Gericht | LG Cottbus 6. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 20.03.2023 | |
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Aktenzeichen | 6 O 182/16 | ECLI | ECLI:DE:LGCOTTB:2023:0320.6O182.16.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 610,06 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2021 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 76 % und der Beklagte 24 % zu tragen.
1.1. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil für die Klägerin vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Restwerklohn für die Herstellung einer sogenannten Trespa-Verkleidung des Eingangsbereiches eines Einfamilienhauses in …………………., Ortsteil …………………..
Die vom Beklagten beauftragte Architektin und zugleich dessen Ehefrau, die Zeugin …………………., wandte sich mit E-Mail vom 17.06.2015 (Anlage B1, Bl. 52 der Gerichtsakte) an die Klägerin und erbat für ein privates Bauvorhaben die Verkleidung einer Wandscheibe an der Außenfassade mit Trespa (verdeckte Befestigung mittels Agraffen) und bat insoweit um einen Aufmaß- und Beratungstermin vor Ort sowie ein hieraus generiertes Angebot. Der E-Mail war ein Ausführungsplan beigefügt. Hierauf findet sich der Zusatz: „Alle Maße sind zu prüfen bzw. am Bau zu nehmen. Für die Richtigkeit der Maße haftet allein der Unternehmer.“
Es fand ein Ortstermin statt an dem für die Klägerin der Zeuge …………………, die Zeugin …………………. und der Beklagte teilnahmen. Die Fassade befand sich zu diesem Zeitpunkt im Rohbau. Die Zeugin ………………… teilte der Klägerin mit, dass sich die Maße der Zeichnung im Zuge der weiteren Bauausführung noch ändern werden. So werde die zu verkleidende Wand im Eingangsbereich etwas höher und zunächst werde noch die Dämmung angebracht. Der Klägerin wurde ferner mitgeteilt, dass keine vertikalen Fugen gewünscht seien und auf eine einheitliche Musterrichtung Wert gelegt werde. Da die Maße noch nicht feststanden und die Klägerin kein Risiko der Kostenmehrung aufgrund der Plattenkosten eingehen wollte, wurde eine Abrechnung nach Einheitspreisen vereinbart und nicht wie vom Beklagten gewünscht ein Pauschalpreis.
Die Klägerin bot dem Beklagten am 03.07.2015 zu einem Einheitspreis von 210,00 € netto je Quadratmeter die Trespa-Verkleidung des Eingangsbereiches an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 (Blatt 12 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Die Zeugin ………………… bestätigte der Klägerin mit E-Mail vom 13.08.2015 den Auftrag. Unter Verweis auf den Termin vor Ort bat die Architektin um Augenmerk auf die horizontale Ausrichtung des Trespadekors sowie auf den Verzicht vertikaler Fugen. Ferner bat die Architektin um Info/Rücksprache bezüglich eines genauen Aufmaßtermins.
Es fand ein weiterer Ortstermin statt an dem für die Klägerin der Zeuge …………………, die Zeugin …………………, der Beklagte und der Zeuge ....... teilnahmen. Die Fassadenoberfläche befand sich zu diesem Zeitpunkt in dem Zustand, in dem dann die Montage der Oberflächenkonstruktion erfolgt ist. Der Zeuge ………………… maß den Baukörper auf.
Die Klägerin begann mit der Ausführung der Arbeiten.
Mit E-Mail vom 26.10.2015 wies die Klägerin die Zeugin ………………… darauf hin, dass sie bei der Montage der Unterkonstruktion festgestellt habe, dass es Abweichungen zur Zeichnung gebe. Die Zeugin ………………… übersandte mit E-Mail vom 04.11.2015 Zeichnungen. Daraufhin teilte die Klägerin mit E-Mail vom 05.11.2015 mit, aufgrund der korrigierten Zeichnung sei es notwendig, die Unterkonstruktion zu überarbeiten bzw. neu zu planen. Sie werde dies umgehend veranlassen.
