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Klimaschutzprogramm, LULUCF-Sektor, Treibhausgasemissionen, Verbandsklagebefugnis, Bestimmtheit des Klageantrags, Leistungsklage, Klimaschutzziele, Prognoseentscheidung, Expertenrat für Klimafragen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg Der 11. Senat Entscheidungsdatum 16.05.2024
Aktenzeichen 11 A 31/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0516.11A31.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4; Abs. 4, 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; 2 Abs. 4 UmwRG, 35 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 2.13 der Anlage 5 UVPG , 3 Abs. 2; 3a; 4 Abs. 1; 9; 12 Abs. 3 Nr. 3 KSG, 82 Abs. 1 Satz 2; 91; 172 VwGO, 47 Abs. 1; 51 Abs. 1 Satz 1 EU-Grundrechtecharta, 9 Abs. 3 Aarhus-Kovention

Leitsatz

  1. Einem nach § 3 UmwRG anerkannten Naturschutzverband steht gegen den Beschluss eines Klimaschutzprogramms im Sinne des § 9 KSG eine Klagebefugnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG zu.

  2. Der Bundesregierung steht ein weiter Auswahl- und Einschätzungsspielraum zu, welche Maßnahmen sie in das Klimaschutzprogramm aufnehmen möchte.

  3. Ein Klimaschutzprogramm, dessen Maßnahmen nicht geeignet sind, die Ziele des § 3a KSG zu erreichen, entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben.

  4. Die Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfang Maßnahmen zu einer Verminderung der Treibhausgasemissionen beitragen können, hängt wesentlich von Prognosen ab und unterliegt daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die keiner Richtigkeitsgewähr unterliegenden Prognosen sind gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind bzw. eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und das Prognosergebnis einleuchtend begründet worden ist.

  5. Die Bundesregierung muss die Prüfergebnisse des vom Gesetzgeber u.a. hierfür eingesetzten Expertenrats für Klimafragen bei der Entscheidung über Maßnahmen eines für die Erreichung der nationalen Klimaziele des § 3 KSG zu erstellenden Klimaschutzprogramms angemessen berücksichtigen.

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts das Klimaschutzprogramm 2023 nach § 9 Bundes-Klimaschutzgesetz durch Beschluss der Bundesregierung um die erforderlichen Maßnahmen zu ergänzen, damit entsprechend der Vorgabe in § 3a Abs. 1 Klimaschutzgesetz der Mittelwert der jährlichen Emissionsbilanzen des jeweiligen Zieljahres und der drei vorhergehenden Kalenderjahre des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft wie folgt verbessert wird:

  1. auf mindestens minus 25 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2030,

  2. auf mindestens minus 35 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2040, und

  3. auf mindestens minus 40 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2045.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. der zu vollstreckenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, eine gem. § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, fordert von der Bundesregierung zuletzt noch die Änderung des am 4. Oktober 2023 beschlossenen Klimaschutzprogramms 2023, dessen Maßnahmen er für unzureichend hält, um die in § 3a KSG normierten Ziele des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) zu erreichen.

Das auf der Grundlage von § 9 Bundes-Klimschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2019 (BGBl.I S. 2513, zuletzt geändert durch das Erste Änderungsgesetz vom 18. August 2021, BGBl. I S. 3905 – KSG -) zu beschließende Klimaschutzprogramm beruht auf dem jeweils aktuellen Projektionsbericht, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG. Die Bundesregierung erstellt ab dem Jahr 2021 alle zwei Jahre einen Klimaschutz-Projektionsbericht nach den Vorgaben des Art. 18 der Verordnung (EU) 2018/99 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz (ABl. L 328 vom 21. Dezember 2018, S. 1 - EU-GovernanceVO), der die Projektionen von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) einschließlich der Quellen und Senken des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft und die nationalen Politiken und Maßnahmen zu deren Minderung enthält, § 10 Abs. 2 Satz 2 KSG. Der Bericht ist dem Deutschen Bundestag bis zum 31. März des jeweiligen Jahres zuzuleiten. Bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 sind der Klimaschutz-Projektionsbericht 2021 für Deutschland (BT-Drs. 19/32706 vom 12. November 2021) und der Klimaschutz-Projektionsbericht 2023 für Deutschland (BT-Drs. 20/8455 vom 18. September 2023) erstellt worden. Der Projektionsbericht 2023 beschreibt die projizierte Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland in einem Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS) sowie in einem Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS) für die Jahre 2023 bis 2050. Für die weiteren Einzelheiten der Berichte wird auf diese Bezug genommen.

Die Bundesregierung erstellt zudem nach § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 KSG jährlich einen Klimaschutzbericht, der die Entwicklung der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) in den verschiedenen Sektoren, den Stand der Umsetzung der Klimaschutzprogramme nach § 9 und der Sofortprogramme nach § 8 sowie eine Prognose der zu erwartenden THG-Minderungswirkungen enthält. Nach Satz 3 ist der Klimaschutzbericht für das jeweilige Vorjahr bis zum 30. Juni dem Deutschen Bundestag zuzuleiten. Auf die bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 vorliegenden Klimaschutzberichte der Bundesregierung der Jahre 2020 (BT-Drs. 19/22180 vom 21. August 2020), 2021 (BT-Drs. 20/47 vom 5. November 2021) und 2022 (BT-Drs. 20/3790 vom 29. September 2022) wird Bezug genommen.

Die Entwicklung der Treibhausgasemissionen wird durch das Umweltbundesamt beobachtet. Gemäß § 5 Abs. 1 KSG erstellt das Umweltbundesamt die Daten für das zurückliegende Kalenderjahr (Berichtsjahr), beginnend mit dem Berichtsjahr 2020 auf der Grundlage der methodischen Vorgaben der Europäischen Klimaberichterstattungsverordnung oder auf der Grundlage einer nach Artikel 26 der Europäischen Governance-Verordnung erlassenen Nachfolgeregelung. Das Umweltbundesamt veröffentlich und übersendet bis zum 15. März eines jeden Jahres die Emissionsdaten des Berichtsjahres an den Expertenrat für Klimafragen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 lag als aktuellster Bericht der Bericht „Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt“ vom März 2024 vor. Der Expertenrat für Klimafragen erstellte dazu den „Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023“ vom April 2024.

Das im Oktober 2019 beschlossene Klimaschutzprogramm 2030 (KSP 2030) sah für den LULUCF-Sektor vier Maßnahmen vor (S. 127 bis 137 KSP 2030). Am 23. Juni 2021 hat die Bundesregierung das Klimaschutz Sofortprogramm 2022 beschlossen, das für den LULUCF-Sektor eine finanzielle Aufstockung bzw. Initiativen in einigen Bereichen vorsah.

In dem nach Klageerhebung am 4. Oktober 2023 beschlossenen Klimaschutzprogramm 2023 (KSP 2023) sind für den LULUCF-Sektor verschiedene Maßnahmen aufgeführt, darunter solche, die Teil des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) sind, das die Bundesregierung am 29. März 2023 beschlossen hat. Zum Entwurf des KSP 2023 hat der Expertenrat für Klimafragen eine Stellungnahme (vom 22. August 2023, Stand: 15. September 2023) abgegeben, die er im o.g. Prüfbericht vom April 2024 ergänzt hat.

Bereits mit Schreiben vom 19. Juli 2022 beantragte der Kläger bei der Beklagten, unverzüglich ein zur Erreichung der Ziele des § 3a Abs. 1 KSG geeignetes Klimaschutzprogramm aufzustellen.

Am 23. November 2022 hat er Klage erhoben, mit der er von der Bundesregierung ein Klimaschutzprogramm begehrte, dessen Maßnahmen geeignet sind, die in § 3a Abs. 1 KSG genannten Emissionsminderungs- bzw. Senkenziele des LULUCF-Sektors zu erreichen. Der Kläger begründet seine Klage wie folgt:

Seine Klage sei zulässig und begründet. Er verfüge über die nach dem UmwRG erforderliche Klagebefugnis. Das folge schon daraus, dass das Klimaschutzprogramm nach § 9 KSG ein Programm sei, für das nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 7, § 35 Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 5 eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) bestehen könne. Im Übrigen stehe ihm unabhängig von der SUP-Pflichtigkeit des Klimaschutzprogramms eine Klagebefugnis zu. Dies ergebe sich jedenfalls aus dem Unionsrecht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Begründung eines effektiven Klagerechts für Umweltverbände durch Art. 9 Abs. 3 Aarhus Konvention (AK) i.V.m. Art 47 EU-Grundrechtecharta (GRC). Die Klage sei als Leistungsklage nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäben bestimmt genug und er verfüge auch über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Für seine Auffassung, dass seine Klage zulässig sei, verweist er zuletzt im Wesentlichen auf die Urteile des Senats vom 30. November 2023 in den Verfahren OVG 11 A 21/22, OVG 11 A 27/22 und OVG 11 A 1/23.

Die Klage sei auch gemäß § 2 Abs. 4 UmwRG begründet. Für das Klimaschutzprogramm sei gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen, da es nach § 35 Abs. 3 UVPG einen Rahmen für die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben setze. Dies sei bei einem Klimaschutzprogramm im Sinne von § 9 KSG für eine Vielzahl von in Anlage 1 UVPG aufgeführten UVP-pflichtigen Vorhaben der Fall. Unabhängig davon sei § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts teleologisch zu reduzieren, so dass die Begründetheit der Klage nicht voraussetze, dass tatsächlich eine SUP-Pflicht bestehe.

Der Kläger rügt materiell einen Verstoß gegen umweltbezogene Vorgaben des KSG und der Verordnung (EU) 2018/841 vom 30. Mai 2018 über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 (ABl. L 156 vom 19. Juni 2018, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2023/839 vom 19. April 2023, ABl. L 107 vom 21. April 2023 - LULUCF-VO-), die für die Aufstellung eines ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Klimaschutzprogramms maßgeblich seien. Dabei hat der Kläger zunächst ausführlich dargelegt, weshalb das KSP 2030, das 2019 beschlossen wurde, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche und zu ändern sei.

Nachdem die Bundesregierung am 4. Oktober 2023 das Klimaschutzprogramm 2023 beschlossen hat, begründet der Kläger seine Klage wie folgt: Das KSP 2023 enthalte nicht einmal im Ansatz eine Abschätzung der Wirkung der Maßnahmen im LULUCF-Sektor. Auch nach den jüngsten Emissionsdaten fungiere der deutsche LULUCF-Sektor weiter als Netto-Emissionsquelle und sei weit von der Einhaltung der Ziele des § 3a Abs. 1 KSG entfernt. Die Daten, die an die European Environmental Agency zur Erfassung der THG-Emissionen und -senken übermittelt worden seien, zeigten, dass der LULUCF Sektor im Jahr 2021 mit 3,4 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (Mt. CO2-Äq.) eine Treibhausgasquelle gewesen sei. Den Berechnungen der Thünen-Institute für Agrarklimaschutz, Waldökosysteme und Holzforschung vom März 2023 zufolge hätten die Emissionen im Jahr 2021 sogar bei 4 Mt. CO2-Äq. gelegen. Daraus ergebe sich, dass die aktuell zu veranschlagende Nettoemission von -0,1 Mt. CO2-Äq. (berechnet gemäß der Anrechnungsregeln: Mittelwert 2019 bis 2022) die im KSG festgelegte Zielemission von -25 Mt. CO2-Äq. für das Jahr 2030 deutlich verfehle. Die Senkenfunktion des LULUCF-Sektors (im Vierjahresmittel) sei gemessen am Ziel für 2030 um 99,6 % zu gering. Eine genauere Auswertung der Jahre 2020 und 2021 werde voraussichtlich erst im 4. Quartal 2024 vorliegen. Nach den verfügbaren Prognosen würden die bislang vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Senkenleistung entsprechend den Vorgaben des § 3a Abs. 1 KSG zu verbessern. Der Projektionsbericht 2023 komme zu dem Ergebnis, dass selbst unter optimistischen Annahmen zur Maßnahmenumsetzung die Ziele des § 3a Abs. 1 KSG drastisch verfehlt würden. Das ergebe sich aus Abbildung 66 des Projektionsberichts 2023, der selbst im MWMS von einer Lücke von 6 Mt. CO2-Äq. ausgehe. Dem würden vergleichsweise optimistische Annahmen zugrunde liegen, so dass die Lücke noch höher ausfallen könne.

Er habe daher einen Anspruch auf ein ausreichendes Klimaschutzprogramm, das diejenigen Maßnahmen für den LULUCF-Sektor enthalten müsse, mit denen die Ziele des § 3a Abs. 1 KSG prognostisch eingehalten werden könnten. Bei den Anforderungen an die Programmmaßnahmen sei zu berücksichtigen, dass solche Prognosen stets mit gewissen Unsicherheiten verbunden seien. Der Bundesregierung komme dabei ein Planungs- und Gestaltungsspielraum zu, der jedoch durch die gesetzliche Vorgabe begrenzt werde, dass die Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zur Erreichung der Ziele des § 3a KSG geeignet sein müssten. Dabei gelte Folgendes:

Die Maßnahmen müssten auf Grundlage einer konsistenten Datenlage nach Inhalt und zeitlichem Horizont so konkret gefasst sein, dass jedenfalls im Groben abschätzbar werde, mit welchen Reduktionsanstrengungen und Emissionsminderungen in welchen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in welchen Zeiträumen bei plangemäßer Umsetzung zu rechnen sei und wann daher welche Gesetzesinitiativen ergriffen würden.

Eine Reihe der dazu festzulegenden Maßnahmen bedürfe naturgemäß der nachfolgenden legislativen Beratung und Entscheidung, der die Beklagte nicht vorgreifen könne. Gleichwohl sei es essentiell, dass durch das Klimaschutzprogramm ein strukturierendes Element der Klimaschutzplanung vorliege, in dem prognostisch ausgerichtet und strukturell gebündelt diejenigen Gesetzesinitiativen benannt würden, die erforderlich seien, um die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele zu gewährleisten. Dabei habe die Beklagte nur solche Gesetzesinitiativen in das Klimaschutzprogramm aufzunehmen, von denen sie die berechtigte Erwartung habe, dass die aktuell bestehenden Mehrheitsverhältnisse in den parlamentarischen Gremien eine entsprechende Gewähr dafür böten, dass sie auch als beschlussfähig gelten könnten. Sei dies dann wider Erwarten doch nicht der Fall, sei jedenfalls dann eine Nachsteuerung vorzunehmen, wenn die dadurch verlorengehenden Emissionsminderungsmengen nicht nur minimal seien. Die in das Programm aufgenommenen Maßnahmen müssten soweit konkretisiert sein, dass sich daraus ein Minderungseffekt prognostisch und unter Hinzuziehung sachverständiger Hilfe ermitteln lasse.

