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Entscheidung 6 U 10/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 24.09.2024
Aktenzeichen 6 U 10/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0924.6U10.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.01.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 12 O 286/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages erbringt.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die beklagte Anwaltssozietät wegen anwaltlicher Pflichtverletzung und im Zusammenhang mit einer vermittelten Prozessfinanzierung auf Schadensersatz in Anspruch, widerklagend verlangt die Beklagte Zahlung anwaltlicher Vergütung. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ist Erzieherin. Sie war aufgrund Erbfalls Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in der St.-straße in P. geworden und hatte im Jahr 1992 im Zusammenhang mit der Abwicklung der Erbschaftsangelegenheit Rechtsanwältin K. mandatiert. Anwaltlich beraten durch Rechtsanwältin K. gründete die Klägerin gemeinsam mit einem Dritten 1995 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und brachte das Grundstück in die Gesellschaft ein. 1998 veräußerte die Klägerin ihren Gesellschaftsanteil.

Im Jahr 2009 beauftragte die Klägerin die Beklagte, deren Sozius Rechtsanwalt Dr. B. sie im Zusammenhang mit der Betreuung seines Kindes in der Kita kannte, mit der Geltendmachung ihrer Rechte gegenüber Frau Rechtsanwältin K. wegen Verletzung ihrer aus dem Mandatsverhältnis resultierenden Pflichten (Bl. 84 d.A.). In der Kanzlei der Beklagten hatte die Klägerin zunächst Kontakt mit Rechtsanwältin L., die sich mit dem Fall überfordert sah und meinte, dass sie keine Chancen sehe, bevor sich Rechtsanwalt Dr. B. des Falles annahm. Er erklärte, die Klägerin solle ihre Bedenken zurückstellen, weil eine Prozessfinanzierung möglich sei und er den Prozess unbedingt führen wollte. Das Risiko liege allein bei seiner Kanzlei, so dass die Klägerin keine finanziellen Einbußen befürchten müsse.

Die Beklagte erhob sodann für die Klägerin Ende 2009 Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Zahlung in noch zu beziffernder Höhe gegen Rechtsanwältin K. (Landgericht P. Az.: …0). Die Beklagte gab den vorläufigen Streitwert mit 5.001 € an und zahlte den Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 408 € ein. Nach Übergang in die Zahlungsstufe bezifferte die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.01.2013 für die Klägerin den im Prozess verfolgten Zahlungsantrag zunächst auf 150.000 € (Bl. 189 Beiakte) und leitete einen ihr dafür von der Klägerin übermittelten Teilbetrag des Gerichtskostenvorschusses von 1.500 € an die Gerichtskasse weiter. Die Parteien führten sodann am 13.03.2013 ein Beratungsgespräch, zu dem Rechtsanwalt Dr. B. ein „Abstimmungsprotokoll“ erstellte. Dort heißt es u.a. auf S. 4 (Bl. 193 d.A.):

„Frau Le. [Klägerin] teilt mit, dass sie 1.500,00 EUR als Kostenvorschuss für die anfallenden Gerichtskosten gezahlt hat. Ich stimme mit ihr ab, dass ich für sie die weiteren 1.500,00 EUR alimentiere.

Ich treffe mit Frau Le. eine gesonderte schriftliche Vereinbarung, die unter *honorar zusammengefasst wird. Demgemäß vereinbaren wir, was sie gesondert unterzeichnet, dass ich die weitergehenden Gerichtskosten (auch bis zu der Klageerweiterung, die vorgesehen ist) für sie verauslage.

Sie akzeptiert im Gegenzug eine Gebühr von 2,5 aller festzusetzenden Kosten.

Darüber hinaus wäre die Frage eines Erfolgshonorars zu erörtern, dies ist jedoch standesrechtlich nicht zulässig. Insoweit wird eine Provisionsvereinbarung für einen Geschäftsbesorger vereinbart werden. Näherer wird noch abgestimmt.“

In der Folge führte Rechtsanwalt Dr. B. eine „Vereinbarung zur Prozessfinanzierung“ mit Datum 22.03.2013 zwischen der Klägerin und der C. … Ltd. (im Folgenden: C. Ltd.) herbei, einer auf Z. ansässigen Gesellschaft, in der Rechtsanwalt Dr. B. die Stellung eines Direktors innehat. Die Vereinbarung wurde auf Seiten der C. Ltd. durch deren Generalbevollmächtigten Ch. G. unterschrieben, einen langjährigen juristischen Mitarbeiter in der Kanzlei der Beklagten, der der Klägerin durch Rechtsanwalt Dr. B. auch in diesen beiden Funktionen vorgestellt wurde. In der Vereinbarung heißt es:

„Vereinbarung zur Prozessfinanzierung

zwischen

1) De. Le. (Klägerin) und

2) C. Ltd (nachfolgend PF), vertreten durch den Generalbevollmächtigten, Ch. G.

1. Die Klägerin macht Ansprüche gegen ihre vormalige Rechtsanwältin K. wegen der Auseinandersetzung der GbR St.-straße und aus Treuhandschaft geltend. (Aktenzeichen: …0).

2. Die Klägerin hat nur begrenzte finanzielle Mittel den Prozess zu führen und auch nicht den Gerichtskostenvorschuss für die Klageerweiterung. Im Mandat stehen die K. Rechtsanwälte.

3. Eingedenk dieser Umstände wird Folgendes vereinbart:

3.1 Die PF finanziert der Klägerin den Prozess, dass heißt übernimmt ab jetzt alle Gerichtskosten - soweit sie nicht bezahlt sind - und alle Kosten die im laufenden Verfahren anfallen (Kosten der Gegenseite, Anwaltskosten usw.). Die Kostenübernahme erfolgt auf alleiniges Risiko von PF, ohne das ein Erstattungsanspruch gegen die Klägerin besteht.

3.2. Sowohl die Klägerin als auch PF als auch die Anwälte gehen von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Geltendmachung der Klageforderung auf Zahlung und Auseinandersetzung aus.

3.3 Für den Fall der erfolgreichen Titulierung und Vollstreckung gilt folgende Aufteilung wegen der Prozessfinanzierung:

Zunächst werden alle tatsächlichen Auslagen und Kosten von dem Erlös abgezogen und an PF erstattet der verbleibende Erlös steht zu 85% der Klägerin und zu 15% der PF zu.

3.4 PF verpflichtet sich eine entsprechende Abrechnung vorzunehmen. PF stellt die Klägerin auch von allen Kosten frei und wird auf erstes Verlangen die Zahlung vornehmen.

3.5. Wird der Prozess verloren hat die Klägerin keine Zahlungen an den Gegner und die Gerichtskasse vorzunehmen. Dies übernimmt für sie mit alleinigem Risiko nur die PF.

3.6 Die Klägerin ist ausdrücklich damit einverstanden, dass die Prozessvertretung durch K. Rechtsanwälte erfolgt, auch wenn einer der Anwälte einer der Direktoren der PF ist.“

In der Folge erweiterte die Beklagte die Klage namens der Klägerin auf einen Zahlungsbetrag von 1.102.111,04 € (Bl. 475 Beiakte). Mit Schlussurteil vom 12.12.2014 wies das Landgericht die Klage ab.

Die Parteien, die Beklagte dabei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B., berieten sodann über die Einlegung von Rechtsmitteln, der Inhalt der Gespräche ist zwischen den Parteien streitig. In der Folge legte die Beklagte für die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht B. ein, die mit Urteil vom 27.07.2016, Az.: …5, zurückgewiesen wurde. Seit Abschluss der Prozessfinanzierungsvereinbarung bis zu diesem Zeitpunkt waren der Klägerin im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit keine Kosten in Rechnung gestellt worden.

Am 08.08.2016 beauftragte Rechtsanwalt Dr. B. einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung der Klägerin im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde. Wann und mit welchem Inhalt Beratungsgespräche über ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts geführt wurden, ist zwischen den Parteien streitig. Unter dem 31.08.2016 übersandte Rechtsanwalt Dr. B. der Klägerin die Kostenrechnung der beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten und fügte hinzu: „Ich schlage vor, dass wir uns den Honoraranspruch wie folgt teilen: Sie zahlen 10.000 EUR und ich übernehme die restlichen 4.154,93 EUR (Anlagenheft Kläger KB-4 eAkte). Mit E-Mail vom 02.09.2016 forderte Rechtsanwalt Dr. B. die Klägerin auf, „die Hälfte der Rechnung der BGH-Anwälte“ kurzfristig zu zahlen (K5, Bl. 32 d.A.). Dies lehnte die Klägerin unter Hinweis auf die Prozessfinanzierungsvereinbarung ab (E-Mail vom 09.09.2016, K6, Bl. 33 d.A.). Am 15.02.2017 unterzeichneten auf Betreiben von Rechtsanwalt Dr. B. die Klägerin und der Generalbevollmächtigte der C.Ltd. G. eine schriftliche Vereinbarung über die Abänderung der Prozessfinanzierungsvereinbarung vom 22.03.2013 (Bl. 37 d.A.), wonach Ziff. 3.3. jener Vereinbarung wie folgt lauten soll:

„3.3. Für den Fall der erfolgreichen Titulierung und Vollstreckung gilt folgende Aufteilung der eingezogenen Beträge:

Zunächst werden alle Auslagen, Kosten/Rechtsanwaltsgebühren von dem Erlös abgezogen und an die Prozessfinanziererin (in Höhe der dieser entstandenen Kosten/Auslagen) bzw. das Büro K. Rechtsanwälte (in Höhe der dort entstandenen und noch offenen Rechtsanwaltsgebühren und etwaiger noch offener Auslagen) erstattet.

Der verbleibende Erlös steht zu 50 % der Klägerin und zu 50 % der Prozessfinanziererin zu.“

Bei einem Besprechungstermin am 15.03.2017, anberaumt weil Rechtsanwalt Dr. B. Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Klägerin unter der Zusatzvereinbarung vom 15.02.2017 hegte, erklärte dieser in Bezug auf die Veränderung der vertraglichen Vereinbarungen, dass schon zu diesem Zeitpunkt ca. 50.000 € an Gebühren angefallen seien und dass die Sache so arbeitsintensiv sei. Von der Klägerin auf die zu diesem Zeitpunkt noch offene Zahlung der Kosten angesprochen, kündigte Rechtsanwalt Dr. B. an, die Zahlung sofort zu veranlassen, nachdem die Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Klägerin beseitigt seien.

Der Bundesgerichtshof wies die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 19.04.2018, Az.: …6, ab. In der Folge erklärte Rechtsanwalt Dr. B. in einem weiteren Gesprächstermin am 11.07.2018, ein weiteres Vorgehen gegen Rechtsanwältin K. sei nicht vom Prozessfinanzierungsvertrag umfasst. In diesem Gespräch kamen auch die noch offenen Kosten für das Gericht und die Kosten der Gegenpartei zu Sprache. Da Rechtsanwalt Dr. B. die Zahlung der noch offenen Kosten über den Prozessfinanzierungsvertrag verweigerte, kam es zu einem Streit, in dessen Folge die Klägerin das Mandatsverhältnis mit der Beklagten kündigte.

