Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 15.10.2024 | |
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Aktenzeichen | 3 U 149/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2024:1015.3U149.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 12.08.2022 - 1 O 114/20 - wie folgt abgeändert wird:
a) die mit Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 12.08.2022 -. 1 O 114/20 – titulierten Forderungen in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass der M. P., geb. E., geb. am 04.03.1942, B.-straße …, … H., gestorben am 03.10.2022, vertreten durch den Erben Land B., dieses vertreten durch die M., H.-Allee …, … P., werden zur Insolvenztabelle unter laufender Tabellennummer 1 in Höhe eines Betrages von 207.495,75 € festgestellt;
b) die mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 08.11.2022 - 1 O 114/20 - festgesetzten Kostenerstattungsansprüche des Klägers in dem In- solvenzverfahren über den Nachlass der M. P., geb. E., geb. am 04.03.1942, B.-straße …, … H., gestorben am 03.10.2022, vertreten durch den Erben Land B., dieses vertreten durch die M., H.-Allee …, … P., werden zur Insolvenztabelle unter laufender Tabellennummer 2 in Höhe eines Betrages von 11.777,86 € festgestellt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 255.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 185.000 € festgesetzt.
I.
Der Kläger ist der Sohn des vorverstorbenen Ehemannes der am 02.10.2019 verstorbenen W. W. (nachfolgend als Erblasserin bezeichnet). Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über den Nachlass der am 03.10.2022 verstorbenen M. P. (nachfolgend als vormals Beklagte bezeichnet), die die jüngere Schwester der Erblasserin war.
Die Erblasserin und ihr Ehemann schlossen am 04.07.1994 vor dem Notar J. in N. zur Urkundenrolle …7/94 einen Erbvertrag, mit dem sie sich wechselseitig zu ihrem jeweiligen Alleinerben einsetzten. Erben des zuletzt Versterbenden sollten F. E., J. W. und der Kläger zu gleichen Anteilen sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Erbvertrag vom 04.07.19994 Bezug genommen (Bl. 10f.). F. E. verstarb am 19.06.2013 unter Hinterlassung eines als Ersatzerben eingesetzten Sohnes, der die Erbschaft ausgeschlagen hat. Der Kläger und J. W. haben die Erbschaft angenommen.
Die Erblasserin wohnte seit dem 03.01.2019 in einem Pflegeheim. Sie hatte der vormals Beklagten schon am 24.09.2013 eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt, die auch die Vermögenssorge einschließlich einer Kontovollmacht beinhaltete (Bl. 54 f.). Am 08.04.2019 erteilte sie der M. P. eine notariell beurkundete Vollmacht zur Veräußerung der von ihr zuletzt bewohnten Immobilie zu einem beliebigen Preis. Danach war die Bevollmächtigte auch berechtigt, alle hierzu erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen und den Kaufpreis in Empfang zu nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Vollmachtsurkunde vom 08.04.2019 (Bl. 16 f.) verwiesen.
Mit notariellem Vertrag vom 02.05.2019 verkaufte die vormals Beklagte das Grundstück der Erblasserin zu einem Preis von 150.000 € (Bl. 40 f.). Der Käufer überwies den Kaufpreis auf das Konto der vormals Beklagten.
Am 02.10.2019 verstarb die Erblasserin. Mit Schreiben vom 20.04.2020 forderte der Kläger die vormals Beklagte auf, den Betrag von 150.000 € auf das Konto der Erbengemeinschaft zu überweisen, sofern sie nicht bis zum 27.04.2020 einen Nachweis über den von ihr behaupteten Auftrag und die angebliche Schenkung erbringe (Bl. 23 f.). Die vormals Beklagte hat dies mit der Begründung abgelehnt, ihr sei der Kaufpreis von der Erblasserin zugewendet worden.
