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Entscheidung 6 U 58/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 22.10.2024
Aktenzeichen 6 U 58/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2024:1022.6U58.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 01.06.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 133/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Urheberrechte der Beklagten als Architekten an einem als Teil einer Wohnanlage an der N.-straße in P. von ihnen entworfenen und geplanten Gebäude, dem sog. „T.-haus“ in P.. Die Klägerin beabsichtigt als Eigentümerin den Abriss des baumangelbehafteten und seit mehreren Jahren leerstehenden Mehrfamilienwohnhauses und die Errichtung eines Neubaus.

Die Klägerin ist das kommunale Wohnungsunternehmen der Stadt P.. Nach ihrer Satzung gehört zu ihrem Unternehmensgegenstand insbesondere der Erwerb, das Halten und das Bewirtschaften von Immobilien im Rahmen der kommunalen Aufgabe nach § 2 Abs. 2 BbgKVerf. Sie beauftragte die Beklagten im Jahr 1996 mit der Planung und Bauüberwachung des Bauvorhabens „Zentrum Ost, Neubebauung an der N.-straße“. Die Wohnanlage wurde zwischen 1998 und 2002 errichtet und besteht aus dem als erstes Gebäude innenstadtseitig an der Ecke H.-ring/N.-schnellstraße gelegenen sog. T.-haus sowie den sich nach Osten anschließenden zehn sog. S.-häusern und 25 teils freistehenden, teils miteinander verbundenen sog. A.-häusern. Das T.-haus ist fünfgeschossig und enthält 38 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 2700 m². Alle Gebäude nutzen gemeinsame Außenanlagen (Wohnstraße, Garten, Terrassen, Teich). Das T.-haus und die durch eine Stahl-Glas-Konstruktion damit verbundenen S.-häuser bilden die sog. N.-schlange entlang der N.-schnellstraße, sie sind durch eine Tiefgarage verbunden, deren Einfahrt sich im T.-haus befindet und die sich bis unter die S.-häuser erstreckt. Im T.-haus befindet sich ferner die sog. Technikzentrale mit Fernwärmeanschluss und Lüftungsanlage für sämtliche Häuser der Anlage.

Im Jahr 1999 kündigte die Klägerin den Architektenvertrag fristlos wegen Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit der Bauüberwachungstätigkeit der Beklagten. Ab dem Jahr 2001 traten im T.-haus Feuchtigkeitsschäden auf, als deren Ursache Abdichtungsmängel gutachterlich festgestellt wurden (Sachverständige S./Dr. Z., Anlage K36-38, Bl. 333ff.). Diese wurden durch einen Rückbau und die Neuherstellung der Dachterrassenflächen beseitigt. Im Verlauf der Jahre 2004 bis 2008 traten wiederholt Undichtigkeiten in den Dach- und Fassadenflächen des T.-hauses auf, die jeweils wiederum Rück- und Neubaumaßnahmen erforderlich machten. Dies beeinträchtigte die Vermietbarkeit der Wohnungen. Mitte des Jahres 2013 kam es im T.-haus zu einer Havarie, welche großflächige Durchfeuchtungen der Fußbodenaufbauten im zweiten Obergeschoss verursachte. Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen traten an den geöffneten Baukonstruktionen weitere erhebliche Mängel zu Tage (Bl. 10). Im Februar 2018 kündigte die Klägerin sämtliche verbleibende Mietverträge wegen Hinderung einer wirtschaftlichen Verwertung des Anwesens. Sie beziffert den wirtschaftlichen Schaden aufgrund der Baumängel (Mangelfeststellung und -beseitigung, Mietminderung) auf rd. 3,3 Mio. €. Das T.-haus ist in seinem derzeitigen Zustand nicht nutzbar, wobei die Parteien über den Umfang der Mängel, deren Ursachen, die Verantwortlichkeiten und die notwendigen Mangelbeseitigungsmaßnahmen streiten.