Unter dem 01.12.2015 übersandte die Klägerin dem Beklagten ein Nachtragsangebot wegen der Überarbeitung der Konstruktionszeichnungen sowie wegen zusätzlicher Aufwendungen für das passgenaue Ausschneiden und diverser Zulagen über 1.202,00 € netto. Wegen der Einzelheiten wird auf das Nachtragsangebot vom 01.12.2015 (Blatt 16 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit E-Mail vom 07.12.2015 erinnerte die Klägerin an die Freigabe des Nachtrages. Ebenfalls mit Schreiben vom 07.12.2015 forderte die Zeugin ………………… die Klägerin auf, die vereinbarte Leistung zeitnah zu erbringen.
Mit Schreiben vom 14.12.2015 (Anl. B4, Bl. 111 der Gerichtsakte) wies die Zeugin ………………… den Nachtrag zurück. Die Klägerin wurde aufgefordert, die vereinbarte Leistung bis zum 31.12.2015 zu erbringen. Der Beklagte behielt sich vor, den bestehenden Vertrag nach Ablauf dieser Frist zu kündigen.
Der Beklagte und seine Ehefrau befanden sich vom 25.01.2016 bis 29.04.2016 im Ausland. Ob die Klägerin hiervon wusste, ist zwischen den Parteien im Streit.
Die Klägerin beendete ihre Leistungen im Januar 2016. Eine förmliche Abnahme erfolgte nicht.
Die Klägerin legte unter dem 25.01.2016 (Anlage K 5, Blatt 20 der Gerichtsakte) Schlussrechnung über 7.048,86 netto (33,566 m² * 210,00 €), mithin 8.388,14 € brutto auf der Grundlage des Angebotes vom 03.07.2015.
Mit Schreiben vom 25.02.2016 (Anl. K6, Bl. 23 der Gerichtsakte) wies der Beklagte die Rechnung zurück. Der Auftrag für diese Arbeiten sei der Klägerin entzogen worden.
Die Klägerin legte unter dem 14.03.2016 (Anlage K 7, Blatt 24 der Gerichtsakte) Rechnung über weitere 1.102,00 netto, mithin 1.311,38 € brutto, auf der Grundlage des Nachtragsangebotes vom 01.12.2015 für die Überarbeitung der Konstruktionszeichnungen sowie wegen zusätzlicher Aufwendungen für das passgenaue Ausschneiden und einer Zulage für Anpassarbeiten der Fassadendämmung an seitliche Türlaibungen.
Mit Schreiben vom 01.04.2016 mahnte die Klägerin die Bezahlung der Rechnungen über einen Betrag von insgesamt 9.699,2 € an.
Nachdem hierauf keine Reaktion des Beklagten erfolgte, beauftragte die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten mit der Beitreibung der Forderung. Die Klägervertreter forderten den Beklagten mit Schreiben vom 03.08.2016 auf, den noch offenen Betrag in Höhe von 9.699,52 € nebst Zinsen bis spätestens zum 10.08.2016 an die Klägerin zu zahlen.
Die Klägerin hat am 26.09.2016 Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 19.05.2021, der Klägerin am 20.05.2021 zugegangen, hat der Beklagte den Rücktritt vom Werkvertrag erklärt, vorsorglich diesen fristlos aus wichtigem Grund gekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 12 (Blatt 276 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, erst im Zuge der Montage der Unterkonstruktion der Fassadenverkleidung habe sie Ende Oktober 2015 festgestellt, dass es Abweichungen zwischen der tatsächlichen Ausführung und den Zeichnungen gebe. Hintergrund sei gewesen, dass zwischen der ursprünglichen Auftragserteilung und dem Ausführungsbeginn das zu bearbeitende Fassadenteil zusätzlich gedämmt worden war. Die Zeugin ………………… habe daher mit E-Mail vom 04.11.2015 korrigierte Zeichnungen übersandt. Danach sollte der Bereich oberhalb als auch unterhalb des Vordaches in zwei identische Platten aufgeteilt werden. Dies sei vorher anders gewesen. Aus diesem Grund und nicht etwa wegen fehlerhafter Aufmaßnahme vor Ort durch sie sei eine Änderung der Ausführungsplanung notwendig gewesen, die zu dem Nachtrag geführt habe. Es habe sich um eine Umplanung gehandelt. Die Aufteilung der Platten und damit auch der Unterkonstruktion sei danach neu vorzunehmen gewesen. Der mit dem Nachtrag abgerechnete Aufwand sei ihr auch tatsächlich entstanden.