Auch nach Vorlage des KSP 2023 werde dieser Anspruch nicht erfüllt. Auf etwaige Prognosemängel käme es dabei gar nicht an. Denn die Maßnahmen reichten noch nicht einmal nach der offiziellen (optimistischen) Prognose des Projektionsberichts 2023 zur Erreichung der Ziele des § 3a Abs. 1 KSG aus. Der Kläger erläutert im Einzelnen, dass das Klimaschutzprogramm 2023 keine Maßnahmen enthalte, die die im Prognosebericht 2023 ausgewiesene Lücke signifikant verringern könne. Der Großteil der Maßnahmen sei im MWMS bereits berücksichtigt und daher Gegenstand der Prognose. Soweit einige wenige Maßnahmen noch nicht berücksichtigt seien, seien diese zu unbestimmt, so dass ihnen keine nennenswerte Minderungswirkung zuzuordnen sei. In diesem Zusammenhang macht der Kläger auch geltend, dass aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) zum 2. Nachtragshaushalt 2021 alle Ausgaben zur Finanzierung der Maßnahmen im ANK nun potenziell zur Diskussion stünden. Auch die Tabelle im Anhang der Stellungnahme des Expertenrates zum Entwurf des KSP 2023 verdeutliche die unsichere Finanzierung. Auch zeige sich daran, dass viele der darin enthaltenen Maßnahmen als vage Absichtserklärungen formuliert seien, aus denen sich nicht ergebe, was nun eigentlich wann konkret umgesetzt werden solle. Angaben zum zeitlichen Horizont der angekündigten Maßnahmen seien aber unerläßlich, um die Minderungswirkung abzuschätzen.

Ergänzend trägt er vor, dass sich mit Beschluss des Haushalts 2024 bewahrheitet habe, dass die Finanzierung für zahlreiche Maßnahmen, die im Projektionsbericht 2023 emissionsmindernd berücksichtigt worden seien, nicht mehr gesichert sei. Der Kläger bestreitet eine von der Beklagten vorgelegte Übersicht zum Umsetzungsstand der Maßnahmen im LULUCF-Sektor. Er verweist auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zum Finanzierungs- und Umsetzungsstand des ANK (Anlage K20). Daraus ergebe sich, dass nur ein Bruchteil der ursprünglich veranlagten Haushaltsmittel abgeflossen sei. Aus dem am 15. März 2024 vorgelegten Bericht des Umweltbundesamts zu den Projektionsdaten 2024 ergebe sich eindrücklich die Erforderlichkeit zusätzlicher Minderungsmaßnahmen für den LULUCF-Sektor. Dieser zeige, dass die Ziele des § 3a Abs. 1 KSG im Jahr 2030 um 23,7 Mt. CO2-Äq. (Ziel: -25 Mt. CO2-Äq.), im Jahr 2040 um 34,8 Mt. CO2-Äq. (Ziel: -35 Mt. CO2-Äq.) und im Jahr 2045 um 41,6 Mt. CO2-Äq. (Ziel: -40 Mt. CO2-Äq.) verfehlt würden.

Auch die Vorgaben der LULUCF-Verordnung würden drastisch verfehlt. Dies betreffe u.a. das nationale Ziel der Verbesserung der Senke bis 2030 auf -30.840 Mt. CO2-Äq (Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Anhang IIa LULUCF-Verordnung). Zudem werde die Bundesregierung nach den aktuellen Projektionsdaten gegen die „no-debit-rule“ des Art. 4 Abs. 1 LULUCF-VO im Zeitraum von 2021 bis 2025 verstoßen, weil der LULUCF-Sektor in diesem Zeitraum selbst unter Annahme der Umsetzung der bisher beschlossenen Politiken und Maßnahmen ausschließlich als THG-Quelle fungieren werde. Die Senkenziele für den Zeitraum ab 2026 (Art. 4 Abs. 4 LULUCF-Verordnung) könnten ebenfalls nicht eingehalten werden. Der Sektor werde auch in den Jahren 2027 bis 2029 als Netto-THG-Emissionsquelle fungieren.

Das Szenario im Projektionsbericht 2024 (MMS) beruhe dabei noch auf eher optimistischen Annahmen, die in einem den Projektionsbericht begleitenden Instrumentenpapier erörtert würden. Auch für das noch ausstehende MWMS sei keine Zielerreichung zu erwarten. Denn zahlreiche Maßnahmen des ANK seien nicht so „hinreichend klar definiert“, dass sie nach dem Instrumentenpapier berücksichtigt werden könnten. Dies werde durch den Prüfbericht des Expertenrates für Klimafragen zu den Berechnungen der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023 vom April 2024 bestätigt. Der Bericht konstatiere, dass der Sektor von seiner veranschlagten Senkenfunktion im Jahr 2030 in Höhe von -25 Mt. CO2-Äq. noch deutlich entfernt sei. Weiter werde festgestellt, dass das Vorgehen bei den Berechnungen der Emissionsdaten zwar plausibel und weitestgehend nachvollziehbar sei, jedoch große Unsicherheiten in der Modellierung der THG-Emissionen des LULUCF-Sektors bestünden, was von den verantwortlichen Instituten auch klar kommuniziert werde. Dies sei insbesondere auf die begrenzte Datenverfügbarkeit zurückzuführen, weil relevante Waldinventuren nur in Abständen von 4 bis 15 Jahren durchgeführt würden. Andere zentrale Datensätze, wie die Statistiken zum Holzeinschlag und der Holzproduktion, die auch für die Holzproduktspeicher relevant seien, lägen nicht rechtzeitig für die Berechnung der Vorjahresemissionen vor und müssten interpoliert werden. Hinzu kämen rechtliche Hürden für die Berechnung der Emissionsdaten für den Holzproduktspeicher. Es sei davon auszugehen, dass bei der nächsten Aktualisierung die zugehörigen Zeitreihen stark korrigiert werden müssten, da rezente Waldschäden bislang noch nicht vollständig in den Daten abgebildet worden seien. Die Unsicherheiten würden auf 45,7 % der THG-Emissionen für den LULUCF-Sektor beziffert.

Auch die Klimaschutzplanung des National Energy and Climate Plan (NECP) und dessen Bewertung durch die EU-Kommission spiegelten die drastische Zielerreichungslücke für den LULUCF-Sektor wieder. Dies ergebe sich aus dem am 3. November 2023 gemeldeten Entwurf eines aktualisierten NECP gemäß Art. 14 der EU-Governance-VO. Dabei werde mit einer prognostizierten Netto-Emissionsbilanz von -18 Mt. CO2-Äq. für das Jahr 2030 eine drastische Verfehlung sowohl der nationalen Ziele des § 3a KSG als auch der unionsrechtlichen Vorgaben der LULUCF-Verordnung prognostiziert. Der Kläger verweist im Übrigen auf die in der Bewertung der EU-Kommission vom 18. Dezember 2023 festgestellten Defizite des NECP-Entwurfs. Die EU-Kommission empfehle bezüglich des LULUCF-Sektors eine Konkretisierung der zur Zielerreichung ergriffenen Maßnahmen, eine Quantifizierung ihrer Minderungswirkung und nähere Angaben zu ihrer Finanzierung.

Nachdem der Kläger zunächst sehr ausführlich dazu vorgetragen hat, dass die Beklagte nach den Regelungen des § 9 KSG verpflichtet sei, ein neues Klimaschutzprogramm zu beschließen, argumentiert er zuletzt, dass er bereits deswegen einen Anspruch auf Aktualisierung habe, weil, wenn die Beklagte ein neues Klimaschutzprogramm beschließe, dieses in formeller und materieller Hinsicht den Anforderungen des § 9 KSG genügen müsse. Unabhängig davon legt der Kläger ergänzend und vertiefend dar, weshalb bei einer - hier zuvor eingetretenen - „wesentlichen Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse“ nicht nur eine Ermessensentscheidung zur Aufstellung eines Klimaschutzprogramms vorzunehmen gewesen sei, sondern sich diese Ermessensentscheidung, die sich aus dem Wort „mindestens“ ergebe, zu einer Rechtspflicht zum Beschluss des Klimaschutzprogramms verdichtet habe. Die Beklagte sei verpflichtet, das Klimaschutzprogramm unverzüglich anzupassen, wenn sich die bei seiner Beschlussfassung zugrunde gelegten rechtlichen oder tatsächlichen Annahmen und Verhältnisse so wesentlich geändert hätten, dass die im Programm vorgesehenen Maßnahmen überholt seien oder nicht mehr realisierbar erschienen und das Klimaschutzprogramm deshalb materiell rechtswidrig geworden sei. Diese Anpassungspflicht ergebe sich aus einer Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, einer verfassungs- und europarechtskonformen Auslegung des § 9 KSG sowie aus dem Rechtsstaatsgebot und dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung. Auch die von der Beklagten für 2025 angekündigte Evaluierung des ANK rechtfertige keine andere Bewertung. Der Beklagten stünden auch zahlreiche Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Emissionsbilanz des LULUCF-Sektors zu verbessern. Dies führt der Kläger hinsichtlich des Schutzes von Mooren und Wald näher aus.

Der Kläger hat mit Klageschrift vom 23. November 2022 folgenden Antrag angekündigt:

Die Beklagte wird verurteilt, ein Klimaschutzprogramm aufzustellen, das mit seinen Maßnahmen geeignet ist, entsprechend der Vorgabe in § 3a Abs. 1 KSG den Mittelwert der jährlichen Emissionsbilanzen des jeweiligen Zieljahres und der drei vorhergehenden Kalenderjahre des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft wie folgt zu verbessern:

  1. auf mindestens minus 25 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2030,

  2. auf mindestens minus 35 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2040, und

  3. auf mindestens minus 40 Millionen Tonnen
    Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2045.

Der Kläger beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts das Klimaschutzprogramm nach § 9 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) durch Beschluss der Bundesregierung um die erforderlichen Maßnahmen zu ergänzen, damit entsprechend der Vorgabe in § 3a Abs. 1 KSG der Mittelwert der jährlichen Emissionsbilanzen des jeweiligen Zieljahres und der drei vorhergehenden Kalenderjahre des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft wie folgt verbessert wird:

  1. auf mindestens minus 25 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2030,

  2. auf mindestens minus 35 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2040, und

  3. auf mindestens minus 40 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent bis zum Jahr 2045.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der Klage entgegen. Sie legt zum Sachverhalt dar, dass sich auf Grundlage der vorliegenden Daten zwar bereits erkennen lasse, dass ein großer Handlungsbedarf im LULUCF-Sektor bestehe, dem die Bundesregierung aber auch nachkomme. Die Bundesregierung habe im März 2023 das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) beschlossen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Die Maßnahmen seien darauf ausgelegt, die erforderliche Verbesserung der Emissionsbilanz des LULUCF-Sektors zu erreichen. Ziel des ANK sei es, den allgemeinen Zustand der Ökosysteme in Deutschland deutlich zu verbessern und so ihre Resilienz und ihre Klimaschutzleistung zu stärken. Die Natur an Land und im Meer solle besser geschützt und widerstandsfähiger werden, um dauerhaft zu den nationalen Klimaschutzzielen beizutragen. Damit sei das ANK das zentrale Instrument der Bundesregierung, um die Ziele des § 3a Abs. 1 KSG zu erreichen. Das Programm enthalte 69 Maßnahmen in insgesamt zehn Handlungsfeldern, z.B. in den Bereichen Moore, Waldökosysteme, Gewässer und Wasserhaushalt, Meere und Küsten, Siedlungs- und Verkehrsflächen. Daneben enthalte das Programm flankierende Maßnahmen, z. B. in den Bereichen Forschung, Monitoring und Kompetenzaufbau, aber auch zur Überprüfung und ggf. Anpassung relevanter rechtlicher Rahmenbedingungen. Für die Umsetzung von Fördermaßnahmen stünden bis 2026 zunächst vier Milliarden Euro bereit. Mit dem Wald-Klima-Paket werde seit November 2022 die Einführung eines in besonderem Maße an den Klimawandel angepassten Waldmanagements gefördert, welches resiliente, anpassungsfähige und produktive Wälder erhalte und entwickele. Das klimaangepasste Waldmanagement trage zur Stabilisierung der Wälder in Deutschland und damit ihrer künftigen Klimaschutzleistung bei. Für diese Maßnahme seien gemäß Finanzplanung insgesamt 900 Millionen Euro bis zum Jahr 2026 eingeplant. Für die Kernmaßnahmen in den Bereichen Moore und Wälder sei in einem frühen Entwurfsstadium auf der Grundlage der damals aktuellen Inventardaten vom März 2022 eine Abschätzung ihrer Wirkung auf die Emissionsbilanz des LULUCF-Sektors erstellt worden. Im Ergebnis habe sich gezeigt, dass eine Zielerreichung bei entsprechender Ausgestaltung der im Klimaschutzprogramm aufgeführten Maßnahmen möglich sei.

Aus der eingereichten Anlage B1 zum Schriftsatz vom 20. Dezember 2023, auf die Bezug genommen wird, ergibt sich, dass die Beklagte davon ausging, dass aufgrund der dort aufgeführten Maßnahmen die gemittelte Emissionsbilanz für den LULUCF-Sektor für das Jahr 2030 um insgesamt 8,4 Mt. CO2-Äq. gemindert und das Ziel des § 3a Abs. 1 für das Jahr 2030 eingehalten werden könne, da nach den damaligen Berechnungen die Lücke gegenüber dem Ausgangsniveau auf 7,9 Mt. CO2-Äq. geschätzt worden war.