Die Klägerin beabsichtigt, das T.-haus abzureißen und durch einen fünfgeschossigen L-förmigen Neubau mit etwa 90 zum Teil mietpreisgebundenen Wohnungen, einer Wohnfläche von 5.750 m² und einem unterlagerten eingeschossigen Garagendeck für ca. 100 Stellplätze zu ersetzen. Dazu liegt ihr ein positiver Vorbescheid der unteren Bauaufsichtsbehörde der Stadt P. vor. Für den geplanten Neubau soll ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt werden, von dem die Klägerin bislang aus Kostengründen abgesehen hat. Die Beklagten haben ihre Beteiligung an der Vorbereitung dieses Wettbewerbsverfahrens unter Berufung auf ihr Urheberrecht abgelehnt.

Die Klägerin forderte die Beklagten fruchtlos unter Fristsetzung bis zum 05.08.2019 auf, sich zu verpflichten, wegen der geplanten Abriss- und Neubaumaßnahmen keine Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche gegen sie geltend zu machen. In einem Zeitungsinterview äußerte der Beklagte zu 2) im November 2019 sinngemäß, das entsprechende urheberrechtliche Einverständnis der Beklagten werde nicht erteilt.

Die Klägerin hat behauptet, die im Zuge der Havarie 2013 festgestellten erheblichen Mängel lägen maßgeblich im Verantwortungsbereich der Beklagten, weil Planung und Ausführung des Bauvorhabens nicht den zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätten. Eine Nutzung des T.-hauses setze eine komplexe Gebäudesanierung durch einen vollständigen Rückbau der inneren Gebäudestruktur bis auf dessen Tragwerk voraus. Dies stelle sich - aus näher angeführten Gründen - als unwirtschaftlich dar. Mit der Ersetzung des T.-hauses durch den Neubau erfülle sie zudem ihre satzungsgemäß vorgegebenen städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Ziele, vor allem dem Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen abzuhelfen. Das Neubauvorhaben entspreche in Gestaltung und Ausstattung den aktuellen Vorgaben der Ökonomie, der Energetik und der Nachhaltigkeit. Ein Verkauf des Grundstücks nebst T.-haus an einen privaten Dritten werde von der Alleingesellschafterin der Klägerin, der Stadt P., nicht mitgetragen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das dargelegte Interesse als Eigentümerin überwiege das Interesse der Beklagten am Schutz ihres Urheberrechtes. Das T.-haus weise nur eine geringe schöpferische Gestaltungshöhe auf, auf die sich die von den Beklagten zu verantwortenden Baumängel zusätzlich mindernd auswirkten. Es sei isoliert von den S.- und A.-häusern zu beurteilen, denn es handele sich um ein eigenständiges Gebäude, das nicht untrennbar mit der übrigen Wohnanlage verbunden sei. Selbst wenn es doch als Teil eines Gesamtkunstwerkes anzusehen sei, hätten die Beklagten den geplanten Abriss und den Neubau hinzunehmen.

Die Klägerin hat unter teilweiser Rücknahme der Klage beantragt,

festzustellen, dass dem Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche aus Urheberrecht auf Unterlassung bei Abriss des Gebäudes „T.-haus“, H.-ring …, … P., zum Zweck der Neubebauung des zugehörigen Grundstückes mit der Flurstücks Nr. …2 der Flur …9 in P., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts P., Bl. …5, zustehen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, ein Abriss des T.-hauses stelle einen nicht hinzunehmenden Eingriff in ihr Urheberpersönlichkeitsrecht dar. Mit dem Abriss des T.-hauses werde ein Baukunstwerk von besonderer Schöpfungshöhe vernichtet und dadurch rechtswidrig in das Gesamtensemble „Bebauung an der N.-straße“ eingegriffen. Die Gesamtanlage stelle ein mit künstlerischen Mitteln geschaffenes Werk dar auf der Grundlage der Bauidee einer grünen Wohnoase ohne massive Gebäude in Gestalt eines leichten, bewohnbaren Bandes. Das T.-haus stelle als dessen Kopfbau und zentrales Bauwerk zugleich architektonisch eine grüne Brücke zu dem von Hermann von Pückler geschaffenen B.er Park her, die die Trennung durch die N.-schnellstraße sinnbildlich überwinde. Das Gesamtensemble sei geprägt von einem einheitlichen Gedanken im Hinblick auf die Grundstruktur der Materialien, der daraus abgeleiteten Ästhetik und der Formensprache. Für die Beurteilung der Gestaltungshöhe käme es auf das Vorhandensein von Baumängeln nicht an, für diese seien sie auch nicht verantwortlich.