Mängel habe der Beklagte erstmals mit der Klageerwiderung erhoben. Das Werk sei mangelfrei und abnahmefähig. Folgende Erscheinungen lägen nicht vor oder seien nicht als Mangel zu bewerten:
1. An der Verkleidung würden die Abschlüsse zur Wand fehlen, so dass verschieden große (ca. 6-7 cm breite) Spalte zwischen Platte und Wand bestünden.
2. Die Spaltmaße der Platten zueinander seien sehr unterschiedlich breit und außerdem schief zueinander ausgebildet.
3. Alle Platten der Verkleidung seien in sich nicht lotgerecht und gerade abschließend an den Kanten zueinander bzw. zu den Wandkanten montiert. Die Platten würden auch über andere Platten an den Kanten hinüberragen, so dass kein sauberer und einheitlicher Kantenabschluss bestehe.
4. Die Platten hätten ausgefranzte Kanten und bei der Montage sei die Dämmung zerstört worden, eine Befestigungsschraube durchbohre über der Hauseingangstür eine Platte.
5. Die Musterrichtung der im Laibungsbereich der Tür und an der Seite angeschlagenen Platten verlaufe nicht in horizontaler Ausrichtung und anders als bei den anderen Platten.
Die Klägerin ist der Ansicht, es liege eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 Ziffer 1 VOB/B vor. Spätestens seit Mitte Februar 2016 gelte das Werk daher als abgenommen. Die VOB sei gemäß ihrem Angebot wirksam vereinbart worden. Der Beklagte sei durch eine mit der VOB bestens vertraute Architektin vertreten worden. Die Zusendung einer Schlussrechnung enthalte die Erklärung über die Fertigstellung der Leistung.
Mängel lägen nicht vor. Abschlüsse zur Wand seien nicht geschuldet. Sie habe das Werk mangelfrei hinterlassen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.699,52 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2016 zu zahlen sowie
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 745,40 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2016 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt der Beklagte,
die Klägerin zu verurteilen, 18 Stück Trespa-Platten nebst dazugehöriger Unterkonstruktion vollständig vom Eingangsbereich der Fassade des im ………………, …………………-…………………., gelegenen Wohnhauses des Beklagten zu entfernen und die in der Außenfassade nach Entfernung der Unterkonstruktion zurückbleibenden Öffnungen mit dem gleichen Material und in der gleichen Art sowie Güte wie die umgebende Außenfassade zu verschließen.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, die Zeugin ………………… habe auf die E-Mail der Klägerseite vom 26.10.2015 bei der Klägerin angerufen und klargestellt, dass es keine vom Beklagten oder ihr zu vertretende Abweichung der Zeichnungen gebe, sondern von vornherein die tatsächlichen Maße vor Ort zu berücksichtigen gewesen seien. Die Zeugin ………………… habe lediglich in der Annahme, bei der Klägerin seien die Maße des Baukörpers verloren gegangen, deren Arbeit erledigt und die tatsächlichen Maße des Baukörpers nochmals selbst aufgenommen und der Klägerin mit E-Mail vom 04.11.2015 übermittelt. Es würde sich daher nicht um korrigierte Zeichnungen im eigentlichen Sinne handeln, sondern um die Maße, über die die Klägerseite bereits seit dem Aufmaßtermin verfügt habe oder jedenfalls hätte verfügen müssen.
Die klägerische Leistung sei nicht verwendbar. Alle Platten müssten wegen der falschen, die Dämmung zerstörende Unterkonstruktion und wegen der zahlreichen optischen Mängel demontiert werden. Der Mangelbeseitigungsaufwand übersteige die Klageforderung. Der Beklagte macht insofern von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch.
Die Zeugin ………………… habe der Klägerin Ende April 2016 telefonisch die Mängel angezeigt. Anfang Mai 2016 habe hierzu ein gemeinsamer Ortstermin mit der Klägerin stattgefunden.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe selbst die exakten Maße des Baukörpers aufgemessen. Auf die Maße der zunächst überlassenen Zeichnung komme es daher nicht mehr an. Andernfalls wäre der Aufmaßtermin nicht erforderlich gewesen.
