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Entscheidung 5 U 140/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 19.09.2024
Aktenzeichen 5 U 140/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:0919.5U140.23.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das am 18. August 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az. 1 O 233/22, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das an der Grenze zum Grundstück ...straße 13, ... P..., Gemarkung ..., Flur …, Flurstück ... auf dem Grundstück ...straße 11, ... P..., Gemarkung ..., Flur …, Flurstück ... befindliche Trampolin (Durchmesser von ca. 4,5 m und Höhe von ca. 2,8 m) an einen Standort auf ihrem Grundstück zu verlegen, der mindestens 1,80 Meter von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner 8/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/10 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn in P…. Die Kläger machen Abwehransprüche gegen die Beklagten geltend wegen Heckenrückschnitts, Überwuchs, Einsichtnahme auf ihr Grundstück von einem Trampolin aus, Lichtimmissionen von Badezimmerbeleuchtung und Störung der Privatsphäre.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2023 Erklärungsfrist auf den gegnerischen Schriftsatz eingeräumt und einen Verkündungstermin für den 12. Juli 2023 anberaumt. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 29. Juni 2023 ergänzend ausgeführt. Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2023 haben die Kläger beantragt, ihnen auf den eingegangenen, nachgelassenen Schriftsatz eine Stellungnahmefrist einzuräumen, weiterer Vortrag sei beabsichtigt. Das Landgericht hat den Verkündungstermin aus dienstlichen Gründen auf den 18. August 2023 verlegt und sodann das angefochtene Urteil verkündet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Den Klägern stehe gegen die Beklagten kein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. den §§ 37-39 BbgNRG auf Einkürzung der Thujahecke zu. Ein Anspruch auf Einkürzung bestehe erst bei einer regelmäßigen Wuchshöhe über 2 Meter. Dies sei bei der 1,90 m hohen Hecke nicht der Fall. Für einen Anspruch auf Beseitigung und künftige Verhinderung von Überwuchs hätten die Kläger bereits nicht ausreichend konkret dargelegt, in welchem Ausmaß ein Überwuchs bestand oder besteht. Auch ein Anspruch auf Entfernung oder Verlegung des Trampolins bestehe nicht. Das Trampolin sei keine „sonstige Anlage“ im Sinne von § 27 BbgNRG. Aus der dortigen Aufzählung ergebe sich, dass es um Gefahrenabwehr gehe. Eine Gefahr drohe von dem Trampolin nicht, vielmehr solle dessen erhöhte Sicherheitseinfassung ein Herunterfallen gerade verhindern. Da das Trampolin nur vorübergehend während der warmen Jahreszeit aufgestellt werde, stelle es auch keine dauerhaft errichtete Anlage dar. Auch ein Unterlassen der Benutzung könnten die Kläger nicht verlangen. Eine den Rahmen der Sozialadäquanz verlassende oder zweckwidrige Benutzung des Trampolins hätten die Kläger schon nicht dargetan. Die behaupteten Geräusche seien vom Klageantrag nicht umfasst. Auch der Klageantrag zu Ziffer 3 sei unbegründet. Ein Sozialabstand von 3 Metern sei eingehalten, es gebe keinen Anspruch, ein Fenster geschlossen zu halten. Ein Anspruch auf Verhinderung von Lichtimmissionen bestehe ebenfalls nicht, es handele sich nur um eine unwesentliche Beeinträchtigung, die hinzunehmen sei. Der Vortrag sei bereits nicht hinreichend konkret. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen.

Hiergegen haben die Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie rügen, das Landgericht sei von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen. Vor allem habe das Gericht den Klägern auf den Vortrag der Beklagten vom 29. Juni 2023 keine Erwiderungsfrist eingeräumt. Der Vortrag der Beklagten sei aber zur Urteilsgrundlage gemacht worden, was einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Gebot des fairen Verfahrens darstelle. § 38 Nr. 1 BbgNRG erlaube einen nach § 37 BbgNRG nicht gestatteten Abstand nur dann, wenn die geschlossene Einfriedung nicht überragt werde. Ein Vorbehalt, dass dies etwa bei Hecken nur für eine Wuchshöhe von mehr als 2 Metern gelte soll, sei den Regelungen nicht zu entnehmen. Im Jahr 2021 hätten die Beklagten die Hecke trotz Aufforderung nicht zurückgeschnitten. Erst kurze Zeit nach dem Besuch des Schlichters am 24. März 2022 sei die Hecke von ca. 2,50 m auf 1,80-1,90 m gekürzt worden. Am 3. November 2022 habe sie wieder eine Höhe von 2,50 m gehabt. Es bestehe kein Abstand der Hecke vom Zaun von 20-30 cm, diese reiche bis an den Zaun und zum Teil 20-30 cm darüber hinweg. Die Hecke wachse jährlich auch ca. 20-30 cm in die Breite. Das Trampolin müsse mindestens 2,80 m von der Grenze entfernt stehen, sei aber auf dem Grundstück ohnehin unzulässig. Dass das Unterlassen von obszönen Geräuschen von den Hilfsanträgen nicht umfasst sei, sei unverständlich. Eine Abwägung mit den Persönlichkeits-, Eigentums- und Nachbarrechten habe nicht stattgefunden. Fehlerhaft sei das Landgericht davon ausgegangen, dass Anlagen nach § 27 BbgNRG dauerhaft errichtet sein müssten. Die Lichtimmissionen seien nicht ortsüblich und keinesfalls durch die Baugenehmigung der Beklagten gestattet. Dem Schreiben der Beklagten vom 23. August 2021 sei eine rechtsverbindliche Erklärung zu entnehmen. Das Rücksichtnahmegebot des § 1 BbgNRG sei nicht berücksichtigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 30. November 2023 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

das am 18. August 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az. 1 O 233/23, abzuändern und

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. die entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück ...straße 13, ... P..., Gemarkung ..., Flur …, Flurstück ..., auf ihrem Grundstück ...straße 11, ... P..., Gemarkung ..., Flur …, Flurstück ..., gepflanzte Thujenhecke auf eine Höhe von 1,80 m entsprechend der Höhe der dort befindlichen geschlossenen Einfriedung einzukürzen und dauerhaft auf maximal dieser Höhe zu halten sowie jedweden Überwuchs auf das Grundstück ...straße 13, ... P..., Gemarkung ..., Flur 8, Flurstück ... zu entfernen und dauerhaft zu unterbinden;

2.     das an der Grenze zum Grundstück ...straße 13, ... P..., Gemarkung ..., Flur …, Flurstück ... auf dem Grundstück ...straße 11, ... P..., Gemarkung ..., Flur …, Flurstück ... befindliche Trampolin (Durchmesser von ca. 4,5 m und Höhe von ca. 2,8 m) zu entfernen bzw. an einen Standort auf ihrem Grundstück zu verlegen, bei dessen Benutzung durch die Beklagten eine Beeinträchtigung des Grundstückes der Kläger gemäß Antrag zu 1, insbesondere eine Einsichtnahmemöglichkeit, vermieden wird;

hilfsweise,

es künftig zu unterlassen, das Trampolin zu benutzen,

hilfsweise hierzu,

es künftig zu unterlassen, auf diesem Sprünge über die Höhe der dortigen Einfriedung (Höhe: 1,80 m) hinaus in Grenznähe (bis zu 7, 5 m) auszuführen,

den Beklagten – bezüglich der Hilfsanträge - anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen sie festgesetzt wird;

3. durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass aus den Fenstern der Badezimmerräume bzw. WC-Räume der Giebelseite ihres Hauses gemäß Antrag zu 1 ...straße 11 während deren bestimmungsgemäßer Benutzung durch Bewohner und Besucher deren Grundstückes diese Vorgänge und Personen für Bewohner und Benutzer des Hauses auf dem Grundstück der Kläger gemäß Antrag zu 1 ...straße 13 sichtbar sind;

4. durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass das Grundstück der Kläger gemäß Antrag zu 1 ...straße 13 sowie diese selbst durch aus den Fenstern der Badezimmerräume bzw. WC-Räume der Giebelseite ihres Hauses gemäß Antrag zu 1 ...straße 11 heraus strahlendes Kaltlicht von mehr als 4.000 K mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt werden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Das Urteil sei nicht auf Tatsachenvortrag aus dem Schriftsatz vom 29. Juni 2023 gestützt worden. Es bleibe bestritten, dass es bei Nutzung des Trampolins zu Stöhn-Geräuschen komme. Allenfalls handele es sich um lautes Atmen, wie es beim Sporttreiben unvermeidlich sei und das keine wesentliche Beeinträchtigung darstelle.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 520 Abs. 2 ZPO) hat in der Sache nur im Hinblick auf den Standort des Trampolins Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet. Im Einzelnen:

1.

a) Den Klägern steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Einkürzung der streitgegenständlichen Thujahecke auf eine Höhe von 1,80 m zu.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein solcher Anspruch nicht aus den §§ 1004 BGB i.V.m. §§ 37 ff. BbgNRG folgt. Zwar unterschreitet die streitgegenständliche Thujahecke unstreitig den in § 37 Abs. 1 Nr. 3 vorgesehenen Abstand von 1/3 seiner Höhe. Auch greift die Ausnahmevorschrift des § 38 Nr. 1 BbgNRG nicht ein, weil die Hecke den klägerischen Zaun überragt. Damit steht den Klägern als Nachbarn nach § 39 Satz 1 BbgNRG grundsätzlich ein Beseitigungsanspruch zu. Nach § 39 Satz 2 BbgNRG ist der störende Eigentümer allerdings befugt, die Anpflanzung auf seinem Grundstück zurückzuschneiden, sofern auch auf diese Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann. Ein rechtmäßiger Zustand lässt sich durch regelmäßigen Rückschnitt der Hecke auf ein Maß von maximal 2 Metern herstellen, da die Abstandsvorschrift des § 37 Abs. 1 Nr. 3 BbgNRG nur dann eingreift, wenn eine regelmäßige Wuchshöhe von 2 Metern überschritten ist (Senat, Urteil vom 17. April 2008, Az. 5 U 52/07, BeckRS 2008, 8124; Postier, Das Nachbarrecht in Brandenburg, 5. Aufl., § 39 1.1).

Eben einen solchen regelmäßigen Rückschnitt der Hecke auf ein Maß von maximal 2 Metern haben die Beklagten vorgetragen. Soweit die Kläger unter Lichtbildvorlage (z.B. vom 20. Mai 2019) behauptet haben, die Hecke habe in der Vergangenheit eine Höhe von 2,50 m erreicht, so wäre ein solcher Anspruch auf Beseitigung des über 2,00 m hinausragenden Teils zwischenzeitlich nach § 40 BgbNRG ausgeschlossen. Ein Beseitigungsanspruch ist ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht bis zum Ablauf des zweiten Jahres, in dem die Anpflanzung über die zulässige Höhe hinausgewachsen ist, Klage auf Beseitigung erhoben hat. Die erst am 7. Dezember 2022 erhobene Klage hält diese Frist nicht ein. Außerdem haben die Beklagten, wie die Kläger selbst mit der Berufungsbegründung aufzeigen, die Hecke zwischenzeitlich auf ein Maß von 1,90 m eingekürzt und im Schlichtungsverfahren angegeben, dies regelmäßig tun zu wollen. Dass die Hecke aktuell das zulässige Maß von 2,00 m übersteigt, haben die Kläger nicht dargetan.

b) Die Kläger haben gegen die Beklagten aus § 1004 BGB keinen Anspruch auf Beseitigung und künftige Verhinderung von Überwuchs. Zutreffend stellt das Landgericht darauf ab, dass die Kläger einen solchen Überwuchs schon nicht hinreichend dargelegt haben. Ihre Behauptung war bereits erstinstanzlich bestritten, die Kläger hatten insoweit Inaugenscheinnahme angeboten. Dass tatsächlich Pflanzenteile vom Grundstück der Beklagten auf das der Kläger reichen, ist nicht hinreichend beschrieben und damit nicht schlüssig vorgetragen, eine Beweisaufnahme - und hierbei handelt es sich bei dem beantragten Augenschein (§ 371 ZPO) - kam hierauf nicht in Betracht. Soweit die Beklagten mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 29. Juni 2023, auf den das Landgericht das Urteil verkündet hat, entlastende Lichtbilder eingereicht haben, ändert dies nichts an der Vortragslast der Kläger. Auch mit der Berufungsbegründung wird hierzu nicht näher vorgetragen. Die Kläger rügen lediglich, dass kein richterlicher Hinweis erfolgt ist. Sie tragen pauschal vor, dass die Thujahecke jedes Jahr 20-30 cm in die Breite wachse, was die Beklagten unter Wiederholung ihres Vortrags aus dem Schriftsatz vom 29. Juni 2023 substantiiert bestreiten. Im Übrigen legen die Kläger lediglich dar, dass von ihrem Grundstück kein Überwuchs ausgehe. Die von den Klägern mit der Berufung eingereichten Lichtbilder lassen nichts zu einem Überwuchs vom Beklagtengrundstück aus erkennen, so dass es auf die Frage, ob ein neuer Vortrag nach § 531 ZPO ausgeschlossen wäre, nicht ankommt.

2.

a) Den Klägern steht gegen die Beklagten aber ein Anspruch auf Versetzung des Trampolins nach § 1004 BGB iVm § 27 Abs. 1 Satz 2 BbgNRG zu.

Nach dieser Vorschrift muss bei Aufschichtungen von Holz, Steinen, Stroh und dergleichen sowie sonstigen mit dem Grundstück nicht fest verbundenen Anlagen, die nicht über 1,50 m hoch sind, kein Mindestabstand von der Grenze eingehalten werden. Sind sie höher, so muss der Abstand um so viel über 0,50 m betragen, als ihre Höhe das Maß von 1,50 m übersteigt. Das streitgegenständliche Trampolin ist schon keine Aufschichtung, wie sie beispielhaft genannt sind. Mit "dergleichen" sind ähnliche Materialien gemeint, die man zum Lagern allein durch ihre Schwere aufhäufen kann, z. B. gefüllte Säcke oder Komposthaufen, und die regelmäßig abgetragen werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19. Mai 2014, Az. 5 U 190/13; Schäfer/Fink/Jahrmann, Peter, Nachbarrechtsgesetz für Nordrhein-Westfalen., § 31 NachbG NRW Rn. 1). Danach ist das Trampolin keine Aufschichtung im Sinne dieser Vorschrift.

Es stellt aber eine sonstige mit dem Boden nicht fest verbundene Anlage nach § 27 BbgNRG dar. Dies sind solche Anlagen, die normalerweise nicht wie loses Material aufgeschichtet werden, aber auch nicht unter bauliche Anlagen fallen, die mit dem Erdboden fest verbunden sind. Auf eine dauerhafte Errichtung kommt es nicht an. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es zum einen, den Nachbarn vor Gefahren, die von der Aufschichtung oder Anlage ausgehen können, zu schützen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass eine Ausnahme für Aufschichtungen oder Anlagen besteht, die eine Wand oder geschlossene Einfriedung nicht überragen. Die in § 27 Abs. 2 Nr. 1 BbgNRG geregelte Ausnahme für Baugerüste hat ihren Grund darin, dass das Aufstellen dicht an der Grundstücksgrenze für eine geordnete Bautätigkeit notwendig sein kann (Postier, Das Nachbarrecht in Brandenburg, 5. Aufl., § 27 Nr. 2). Zudem bezweckt die Vorschrift als Ausfluss des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses, den Nachbarn auch unter ästhetischen Gesichtspunkten nicht direkt an der Grundstücksgrenze zu stören (vgl. Postier, a.a.O., § 27 Rn. 1 + 1.1). Ob das Trampolin für das klägerische Grundstück eine Gefahr darstellen kann, kann offen bleiben. Indem das Trampolin den Holzlamellenzaun um einen Meter überragt, hat es Einfluss auf die Ästhetik im Bereich der Grundstücksgrenze und stellt damit eine im Sinne des § 27 BbgNRG störende Anlage dar. Maßgebend ist hierfür die Gesamthöhe des Trampolins, also einschließlich seines Netzes. Ob, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat, das Netz gekürzt werden könnte, ist für die Entscheidung ohne Relevanz, da die tatsächlichen Verhältnisse zum Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen sind. Folglich richtet sich der nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BbgNRG zu berechnende Mindestabstand nach der Gesamthöhe des Trampolins einschließlich Netz und muss um soviel über 0,50 m betragen, als seine Höhe das Maß von 1,50 m übersteigt. Bei einer Höhe von 2,80 m haben die Beklagten danach einen Grenzabstand von mindestens 1,80 m (2,80 - 1,50 + 0,5) zur Grundstücksgrenze zu wahren.

b) Ein Anspruch auf vollständige Entfernung des Trampolins oder hilfsweise auf Unterlassung der Benutzung oder von Sprüngen, die über 1,80 m Höhe hinausgehen, besteht hingegen nicht.

Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 1004 BGB analog oder aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis nach Treu und Glauben bzw. dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme aus § 1 BbgNRG.

Die Kläger haben keinen Anspruch, dass die Beklagten unterlassen, bei der Nutzung des Trampolins über den Zaun zu schauen.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt nicht aus § 1004 Abs. 1 BGB. Wenngleich § 1004 BGB unmittelbar lediglich aus dem Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen abgeleitete dingliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche statuiert, werden durch seine entsprechende Anwendung zugleich alle so genannten absoluten Rechte wie das aus Art. 1 und 2 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt (vgl. Grüneberg / Herrler, BGB, 82. Aufl., § 1004 Rn. 4), welches das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personalen und sozialen Identität und Entfaltung sowie Entwicklung seiner Persönlichkeit in all ihren Ausprägungen – einerseits im Sinne einer Abwehr von Einblicken und unerwünschten Einflussnahmen Dritter und andererseits im Sinne eines Rechts auf selbstbestimmtes Handeln, auf freie Entfaltung und auf aktive Entschließungs- und Handlungsfreiheit – im Intim, Privat- und Sozialbereich gewährleistet. Insbesondere gibt das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Inhaber das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden und selbst zu bestimmen, mit welchen Personen er in welchem Umfang Kontakt haben will, sofern sich ein – auch unerwünschter – Kontakt nicht als sozialadäquat erweist (vgl. Grüneberg /Sprau, BGB, 82. Aufl. § 823 Rn. 86, 93). Hierzu gehört die Integrität eines räumlichen Bereichs, der dazu bestimmt ist, für sich zu sein, zu sich zu kommen, sich zu entspannen oder sich auch gehenlassen zu können (Regenfus, NZM 2011, 799, 800 m.w.N.). Die Bereiche eines Wohngrundstücks, die von öffentlichen Flächen oder angrenzenden Privatgrundstücken aus nicht einsehbar sind, sind typischerweise Rückzugsorte des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.

Demgegenüber üben auch die Beklagten ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht durch Nutzung des Trampolins aus. Eine solche sportliche Betätigung in privaten Gärten ist sozialadäquat und nicht darauf gerichtet, gezielt die Privatsphäre der Kläger zu stören (anders bei Ausspähen mittels Drohne, vgl. AG Potsdam, Urteil vom 16. April 2015, 37 C 454/13). Die Abwägung beider Grundrechte der Parteien führt nicht zu einem Überwiegen einer der Interessen. Erst Recht mit dem nach diesem Urteil einzuhaltenden Abstand von mindestens 1,80 m zur Grundstücksgrenze ist die Möglichkeit einer Einsicht bereits so deutlich reduziert. Weil für eine gezielte Störung der klägerischen Privatsphäre durch die Nutzung des Trampolins nichts ersichtlich ist, überwiegen die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stammenden Rechte der Kläger nicht das Recht der Beklagten auf freie Nutzung ihres Grundstück so weit, dass ihnen diese Nutzung zu untersagen vollständig zu untersagen wäre. Vielmehr haben in der Abwägung der beiderseitigen Interessen die Kläger als Ausfluss des auch sie verpflichtenden nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses eventuelle geringfügige und gerade nicht gezielte Störungen durch die Beklagten zu dulden. Anders als sie offenbar meinen, folgt aus dem Gebot zu gegenseitiger nachbarlicher Rücksichtnahme und Toleranz nichts anderes. Das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis als bloße Schranke der Rechtsausübung (BGH, Urteil vom 6. Juli 2001, Az. V ZR 246/00) ist für einen möglichen Unterlassungsanspruch auf aus zwingenden Gründen gebotene Ausnahmefälle beschränkt. Das Rechtsinstitut des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses dient nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarlicher Interessenkonflikte (BGH, Urteil vom 22. September 2000, Az. V ZR 443/99; Senat, Urteil vom 7. Dezember 2006, Az. 5 U 44/06, BeckRS 2007, 10975). Ein derartig schwerwiegender oder atypischer Eingriff ist nicht feststellbar.

Mangels Begründetheit der Hilfsanträge scheidet auch die Festsetzung eines Ordnungsgeldes aus.

3.

Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch darauf, dass die Benutzer der Bad- und WC-Räume nicht sichtbar sind. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Der „Sozialabstand“ von 3 Metern ist ausweislich des zur Akte gereichten Lageplans offensichtlich eingehalten. Einsichtmöglichkeiten sind im innerstädtischen Bereich grundsätzlich als ortsüblich hinzunehmen. Nur unter besonders gravierenden Umständen können Einsichtmöglichkeiten bei der Bauplanung von Neubauwohnungen als Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme angesehen werden, etwa wenn aus sehr kurzer Entfernung die Einsicht in Wohnräume möglich ist, die sich wegen ihrer Lage als Schlafräume anbieten (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 14. Mai 2012, Az. 1 B 65/12, Rn. 16). Das ist vorliegend nicht der Fall; vielmehr sind auch in einem dicht bebauten Gebiet wie hier Einblickmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück hinzunehmen. Es ist dem betroffenen Nachbarn zuzumuten, unerwünschte Einblicke durch eigene Mittel abzuwehren.

4.

Die Kläger haben gegen die Beklagten keinen Anspruch, durch geeignete Maßnahme zu verhindern, dass (bestimmtes) Licht in den Badezimmern das klägerische Grundstück beeinträchtigt.

a) Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 1004 BGB. Zutreffend nimmt das Landgericht an, dass es sich um eine unwesentliche Beeinträchtigung handelt, die die Kläger nach § 906 Abs. 1 BGB dulden müssen.

Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem Grundstück ausgehenden Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 27. November 2020, Az. V ZR 121/19). Eine unwesentliche Beeinträchtigung wird indiziert, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- und Richtwerte nicht überschritten werden. Lichtimmissionen stellen ähnliche Einwirkungen im Sinne der Vorschrift dar (Grüneberg / Herrler, BGB-Komm., 82. Aufl., Rn. 11 zu § 906). Die nachbarrechtliche Zulässigkeit des baulichen Zustands beurteilt sich allein auf der Grundlage des § 906 Abs. 1 BGB nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Die Regelung wird ergänzt und teilweise überlagert durch öffentlich-rechtliche Vorschriften zum nachbarlichen Interessenausgleich. In diesem Zusammenhang unterliegen wesentliche Immissionen i.S. von § 906 Abs. 1 BGB keinen anderen Beurteilungsmaßstäben als die entsprechenden öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzbestimmungen.

Lichtimmissionen gehören zu den schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn sie nach § 3 Abs. 1 BImSchG nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Wann Lichtimmissionen als erheblich eingestuft werden können, ist nicht normiert. Insbesondere haben die „Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen“ - Licht-Richtlinie - (Abgedruckt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 55. Ergänzungslieferung 2009) keinen quasi-normativen Charakter, können jedoch als sachverständige Beurteilungshilfe herangezogen werden (OVG NW, Beschluss vom 27. Februar 2009, Az. 7 B 1647/08, NVwZ-RR 2009, 716, 718; Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Juli 1010, Az. 15 ZB 09.2465). Darüber hinaus hat eine Einzelfallabwägung zu erfolgen, bei der die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Nachbarschaft zu berücksichtigen sind. Dabei sind wertend auch die Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz einzubeziehen (OVG NW, a.a.O.). Eine von dem Nachbarn nicht hinzunehmende wesentliche Beeinträchtigung kann auch in der Lästigkeit einer Immission liegen, die nicht allein von Messwerten abhängt, sondern von einer Reihe anderer Umstände ab, für die es auf das eigene Empfinden des Tatrichters ankommt (BGH, Urteil vom 27. November 2020, Az. V ZR 121/19).

Gemessen hieran sind die aus einem Badezimmer eines Wohnhauses das klägerische Grundstück treffenden Lichtstrahlen (noch) sozialadäquat und von den Klägern zu dulden. Insbesondere zeigen die Kläger nicht auf, dass die Lichtimmissionen zu Nachtzeiten in einem nicht mehr unwesentlichen Umfang entstehen. Vielmehr tragen sie vor, dass die Lichtimmission zwischen 17:00 und 18:00 Uhr (vgl. Berufungsbegründung Seite 13) bzw. an einzelnen Tagen im Dezember 2022 und Januar 2023 von 17:00 bis 20:00 bzw. maximal 21:00 Uhr andauerte (Bl. 38 LGA). Ausweislich der von den Klägern als Anlage vorgelegten Grundrisse ist im Erdgeschoss das Wohnzimmer, im ersten Obergeschoss ein Abstellraum und im zweiten Obergeschoss lediglich eine Dachterrasse zum Beklagtengrundstück gelegen. Schlafräume sind danach nicht direkt zum Beklagtengrundstück ausgerichtet. Dabei kommt es für einen - grundstücksbezogenen - Anspruch nach § 1004 BGB nicht darauf an, dass die Klägerin vorträgt, das Wohnzimmer aus persönlichen Gründen zum Teil zum Schlafen zu nutzen. Aber auch im Übrigen sind nach den oben aufgezeigten Grundsätzen aufgrund der Sozialadäquanz in dicht bebauten Wohngebieten bei der hier vorliegenden baurechtlichen Zulässigkeit vielmehr die Kläger gehalten, geeignete Maßnahmen gegen das sie subjektiv störende Licht zu ergreifen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es gerade in den Abendstunden unschwer möglich ist, den Lichteinfall durch Vorhänge oder anderweitige Verdunklung zu verhindern. Die Durchführung eines Ortstermins kommt angesichts dessen nicht in Betracht.

b) Den Klägern steht gegen die Beklagten auch kein quasinegatorischer verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch des Nachbarn nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB zu.

Ein solcher Anspruch kann bestehen, wenn nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts verletzt sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2020, Az. V ZR 121/19). Zu den nachbarschützenden Normen des öffentlichen Baurechts zählt das Gebot der Rücksichtnahme (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 1993, Az. V ZR 74/92). Liegt ein solcher Verstoß gegen eine nachbarschützende Norm vor, bedarf es für den quasinegatorischen Unterlassungsanspruch keiner über die Verletzung des Schutzgesetzes hinausgehenden Beeinträchtigung des Nachbarn. Denn Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB verlagern den Schutz des Nachbarn vor und knüpfen gerade nicht an einen Verletzungserfolg an (vgl. BGH a.a.O.). Insbesondere ist die Rechtswidrigkeit der Schutzgesetzverletzung im Fall von Immissionen nicht am Maßstab des § 906 BGB zu messen, weil dadurch die spezifische und abstrakte Regelungsfunktion der Schutznorm leer liefe (vgl. BGHZ 122, 1 [7]). Der quasinegatorische Unterlassungsanspruch setzt somit nicht voraus, dass eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB gegeben ist. Ein solcher quasinegatorischer Unterlassungsanspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn und soweit die Grundstücksnutzung öffentlich-rechtlich bestandskräftig genehmigt wurde, die Genehmigung nach wie vor wirksam ist und die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der nachbarschützenden Norm, auf die sich der Kläger stützt, Teil des vorgeschriebenen Prüfprogramms im (vereinfachten) Genehmigungsverfahren war. Denn der Regelungsinhalt der Baugenehmigung entfaltet insoweit auch für die Zivilgerichte eine Legalisierungswirkung, die vom Nachbarn hinzunehmen und für die Zivilgerichte bindend ist (BGH, Urteil vom 28. Januar 2022, Az. V ZR 99/21).

Vorliegend haben die Kläger bereits nicht dargelegt, dass eine Baugenehmigung nicht vorliegt, nicht (mehr) wirksam sei und die grundsätzlich bereits im Rahmen der Baugenehmigung zu berücksichtigenden nachbarschützenden Normen nicht Teil des Genehmigungsverfahrens waren.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 4 ZPO. Im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 2 legt der Senat ein Obsiegen der Kläger in Höhe von 4/5 zugrunde. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.