Die nach § 14 UrhG vorzunehmende Interessenabwägung müsse aufgrund der besonderen Gestaltungshöhe und der Schwere des Eingriffs in ihr Werk zugunsten ihres Urheberrechts ausfallen. Es sei im Rahmen der Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitbefangenen Werk um das einzige Vervielfältigungsstück handele. Die Argumente der Klägerin verfingen nicht. Ihre Wirtschaftlichkeitsberechnung sei unschlüssig und nicht nachvollziehbar. Ein Neubaukonzept lege die Klägerin nicht vor. Sie könne sich auch nicht auf die vermeintliche Verfolgung satzungsmäßiger Zwecke berufen, denn sie habe das T.-haus seit dem Jahr 2013 leer stehen lassen und den Wohnraum damit dem Wohnungsmarkt über Jahre hinweg entzogen. Ein Abriss des T.-hauses und ein anschließender Neubau sei auch nicht mit der der Klägerin durch die Kommunalverfassung übertragenen Aufgabe der Umweltverträglichkeit vereinbar, denn es entstünden ungleich höhere Umweltbelastungen als bei der Sanierung. Einem Abriss stünden weiter auch grundbuchrechtliche Aspekte entgegen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die aufgrund des Konflikts der Interessen der Klägerin als Eigentümerin des Gebäudes an dessen Abriss zum Zwecke einer Neubebauung mit den Interessen der Beklagten als Urheber des Werkes der Baukunst an dessen Erhalt gebotene Abwägung führe zu dem Ergebnis, dass die Interessen der Klägerin diejenigen der Beklagten überwögen.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 03.06.2022 zugestellte Urteil mit am Montag, den 04.07.2022 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit am 04.10.2022 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie vertreten die Auffassung, das Landgericht sei bei der Interessenabwägung zu einem unrichtigen, dem Rechtsgedanken des § 14 UrhG widersprechenden Ergebnis gelangt. Änderungen an urheberrechtlich geschützten Werken seien grundsätzlich nicht gestattet. Dem vorgesehenen Abriss stehe die erhebliche Gestaltungshöhe des Werks entgegen, bei dem sie ihren eigenständigen, keiner zeitgenössischen Strömung folgenden Architekturstil umgesetzt hätten.

Das gesamte Ensemble bilde mit seinen begrünten Dächern und den ansteigenden Dachgärten, Terrassen und Gemeinschaftsgärten eine schall- und sichtgeschützte Wohnanlage entlang der N.-Schnellstraße, die für eine grüne Überbrückung vom Zentrum O. zu dem B.er Park sorge. Insbesondere die terrassierten und begrünten Dächer des T.-hauses verlängere die grüne Sichtachse vom B.er Park, ohne sie als Bauwerk zu unterbrechen und zu begrenzen. Es sei ein Gesamtensemble geschaffen bestehend aus untrennbar miteinander verbundenen Elementen, nämlich dem streitbefangenen Kopfbau in einer Torsituation von H.-ring und vom Park (F.-turm) her, der langen Häuserreihe aus Gartenhöfen, den S.-häusern entlang der N.-Schnellstraße, den A.-häusern, Wohnungen auf Stützen über den Teich, den integrierten Freiflächen und Gemeinschaftsgärten entlang der Spielstraße, die unterhalb des T.-hauses beginne und als verkehrsbefreiter Gartenweg durch das gesamte Ensemble führe und dabei jedes Haus der Gebäudeabschnitte miteinander verbinde, und dem künstlichen Teich, um den sich jeweils die A.-häuser und Freiflächen gruppierten und der das gesamte Regenwasser des Siedlungsgebietes aufnehme. Das Ensemble bilde eine Wohnoase, in der die Bewohner trotz unmittelbarer Nähe zur N.-Schnellstraße ihre Ruhe genießen und das Gefühl haben könnten, im gegenüberliegenden B.er Park zu flanieren.