In rechtlicher Hinsicht ist die Beklagte der Auffassung, dass die Klage bereits unzulässig sei. Der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Klagebefugnis. Es fehle an der von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vorausgesetzten Möglichkeit einer SUP-Pflicht. Auch dem KSP 2023 komme keine rahmensetzende Wirkung zu. Diese ergebe sich auch nicht aus der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Aus den Urteilen des Senats vom 30. November 2023 ergebe sich nicht, dass der Kläger auch im hiesigen Verfahren klagebefugt sei, da die Klagebefugnis im Hinblick auf § 9 KSG eigenständig zu bewerten sei. Die Zielvorgaben für den LULUCF-Sektor im KSG sowie auf EU-Ebene seien nicht identisch und nicht unmittelbar vergleichbar. Die europäische LULUCF-Verordnung und das KSG hätten eine jeweils andere Systematik zur Ermittlung der Beiträge und eine andere Zielarchitektur. Eine unterstellte Verfehlung des KSG-Ziels für den LULUCF-Sektor führe daher nicht notwendig auch zu einer Verfehlung des Ziels aus der LULUCF-Verordnung.

Die Beklagte ist außerdem der Auffassung, dass dem Kläger keine einklagbare Rechtsposition zukomme. Die streitgegenständliche Norm des § 9 KSG binde nur die Bundesregierung. Dem Klimaschutzgesetz komme keine Außenwirkung zu, es sei insofern mit dem Haushaltsgesetz vergleichbar, das lediglich ein Organgesetz ohne Außenwirkung sei, da der Haushaltsplan nur die Bundesregierung ermächtige und verpflichte.

Die Leistungsklage sei nicht statthaft, weil die vom Kläger begehrte Tenorierung nicht den Maßstäben der Bestimmtheit genüge. Dies folge – wie der Senat in den Urteilen vom 30. November 2023 zu den Sofortprogrammen selbst ausgeführt habe – insbesondere daraus, dass das Vollstreckungsverfahren nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen könne, da in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts bestehe. Diese Grenze werde vorliegend mit einer Tenorierung entsprechend der Klageanträge überschritten, selbst wenn der Senat Maßgaben für die Auslegung des § 9 KSG erließe und die Revision zuließ. Mit dem ANK liege zudem ein aktuelles, umfassendes und mit entsprechenden Mitteln hinterlegtes Programm speziell für den LULUCF-Sektor vor. Deshalb handele es sich bei der Klage des Klägers um eine vorbeugende Leistungsklage, die nicht zulässig sei.

Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle dem Kläger, da – zum jetzigen Zeitpunkt – offensichtlich keine gesetzliche Verpflichtung zum Beschluss eines Klimaschutzprogramms bestehe.

Die Klage sei im Übrigen unbegründet. Der Kläger habe aus § 9 KSG keinen Leistungsanspruch auf Aufstellung eines neuen Klimaschutzprogramms oder Ergänzung des Klimaschutzprogramms, was die Beklagte zunächst hinsichtlich des KSP 2030 näher begründet. Im Rahmen des ANK habe sich die Bundesregierung zu einer regelmäßigen Kontrolle und einer ggfs. erforderlichen Nachsteuerung bekannt. Das ANK enthalte entsprechende Anforderungen an die Evaluation und ggfs. Fortschreibung des Programms. Die Prüfung und ggfs. Anpassung werde alle zwei Jahre auf der Grundlage des jeweils aktuellen Projektionsberichts vorgenommen.

Der geltend gemachte präventive Anspruch des Klägers könne auch deshalb nicht bestehen, weil die bislang beschlossenen Maßnahmen keine Wirksamkeitsgarantie des Bundes dergestalt begründeten, dass diese mit absoluter Sicherheit zur Zielerreichung geeignet seien. Eine derartige Garantie wolle der Kläger aber de facto mit seinem Klageantrag einklagen. Das gesamte System des KSG sei jedoch darauf ausgerichtet, dass sich die beschlossenen Maßnahmen im Laufe der Zeit als mehr oder weniger geeignet zur Zielerreichung als ursprünglich angenommen herausstellen könnten.

Eine derartige Wirksamkeitsgarantie folge auch nicht aus § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2 KSG. Zwar sei nach dem Wortlaut das jeweilige Bundesministerium „für die Einhaltung der Ziele (...) verantwortlich“ und es habe die „erforderlichen nationalen Maßnahmen vorzulegen und umzusetzen“. Diese Formulierungen enthielten aber keine spezifischen materiellen Anforderungen an die erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der jährlichen Emissionsbilanzen, sondern seien eine reine Zuständigkeits- und Verantwortlichkeitsregelung im Verhältnis zwischen den Bundesministerien und der Bundesregierung.

Hilfsweise trägt die Beklagte vor, dass die Klage jedenfalls deshalb unbegründet sei, weil die gerichtliche Kontrolle aufgrund der bestehenden Einschätzungsprärogative auf evidente Verstöße reduziert sei und derartige Verstöße nicht gegeben seien. Im Anwendungsbereich des KSG bestehe eine Planungs- und Einschätzungsprärogative der Exekutive – konkret der Bundesregierung – bei der Auswahl der zu ergreifenden Maßnahmen. Auch aus dem Verfassungsrecht würden sich keine konkreten Maßstäbe hinsichtlich des „Wie“ der programmatischen Maßnahmenauswahl ergeben. Der Gesetzgeber ordne den Klimaschutzbeitrag des LULUCF-Sektors nicht anderen Aspekten absolut über. Die Maßnahmen sollten so gestaltet werden, dass sie kohärent mit anderen Politikzielen, insbesondere mit dem Erhalt der Biodiversität und Ernährungssicherheit seien. Die in diesem Spannungsfeld zu beschließenden Maßnahmen bedürften daher auch vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 einer demokratisch legitimierten Abwägung und Entscheidung, deren spezifischer Inhalt verfassungsrechtlich nicht konkret vorgegeben sei und aufgrund der Gewaltenteilung nur eingeschränkt überprüfbar sein könne. Daher sei die gerichtliche Kontrolle auf evidente Verstöße beschränkt. Solche evidenten Verstöße lägen nicht vor. Weder sei die Beklagte vollkommen untätig geblieben, noch seien die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich gewesen, das gebotene Ziel von -25 Mt. CO2-Äq. bis zum Jahr 2030 (§ 3a KSG) zu erreichen.

Nach Beschluss des KSP 2023 am 4. Oktober 2023 wiederholt und vertieft die Beklagte ihren bisherigen Vortrag zur Unzulässigkeit und Unbegründetheit der Klage. Das KSP 2023 habe sie freiwillig beschlossen. Aus § 9 Abs. 1 KSG folge kein Anspruch auf Beschluss, Aktualisierung oder Ergänzung eines Klimaschutzprogramms. Eine weitere Nachsteuerung im Rahmen eines neuen oder ergänzenden Klimaschutzprogramms erscheine unabhängig von der fehlenden rechtlichen Anspruchsgrundlage auch weder notwendig noch zielführend. Denn das ANK enthalte selbst Festlegungen dazu, dass die umgesetzten Maßnahmen evaluiert und auf Anpassungsbedarf überprüft werden sollten; es sei auf eine regelmäßige Überprüfung seiner Wirksamkeit angelegt. Eine umfassende Überarbeitung des ANK sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, sondern erst nach Auswertung der Evaluation, wenn der hierfür als Grundlage entscheidende Rückfluss praktischer Erfahrungen vorhanden sei.

Hilfsweise trägt die Beklagte zum Prognosemaßstab und zur Geeignetheit der ergriffenen Maßnahmen vor: Für die Überprüfung der Prognoseentscheidung gelte ein eingeschränkter Prüfungsmaßstab. Prognosen seien allein dahingehend überprüfbar, ob sie methodisch korrekt erarbeitet worden seien, nicht lediglich auf unrealistischen Annahmen beruhten und ausreichend begründet seien. Je schwieriger die Prognose im Einzelfall sei, desto höher liege die Grenze der gerichtlichen Überprüfbarkeit. Grundlage der in § 3a Abs. 1 Satz 2 KSG genannten Emissionsbilanzen für den LULUCF-Sektor seien nach § 3a Abs. 1 S. 3 KSG die Daten nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KSG. Das Umweltbundesamt erstelle nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KSG die Daten der Treibhausgasemissionen in den Sektoren nach Anlage 1 des KSG (Emissionsdaten) für das zurückliegende Kalenderjahr (Berichtsjahr) auf der Grundlage der methodischen Vorgaben aus dem Unionsrecht, die die entsprechenden Vorgaben aus internationalen Übereinkommen abbildeten. Zusätzlich zu den Emissionsdaten würden nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KSG für den LULUCF- Sektor ab dem Berichtsjahr 2021 auch Quellen und Senken von Treibhausgasen dargestellt. Die Wirkungsprognose für das ANK sei unter Beteiligung des Thünen-Instituts Anfang 2022 in einem frühen Entwurfsstadium des ANK auf Grundlage der damals aktuellen Emissionsdaten für den LULUCF-Sektor erstellt worden. Die Prognose beruhe nicht auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten. Die für die Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung maßgeblichen, zugrunde gelegten tatsächlichen Annahmen seien entgegen der Auffassung des Klägers hinreichend ermittelt worden. § 9 KSG mache keine Vorgaben zum Konkretisierungsgrad der Maßnahmen.

Es liege in der Natur des Klimaschutzprogramms als übergreifendes Planungsinstrument, dass nicht jede darin enthaltene Maßnahme bis ins letzte Detail konkretisiert worden sei. Dies werde durch die Besonderheiten des LULUCF-Sektors noch verstärkt. Diese würden sich aus den besonders komplexen, grundrechtsrelevanten (Unter-)Planungsprozessen mit verschiedensten Akteuren ergeben, die wirtschaftliche, geopolitische und weitere Interessen Deutschlands berühren könnten. Des Weiteren könne gerade bei den zur Zielerreichung notwendigen, die Resilienz steigernden Maßnahmen die individuelle Wirkung einer einzelnen Maßnahme auf die Emissionsbilanz des LULUCF-Sektors kaum zuverlässig quantifiziert werden. Die Maßnahmen zeichneten sich dadurch aus, dass sie in hohem Maße in Synergie wirkten. Die Wirkungen dieser die Resilienz steigernden Maßnahmen seien jedoch, wie geschildert, oft – wenn überhaupt – erst zu einem späteren Zeitpunkt individuell quantifizierbar, was aber keinen Prognosemangel darstelle. Die sektorspezifischen Unsicherheiten in der Prognose würden mit realistischen Evaluierungszyklen adressiert. Dass die zur Zielerreichung notwendigen, die Resilienz steigernden Maßnahmen zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung noch nicht hinreichend scharf definiert gewesen seien, sei somit ein normaler Bestandteil des sektorspezifischen Erarbeitungs- und Umsetzungsprozesses. Es handele sich um einen sektorspezifischen dynamischen Entwicklungsprozess. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zum ANK am 29. März 2023 habe es zwar schon neuere Emissionsdaten gegeben, die jedoch nicht hätten berücksichtigt werden können. Aufgrund der schwierigen Prognose liege die Schwelle der gerichtlichen Überprüfbarkeit entsprechend höher.

Die im Projektionsbericht aufgezeigte Zielerreichungslücke sei zwar auf Grundlage des in diesem Bericht betrachteten Zeitpunkts methodisch korrekt erfolgt, aber in der Sache mit Blick auf den aktuellen Sachstand nicht hinreichend belastbar, da der Bericht für die berücksichtigten ANK-Maßnahmen auf überschlägige Annahmen zurückgreife und viele weitere Maßnahmen mit Minderungspotenzial unberücksichtigt lasse. Die Umsetzungsplanung des ANK sehe vor, spätestens im Jahr 2024 alle Fördermaßnahmen in Umsetzung zu bringen bzw. ihre Umsetzung zu planen. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Ziele zunächst maßgeblich über Förderprogramme zu erreichen, sei das Ergebnis sorgfältiger Überlegungen. Die Freiwilligkeit sei daher kein Hindernis für die Zielerreichung, sondern im Gegenteil zu Beginn eines derart weitreichenden Transformationsprozesses ein Beschleunigungsfaktor. Darüber hinaus beschränke sich das ANK nicht auf freiwillige Maßnahmen. Die den LULUCF-Sektor betreffenden Maßnahmen des KSP 2023 trügen nicht den Charakter bloßer Absichtserklärungen. Die Maßnahmen des ANK würden aktiv vorangetrieben und würden sich zum Teil bereits in Umsetzung befinden.

Hinsichtlich der Bedeutung des Klimaschutzprogramms 2030 für das vorliegende Verfahren hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Maßnahmen aus diesem Programm grundsätzlich weiterliefen, soweit sie nicht explizit abgeschlossen seien. Mit dem ANK seien im Frühjahr 2023 weitreichende Maßnahmen beschlossen worden, die zum Zeitpunkt der Aufstellung des Programms erkennbare Herausforderungen des LULUCF-Sektors, insbesondere in den Bereichen Moore und Wälder, adressierten. Die Umsetzung benötige Zeit, weil es sich gerade in den beiden Kernbereichen um sehr groß angelegte Fördermaßnahmen handele. Die Bundesregierung habe dem bestehenden Handlungsbedarf im LULUCF-Sektor entsprechende, großskalig angelegte Maßnahmen zur Erreichung der Ziele nach § 3a KSG beschlossen und deren Umsetzung bereits eingeleitet. Das ANK beruhe auf dem Projektionsbericht 2021. Das Klimaschutzprogramm ziele mit seinen Maßnahmen immer auf die Reduzierung der Zielerreichungslücke des zuletzt veröffentlichten Projektionsberichts ab. Der Versuch einer fortlaufenden Kontrolle bzw. Aktualisierung oder einer Nachsteuerung des LULUCF-Sektors würde eine nicht unerhebliche Planungsunsicherheit für staatliche wie wirtschaftliche Akteure nach sich ziehen. Außerdem sei, wie bereits erläutert, im ANK ein Berichterstattungs- und Nachsteuerungsmechanismus verankert. Die vom Kläger skizzierten Handlungsalternativen würden im Wesentlichen auf ordnungsrechtliche Maßnahmen hinauslaufen.

Das Verfahren ist mit dem Verfahren OVG 11 A 22/21 am 16. Mai 2024 im Einverständnis der Beteiligten gemeinsam verhandelt worden. In der Sitzung wurde die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen zur mündlichen Erläuterung des Zweijahresgutachtens 2022 (November 2022), der Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 (September 2023) und zum Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023 (April 2024) gehört. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens OVG 11 A 22/21 und die von der Beklagten hierzu übersandten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig. Das angerufene Oberverwaltungsgericht ist erstinstanzlich zuständig (1.). Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (2.). Der Kläger kann diesen Rechtsbehelf gem. § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017, BGBl. I S. 3290, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 14. März 2023, BGBl. 2021 I Nr. 71, - UmwRG -) einlegen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen (3.). Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor (4.) und dem Kläger fehlt es auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (5.)

1. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 und 3 UmwRG. Denn bei dem eingeklagten Beschluss der Bundesregierung gemäß § 9 Bundes-Klimaschutzgesetz in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513, zuletzt geändert durch Art. 1 des 1. Änderungsgesetz vom 18. August 2021, BGB I S. 3905 - KSG -) handelt es sich um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG (vgl. die Ausführungen unter 3.).

2. Der in der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2024 gestellte Antrag ist statthaft.

a. Gegen die Änderung des Antrags bestehen keine rechtlichen Bedenken. Denn bei den verschiedenen Anträgen handelt es sich lediglich um verschiedene sprachliche Fassungen desselben Streitgegenstandes. Auf der Grundlage des mit Klageerhebung gestellten Antrags und der Ausführungen des Klägers ist davon auszugehen, dass dieser von Anfang an nicht einen Beschluss über ein neues Klimaschutzprogramm begehrte, sondern die Klage darauf abzielte, dass die Beklagte das geltende Klimaschutzprogramm nach Maßgabe der im jeweiligen Antrag beschriebenen gesetzlichen Anforderungen zu ändern oder fortzuschreiben hat. Damit handelt es sich bei der vorliegenden Klage – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht um eine vorbeugende Leistungsklage.

Bei Klagerhebung bezog sich dies Klagebegehren zunächst auf das Klimaschutzprogramm 2030. Nachdem die Bundesregierung am 4. Oktober 2023 das Klimaschutzprogramm 2023 (KSP 2023) beschlossen hat, bezieht sich der Antrag auf dieses Programm und die darin enthaltenen Maßnahmen, die der Kläger weiterhin nicht für ausreichend hält, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Die Einbeziehung des Klimaschutzprogramms 2023 stellt sich insofern als eine Anpassung der Klage an eine nach Antragstellung entstandene, nicht in der Sphäre des Klägers liegende Änderung der Umstände dar, so dass die Änderung des Antrags nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987- 4 C 77/84 - juris, Rn. 13 zum Austausch eines Bescheides bei einer Verpflichtungsklage; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. März 2021 - 8 A 1183/18 - juris, Rn. 56 ff., 59; OVG Niedersachsen, Urteil vom 21. November 2023 - 7 KS 8/21 - juris, Rn. 91 m.w.N.; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2020, § 264 ZPO Rn. 25 ff.). Aber selbst wenn von einer Klageänderung auszugehen wäre, wäre diese nach § 91 Abs. 2 VwGO zulässig. Denn die Beklagte hat der Einbeziehung des Klimaschutzprogramms 2023 nicht widersprochen und sich in der Sache eingelassen.

b. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft und insbesondere auch hinreichend bestimmt.

In einem bestimmten Antrag, der aus sich selbst heraus verständlich sein muss, sind Art und Umfang des begehrten Rechtsschutzes zu benennen. Damit wird der Streitgegenstand festgelegt und der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis abgesteckt sowie dem Beklagten eine präzise Verteidigung erlaubt. Schließlich soll aus einem dem Klageantrag stattgebenden Urteil eine Zwangsvollstreckung möglich sein, die das Vollstreckungsverfahren nicht unter Fortsetzung des Streits mit Sachfragen überfrachtet. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalles ab (BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – juris, Rn. 54; vgl. auch Riese in Schoch/Schneider, VwGO, 44. EL, März 2023, § 82, Rn. 25; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 82, Rn. 10).

Unter Zugrundlegung dieser Maßstäbe ist der Antrag hinreichend bestimmt. Dem steht nicht entgegen, dass in dem Antrag nur abstrakt unter Wiederholung des gesetzlichen Wortlauts beschrieben wird, wozu die Bundesregierung verurteilt werden soll. Der Antrag ist gerichtet auf einen Änderungsbeschluss der Bundesregierung über das Klimaschutzprogramm 2023 auf der Grundlage von § 9 Absatz 1 KSG, so dass durch die beschlossenen Maßnahmen die Ziele des § 3a Abs. 1 KSG erreicht werden, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache der Bundesregierung bleibt. Die Benennung allein des Ziels spiegelt insoweit die planerische Gestaltungsfreiheit wieder, die das Gesetz der Bundesregierung einräumt. Auch in anderen Fallkonstellationen, in denen nur ein Erfolg geschuldet wird, während die Wahl der geeigneten Maßnahmen Sache des Schuldners bleibt, ist anerkannt, dass für die Bestimmtheit des Antrags die Angabe des Erfolgs ausreicht. Der Vollstreckungsfähigkeit des stattgebenden Urteils wird dadurch Rechnung getragen, dass die Entscheidung hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Maßnahmen im Sinne eines Bescheidungsurteils verbindliche Vorgaben machen kann, die im Vollstreckungsverfahren zu beachten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 7 C 21.12 – juris, Rn. 55, 56).

Die Beklagte bezweifelt zwar, dass aufgrund der großen Bandbreite potenzieller Klimaschutzmaßnahmen und ihrer insoweit bestehenden Planungs- und Einschätzungsprärogative erkennbar sei, wie das erkennende Gericht im Urteil im Sinne der Rechtsprechung Maßgaben für konkrete in Betracht zu ziehende Maßnahmen aufnehmen könne. Der Senat geht demgegenüber auch für das durch das Klimaschutzgesetz geregelte Instrument des Klimaschutzprogramms davon aus, dass der Streitgegenstand im Antrag so hinreichend bestimmt festgelegt ist, dass die Beklagte sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen kann und ihr Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen gewahrt wird (so auch Urteil vom 30. November 2023 – OVG 11 A 1/23 – juris, Rn. 42 ff. zum Sofortprogramm nach § 8 KSG). Denn welche Qualität die Maßnahmen haben sollen, die die Bundesregierung nach § 9 Abs. 1 KSG zu beschließen hat, wird in § 9 Abs. 1 KSG legal definiert: Es müssen solche Maßnahmen sein, bei deren Durchführung die Ziele des § 3a KSG erreicht werden (§ 9 Abs. 2 Satz 4 KSG). Dabei stellen die vom Gesetz verwendeten Begriffe mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Anwendung dar (zur verfassungsrechtlichen Bestimmtheit von Normen vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 617/14 – juris, Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2009 – 4 B 37.09 – juris, Rn. 5). Das schutzwürdige Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz kann bei dieser Rechtslage nicht davon abhängen, dass bereits im vorliegenden Verfahren bestimmte Maßnahmen auf ihre Vereinbarkeit mit den genannten Kriterien des § 9 KSG überprüft werden. Denn damit wäre der Kläger mit seiner Klage grundsätzlich ausgeschlossen. Der Klageantrag trägt, was der Kläger ausdrücklich betont, dem planerischen Gestaltungsspielraum der Exekutive dadurch Rechnung, dass er die durch die Planung zu erreichenden (Klimaschutz-)Ziele benennt, aber keine durch das Gericht vorzugebenden Maßnahmen begehrt.

Dass eine verbindliche gerichtliche Auslegung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale auch bei komplexen Sachverhalten dem Bestimmtheitsgrundsatz grundsätzlich hinreichend Rechnung tragen kann, wird auch durch die in Vollstreckungsverfahren ergangene Rechtsprechung bestätigt, die anerkennt, dass das Vollstreckungsgericht insbesondere im Fall von zu vollstreckenden Bescheidungsurteilen über die notwendige Auslegung des zu vollstreckenden Urteils hinaus dessen Inhalt auch durch eine „Fortschreibung" konkretisieren kann, wenn sich darin enthaltene Unklarheiten aus der Urteilsurkunde selbst nicht sicher beseitigen lassen. Denn damit, dass § 172 VwGO – ebenso wie § 887 Abs. 1, 888 Abs. 1 Satz 1 und 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO – das Gericht des ersten Rechtszuges zum Vollstreckungsorgan erklärt, wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass in derartigen Vollstreckungsverfahren nicht selten ein „Weiterdenken" der Erwägungen notwendig wird, die der zu vollstreckenden Entscheidung zugrunde lagen, um feststellen zu können, was der frühere Beklagte schuldet und ob er seiner Verpflichtung nachgekommen ist (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 9 E 448/16 – juris, Rn. 26; BayVGH, Beschluss vom 12. Juli 2007 – 11 C 06.868 – juris, Rn. 31 f.).

Soweit die Beklagte vorträgt, dass durch eine entsprechende Formulierung die Gefahr bestehe, dass ein späteres Vollstreckungsverfahren die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehme, vermögen ihre Einwendungen nicht zu überzeugen. Die Beklagte wendet gegen eine Tenorierung entsprechend dem Klageantrag unter Hinweis auf den im Urteil des Senats vom 30. November 2023 (OVG 11 A 1/23) zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Februar 2017 (22 C 16.427) ein, dass im Vollstreckungsverfahren materiell-rechtliche Fragen streitig werden würden. Denn es stehe bereits der Zielhorizont der Maßnahmen nicht zweifelsfrei fest und auch der Wahrscheinlichkeitsgrad sei nicht eindeutig, mit welchem die im Klimaschutzprogramm enthaltenen Maßnahmen prognostisch zur Erreichung der Klimaziele beizutragen hätten. Dem könne auch nicht durch eine Vorauswahl an Maßnahmen begegnet werden.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der genannten Entscheidung darauf hingewiesen, dass nicht verkannt werden dürfe, dass das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO nicht die Funktion des regulären Erkenntnisverfahrens übernehmen könne. Das folge nicht zuletzt daraus, dass in diesem Verfahren gemäß § 152 Abs. 1 VwGO keine Möglichkeit der Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts bestehe. Dies schließe es vor allem aus, im Vollstreckungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Vollstreckungsschuldner bisher noch ungenutzte Möglichkeiten zur Erfüllung der ihm rechtskräftig auferlegten Verpflichtung zur Verfügung stehen, rechtliche Fragen zu beantworten, die gemäß § 137 Abs. 1 VwGO letztinstanzlich der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen, sofern sie höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt wurden und sich das zutreffende Normverständnis nicht unmittelbar und zweifelsfrei aus dem geschriebenen Recht ergebe; durch eine gegenläufige Vorgehensweise würde den unterliegenden Beteiligten eine von Gesetzes wegen grundsätzlich eröffnete Rechtsmittelmöglichkeit abgeschnitten (BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 – 22 C 16.1427 – juris, Rn. 92). Diese Grenzen der gerichtlichen Befugnisse in Vollstreckungsverfahren werden – jedenfalls nach jetziger Erkenntnis – nicht überschritten, weil der Senat Maßgaben für die Auslegung des § 9 KSG formuliert und die Revision zulässt. Dass die Bundesregierung bei der Entscheidung über die Minderungswirkung eine Prognoseentscheidung trifft, steht der Bestimmtheit ebenfalls nicht entgegen, denn insofern ist in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits ein Maßstab für die Überprüfung solcher Prognoseentscheidungen entwickelt worden (vgl. dazu unten, unter Ziffer II.1.b.bb). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung zudem ausführlich und überzeugend begründet, dass auch nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäben eine gerichtliche Entscheidung, die die öffentliche Gewalt zum Erlass oder zur Fortschreibung eines Luftreinhalteplans verpflichtet und die keine Maßnahmen benennt, die dieser Plan zwingend zu enthalten hat, grundsätzlich vollstreckbar ist (a.a.O., Rn. 80 ff.).

3. Der Kläger ist auch klagebefugt.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, also nach Nr. 4 auch gegen eine Entscheidung über die Annahme von Plänen und Programmen i.S.v. § 2 Abs. 7 UVPG, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) bestehen kann, einlegen, wenn sie geltend macht, dass die Entscheidung oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften verletzt, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können.

a. Das Gesetz fordert für den Rechtsbehelf einen tauglichen Gegenstand, allein die Möglichkeit dessen Vorliegens reicht nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 – 7 C 5.18 – juris, Rn. 17 ff. m.w.N.). Es ist daher schon im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen, ob die angegriffene Entscheidung oder der angegriffene Plan zu den Entscheidungen oder Plänen gehört, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine SUP-Pflicht bestehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3/19 – juris, Rn. 22 m.w.N.). Darauf, ob die SUP-Pflicht im konkreten Fall tatsächlich besteht, kommt es danach nicht an. Für die Klagebefugnis genügt es, wenn nach den in § 1 Abs. 1 Satz 4 UmwRG genannten Vorschriften eine entsprechende Vorprüfungspflicht besteht. Dies ist hier der Fall. Für Klimaschutzprogramme ist nach Nr. 2.13 der Anlage 5 des UVPG i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine SUP-Pflicht dann vorgesehen, wenn sie für Entscheidungen über die Zulässigkeit von in der Anlage 1 des UVPG aufgeführten Vorhaben oder von Vorhaben, die nach Landesrecht einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder Vorprüfung des Einzelfalls bedürfen, einen Rahmen setzen.

b. Unabhängig davon - und mit Bedeutung sowohl für § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG als auch für die an das tatsächliche Bestehen einer SUP-Pflicht anknüpfende, für die Begründetheit einer zulässigen Klage erforderliche Voraussetzung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG - findet nach Auffassung des Senats die Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG, dass es sich um Pläne oder Programme handeln muss, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann, im vorliegenden Fall keine Anwendung. Eine vom Senat mit Blick auf die Sofortprogramme nach § 8 KSG für möglich gehaltene teleologische Erweiterung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG (Urteil vom 30. November 2023 - OVG 11 A 1/23 - juris, Rn. 52 ff.) scheidet hier zwar aus, da der Gesetzgeber mit der Aufnahme der Klimaschutzprogramme in die Anlage 5 zum UVPG hinreichend deutlich gemacht hat, dass er diese Programme tatsächlich in den Blick genommen hat und in der geregelten Weise behandelt sehen will. Der in Rede stehende § 9 KSG dient aber auch der Durchführung von Recht der Europäischen Union und die Mitgliedsstaaten sind in einem solchen Fall verpflichtet, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte zu gewährleisten (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 30. November 2023 - OVG 11 A 1/23 - juris, Rn. 65 ff., wo dies mit Blick auf § 8 KSG bejaht wurde).