Die Überarbeitung der Unterkonstruktion habe die Klägerin wegen fehlender Berücksichtigung der genauen örtlichen Maße selbst verschuldet. Ein Nachtrag sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Ein solcher sei auch nie bestätigt worden. Ausführungsänderungen im Vergleich zur vertraglich geschuldeten Leistung gebe es nicht.
Die VOB/B sei nicht wirksam vereinbart worden. Ihm als Privatperson sei die VOB/B nicht überlassen worden. Es sei nach dem Angebot bereits unklar, welcher Teil der VOB (VOB/A, VOB/B oder VOB/C) einbezogen werden sollte. Zweifel bei der Auslegung würden zu Lasten der Klägerin als Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen. In der Rechnung vom 25.01.2016 sei nicht die Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung zu sehen, denn erst mit Rechnung vom 14.03.2016 habe die Klägerin alles abgerechnet, was ihrer Meinung nach erbracht worden sei. Mit Schreiben vom 25.02.2016 habe der Beklagte jedoch bereits einen Vorbehalt geäußert.
Die Abnahmefiktion greife auch deshalb nicht, weil er und die Zeugin ………………… vom 25.01.2016 bis zum 28.04.2016 durchgängig nicht in Deutschland gewesen seien und sie daher die Leistungen der Klägerin nicht hätten prüfen können. Dies sei der Klägerin aus im Dezember 2015 geführten Gesprächen auch bekannt gewesen. Es sei daher treuwidrig von der Klägerin, sich auf eine etwaige Abnahmefiktion zu berufen.
Er sei zum Rücktritt berechtigt gewesen. Das Gutachten habe die von ihm behaupteten erheblichen Mängel bestätigt. Er habe der Klägerin auch Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben, sowohl mündlich als auch in jedem Fall belegbar durch die Klageerwiderung vom 05.12.2016 unter Fristsetzung zum 22.12.2016. Die Klägerin habe ihm keine vollständige Mangelbeseitigung angeboten. Die angebotene Mangelbeseitigung sei nicht fachgerecht gewesen und hätte daher von ihm nicht geduldet werden müssen. Dies komme einer Nacherfüllungsverweigerung gleich. Denn in dem Schreiben der Klägerseite vom 15.04.2021 (Anl. B5, Bl. 284 der Gerichtsakte) habe die Klägerin nur die Bereitschaft erklärt, optische Mängel und zwar ausdrücklich nur die unterschiedliche Ausrichtung sowie die unterschiedlichen Fugenbreiten und Spaltmaße zu beseitigen. Eine Mangelbeseitigung hinsichtlich der ausgefransten Kanten sei nicht angeboten worden. Die Klägerin habe offenbar dieselben Platten abnehmen und wieder montieren wollen. Die Änderung der Musterrichtung der Platten sei daher auch nicht angeboten worden.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Rücktritt sei mangels neuer Nachfristsetzung ausgeschlossen. Die erste Fristsetzung zur Mangelbeseitigung stamme aus dem Jahr 2016. Hier sei überhaupt noch nicht klar gewesen, ob tatsächlich ein Mangel vorliege, da die Klägerin das Objekt mit einer ordnungsgemäßen Leistung verlassen habe. Folglich habe sich die Klägerin dann nach Feststellung des Sachverständigen entschieden, die Mangelbeseitigung anzubieten. Insoweit sei der jetzt erklärte Rücktritt treuwidrig und verstoße gegen § 323 Abs. 6 BGB.
Es fehle an einer tauglichen zeitnahen Fristsetzung. Des Weiteren habe der Beklagte mit Schreiben vom 25.02.2016 eine Kündigung des Werkvertrages ausgesprochen.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 16.02.2017 (Blatt 138 der Gerichtsakte) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ………………… vom 12.01.2021 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2022 (Blatt 332 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die zulässige Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die Widerklage hat keinen Erfolg.