Die drei Häusergruppen seien durch die der strukturalistischen Bau- und Denkweise folgenden Anordnung der Gebäudekomplexe und die wiederholte Verwendung geometrischer Raster, verwandter Gestaltungselemente und bestimmter Materialien (Tragwerk in Stahl-Beton, raumabschließende Materialien der Holz- oder Stahl-Glas-Fassaden, zum Teil mit geschlossenen Füllungen, nichttragende Ausfachungen des Klinker-Sicht-Mauerwerks, runde Balkone, die mit ihren Geländern über den Stahl-Beton-Gesimsen schweben) integrale Bauteile eines einheitlichen Ganzen ohne Grenzen, dessen Architektursprache sich durch die gesamte Wohnsiedlung ziehe und durch einen üppig ornamentalen Stil geprägt sei.

Durch die Ausrichtung der Gebäude und Hauseingänge zueinander und zu der die gesamte Wohnsiedlung verbindenden Dorfstraße samt Umgebungsbegrünung werde ein Raum der Begegnung für Bewohner und Besucher geschaffen. Das T.-haus als Kopfbau bilde einen akustischen und optischen Puffer zum H.-ring und der daran anschließenden Hochhausbebauung, setze diese aber zugleich durch Anpassung seiner Ausrichtung an die Lage dieser Hochhäuser fort und schirme so die Siedlung gegen den öffentlichen Straßenraum ab, ohne die Verbindung zur Umgebungsbebauung abreißen zu lassen. Wiederkehrendes und damit strukturell verbindendes Element aller baulichen Bereiche des Ensembles sei das Dreiecksraster, das für den Betrachter eine natürliche Ordnung und Einheit in der gesamten Siedlung erzeuge.

Obwohl das Landgericht diese erhebliche Gestaltungshöhe erkannt habe, habe es ihr im Rahmen der Interessenabwägung lediglich eine untergeordnete Rolle eingeräumt. Es habe insbesondere übersehen, welches Konzept urbaner Bebauung dem Gesamtensemble im Allgemeinen und dem T.-haus im Besonderen zugrunde liege und dass das T.-haus Teil des urheberrechtlichen Gehalts des Gesamtwerkes sei. Maßgeblicher Gedanke der Anordnung und Ausgestaltung aller Teile des Ensembles sei es, dass ein durch Gemeinschaft geprägtes Zusammenleben verschiedener sozialer Schichten in einem abtrennbaren Quartier entstehe und gefördert werde. Dazu dienten die Gemeinschaftsflächen des T.-hauses, die offene Zuwegung zu allen Gebäudeteilen durch Treppen und Aufgänge sowie die sich durch das Gesamtgebiet bahnende Spielstraße auf der einen Seite und die Tiefgaragen auf der anderen Seite. Diese Gesamtgestaltung sei schlüssig, da das Gelände vom H.-ring bis zur E.-allee gegenüber der N.-straße und der gegenüberliegenden Parkseite bogenförmig wie ein Riegel vollständig abgeschlossen werde.