Mit Schreiben vom 03.06.2021 forderte der Kläger die vormals Beklagte zur Rechenschaftslegung über einzeln bezeichnete Bargeldauszahlungen in Höhe von insgesamt 11.136,41 €, eine Überweisung vom Konto der Erblasserin auf das Konto des Zeugen P. in Höhe von 5.000 € und eine Überweisung an die vormals Beklagte in Höhe von 20.0000 € auf (Bl. 128 f.). Die vormals Beklagte erteilte die Auskunft mit Schriftsatz vom 21.07.2021 (Bl. 124 f.).
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. die vormals Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach der am 26.02.1936 geborenen und am 02.10.2019 gestorbenen W. W. 150.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2020 zu zahlen;
2. die vormals Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach der am 26.02.1936 geborenen und am 02.10.2019 gestorbenen W. W. 31.136,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2021 zu zahlen;
3. festzustellen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 5.000 € in der Hauptsache erledigt ist.
Die vormals Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 12.08.2022, auf das wegen des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die vormals Beklagte verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach der am 26.02.1936 geborenen und am 02.10.2019 gestorbenen W. W. 150.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.04.2020 und 31.136,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2021 zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.11.2022 die von der Beklagten an den Kläger nach dem vorgenannten Urteil zu erstattenden Kosten auf 11.189,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2022 festgesetzt (Bl. 577).
Hiergegen hat sich die Berufung der vormals Beklagten gerichtet. Nachdem diese am 03.10.2022 verstorben war, hat der Senat auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der vormals Beklagten das Verfahren mit Beschluss vom 23.12.2022 gemäß § 246 Abs. 1 ZPO ausgesetzt. Erbe der vormals Beklagten ist aus ausweislich der Mitteilung des Amtsgerichts N. - Nachlassgericht - vom 01.08.2023 zum Aktenzeichen …9/22 das Land B. (Bl. 554).
Mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 25.07.2023 wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass der vormals Beklagten eröffnet und der nunmehrige Beklagte gemäß § 27 InsO zum Insolvenzverwalter über den Nachlass bestellt. Der Kläger hat die in diesem Verfahren rechtshängigen Forderungen gegen die Beklagte in Höhe von insgesamt 181.136,41 € nebst Zinsen zuzüglich Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.019,98 € sowie seine titulierte Forderung in Höhe von 11.189,55 € nebst Zinsen gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 08.11.2022 zum Aktenzeichen 1 O 114/20 zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderungen des Klägers wurden in Rang 0 lfd. Nr. 1 und 2 zunächst auch zur Insolvenztabelle festgestellt (Anlage K 18). Der Beklagte hat in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter am Prüfungsstichtag (19.10.2023) die in Rang 0 lfd. Nr. 1 und 2 für den Kläger zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen dann jedoch in voller Höhe bestritten (Anlagenkonvolut K 19).
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom17.11.2023 den Rechtsstreit wieder aufgenommen.
Der Beklagte macht im Berufungsverfahren geltend, das Landgericht habe zu Unrecht eine Schenkung der 150.000 € seitens der Erblasserin an die vormals Beklagte verneint. Einer notariellen Beurkundung des Schenkungsversprechens habe es nicht bedurft, da das Geld auf Veranlassung der Erblasserin der vormals Beklagten direkt zugewendet worden sei, so dass der Formmangel nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt sei. Dass die Erblasserin der vormals Beklagten den Betrag noch zu Lebzeiten geschenkt habe, hätten die Zeugen auch bestätigt. Bei seiner Beweiswürdigung habe das Landgericht einzelne Passagen der Zeugenaussagen aus dem Zusammenhang herausgerissen, ohne die Aussagen insgesamt zu würdigen. Das Landgericht habe insbesondere auf die Aussage des Zeugen O. abgestellt, wonach die vormals Beklagte das Geld habe behalten sollen, wenn die Erblasserin nicht mehr sei. Dabei habe es ausgeblendet, dass der Zeuge O. mehrere Gespräche mit der Erblasserin - vor und nach Abschluss des Kaufvertrages - bekundet habe, in denen diese gesagt habe, dass die vormals Beklagte das Geld aus dem Hausverkauf sofort behalten und darüber verfügen könne. Die Erblasserin habe auch ein plausibles Motiv für die Schenkung gehabt, habe sich doch die vormals Beklagte umfassend um die Erblasserin gekümmert, wie der Zeuge O. gesagt habe. Auch die übrigen Schenkungen habe er bestätigt, lediglich zu den 20.000 € habe er nichts sagen können. Der Zeuge D. habe zwar zu den vereinbarten Schenkungen nichts sagen können, aber zu den von der vormals Beklagten für die Erblasserin erbrachten Hilfeleistungen. Auch die Aussage des Zeugen P. habe das Landgericht nicht zutreffend gewürdigt. Dieser habe zwar ausgesagt, dass die vormals Beklagte das Geld aus dem Hausverkauf nur habe verwalten sollen, sie habe aber schon vor dem Tod der Erblasserin berechtigt sein sollen, über das Geld zu verfügen. Der Zeuge P. habe zudem die von der vormals Beklagten erbrachte Hilfeleistungen in der Haushaltsführung der Erblasserin bestätigt. Selbst wenn man aber auf die Äußerung der Erblasserin „Wenn ich einmal nicht mehr bin, soll die Beklagte das Geld behalten.“ abstelle, wie es das Landgericht getan habe, sei von einer wirksamen Schenkung unter Lebenden (befristet) auf den Todesfall auszugehen. Die Erblasserin habe der vormals Beklagten bzw. im Falle des Vorversterbens deren Kindern die 150.000 € vor dem Hintergrund der jahrelangen liebevollen Fürsorge und Unterstützung unentgeltlich zuwenden wollen. Die Erblasserin habe mit der von ihr veranlassten Überweisung des Kaufpreises auf das Konto der vormals Beklagten alles getan, um die Schenkung von Todes wegen zu vollziehen. Die Überweisung der 20.000 € auf ihr Konto sei von der vormals Beklagten auf Veranlassung der Erblasserin erfolgt. Die Bargeldabhebungen im Zeitraum von Dezember 2016 bis August 2019 habe die Erblasserin entweder noch selbst vorgenommen oder sie seien ihr übergeben worden. Die ab März 2019 abgehobenen Geldbeträge habe die vormals Beklagte der Erblasserin übergeben. Die Erblasserin habe Einblick in die Kontounterlagen gehabt und demzufolge von den Abhebungen gewusst, andernfalls hätte sie von der vormals Beklagten Auskunft und Rechnungslegung verlangt, was sie aber nie getan habe. Es sei treuwidrig, wenn der Kläger nunmehr Auskunft und Rechnungslegung begehre.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 12.08.2022 - 1 O 114/20 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und
1. die mit Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 12.08.2022 - 1 O 114/20 - titulier- ten Forderungen in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass der M. P., geb. E., geb. am 04.03.1942, B.-straße …, … H., gestorben am 03.10.2022, vertreten durch den Erben Land B., dieses vertreten durch die M., H.-Allee …, … P., zur Insolvenztabelle unter laufender Tabellennummer 1 in Höhe eines Betrages von 207.495,75 € festzustellen;
2. die mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 08.11.2022 - 1 O 114/20 - festgesetzten Kostenerstattungsansprüche des Klägers in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass der M. P., geb. E., geb. am 04.03.1942, B.-straße …, … H., gestorben am 03.10.2022, vertreten durch den Erben Land B., dieses vertreten durch die M., H.-Allee …, … P., zur Insolvenztabelle unter laufender Tabellennummer 2 in Höhe eines Betrages von 11.777,86 € festzustellen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Selbst wenn die Erblasserin eine Schenkung beabsichtigt habe, sei diese wegen des Formmangels nach § 518 Abs. 1 BGB nichtig. Dieser könne auch nicht durch Leistung der angeblichen Schenkerin an sich selbst - ohne Mitwirkung der angeblichen Schenkerin geheilt werden. Soweit die Erblasserin gesagt haben soll, dass die Beklagte das Geld behalten könne, wenn sie - die Erblasserin - nicht mehr sei, handele es sich lediglich um einen Irrtum über die nach ihr eintretende Erbfolge. Im Übrigen sei die Erblasserin nach dem notariellen Erbvertrag vom 04.07.1994 zur Schenkung auch nicht berechtigt gewesen.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 08.10.2024. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 08.10.2024 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1.