I. Klage
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Vergütungsanspruch aus dem Werkvertrag wegen des wirksam erklärten Rücktritts des Beklagten mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.05.2021 zwar nicht mehr zu. Die Klägerin hat gegen den Beklagten jedoch einen Anspruch auf Zahlung von Wertersatz in Höhe von 610,06 € gemäß §§ 631, 634 Nr. 3, 323 Abs. 1, 346 Abs. 2 BGB.
Der vom Beklagten erklärte Rücktritt mit Schriftsatz vom 19.05.2021 ist wirksam. Nach § 323 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger, wenn der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß erbracht hat vom Vertrag zurücktreten, wenn er dem Schuldner zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Der Rücktritt wandelt das Vertragsverhältnis der Parteien in ein Rückgewähr- und Abwicklungsverhältnis um. Die bisherigen Leistungsansprüche und Leistungspflichten sind erloschen. Nach dem Rücktritt sind nach § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Ist die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen, hat der Schuldner Wertersatz zu leisten. Dies ist hier der Fall.
Die Rückgewähr eines Bauwerkes oder eines Teils davon ist gemäß § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB in der Regel ausgeschlossen, da die Werkleistung beim Rückbau zerstört oder anderweitig unbrauchbar wird und damit die Rückgewähr nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist. Zwar können die Platten hier relativ einfach entfernt werden. Die Platten sind jedoch auf das Bauwerk des Beklagten zugeschnitten und nach einer Demontage nahezu unbrauchbar.
Der Auftraggeber hat in diesem Fall gemäß § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten, wobei gemäß § 346 Abs. 2 S. 2 BGB bei der Berechnung dieses Wertansatzes grundsätzlich die im Vertrag bestimmte Gegenleistung, also der Werklohn, zugrunde zu legen ist. Der Werklohn ist hier jedoch gemindert aufgrund der Mangelhaftigkeit der Werkleistung.
a. Die Parteien haben auf der Grundlage des Angebotes der Klägerin vom 03.07.2015 einen Werkvertrag über die Anbringung einer sogenannten Trespa-Verkleidung zu einem Einheitspreis von 210,00 € je m² geschlossen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sind hierbei die Regelungen der VOB/B nicht wirksam einbezogen worden. Unabhängig von der Frage, ob dem Beklagten die Regelungen der VOB/B bei Vertragsschluss vorgelegen haben oder dieser sich die Kenntnis der Zeugin ………………… insoweit zurechnen lassen muss, sind die Regelungen der VOB/B schon deshalb nicht wirksam einbezogen worden, weil die insoweit von der Klägerin in Bezug genommene Klausel mehrdeutig ist. Das Angebot der Klägerin vom 03.07.2015 verweist auf die Einbeziehung der “VOB neuster Fassung“. Die VOB besteht aber aus drei selbständigen Teilen, nämlich der VOB/A (Vergaberecht), der VOB/B (Vertragsrecht) und der VOB/C (Anerkannte Regeln der Technik). Es ist daher für den Beklagten als Verbraucher unklar, ob alle drei Teile der VOB gemeint sind oder nur ein Teil davon und wenn ja, welcher. So ist die VOB/A beispielsweise auf den vorliegenden Vertrag mangels Ausschreibung klar unpassend. Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB, hier der Klägerin.
Das Nachtragsangebot der Klägerin vom 01.12.2015 hat der Beklagte hingegen nicht beauftragt, sondern sogar klar abgelehnt mit Schreiben der Zeugin ………………… vom 14.12.2015. Der Kläger hat zudem nicht hinreichend dargelegt, warum das Nachtragsangebot notwendig und gerechtfertigt war, welche Planänderung oder geänderte Vorgabe des Beklagten vorgelegen haben soll. Die Anlagen B1 und K 11 sind identisch. Hinzu kommt, dass die Klägerin ausweislich des Ausführungsplanes, übersandt mit E-Mail vom 17.06.2015 alle Maße zu prüfen bzw. selbst am Bau zu nehmen hatte.