Im Fall eines Abrisses und anschließenden Neubaus würde die strukturalistische Idee und Konzeption des Ensembles zerstört. Das kommunikative Element der Gesamtanlage ginge verloren, weil das Konstrukt an der Stelle, an der sich das T.-haus befindet, abrupt abbräche, statt dass das T.-haus als Kopfbau des Ensembles aufgrund seiner Größe und Robustheit und als zentrales und prägendes Bauwerk mit seiner Terrassenstruktur und den darauf befindlichen Gartenanlagen optisch und thematisch in die sich anschließenden S.-häuser zu der einen Seite und die A.-häuser zur anderen Seite einleite. Nach einem Abriss würde noch die Vielzahl der zwischen T.-haus und dem Rest-Ensemble korrespondierenden Stilmittel an das ursprüngliche T.-haus erinnern. Dem Neubau fehlte die Funktion eines schützenden und zugleich einladenden Elements in das Gesamtareal, die A.- und S.-häuser verlören ihre Eigenschaft als städtebauliche Gemeinschaftsanlage, als Quartier und parkähnliche Naturoase.

Das Urteil des Landgerichts lasse nicht erkennen, dass sich das Gericht mit den konzeptionellen und gestalterischen Zusammenhängen des Ensembles mehr als nur oberflächlich auseinandergesetzt habe. Zudem sei seine Ansicht, das Urheberrecht erfasse nicht die kulturlandschaftliche Einbettung des Werks der Beklagten, unzutreffend. Der Wertung, eine Beeinträchtigung des Gesamteindrucks durch Abriss und Ersetzung des T.-hauses durch einen Neubau sei nicht anzunehmen, weil das gesamte Ensemble von sich deutlich unterscheidender Bebauung umgeben sei, sei ebenso wenig zu folgen, wie der Ansicht, der Gesamteindruck der Wohnanlage werde durch den Abriss des T.-hauses nicht derartig verfälscht, dass das restliche Werk (die Wohnanlage mit S.- und A.-häusern) in nicht hinnehmbarer Weise entstellt würde. Diese auf eine räumliche Trennung des T.-hauses vom Rest des Ensembles abstellende Sichtweise greife zu kurz und der isolierte Abriss des T.-hauses werde vom Landgericht nur unter pragmatischen Erwägungen betrachtet. Zudem sei der Grad der Öffentlichkeit in die Interessenabwägung einzustellen, weil die beabsichtigte Maßnahme erkennbare Auswirkungen auf ihre Reputation als Urheber habe.

Soweit das Landgericht davon ausgehe, dass eine Beeinträchtigung des gesamten Werks aus den gleichen Gründen hingenommen werden müsse, wie die Beeinträchtigung des Einzelwerkes, ignoriere es die Struktur des § 14 UrhG und offenbare ein falsches Verständnis über das, was im Rahmen der Interessenabwägung zu prüfen sei. Ein aus Einzelwerken bestehendes Gesamtwerk sei nämlich durch Teilabriss nur dann nicht in urheberrechtlich relevantem Umfang beeinträchtigt, wenn der verbleibende Rest nicht mehr auf das frühere Werk durch irgendwelche Merkmale hinweise oder erinnere, die keinen selbstständigen Urheberschutz begründeten.

Das Landgericht hätte in der Abwägung zu Lasten der Klägerin berücksichtigen müssen, dass diese keine Angaben dazu machen konnte, wie der behauptete Neubau aussehen und wie dieser sich in die Struktur der Umgebung einpassen solle. Es sei davon auszugehen, dass der verbleibende Gesamteindruck des Gesamtensembles durch weitere, erheblich unterschiedliche Nachbarbebauung weiter geschmälert werde und die dadurch erzeugte grüne Überbrückung vom Zentrum O. zum B.er Park weiter verloren gehe. Das Interesse der Klägerin an der Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgabe, neuen Wohnraum zu schaffen, habe das Landgericht zudem als zu gewichtig bewertet. Das Ziel der Schaffung zusätzlichen Wohnraums verschaffe einem Eigentümer von Wohnimmobilien letztlich immer ein ausreichendes Interesse, um urheberrechtliche Belange zu überwinden. Es komme hinzu, dass die Klägerin ihre Zielsetzung, im Rahmen eines Neubauprogramms in dem Zeitraum 2011 bis 2027 insgesamt 2500 neue Wohnungen zu errichten, aufgrund von anderweitigen abgeschlossenen bzw. laufenden Bauprojekten bereits bei weitem überschreite. Infolge dieser Übererfüllung des Plansolls lasse sich ein so intensiver, irreversibler Eingriff, wie ihn der Abriss des T.-hauses nicht nur für das Gebäude selbst, sondern auch für das gesamte Ensemble darstelle, nicht rechtfertigen, zumal die Klägerin den von ihnen, den Beklagten, mit dem T.-haus geschaffenen Wohnraum tatsächlich nicht genutzt habe. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht weiter die Anforderungen an ihr Bestreiten der Bedürfnisse des Wohnungsmarktes und der Anforderungen an einen sozialen und nachhaltigen Wohnungsbau überdehnt.

