertung, deren Anspruch es ist, die Zusätzlichkeit gegenüber dem Projektionsbericht 2021 abzubilden. Die Abstimmungstabelle BMWK-BMDV quantifiziert 21 Maßnahmen, die im Klimaschutzprogramm 2023 enthalten sind. Weitere 18 flankierende Maßnahmen im Klimaschutzprogramm 2023 sind in der Abstimmungstabelle BMWK-BMDV als nicht-quantifizierte Maßnahmen enthalten. 11 Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2023 sind nicht in der Abstimmungstabelle BMWK-BMDV enthalten. Eine Liste aller Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2023 ist Anhang 1 zu entnehmen.“
Die methodischen Mängel bei der Bewertung der Treibhausgasminderungswirkung der Maßnahmen hat die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Sie betonte, dass der Projektionsbericht 2023 nach Auffassung des Expertenrats methodisch einwandfrei erarbeitet worden sei. Der Bericht basiere auf anerkannten Modellen und einer transparenten Dokumentation. Im Projektionsbericht 2023 seien aber mehr Maßnahmen enthalten als im KSP 2023; dies sei in Anhang 1 der Stellungnahme für jede Maßnahme erläutert worden. Der Expertenrat selbst nehme keine Modellierungen vor. Eine Modellierung mit Maßnahmen des KSP 2023 und eine Modellierung ohne die Maßnahmen des KSP 2023 wäre hilfreich gewesen, um die Auswirkungen der nur im KSP 2023 enthaltenen Maßnahmen bewerten zu können.
Den sachverständigen Ausführungen des Expertenrates ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Der Beschluss der Bundesregierung vom 4. Oktober 2023 verhält sich nicht zur Stellungnahme des Expertenrates. Substantiierte Zweifel an der Feststellung des Expertenrats, dass eine konsistente, quantifizierte Gesamtbewertung des Maßnahmenbündels im KSP 2023 hinsichtlich seiner THG-Minderungswirkung auf Grundlage der vorhandenen Unterlagen nicht möglich sei, sind auch im gerichtlichen Verfahren nicht vorgetragen worden.
Der Senat ist zudem zu der Überzeugung gelangt, dass die Prognose der Bundesregierung teilweise auf unrealistischen Annahmen beruht. Denn in seiner Stellungnahme kommt der Expertenrat, nachdem er die Annahmen der THG-Minderung der Maßnahmen des KSP 2023 auf Basis der zur Verfügung stehenden Gutachten plausibilisiert hat, weiterhin zu dem Ergebnis, dass in Summe eine Zielerfüllung entsprechend Bundes-Klimaschutzgesetz über alle Sektoren bis zum Jahr 2030 als sehr unwahrscheinlich einzustufen sei. Diese Einschätzung ergebe sich bereits aus dem MWMS des Projektionsberichts 2023. Durch die Betrachtung wesentlicher Unterschiede zwischen den Annahmen im MWMS des Projektionsberichts 2023 und den Maßnahmen des KSP 2023 werde diese Aussage noch verstärkt. Denn diese Betrachtung lege nahe, dass die Minderungswirkung der Maßnahmen des KSP 2023 in Summe noch niedriger ausfalle als sich dies aus der Modellierung des MWMS im Projektionsbericht 2023 ergebe (Stellungnahme Rn. 12-14). Eine genauere Abklärung der Minderungswirkung ist im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich, da der Expertenrat damit jedenfalls die von der Bundesregierung konzidierte Zielerreichungslücke bestätigt.