Der Klägerin hätte daher grundsätzlich nur Anspruch auf Zahlung von Werklohn nach dem Angebot vom 03.07.2015 zugestanden. Dieser Werklohnanspruch wird der Bemessung des Wertersatzes zugrunde gelegt.
b. Das Werk der Klägerin ist mangelhaft. Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass folgende Mängel am Werk der Klägerin vorhanden sind:
(1) Die Spaltmaße der Platten zueinander sind unterschiedlich breit und außerdem schief zueinander ausgebildet. Nach den Feststellungen des Sachverständigen liegen die Spaltmaße signifikant unterhalb der geplanten Fugenbreite (Spaltmaß) von 10 mm gemäß Ausführungsplan. Die Fugen sind zudem nicht gleichmäßig breit. Die Fugenbreite ist zum Teil schief ausgebildet.
(2) Die Platten 4 und 5 der Verkleidung sind nicht lotgerecht. Der Grenzwert der Winkelabweichung wird an zwei Stellen deutlich überschritten. An den Platten 10, 11 und 12 und an der Laibung der Haustür wird der Grenzwert der Winkelabweichung an vier Messstellen geringfügig überschritten. An 21 Stellen sind Überstände (Kantenabschluss) vorhanden. Die Platten ragen auch über andere Platten an den Kanten hinüber, sodass kein sauberer und einheitlicher Kantenabschluss besteht.
(3) Die Platten weisen teilweise ausgefranzte Kanten auf.
(4) Die Musterrichtung der im Laibungsbereich der Tür und an der Seite angeschlagenen Platten (Platten Nr. 1, 4, 7, 10, 3, 6, 9 und 13) verlaufen nicht in horizontaler Ausrichtung, sondern in vertikaler Ausrichtung. Ausweislich der E-Mail der Zeugin ………………… vom 13.08.2015 (Anlage K 1, Auftragsbestätigung) hat der Beklagte ausschließlich die Verlegung in horizontaler Ausrichtung beauftragt. Die erbrachte Leistung widerspricht insofern der vereinbarten Beschaffenheit. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist es auch üblich, alle Platten entweder horizontal oder vertikal auszurichten. Eine wie von der Klägerseite eingewandte unterschiedliche Ausrichtung der Platten als Stilmittel/Gestaltungselement war gerade nicht gewünscht bzw. vereinbart worden. Die Abweichung von der klaren Beauftragung stellt sich daher als Mangel dar.
Die übrigen Mängel haben sich nicht bestätigt.
Das Gericht folgt den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. …………………………., auch, soweit dieser die Kosten der Mangelbeseitigung auf ca. 6.536,20 € netto (= 7.778,08 € brutto) geschätzt hat.
Die festgestellten Mängel sind auch auf die Werkleistung der Klägerin zurückzuführen.
Der streitige Einwand der Klägerin, ihre Werkleistung sei zum Zeitpunkt der Beendigung der Arbeiten mangelfrei gewesen, ist unerheblich. Zum einen hat der Sachverständige keine Hinweise auf nachträgliche Veränderungen der Werkleistung der Klägerin gefunden. Zudem obliegt es dem Unternehmer, die Werkleistung zum Zeitpunkt der Abnahme mangelfrei zu übergeben. Eine Abnahme hat jedoch nicht stattgefunden, weder förmlich noch konkludent. Es sollte gerade im Rahmen des laufenden Gerichtsverfahrens festgestellt werden, ob das Werk abnahmefähig ist.
Mangels wirksamer Einbeziehung der VOB/B liegt eine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 Ziffer 1 VOB/B nicht vor. Hinzu kommt, dass der Einwand der Klägerin sich offensichtlich nicht auf den Mangel der nicht einheitlich verlegten Platten in horizontaler Ausrichtung bezieht. Allein dieser Mangel würde den Beklagten jedoch schon zum Rücktritt berechtigen.
c. Die festgestellten Mängel sind in der Summe auch erheblich, § 323 Abs. 5 BGB, die Pflichtverletzung der Klägerin mithin nicht unerheblich. Die Trespaverkleidung dient als Gestaltungsmittel. Das optische Erscheinungsbild war wesentlich für die Werkleistung. Auf das optische Erscheinungsbild kam es dem Auftraggeber erkennbar gerade an.
d. Der Beklagte hat der Klägerin im Rahmen der Klageerwiderung auch erfolglos eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel gesetzt. Die Klägerin hat die Mängel nicht in der Frist (bis zum 22.12.2016) beseitigt oder sonst erklärt, die Mängel beseitigen zu wollen.