Gegenüber dem daraufhin von der Klägerin mandatierten Prozessbevollmächtigten erklärte Herr G. als Generalbevollmächtigter der C. Ltd. mit E-Mail vom 13.07.2018, weder die Klägerin noch einen „Rechtsstreit St.-straße“ und auch nicht ein Verfahren vor dem BGH zu kennen (Bl. 239 d.A.). Auf eine Zahlungsaufforderung der Klägerin ließ die C. Ltd., vertreten durch einen zypriotischen Anwalt, im März 2019 mitteilen, den Sachverhalt nicht zu kennen, Rechtsanwalt Dr. B. habe jede Verpflichtung abgelehnt.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Erstattung bzw. Freistellung von den gegen sie mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.09.2018 festgesetzten Kosten der Prozessvertreter von Rechtsanwältin K. über 17.305,50 € (II. Instanz) und 9.228,33 € (Nichtzulassungsbeschwerde) sowie den von dem Bundesamt für Justiz für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde erhobenen Gerichtskosten in Höhe von 7.437 €. Die Klägerin forderte die Beklagten unter dem 27.03.2019 erfolglos auf, für die Bezahlung der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten zu sorgen (Bl. 38 d.A.).

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihre Verpflichtungen aus dem Rechtsanwaltsvertrag, insbesondere ihre Aufklärungspflicht über bestehende Prozessrisiken gröblich verletzt und ihr einen Schaden zugefügt. Die Beklagte habe ihr deshalb die an den Prozessgegner gezahlten sowie die vom Bundesamt für Justiz für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren in Rechnung gestellten Kosten zu erstatten bzw. sie von diesen freizustellen. Die Beklagte habe unrichtig beurteilt, ob der Sachverhalt Grundlage für einen erfolgreich gegen Rechtsanwältin K. geltend zu machenden Anspruch sein könne und habe sie falsch beraten, ob und wie gerichtlich vorzugehen sei. Sie habe es nicht vermocht, zu den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen erfolgreich vorzutragen. Die Sache sei von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Die Klageerhebung und die nachfolgende Einlegung der Berufung seien mit ihr nicht abgesprochen gewesen, sie sei erst nachträglich informiert worden. Risiken des Berufungsverfahrens und der Nichtzulassungsbeschwerde seien, auch in Zusammenhang mit der Prozessfinanzierung, nicht besprochen worden. Sie habe nicht die Möglichkeit gehabt, über die Berufungsschrift oder die Strategie für die Berufung mit Rechtsanwalt Dr. B. zu sprechen, obwohl diesem bewusst gewesen sei, dass ihr eine Absprache in jedem Punkt wichtig gewesen sei. Es habe in mehreren Jahren des Mandatsverhältnisses so gut wie keine Termine gegeben. Immer wieder, wenn sie – als gelernte Kindergärtnerin juristisch unbedarft – Rechtsanwalt Dr. B. auf mögliche Prozessrisiken angesprochen oder ihm mitgeteilt habe, aufgeben zu wollen (wie nach dem verlorenen Landgerichtsprozess) habe er sie damit überzeugt, dass wegen der Prozessfinanzierung kein Risiko bestünde. Nach dem die Berufung zurückweisenden Urteils des Oberlandesgerichts habe Rechtsanwalt Dr. B. von Aufhören nichts wissen wollen. Er habe nach Zustellung des Urteils am Freitag, den 05.08.2016 sofort am Montag Vormittag, dem 08.08.2016, eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwaltskanzlei mit der Vertretung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beauftragt, ohne ihr zuvor Gelegenheit zu geben, das Berufungsurteil in Ruhe durchzulesen und sich erklären zu lassen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie müsse sich nicht auf die C. Ltd. verweisen lassen. Die Beklagte habe in Wahrheit ein Eigengeschäft betrieben, sie habe nur vorgegeben, für die C. Ltd. zu handeln, Vertretungsmacht sei ihr nicht eingeräumt gewesen. Die C. Ltd. sei von der Beklagten nur als Mittel vorgeschoben worden, um durch eine vermeintliche Prozessfinanzierung standeswidrig eine Gewinnbeteiligung in enormer und unzulässiger Höhe zu erhalten.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 33.964,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Zustellung der Klage zu bezahlen

hilfsweise:

die Klägerin von allen Kostenforderungen der Rechtsanwältin K. gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss des LG P. Az.: …0 vom 07.09.2018 über 17.304,50 €, Rechtsanwälte J. & H. gemäß Rechnung vom 23.04.2018 in Höhe von 9.228,33 € und von Gerichtsgebühren in Höhe von 7.432 € gegenüber der Rechnungsstelle des Bundesgerichtshofes freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den Zahlungsantrag als unzulässig angesehen und dazu angeführt, es fehle an einem Schaden, weil die Klägerin einräume, die Kosten noch nicht vollständig bezahlt zu haben. Im Übrigen hat die Beklagte eine anwaltliche Pflichtverletzung, einen Schaden der Klägerin sowie die Kausalität der vorgeblichen Pflichtverletzung für den Schaden in Abrede gestellt und die Auffassung vertreten, die Klägerin hätte zunächst ihren Prozessfinanzierer in Anspruch nehmen müssen.

Die Beklagte hat dazu insbesondere vorgetragen, einer Aufklärung über finanzielle Risiken habe es zunächst nicht bedurft, weil das Verfahren vor dem Landgericht mit Teilversäumnisurteil zur Auskunftserteilung und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfolgreich gewesen sei. Zudem sei die Klägerin u.a. durch die ihr übersandten Aktenvermerke und Abstimmungsprotokolle, z.B. vom 13.03.2013 (Anlage S3, Bl. 190 d.A.), stets umfassend aufgeklärt und belehrt worden. Insbesondere in den Gesprächsterminen am 22.03.2013 bzw. 15.02.2017 sei ihr deutlich gemacht worden, dass die Durchsetzung der Ansprüche wegen der komplizierten Strukturen der Tatsachen nicht zwingend gesichert sei und dass deshalb eine Prozessfinanzierung erfolgen solle. Dr. B. habe der Klägerin erklärt, dass die umfangreiche und komplizierte Angelegenheit nicht zwingend zu einem Erfolg führen müsse, weil sie, die Klägerin, selbst keine Tatsachen aufgearbeitet habe, dies von ihren Anwälten durch Studium umfangreiche Akten erbitte und auch eine Kommunikation mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens mit lösungsorientierten Ansätzen zu keinem Zeitpunkt durchgeführt habe. Sie habe vielmehr mitgeteilt, dass sie zu dem Sachverhalt überhaupt nichts selbst beitragen könne.

Nach Übermittlung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin im Rahmen einer Besprechung in Anwesenheit des Zeugen G. am 06.01.2015 darauf hingewiesen worden, dass die Durchführung der Berufung ein schwieriges Unterfangen sei, aber gleichwohl durchgeführt werden solle. Die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte seien allerdings vor den entsprechenden Beratungsgesprächen zur Einlegung von Rechtsmitteln bereits fest entschlossen gewesen, weil das Risiko eines finanziellen Nachteils für sie wegen der Prozessfinanzierung kein Problem gewesen sei. Bereits der Umstand, dass die Klägerin einen Prozessfinanzierungsvertrag abgeschlossen habe, indiziere, dass sie mit Schwierigkeiten bei der Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche gerechnet habe, die Durchsetzung ihrer Ansprüche aber zwingend gesichert wissen wollte. Gleichzeitig habe sie allerdings ihre Pflichten zur Zuarbeit verletzt, zu der sie u.a. ausweislich des Aktenvermerks vom 03.06.2016 über die Besprechung am 01.06.2016 (Anl. S6, Bl. 229 d.A.) aufgefordert worden sei.

Betreffend die Frage, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde habe eingelegt werden sollen, habe am 05.08.2016 in Anwesenheit des Zeugen G. ein umfassendes persönliches Gespräch stattgefunden, bei dem auf alle prozessualen und materiell-rechtlichen Risiken der Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen worden sei, insbesondere darauf, dass die Chancen vor dem BGH etwa bei 5 - 10 % stünden und eine abschließende Beurteilung von der Fachkompetenz der beim BGH zuständigen Anwälte abhänge. Rechtsanwalt Dr. B. habe dem Ansinnen der Klägerin und ihres damaligen Lebensgefährten, wegen der Verkündungsmängel Revision einzulegen, nicht widersprochen, weil offensichtlich formelle, einer revisionsrechtlichen Betrachtung zugängliche Fehler des Urteils hätten vorliegen können. Es sei nicht seine Pflicht gewesen, die enthusiastische Klägerin, die für sich bereits entschieden habe, Revision einzulegen, zu bremsen. Eine Haftung für die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Beurteilung der Erfolgsaussichten dafür nicht im Rechtszug der Vertretung vor dem Berufungsgericht, sondern von dem Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof vorzunehmen sein.

Die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden entgegenhalten lassen, weil sie nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde und Kündigung des Mandats die maßgeblichen Ansprüche gegen Rechtsanwältin K. nicht mehr durch Verwertung der letzten Eigentumswohnung durchgesetzt und damit die Prozesskosten insgesamt nicht abgedeckt hätte. Dazu sei die Klägerin umfassend beraten worden. Durch die Mandatskündigung habe sich die Klägerin gegen die Interessen ihres Prozessfinanzierers gestellt und es an der notwendigen Rücksicht und Vertragstreue fehlen lassen. Die Absprachen über eine mögliche Prozessfinanzierung seien nicht Grundlage für die anwaltliche Mandatierung gewesen, diese sei bereits zuvor erfolgt.

Mit Schriftsatz vom 20.05.2020 hat die Beklagte Widerklage erhoben wegen der in dem Rechtsstreit gegen Rechtsanwältin K. entstandenen Rechtsanwaltsvergütungsansprüche in Höhe von 14.721,49 € für die erste Instanz (LG P.; Az.: …0), 17.226,92 € für die zweite Instanz (OLG B., Az.: …5) und 4.025,77 € für ihre Tätigkeit als Korrespondenzanwalt im Zusammenhang mit der Nichtzulassungsbeschwerde (BGH, Az.: …6). Für die Berechnung wird auf Bl. 81f. d.A. Bezug genommen.

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 35.974,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie hat es als unredlich beurteilt, dass die Beklagte ihr gegenüber Vergütungsansprüche abrechne, obwohl Rechtsanwalt Dr. B. als Direktor der C. Ltd. die Kostenfreistellungsvereinbarung bekannt gewesen sei. Seine Einlassung, das Risiko des Prozesses liege allein bei seiner Kanzlei und die Klägerin müsse keine finanziellen Einbußen befürchten, habe eine entsprechend hohe Gewinnbeteiligung der Beklagten bedeutet. Die Beklagte habe das Konstrukt der Prozessfinanzierung geschaffen, um unbedingt einen - wie es zu Beginn aussah - für sie am Ende sehr rentablen Prozess führen zu können. Die Prozessfinanzierung sei damit Teil der Geschäftsgrundlage im Mandatsverhältnis gewesen, die verspätete Rechnungsstellung sei zudem treuwidrig. Im Übrigen hat die Klägerin die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Beklagte nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen G., Ka. und Sc. (Bl. 241, 315ff. d.A.) auf die Klage antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 33.964,83 € wegen anwaltlicher Pflichtverletzung gemäß §§ 611, 675, 280 BGB zu. Die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem Mandatsvertrag verletzt, weil sie, wie die Beweisaufnahme ergeben habe, die Klägerin nicht auf die Risiken, insbesondere die finanziellen Risiken in allen drei Instanzen des Rechtsstreits hingewiesen habe. Die Aussage des Zeugen G. habe eine den Pflichten eines Rechtsanwalts entsprechende Beratung nicht belegt.