Wie das Bundesverwaltungsgericht zuletzt in seiner Entscheidung vom 26. Januar 2023 (- 10 CN 1.23, Inntal Süd - juris, Rn. 25 f.) im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 8. März 2011 - C-240/09, Slowakischer Braunbär I -, Rn. 45, 51; vom 20. Dezember 2017 - C-664/15, Protect -, Rn. 45, und vom 8. November 2022 - C-873/19, Deutsche Umwelthilfe – Rn. 66, 77 ff.) ausgeführt hat, entfaltet Art. 9 Abs. 3 AK im Unionsrecht zwar keine unmittelbare Wirkung. In Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Amtsblatt der EU vom 26. Oktober 2012, C 326/2, S. 391 ff., - GRC -) verpflichtet die Regelung die Mitgliedsstaaten aber dazu, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der Union garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten. Für den Fall, dass eine unionsrechtskonforme Auslegung (für die dieselben Grenzen gelten wie für die vorstehend ausgeschlossene teleologische Erweiterung) sich als unmöglich erweisen sollte, ist jedes im Rahmen seiner nationalen Zuständigkeit angerufene Gericht als Organ eines Mitgliedsstaates verpflichtet, eine dem etwa entgegenstehende nationale Bestimmung unangewendet zu lassen.

Geht es um die Verletzung einer umweltbezogenen Vorschrift des nationalen Rechts - wie hier des § 9 KSG -, ist Art. 47 Abs. 1 GRC allerdings nur dann anwendbar, wenn die in Rede stehende nationale Vorschrift der Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC dient. Um festzustellen, ob eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Unionsrechts im Sinne von Art. 51 GRC fällt, ist zu prüfen, ob mit ihr die Durchführung einer Bestimmung des Unionsrechts bezweckt wird, welchen Charakter diese Regelung hat und ob mit ihr nicht andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele verfolgt werden. Es muss ein hinreichender, über eine rein mittelbare Beeinflussung hinausgehender Zusammenhang mit dem Unionsrecht bestehen, der darüber hinausgeht, dass die fraglichen Sachbereiche benachbart sind oder der eine von ihnen mittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2023 - 10 CN 1/23 - juris, Rn. 24, im Anschluss an EuGH, Urteil vom 6. März 2014 - C-206/13, Siragusa - Rn. 25, 29, 35 m. w. N.).

Soweit die Beklagte meint, dass diese Rechtsprechung auf die hier zu beurteilende Konstellation im Bereich des Klimaschutzrechts nicht übertragbar sei, weil es am hinreichenden Zusammenhang von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht fehle, vermag der Senat dem auch in Ansehung der dort zitierten weiteren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht zu folgen. Diese stellen weder den oben zitierten, vom Bundesverwaltungsgericht in Ansehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs formulierten Maßstab in Frage, noch vermögen sie zu begründen, dass die damit konkretisierten Voraussetzungen im konkreten Fall nicht erfüllt sind.

Das Klimaschutzprogramm ist als solches zwar nicht unionsrechtlich vorgegeben. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der Pflicht zur Aufstellung und zum Beschluss eines Klimaschutzprogramms gemäß § 9 KSG um eine Maßnahme, die vom nationalen Gesetzgeber in Wahrnehmung seiner mitgliedsstaatlichen Pflicht zur Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der unionsrechtlichen Klimaschutzziele (vgl. dazu auch Art. 2 Abs. 2 Verordnung (EU) 2021/1119 vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität (Abl. L 243 vom 9. Juli 2021 - Europäisches Klimagesetz -) als geeignet und notwendig bestimmt worden ist. § 9 KSG ist ein nationales Steuerungsinstrument, das die Einhaltung der nationalen und damit zugleich auch der europäischen Zielvorgaben gewährleisten soll. § 1 bestimmt insoweit auch maßgeblich die Auslegung des § 4 und des § 9 KSG.

Zwar sieht § 9 Abs. 1 KSG vor, dass die Bundesregierung in jedem Klimaschutzprogramm festzulegen hat, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der „nationalen“ Klimaschutzziele in den einzelnen Sektoren (Satz 2) und welche Maßnahmen sie zur Erreichung der Ziele nach § 3a (Satz 4) ergreifen wird. Ohne dass es der Gesetzestext an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dienen die Festlegung der nationalen Klimaziele und der in § 3a KSG geregelte „Beitrag des LULUCF-Sektors zum Klimaschutz“ aber auch der Einhaltung der europäischen Zielvorgaben. Zum Verständnis dieser Normen ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass Ausgangspunkt für die Festlegung nationaler Klimaschutzziele die völkerrechtliche Verpflichtung aus dem Pariser Klimaschutzabkommen (§ 2 Nr. 6 KSG) ist, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, vgl. § 1 Satz 3 KSG. Zu diesem Zwecke wurden europäische Zielvorgaben festgelegt und hieran anknüpfend bestimmt § 3 KSG die nationalen Klimaschutzziele (vgl. auch v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, Kommentar, 2022, § 3 KSG Rn. 1 m.w.N.). Dies ergibt sich explizit aus § 1 Satz 1 KSG, wonach es Zweck des KSG ist, zum Schutz vor den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie „die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten“. Das Abstellen auf eine Erfüllung auch der nationalen Klimaschutzziele begründet unter diesen Umständen nicht die Annahme, mit dem Gesetz würden andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele verfolgt, denn das nationale Ziel der Treibhausgasminderung ist nach Auffassung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 19/14337, S. 27 f.) nahezu deckungsgleich mit dem auf Deutschland entfallenden Anteil an der Erreichung des europäischen Klimaschutzziels für 2030. Die Vorschrift des § 3 Abs. 3 KSG stelle ausdrücklich klar, dass die gesetzliche Verpflichtung zur Erreichung nationaler Klimaschutzziele durch unionsrechtliche und internationale Verpflichtungen unterlegt sei. Das Gesetz sei so weit an die europäischen Regelungen angepasst, dass es gemäß § 1 auch der Erfüllung der europäischen Zielvorgaben diene. Die zusätzliche Beachtung der europäischen Regelungen bleibe aber notwendig, weil der schlanke Rechtsrahmen dieses Gesetzes auf Durchführungsregeln für das bereits unmittelbar geltende Europarecht beschränkt sei. Sollte sich abzeichnen, dass die in Absatz 1 festgelegten Minderungspflichten nicht ausreichten, um die europäischen oder internationalen Ziele zu erreichen, sei in erster Linie die Bundesregierung nach Satz 1 verpflichtet, die notwendigen Anpassungen des Gesetzes auf den Weg zu bringen. Die durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18 u.a.) notwendig gewordene Überarbeitung der nationalen Minderungsziele in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 benannte der Gesetzgeber auch als Teil der Klimaschutzziele der EU (Gesetzesbegründung BT-Drs. 19/30230, S. 18).

Davon ausgehend kann der Einordnung des Klimaschutzprogramms als Maßnahme zur Umsetzung auch der unionsrechtlichen Klimaziele auch nicht entgegengehalten werden, dass die nationalen Klimaschutzziele des § 3 Abs. 1 KSG seit der im Zuge der KSG-Novelle 2021 vorgenommenen Erhöhung deutlich über die Klimaschutzziele der Union hinausgingen. Im Übrigen dürfte dies jedenfalls seit der Änderung der Verordnung (EU) 2018/842 vom 30. Mai 2018 zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris (Abl. L 156 vom 19. Juni 2018 - EU-KlimaschutzVO -) durch die Verordnung (EU) 2023/857 vom 19. April 2023 (Abl. L 111 vom 26. April 2023) auch tatsächlich nicht mehr zutreffen. Durch den damit geänderten Art. 4 i.V.m. Anhang I Spalte 2 ist eine Reduzierung der deutschen Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 um 50 % - statt bisher 38 % - gegenüber 2005 vorgeschrieben (vgl. auch die Abb. 3 in „Treibhausgas-Projektionen 2024 - Ergebnisse Kompakt“, März 2024, S. 10, ausweislich derer Deutschland seine Ziele zur EU-Klimaschutzverordnung trotz der dort angenommenen, mit Blick auf die nationalen Ziele günstigen Ergebnisse deutlich - und mit zunehmender Tendenz - verfehlen könnte).

Auch für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele nach § 3a KSG gilt, dass sie der Umsetzung unionsrechtlicher Klimaziele dienen. Zwar finden die Regelungen der § 3 Abs. 1, §§ 4, 7 und 8 KSG auf den LULUCF-Sektor keine Anwendung, § 2 Nr. 8 KSG. Da aber nicht alle anthropogenen THG-Emissionen auf Null reduziert werden können, kommt der Senkenfunktion des LULUCF-Sektors eine wichtige Funktion bei der Erreichung der Treibhausgasneutralität und negativer Emissionsbilanzen zu. Die in § 3a KSG gesetzlich normierten negativen Emissionsbilanzen für den LULUCF-Sektor sind nach Einschätzung des Gesetzgebers erforderlich, um die Klimaziele des § 3 Abs. 2 KSG zu erreichen, da damit die verbleibenden THG-Emissionen (über)kompensiert werden sollen (vgl. v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, § 3 KSG, Rn. 3 Rn. 29; § 3a Rn. 1, 4; Franßen/Operhalsky, in: Frenz, Klimaschutzrecht, 2. Aufl. 2022, § 3a KSG, Rn. 22; vgl. auch Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/30230, S. 18 f.). Auch die in § 3 Abs. 2 KSG vorgesehene Klimaneutralität dient der Erfüllung eines europäischen Klimaschutzziels: Art. 1 des Europäischen Klimagesetzes macht die unionsweite Klimaneutralität bis 2050 zum verbindlichen Ziel.

Dabei hat die Einführung des § 3a KSG durch das Erste Änderungsgesetz zum Bundes-Klimaschutzgesetz vom 18. August 2021 noch einen weiteren unionsrechtlichen Hintergrund. Gemäß Art. 1 Buchst. c der LULUCF-VO enthält diese Verordnung nämlich Vorschriften zu einem Unionsziel für 2030 für den Nettoabbau von Treibhausgasen im LULUCF-Sektor. Nach Art. 4 Abs. 2 LULUCF-VO beläuft sich dieses Ziel auf 310 Mt. CO2-Äq. Die Zielvorgaben für Deutschland ergeben sich dabei aus Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang IIa LULUCF-VO, wobei nach Art 4 Abs. 4 LULUCF-VO in den Jahren 2026 bis 20230 ein linearer Zielpfad verfolgt werden soll. Die Regel, nach der die Freisetzung von Emissionen den Abbau von Kohlenstoff im LULUCF-Sektor lediglich nicht übersteigen darf („no-debit rule“, Art. 4 Abs. 1 LULUCF-VO) gilt nach der Änderung vom April 2023 nur noch bis 2025. Dass die LULUCF-Verordnung und das KSG - wie die Beklagte meint - jeweils eine andere Systematik zur Ermittlung der Beiträge und eine andere Zielarchitektur hätten, ändert nichts daran, dass die diesbezüglichen Regelungen des KSG das maßgebliche nationale Instrument zur Umsetzung der Ziele dieser Verordnung darstellen.

4. Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor.

a. Der Kläger macht die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG geltend, denn er beruft sich darauf, dass die Bundesregierung gegen die Vorschriften der § 9 Abs. 1 i.V.m § 3a Abs. 1 KSG verstoße. Die Bundesregierung sei danach verpflichtet, ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, welches für die Erreichung der negativen Emissionsbilanzen des § 3a Abs. 1 KSG geeignet sei. Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass den Vorschriften des KSG „keine Außenwirkung“ zukomme, den Klägern somit keine einklagbare Position zustehe, kann diese Meinung nicht überzeugen.

§ 1 Abs. 4 UmwRG definiert den Begriff der umweltbezogenen Rechtsvorschriften. Danach sind die Elemente der Definition von „Umweltinformationen" in § 2 Abs. 3 UIG von Relevanz, die eine 1:1-Umsetzung nicht nur der Umweltinformationsrichtlinie der EU, sondern auch der dahinter stehenden Begriffsbestimmung der Aarhus-Konvention darstellt (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 – 7 C 25.15 – juris, Rn. 19). Zur ergänzenden Bestimmung des Begriffs „umweltbezogene Rechtsvorschriften“ verweist die Gesetzesbegründung deshalb auch auf die Spruchpraxis des Aarhus Convention Compliance Committee - ACCC - (siehe BT-Drs. 18/9526 S. 36). Art. 9 Abs. 3 AK spricht von „umweltbezogenen Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts“. Es besteht Einigkeit, dass damit nur rechtliche Bestimmungen gemeint sein können. Im Übrigen ist der Begriff aber weit zu verstehen. Er umfasst alle materiellen Rechtssätze. Ausgeschlossen ist reines Binnenrecht, wie z.B. Verwaltungsvorschriften (vgl. Schlacke, in: Schlacke/Schrader/Bunge, Aarhus-Handbuch, § 3 Rn. 149; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, UmwRG, 101. EL, Juni 2023, § 1 Rn. 160).

§ 9 KSG ist eine umweltbezogene Rechtsvorschrift in diesem Sinne (so auch Guckelberger in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, § 9 KSG, Rn. 26; ebenso zu § 8 KSG: v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 1. Aufl. 2022, § 4 KSG, Rn. 35 m.w.N.; vgl. auch Urteil des Senats vom 30. November 2023 - 11 A 1/23 - juris Rn. 76).