Die Zulässigkeit der Umstellung des ursprünglichen Zahlungsantrags auf Feststellung zur Tabelle ergibt sich aus § 264 Nr. 3 ZPO i. V. m. §§ 180 Abs. 2, 179 Abs. 1 InsO (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.11.2012 – 13 U 157/10, BeckRS 2013, 18197). Unstreitig hat der Kläger die mit dem erstinstanzlichen Urteil titulierten Ansprüche zur Insolvenztabelle angemeldet und der Beklagte diese Ansprüche bestritten.
2.
Der Kläger hat das Berufungsverfahren wirksam aufgenommen, in das der Beklagte anstelle der vormals Beklagten eingetreten ist.
Zwar obliegt es dem Bestreitenden nach § 179 Abs. 2 InsO seinen Widerspruch zu verfolgen, wenn für eine Forderung - wie hier - ein vollstreckbarer Schuldtitel vorliegt. Der Gläubiger der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung ist aber zur Aufnahme befugt, wenn - wie hier - der Bestreitende seinen Widerspruch nicht verfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 31.10.2012 – III ZR 204/12, BeckRS 2012, 23431 Rn. 7 m. w. N.). Wenn dann der Gläubiger die Feststellung nach § 179 Abs. 1 InsO durch Aufnahme des Rechtsstreits nach § 180 Abs. 2 InsO betreibt, ist Aufnahmegegner der Bestreitende. Er tritt an Stelle des Schuldners in den aufgenommenen Rechtsstreit ein (BGH, a. a. O., Rn. 10).
3.
Das Landgericht hat die vormals Beklagte M. P. zu Recht zur Zahlung von 150.000 € an die Erbengemeinschaft verurteilt.
Der Kläger kann die Zahlung dieses Betrages gemäß §§ 662, 667, 1922, 2039 BGB an die Erbengemeinschaft nach W. W. verlangen. Die vormals Beklagte hat die 150.000 € im Zuge der Grundstückveräußerung erlangt, zu der sie von der Erblasserin beauftragt war, weshalb dieser Betrag an die Erbengemeinschaft herauszugeben ist. Es handelt sich um einen Auftrag i. S d. § 662 BGB und nicht nur um ein Gefälligkeitsverhältnis. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Beklagtenseite kann ihrer Herausgabepflicht nach § 667 BGB nicht erfolgreich entgegenhalten, der vormals Beklagten sei der Betrag geschenkt worden. Sie hat ihre dahingehende Behauptung nicht bewiesen.
Nach § 518 Abs. 1 BGB bedarf das für einen wirksamen Schenkungsvertrag erforderliche Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung, an der es hier mangelt. Der Mangel der Form wird allerdings gemäß § 518 Abs. 2 BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.
Ist der Schenkungsvollzug - wie hier - streitig, trifft den angeblich Beschenkten die Beweislast. Zweck des Formerfordernisses nach § 518 Abs. 1 BGB ist es nämlich unter anderem, eine sichere Beweisgrundlage für den Fall zu haben, dass es später zum Streit darüber kommt, ob etwas und gegebenenfalls was schenkweise zugewendet werden sollte. Diese Beweisfunktion entfaltet ihre Wirkung auch im Prozess, in dem etwas Erlangtes heraus verlangt oder Wertersatz hierfür begehrt wird. Vorbehaltlich § 518 Abs. 2 BGB bedeutet sie dort, dass der Grundsatz von der Beweislast des Anspruchstellers nicht zu dessen Nachteil gereicht, wenn der Gegner sich lediglich auf ein Schenkungsversprechen beruft, das der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Form nicht genügt. Der Anspruchsteller kann sich dann darauf beschränken, die behauptete Schenkungsvereinbarung und eine etwaige Darlegung zu bestreiten, der Mangel der Form des Schenkungsversprechens sei gemäß § 518 Abs. 2 BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Der angeblich Beschenkte muss dann Umstände beweisen, die den nach § 518 Abs. 2 BGB für die Wirksamkeit des behaupteten Schenkungsversprechens erforderlichen Tatbestand ausfüllen. Denn wer die Heilung des Formmangels nach § 518 Abs. 2 BGB geltend macht, beruft sich auf einen Sachverhalt, der den Eintritt der nach § 125 S. 1 BGB an sich gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge hindert (BGH, NJW-RR 2007, 488).
Die Erblasserin hat der ursprünglichen Beklagten diesen Betrag nicht geschenkt.
a)
Die Beklagtenseite hat den Beweis für ihre Behauptung, die Erblasserin und sie hätten sich mündlich über die Schenkung der 150.000 € geeinigt und diese sei durch Überweisung der 150.000 € seitens des Grundstückskäufers an die ursprüngliche Beklagte auf Weisung der Erblasserin unmittelbar vollzogen worden, aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht erbracht.
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Diese Bindung entfällt nur, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO).
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass keiner der Zeugen den Beklagtenvortrag bestätigt hat, der sich erstinstanzlich auf eine unmittelbare Schenkung durch Auskehrung des Verkaufserlöses beschränkt hat.
Der Zeuge O. hat ausgesagt, dass die Erblasserin mehrfach im Zusammenhang mit dem von ihr beabsichtigten Hausverkauf geäußert habe, dass der Verkaufserlös an die Erblasserin „gehen“ solle, was auch in dem Kaufvertrag so gestanden habe. Vor dem beurkundenden Notar habe sie gesagt, dass das Geld auf das Konto der Erblasserin kommen solle und diese es behalten möge; insbesondere solle sie es behalten, wenn sie - die Erblasserin - nicht mehr da sei. Er habe sich um den Verkauf gekümmert, indem er einen Käufer gesucht und mit dem Käufer und der Erblasserin einen Termin beim Notar wahrgenommen habe, in dem der Kaufvertrag beurkundet worden sei. Nachdem der Kaufpreis auf das Konto der Erblasserin geflossen sei, sei über das Geld nicht mehr gesprochen worden, da nach seinem Verständnis die Frage, wer das Geld erhalten habe, bereits abschließend geregelt gewesen sei.
Vor diesem Hintergrund kann die angebliche Äußerung der Erblasserin in Bezug auf das Behaltendürfen allenfalls im Sinne einer Verwaltungsbefugnis verstanden werden, wie sie der Zeuge P. bekundet hat. Soweit der Zeuge P. ausgesagt hat, die vormalige Beklagte habe das Geld schon vor dem Tod der Erblasserin erhalten sollen, um darüber verfügen zu können, ist dies entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht nicht im Sinne einer Schenkung zu verstehen. Denn der Zeuge hat hinzugefügt, dies ergebe sich seiner Ansicht nach aus den Vorsorgevollmachten. Nach der Vorsorgevollmacht vom 24.09.2013 war die vormals Beklagte im Rahmen der Vermögenssorge zur Verwaltung des Vermögens der Erblasserin ermächtigt.
Der Zeuge D. konnte zu der angeblichen Schenkung nichts sagen, was auch die Beklagtenseite in ihrer Berufungsbegründung einräumt.
Soweit es um die Behauptung der Beklagtenseite geht, die Erblasserin habe der vormals Beklagte den Kauferlös von 150.000 € geschenkt, indem sie ihr diesen direkt habe zukommen lassen und zugleich den Willen geäußert habe, sie möge den Betrag behalten, war eine erneute Vernehmung der Zeugen demnach nicht veranlasst.
b)
Die Zeugen O. und P. haben allerdings übereinstimmend bekundet, dass die vormals Beklagte nach Äußerungen der Erblasserin den (ggf. dann noch vorhandenen) Verkaufserlös erst im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin habe erhalten sollen. Das ist zwar ein anderer Sachverhalt, als die ursprünglich Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat. Soweit mit der Berufungsbegründung erstmals ausdrücklich auch eine Schenkung unter Lebenden befristet auf den Todesfall geltend gemacht wird, war dem aber durch erneute Vernehmung der Zeugen O. und P. nachzugehen. Denn in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es ein anerkannter Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu Eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, § 286 ZPO (BGH, Urteil vom 03.04.2001 - VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177).
Zwar kann auch durch eine Schenkung unter Lebenden befristet auf den Todesfall der Formmangel nach § 518 Abs. 2 BGB geheilt werden. Denn für § 518 Abs. 2 BGB wird nicht der Leistungserfolg verlangt, wenn der Schenker alles Erforderliche getan hat, was er für den Vollzug tun muss, so dass ein nach § 158 BGB bedingter oder nach § 163 BGB befristeter Vollzug genügt (BGH, NJW-RR 1989, 1282; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 83. Aufl., § 518 Rn. 9 m. w. N.; MüKo//Koch, BGB, 9. Aufl., § 518 Rn. 11 m. w. N.).
Der Beklagte hat aber nicht den Beweis erbracht, dass die Erblasserin der vormals Beklagten den Verkaufserlös in Höhe von 150.000 € befristet auf ihren Tod zugewendet hat. Die Zeugen O. und P. haben in ihrer zweitinstanzlich erfolgten Vernehmung den dahingehenden Beklagtenvortrag nicht bestätigt.
Der Zeuge O. ist ausdrücklich von seiner erstinstanzlichen Aussage abgerückt, wonach die Erblasserin der vormals Beklagten den Verkaufserlös erst habe zuwenden wollen, wenn sie nicht mehr sei. Vielmehr habe die Erblasserin gesagt, die vormals Beklagte könne das Geld sofort zur freien Verfügung nutzen und komplett für sich ausgeben. Der Zeuge P. hat sogar behauptet, er habe die erstinstanzlich protokollierte Aussage, wonach seine Mutter das Geld zunächst nur habe verwalten sollen, nicht getätigt. Er sei sehr aufgeregt gewesen und habe schon vor dem Landgericht gesagt, dass die vormals Beklagte nach dem Willen der Erblasserin über das Geld sofort frei habe verfügen sollen. Letzteres lässt sich allerdings dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts Neuruppin vom 18.03.2022 (Bl. 232 f.) nicht entnehmen. Vielmehr hat der Zeuge P. auf mehrfache Nachfrage des Beklagtenvertreters seine Aussage dreimal wiederholt, wonach seine Mutter das Geld zunächst für die Erblasserin habe verwalten sollen und letztere geäußert habe „Du erbst das sowieso, du bekommst das, was da ist.“.
Dieser Wechsel im Aussageverhalten der beiden Zeugen zeigt bereits, dass ihre Aussagen nicht belastbar sind. Die Aussagen wirken durch die beiderseitige Verwendung des Begriffs „zur freien Verfügung“ und insbesondere auch durch die Anpassung an die Begründung des landgerichtlichen Urteils wie abgesprochen. Denn nach dem angefochtenen Urteil führten die Zeugenaussagen zur Klageabweisung, weil das Landgericht eine Schenkung befristet auf den Todesfall nicht in Erwägung gezogen hat.