Das Zuwarten des Beklagten mit der Erklärung des Rücktritts bis zum 19.05.2021 stellt sich auch nicht als treuwidrig und damit als Verstoß gegen § 242 BGB dar. Solange der Gläubiger den Rücktritt nicht erklärt hat, bestehen der Erfüllungsanspruch und das Rücktrittsrecht nebeneinander.
Die Ausübung des Rücktrittsrechts durch den Gläubiger kann im Einzelfall zwar gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen (BGH, Urteil vom 20.01.2006 – V ZR 124/05 –, juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Das bloße Zuwarten des Beklagten bis zur Erstellung des Gutachtens stellt sich nicht als treuwidrige Verzögerung der Rücktrittserklärung dar. Der Beklagte hat durch sein Verhalten nicht zu erkennen gegeben, dass er von der Möglichkeit des Rücktritts keinen Gebrauch machen wird.
e. Der Höhe nach bemisst das Gericht auf der Grundlage der vom Sachverständigen ermittelten voraussichtlichen Kosten zur Beseitigung der festgestellten Mängel den Wertersatzanspruch der Klägerin auf 610,06 €. Die Kosten zur Beseitigung der Mängel schätzt das Gericht auf die vom Sachverständigen geschätzten 7.778,08 € brutto. Der Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem Angebot vom 03.07.2015 beträgt gemäß Rechnung vom 25.01.2016 8.388,14 € brutto. Unter Abzug der Mangelbeseitigungskosten verbleibt ein Wertersatzanspruch in Höhe von 610,06 € (8.388,14 € abzüglich 7.778,08 €).
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
Bis zum Zugang der Rücktrittserklärung am 20.05.2021 war der Anspruch der Klägerin nicht fällig mangels Abnahme. Nach § 641 Abs. 1 BGB wird die Vergütung erst bei der Abnahme des Werkes fällig. Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen stand der Klägerin aus Verzug mithin nicht zu. Verzug kann erst nach Fälligkeit eintreten. Ein Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB besteht erst ab Eintritt der Fälligkeit, hier ab Zugang der Rücktrittserklärung.
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten aus Verzug oder sonst einem Rechtsgrund. Mangels Abnahme (siehe oben) war die Klageforderung zum Zeitpunkt der Beauftragung der Klägervertreter noch nicht fällig. Verzug konnte daher noch nicht vorliegen.
Ebenso liegt keine Pflichtverletzung des Beklagten vor.
II. Widerklage
Der Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Entfernung der 18 Trespaplatten nebst dazugehöriger Unterkonstruktion und Verschluss der nach Entfernung der Unterkonstruktion zurückbleibenden Öffnungen wegen des erklärten Rücktritts aus § 346 BGB.
Nach § 346 Abs. 1 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte statt der Rückgewähr der Werkleistung nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB Wertersatz zu leisten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter I. Bezug genommen.
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
IV. Der Gebührenstreitwert wird auf 11.999,52 € festgesetzt.
Der Gebührenstreitwert der Klage beträgt 9.699,52 €.
Den Gebührenstreitwert der Widerklage schätzt die Kammer gemäß § 3 ZPO auf der Grundlage der vom Sachverständigen geschätzten Kosten auf 2.300,00 €.
Hierbei hat das Gericht die Positionen 1, 2, 4, 5 und 6 der Kostenschätzung des Sachverständigen angesetzt sowie weitere 400,00 € für das begehrte Verschließen der am Baukörper verbleibenden Öffnungen. Die Positionen 3, 7 und 8 sind nach Ansicht des Gerichts für das reine Demontieren nicht erforderlich. Dies ergibt in der Summe 1.892,00 € netto, mithin 2.251,48 € brutto. Diesen Betrag hat das Gericht im Rahmen der Kostenschätzung leicht auf 2.300,00 € erhöht.
In einer Klage und einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet, § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG. Klage und Widerklage betreffend vorliegend nicht denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG.