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Entscheidung 12 U 93/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 12. Zivilsenat Entscheidungsdatum 12.09.2024
Aktenzeichen 12 U 93/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0912.12U93.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.04.2023 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 6 O 125/22, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 25.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerinnen nehmen die Beklagte darauf in Anspruch, den zuständigen Notar anzuweisen, die Umschreibung des Eigentums an der von ihnen erworbenen Eigentumswohnung Nr. … einer Wohnungseigentumsanlage in der (Straße) in (Ort) auf sie, die Klägerinnen, zu bewilligen und zu beantragen. Die Parteien streiten darüber, ob ein Anspruch der Klägerinnen auf Eigentumsübertragung besteht, obwohl sie einen Betrag von 21.751,50 € (8,5 % des vereinbarten Kaufpreises von 255.900,00 €) im Hinblick auf Mängel des Gemeinschaftseigentums bislang nicht gezahlt haben. Die Klägerinnen haben ihr Sondereigentum abgenommen, hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums eine Abnahme indes nicht erklärt. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 26.04.2023 verkündetem Urteil hat das Landgericht sein Versäumnisurteil vom 12.09.2022 aufrechterhalten, mit dem es die Beklagte verurteilt hat, den Notar …, ersatzweise dessen Vertreter, anzuweisen, die Umschreibung des Eigentums an der in der Urkunde des Notars zur Urkundenrollen-Nr. … aufgeführten Eigentumswohnung auf die Klägerinnen selbst zu bewilligen und zu beantragen oder durch die in § 14 der Urkunde Bevollmächtigten bewilligen und beantragen zu lassen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerinnen könnten die Übereignung des Vertragsobjektes verlangen, ohne zugleich die Zahlung des Restkaufpreises anbieten zu müssen, da sich das Bestehen der Beklagten auf vollständige Kaufpreiszahlung vor Eigentumsübertragung als treuwidrig darstelle und daher kein Recht der Beklagten bestehe, die Zustimmung zur Übertragung zu verweigern. Die lediglich Zug um Zug gegen Zahlung der Vergütung vorgesehene Eigentumsübertragung könne dann nicht verweigert werden, wenn die Verweigerung sich nach den Umständen, insbesondere wegen einer verhältnismäßigen Geringfügigkeit des rückständigen Teils, als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen würde. Dies könne etwa der Fall sein, wenn der zurückgehaltene Teil des Werklohnes lediglich das zweifache der Kosten für die Beseitigung vorhandener Mängel erreiche, da es in der Hand des Auftragnehmers liege, diese Mängel zu beseitigen. Bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum seien insoweit die Gesamtkosten der Mangelbeseitigung zu berücksichtigen und nicht lediglich der auf den Miteigentumsanteil der Auftraggeber entfallende quotale Anteil. Vorliegend sei unerheblich, dass mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums ein Zurückbehaltungsrecht möglicherweise nicht aus § 641 Abs. 1 BGB abgeleitet werden könne, da die Mangelbeseitigung auch im Rahmen des Vertragserfüllungsanspruchs geltend gemacht werden könne. Die Mängel ergäben sich hier aus dem von den Klägerinnen vorgelegten Parteigutachten vom 22.02.2021. Dieses sei von den Klägerinnen zum Gegenstand ihres Parteivortrages gemacht worden, worauf das Gericht die Beklagte zuletzt im Termin am 15.02.2023 hingewiesen habe. Die Beklagte sei den Darstellungen im Gutachten nicht konkret entgegengetreten, sodass die aufgeführten Mängel als unstreitig zu behandeln seien. Selbst bei einer Beschränkung auf die Mängel, hinsichtlich derer in dem Gutachten konkrete Feststellungen getroffen worden seien, etwa in Bezug auf Schimmel im Dachbereich sowie Risse und Unzulänglichkeiten bei Abdichtungsarbeiten, sei unter Berücksichtigung von Mehrwertsteuer, Architektenkosten und Preissteigerungen mit Kosten für die mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums in deutlich sechsstelliger Höhe zu rechnen. Auch befinde sich die Beklagte bereits seit beträchtlicher Zeit in Leistungsverzug, da der vereinbarte Termin für die Fertigstellung (Mitte 2019) bereits seit mehr als 3 Jahren verstrichen sei. Nach allem sei der nicht gezahlte Kaufpreisanteil von 8,5 % geringfügig im vorgenannten Sinne. Dabei könne dahinstehen, inwieweit die Klägerinnen nach den vertraglich getroffenen Regelungen unabhängig vom Vorliegen von Mängeln zur Zurückbehaltung eines Kaufpreisanteils i. H. v. 5 % berechtigt seien. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 28.04.2023 zugestellte Urteil mit am 22.05.2023 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Fristverlängerung bis zum 17.07.2023 mit am 14.07.2023 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben und die Abwägung des Interesses der Klägerinnen auf Eigentumsübertragung gegenüber ihrem Interesse auf vollständige Bezahlung fehlerhaft vorgenommen. Es habe unberücksichtigt gelassen, dass das Sondereigentum der Klägerinnen mangelfrei erstellt worden sei. Die Mängel am Gemeinschaftseigentum seien lediglich behauptet, nicht aber nachgewiesen worden. Ohnehin stünden den Klägerinnen Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum nicht zu. Solche Ansprüche seien von der Eigentümergemeinschaft geltend zu machen. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Mängel am Gemeinschaftseigentum lediglich in einem im Auftrag von Dritten erstellten Privatgutachten aufgeführt würden, das auf den 22.02.2021 datiert sei – allerdings auf Ortsbesichtigungen etwa vom 18.10.2021 Bezug nehme – und offenlasse, auf welchen Bautenstand abgestellt werde. So ergebe sich aus dem Gutachten, das zudem nicht vollständig vorgelegt worden sei, dass es vor Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums eingeholt worden sei. Zudem betreffe es primär Mängel am Sondereigentum Dritter, die vorliegend nicht relevant seien. Unzulässig sei ferner die pauschale Bezugnahme der Klägerin auf das Gutachten ohne Darlegung, welche Mängel geltend gemacht würden, und ohne Angabe zum Stand der Mangelbeseitigungsarbeiten. Schon von daher könne zu den vermeintlichen Mängeln nicht Stellung genommen werden. Es sei erstinstanzlich auch darauf hingewiesen worden, dass der Vortrag der Klägerin wegen der pauschalen Bezugnahme auf Anlagen nicht einlassungsfähig sei. Gleichwohl habe sie, die Beklagte, erstinstanzlich den Inhalt des Parteigutachtens gerade im Hinblick auf die völlig überzogene Schätzung der Sanierungskosten auf über 460.000,00 € bestritten und gegenbeweislich ein gerichtliches Sachverständigengutachten angeboten. Diesen Antrag habe das Landgericht verfahrensfehlerhaft übergangen. Jedenfalls hätte auf Antrag der Klägerinnen das von diesen angebotene Sachverständigengutachten zu der Behauptung, die Beseitigung der Mängel am Gemeinschaftseigentum erfordere Sanierungskosten i. H. v. 462.469,70 €, eingeholt werden müssen. In diesem Fall wäre festgestellt worden, dass allenfalls minimale Mängel am Gemeinschaftseigentum vorlägen, die keinesfalls einen Einbehalt in der vorgenommenen Größenordnung rechtfertigten. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergebe sich auch nicht, dass das Landgericht darauf hingewiesen habe, dass es das Gutachten als Sachvortrag ausreichen lassen wolle, wie im Urteil festgehalten. Insoweit stelle die Vorgehensweise des Landgerichtes eine Überraschungsentscheidung und eine Gehörsverletzung dar. Das Landgericht vermute zudem lediglich, dass Kosten für eine Mangelbeseitigung in sechsstelliger Höhe anfallen würden. Eine substantiierte Grundlage für diese Auffassung bestehe nicht. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes habe sie, die Beklagte, sich ferner nicht in Verzug mit der Herstellung der Vertragsleistung befunden. Wie das Landgericht im Tatbestand festgehalten habe, betreffe der vorgesehene Fertigstellungstermin - der 30.06.2019 - nicht die Außenanlagen sowie einige weitere Teilleistungen. Schon deshalb könne hinsichtlich der Mängel am Gemeinschaftseigentum ein Leistungsverzug nicht angenommen werden.

Die Beklagte beantragt,

1. das am 26.04.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az. 6 O 125/22, abzuändern und

2. die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das Verfahren zur erneuten Entscheidung in die erste Instanz zurückzuverweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerinnen beziehen sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten und verteidigen das landgerichtliche Urteil. Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass die Verweigerung der Eigentumsumschreibung treuwidrig sei. Dabei komme es nicht auf einen Leistungsverzug der Beklagten an, jedenfalls könne diese weitere Zahlungen schon deshalb nicht verlangen, weil der bislang erreichte Leistungsstand durch die erfolgten Zahlungen bereits ausgeglichen sei. Zudem befinde sich die Beklagte mit der Fertigstellung des Gemeinschaftseigentums in Verzug, da eine Fertigstellung innerhalb einer angemessenen und üblichen Bauzeit geschuldet werde. Ein solcher Zeitraum sei hier am 31.12.2019, spätestens aber am 30.06.2020 abgelaufen. Jedenfalls durch das Schreiben vom 11.04.2022 sei die Beklagte in Verzug gesetzt worden. Vorliegend hätten sie, die Klägerinnen, sich auch auf das Parteigutachten vom 22.02.2022 stützen können. Es handele sich nicht um unübersichtliche Anlagen, sondern um ein mit Inhaltsverzeichnis versehenes gegliedertes Werk. Das Landgericht habe zudem im Termin einen Hinweis erteilt, dass es die Bezugnahme für ausreichend erachte. Dass diese Auffassung des Landgerichtes Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sei, ergebe sich auch aus dem sonstigen Inhalt des Protokolls, insbesondere aus dem Schriftsatzantrag der Beklagten, unter anderem zu den eingereichten Anlagen Stellung nehmen zu dürfen. Allerdings sei eine inhaltliche Stellungnahme der Beklagten nicht erfolgt. Da eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht erfolgt sei, sei die Darlegung der Mangelfreiheit und deren Nachweis Sache der Beklagten, die jedoch zu den einzelnen Mängeln und den vorgetragenen Beseitigungskosten sowie auch zu etwaigen Veränderungen seit der Begehung des Objektes durch den Gutachter nicht substantiiert vorgetragen und auch keinen Beweis angetreten habe.

II.

1.    Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe die Abwägung des Interesses der Klägerinnen an der Eigentumsübertragung gegenüber ihrem Interesse auf vollständige Bezahlung falsch vorgenommen und insoweit fehlerhaft behauptete Mängel am Gemeinschaftseigentum einbezogen, obwohl diese schon nicht in ordnungsgemäßer Weise in den Rechtsstreit eingeführt worden seien und daher nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Die Beklagte macht damit einen Rechtsfehler geltend, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

2.    In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

a)    Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte gegen das ihr am 16.09.2022 zugestellte Versäumnisurteil des Landgerichtes vom 12.09.2022 durch den am 23.09.2022 beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, sodass der Rechtsstreit in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt worden ist, § 342 ZPO.

b)    Das Landgericht hat zu Recht das Bestehen eines Anspruchs der Klägerinnen gegen die Beklagte aus § 433 Abs. 1 BGB i. V. m. § 5 Ziffer 1 des notariellen Kaufvertrages vom 11.05.2018 auf Übereignung der von den Klägerinnen erworbenen Eigentumswohnung und damit zugleich einen Anspruch der Klägerinnen gegen die Beklagte bejaht, die zur Umsetzung der Übereignung und damit auch der Eigentumsumschreibung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, die im Tenor des Versäumnisurteils zutreffend aufgeführt sind, insbesondere den insoweit beauftragten Notar … zur Bewilligung der Eigentumsumschreibung und zur Stellung des Eintragungsantrages beim zuständigen Amtsgericht - Grundbuchamt - anzuweisen. Dabei beurteilt sich die Grundstücksübereignungspflicht beim Bauträgervertrag nach Kaufvertragsrecht; auch wird die Fälligkeit des grundsätzlich mit dem Abschluss eines wirksamen Grundstückskaufvertrages entstehenden Auflassungsanspruchs in aller Regel von der Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht (BGH BauR 2024, S. 705, Rn. 14; BauR 2006, S. 1464, Rn. 12; KG ZMR 2023, S. 417, Rn. 23). Auch vorliegend haben die Parteien vereinbart, die Eigentumsübertragung am Vertragsobjekt habe Zug um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Kaufpreises zu erfolgen. Insoweit ergibt sich aus § 5 Ziffer 1 der Vertragsurkunde, dass der Antrag zur Eigentumsumschreibung vom Notar zu stellen ist, wenn die Beklagte diesem den Eingang des Kaufpreises schriftlich bestätigt oder die Klägerinnen die Zahlung des Kaufpreises auf andere Weise nachgewiesen haben.

Vorliegend besteht der Anspruch der Klägerinnen auf Übereignung des Vertragsgegenstandes und damit auf Eigentumsumschreibung, obwohl die vertraglich vorgesehene Voraussetzung für die Fälligkeit der Übereignung des Vertragsgegenstandes unstreitig nicht erfüllt ist, da die Klägerinnen einen Teilbetrag von 8,5 % des Kaufpreises i. H. v. 21.751,50 € nicht bezahlt haben, diesen vielmehr wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum zurückhalten.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes wegen der nicht vollständigen Bezahlung des Kaufpreises und die entsprechende Verweigerung der Übereignung des Vertragsgegenstandes gemäß § 320 Abs. 2 BGB gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wobei eine Verletzung des Grundsatzes des § 242 BGB insbesondere in Betracht kommt, wenn ein verhältnismäßig geringfügiger Teil des Kaufpreises zurückgehalten wird und dem Käufer insoweit seinerseits ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln des Vertragsgegenstandes zusteht (OLG Hamburg, Urteil vom 17.04.2015, Az. 9 U 35/14, Rn. 90 f; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2016, Az. 19 U 108/14, Rn. 32; jeweils veröffentlicht in juris; OLG München BauR 2008, S. 1011, Rn. 7; Koeble in Knifka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 10, Rn. 267). Dabei kann auch bei Zurückhalten eines Betrages von 8,5 % des Kaufpreises noch eine Geringfügigkeit des Einbehalts gegeben sein; darüber hinaus sind auch die weiteren Umstände des Einzelfalles bei der Feststellung eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen (OLG Hamburg, a. a. O., Rn. 91, 93; KG ZMR 2023, S. 417, Rn. 26 f). Ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln kann der Erwerber zudem schon dann geltend machen, wenn sich die Mängelansprüche noch im Nacherfüllungsstadium befinden, wobei das Zurückbehaltungsrecht grundsätzlich in Höhe des Zweifachen der Mangelbeseitigungskosten besteht, § 641 Abs. 3 BGB (Koeble, a. a. O., Rn. 268). Vor der Abnahme bestehen der Anspruch des Vertragspartners des Bauträgers auf vereinbarungsgemäße Herstellung des Vertragsgegenstandes bzw. die Ansprüche des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (Koeble, a. a. O., Rn. 456). Zugleich findet § 641 Abs. 3 BGB über § 632 a Abs. 1 S. 2 BGB auch auf die vor Abnahme geforderten Abschlagszahlungen Anwendung, ist mithin auch vor Abnahme anwendbar (Manteufel in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 2985). Beweisbelastet für die Mangelfreiheit und für die Höhe der Mangelbeseitigungskosten ist der Auftragnehmer, § 632a Abs. 1 S. 3 BGB (vgl. Manteufel, a. a. O., Rn. 2986). Dabei ist die Regelung des § 632a BGB grundsätzlich auch auf den Bauträgervertrag anwendbar, § 650u Abs. 1 S. 1 BGB (Mundt in BeckOKG, Stand 01.07.2024, § 632a BGB, Rn. 9). Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Käufer zudem wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen (BGH BauR 1998, S. 700, Rn. 26; OLG Karlsruhe BauR 2019, S. 266, Rn. 423 f; OLG Düsseldorf BauR 2010, S. 1236, Rn. 19; OLG München a. a. O., Rn. 8; Koeble, a. a. O., Rn. 501; Manteufel, a. a. O., Rn. 449; vgl. auch BGH BauR 2002, S. 81, Rn. 15 f). Dies gilt selbst dann, wenn zwischenzeitlich die Eigentümergemeinschaft – anders als vorliegend - wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum einen Kostenvorschuss gerichtlich geltend macht, da das Zurückbehaltungsrecht gerade keine Forderung nach Leistungserbringung darstellt und damit nicht mit der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen durch die Eigentümergemeinschaft kollidiert (OLG München, a. a. O.). Der Senat folgt auch nicht der Auffassung, das Zurückbehaltungsrecht stehe dem Erwerber nur in Höhe seiner Miteigentumsquote zu (so Koeble, a. a. O.). Mit der herrschenden Meinung ist vielmehr darauf abzustellen, ob die von verschiedenen Wohnungseigentümern geltend gemachten Leistungsverweigerungsrechte in ihrer Addition die Höhe der Mangelbeseitigungskosten unter Berücksichtigung des Druckzuschlages übersteigen (so BGH BauR 1998, a. a. O.; OLG Düsseldorf a. a. O.; Manteufel, a. a. O.), denn sonst stünde der Auftragnehmer besser als bei einem Gesamtverkauf an einen einzelnen Erwerber, der ebenfalls die gesamten Mangelbeseitigungskosten einschließlich Druckzuschlag bei der Bestimmung der Höhe des Zurückbehaltungsrechtes in Ansatz bringen kann.

Zutreffend hat das Landgericht in der Verweigerung der Übereignung des Vertragsgegenstandes durch die Beklagte einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gesehen. Dabei steht der Annahme, es werde nur ein vergleichsweise geringfügiger Teil der Werklohnforderung zurückgehalten, nach den obigen Ausführungen nicht entgegen, dass die Klägerinnen 8,5 % des Kaufpreises i. H. v. 21.751,50 € nicht bezahlt haben. Ebenso können die Klägerinnen das Zurückbehaltungsrecht gegenüber den wegen der fehlenden Abnahme des Gemeinschaftseigentums allein in Betracht kommenden Abschlagsforderungen der Beklagten trotz des Fehlens der Abnahme wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum ausüben. Es ist insoweit Aufgabe der Beklagten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die gerügten Mängel am Gemeinschaftseigentum nicht vorliegen, die Mangelbeseitigungskosten unter Berücksichtigung des Druckzuschlages nicht das Zweifache des offenen Restwerklohnbetrages erreichen bzw. aus anderen Gründen die Mängelbeseitigungskosten nicht in voller Höhe zu berücksichtigen sind, etwa weil bereits andere Wohnungseigentümer wegen der gleichen Mängel Zurückbehaltungsrechte geltend machen. Eine Abänderung der Beweislast, wie von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochen, dahingehend, dass vorliegend die Klägerinnen die Mängel der Leistung der Beklagten beweisen müssten, widerspricht den Grundsätzen des insoweit maßgeblichen Werkvertragsrechts, dass bis zur Abnahme der Auftragnehmer die Mangelfreiheit seiner Leistung zu beweisen hat, sowie der vorstehend zitierten Beweislastregelung in § 632a Abs. 1 S. 3 BGB und ist daher nicht veranlasst.

Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Klägerinnen Mängel des Gemeinschaftseigentums auch hinreichend substantiiert dargetan. Bereits in der Klageschrift haben die Klägerinnen vorgetragen, dass sich das Vorliegen von Mängeln aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 22.02.2021 ergibt. Dabei weist das Gutachten hinsichtlich der Datierung einen offensichtlichen Schreibfehler auf. Es stammt tatsächlich vom 22.02.2022, wie bereits das Landgericht im Tatbestand des Urteils festgehalten hat. Bereits aus den Daten der Ortstermine ergibt sich, dass das Gutachten nicht vom 22.02.2021 stammen kann. Die Ortstermine haben unstreitig - unter Beteiligung einer Vertreterin der Beklagten - erst am 18.10. und 29.11.2021 stattgefunden. Zudem ist das Gutachten auf der letzten Seite ausdrücklich auf den 22.02.2022 datiert. Die von der Beklagten gerügten Unklarheiten des Gutachtens in dieser Hinsicht bestehen dementsprechend nicht.

Der Verweis der Klägerinnen auf das Gutachten war auch hinreichend, um die dort aufgeführten Mängel am Gemeinschaftseigentum in den Rechtsstreit einzuführen. So ist die Bezugnahme auf beigefügte Schriftstücke zulässig, solange der Schriftsatz aus sich heraus verständlich bleibt und substantiiert auf die jeweilige Anlage verwiesen wird; das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich den Tatsachenvortrag aus umfangreichen Anlagen selbst herauszusuchen (BGH NJW 2008, S. 69, Rn. 25; Greger in Zöller, ZPO, Kommentar, 35. Aufl., § 129, Rn. 6). Hier haben die Klägerinnen auf Seite 6 der Klageschrift insbesondere auf die Seiten 35 bis 43 des Gutachtens mit der dort vorhandenen Kostenschätzung des Sachverständigen zur Mangelbeseitigung verwiesen und angegeben, die anfallenden Sanierungskosten, also die Mangelbeseitigungskosten, seien mit 462.469,70 € anzusetzen. Bereits hierdurch haben die Klägerinnen Mängel an den Gemeinschaftsanlagen hinreichend vorgetragen, ohne dass es auf die weiteren Ausführungen im Gutachten ankommt. Auf den genannten Seiten des Gutachtens findet sich eine Aufstellung von 154 Einzelmängeln, die stichwortartig bezeichnet werden, die Angabe, an welchen Gebäuden der Wohnanlage die Mängel vorhanden sind und die Höhe der geschätzten Mangelbeseitigungskosten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung (Bl. 66 ff Anlagenheft Kläger LG) Bezug genommen. Die Summe der Mangelbeseitigungskosten in der Aufstellung beträgt 353.300,00 € netto, wobei der Sachverständige zur Mangelbeseitigung Architekten- und Ingenieurleistungen mit 10 % aufschlägt. Unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer ergibt sich der von den Klägerinnen vorgetragene Gesamtbetrag i. H. v. 462.469,70 €. Unschädlich ist es dementsprechend, dass weitere konkrete Bezugnahmen in den Schriftsätzen der Klägerinnen auf einzelne Mängel nicht erfolgt sind. Vielmehr wäre es Sache der für die Mangelfreiheit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gewesen, sich mit den einzelnen Mangelbehauptungen substantiiert auseinanderzusetzen und etwa vorzutragen, dass es sich nicht um Mängel am Gemeinschaftseigentum handelt, die Mängel nicht vorlagen oder zwischenzeitlich beseitigt wurden oder dass die behaupteten Mängelbeseitigungskosten übersetzt sind. Mangels entsprechender substantiierter Darlegungen der Beklagten, die auf die einzelnen Mängel nicht eingeht, ist vom Vortrag der Klägerinnen hinsichtlich des Vorliegens entsprechender Mängel am Gemeinschaftseigentum und der Höhe der anzusetzenden Mangelbeseitigungskosten auszugehen, mithin von Mängeln am Gemeinschaftseigentum, die - zumal unter Berücksichtigung des Druckzuschlages - die noch offene Kaufpreisforderung der Beklagten erheblich übersteigen. Ebenso fehlt es an jeglichem Vortrag der Beklagten dazu, dass bereits andere Wohnungseigentümer Zurückbehaltungsrechte wegen der aufgeführten Mängel geltend gemacht haben, die die Mangelbeseitigungskosten unter Berücksichtigung des Druckzuschlages übersteigen.

Mangels hinreichenden Vortrags der Beklagten zu den einzelnen Mängeln kam auch die Einholung des von ihr angebotenen Sachverständigengutachtens nicht in Betracht. Die Beklagte hat weder hinsichtlich konkreter Mängel vorgetragen, dass diese zu keinem Zeitpunkt bestanden haben, noch dass zwischenzeitlich weitere Arbeiten am Objekt stattgefunden haben. Vielmehr haben die Klägerinnen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen vorgebracht, seit Erstellung des Gutachtens durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. … seien keine weiteren Arbeiten erfolgt. Auch die pauschale Behauptung, die aufgezählten Mängel beträfen im Wesentlichen das Sondereigentum anderer Eigentümer, rechtfertigt ein anderes Ergebnis nicht. Vielmehr wäre auch insoweit eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Mängelbehauptungen erforderlich.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dem Landgericht ein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Vortrages der Klägerinnen nicht vorzuwerfen. Dabei kann dahinstehen, ob ein Hinweis des Landgerichtes, dass die Bezugnahme der Klägerin auf die Anlagen als ausreichend erachtet werde, im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.02.2023 erfolgt ist, was von der Beklagten in Abrede gestellt wird. Das Landgericht hat bereits in der Verfügung vom 29.12.2022 ausgeführt, dass mangels Abnahme die Darlegungs- und Beweislast für die Abnahmereife bzw. die vollständige Fertigstellung des Objektes auf der Seite des Werkunternehmers/Bauträgers liegt und der Erwerber seiner sekundären Darlegungslast regelmäßig dadurch genügt, dass er gegebene Mängel durch Bezugnahme auf ein Privatgutachten in das Verfahren einführt. Es sei dann Sache des Werkunternehmers, das Nichtvorhandensein der Mängel darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Weiter hat das Landgericht die Klägerinnen darauf hingewiesen, dass diese das als Anlage K4 in Bezug genommene Gutachten nicht vollständig, sondern nur bis zur Seite 21 eingereicht haben, und deshalb insbesondere die behaupteten Mängelbeseitigungskosten aus der Anlage nicht nachzuvollziehen seien. Damit hat das Landgericht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es bei vollständiger Vorlage des Gutachtens die Bezugnahme auf dieses in der gewählten Form grundsätzlich für hinreichend erachtet. Nachdem die konkret in Bezug genommenen Seiten von den Klägerinnen nachgereicht worden waren, war der Mangel insoweit behoben. Zugleich war ein weiterer Hinweis, dass der Vortrag der Klägerinnen unter Verweis auf das Gutachten nunmehr als ausreichend angesehen werde, nach den vorangegangenen Ausführungen nicht veranlasst.

Zudem wäre selbst bei Annahme eines Verfahrensverstoßes des Landgerichtes nicht festzustellen, dass die Entscheidung des Landgerichtes hierauf beruht. Wie ausgeführt, trägt die Beklagte weiterhin nicht zu den einzelnen Mängeln und Mangelbeseitigungskosten, die die Klägerinnen dargelegt haben, vor. Ihr Vortrag ist vielmehr weiterhin unsubstantiiert.

Auch die weiteren Umstände des Falls belegen einen Verstoß der Beklagten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben durch die Verweigerung der Eigentumsumschreibung. So ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Höhe der Mangelbeseitigungskosten am Gemeinschaftseigentum nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Klägerinnen selbst ohne Berücksichtigung des Druckzuschlages mehr als das Zwanzigfache der restlichen Kaufpreisforderung beträgt. Auch ist in die Abwägungen einzustellen, dass nach der vertraglichen Vereinbarung in § 2 Ziffer 5 der notariellen Urkunde das Vertragsobjekt bis spätestens 30.06.2019 vollständig fertig zu stellen war, mit Ausnahme der Außenanlagen, der der Sondernutzung unterliegenden Flächen, des Außenputzes sowie der der Erschließung dienenden Straßen- und Wegeflächen, die aber nach dem Grundgedanken der vertraglichen Bestimmungen ebenfalls zeitnah fertigzustellen waren. Dementsprechend bestand bereits ab dem 01.07.2019 hinsichtlich der nicht ausdrücklich ausgeklammerten Leistungen Verzug der Beklagten. Auch vor diesem Hintergrund ist eine weitere Verweigerung der Eigentumsumschreibung durch die Beklagte als treuwidrig zu bewerten. Zu berücksichtigen war ferner § 5 Ziffer 2 des Vertrages, wonach die Klägerinnen vor Eigentumsumschreibung nicht berechtigt sind, ohne Zustimmung der Beklagten über ihre Rechte und Ansprüche aus dem Vertrag zu verfügen, insbesondere sie ganz oder teilweise abzutreten oder zu verwenden. Auch insoweit wird auf die Rechtsstellung der Klägerinnen durch die nicht vertragsgerechte Herstellung des Vertragsgegenstandes erheblich eingewirkt, da die Verlängerung dieser Situation die Klägerinnen weiterhin in ihrer Verfügungsbefugnis über die letztlich ihnen zustehenden Vermögenswerte beschränkt, was ebenfalls für eine Beendigung dieses Zustandes durch Eigentumsumschreibung spricht.

3.    Die Bewilligung einer Schriftsatzfrist entsprechend dem Antrag der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat war nicht veranlasst. Im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Senat nicht auf Gesichtspunkte verwiesen, die von der Beklagten erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden sind, § 139 Abs. 2 ZPO. Der Senat folgt vielmehr der rechtlichen Würdigung des Landgerichtes, das bereits sämtliche Streitpunkte zwischen den Parteien im angefochtenen Urteil angesprochen hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft und der Senat auch nicht von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 21.751,50 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO (Höhe der streitigen Restkaufpreisforderung, vgl. BGH BauR 2002, S. 520, Rn. 5, OLG Düsseldorf BauR 2015, S. 869, Rn. 12).