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits ausdrücklich festgestellt, dass zu den umweltbezogenen Vorschriften im Sinne der Aarhus-Konvention auch die Klimaschutzziele gehören (BVerwG Urteil vom 4. Mai 2022 – 9 A 7.21 – juris, Rn. 70). Dies muss auch für § 9 KSG gelten. Denn das Klimaschutzgesetz ist ein vom Deutschen Bundestag verabschiedetes Gesetz. Die Tatsache, dass aus dieser Norm die Bundesregierung verpflichtet wird, ist kein Grund, um die Norm aus dem Kreis der umweltbezogenen Bestimmungen von Art 9 Abs. 3 AK und § 2 Abs. 1 UmwRG auszuschließen. Bei einem Beschluss im Sinne von § 9 Abs. 1 KSG handelt es sich nicht um einen justizfreien Hoheitsakt, der der gerichtlichen Überprüfung entzogen wäre. Beschlüsse der Bundesregierung werden mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur in Ausnahmefällen – z.B. bei Gnadenentscheidungen – von einer gerichtlichen Überprüfung ausgenommen, da auch solche Akte trotz ihrer politischen Bedeutung rechtlichen Bindungen nach Art. 1 Abs. 3 GG unterliegen (Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 40, Rn. 5b). Dem Prinzip der Gewaltenteilung wird dadurch ausreichend Rechnung tragen, dass der Regierung ein weit bemessener Spielraum eingeräumt wird (vgl. VG Berlin, Urteil vom 31. Oktober 2019 – VG 10 K 412/18 – juris, Rn. 47 m.w.N. zur Rspr. des BVerfG). Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18) im Rahmen der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden gegen Vorschriften des KSG darauf hingewiesen, dass, sollten eigenständige Handlungen der Bundesregierung - im Klagewege - verlangt werden, insoweit grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei (juris, Rn. 138). Die von der Beklagten reklamierte „materielle Selbstbindung des Bundes“ liegt nicht vor. Der Bundestag hat die Bundesregierung verpflichtet und die Bundesregierung ist nicht aus eigener Zuständigkeit in der Lage – anders als z.B. bei Geschäftsordnungen oder Verwaltungsvorschriften – diese Verpflichtung wieder zu beseitigen. Auch der Hinweis der Beklagten auf das Haushaltsgesetz, das nur die Bundesregierung berechtigt und verpflichtet, vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen. Denn dem liegt das Budgetrecht des Bundestages zu Grunde. Diese Konstellation liegt ersichtlich nicht vor.

Ein Ausschluss der Klagebefugnis des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 10 KSG, wonach subjektive Rechte und klagbare Rechtspositionen durch oder aufgrund des Gesetzes nicht begründet werden. Dieser Ausschluss subjektiver (einklagbarer) Rechte ändert an der objektiven Verbindlichkeit der Normen nichts. Der Ausschluss klagbarer Rechte im Klimaschutzgesetz kann zudem nicht so verstanden werden, dass damit die unionsrechtlich geforderte und im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gewährleistete Klagebefugnis von Umweltschutzorganisationen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden soll. Eine derartige Intention ist auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber verstand die (ursprünglich in § 4 Abs. 1 Satz 7 KSG formulierte) Ausschlussregelung vielmehr als deklaratorische Klarstellung, dass die im Gesetz geregelten Jahresemissionsmengen keine einklagbaren Rechte oder Pflichten für Bürger oder Unternehmen begründen (BT-Drs. 19/14337 S. 28; vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - juris, Rn. 70; ebenso v. Weschpfennig, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 1. Auflage 2022, § 4 KSG, Rn. 24 ff., 34 m.w.N.).

b. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG sind ebenfalls erfüllt, denn der Kläger macht geltend, dass er durch das Unterlassen eines Beschlusses über ein Klimaschutzprogramm, das die Anforderungen des § 9 KSG erfüllt, auch in seinem satzungsmäßigen Zweck der Förderung des Umweltschutzes berührt sei. Dieser Zweck ergibt sich aus § 1 Abs. 2 der Satzung in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung vom 14. Mai 2022 und wird gem. § 2 Abs. 2 der Satzung u.a. durch Maßnahmen zur Förderung des Umweltschutzes, z.B. zur Reinhaltung der Luft (Abs. 2 lit. j) und der Einhaltung des nationalen und internationalen Umweltrechts (Abs. 2 lit. k) verfolgt.

c. Auch das besondere Zulässigkeitserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG ist gegeben. Danach setzt die Klagebefugnis einer Umweltvereinigung voraus, dass diese im Falle eines Verfahrens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Bei Zulassungsentscheidungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG, bei denen die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Beteiligungsberechtigung von einer Vorprüfung des Einzelfalles abhängt, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Zulässigkeitsebene die Möglichkeit einer Beteiligungsberechtigung zur Begründung der Klagebefugnis (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3/19 - juris Rn. 23 m.w.N.). Mit Blick auf das KSP 2023 hat der Kläger dies zwar nicht ausdrücklich gerügt. Gleichwohl steht diese besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht entgegen, da - wie oben dargelegt - § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG auch Pläne und Programme erfassen kann, bei denen die Voraussetzung einer SUP-Pflicht aus unionsrechtlichen Gründen jedenfalls unangewendet zu bleiben hat. Soweit es im Fall des streitgegenständlichen Klimaschutzprogramms mangels SUP-Pflicht an der Berechtigung zur Beteiligung fehlt, muss auch § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) UmwRG unangewendet bleiben.

5. Der Kläger verfügt auch über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Der Begriff des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, der in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht genannt ist, soll zum Ausdruck bringen, dass nur derjenige, der ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat; es handelt sich also um eine allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung für alle Verfahrensarten, so dass im Falle des Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses die Klage oder der Antrag unzulässig ist. Im Fall der Geltendmachung materieller Rechte ist grundsätzlich von seinem Vorliegen auszugehen, es sei denn, dass besondere Umstände das subjektive oder objektive Interesse an der Durchführung des Rechtsstreits entfallen lassen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1989 - 9 C 44.87 - juris, Rn. 9; Sodan, in: ders/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42, Rn. 335). Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss eindeutig sein. Im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 3 C 26.07 - juris, Rn. 14). Für das Rechtsschutzbedürfnis eines Umweltverbandes ist nicht maßgeblich darauf abzustellen, ob sich durch den Erfolg im gerichtlichen Verfahren seine Rechtsstellung verbessert. Denn der Umweltverband wird nicht im eigenen Interesse, sondern altruistisch zur Förderung der Ziele des Umweltschutzes tätig. Es geht mithin nicht um seine „Rechtsstellung", die er durch eine Klage verbessern möchte, sondern darum, ob der Umweltverband noch Verbesserungen zum Schutz der Umwelt erreichen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2023 - 4 CN 8.21- juris, Rn. 12).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes kann in der vorliegenden Situation dem klagenden Verband das Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Arguments der Beklagten, dass „offensichtlich“ keine gesetzliche Verpflichtung zum Beschluss eines Klimaschutzprogramms bestanden habe. Auch wenn die Bundesregierung das KSP 2023 nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung, sondern - wie die Beklagte meint - freiwillig beschlossen haben sollte, bleibt die Frage streitig, ob und inwieweit das KSP 2023 die gesetzlichen Anforderungen erfüllt bzw. erfüllen muss. Dies sind Fragen, die im Rahmen der Begründetheit zu klären sind und durch deren Klärung der Kläger Verbesserungen zum Schutz der Umwelt erreichen kann. Ebenso entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nicht bereits deswegen, weil die Bundesregierung mit dem ANK ein umfassendes Programm verabschiedet hat. Die Bundesregierung hat einen Teil der Maßnahmen des ANK für den LULUCF-Sektor in das KSG aufgenommen und auch hier ist im Rahmen der Begründetheit zu klären, ob die aufgenommenen Maßnahmen geeignet sind, die Ziele des § 3a KSG zu erreichen.

Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt schließlich auch nicht mit Blick auf das von der Beklagten als zeitnah angekündigte Inkrafttreten des Zweiten Änderungsgesetzes des KSG, das der Deutsche Bundestag am 26. April 2024 beschlossen hat (BT-Drs. 20/8290, 20/8670). Allein daraus, dass mit dem Änderungsgesetz voraussichtlich streitentscheidende Normen, darunter auch § 9 KSG, geändert werden, ergibt sich nicht eindeutig, dass die erstrebte Entscheidung auf alter Rechtslage nutzlos wird und durch sie keine Verbesserungen zum Schutz der Umwelt mehr erreicht werden können.

II. Die Klage ist auch begründet.

Die Klage ist gemäß § 2 Abs. 4 UmwRG begründet, da das Klimaschutzprogramm 2023 gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für die Entscheidung von Bedeutung sind, § 2 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz, Nr. 2 UmwRG (1.) und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert, § 2 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz UmwRG (2.). Soweit bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 4 UmwRG nach § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne § 2 Abs. 10 UVPG bestehen muss, steht diese Voraussetzung der Begründetheit der Klage nicht entgegen (3.). Die Verurteilung zu einem entsprechenden Beschluss der Bundesregierung erfolgt unter bestimmten Maßgaben, die von der Bundesregierung bei dem Beschluss über die Änderung des Klimaschutzprogramms 2023 zu beachten sind (4.).

1. Das Klimaschutzprogramm 2023 verstößt gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften des Klimaschutzgesetzes, nämlich § 9 Abs. 1 Satz 2 und 4 i.V.m. § 3a Abs. 1 KSG.

a. Dabei sind die genannten Vorschriften, insbesondere § 9 KSG, zugleich die Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Leistungsanspruch. Gemäß § 9 Abs. 1 KSG beschließt die Bundesregierung mindestens nach jeder Fortschreibung des Klimaschutzplans ein Klimaschutzprogramm (Satz 1, HS 1); darüber hinaus wird bei Zielverfehlungen eine Aktualisierung des bestehenden Klimaschutzprogramms um Maßnahmen nach § 8 Abs. 2 vorgenommen (Satz 1, HS 2).

Das Klagebegehren ist - wie oben erläutert - zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auf eine Änderung des KSP 2023 gerichtet. Soweit die Beteiligten vor Beschluss des KSP 2023 ausführlich darüber gestritten haben, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bundesregierung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSG verpflichtet gewesen sei, das KSP 2030, das vor Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes beschlossen wurde, zu ändern, fortzuschreiben oder zu aktualisieren, bedarf dies keiner Entscheidung mehr. Auch die Frage, ob die Beklagte das KSP 2023, wie sie vorträgt, „freiwillig“ beschlossen hat oder ob sie dazu verpflichtet war, ist keine Frage, die entscheidungserheblich ist. Denn auch wenn die Beklagte das KSP 2023 beschlossen haben sollte, ohne dass sie dazu verpflichtet war, muss dieses den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Mit der Verbandsklage kann der Kläger die Verletzung objektiven Rechts rügen und dabei auch einen Anspruch auf Änderung oder Fortschreibung des Klimaschutzprogramms im Wege der Leistungsklage geltend machen. Da die Leistungsklage des Klägers „gegen“ ein beschlossenes Klimaschutzprogramm (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG) gerichtet ist, ist sie dann begründet, wenn sich das Klimaschutzprogramm als rechtswidrig erweist, weil es nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des § 3a Abs. 1 KSG enthält (vgl. so zum Anspruch auf Fortschreibung eines Luftreinhalteplans, BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 - juris, Rn. 24 -; vgl. auch das dieser Entscheidung vorhergehende Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 18. März 2019 - 10 S 1977/18 - juris, Rn. 27 ff.). Einer darüberhinausgehenden Anspruchsgrundlage aus materiellem Recht auf Änderung des KSP 2023 bedarf es in einem solchen Fall, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht.

b. Das KSP 2023 erfüllte bereits im Zeitpunkt des Beschlusses am 4. Oktober 2023 nicht alle Anforderungen, die das Klimaschutzgesetz mit Blick auf die Ziele des § 3a KSG an ein Klimaschutzprogramm stellt.

aa. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSG legt die Bundesregierung unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Klimaschutz-Projektionsberichts nach § 10 Abs. 2 KSG fest, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele in den einzelnen Sektoren ergreifen wird. Zudem legt die Bundesregierung fest, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der Ziele nach § 3a ergreifen wird (Satz 4).

Aus einer Auslegung des § 9 KSG ergibt sich, dass die im Klimaschutzprogramm enthaltenen Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele nach § 3a KSG ergriffen werden sollen, geeignet sein müssen, diese Ziele zu erreichen. Der Gesetzgeber formuliert insoweit eine Zielverbindlichkeit, überlässt die Auswahl der Maßnahmen, die zu diesem Ziel führen, aber der Bundesregierung. Der Bundesregierung steht ein weiter Auswahl- und Einschätzungsspielraum zu, welche Maßnahmen sie in das Klimaschutzprogramm aufnehmen möchte. Dieser bezieht sich aber nicht darauf, ob eine Erreichung der Ziele des § 3a KSG möglich ist, sondern nur darauf, welche der dafür in Betracht kommenden Maßnahmen ausgewählt und umgesetzt werden sollen.

Für die Verbindlichkeit der Ziele des § 3a Abs. 1 KSG im Rahmen der Beschlussfassung über ein Klimaschutzprogramm spricht bereits die Verwendung des Wortes „Erreichung“ (Satz 2 und 4). Zudem bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 2 KSG für die Aufstellung des Klimaschutzprogramms, dass die für die Sektoren zuständigen Bundesministerien Maßnahmen vorschlagen, die geeignet sein müssen, die in den jeweiligen Sektoren erforderlichen zusätzlichen Treibhausgasminderungen zu erzielen. § 3a Abs. 2 KSG bestimmt entsprechend, dass das aufgrund seines Geschäftsbereichs für den LULUCF-Sektor zuständige Bundesministerium die Aufgabe hat, die für die „Einhaltung“ der Ziele nach Absatz 1 erforderlichen Maßnahmen vorzulegen und umzusetzen. Dass § 3a Abs. 1 KSG als Soll-Vorschrift formuliert ist, spricht nicht für eine andere Auslegung. Denn § 3a Abs. 1 Satz 2 KSG sieht für die Jahre bis 2030, bis 2040 und bis 2045 vor, dass die Emissionsbilanzen „mindestens“ auf einen bestimmten negativen Wert verbessert werden sollen. Damit ist eine im Belieben der Bundesregierung stehende Abweichung, die diese Ziele unterschreitet, nicht vereinbar. Gesetzlich sind keine Ausnahmegründe formuliert, die ein Abweichen von der Verpflichtung erlauben würden (so auch Franßen/Operhalsky, in: Frenz, Klimaschutzrecht, 2. Aufl. 2022, § 9 KSG, Rn. 25 und 30).

Dafür spricht auch eine systematische Auslegung. Das Gesetz unterscheidet systematisch zwischen den Klimaschutzzielen einerseits (Abschnitt 2) und der Klimaschutzplanung (Abschnitt 3) andererseits. Da, wie bereits oben erläutert, der Abbau von Treibhausgasemissionen durch Senken des LULUCF-Sektors zur Erreichung des gesetzlich in § 3 Abs. 2 KSG festgelegten Ziels der Netto-Treibhausgasneutralität und der negativen Treibhausgasemissionen erforderlich ist, spricht dies dafür, dass die nach § 9 Abs. 1 Satz 4 KSG verpflichtend vorgesehene Aufnahme der im LULUCF-Sektors zu ergreifenden Maßnahmen in das Klimaschutzprogramm die Erfüllung der in § 3a Abs. 1 KSG festgelegten negativen Emissionswerte sicherstellen soll.