Eine Pflichtverletzung liege auch darin, dass die Beklagte der Klägerin die Finanzierung des Prozesses durch einen konkret von ihr benannten Prozessfinanzierer vorgeschlagen habe, der sich zwar verpflichtet habe, die laufenden Kosten im Verfahren zu übernehmen, jedoch im Ergebnis nicht bereit gewesen sei, dies tatsächlich zu tun. Die Beklagten hätten insoweit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, da einer ihrer Rechtsanwälte auch Direktor des Prozessfinanzierers gewesen sei. Die Klägerin sei durch die Beklagten in gutem Glauben gelassen worden, dass sie durch das Gerichtsverfahren keinen finanziellen Verlust erleiden werde.

Die Pflichtverletzung sei für den in Höhe der Anwalts- und Gerichtskosten entstandenen Schaden ursächlich geworden. Die Klägerin habe insoweit zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass sie den Prozess gegen Rechtsanwältin K. bei einem Streitwert von über 1 Million € nicht hätte führen können und nicht geführt hätte, wenn die Beklagte ihr nicht den Vertrag mit der rechtlich mit einem der Gesellschafter der Beklagten verbundenen C. Ltd. vermittelt hätte.

Die zulässige Widerklage sei nicht begründet. Die Gebühren für das im Jahr 2014 beendete erstinstanzliche Verfahren und das im Jahr 2016 beendete zweitinstanzliche Verfahren seien bei Einreichung der Widerklage am 25.05.2020 bereits verjährt gewesen. Auch ein möglicher Anspruch der Beklagten auf eine Erstberatungsgebühr nach § 34 RVG sei verjährt. Kosten für das Nichtzulassungsverfahren vor dem BGH könne die Beklagte wegen der ihr vorzuhaltenden anwaltlichen Pflichtverletzung nicht geltend machen. Zwar könne ein Rechtsanwalt trotz Schlechterfüllung eines Anwaltsdienstvertrages grundsätzlich eine anwaltliche Vergütung verlangen. Dies gelte aber nur, wenn das Honorar nicht selbst aus einer Pflichtverletzung resultiere. Dass der Honoraranspruch der Beklagten auch bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung entstanden wäre, sei nicht erkennbar.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 13.01.2023 zugestellte Urteil des Landgerichts Potsdam mit am 02.02.2023 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 13.03.2023 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie rügt, das Urteil sei verfahrensfehlerhaft ergangen, weil ohne Parteianhörung nachträglich in das Protokoll eingefügt worden sei, dass die Akten zum Az.: …0 Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien, obwohl keine Fragestellung aus der beigezogenen Ausgangsakte besprochen worden sei. Zudem habe das Landgericht den Sachvortrag nicht vollständig erfasst und ihr Tatbestandsberichtigungsantrag sei zu Unrecht ganz überwiegend zurückgewiesen worden.

Das Landgericht habe fehlerhaft die vorgelegten Anlagen und Abstimmungsprotokolle wie auch die Ausführungen zu der umfangreichen Beratung der Klägerin nicht gewürdigt, obwohl die Klägerin dem Inhalt der Protokolle nicht entgegengetreten sei. Stattdessen habe es Beweis erhoben über die nicht bestrittene Beratung. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei unzutreffend, insbesondere habe die Aussage des Zeugen G. anschaulich belegt, dass die Klägerin auch im Hinblick auf das Nichtzulassungsverfahren ausreichend beraten worden sei. Die Aussage des gegenbeweislich benannten Zeugen Ka. sei nicht geeignet gewesen, die Aussage des Zeugen G. in Zweifel zu ziehen. Das Landgericht habe bei der Würdigung schließlich nicht berücksichtigt, dass die Klägerin unstreitig wegen der ihr bekannten erheblichen Risiken, über die sie ihrem Empfängerhorizont gemäß belehrt worden sei, eine Vereinbarung über die Prozessfinanzierung geschlossen habe. Sowohl Rechtsanwalt Dr. B. als auch Herr G. hätten jeweils bei Unterzeichnung der Prozessfinanzierungsvereinbarungen am 22.03.2013 bzw. am 15.02.2017 in einem Gespräch verdeutlicht, dass die Durchsetzung der Ansprüche wegen der komplizierten Struktur der Tatsachen nicht zwingend gesichert sei. Durch welche Pflichtverletzung ein Schaden entstanden sei, habe die Klägerin nicht dargelegt. Sie habe insbesondere nicht vorgetragen, welche alternative Entscheidung sie getroffen hätte, wenn sie in der Sache anders beraten worden wäre.

Ihr, der Beklagten, sei auch im Hinblick auf die Prozessfinanzierung keine Pflichtverletzung vorzuhalten. Als Prozessbevollmächtigte hafte sie nicht für mögliche Leistungsstörungen im Prozessfinanzierungsverhältnis. Im Übrigen habe der Prozessfinanzierer zu Recht von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht, nachdem die Klägerin sich dazu entschieden habe, das Mandatsverhältnis zur Beklagten zu beenden, ohne die aufgezeigte Möglichkeit der weiteren Durchsetzung der Ansprüche gegen Rechtsanwältin K. wahrzunehmen. Das Landgericht gehe willkürlich davon aus, dass die Klägerin durch die Beklagte in dem Glauben gelassen worden sei, durch die Gerichtsverfahren keinen Schaden zu erleiden.

Auch die Voraussetzungen einer Sachwalterhaftung seien in ihrer Person nicht erfüllt. Diese Konstruktion diene der Erstreckung der Haftung auf außerhalb eines angebahnten Vertrages stehende Dritte, zu denen keinen direkte vertragliche Beziehung bestehe. Dies sei wegen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Anwaltsvertrages in ihrem Verhältnis zur Klägerin aber nicht der Fall. Die Frage der Prozessfinanzierung stelle auch keine außerhalb des eigentlichen Anwaltsvertrages liegende Möglichkeit dar, denn es gehöre zu den Berufs- und Beratungspflichten eines Rechtsanwalts Wege einer Prozessfinanzierung zu erörtern. Entsprechend habe sie auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung hingewiesen und hierfür die C. Ltd. vorgeschlagen; sie habe die Verhandlungen mit der C. Ltd. nicht beeinflusst und diese habe die Prozessfinanzierung selbständig ausgestaltet, ohne dass sie, die Beklagte, Vertragsinhalte bestimmt habe. Weder sie noch Rechtsanwalt Dr. B. seien am Erfolg des Geschäftes beteiligt und Rechtsanwalt Dr. B. erhalte als Direktor der C. Ltd. kein Geschäftshonorar. Dass er als Direktor ein allgemeines Interesse am Erfolg seines Unternehmens habe, begründe noch keine Sachwalterhaftung.

Auch wenn man eine Sachwalterhaftung annähme, fehlte es jedenfalls an einer Pflichtverletzung, denn sie habe die Klägerin über die Prozessrisiken erster und zweiter Instanz sowie die grundsätzliche Erfolgsaussicht vor dem BGH aufgeklärt. Eine entsprechende Pflichtverletzung sei für den geltend gemachten Schaden auch nicht kausal geworden. Denn soweit der Vorwurf einer vermeintlich pflichtwidrigen Beratung über die Prozessfinanzierung in Rede stehe, wäre bei richtiger Beratung die Auswahl eines anderen Prozessfinanzierers möglich gewesen. Dass die Klägerin dann von der Klageerhebung abgesehen hätte, sei abwegig.

Die Parteien hätten über den Mandatsvertrag hinaus auch keinen selbständigen Garantievertrag abgeschlossen. Die Klägerin habe sie insbesondere nicht mit einem gesonderten Mandat hinsichtlich des Abschlusses einer Prozessfinanzierungsvereinbarung mit der C. Ltd. beauftragt. Wegen der Finanzierungsabrede sei jedenfalls der Anwaltsvertrag nicht nichtig, weil die Abrede nicht zwischen ihr und der Klägerin, sondern zwischen dieser und der C. Ltd. geschlossen worden sei. Selbst wenn ein - nicht geschuldetes - Erfolgshonorar Gegenstand des Anwaltsvertrages geworden wäre, stünden ihr jedenfalls mindestens Ansprüche auf die gesetzliche Vergütung zu.

Die Klägerin habe den behaupteten Schaden nicht substantiiert. Sie habe insbesondere nicht nachgewiesen, auf die streitgegenständlichen Kostenforderungen Zahlungen geleistet zu haben. Im Übrigen treffe die Klägerin ein Mitverschulden, weil sie ihren Prozessfinanzierer nicht in Anspruch genommen habe, dem gegenüber ihr ein vollwertiger Ersatzanspruch zustehe.

Auch die Ausführungen des Landgerichts zu dem vermeintlichen Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden seien nicht nachvollziehbar. Die Kosten für das Verfahren vor dem Landgericht seien angefallen und die Durchführung der Berufung sei klägerseitig bestimmt und gefordert worden.

Die Widerklageforderung sei nicht verjährt, weil die Verjährung der Ansprüche aus dem Anwaltsdienstvertrag erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden sei, zu laufen begonnen habe, also am 31.12.2018.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an sie 35.974,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Potsdam zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt, die Beklagte habe ihre anwaltlichen Pflichten dadurch verletzt, dass sie sie nicht über alle, insbesondere finanziellen Risiken des gerichtlichen Verfahrens in allen Instanzen aufgeklärt habe. Zudem habe sie sie durch einen angeblich alle Kosten übernehmenden Prozessfinanzierer vorwerfbar in der Sicherheit gewogen, dass kein finanzielles Risiko für sie bestehen würde. Diese Pflichtverletzung sei für den durch die Prozessführung erlittenen Schaden ursächlich. Bei pflichtgemäßer Beratung hätte sie den Klageweg nicht beschritten. Die Vermittlung des Prozessfinanzierers sei für die Klage unerlässlich gewesen, weil sie als Kindergärtnerin nur über ein niedriges Einkommen verfüge.

Dadurch dass Rechtsanwalt Dr. B. auch Direktor des Prozessfinanzierers gewesen sei, habe die Beklagte einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen. Sie hafte deshalb aus dem Gesichtspunkt der Sachwalterhaftung. Durch die Zusammenarbeit der Beklagten in Person von Rechtsanwalt Dr. B., zugleich Direktor der C. Ltd., mit dem als Generalbevollmächtigter der C. Ltd. auftretenden Kanzleimitarbeiter G. sei eine besondere Nähe deutlich geworden. Aus ihrer Sicht habe sich aufdrängen müssen, dass es sich beim Gespann B./G. um „ein Team“ handele (vgl. Bl. 83 eip), zumal alle Beteiligten, sowohl Rechtsanwalt Dr. B., als auch G. und die C. Ltd. am Postkasten der Kanzlei der Beklagten vertreten gewesen seien. Sie habe daher darauf vertrauen dürfen, dass die Prozessfinanzierung gesichert sei. Entsprechend sei sie seit dem Zustandekommen der Prozessfinanzierungsvereinbarung vom 22.03.2013 bis zum Abschluss des Rechtsstreits nicht mit Kostenforderungen der beklagten Anwaltskanzlei konfrontiert worden. Es sei auch unklar, ob sich die Beklagte überhaupt intern bei der C. Ltd. um die tatsächliche Aufbringung von Prozesskosten bemüht habe. Tatsächlich habe die Beklagte sie zum Abschluss einer unzulässigen Erfolgshonorarvereinbarung veranlasst, der Prozessfinanzierer sei nur vorgeschoben worden, um das deutlich über den Sätzen des RVG liegende Honorar abzudecken. Eigentlich habe die Beklagte die Prozessfinanzierung als eigenes Geschäft geführt.

