Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 26. Beschwerdekammer | Entscheidungsdatum | 11.10.2024 | |
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Aktenzeichen | 26 Ta (Kost) 6048/24 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2024:1011.26TA.KOST6048.24.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 104 ff. ZPO |
1. § 98 ZPO unterscheidet zwischen den Kosten des Vergleichs einerseits und den Kosten des Rechtsstreits andererseits. Die Kosten "des Rechtsstreits" umfassen nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs.
2. Den Parteien ist es nach § 98 Satz 1 ZPO aber unbenommen, etwas anderes zu vereinbaren und die Vergleichskosten in die Kosten des Rechtsstreits einzubeziehen. In einer solchen abweichenden Kostenregelung müssen die Vergleichskosten auch nicht notwendig besonders angesprochen werden.
3. Es müssen aber hinreichende Anhaltspunkte gegeben sein, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollen. Das kann bei den Kosten eines gerichtlichen Vergleichs - anders als bei denen eines außergerichtlichen Vergleichs - regelmäßig angenommen werden, weil der Vergleich zu dem eigentlichen Prozessgeschehen gehört, dessen Kosten von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werden (vgl. BGH 25. September 2008 – V ZB 66/08, Rn. 15; Stein/Jonas/Muthorst, 23. Aufl. 2016, ZPO § 98 Rn. 9 mwN).
4. Nach allgemeiner Ansicht umfasst eine Regelung in einem gerichtlichen Vergleich über die „Kosten des Rechtsstreits“ daher auch die Kosten eines Vergleichs (vgl. Brandenburgisches OLG 19. Januar 2009 – 9 WF 9/09, Rn. 10). Es ist den Parteien unbenommen, dies im Vergleich zudem ausdrücklich klarzustellen.
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) – Kammern Eberswalde – vom 6. März 2024 – 11 Ca 10181/22 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts, mit dem dieses die Kosten des Rechtsstreits nach einer hierfür in einem Vergleich festgelegten Quote festgesetzt hat.
Die Parteien haben am 7. Dezember 2023 in dem Verfahren 26 Sa 383/23 einen Vergleich geschlossen. Darin heißt es:
„I. Die Beklagte zahlt an die Klägerin zum Ausgleich sämtlicher in Betracht kommender Forderungen noch einen Betrag in Höhe von 8.000 Euro brutto.
II. Damit sind sämtliche Ansprüche unter den Parteien, ob unbekannt oder bekannt, ausgeglichen.
III. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verbleibt es bei der Entscheidung in dem angefochtenen Urteil.
Die Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz hat die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5 zu tragen.“
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2024 hat die Beklagte Kostenausgleichung beantragt und insoweit einen Betrag in Höhe von 5.649,30 Euro in Ansatz gebracht. Die Antragstellerin sei vorsteuerabzugsberechtigt. Die Klägerin hat – nach Korrektur eines Rechenfehlers – 6.796,35 Euro zur Ausgleichung beantragt. Es bestehe bei ihr keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Alle weiter gezahlten Gerichtskosten seinen hinzuzusetzen. Beide Parteien habe bei ihren Berechnungen einen Gegenstandswert in Höhe von 58.381,28 Euro zugrunde gelegt.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 6. März 2023 die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.160,17 Euro nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat es die zweitinstanzlichen Kosten nach der in dem Vergleich festgelegten Quote verteilt. Dabei ist es von insgesamt zu berücksichtigenden Kosten in Höhe von 12.445,65 Euro ausgegangen.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 20. März 2024 zugestellten Beschluss mit einem am 3. April 2024 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die von ihr an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 2.157,06 Euro zu reduzieren. Zur Begründung führt sie aus, dass das Arbeitsgericht zwar zutreffend festgestellt habe, dass „die Kosten des Rechtsstreits der II. Instanz nach dem rechtswirksamen Vergleich des Landesarbeitsgerichts der Klägerin zu 4/5 und der Beklagten zu 1/5 auferlegt werden“. Daraus ziehe das Arbeitsgericht aber falsche rechtliche Schlüsse, indem es die Kosten für den Vergleich in die Quotelung mit einbeziehe. Bei dem Vergleich „handele es sich um keine Kostengrundentscheidung“. Diese Kosten seien nicht Bestandteil der Quotelung nach § 106 ZPO. Die Einigungsgebühr sei nicht zu berücksichtigen, weil die Kosten des abgeschlossenen Vergleichs gem. § 98 Satz 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen seien. Die Parteien hätten nichts anderes vereinbart. § 98 Satz 1 ZPO gelte grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen hätten. In derartigen Fällen sei zu beachten, dass die Kosten des Rechtsstreits nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 98 ZPO weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs umfassen. Die „Kostengruppen“ folgten vielmehr eigenen, nicht notwendig ergebnisgleichen Regeln. Hier hätten sich die Parteien nicht darauf verständigt, dass etwaige Vergleichskosten als „Kosten des Rechtsstreits“ von der Kostenregelung im Vergleich umfasst sein sollten. Konkrete Gespräche oder eine ausdrückliche Einigung der Parteien habe es nicht gegeben. Der Beschluss des Arbeitsgerichts höhle die gesetzliche Regelung aus. Im Rahmen der Ausgleichung seien daher nur 8.536,72 Euro zu berücksichtigen. Die Beklagte verweist darauf, dass die Parteien augenscheinlich keine abweichende Kostenregelung im Hinblick auf das Verfahren im Übrigen getroffen haben.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das ua damit begründet, dass die Klägerin selbst die durch das Arbeitsgericht berücksichtigten Kosten zur Ausgleichung angemeldet gehabt habe, was keinen Sinn mache, wenn sie nicht davon ausgegangen wäre, dass diese auszugleichen seien. Die durch die Klägerin zitierte Rechtsprechung betreffe andere Konstellationen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Festsetzung der Kosten durch das Arbeitsgericht ist nicht zu beanstanden.
1) § 98 ZPO trifft keine einheitliche Regelung über die Kosten eines Rechtsstreits bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Die Norm befasst sich vielmehr in Satz 1 nur mit den Kosten des Vergleichs. Die dort vorgesehene Regelung, dass die Kosten als gegeneinander aufgehoben gelten, wird mit Satz 2 auf die Kosten des Rechtsstreits übertragen ("Das Gleiche gilt ..."). Das führt dazu, dass für die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten des Vergleichs im Grundsatz die gleiche Kostenverteilung gilt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren. Es bleibt aber dabei, dass die Vorschrift zwischen den Kosten des Vergleichs einerseits und den Kosten des Rechtsstreits andererseits unterscheidet. Die Kosten "des Rechtsstreits" umfassen nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers weder die Kosten eines gerichtlichen noch die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs.
Den Parteien ist es nach § 98 Satz 1 ZPO aber unbenommen, etwas anderes zu vereinbaren und die Vergleichskosten in die Kosten des Rechtsstreits einzubeziehen. In einer solchen abweichenden Kostenregelung müssen die Vergleichskosten auch nicht notwendig besonders angesprochen werden. Es müssen aber hinreichende Anhaltspunkte gegeben sein, dass die Parteien die Kosten des Vergleichs als Kosten des Rechtsstreits behandeln wollen. Das kann bei den Kosten eines gerichtlichen Vergleichs - anders als bei denen eines außergerichtlichen Vergleichs - regelmäßig angenommen werden, weil der Vergleich zu dem eigentlichen Prozessgeschehen gehört, dessen Kosten von den Parteien gewöhnlich als Einheit angesehen werden (vgl. BGH 25. September 2008 – V ZB 66/08, Rn. 15; Stein/Jonas/Muthorst, 23. Aufl. 2016, ZPO § 98 Rn. 9 mwN).
2) Dieser Rechtsprechung hat sich das Arbeitsgericht zutreffend angeschlossen. Sie entspricht auch der Auffassung der Kostenkammer des Landesarbeitsgerichts. Soweit die Klägerin die og Entscheidung des BGH vom 25. September 2008 für ihre Rechtsauffassung heranzieht, handelt es sich um ein Fehlzitat. Nach allgemeiner Ansicht umfasst eine Regelung in einem gerichtlichen Vergleich über die „Kosten des Rechtsstreits“ auch die Kosten eines Vergleichs (vgl. Brandenburgisches OLG 19. Januar 2009 – 9 WF 9/09, Rn. 10).
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.