Die Verbindlichkeit der in § 3a Abs. 1 KSG festgelegten Ziele für die Entscheidung über Maßnahmen eines Klimaschutzprogramms ergibt sich insbesondere aber aus dem Sinn und Zweck der Regelungen. Dadurch, dass der Gesetzgeber ein konkretes Budget an künftig noch zulässigen Treibhausgasemissionen, aber keine konkreten Regelungen zu THG-mindernden Maßnahmen getroffen hat, hat er einen rechtlichen Rahmen geschaffen (vgl. auch Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, Einl. Rn. 36 m.w.N.). Das Klimaschutzprogramm nach § 9 KSG ist dabei das zentrale Steuerungsinstrument, mit dem die Klimapolitik zur Erreichung der Klimaziele geplant wird. Es schaut in die Zukunft und konkretisiert und operationalisiert die Maßnahmen, mit denen die Zielvorgaben erreicht werden sollen. Damit hat das Klimaschutzprogramm eine mittel- bis langfristige Perspektive (so bereits OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. November 2023 – OVG 11 A 1/23 – juris, Rn. 94). Es ist eine Planung der Klimaschutzpolitik, die die Bundesregierung politisch bindet und der damit neben der Steuerungsfunktion eine wichtige Informations- und Transparenzwirkung zukommt (vgl. auch Guckelberger, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 2022, § 9 KSG, Rn. 3 ff., 24 f.; Posser, in: § 9 KSG, Rn. 1 ff.).

Schließlich wird dieses Ergebnis auch durch verfassungsrechtliche Erwägungen bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18) entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Absatz 1 Satz 3 des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 i.V.m. Anlage 2 mit den Grundrechten unvereinbar sind, soweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt. Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasse auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen und könne eine objektivrechtliche Schutzverpflichtung auch in Bezug auf künftige Generationen begründen (Rn. 147 und 148). Dabei hat das Gericht weiter ausgeführt, dass nur begrenzt verfassungsrechtlich überprüfbar sei, ob ausreichende Maßnahmen getroffen seien, um grundrechtliche Schutzpflichten zu erfüllen. Die Entscheidung, in welcher Weise Gefahren entgegengewirkt werden solle, die Aufstellung eines Schutzkonzepts und dessen normative Umsetzung seien Sache des Gesetzgebers, dem grundsätzlich auch dann ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukomme, wenn er dem Grunde nach verpflichtet sei, Maßnahmen zum Schutze eines Rechtsguts zu ergreifen. Das Bundesverfassungsgericht stelle die Verletzung der Schutzpflichten erst fest, wenn Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen seien, wenn die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich seien, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückblieben (Rn. 152). Der deutsche Gesetzgeber habe mit dem KSG von diesem Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Dabei entfalte die gesetzgeberische Entscheidung, die bis zum Jahr 2030 in § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 geregelte Menge an THG-Emissionen zuzulassen, eingriffsähnliche Vorwirkung (Rn. 184). Subjektivrechtlich schützten die Grundrechte nämlich als intertemporale Freiheitssicherung vor einer einseitigen Verlagerung der durch Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausgasminderungslast in die Zukunft (Rn. 117 ff., 183). Die Schonung künftiger Freiheit verlange auch, den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten. Dies erfordere, dass frühzeitig transparente Maßgaben für die weitere Ausgestaltung der Treibhausgasreduktion formuliert würden, die für die erforderlichen Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse Orientierung böten und diesen ein hinreichendes Maß an Entwicklungsdruck und Planungssicherheit vermittelten (Rn. 248 und 252). Es sei verfassungsrechtlich unerläßlich, dass weitere Reduktionsmaßgaben rechtzeitig über das Jahr 2030 hinaus und zugleich hinreichend weit in die Zukunft hinein festgelegt würden (Rn. 253). Zum anderen müssten weitere Jahresemissionsmengen und Reduktionsmaßgaben so differenziert angelegt werden, dass eine hinreichend konkrete Orientierung entstehe (Rn. 254). Maßgeblich bleibe bei alledem das Klimaschutzgebot des Art. 20a GG. Die Festlegungen für die weitere Zukunft müssten einen Reduktionspfad weisen, der unter Wahrung der verblebenden Emissionsbudgets zur Klimaneutralität führe (Rn. 255).

In Reaktion auf diesen Beschluss hat der Gesetzgeber das KSG durch das Erste Änderungsgesetz zum Bundes-Klimaschutzgesetz vom 18. August 2021 geändert und einen neuen § 3 Abs. 2 KSG eingefügt, der über das Jahr 2030 hinaus Klimaschutzziele festlegt. Neu eingefügt wurde auch § 3a KSG. Da der Gesetzgeber sich unter Ausnutzung seines Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums zudem entschlossen hat, zur Sicherung der verfassungsrechtlich vorgegebenen staatlichen Pflichten zum Klimaschutz das Instrument des Klimaschutzprogramms einzuführen, hat die Bundesregierung insoweit keinen Gestaltungsspielraum, sondern hat bei dem Beschluss über ein Klimaschutzprogramm die Maßnahmen aufzunehmen, mit denen die in § 3a KSG genannten Ziele - die die Netto-Treibhausgasneutralität und die negativen Treibhausgasemission sichern sollen - erreicht werden können.

Ein Klimaschutzprogramm, dessen Maßnahmen nicht geeignet sind, die Ziele des § 3a KSG zu erreichen, entspricht daher nicht den gesetzlichen Anforderungen.

bb. Die Entscheidung der Frage, ob und in welchem Umfang Maßnahmen zu einer Verminderung der Treibhausgasemissionen beitragen können, hängt wesentlich von Prognosen ab und unterliegt daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt es bei planerischen Entscheidungen, die nicht allein auf der Erfassung eines gegenwärtigen Zustands, sondern auch auf einer Einschätzung in der Zukunft liegender Tatsachen beruhen, in der Natur der Sache, dass die Richtigkeit der Prognose nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die zukünftige Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse enthält sich naturgemäß einer exakten Tatsachenfeststellung. Die mithin keiner Richtigkeitsgewähr unterliegenden Prognosen sind gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind bzw. eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist. Maßgeblich ist der bei der Aufstellung des Plans vorhandene tatsächliche und wissenschaftliche Erkenntnisstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 - 7 C 3.19 - juris, Rn. 42 und Beschluss vom 28. November 2013 - 9 B 14.13 - juris, Rn. 7 sowie jüngst Urteil vom 25. Mai 2023 - 7 A 7.22 - juris, Rn. 55).

Gemessen an diesen Maßstäben erfüllt das Klimaschutzprogramm 2023 nicht vollständig die gesetzlichen Vorgaben.

Dem KSP 2023 läßt sich bereits keine explizite Prognose der Bundesregierung entnehmen, ob die im KSP 2023 aufgeführten Maßnahmen im LULUCF-Sektor geeignet sind, die Ziele des § 3a Abs. 1 KSG einzuhalten.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung dazu ausgeführt, dass der Projektionsbericht 2021 die Grundlage für die Planung der Maßnahmen im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) gewesen sei. In diesem Zusammenhang verwies die Beklagte auf ihren Schriftsatz vom 20. Dezember 2023 (Anlage B1), mit dem sie vorgetragen hat, auf der Grundlage der Inventardaten vom März 2022 habe man festgestellt, dass die zu schließende Lücke im LULUCF-Sektor gegenüber dem Ziel nach § 3a Abs. 1 KSG für 2030 (-25 Mt. CO2-Äq.) 7,9 Mt. CO2-Äq. betrage. Es seien Kernmaßnahmen vor allem in den Bereichen Moore und Wälder entworfen worden und die gutachterliche Bewertung dieser Kernmaßnahmen in einem frühen Entwurfsstadium habe gezeigt, dass eine Zielerreichung bei entsprechender Ausgestaltung der im Klimaschutzprogramm aufgeführten Maßnahmen möglich sei. Es sei damals davon ausgegangen worden, dass die geplanten Maßnahmen die gemittelte Emissionsbilanz für das Jahr 2030 um insgesamt 8,4 Mt. CO2-Äq. verbessern könnten. Aus der eingereichten Übersicht (Bl. 164 ff. der Gerichtsakte) ist für die im Klimaschutzprogramm enthaltenen Maßnahmen im LULUCF-Sektor (KSP 2023, S. 20 ff.) allerdings nur eine Minderungswirkung in Höhe von 7,502 Mt. CO2-Äq. nachvollziehbar. Die mit 0,6 Mt. CO2-Äq. ausgewiesene Maßnahme „Förderung der Klimaschutzleistung der Agrarlandschaften sowie von naturnahen Flächen“ findet sich in dieser Form nicht unter den Maßnahmen, die im KSP 2023 für den LULUCF-Sektor aufgenommen wurden. Ob die Maßnahmen „Torfverwendung in Kultursubstraten“ (-1,0 Mt. CO2-Äq.) und „Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme (-1,7 Mt. CO2-Äq.) in das KSP 2023 aufgenommen wurden, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Unabhängig davon stellen die von der Beklagten wiedergegebenen Ergebnisse der gutachterlichen Bewertung nicht die Grundlage für die Prognoseentscheidung der Bundesregierung bei der Beschlussfassung über die KSP 2023 dar. Hierzu hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nämlich erläutert, dass es bei der Bewertung der Wirkungsabschätzung zunächst – soweit möglich – eine Quantifizierung der Einzelmaßnahmen gab. Dann sei der Projektionsbericht 2023 erstellt worden und weil dieser in einigen Bereichen methodisch umfassender gewesen sei, habe man diesen dann zur Grundlage der Bewertung genommen. Dies wird durch die Stellungnahme des Expertenrats für Klimafragen zum Entwurf des KSP 2023 bestätigt. Danach bildet der Entwurf des Projektionsberichts 2023 die Grundlage der Prüfung der THG-Minderung des Maßnahmenbündels im Klimaschutzprogramm 2023 für alle Sektoren außer für den Verkehrssektor (Seite 12 unten).

Im Projektionsbericht 2023 heißt es bezogen auf die Zieljahre 2030, 2040 und 2045:

Die Nettobilanz des Sektors LULUCF beträgt im MMS im Jahr 2030 -17,7 Mio.t CO2-Äq., 2040 liegt sie bei -18,1 Mio. t CO2-Äq. und 2045 bei -17 Mio. t CO2-Äq. Im MWMS beträgt die Nettobilanz im Jahr 2030 -20,8 Mio. t CO2-Äq., 2040 liegt sie bei -23,9 Mio. t CO2-Äq. und 2045 bei -21,6 Mio. t CO2-Äq.“ Die im KSG für den LULUCF-Sektor festgelegten Zielwerte für 2030 von -25 Mt. CO2-Äq. (Mittelwert der jährlichen Emissionsbilanzen des jeweiligen Zieljahres und der drei vorhergehenden Kalenderjahre), für 2040 von -35 Mt. CO2-Äq. und für 2045 von -40 Mt. CO2-Äq. würden, trotz der vergleichsweise optimistischen Annahmen zur Entwicklung der Waldsenke und zum Moorbodenschutz, in beiden Szenarien nicht erreicht. Zudem sei davon auszugehen, dass sich aufgrund von methodischen Änderungen (z.B. Berücksichtigung von Methanemissionen aus künstlichen Gewässern) die Lücke zu den in absoluten Zahlen festgelegten Zielen des KSG auf Basis neuer Emissionsdaten entsprechend vergrößern werde (BT-Drs. 20/8455, Seite 234).

In der Stellungnahme des Expertenrates für Klimafragen zum Entwurf des KSP 2023wird hinsichtlich der im Projektionsbericht 2023 prognostizierten Zielverfehlung für das Jahr 2030 um ca. 4,2 Mt. CO2-Äq. (MWMS) darauf hingewiesen, dass diese Verfehlung noch nicht rezente Anpassungen aus der Nationalen Inventarberichterstattung enthalte, die den Sektor für das Ausgangsjahr der Modellierung (2020) in der Nettobilanz statt als Senke bereits als Quelle (4,2 Mt. CO2-Äq.) ausweise. Dies liege mitunter an der Anpassung von Emissionsfaktoren, einer zusätzlichen Quellgruppe (künstliche Gewässer) und aktualisierten Daten zum Holzeinschlag, die für das Jahr 2020 eine nachträgliche Korrektur von 14,9 Mt. CO2-Äq. nach oben bedingten. Folglich sei eine deutlich ausgeprägtere Zielverfehlung zu erwarten (vgl. Fußnote 18 auf Seite 18).

Der jüngste Bericht des Umweltbundesamtes vom März 2024 „Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt“ bestätigt die negativen Projektionen. Er geht davon aus, dass der LULUCF-Sektor seine Senkenziele im Jahr 2030 um 23,7 Mt. CO2-Äq. (Ziel: -25 Mt. CO2-Äq.), im Jahr 2040 um 34,8 Mt. CO2-Äq. (Ziel: -35 Mt. CO2-Äq.) und im Jahr 2045 um 41,6 Mt. CO2-Äq. (Ziel: -40 Mt. CO2-Äq.) verfehlen werde. Statt notwendige Senkenleistungen zum Erreichen der Treibhausgas-Neutralität in 2045 und Netto-Negativemissionen danach aufzubauen, bewege sich der Sektor nur zwischen den projizierten Jahren 2027 und 2030 bis 2042 im Bereich einer Senke. In den übrigen Jahren stelle er eine Quelle dar. Im MMS habe der Schutz von Moorböden, die Reduzierung der Torfverwendung in Kultursubstraten und die Honorierung der Ökosystemleistung des Waldes Klimaschutzwirkungen. Einige auf dem Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz (ANK) basierende Instrumente hätten zum Stichtag Oktober 2023 nicht hinreichend konkretisiert vorgelegen und seien deshalb nicht berücksichtigt worden. Ein maßgeblicher Grund für die Abweichung zum Projektionsbericht 2023 seien Methoden in der zugrunde liegenden Inventarberichterstattung. Mit der Submission 2023, auf der die Projektionsdaten 2024 aufsetzten, seien unter anderem neue Landnutzungssubkategorien berücksichtigt worden. So seien erstmals Methanemissionen aus künstlichen Gewässern, z. B. Fischteiche, berichtet worden. Diese seien in der Submission 2022, die für den Projektionsbericht 2023 verwendet worden sei, noch nicht enthalten (S. 21 f. des Berichts).