Der Zeuge O. konnte erneut nicht plausibel machen, weshalb der angebliche Schenkungsvertrag nicht notariell beurkundet wurde, musste die Erblasserin doch ohnehin die Grundstücksveräußerungsvollmacht notariell beurkunden lassen. Nach seiner Aussage soll sogar die angeblich von der Erblasserin gewollte Schenkung gegenüber dem Notar thematisiert worden sein, woraufhin dieser zweimal nachgefragt habe, ob die vormals Beklagte das Geld wirklich bekommen solle. Der notariellen Grundstücksveräußerungsvollmacht lässt sich aber kein Schenkungswille der Erblasserin entnehmen. Vielmehr heißt es in § 3 des notariellen Kaufvertrages vom 02.05.2029 - UR-NR. …/2019 des Notars B. in N. unter „Zielkonto“ lediglich: „Der Kaufpreis ist - vorbehaltlich anderer Anweisungen des Verkäufers - auf folgendes Konto zu zahlen: Kontoinhaber: M. P.: IBAN: (...)“. Hätte die Erblasserin tatsächlich gegenüber dem Notar einen Schenkungswillen geäußert, dann ist nicht erklärlich, wieso der angeblich gewollte Schenkungsvertrag nicht protokolliert wurde.
Schließlich haben die Zeugen auch ein erhebliches Eigeninteresse an dem Ausgang des Verfahrens. Denn der Insolvenzverwalter hat gegen den Zeugen P. eine Klage über eine Forderung in Höhe von 118.000 € und gegen den Sohn des Zeugen O. – D. – in Höhe von 53.000 € erhoben, wie beide jeweils bekundeten.
Der Beklagte hat somit für die angebliche Schenkung - sei es mit sofortiger Wirkung, sei es befristet auf den Todesfall - keinen Beweis erbracht.
5.
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Zahlung der durch die vormals Beklagte vom Konto der Erblasserin abgehobenen bzw. überwiesenen Beträge in Höhe von insgesamt 31.136,41 € an die Erbengemeinschaft nach W. W. gemäß §§ 280 Abs. 1, 662, 667, 1922, 2039 BGB.
a)
Der Erteilung einer Vorsorgevollmacht mit umfangreichen Befugnissen zugunsten des Bevollmächtigten liegt in der Regel nicht nur ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein Auftragsverhältnis zugrunde (Senat, Urteil vom 19.03.2013 – 3 U 1/12, BeckRS 2013, 6305). Denn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der zwischen Eheleuten ein Auftragsverhältnis im Sinne der §§ 662 ff BGB selbst dann nicht besteht, wenn sie übereingekommen sind, während ihres Zusammenlebens die Aufgabenbereiche in der Weise zu regeln, dass einer von ihnen die Wirtschaftsführung allein übernimmt und die verfügbaren Mittel im Wesentlichen aus den Einkünften oder dem Vermögen des anderen Ehegatten zufließen (BGH, Urteil vom 05.07.2000, NJW 2000, 3199, 3200), ist auf Fallgestaltungen mit sonstigem familiären oder personalen Einschlag nicht übertragbar (BGH, Beschluss vom 26.06.2008 – III ZR 30/08, BeckRS 2008, 17591). Hier ist auch nicht ausnahmsweise von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis unter Schwestern auszugehen, da die vormals Beklagte mit der Vorsorgevollmacht über erhebliche Vermögenswerte der Erblasserin verfügen konnte (vgl. Senat, a. a. O.).
b)
Bei den streitgegenständlichen Abhebungen und Überweisungen handelt es sich um von der vormals Beklagten veranlasste auftragswidrige Zahlungsvorgänge mit der Folge, dass diese Beträge zurückzuerstatten sind. Die Beklagtenseite hat nicht den Beweis erbracht, dass diese auftragsgemäß erfolgt sind.
Grundsätzlich hat der Beauftragte die Auftragsausführung im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, wenn er Rückerstattungsansprüche des Auftraggebers nach § 667 BGB bestreitet. Im Auftragsrecht ist anerkannt, dass der Beauftragte grundsätzlich die ordnungsgemäße Ausführung des Auftrages zu beweisen hat. Er trägt insbesondere die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein ihm zur Ausführung des Auftrags zugewendeter Geldbetrag bestimmungsgemäß verwendet worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2012 – 5 U 20/12, BeckRS 2012, 18422).