(3) In methodischer Hinsicht rügt der Expertenrat zudem Defizite bei der konkreten Beschreibung von Maßnahmen, der korrekten Abbildung der Maßnahmen in den Modellrechnungen sowie der fehlenden Berücksichtigung von unsicheren Rahmenbedingungen (Stellungnahme Rn. 18 und 19; vgl. auch Fazit Rn. 22). In Anhang 3 der Stellungnahme hat der Expertenrat Unsicherheiten in Bezug auf konkrete Maßnahmen näher erläutert. In der mündlichen Verhandlung hat die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats hierzu ergänzend dargelegt, dass der Expertenrat sich leitend die Frage gestellt habe, was bewertbar sei. So sei die Maßnahme „Abbau klimaschädlicher Subventionen“ mehr eine Absicht als eine konkrete Maßnahme. Zudem sei die Frage leitend gewesen, wie die Unsicherheiten in der Umsetzung berücksichtigt würden, z.B. beim Gebäudeenergiegesetz, bei dem die Modellierung besser gewesen sei als die Umsetzung. Außerdem habe man nach der Unter- bzw. Überschätzung der Minderungswirkung der Maßnahmen gefragt. Die Beklagte ist auch diesen sachverständigen Ausführungen nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat dazu weder im Klimaschutzprogramm Erläuterungen aufgenommen noch schriftsätzlich im gerichtlichen Verfahren vorgetragen. Lediglich in der mündlichen Verhandlung wurde ausgeführt, dass unkonkrete Maßnahmen nicht quantifiziert worden seien. Insoweit handele es sich, wie z.B. bei den Klimaschutzsubventionen, um flankierende Maßnahmen. Beim Gebäudeenergiegesetz sei ihr bewusst gewesen, dass sich Änderungen auf die Minderungswirkung auswirken würden. Das reicht nicht, um die Darlegungen des Expertenrates zu den Überschätzungen von Minderungswirkungen (vgl. insbesondere Anhang 3 der Stellungnahme) zu entkräften.
(4) Soweit der Expertenrat im „Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023“ (April 2024) auch „Anmerkungen zur bisherigen Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2023“ aufgenommen hat (S. 119 ff.) sind diese Einschätzungen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung der Bundesregierung ohne Relevanz, da sie Entwicklungen betreffen, die nach dem Beschluss am 4. Oktober 2023 stattgefunden haben. Der Expertenrat gibt hier nämlich seine Einschätzung ab zu den Auswirkungen der Haushaltsaufstellung in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2021 und zur Erhöhung des CO2-Preises im BEHG zur Generierung zusätzlicher Einnahmen für den Klima- und Transformationsfonds.
Die Auffassung des Klägers, dass die Bundesregierung schon bei Beschluss des KSP 2023 vorsorgliche Vorkehrungen zur Finanzierbarkeit der Maßnahmen hätte treffen müssen, da bereits in dem Beschluss des BVerfG vom 22. November 2022 – 2 BvF 1/22 – das Gericht auf die rechtlichen Schwächen des 2. Nachtragshaushalts hingewiesen habe, vermag nicht zu überzeugen. In diesem Eilbeschluss hat das Bundesverfassungsgericht zwar ausgeführt, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Zuführung von Kreditermächtigungen in den KTF-Fonds und die Verabschiedung des maßgeblichen Gesetzes erst im Jahr 2022 zu beanstanden sei; eine summarische Prüfung hat das Gericht aber weder für erforderlich gehalten noch durchgeführt. Davon ausgehend musste dieser Beschluss noch keine derart gewichtigen Zweifel an der Realisierbarkeit aller oder ganz bestimmter aus den Mitteln des KTF zu finanzierender Maßnahmen begründen, dass sie deren Aufnahme in das Klimaschutzprogramm ausgeschlossen hätten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es selbst nach einer entsprechenden Hauptsacheentscheidung Sache des Haushaltsgesetzgebers und seiner Prioritätensetzung ist, wie er mit den Folgen der Verfassungswidrigkeit des 2. Nachtragshaushaltsgesetzes umgeht und ob er die Mittel, die für die im Klimaschutzprogramm 2023 aufgenommenen Maßnahmen benötigt werden, ggf. auf andere Weise zur Verfügung stellt.
(5) Der jüngste Bericht des Umweltbundesamtes vom März 2024 „Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt“ bietet nach Auffassung des Senats keine hinreichende Grundlage für eine andere Bewertung der Prognose. Daraus ergibt sich weder, dass die Prognose der Bundesregierung nicht fehlerhaft ist noch, dass die Mängel der Prognose in Bezug auf das Klimaschutzziel 2030 keine Relevanz haben, weil ungeachtet dieser Mängel davon ausgegangen werden kann, dass das Klimaschutzziel 2030 erreicht wird.