Soweit die Beklagte, insbesondere mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2023 vorträgt, dass eine Reihe der Maßnahmen nicht wissenschaftlich quantifizierbar seien, stellt dieser pauschale Vortrag die genannten Feststellungen nicht in Frage. Die Beklagte bemängelt, dass die im Projektionsbericht 2023 aufgezeigte Zielerreichungslücke zwar auf Grundlage des in diesem Bericht betrachteten Zeitpunkts methodisch korrekt erfolge, aber in der Sache mit Blick auf den aktuellen Sachstand nicht hinreichend belastbar sei, da der Bericht für die berücksichtigten Maßnahmen aus dem ANK auf überschlägige Annahmen zurückgreife und viele weitere Maßnahmen mit Minderungspotenzial unberücksichtigt lasse. Die Maßnahmen zeichneten sich dadurch aus, dass sie in hohem Maße in Synergie wirkten. Die Wirkungen dieser die Resilienz steigernden Maßnahmen seien jedoch oft – wenn überhaupt – erst zu einem späteren Zeitpunkt individuell quantifizierbar, was aber keinen Prognosemangel darstelle. Selbst wenn diese Einwendungen zutreffen sollten, sind sie doch nicht geeignet, die sich aus den vorliegenden Projektionen ergebenden sehr deutlichen Verfehlungen der Ziele des LULUCF-Sektors zu widerlegen. Die Beklagte legt nicht dar, dass und ggf. wann auf der Grundlage einer anderen Prognose davon auszugehen ist, dass die gesetzlichen Ziele erreicht werden. Dabei ist für die Frage, ob das KSP 2023 die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, nur auf die in das Programm aufgenommenen Maßnahmen für den LULUCF-Sektor abzustellen. Die Bundesregierung hat im Rahmen des KSP 2023 zwar auch das ANK, das Klimaschutz mit Naturschutz verbinde und mit einer Vielzahl von Maßnahmen dafür sorge, dass degradierte Ökosysteme wieder gesund, widerstandsfähig und vielfältig würden, als eine Maßnahme im Bereich LULUCF bezeichnet. Konkret wurden aber (nur) einzelne Maßnahmen aus diesem Programm angeführt, mit denen die Ziele nach § 3a Abs. 1 KSG erreicht werden sollen. Auch wenn das ANK von der Beklagten als „das wesentliche Instrument der Bundesregierung zum Erreichen der Ziele nach § 3a KSG“ gesehen wird, kann es bei der Prüfung, ob das KSP 2023 die Anforderungen des § 9 KSG erfüllt, nicht auf etwaige im KSP nicht konkret angeführte Maßnahmen ankommen. Das ANK, das nicht allein Klimaschutzziele verfolgt, ist – mit Ausnahme der in das KSP aufgenommenen Maßnahmen – nicht streitgegenständlich. Im Übrigen hat die Beklagte aber auch nicht dargelegt, dass und ggf. welche weiteren im ANK enthaltenen Maßnahmen prognostisch geeignet sein sollten, die schon aus dem Projektionsbericht 2023 ersichtliche Zielerreichungslücke zu schließen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Expertenrat für Klimafragen in seiner Stellungnahme zum Entwurf des KSP 2023, die in der mündlichen Verhandlung durch die stellvertretene Vorsitzende erläutert wurde, grundsätzlich bemängelt hat, dass im Projektionsbericht 2023 bereits mehr Maßnahmen enthalten seien als im KSP 2023. Aus Anhang 1 der Stellungnahme ergibt sich für die Maßnahmen im LULUCF-Sektor, dass im Projektionsbericht eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt sind, die entweder im KSP 2023 nicht enthalten sind oder bei denen nicht eindeutig ist, ob sie im KSP 2023 enthalten sind.

Aufgrund der genannten sachverständigen Projektionen ist der Senat im Ergebnis zu der Überzeugung gelangt, dass das Klimaschutzprogramm 2023 die gesetzlichen Vorgaben des § 3a KSG in Bezug auf den LULUCF-Sektor nicht einhält. Der Einwand der Beklagten, dass ein Anspruch des Klägers auf Änderung des KSG 2023 bereits deswegen nicht bestehe, weil sich die Bundesregierung im Rahmen des ANK zu einer regelmäßigen Kontrolle und einer ggfs. erforderlichen Nachsteuerung der Maßnahmen des LULUCF-Sektors bekannt habe, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Im KSP 2023 sind für den LULUCF-Sektor Maßnahmen aufgeführt, die aus dem ANK stammen, darunter auch die Maßnahme „Verbessertes THG-Monitoring und Berichterstattung“. Dieser Mechanismus ändert aber nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung die ausgewählten Maßnahmen nicht ausreichend waren, um die in § 3a Abs. 1 KSG vorgegeben Ziele zu erreichen.

cc. Die Auffassung des Klägers, dass die Prognose zudem fehlerhaft sei, weil die im KSP 2023 für den LULUCF-Sektor aufgenommen Maßnahmen auf unrealistischen Annahmen beruhten, da sich bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das KSP abgezeichnet habe, dass der 2. Nachtragshaushalt 2021 einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht standhalten werde, teilt der Senat nicht. Der Kläger träg hierzu vor, dass die Bundesregierung schon bei Beschluss des KSP 2023 vorsorgliche Vorkehrungen zur Finanzierbarkeit der Maßnahmen hätte treffen müssen, weil in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2022 – 2 BvF 1/22 – das Gericht auf die rechtlichen Schwächen des 2. Nachtragshaushalts hingewiesen habe. In diesem Eilbeschluss hat das Bundesverfassungsgericht zwar ausgeführt, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Zuführung von Kreditermächtigungen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) und die Verabschiedung des maßgeblichen Gesetzes erst im Jahr 2022 zu beanstanden sei; eine summarische Prüfung hat das Gericht aber weder für erforderlich gehalten noch durchgeführt. Davon ausgehend musste dieser Beschluss noch keine derart gewichtigen Zweifel an der Realisierbarkeit aller oder ganz bestimmter aus den Mitteln des KTF zu finanzierender Maßnahmen begründen, dass sie deren Aufnahme in das Klimaschutzprogramm ausgeschlossen hätten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es selbst nach einer entsprechenden Hauptsacheentscheidung Sache des Haushaltsgesetzgebers und seiner Prioritätensetzung ist, wie er mit den Folgen der Verfassungswidrigkeit des 2. Nachtragshaushaltsgesetzes umgeht und ob er die Mittel, die für die im Klimaschutzprogramm 2023 aufgenommenen Maßnahmen benötigt werden, ggf. auf andere Weise zur Verfügung stellt.

dd. Da nach alledem der Kläger bereits deswegen einen Anspruch auf Änderung des KSP 2023 hat, weil die darin enthaltenen Maßnahmen bereits zum Zeitpunkt des Beschlusses nicht geeignet waren, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger auch – wie er meint – einen Anspruch auf Fortschreibung des Klimaschutzprogramms bei der „Änderung wesentlicher Tatsachen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht“ hat.

3. Auch die Voraussetzung des § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG steht der Begründetheit der vorliegenden Klage nicht entgegen. Für die Begründetheitsprüfung einer Umweltverbandsklage auf Fortschreibung oder Änderung eines Klimaschutzprogramms ist nicht das tatsächliche Bestehen einer Pflicht zu einer strategischen Umweltprüfung (SUP) Voraussetzung. Der die gerichtliche Überprüfung von Plänen und Programmen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG vom tatsächlichen Bestehen einer SUP-Pflicht abhängig machende § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG muss aus europarechtlichen Gründen unangewendet bleiben.

4. Sind damit die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, ist die Bundesregierung zur Änderung des Klimaschutzprogramms 2023 zu verurteilen. Der Bestimmtheit des stattgebenden Urteils wird, wie oben erläutert, dadurch Rechnung getragen, dass im Urteil verbindliche Vorgaben gemacht werden, die die Bundesregierung bei einem Beschluss über ein Klimaschutzprogramm zu beachten hat. Diese Verbindlichkeit wird – im Sinne eines Bescheidungsurteils – durch die Formulierung „unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts“ im Tenor hergestellt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt für die allgemeine Leistungsklage § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechend (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2023 - 5 C 11.21 – juris, Rn. 38). Die aufgrund der in dieser Vorschrift angeordneten Bindung an die dem Urteilsausspruch zugrunde liegende Rechtsauffassung ist auch in ggfs. folgenden (Vollstreckungs-)Verfahren beachtlich. Im Einzelnen:

a. Die Bundesregierung ist zu einer Änderung des KSP 2023 verpflichtet. Die Maßnahmen für den LULUC-Sektor müssen prognostisch geeignet sein, die in § 3a Abs. 1 KSG festgesetzten Ziele zu erreichen. Diese Prognoseentscheidung muss, wie ausgeführt, methodisch einwandfrei erarbeitet worden sein, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und das Prognoseergebnis muss einleuchtend begründet werden.

b. Der Änderungsbeschluss unterliegt im vorliegenden Fall denselben Regelungen wie der erstmalige Beschluss über das Klimaschutzprogramm. Daher sind nach § 9 Abs. 2 Satz 3 und 4 KSG den Maßnahmenvorschlägen für den LULUCF-Sektor nicht nur wissenschaftliche Abschätzungen zu den voraussichtlichen THG-Minderungswirkungen, sondern auch wissenschaftliche Abschätzungen zu den möglichen ökonomischen, sozialen und weiteren ökologischen Folgen beizufügen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 5 KSG ermittelt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (jetzt: Wirtschaft und Klimaschutz) die voraussichtliche Treibhausgasminderungswirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Sowohl die Abschätzung der THG-Minderungswirkung als auch die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen müssen bereits nach der gesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 KSG wissenschaftlichen Maßstäben genügen und somit eine plausible und zuverlässige Aussage über die Minderungswirkung der im Klimaschutzprogramm enthaltenen Einzelmaßnahmen und der Gesamtwirkung ermöglichen.

Darüber hinaus enthält das KSG keine näheren Anforderungen an die aufzunehmenden Maßnahmen. Soweit der Kläger abstrakte Maßstäbe für die Eignung der ins Klimaschutzprogramm aufzunehmenden Maßnahmen formuliert hat, insbesondere in Bezug auf die Konkretheit von Maßnahmen, einen zeitlichen Umsetzungsplan und die Finanzierbarkeit der Maßnahmen (vgl. Schriftsatz vom 20. November 2023), finden diese Maßstäbe im Gesetz keine Stütze. Mangels entsprechender gesetzlicher Anknüpfungspunkte leiten sich die vom Kläger formulierten Anforderungen an die Eignung von Maßnahmen auch nicht aus der Bedeutung der Ergebnisverpflichtung auf die Klimaschutzziele ab (vgl. insoweit ablehnend bei Prognosen bei Luftreinehalteplänen BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2020 – 7 C 3/19 - juris, Rn. 43).

c. Die Bundesregierung wird bei ihrem Änderungsbeschluss berücksichtigen müssen, dass das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz ein gesondertes Programm ist und es sich aus dem KSP klar ergeben muss, welche Maßnahmen der Prognoseentscheidung zur Erreichung der Ziele des § 3a KSG konkret zu Grunde gelegt werden (vgl. insoweit auch die vom Expertenrat für Klimafragen in der Stellungnahme zum Entwurf des KSP 2023 (vom 22. August 2023, Stand: 15. September 2023) in Anhang 1 aufgezeigten Abweichungen und Unklarheiten).

Zudem muss die nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 KSG auch für den Änderungsbeschluss einzuholende Stellungnahme des Expertenrates berücksichtigt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Klimaschutzgesetz (a.a.O. Rn. 229) ausgeführt, dass bei Bestehen wissenschaftlicher Ungewissheit über umweltrelevante Ursachenzusammenhänge Art. 20a GG den Entscheidungen des Gesetzgebers – zumal solchen mit unumkehrbaren Folgen für die Umwelt – Grenzen setze und ihm eine besondere Sorgfaltspflicht auferlege, deren Ausdruck jedenfalls sei, dass er belastbare Hinweise auf die Möglichkeit gravierender oder irreversibler Beeinträchtigungen – jedenfalls in Ansehung ihrer Belastbarkeit – berücksichtigen müsse. Davon ausgehend muss nach Auffassung des Senats die Bundesregierung die Prüfergebnisse des vom Gesetzgeber u.a. hierfür eingesetzten Expertenrates bei der Entscheidung über Maßnahmen eines für die Erreichung der nationalen Klimaziele des § 3 KSG zu erstellenden Klimaschutzprogramms angemessen berücksichtigen. Soweit die Prüfung des Expertenrates methodische Mängel bei der Ermittlung der dem Beschlussvorschlag zugrunde gelegten THG-Minderungswirkung feststellt oder tatsächliche Annahmen im Hinblick auf die Realisierungswahrscheinlichkeit der Minderungswirkung in Frage stellt, begründet dies nach Auffassung des Senats mindestens eine gesteigerte, nachvollziehbar begründete Einwände berücksichtigende Begründungspflicht der Bundesregierung.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auch bei auf die Vornahme hoheitlichen Handelns gerichteten Urteilen aufgrund von Leistungsklagen entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO auf die Kosten beschränkt (vgl. ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 29. November 2019 – 1 E 23/18 – juris, Rn. 299; vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss vom 3. November 2011 – 6 S 2904/11 – juris, Rn. 11 ff. mit ausführlicher Begründung)

D. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Frage der Zulässigkeit einer Umweltverbandsklage nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG wegen eines Klimaschutzprogramms gemäß § 9 KSG sowie die Auslegung des § 9 KSG grundsätzlich bedeutsam sind. Dies gilt auch mit Hinblick darauf, dass der Bundestag eine Änderung des § 9 KSG beschlossen hat. Auch wenn diese Änderung in Kraft treten sollte, besteht die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 4 KSG fort, wonach die Bundesregierung im Klimaschutzprogramm festlegt, welche Maßnahmen sie zur Erreichung der Ziele nach § 3a ergreifen wird. Die Entscheidung, ob die Ziele nach § 3a Abs. 1 KSG für die Bundesregierung verbindlich sind, wenn sie ein Klimaschutzprogramm beschließt, ist daher (weiterhin) von grundsätzlicher Bedeutung.