Ihr sei der geltend gemachte Schaden entstanden. Die mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts P. festgesetzten gegnerischen Kosten habe sie bezahlt. Soweit sie die Gerichtskosten für die Nichtzulassungsbeschwerde, über die sie eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen habe, in Höhe eines Betrages von 1.537 € noch nicht bezahlt habe, stehe ihr jedenfalls ein Freistellungsanspruch zu.

Sie macht weiter geltend, die von der Beklagten widerklagend geltend gemachten Gebührenansprüche habe das Landgericht zu Recht zurückgewiesen. Diese seien aufgrund der dargelegten Pflichtverletzung nicht durchsetzbar und zudem verjährt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO. Sie ist aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil der auf Ersatz von Prozesskosten gerichteten Klage stattgegeben und die auf Zahlung anwaltlicher Vergütung gerichtete Widerklage abgewiesen.

1)     Das Urteil leidet entgegen der Ansicht der Beklagten nicht an einem Verfahrensfehler, der zu einer Aufhebung und Zurückverweisung führt, § 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

a)     Insbesondere ist ein relevanter Verfahrensfehler nicht darin zu sehen, dass, wie die Beklagte vorträgt, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.01.2022 (Bl. 163 d.A.) nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergänzt worden ist um den Satz „Die Akten zum Aktenzeichen …0 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung“, ohne dass die Parteien dazu angehört worden sind. Ob dieser Zusatz als Protokollberichtigung im Sinne des § 164 ZPO zu beurteilen ist mit der Folge, dass die unterbliebene Anhörung der Parteien nach § 164 Abs. 2 ZPO eine Verletzung rechtlichen Gehörs begründen könnte, bedarf keiner Entscheidung. Ein dahingehender Verstoß wäre jedenfalls nicht entscheidungserheblich, weil die Beklagte nicht vorträgt, was sie bei einer Anhörung vorgetragen hätte. Zudem hat sich die Beklagte in Kenntnis der Ergänzung des Protokolls vom 06.01.2022 bei der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 18.08.2022 durch Antragstellung rügelos eingelassen, was zur Folge hat, dass sie sich auf eine etwaige Verletzung der Verfahrensvorschrift nicht mehr berufen kann (§ 295 Abs. 1 ZPO). Soweit die Beklagte eine Verletzung rechtlichen Gehörs darin begründet sehen sollte, dass sie sich erstinstanzlich zu dem Inhalt der beigezogenen Akte nicht habe äußern können, fehlt es ebenfalls an einer Entscheidungserheblichkeit des behaupteten Fehlers, denn das Landgericht hat die beigezogene Akte bei seiner Entscheidung nicht verwertet. Zudem wäre ein darin liegender Verfahrensfehler jedenfalls dadurch geheilt, dass der Beklagten in der Berufungsinstanz eine entsprechende Stellungnahme zu der vom Senat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2024 beigezogenen Akte möglich war.

b)     Ein erheblicher Verfahrensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass das Urteil entgegen § 313 Nr. 3 ZPO den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, unzutreffend bezeichnet. Das Urteil ist nicht, wie angegeben, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2022, sondern im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO ergangen. Nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18.08.2022 ein Verkündungstermin auf den 22.09.2022 anberaumt worden war (Bl. 320R d.A.), ist dieser mit Beschluss vom 21.09.2022 (Bl. 331 d.A.) auf den 27.10.2022 verlegt, jedoch an diesem Tag keine Entscheidung verkündet worden, weil die Berichterstatterin erkrankt und der Vorsitzende Richter in Urlaub war (Bl. 342 d.A.). Es ist dann allerdings mit Beschluss vom 21.11.2022 nach Zustimmung der Parteien (Bl. 341, 259, 360 d.A.) die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und das Urteil in der Folge am 12.01.2023 verkündet worden. Die Angabe, dass das Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 18.08.2022 ergangen ist, stellt mithin eine bloße - unschädliche - Falschangabe dar.

2)     Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht der auf Erstattung gezahlter Prozesskosten in Höhe von 17.304,50 € (KfB II, Bl. 274 d.A.), 9.228,33 (KfB III, Bl. 276 d.A.) und 7.437 € (Gerichtskosten Nichtzulassungsbeschwerde) bzw. Freistellung gerichteten Klage stattgegeben.

a)     Zwar ergibt sich ein entsprechender Anspruch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aus §§ 611, 675, 280 BGB. Eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung der sich aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Anwaltsvertrag ergebenden Pflichten lässt sich nicht feststellen, weil es an der substantiierten Darlegung einer Pflichtverletzung sowie jedenfalls an der Kausalität der behaupteten Pflichtverletzungen für den geltend gemachten Schaden fehlt.

aa)     Soweit die Klägerin vorträgt, die Klägerin habe den ihr unterbreiteten Sachverhalt einer Haftung der vormaligen Rechtsanwältin K. unrichtig beurteilt, ist eine Pflichtverletzung bereits nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der Rechtsanwalt seinen Auftrag so zu erledigen, dass die Belange des Auftraggebers in jeder Hinsicht beachtet und Nachteile für ihn möglichst vermieden werden (BGHZ 126, 217 Rn. 29; Urteil vom 08.07.1993 - IX ZR 242/92, Rn. 8; jeweils zit. nach juris). Er muss die Erfolgsaussichten des Begehrens seines Mandanten umfassend prüfen und den Mandanten hierüber belehren. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGHZ 193, 193, Rn. 22; BGHZ 171, 261, Rn. 9; jeweils zit. nach juris). Dass der Anwalt diesen Pflichten nicht nachgekommen ist, hat grundsätzlich der anspruchsstellende Mandant darzulegen, wobei den Anwalt hinsichtlich des Inhalts der erteilten Belehrung eine sekundäre Darlegungslast trifft (BGHZ 126, 217, Rn. 23 juris). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Er lässt nicht nachvollziehbar erkennen, inwieweit die von der Beklagten in ihrem Namen geführte Rechtsverfolgung fehlerhaft war. Insbesondere fehlt es an Vortrag dazu, mit welchen Aufgaben Rechtsanwältin K. beauftragt war, welche Fehler ihr die Klägerin in diesem Zusammenhang vorgehalten hat, wie die Beklagte diesen Sachverhalt rechtlich beurteilt hat, inwieweit dies oder die daraus gezogenen Folgerungen unrichtig waren und wie der Rechtsstreit gegenüber Frau K. richtigerweise hätten geführt werden müssen, um der Rechtsverfolgung der Klägerin zum Erfolg zu verhelfen. Es lässt sich deshalb auch nicht feststellen, dass die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadensersatzforderungen in Höhe der an Rechtsanwältin K. zu erstattenden Rechtsanwaltskosten und Gerichtsgebühren für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bei einer anderen Prozessstrategie der Beklagten nicht entstanden wären.

bb)     Hinsichtlich des seitens der Klägerin weiter gehaltenen Vortrags, die Beklagte habe ihre anwaltlichen Pflichten dadurch verletzt, dass sie sie nicht ordnungsgemäß über die im Rechtsstreit gegen ihre vormalige Rechtsanwältin bestehenden Prozessrisiken aufgeklärt habe, lässt sich nicht feststellen, dass diese - von der Beklagten bestrittene - Pflichtverletzung den von der Klägerin geltend gemachten Schaden verursacht hätte. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die Beklagte tatsächlich entsprechende Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt hat, vielmehr kann dieser Vorwurf zugunsten der Klägerin als zutreffend unterstellt werden.

Die für die Haftung der Beklagten vorauszusetzende Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden wäre anzunehmen, wenn die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die mit der beabsichtigten Rechtsverfolgung bestehenden Risiken von der Prozessführung Abstand genommen hätte. Denn dann wären die Rechtsverfolgungskosten, deren Erstattung sie jetzt verlangt, nicht entstanden. Grundsätzlich ist in Fällen des Anwaltsregresses zwar im Wege eines Anscheinsbeweises zugunsten des jeweiligen Mandanten als Anspruchssteller zu vermuten, dass er bei pflichtgemäßer Beratung den Hinweisen des Rechtsanwalts gefolgt wäre, sofern im Fall sachgerechter Aufklärung aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegen hätte (BGH, aaO; BGH, Urteil vom 16.09.2021 – IX ZR 165/19 Rn. 36; OLG Hamm, Urteil vom 14.09.2004 – 28 U 158/03 Rn. 23 m.w.N., juris). Entsprechend kann unterstellt werden, dass eine einsichtige Partei, die über erhebliche Risiken eines mit hohen Kosten verbundenen Rechtsstreits aufgeklärt wird, zumindest erwägt, diesen nicht über drei Instanzen zu führen. Liegen allerdings Tatsachen vor, die die Vermutung des beratungsgemäßen Verhaltens erschüttern, kommt diese Vermutung dem Anspruchssteller nicht zu Gute. Auf solche Tatsachen hat sich die Beklagte berufen, indem sie unter Hinweis darauf, dass die Klägerin infolge der Vereinbarung mit der C. Ltd. über die Prozessfinanzierung ab dem 22.03.2013 keinem Kostenrisiko mehr ausgesetzt war, ausgeführt hat, dass die Klägerin unbeschadet der ihr erteilten Belehrungen über die Prozessaussichten zur Prozessführung entschieden war. Dem ist die auch für den Ursachenzusammenhang zwischen der behaupteten Vertragsverletzung und dem Schaden darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. BGHZ 126, 217 Rn. 43) nicht hinreichend entgegengetreten. Es genügt insoweit nicht, dass die C. Ltd. schließlich die streitgegenständlichen Gerichts- und gegnerischen Anwaltskosten nicht bezahlt hat. Denn maßgeblich ist die Perspektive, die sich der Klägerin zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber bot, ob – unter vertraglicher Einbindung des Prozessfinanzierers – die Klage erweitert oder Rechtsmittel eingelegt werden sollten. Dass sie ausgehend von der zu erwartenden vereinbarungsgemäßen Vertragsabwicklung durch einen Prozessfinanzierer bei ordnungsgemäßer Beratung über bestehende Prozessrisiken von der Einlegung von Rechtsmitteln Abstand genommen hätte, hat sie nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt. In Ansehung der Prozessfinanzierung genügt insoweit nicht, dass die Klägerin ausführt, sie wäre niemals in der Lage gewesen, den zu erwartenden und bereits anhängigen Prozess selbst zu finanzieren, denn aufgrund der Vereinbarung mit der C. Ltd. durfte die Klägerin erwarten und ist nach eigener Darstellung davon ausgegangen, dass diese den Prozess insgesamt finanziert und im Fall des Verlustes sämtliche Kosten trägt und zwar in allen Instanzen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung stellte sich deshalb aus Sicht der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Fortsetzung des Rechtsstreits als lediglich vorteilhaft dar (vgl. OLG Hamm a.a.O. für Rechtsschutzversicherung).

cc)     Entgegen der Ansicht des Landgerichts lässt sich eine Haftung der Beklagten aus anwaltlicher Pflichtverletzung auch nicht daraus begründen, dass sie mit der C. Ltd. eine Gesellschaft als Prozessfinanzierer ausgewählt hat, die nicht bereit war, alle der Klägerin entstandenen Kosten zu tragen. Gleiches gilt, soweit das Landgericht den Vortrag der Klägerin dahin gedeutet hat, sie werte es als anwaltliche Pflichtverletzung, dass die Beklagte als Prozessfinanzierer eine Gesellschaft ausgewählt habe, zu deren Geschäftsbereich die Prozessfinanzierung eigentlich nicht gehört. Ob die Vermittlung eines geeigneten Prozessfinanzierers überhaupt zu den von der Beklagten aus dem Anwaltsvertrag gegenüber der Klägerin zu erbringenden Pflichten zählte, was die Beklagte in Zweifel zieht, kann dabei zugunsten der Klägerin unterstellt werden. Denn es lässt sich bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht feststellen, dass die Beklagte eine entsprechende Pflicht - sollte sie bestehen - tatsächlich in schuldhafter Weise, verletzt hat. Das setzte voraus, dass ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte bestünden, wonach die Beklagte bei der Auswahl der den Prozess finanzierenden Gesellschaft hätte erkennen können bzw. müssen, dass die C. Ltd. als Prozessfinanzierer ungeeignet ist. Derartiges käme etwa dann in Betracht, wenn die C. Ltd. für die Beklagte erkennbar entgegen dem Wortlaut der Prozessfinanzierungsvereinbarung von vornherein nicht bereit gewesen wäre, sämtliche Kosten zu übernehmen. Der Umstand, dass der für die Beklagte gegenüber der Klägerin handelnde Rechtsanwalt Dr. B. zugleich Direktor der zypriotischen Gesellschaft ist, die die Prozessfinanzierung übernommen hat, lässt zwar, auch wenn dieser nicht in das Tagesgeschäft des Prozessfinanzierers eingebunden ist, die Möglichkeit zu, dass die Beklagte es hätte erkennen können, wenn die C. Ltd. von Anfang plante, an eine vollständige Erstattung der Prozesskosten zu verweigern. Dass eine entsprechende Willensrichtung der C. Ltd. oder andere Gründe, die die Ungeeignetheit als Prozessfinanzierer begründen würden, tatsächlich bestanden, trägt die Klägerin allerdings nicht substantiiert vor.. Eine entsprechende Absicht lässt sich auch nicht aus dem Umstand schließen, dass die C. Ltd., wie die Klägerin behauptet, kein geschäftsmäßiger Prozessfinanzierer sei. Auch dass ihr deshalb verboten gewesen wäre, die vertragliche Verpflichtung zur Prozessfinanzierung gegenüber der Klägerin einzugehen, lässt sich aufgrund der vorgetragenen Tatsachen nicht feststellen. Dem Vorbringen der Klägerin ist auch nicht zu entnehmen, sie sei im Unklaren darüber gelassen worden, dass es sich bei der C. Ltd. um eine Gesellschaft mit Sitz auf Z. handelt, was im Hinblick auf eine Rechtsdurchsetzung und Vollstreckung einen aufklärungsbedürftigen Umstand darstellen dürfte.

b)     Die Beklagte haftet für die von dem Prozessfinanzierer nicht übernommenen Prozesskosten aber nach § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss, die nach § 311 Abs. 1 und 2 BGB die Parteien eines angebahnten Vertrages treffen kann, erstreckt sich auch auf einen Dritten, wenn dieser in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Die Beklagte war Dritter in diesem Sinne, denn sie war als anwaltliche Vertreterin der Klägerin nicht Partei des erst nach Abschluss des Anwaltsvertrags geschlossenen Vertrages über die Prozessfinanzierung vom 22.03.2013. Auch der Umstand, dass der für sie das Mandat der Klägerin betreuende Rechtsanwalt Dr. B. zugleich Direktor des Prozessfinanzierers war, führt nicht zu einer unmittelbaren vertraglichen Bindung der Beklagten an den Prozessfinanzierungsvertrag.

aa)     Entgegen der Ansicht der Beklagten steht ihrer Haftung als Sachwalter gegenüber der Klägerin nicht entgegen, dass beide Parteien durch einen Anwaltsvertrag vertraglich verbunden waren. Denn eine Haftung aus Sachwalterstellung kann sich auch dann ergeben, wenn eine Partei zusätzlich zu ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihrem Vertragspartner in Bezug auf eine andere rechtliche Beziehung eine besondere Position einnimmt, durch die über den Vertrag hinausgehende Beziehungen und Verpflichtungen begründet werden. Dies ist vorliegend der Fall, denn die Vermittlung der C. Ltd. als Prozessfinanzierer ging über die Erörterung von Wegen der Prozessfinanzierung, die, wie die Beklagte geltend macht, regelmäßig Gegenstand anwaltlicher Beratung sein mag, maßgeblich hinaus.

bb)     Sachwalter im Sinne des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB ist, wer - ohne Vertragspartner oder dessen Vertreter zu sein - auf der Seite eines Vertragspartners an dem Zustandekommen des Vertrages beteiligt ist und dabei ein besonderes wirtschaftliches Eigeninteresse an der Durchführung des Rechtsgeschäfts hat oder über das bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen immer vorauszusetzende normale Verhandlungsvertrauen hinaus in besonderem Maße Vertrauen für sich persönlich in Anspruch nimmt und auf diese Weise dem anderen Vertragspartner eine zusätzliche, gerade von ihm persönlich ausgehende Gewähr für Bestand und Erfüllung des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts bietet (vgl. BGH, Urteile vom 11.07.1988 - II ZR 232/87, Rn. 6; vom 03.04.1990 - XI ZR 206/88, Rn. 18, NJW 1990, 1907; vom 29.01.1997 - VIII ZR 356/95, Rn. 8; vom 24.05.2005 - IX ZR 114/01, Rn. 8, NJW-RR 2005, 1137; jew. zit. nach juris).

(1)     Ein entsprechendes wirtschaftliches Eigeninteresse der Beklagten an dem Abschluss der Prozessfinanzierungsvereinbarung lässt sich allerdings nicht festzustellen. Dafür genügt nicht schon ein eigenes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, an dem der Handelnde beteiligt oder in dem er beschäftigt ist (BGHZ 88, 67; BAG, Urteil vom 20.03.2014 - 8 AZR 45/13 Rn. 22, juris, NJW 2014, 2669), vielmehr ist eine so enge Beziehung zum Vertragsgegenstand erforderlich, dass der Verhandelnde gleichsam in eigener Sache tätig wird, dass er mithin als wirtschaftlicher Herr des Geschehens anzusehen ist (BGH, Urteil vom 17.06.1991 - II ZR 171/90, Rn. 13; BGH, Urteil vom 01.07.1991 - II ZR 180/90, Rn. 13, NJW-RR 1991, 1314 Rn. 13; jew. zit. nach juris). Das ist hinsichtlich der Beklagten nicht festzustellen, denn dass sie mit der C. Ltd., die anteilig an einem aus dem Prozess zu erzielenden Erlös beteiligt ist, wirtschaftlich verbunden wäre, trägt die Klägerin nicht vor. Soweit in der Person von Rechtsanwalt Dr. B., der zugleich Sozius der Beklagten und Direktor der C. Ltd. ist, eine Verflechtung in personeller Hinsicht zwischen der Beklagten und der C. Ltd. besteht, begründet dies kein ausreichendes wirtschaftliches Interesse der Beklagten an Geschäften der C. Ltd., zumal Dr. B. in seiner Eigenschaft als Direktor nach unbestrittener Darstellung der Beklagten an etwaigen Gewinnen der C. Ltd. auch nicht beteiligt ist.

(2)     Die Beklagte hat im Zusammenhang mit der Prozessfinanzierung gegenüber der Klägerin indes eine besondere Vertrauensstellung eingenommen, die ihre Sachwalterhaftung begründet. Zwar kommt der Beklagten nicht bereits aufgrund ihrer Profession eine solche Vertrauensposition zu, denn aus der Anwaltsstellung einer Partei allein kann nicht darauf geschlossen werden, sie wolle für die Erklärungen der von ihr beratenen Partei unter allen Umständen geradestehen (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.1988 - II ZR 232/87, juris Rn. 8). Eine Sachwalterhaftung kommt vielmehr erst dann in Betracht, wenn der in Anspruch Genommene über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgegangen ist, das bei Anbahnung von Geschäftsbeziehungen immer gegeben ist oder wenigstens vorhanden sein sollte bzw. als Verhandlungsgehilfe auf seine besondere Sachkunde, persönliche Zuverlässigkeit oder auf eigene Einflussmöglichkeiten auf die Vertragsabwicklung hinweist, so dass der andere Teil in ihm geradezu den „Garanten der Vertragsdurchführung“ selbst für den Fall sieht, dass der eigentliche Vertragspartner sich nicht als vertrauenswürdig erweist. Dass der Sachwalter die Verhandlungen persönlich führt, ist dabei nicht Bedingung (vgl. BGHZ 56, 81, juris Rn. 14 f.; MüKoBGB/Emmerich, 9. Aufl. 2022, § 311 Rn. 212). Diese Voraussetzungen sind vorliegend dadurch erfüllt, dass die Beklagte der Klägerin nicht nur - unter Hinweis auf die Direktorenstellung von Dr. B. und die Mitarbeitereigenschaft des Generalbevollmächtigten G. - die C. Ltd. als Prozessfinanzierer vermittelt, sondern im gesamten Verlauf des Mandats gegenüber der Klägerin den Eindruck vermittelt hat, sie werde dafür einstehen, dass sie den Rechtsstreit gegenüber Rechtsanwältin K. ohne eigenes finanzielles Risiko werde führen können. Dies ergibt sich aus dem Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin im Zusammenhang mit der Abwicklung des Mandats, sowohl vor als auch bei Abschluss der Prozessfinanzierungsvereinbarungen und bei deren Umsetzung:

Im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihre vormalige Rechtsvertreterin hatte sich die Klägerin an die Beklagte gewandt, deren Sozius Rechtsanwalt Dr. B. sie aus der beruflichen Betreuung seines Kindes als Kindergärtnerin kannte. Aufgrund ihres geringen monatlichen Einkommens und des nach ihrer Ansicht erlittenen Verlusts eines erstrebten Erlöses aus dem ererbten Grundstück hatte sie Bedenken, ob sie einen Prozess würde finanzieren können. Ob das der Beklagten, was diese bestreitet, anfänglich bewusst war, kann dahinstehen. Denn jedenfalls mit Abschluss der Vereinbarung zur Prozessfinanzierung am 22.03.2013, bei der Rechtsanwalt Dr. B. anwesend war, hat die Klägerin dies, wie aus Ziffer 2. der Vereinbarung ersichtlich, offengelegt. Nachdem zunächst eine andere Rechtsanwältin der Sozietät der von der Klägerin beabsichtigten Rechtsverfolgung keine Aussichten eingeräumt hatte, hatte Rechtsanwalt Dr. B. die Betreuung des Mandats der Klägerin übernommen und ihr geraten, ihre Bedenken zurückzustellen, weil eine Prozessfinanzierung möglich sei und er den Prozess unbedingt führen wolle (Bl. 123 d.A.). Er führte aus, die Klägerin könne ihre Ängste zurückstellen, denn das Risiko liege allein bei seiner Kanzlei, so dass die Klägerin keinerlei finanziellen Einbußen befürchten müsse (Bl. 123 d.A.). In dieser Situation hat sich für die Klägerin bereits ein berechtigtes Vertrauen dahin begonnen zu entwickeln, dass sich die Beklagte auch um die finanziellen Risiken des Rechtsstreits kümmern werde. Der Senat legt seiner Würdigung die Darstellung der Klägerin zugrunde, denn die Beklagte hat nicht erheblich bestritten, die angeführten Aussagen getätigt zu haben. Zwar hat sie im Schriftsatz vom 09.07.2020 ausgeführt (Bl. 127 d.A.): „Unrichtig ist auch die Behauptung (…), dass ein wirtschaftliches sowie Kostenrisiko ausschließlich bei dem Beklagten liegen würden. Unrichtig ist, dass die Klägerin keine finanziellen Einbußen befürchten müsste. Denn zunächst hat die Klägerin ja selbst den Prozess finanziert.“ Damit bestreitet sie allerdings die entsprechenden Äußerungen gegenüber der Klägerin nicht, sondern nur, dass die Kostenlast tatsächlich so bestanden habe wie vorgetragen.

In der Folge hat die Beklagte zunächst bis zum Abschluss der Prozessfinanzierungsvereinbarung auch das Kostenmanagement für die Klägerin übernommen, nämlich Prozesskosten bei der Gerichtskasse eingezahlt, wie z.B. den nach Klageeinreichung für die Stufenklage nach einem Streitwert von 5.001 € angeforderten Kostenvorschuss von 408 €. Sie hat zudem Prozesskosten für die Klägerin auch vorgeschossen; so hat Rechtsanwalt Dr. B. ausweislich des Abstimmungsprotokolls vom 13.03.2013 nach Übergang auf die Zahlungsstufe (zunächst im Wege der Teilklage auf Zahlung von 150.000 €), nachdem die Klägerin lediglich einen Teil des Gerichtskostenvorschusses gezahlt hatte, vermerkt, dass er für sie „die weiteren 1.500 € alimentiere“. Dabei haben die Klägerin und die Beklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B., vereinbart, dass er die weitergehenden Gerichtskosten „(auch bis zu der Klageerweiterung, die vorgesehen ist)“ (Bl. 193 d.A.) für sie verauslage und sie im Gegenzug eine Gebühr von 2,5 aller festzusetzenden Kosten akzeptiere. Schließlich heißt es: „Darüber hinaus wäre die Frage eines Erfolgshonorars zu erörtern, dies ist jedoch standesrechtlich nicht zulässig. Insoweit wird eine Provisionsvereinbarung für einen Geschäftsbesorger vereinbart werden. Näheres wird noch abgestimmt“.

Rechtsanwalt Dr. B. hat es dann in der Folge nicht dabei belassen, die Klägerin auf die generelle Möglichkeit einer Prozessfinanzierung hinzuweisen, sondern er hat die C. Ltd. als Prozessfinanzierer vorgeschlagen und damit eine Gesellschaft, deren Direktor er ist und die darüber hinaus auch dadurch in besondere Weise mit der Beklagten verbunden war, dass ihr Generalbevollmächtigter zugleich langjähriger Mitarbeiter in der Kanzlei der Beklagten war, wie dieser es bei seiner Zeugenvernehmung bekundet hat. Diese Verbindung war zudem nach außen dadurch erkennbar, dass die C. Ltd. unter derselben Anschrift postalisch erreichbar war, wie die Beklagte. Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung war Rechtsanwalt Dr. B. anwesend und hat den Generalbevollmächtigten G. auch in seiner Funktion als Mitarbeiter der Beklagten vorgestellt und hat auch seine eigene Stellung bei der C. Ltd. offengelegt.

(3)    Die Umstände des Abschlusses des Prozessfinanzierungsvertrages am 22.03.2013 haben den bereits angebahnten besonderen Vertrauenstatbestand in einer Weise verfestigt, dass die Klägerin die Beklagte als „Garanten der Vertragsdurchführung“ ansehen konnte und angesehen hat. Rechtsanwalt Dr. B. als der die Klägerin seit vier Jahren beratender Sozius der Beklagten hat der Klägerin nicht lediglich eine Finanzierungsgesellschaft empfohlen, mit der er personell verbunden war. Er hat der Klägerin vielmehr mitgeteilt, er wolle den Prozess unbedingt führen und zugesichert, das finanzielle Risiko läge bei seiner Kanzlei. Wegen des Verbotes eines Erfolgshonorars werde der Weg über einen Prozessfinanzierer gesucht, der eine Provision erhalten solle. Aus Sicht der Klägerin bestand deshalb eine enge Verbindung beider Gesellschaften, der Beklagten und der C. Ltd. Die Klägerin hat diese Nähe zwischen der Beklagten und der C. Ltd. auch als für sie ausschlaggebendes Kriterium bezeichnet, die Rechtsverfolgung trotz der mit einem Streitwert in Millionenhöhe zu erwartenden Prozesskosten zu unternehmen. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Diese Motivationslage der Klägerin ist nach den Gesamtumständen auch nachvollziehbar. Die Beklagte selbst macht geltend, bei Unterzeichnung der Vereinbarungen zur Prozessfinanzierung am 22.03.2013 bzw. am 15.02.2017 hätten sowohl Rechtsanwalt Dr. B. als auch der Kanzleimitarbeiter und Generalbevollmächtigte der C. Ltd. G. gegenüber der Klägerin verdeutlicht, dass die Durchsetzung der Ansprüche wegen der komplizierten Struktur der Tatsachen nicht zwingend gesichert sei. Die Klägerin habe um dieses Risiko gewusst, dies jedoch im Hinblick auf die sie möglicherweise treffenden Kosten aufgrund einer Erfolgsvereinbarung auf jeden Fall ausgeschlossen wissen wollen (Schriftsatz 17.02.2022, Bl. 179 d.A.; Bl. 10 eAkte). Der Klägerin kam es demnach auch nach Darstellung der Beklagten darauf an, eine eigene Prozesskostenhaftung sicher zu vermeiden, dafür war sie bereit, auf einen Teil des möglichen Prozesserfolges zu Gunsten des Prozessfinanzieres zu verzichten. Indem die Beklagte in dieser Situation die Einschaltung der C. Ltd., deren Direktor Rechtsanwalt Dr. B. und deren Generalbevollmächtigter der Mitarbeiter der Beklagten G. ist, als standesrechtlich zulässige Alternative zu einer entsprechenden Vereinbarung mit der Anwaltskanzlei empfohlen hat, hat sie der Klägerin zu verstehen gegeben, dass die Klägerin dadurch ebenso sicher von den Prozesskosten freigestellt ist, wie bei Abschluss eines Vertrages mit den Anwälten selbst. Denn aus Sicht der Klägerin blieben Vertragsabschluss und Umsetzung in der Hand der Anwaltssozietät. Jedenfalls durfte die Klägerin die Verhandlungshilfe der Beklagten dahin verstehen, die Beklagte werde dafür sorgen und dafür einstehen, dass die anfallenden Kosten von der C. Ltd. getragen werden.

Diese besondere Konstellation unterscheidet sich von den Fällen der bloßen Empfehlung eines beliebigen dritten Prozessfinanzierers, der, anders als die C. Ltd., die Prozessfinanzierung als Kerngeschäft betreibt und als ein solcher Dienstleister auch am Markt etabliert ist. Im Falle der Zuziehung eines außenstehenden Prozessfinanzierers ist diesem im Regelfall erst einmal der Sachverhalt zu unterbreiten, um diesem die eigene Einschätzung der Erfolgsaussichten zu ermöglichen. Vorliegend ist diese Prüfung hingegen allein innerhalb der Kanzlei der Beklagten als Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgenommen worden, welche - jedenfalls aus Sicht der Klägerin - auch die Prozessfinanzierung als eigenes Geschäft ansahen. Der (auch) Kanzleimitarbeiter der Beklagten G. hat den Vertrag (dasselbe gilt für den späteren Änderungsvertrag) nach Darstellung der Beklagten ausgearbeitet und für die C. Ltd. unterzeichnet.

Aus Sicht der Klägerin hat sich die Sache damit so dargestellt, dass die Anwaltskanzlei die Durchführung des Prozessfinanzierungsvertrages sicherstellt und dazu auch in der Lage ist, da Rechtsanwalt Dr. B. einer der Direktoren der C. Ltd. ist. Der Eindruck, dass die Prozessfinanzierung faktisch ein Geschäft der Beklagten selbst sei, hat sich für sie in der weiteren Umsetzung des Vertrages dadurch bestätigt, dass Rechtsanwalt Dr. B. am 26.09.2013 nach Klageerweiterung des Streitwertes auf 1.102 Mio. € weitere 10.950 € an Gerichtskosten eingezahlt und am 31.08.2016 der Klägerin vorgeschlagen hat, dass sie von der Honorarforderung der mit der Prüfung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragten, beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte einen Teilbetrag von 10.000 € zahlen solle, „und ich übernehme die restlichen 4.154,83 €“ (Anlage KB 4). In gleicher Weise hat die Beklagte durch Rechtsanwalt Dr. B. am 15.02.2017, nachdem die Klägerin die Modifizierung der Vereinbarung zur Prozessfinanzierung dahin bestätigt hatte, dass die C. Ltd. nunmehr hälftig an einem etwaigen Gewinn beteiligt werden sollte, gegenüber der Klägerin erklärt, „nachdem alle Zweifel beseitigt seien, würde er die Zahlung veranlassen (Bl. 10 d.A.). Auch die Begründung von Rechtsanwalt Dr. B. für die Veränderung der Gewinnaufteilung - die Bearbeitung des Rechtsstreits sei sehr arbeitsintensiv - ergibt aus Sicht der Klägerin nur Sinn, wenn man die Beklagte selbst als an der Prozessfinanzierung beteiligt sieht; nur dann bestünde ein Grund, dem Prozessfinanzierer wegen hoher Arbeitsbelastung einen größeren Anteil am Gewinn zuzubilligen. Schließlich hat Rechtsanwalt Dr. B. nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde die Übernahme der noch offenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten durch die C. Ltd. selbst verweigert (Bl. 132 d.A.) und auch dadurch den Eindruck der Klägerin darin bestärkt, auf die Entscheidungen des Prozessfinanzierers Einfluss nehmen zu können bzw. die Prozessfinanzierung wie ein eigenes Geschäft zu betreiben.

Aus Sicht der Klägerin war es auch die beklagte Anwaltskanzlei, welche die Durchführung des Prozessfinanzierungsvertrages zunächst erwartungsgemäß sicherstellte. Nachdem sie bis zum Abschluss des Prozesses keine Kostenrechnungen erreicht hatte, konnte sie bis dahin annehmen, die Beklagte rechne ihre und die verauslagten Kosten unmittelbar gegenüber der C. Ltd. ab und werde sich auch sonst um alles kümmern, um die Kostenübernahme sicherzustellen.

Schließlich ergeben die Umstände nach Kündigung des Mandates weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Prozessfinanzierung der Sache nach ein Geschäft der Beklagten selbst war. So teilte Herr G., der Kanzleimitarbeiter der Beklagten und Generalbevollmächtigte der C. Ltd., auftretend in letzterer Funktion, den anwaltlichen Vertretern der Klägerin mit E-Mail vom 13.07.2018 mit, die Klägerin und der näher bezeichnete Rechtsstreit seien ihm nicht bekannt und er habe nicht „eine bestimmte Konstruktion einer Finanzierung gewählt“ (Bl. 239 d.A.). Gleiches gilt für die vom Rechtsvertreter der C. Ltd. verfasste Antwort auf die Zahlungsaufforderung der Klägerin im März 2019, in der die C. Ltd. sich darauf beruft, Rechtsanwalt Dr. B. habe jede Verpflichtung abgelehnt, also die Entscheidungsbefugnis über die Auszahlung von Prozesskosten der Beklagten zuweist. Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, das Landgericht habe diesbezüglich Tatsachen unrichtig zugrunde gelegt, weil sie substantiiert bestritten habe, dass die Klägerin die C. Ltd. „tatsächlich ausreichend und konkret aufgefordert hätte, die vermeintlich angefallenen und hier geltend gemachten Kosten zu begleichen“ (Bl. 12 eAkte), stellt dies kein erhebliches Bestreiten des Klägervortrags des Umstandes dar, dass es eine an die C. Ltd. gerichtete Zahlungsaufforderung (mag sie auch, wie die Beklagte meint, zu einer erfolgreichen Rechtsdurchsetzung nicht „ausreichend“ gewesen sein) gegeben habe.

cc)     Das Vorgehen ihres Sozius Dr. B. und ihres Mitarbeiters G. sind der Beklagten zuzurechnen. Die Klägerin hat der Beklagten als Sozietät, nicht Rechtsanwalt Dr. B. persönlich das Anwaltsmandat erteilt. Rechtsanwalt Dr. B. ist als federführender (aber nicht ausschließlich tätiger) Sozius der Beklagten, nicht in seiner Rolle als Direktor der C. Ltd., über deren Einschaltung als Prozessfinanzierer er die Klägerin beraten hat, oder gar in anderer Funktion gegenüber der Klägerin aufgetreten. Infolge der Verschränkung der Prozessfinanzierungsvereinbarung mit dem Anwaltsvertrag ist die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nicht dem mit der C. Ltd. gesellschaftsrechtlich verbundenen Rechtsanwalt Dr. B. persönlich, sondern der Beklagten zuzurechnen. Entsprechend war es auch die Beklagte, die jeweils die Gerichtskosten bei der Gerichtskasse eingezahlt hat.

dd)     Aufgrund dieser Sachwalterstellung haftet die Beklagte neben und unabhängig von dem Anwaltsvertrag für den der Klägerin entstandenen Schaden.

Sie hat entgegen ihrem zugesicherten Bemühen betreffend die Kostenübernahme durch die C. Ltd. nicht dafür gesorgt, dass der Prozessfinanzierer vertragsgemäß die Zahlung der in zweiter Instanz angefallenen generischen Rechtsanwaltskosten und der Gerichtskosten der Nichtzulassungsbeschwerde übernommen hat. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte überhaupt darum gekümmert hat, dass der Prozessfinanzierungsvertrag zur Durchführung kommt. Zur internen Handhabung bei der C. Ltd. hat die Beklagte nicht vorgetragen, auch nachdem sie im Termin am 12.03.2024 auf ihre sekundäre Behauptungslast hingewiesen worden ist und Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat. Es ist deshalb nicht bekannt, ob eine bei der C. Ltd. für die Vertragsumsetzung zuständige Person, sofern sie nicht identisch sein sollte mit Direktor Dr. B. oder dem Generalbevollmächtigten G., überhaupt Kenntnis vom Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages hatte, ferner ob die Beklagte die C. Ltd. über den Verlauf des Rechtsstreits informiert hat und ob sie selbst Rechnungen der C. Ltd. erteilt und/oder Zahlungen auf solche erhalten hat. Soweit Rechtsanwalt Dr. B. im Termin am 03.08.2024 erklärt hat, die C. Ltd. habe die von der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemachten Prozesskosten getragen, hat die Beklagte dies in Abrede gestellt und erklärt, sie könne nur sagen, dass sie selbst keine Zahlung erhalten habe. Zahlungen der C. Ltd. sind auch nicht aktenkundig. Die in den Akten des Landgerichts P. zu Az.: …0 dokumentierten Einzahlungen sind von der Beklagten vorgenommen worden, dass sie korrespondierende Zahlungen der C. Ltd. erhalten hätte, ist nicht vorgetragen.

Auch wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass der Prozessfinanzierungsvertrag tatsächlich von der C. Ltd. als deren Geschäft ausschließlich von ihr geführt worden ist, ist eine Haftung der Beklagten begründet. Unbeschadet dessen, dass die Beklagte nicht dafür gesorgt hat, dass die streitgegenständlichen Rechnungen durch die C. Ltd. übernommen werden, hat sie die Klägerin zusätzlich nicht darüber informiert, dass sie ggf. selbst Schritte zur Durchführung des Finanzierungsvertrages unternehmen müsse. Während des gesamten Prozessverlaufs hat die Beklagte der Klägerin den Eindruck vermittelt, die Prozessfinanzierung nur formal auf die C. Ltd. ausgelagert zu haben. Insbesondere hat sie der Klägerin weder Kostenrechnungen zur Weiterleitung an die C. Ltd. erteilt noch Drittrechnungen zugeleitet, wie sich auch daraus zeigt, dass sie, selbst nachdem die Klägerin die Forderung, sie solle einen Teil des Vorschusses der beim Bundesgerichtshof zugelassenen Prozessbevollmächtigten zahlen, zurückgewiesen hatte, Entsprechendes nicht vorgeschlagen hat. Die Klägerin durfte deshalb berechtigt davon ausgehen, dass die Beklagte auch die weitere Umsetzung der Prozesskostenvereinbarung betreuen werde. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat daran auch die Kündigung des Mandatsverhältnisses durch die Klägerin nichts geändert, denn die Verpflichtung zur Umsetzung der Vereinbarung über Prozessfinanzierung war nicht Gegenstand des Anwaltsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten, sondern Ausfluss der Sachwalterstellung der Beklagten in Bezug auf den zwischen der Klägerin und der C. Ltd. abgeschlossenen Prozessfinanzierungsvertrag.

Unter der von der Beklagten behaupteten Voraussetzung, sie habe die C. Ltd. zur Umsetzung des Prozessfinanzierungsvertrages eingeschaltet, begründet es die Haftung der Beklagten, dass sie die Übernahme der Kosten durch den Prozessfinanzierer vereitelt hat, indem sie der C. Ltd. mitteilte, die Klägerin würde ihre Pflichten aus der Vereinbarung über die Prozessfinanzierung nicht erfüllen. Das Unterlassen erforderlicher Mitarbeit war nach Darstellung der Beklagten der Grund dafür, dass der Prozessfinanzierer die streitgegenständlichen Kosten nicht übernommen hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten stand dem Prozessfinanzierer, für dessen Vertragserfüllung sie als Sachwalter einzustehen hat, allerdings ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Es ist weder erkennbar, dass die Klägerin aufgrund des Prozessfinanzierungsvertrages im Verhältnis zur C. Ltd. verpflichtet war, bestimmte Zuarbeiten zu der Tätigkeit der Beklagten zu leisten noch war zugunsten der C. Ltd. für den Fall, dass die Klägerin entsprechende Leistungen nicht erbringen sollte, ein Leistungsverweigerungsrecht vereinbart. Weder der Text der zur Akte gereichten Vereinbarung über Prozessfinanzierung vom 22.03.2013 (Bl. 16 d.A.) noch die Zusatzvereinbarung vom 15.02.2017 (Bl. 37 d.A.) enthalten Regelungen, welche die Klägerin als Voraussetzung der Leistungspflicht der C. Ltd. zu bestimmten Tätigkeiten gegenüber ihrem Rechtsvertreter verpflichteten. Dass daneben weitere Absprachen über die Prozessfinanzierung getroffen worden wären, ist nicht vorgetragen.

ee)     Durch dieses Verhalten hat die Beklagte den Schaden der Klägerin herbeigeführt, denn sie hat veranlasst, dass diese im Vertrauen auf die sichergestellte Prozessfinanzierung den kostenauslösenden prozessualen Maßnahmen in Form der Einlegung der Berufung bzw. der Nichtzulassungsbeschwerde zustimmt. Geht man davon aus, dass die Prozessfinanzierungsvereinbarung jedenfalls ansatzweise durch die C. Ltd. umgesetzt worden ist, ist das Verhalten der Beklagten für den Schaden der Klägerin dadurch kausal geworden, dass sie selbst nicht gegenüber dieser abgerechnet bzw. dem Generalbevollmächtigten G. gegenüber behauptet hat, die Klägerin würde die ihr nach der Vereinbarung über die Prozesskosten geschuldete Zuarbeit nicht erbringen.

ff)     Der Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch kein anspruchsverminderndes Mitverschulden entgegenzuhalten, § 254 BGB. Diese Norm beschränkt die Ersatzpflicht des Schädigers, wenn bei der Entstehung oder der Entwicklung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat, wobei der Begriff des Verschuldens in diesem Zusammenhang zu verstehen ist als vorwerfbarer Verstoß gegen Gebote des eigenen Interesses bzw. die Verletzung einer Obliegenheit. § 254 BGB beruht auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seines Schadensersatzanspruches hinnehmen muss (vgl. Grüneberg, BGB, 83. Aufl. § 254 Rn. 1).

Dass der Klägerin ein solcher Verstoß gegen eigene Interessen vorzuhalten wäre, ist nicht erkennbar. Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe durch die Kündigung des Mandates gegenüber der Beklagten vereitelt, dass die C. Ltd. einen Erlös erziele und ihre Kosten nach Prozessgewinn decke. Damit setzt sie stillschweigend voraus, dass die C. Ltd. in diesem Fall zur Übernahme der aus dem verlorenen Prozess resultierenden Kosten bereit gewesen wäre. Allerdings hatte sich die C. Ltd. nach Abschluss des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens geweigert, einen weiteren Rechtsstreit gegen Frau K. zu finanzieren. Weshalb sie dann an einem daraus resultierenden Gewinn zur Deckung der Kosten eines Rechtsstreits, deren Übernahme sie unabhängig vom Ausgang zugesagt hatte, zu beteiligen gewesen wäre, erschließt sich nicht. Mangels näherer Angaben der Beklagten lässt sich auch nicht feststellen, dass ein solcher weiterer Prozess mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für die Klägerin erfolgreich verlaufen wäre. Nur dann käme aber in Betracht, einen Obliegenheitsverstoß anzunehmen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Klägerin auch nicht deshalb ein Mitverschuldensvorwurf zu machen, weil sie in dem Rechtsstreit gegen Rechtsanwältin K. notwendige Zuarbeiten unterlassen hätte. Abgesehen davon, dass die Beklagte bereits nicht dargelegt hat, welche konkreten – für die Bearbeitung der Angelegenheit relevanten - Informationen oder sonstige Zuarbeiten sie von der Klägerin erwartete und in geeigneter Weise abgerufen hat, fehlt es jedenfalls an einer Darstellung, wie sich ein entsprechender ergänzender Vortrag auf den Ausgang des Rechtsstreits ausgewirkt hätte.

Schließlich ist ein Mitverschuldenseinwand auch insoweit nicht berechtigt, als die Beklagte der Klägerin vorhält, sie hätte ihre Ansprüche nicht in unverjährter Zeit gegen die C. Ltd. durchgesetzt. Nachdem der Generalbevollmächtigte G. auf Anfrage des Rechtsvertreters der Klägerin verneint hatte, diese oder die sie betreffende Finanzierungsvereinbarung zu kennen, war es der Klägerin - jedenfalls aufgrund des dargestellten, durch die Beklagte zurechenbar geschaffenen Vertrauenstatbestandes - nicht zuzumuten, gegen die auf Z. ansässige C. Ltd. vorzugehen und dadurch unkalkulierbare Kosten- und Vollstreckungsrisiken auf sich zu nehmen, bevor sie gegen die Beklagte vorgeht.

c)     Im Ergebnis kann die Klägerin die Erstattung der mit der Klage bezeichneten Gerichts- und gegnerischen Rechtsanwaltskosten verlangen. Letztere betragen gemäß den vorgelegten Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts P. vom 07.09.2018 für die zweite Instanz 17.304,50 € und für die Nichtzulassungsbeschwerde 9.228,33 €, insgesamt 26.532,83 €. Diese Kosten hat die Klägerin bezahlt, wie sich aus dem Quittungsvermerk des gegnerischen Rechtsanwalts auf den eingereichten Kostenfestsetzungsbeschlüssen und dem eingereichten Kontoauszug vom 06.02.2019 ergibt. Dass dieser mit einem Betrag von 28.840,95 € einen die streitgegenständliche Teilforderung übersteigende Summe ausweist, ist unschädlich, weil durch die Angabe des Aktenzeichens der Nichtzulassungsbeschwerde eine Zuordnung der Zahlung ohne durchgreifende Zweifel möglich ist und der Kostenfestsetzungsbeschluss auch einen Anspruch auf Zinsen tituliert. Soweit der Kontoauszug eine Zahlung unter Vorbehalt ausweist, steht dies dem Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht entgegen, denn das Geld ist aus dem Vermögen der Klägerin abgeflossen und ein Schaden entstanden. Dass die Klägerin den Betrag von dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten zurückgefordert und erhalten hätte, trägt die Beklagte nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Klägerin auch die Erstattung der Gerichtskosten für die Nichtzulassungsbeschwerde in Höhe von 7.437 € verlangen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe diese Forderung in Erfüllung der mit dem Bundesamt für Justiz abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung bereits getilgt worden ist, ob sie also bereits in voller Höhe eine Vermögenseinbuße erlitten hat. Denn sollte die Klägerin die Forderung des Bundesamtes für Justiz noch nicht vollständig getilgt haben, stünde ihr ein anteiliger Befreiungsanspruch zu. Dieser hätte sich jedenfalls in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, weil ihre Inanspruchnahme durch das Bundesamt für Justiz mit Sicherheit zu erwarten ist und sie - wie die im Hinblick auf ihre Einkommensverhältnisse gewährte Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Bundesamt für Justiz zeigt - für die Erfüllung der Forderung auf die Mittel der Beklagten angewiesen ist. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, dass dann, wenn sich der Befreiungsgläubiger in einer Lage befindet, die seine Inanspruchnahme durch den Drittgläubiger mit Sicherheit erwarten lässt und wenn feststeht, dass für die Erfüllung der Drittforderung auf die Mittel des Befreiungsschuldners zurückgegriffen werden muss, sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt und der Befreiungsgläubiger dann Zahlung an sich selbst verlangen kann (BGH, Urteile vom 19.10.2017 - III ZR 495/16; 16.09.1993 - IX ZR 255/92; vom 13.11.2014 - IX ZR 277/13 Rn. 15; jeweils zit. nach juris). Im Übrigen hat sich der Befreiungsanspruch, der zunächst gegen die Beklagte bestand, auch gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 und 2 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, nachdem die Beklagte die Erfüllung dieses Anspruches spätestens durch ihr Verhalten im Prozess ernsthaft und endgültig verweigert hat (§ 281 Abs. 2 BGB, vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2015 - I ZR 224/13, juris Rn. 34; BGHZ 194, 180 Rn. 30; vom 06.02.2013 - I ZR 106/11, juris - VOODOO).

3.     Die Berufung ist auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage richtet. Der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf anwaltliche Vergütung für die Vertretung der Klägerin in dem vor dem Landgericht P. zu Az.: …0 (OLG B. …5; BGH …6) geführten Rechtsstreit steht ihr nicht zu. Im Ergebnis hat das Landgericht deshalb die Widerklage zu Recht abgewiesen.

a)     Zwar ist nicht der Auffassung der Klägerin zu folgen, dass die Geschäftsgrundlage für den unstreitig mit der Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrag, auf dessen Grundlage die Beklagte auch Leistungen erbracht hat, dadurch entfallen ist, dass die C. Ltd. ihren Verpflichtungen aus dem Prozessfinanzierungsvertrag nicht nachgekommen ist. Voraussetzung für den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Anwaltsvertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben oder von den Parteien unrichtig zugrunde gelegt worden sind und dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen bzw. die zutreffenden Umstände erkannt hätten, § 313 Abs. 1, 2 BGB. Diese Voraussetzungen sind vorliegend bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Prozessfinanzierungsvertrag, den die C. Ltd., wie die Klägerin behauptet, nicht vertragsgemäß erfüllt hat, erst am 22.03.2013 geschlossen wurde und deshalb nicht Geschäftsgrundlage des bereits im Jahr 2009 vereinbarten Anwaltsvertrages geworden sein kann. Sowohl dem Abschluss des Anwaltsvertrages als auch der Erhebung der Stufenklage, zunächst in der Auskunftsstufe nach einem Gegenstandswert von 5.001 €, sodann betreffend den Antrag auf Eidesstattliche Versicherung und weiter auch in der Zahlungsstufe über einen Teilbetrag von 150.000 €, hat die Klägerin zugestimmt, noch bevor sie am 13.03.2013 mit der Beklagten über die Möglichkeiten einer Prozessfinanzierung beraten hat. Die tatsächliche Übernahme der Kosten durch den Prozessfinanzierer kann deshalb nicht Grundlage für den Abschluss des Anwaltsvertrages gewesen sein.

b)     Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Durchsetzung des von der Beklagten geltend gemachten Vergütungsanspruches auch die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung nicht - teilweise - entgegen. Zu Unrecht hat das Landgericht die von der Beklagten erhobene Forderung für ihre Tätigkeit in erster und zweiter Instanz als verjährt angesehen, indem es ausgeführt hat, die Verjährung für die anteiligen Vergütungsansprüche der Beklagten habe jeweils mit Fälligkeit der Vergütung zu laufen begonnen, mithin nach § 8 Abs. 1 RVG mit Beendigung des Rechtszuges, hier also der Verkündung des - jeweils instanzbeendenden - Urteils. Die Vergütungsansprüche der Beklagten für ihre im Jahr 2014 abgeschlossene Tätigkeit vor dem Landgericht seien deshalb mit Ablauf des 31.12.2017 und diejenigen für ihre im Jahr 2016 abgeschlossene Tätigkeit vor dem Oberlandesgericht mit Ablauf des 31.12.2019 verjährt. Der am 20.05.2020 erhobenen Widerklage käme deshalb insoweit keine verjährungshemmende Wirkung zu.

Dies verkennt, dass zwar nach § 8 RVG, §§ 195, 199 BGB die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist, wobei dieser Zeitpunkt mit Eintritt des ersten Fälligkeitstatbestandes nach § 8 Abs. 1 RVG anzusetzen ist (Bayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, § 8 Rn 54, beck-online), hier also mit der Kostenentscheidung in dem jeweiligen instanzbeendenden Urteil. Allerdings ist nach § 8 Abs. 2 RVG die Verjährung gehemmt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, hier also bis zum Beschluss des Bundesgerichtshofs über die Nichtzulassungsbeschwerde vom 19.04.2018. Mithin ist hinsichtlich der Vergütungsansprüche der Beklagten in allen drei Instanzen Verjährung nicht vor Erhebung der Widerklage mit Schriftsatz vom 20.05.2020 eingetreten.

c)     Allerdings steht der Durchsetzung des Vergütungsanspruches der Beklagten der Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegen (§ 242 BGB). Es fehlt an einem eigenen schutzwürdigen Interesse der Beklagten an der Durchsetzung ihrer anwaltlichen Vergütungsansprüche gegenüber der Klägerin, weil sie eine Leistung fordert, die alsbald zurück zu gewähren wäre (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est, vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2020 – II ZR 112/19, Rn. 16, NJW-RR 2021, 294; Urteil vom 27.04.2023 – VII ZR 144/22, Rn. 32, NJW-RR 2023, 901; jew. zit. nach juris). Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz aus Sachwalterhaftung auch wegen deren eigener Vergütungsansprüche zu, die sie dem Zahlungsanspruch der Beklagten entgegensetzen kann. Mit der Widerklage erstrebt die Beklagte im Ergebnis Vorteile, nach deren Erlangung sie eine Rückgewährpflicht träfe, sie handelt damit rechtsmissbräuchlich.

Aufgrund der durch ihr Auftreten gegenüber der Klägerin bei dem Abschluss und der Durchführung des Anwaltsvertrages und der Prozesskostenvereinbarung begründeten Sachwalterhaftung hat die Beklagte, wie oben dargelegt, der Klägerin die im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit entstandenen Kosten zu erstatten, die die C. Ltd. als Prozessfinanzierer entgegen ihrer vertraglichen Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 22.03.2013 nicht übernommen hat. Dies umfasst auch die eigenen Vergütungsansprüche der Beklagten gegenüber der Klägerin, denn der Klägerin stand nach dem Wortlaut der Vereinbarung ein umfassender Anspruch auf Kostenübernahme durch den Prozessfinanzierer zu.

Dazu heißt es unter Ziff. 3.1 der Vereinbarung: „Der PF finanziert der Klägerin den Prozess (S. 16 d.A.), dass heißt übernimmt ab jetzt alle Gerichtskosten – soweit sie nicht bezahlt sind – und alle Kosten die im laufenden Verfahren anfallen (Kosten der Gegenseite, Anwaltskosten usw.). Eine Beschränkung auf anwaltliche Vergütungsansprüche der Gegenseite lässt diese Formulierung nicht erkennen. Die C. Ltd. hatte deshalb auch die Vergütungsansprüche der Beklagten zu übernehmen, und zwar für den gesamten Rechtsstreit, also auch die Vergütungsansprüche für bereits erbrachte Tätigkeiten. Dies ergibt sich aus der Formulierung „Der PF finanziert den Prozess“. Hätten die Parteien der Prozessfinanzierungsvereinbarung vereinbaren wollen, dass nur die nach Abschluss der betreffenden Vereinbarung vom 22.03.2013 entstandenen anwaltlichen Vergütungsansprüche von der Prozesskostenvereinbarung erfasst werden, hätten sie dies entsprechend zum Ausdruck bringen müssen, etwa dadurch, dass sie formulieren „Der PF finanziert den weiteren Prozess“. Stattdessen findet sich eine Beschränkung der Einstandspflicht der C. Ltd. nur hinsichtlich der Gerichtskosten, als eine Übernahme nur stattfinden soll, soweit sie noch nicht bezahlt sind, im Übrigen übernimmt die PF „alle Kosten, die im laufenden Verfahren anfallen“.

Die Beklagte hat auch in Bezug auf die ihr gegenüber der Klägerin zustehenden Vergütungsansprüche ihre Pflichten aus dem Sachwalterverhältnis verletzt, indem sie - entgegen der Übung bei Ausführung der Prozessfinanzierungsvereinbarung - pflichtwidrig unterlassen hat, die Kosten ihrer anwaltlichen Tätigkeit gegenüber der C. Ltd. geltend zu machen bzw. nicht veranlasst hat, dass diese von der C. Ltd. übernommen werden.

Im Ergebnis steht der Klägerin gegenüber der Beklagten in Höhe der von dieser geltend gemachten Vergütungsansprüche ein Schadensersatzanspruch zu, den sie ihrer Inanspruchnahme auf Zahlung anwaltlicher Vergütung entgegensetzen kann, § 242 BGB. Soweit die Beklagte auch in diesem Zusammenhang vorträgt, die Klägerin habe nicht richtig zugearbeitet, deshalb sei der Prozess nicht zu gewinnen gewesen und die C. Ltd. von der Leistung befreit, ergibt sich, wie bereits dargelegt, diese Bedingung aus der Vereinbarung zur Prozessfinanzierung nicht und ist der Vortrag unzureichender Zuarbeit auch nicht nachvollziehbar dargelegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind, insbesondere beruht die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 69.939 €.