Dieser Bericht weist für die Projektionsdaten bis 2030 einen Rückgang gegenüber 1990 um knapp 64 % aus. Zudem könnten die gemäß KSG für den Zeitraum 2021 bis 2030 sektorübergreifend zulässigen THG-Emissionen insgesamt eingehalten und übererfüllt werden (sog. Jahresemissionsgesamtmenge). Die Emissionsdaten 2023 und die Inventare der Jahre 2021 bis 2022 sowie die Projektionsdaten 2024 für die Jahre 2024 bis 2030 würden insgesamt eine Übererfüllung von 47 Mt. CO2-Äq. in der gesamten Zeitreihe ergeben (Seite 9).
Die im Vergleich zum Projektionsbericht 2023 günstigere Entwicklung der THG-Emissionen wird wie folgt begründet: Die Minderungen seien teilweise auf intensivere Klimaschutzanstrengungen, Sondereffekte der Wirtschaftskonjunktur und methodische Änderungen zurückzuführen. Ein anderer Grund für den Unterschied liege in den veränderten Annahmen. Insbesondere seien die Brennstoffpreise maßgeblich. Die Modellannahmen zur Berechnung der Szenarien des Projektionsberichts 2023 seien während der Hochphase der Energiekrise im Herbst 2022 getroffen worden. Zu diesem Zeitpunkt seien vor allem die Erdgaspreise hoch gewesen. Die real beobachteten Gaspreise hätten nicht die unterstellte Höhe erreicht, so dass im Projektionsbericht eine Überschätzung der Emissionen (durch Steinkohle) insbesondere in der Energiewirtschaft erfolgt sei. Anhand der Emissionsdaten des Vorjahres und der Inventare lasse sich rückblickend sagen, dass der Projektionsbericht 2023 im Jahr 2023 um 125 Mt. CO2 von der realen Emissionsberechnung abweiche (vgl. Kapitel 4, Seite 23 des Berichts).
Die Treibhausgas-Projektionsdaten entsprechen dem Mit-Maßnahmen-Szenario, d.h. der Bericht enthält angenommene und umgesetzte Klimaschutzinstrumente. Die konkreten Klimaschutzinstrumente, die für die Erstellung der Projektionsdaten modelliert wurden, stellen den Stand der deutschen Klimaschutzpolitik vom Oktober 2023 dar (Seite 11 f. des Berichts).
Der Expertenrat für Klimafragen hat im April 2024 den nach § 12 Abs. 1 KSG zu erstellenden „Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023“ vorgelegt. Der Expertenrat bewertet diese Projektionen wie folgt:
„In Summe hat die Prüfung ergeben, dass das Umweltbundesamt bei der Berechnung der Emissionen des Jahres 2023 zu keinen anderen Ergebnissen hätte kommen müssen, aber können. Wegen der geschilderten Unsicherheiten sowohl bei der Frühschätzung der Energiebilanz als auch der Berechnung der Emissionen ist die Aussagekraft der vom Umweltbundesamt vorgenommenen Punktwertschätzung laut der Ergebnisse der Prüfung eingeschränkt. Insbesondere für den Sektor Gebäude ergibt sich aus der Prüfung, dass andere, mindestens gleichermaßen plausible Berechnungsansätze zu anderen Punktwertschätzungen hätten gelangen können. Insbesondere die Fehler bei der Schätzung der Emissionen aus der Lagerbestandsveränderung von leichtem Heizöl (gemäß dem Absatzprinzip) führten in der Vergangenheit in den auf den Prüfbericht folgende Nationale Inventardokumente regelmäßig zu einem hohen Korrekturbedarf. Im Jahr 2023 wurde dieser Wert mit 5,5 Mt CO2-Äq. Mehremissionen geschätzt, was mehr als 5 % der ausgewiesenen Jahresemissionen in diesem Sektor ausmacht. Zudem sollte die Verwendung des Emissionsfaktors von Methan im Braunkohlebergbau im Energiesektor überprüft werden.“ (Z 13, S. 16).
Zur Einordnung der Emissionsentwicklung führt der Expertenrat abschließend aus:
„Der deutliche Rückgang der gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2023 war insbesondere durch die starken Produktionsrückgänge der energieintensiven Industrie und die Witterung geprägt. In einem kontrafaktischen Szenario ohne diese beiden Einflüsse wären die Treibhausgasemissionen nach einer groben Abschätzung um 74,3 Mt CO2-Äq. höher ausgefallen und hätten damit die implizite zulässige Gesamtjahresemissionsmenge überschritten. Den deutlich größeren Anteil an den höheren THG-Emissionen in diesem kontrafaktischen Szenario hat dabei die Produktion in der energieintensiven Industrie. Wäre die Produktion so hoch ausgefallen wie im Mittel der letzten Jahre, wären die THG-Emissionen im Jahr 2023 um 51,6 Mt CO2-Äq. höher ausgefallen. Aber auch der Einfluss der Witterung ist nicht zu vernachlässigen. Hätten die Temperaturen und die Bedingungen für Solar- und Windenergie im Jahr 2023 im Mittel der letzten Jahre gelegen, wären die THG-Emissionen um weitere 22,7 Mt CO2-Äq. höher ausgefallen. Auch wenn diese kontrafaktischen Berechnungen aufgrund methodischer Limitierungen lediglich eine grobe Abschätzung der Größenordnung dieser Einflüsse darstellen können, so zeigen sie dennoch, dass die im Jahr 2023 in Summe erreichte Zielunterschreitung zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf Entwicklungen zurückzuführen ist, deren Dauerhaftigkeit nicht sichergestellt ist, insbesondere mit Blick auf die Produktionsentwicklung in der energieintensiven Industrie. Bei der Witterung kann infolge des Klimawandels tendenziell von steigenden Temperaturen ausgegangen werden, was sich in einem niedrigeren Heizwärmebedarf niederschlagen kann. Aber auch hier ist nicht auszuschließen, dass einzelne Jahre wieder kälter ausfallen und damit der Zielerreichung entgegenwirken.“ (Z 26 S. 24)
Der Expertenrat führt weiter aus, dass die in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts geänderten Haushaltsansätze das Erreichen der projizierten Minderungswirkung des Klimaschutzprogramms 2023 unsicherer machten. Auch wenn im Rahmen dieses Berichts keine quantitative Abschätzung des Gesamteffekts gemacht werden könne, sei insgesamt davon auszugehen, dass die Wirkung des Klimaschutzprogramms geringer ausfallen dürfte als 2023 unterstellt (Z 31, S. 25). Der Expertenrat hat sich im Rahmen des vorliegenden Prüfberichts zudem mit der Frage befasst, ob es neben den Auswirkungen der finanziellen Kürzungen im KTF seit Veröffentlichung des Klimaschutzprogramms wesentliche Neuerungen im Gebäude- und Verkehrssektor gegeben habe, die sich auf die THG-Minderung des Klimaschutzprogramms auswirken. Im Gebäudesektor verstärkten die weniger ambitionierte Umsetzung des Klimaschutzprogramms sowie die verringerten Finanzmittel für Förderprogramme die Zweifel an der Erreichbarkeit der angestrebten Minderungswirkung. Somit werde weiterhin davon ausgegangen, dass eine Lücke zur Zielerreichung im Gebäudesektor verbleibe (Z 33, S. 25). Auch für den Verkehrssektor bekräftigt der Expertenrat seine Aussage, dass die im KSP 2023 beschlossenen Maßnahmen bei weitem nicht hinreichend seien, die zulässigen Jahresemissionsmengen im Verkehrssektor einzuhalten, und dass eine erhebliche Erfüllungslücke bis 2030 verbleibe (Z 34, S. 26).
Damit ist nach Überzeugung des Senats sachverständig dargelegt, dass die Projektion vom März 2024, die einen Rückgang von „knapp 64 %“ und eine Übererfüllung von 47 Mt. CO2-Äq. prognostiziert, keine belastbare Grundlage dafür darstellt, dass das Klimaschutzziel 2030 erreicht wird. Denn neben den vom Expertenrat angesprochenen Unsicherheiten sowohl bei der Frühschätzung der Energiebilanz als auch der Berechnung der Emissionen ergibt sich dies aus den plausiblen Darlegungen dazu, dass die Änderungen im Bundeshaushalt in Folge der Nichtigkeit des 2. Nachtragshaushalt 2021 zu einer Abschwächung der Minderungswirkung der Maßnahmen des KSP 2023 führen werden. Die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum 2. Nachtragshaushalt 2021 sind im Projektionsbericht 2024 aber nicht berücksichtigt worden.
(6) Zudem sind die im KSP 2023 aufgenommen Maßnahmen nicht geeignet, die nach Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festgelegten zulässigen Jahresemissionsmengen für die Sektoren Verkehr, Gebäude, Industrie, Energiewirtschaft und Abfallwirtschaft und Sonstiges einzuhalten. Lediglich der Sektor Landwirtschaft überschreitet die zulässigen Jahresemissionsmengen in den Jahre 2024 bis 2030 nicht.
Dabei enthält das KSP 2023 bereits keine Prognose, die erkennen lässt, ob die in Anlage 2 verbindlich festgelegten sektorspezifischen Jahresemissionsmengen eingehalten werden. Vielmehr legt das KSP 2023 im Vorgriff auf die Novelle des KSG einen anderen Maßstab zugrunde, nämlich einen „sektorübergreifenden und mehrjährigen“ Maßstab. Dieser Maßstab führt dazu, dass im KSP 2023 bezüglich der einzelnen Sektoren nur auf „kumulierte Jahresemissionsmengen“ abgestellt wird. Dieser Ansatz ist mit der sektorspezifischen und jährlichen Betrachtungsweise des § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Anlage 2, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 in der derzeit geltenden Fassung maßgeblich ist, nicht vereinbar. Aus den verklausulierten Formulierungen des KSP 2023 folgt zudem, dass nach der eigenen Prognose der Bundesregierung in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude („nahezu vollständig abgebaut“) und Verkehr („stark verringert um einen Beitrag zwischen 96 und 153 Mio t. Die Überschreitung wird aber noch nicht vollständig abgebaut.“) die kumulierten Jahresemissionen prognostisch nicht eingehalten werden.
Der Senat hat daher zusätzlich die Projektionen des dem KSP 2023 zu Grunde liegenden Projektionsbericht 2023 berücksichtigt. Der Projektionsbericht 2023 weist für den Sektor Energiewirtschaft eine Untererfüllung bis einschließlich 2025 und erst ab 2026 eine Übererfüllung aus (Abb. 26, S. 122 BT-Drs. 20/8455). Für den Sektor Industrie weist der Projektionsbericht eine Verfehlung aller Jahresziele bis 2030 aus (BT-Drs. 20/8455, Abb. 30, S. 144). Auch der Sektor Gebäude verfehlt danach die Jahresziele bis 2030 (BT-Drs. 20/8455, Abb. 43, S. 183), ebenso wie der Sektor Verkehr (BT-Drs. 20/8455, Abb. 52, S. 202). Hingegen zeigt der Projektionsbericht 2023 für den Sektor Landwirtschaft bis 2030 keine Überschreitung von Jahreszielen auf (BT-Drs. 20/8455, Abb. 61, S. 218). Im Sektor Abfallwirtschaft und Sonstiges werden trotz der kumulierten Übererfüllung Überschreitungen der Jahresemissionsmengen 2026, 2028 und 2030 erreicht (BT-Drs. 20/8455, Abb. 65, S. 229).
Aus der Stellungnahme des Expertenrates hat der Senat keine zusätzlichen Erkenntnisse gewonnen, da auch dort nur von einem „kumulierten Zielpfad“ und „kumulierten Zielerreichungslücken“ gesprochen wird. (Rn. 11 und Abbildung 45 auf Seite 19).
Nach dem jüngsten Bericht des Umweltbundesamtes vom März 2024 „Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt“ gestaltet sich die Zielüber- und untererfüllung in den Sektoren heterogen. Die Energiewirtschaft erziele in den Projektionsdaten 2024 eine kumulierte Übererfüllung von 175 Mt. CO2-Äq. bis 2030, der Industriesektor von 37 Mt. CO2-Äq., die Landwirtschaft von 29 Mt. CO2-Äq.und der Sektor Abfallwirtschaft und Sonstiges von 17 Mt. CO2-Äq. Der Sektor Verkehr hingegen verfehle die kumulierten sektoralen Jahresemissionsgesamtmengen bis 2030 um 180 Mt. CO2-Äq. und der Sektor Gebäude um 32 Mt. CO2-Äq. (Seite 9 des Berichts).
Hinsichtlich des Sektors Industrie, der sich nach diesem Bericht von einem „Sektor mit Zielverfehlung zu einem Sektor mit Zielübererfüllung“ wandele, verweist der Bericht zum einen auf die Wirkung bestimmter Klimaschutzinstrumente, aber auch auf die angenommenen hohen Energiepreise (s.o.) und auf die Produktionsrückgänge der energieintensiven Industrie im Jahr 2023. Für die Zeit ab 2024 seien für die Berechnung kontinuierlich positive Wachstumsraten der Produktionsmengen angenommen worden, die bis 2028 auf das Vorkrisenniveau des Jahres 2015 anstiegen (Nr. 2.2. „Industrie“, S. 14 f. des Berichts.). Hinsichtlich der Sektoren Landwirtschaft und Abfallwirtschaft und Sonstiges werden Unterschiede zum Projektionsbericht 2023 insbesondere mit methodischen Abweichungen begründet (S. 24 und Nr. 2.5 und 2.6, S. 18 f. des Berichts).
Für die Bedeutung dieses Berichts für die hier zu entscheidende Frage, ob die Sektoren die jahresspezifischen Emissionsmengen überschreiten, gilt dasselbe wie für das KSP 2023: Da der Projektionsbericht 2024 nur auf die „sektoralen Jahresemissionsgesamtmengen“ abstellt, lässt sich den Darlegungen nicht entnehmen, ob die sektorspezifischen Jahresemissionsmengen der Anlage 2 zum KSG eingehalten werden.
cc. Da nach alledem der Kläger bereits deswegen einen Anspruch auf Änderung des KSP 2023 hat, weil die darin enthaltenen Maßnahmen bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses nicht geeignet waren, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger auch – wie er meint – einen Anspruch auf Fortschreibung des Klimaschutzprogramms bei der „Änderung wesentlicher Tatsachen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht“ hat.
3. Auch die Voraussetzung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG steht der Begründetheit der vorliegenden Klage nicht entgegen. Für die Begründetheitsprüfung einer Umweltverbandsklage auf Fortschreibung oder Änderung eines Klimaschutzprogramms ist nicht das tatsächliche Bestehen einer Pflicht zu einer strategischen Umweltprüfung (SUP) Voraussetzung. Der die gerichtliche Überprüfung von Plänen und Programmen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vom tatsächlichen Bestehen einer SUP-Pflicht abhängig machende § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG muss aus europarechtlichen Gründen unangewendet bleiben.
4. Sind damit die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, ist die Bundesregierung zur Änderung des Klimaschutzprogramms 2023 zu verurteilen. Der Bestimmtheit des stattgebenden Urteils wird, wie oben erläutert, dadurch Rechnung getragen, dass im Urteil verbindliche Vorgaben gemacht werden, die die Bundesregierung bei einem Beschluss über ein Klimaschutzprogramm zu beachten hat. Diese Verbindlichkeit wird – im Sinne eines Bescheidungsurteils – durch die Formulierung „unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts“ im Tenor hergestellt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt für die allgemeine Leistungsklage § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechend (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2023 - 5 C 11.21 – juris, Rn. 38). Die aufgrund der in dieser Vorschrift angeordneten Bindung an die dem Urteilsausspruch zugrunde liegende Rechtsauffassung ist auch in ggfs. folgenden (Vollstreckungs-)Verfahren beachtlich. Im Einzelnen:
a. Die Bundesregierung ist bei dem Beschluss über die Änderung des KSP 2023 verpflichtet, die oben dargelegte Rechtsauffassung des Gerichts zur Verbindlichkeit des Klimaschutzziels nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG und der in Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG festgelegten Jahresemissionsmengen zu beachten.
b. Die Maßnahmen im KSP 2023 müssen prognostisch geeignet sein, das Klimaschutzziel des § 3 Abs. 1 Nr. 1 KSG zu erreichen und dabei die zulässigen Jahresemissionsmengen nach Anlage 2 zum KSG einzuhalten. Diese Prognoseentscheidung muss, wie ausgeführt, methodisch einwandfrei erarbeitet worden sein, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und das Prognoseergebnis muss einleuchtend begründet werden.
c. Der Änderungsbeschluss unterliegt denselben Regelungen wie der erstmalige Beschluss über das Klimaschutzprogramm. Daher sind nach § 9 Abs. 2 Satz 3 und 4 KSG den Maßnahmenvorschlägen nicht nur wissenschaftliche Abschätzungen zu den voraussichtlichen THG-Minderungswirkungen, sondern auch wissenschaftliche Abschätzungen zu den möglichen ökonomischen, sozialen und weiteren ökologischen Folgen beizufügen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 5 KSG ermittelt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (jetzt: Wirtschaft und Klimaschutz) die voraussichtliche Treibhausgasminderungswirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Sowohl die Abschätzung der THG-Minderungswirkung als auch die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen müssen bereits nach der gesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 KSG wissenschaftlichen Maßstäben genügen und somit eine plausible und zuverlässige Aussage über die Minderungswirkung der im Klimaschutzprogramm enthaltenen Einzelmaßnahmen und der Gesamtwirkung ermöglichen.
Darüber hinaus enthält das KSG keine näheren Anforderungen an die aufzunehmenden Maßnahmen. Soweit der Kläger abstrakte Maßstäbe für die Eignung der ins Klimaschutzprogramm aufzunehmenden Maßnahmen formuliert hat, insbesondere in Bezug auf die Konkretheit von Maßnahmen, einen zeitlichen Umsetzungsplan und die Finanzierbarkeit der Maßnahmen (vgl. Schriftsatz vom 14. November 2023) finden diese Maßstäbe im Gesetz keine Stütze. Mangels entsprechender gesetzlicher Anknüpfungspunkte leiten sich die vom Kläger formulierten Anforderungen an die Eignung von Maßnahmen auch nicht aus der Bedeutung der Ergebnisverpflichtung auf die Klimaschutzziele ab (vgl. insoweit ablehnend bei Prognosen bei Luftreinehalteplänen BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3/19 - juris, Rn. 43).
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass im Klimaschutzprogramm alle Maßnahmen aufzunehmen seien, die zur Erreichung der Klimaziele notwendig sind, ist klarzustellen, dass aus Sicht des Senats § 9 KSG kein allumfassendes Gesamtkonzept von der Bundesregierung fordert (vgl. zur Forderung nach einem Gesamtkonzept auch die Stellungnahme des Expertenrats für Klimafragen zum Entwurf des KSP 2023 vom 22. August 2023, Stand: 15. September 2023, Rn. 25). § 9 KSG ist vielmehr an der noch bestehenden Zielerreichungslücke zu den verbindlich vorgegeben Klimaschutzzielen ausgerichtet und fordert, wie oben dargelegt, den Beschluss über Maßnahmen, die geeignet sind, diese Lücke zu schließen. Dadurch, dass der Gesetzgeber ein konkretes Budget an künftig noch zulässigen Treibhausgasemissionen, aber keine konkreten Regelungen zu THG-mindernden Maßnahmen getroffen hat, hat er lediglich einen rechtlichen Rahmen geschaffen (vgl. auch Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, Einl. Rn. 36 m.w.N.). Die Klimaschutzpolitik auf Bundesebene soll dabei durch die Bundesregierung gesteuert werden, was typologisch der sog. Staatsleitenden Planung zuzuordnen ist (vgl. v. Weschpfennig, in: Handbuch des Verwaltungsrechts, Band V, 2023, § 156 Rn. 14 f.). Damit bleibt die Klimaschutzplanung aber von vornherein unvollständig, da die Bundesregierung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zu einer umfassenden, verbindlichen Planung in der Lage ist. Eine Reihe von Maßnahmen bedarf der gesetzlichen Grundlage und ist daher dem Deutschen Bundestag vorbehalten. Andere Beschränkungen folgen aus dem föderalen System und der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG). Eine erfolgreiche Klimapolitik, die in vielen Bereichen einen Strukturwandel darstellt, braucht zudem ein Zusammenwirken mit privaten und gesellschaftlichen Akteuren (vgl. auch v. Weschpfennig, in: Handbuch des Verwaltungsrechts, Band V, 2023, § 156 Rn. 33-35). Gesetzlich ist (lediglich) gefordert, dass die im Klimaschutzprogramm aufgenommen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit geeignet sind, die gesetzlich erforderlichen Treibhausgasminderungen zu erzielen.
d. Die Bundesregierung wird bei ihrem Änderungsbeschluss die vom Expertenrat für Klimafragen in der Stellungnahme zum Entwurf des KSP 2023 (Stand: 15. September 2023, ergänzt um Anmerkungen zum Umsetzungsstand im Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023; vgl. insbesondere die Aufführung der Einzelmaßnahmen in Anhang 1 und Anhang 3 der Stellungnahme) gerügten Defizite bei der Berechnung der THG-Minderungswirkung sowie die nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 KSG auch für den Änderungsbeschluss einzuholende Stellungnahme des Expertenrates berücksichtigen müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Klimaschutzgesetz (a.a.O. Rn. 229) ausgeführt, dass bei Bestehen wissenschaftlicher Ungewissheit über umweltrelevante Ursachenzusammenhänge Art. 20a GG den Entscheidungen des Gesetzgebers – zumal solchen mit unumkehrbaren Folgen für die Umwelt – Grenzen setze und ihm eine besondere Sorgfaltspflicht auferlege, deren Ausdruck jedenfalls sei, dass er belastbare Hinweise auf die Möglichkeit gravierender oder irreversibler Beeinträchtigungen – jedenfalls in Ansehung ihrer Belastbarkeit – berücksichtigen müsse. Davon ausgehend muss nach Auffassung des Senats die Bundesregierung die Prüfergebnisse des vom Gesetzgeber u.a. hierfür eingesetzten Expertenrates bei der Entscheidung über Maßnahmen eines für die Erreichung der nationalen Klimaziele des § 3 KSG zu erstellenden Klimaschutzprogramms angemessen berücksichtigen. Soweit die Prüfung des Expertenrates methodische Mängel bei der Ermittlung der dem Beschlussvorschlag zugrunde gelegten THG-Minderungswirkung feststellt oder tatsächliche Annahmen im Hinblick auf die Realisierungswahrscheinlichkeit der Minderungswirkung in Frage stellt, begründet dies nach Auffassung des Senats mindestens eine gesteigerte, nachvollziehbar begründete Einwände berücksichtigende Begründungspflicht der Bundesregierung.
C. Die Kostenentscheidung für die Klagen der Kläger 2. bis 4. folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, für die Klage des Klägers zu 1. aus § 155 Abs. 1 VwGO, wobei für die Kostenquotelungen die sog. Baumbach’sche Formel (vgl. dazu: Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 100 ZPO Rn. 5 ff.) maßgeblich zu Grunde zu legen war. Nach § 155 Abs. 1 Satz 3 können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Dies trifft vorliegend auf die Klage des Klägers zu 1. zu, da dieser nur hinsichtlich des Sektors Landwirtschaft unterliegt.
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auch bei auf die Vornahme hoheitlichen Handelns gerichteten Urteilen aufgrund von Leistungsklagen entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kosten beschränkt (vgl. ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 29. November 2019 – 1 E 23/18 – juris, Rn. 299; vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 3. November 2011 – 6 S 2904/11 – juris, Rn. 11 ff. mit ausführlicher Begründung)
E. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Frage der Zulässigkeit einer Umweltverbandsklage nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG wegen eines Klimaschutzprogramms gemäß § 9 KSG sowie die Auslegung des § 9 KSG grundsätzlich bedeutsam sind. Dies gilt auch mit Hinblick darauf, dass der Bundestag eine Änderung des § 9 KSG beschlossen hat. Auch wenn diese Änderung in Kraft treten sollte, besteht die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG fort, wonach die Bundesregierung im Klimaschutzprogramm festlegt, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele gemäß § 3 Absatz 1 ergreifen wird. Die Entscheidung, ob das nationale Klimaschutzziel verbindlich für die Bundesregierung ist, wenn sie ein Klimaschutzprogramm beschließt, ist daher (weiterhin) von grundsätzlicher Bedeutung.