Dieser Grundsatz der Beweislastverteilung ist allerdings nicht ausnahmslos und unbegrenzt anwendbar. Die nachträgliche Erhebung eines Anspruchs auf Rechnungslegung einschließlich der Herausgabe von Belegen kann unter Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er in Beziehungen mit familiärem oder sonstigem personalen Einschlag jahrelang nicht geltend gemacht wurde (BGH, NJW 2012, 58 Rn. 23). In solchen Fallgestaltungen, die regelmäßig von besonderen persönlichen Bindungen der Beteiligten untereinander geprägt sind, kann es das schützenswerte Vertrauen des Auftragnehmers begründen, er brauche sich nicht darauf einzurichten, künftig einmal im Detail Rede und Antwort stehen und Nachweise führen zu müssen, wenn der Geschäftsherr eine Rechnungslegung über einen längeren Zeitraum nicht verlangt hat. Andernfalls würden wünschenswerte Hilfeleistungen im engen persönlichen Umfeld mit unvertretbaren Risiken für den Helfer belastet und auf Vertrauen gründende zwischenmenschliche Beziehungen rechtlichen Notwendigkeiten (Quittungserfordernissen etc.) unterworfen, die im täglichen Leben weder üblich sind noch von juristischen Laien zu überblicken wären (BGH, NJW 2012, 58 Rn. 24 ;so im Ergebnis auch Senat, a. a. O., Rn. 26; OLG München Schlussurteil vom 20.6.2012 – 3 U 114/12, BeckRS 2012, 14122). Maßgebend ist die Nichtgeltendmachung durch den Erblasser, was sich dessen später die Auskünfte fordernde Miterbe zurechnen lassen muss (Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, Teil 1, 22. Rn. 72).
Hier kann zugunsten der Beklagtenseite unterstellt werden, dass die Erblasserin während mehrjähriger Verwaltung ihrer Konten durch die vormals Beklagte niemals Rechnungslegung verlangt hat.
Es ist der Beklagtenseite aber verwehrt, sich nach Treu und Glauben auf einen etwaigen Verzicht der Erblasserin auf Rechnungslegung zu berufen.
Der Beauftragte kann sich nämlich dann nicht auf § 242 BGB berufen, wenn der Auftraggeber Tatsachen nachweist, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Auftragnehmers und seiner Geschäftsführung zu erwecken (OLG Hamm, a. a. O.; Senat, a. a. O:, OLG München, a. a. O.). Solche Tatsachen hat der Kläger hier dargelegt.
Die von der vormaligen Beklagten vorgenommenen Bargeldabhebungen vom Konto der Erblasserin sind der Höhe nach so auffällig, dass Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung durch die vormals Beklagte bestehen. Ab September 2018 bis August 2019 erfolgten Geldabhebungen in Höhe von monatlich 1.000 €, ohne dass ersichtlich ist, wofür die Erblasserin diese - insbesondere seitdem sie ab dem 03.01.2019 im Pflegeheim wohnte - benötigt hätte. Zudem überwies die vormals Beklagte am 06.06.2019 noch 20.000 € an sich selbst. Soweit sich die Beklagtenseite hinsichtlich der 20.000 € auf eine Schenkung beruft, ist sie beweisfällig geblieben. Insofern wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Ein kleiner Betrag in Höhe von 136,41 € wurde am 30.07.2019 in einem Baumarkt abgebucht, ohne dass die Beklagtenseite erklären konnte, inwiefern dies der Erblasserin gedient haben sollte. Da die Beklagtenseite auch zu den monatlichen Abbuchungen von 11.000 € keine Erklärung geben konnte, sind diese ebenfalls zurückzuerstatten.
6.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert wurde gemäß § 182 InsO festgesetzt, wobei die Befriedigungsquote angesichts der vom Insolvenzverwalter erhobenen Klagen gegen die Zeugen D. und P. sowie eingedenk der vom Insolvenzverwalter zu beanspruchenden Vergütung auf 80% geschätzt wird.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO sind nicht gegeben.