Zu Unrecht habe das Landgericht ferner unterstellt, dass das T.-haus so mangelbehaftet sei, dass eine umfangreiche Komplettsanierung des Gebäudes die einzige Alternative zu einem Abriss darstelle. Auch insoweit habe es ihren substantiierten Vortrag zu den Möglichkeiten einer Teilsanierung und den Einwänden gegen die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Klägerin und die vorgelegten Gutachten unbeachtet gelassen. Es habe damit ersichtlich keine angemessene Interessenabwägung vorgenommen und hätte vielmehr zunächst zur Feststellung der maßgeblichen Tatsachen Beweis erheben müssen.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und führt ergänzend aus, die vom Landgericht vorgenommene Interessenabwägung sei nicht zu beanstanden. Die Beklagten könnten auch im Falle einer vollständigen Vernichtung ihres Werks durch Abriss des T.-hauses eine Verletzung ihres Urheberpersönlichkeitsrechts nach § 14 UrhG nicht geltend machen. Richtig habe das Landgericht in die Interessenabwägung eingestellt, dass das T.-haus keine zweckfreie Kunst darstelle, sondern einem Gebrauchszweck diene, und dass mit der angegriffenen Maßnahme gerade diese Zweckbestimmung sichergestellt werden solle. Ihren, der Klägerin, Interessen komme weit überwiegendes Gewicht zu, denn es sei ihr weder aus bautechnischen noch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zumutbar, eine unwirtschaftliche Sanierung des Objekts unter weitgehender Beibehaltung der architektonischen Gestaltung des Bauwerks vorzunehmen. Dabei stehe ihr, soweit sie ihre Entscheidung objektiv begründe und diese nachvollziehbar sei, ein Ermessensspielraum zu, denn als Grundstückseigentümer habe sie im Zusammenhang mit der Realisierung der Baumaßnahmen das wirtschaftliche Risiko zu tragen. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten eine Mitverantwortung für den bautechnischen Zustand des T.-hauses trügen.

Zu Recht habe das Landgericht als maßgeblich erachtet, dass sie einer dauerhaft und durchgehend bestehenden satzungsmäßigen Pflicht unterliege, fortwährend bezahlbaren Wohnraum in P. zu schaffen. Der Einwand der Beklagten, sie habe ihr - internes - Plansoll auch ohne den Abriss des T.-hauses und die Neubebauung des Grundstücks bereits erfüllt, greife deshalb nicht durch.

Auch die Veränderung der räumlichen Situation sei in die Abwägung einzustellen, denn nach dem Umbau des H.-rings zu einer Sackgasse komme dem T.-haus nach Westen hin keine Lärmschutzfunktion mehr zu. Entsprechend könne sich ein neues Gebäude weiter Richtung H.-ring öffnen. Dass zu dem geplanten Neubau noch keine konkreten Angaben vorlägen, stehe der Berücksichtigung ihrer Interessen nicht entgegen. Die maßgeblichen Parameter ergäben sich aus dem positiven Bauvorbescheid, der die Leitlinien für die Errichtung eines Ersatzgebäudes aufzeige. Im Übrigen sei es ihr nicht zuzumuten, die mit einer weiteren Planung verbundenen erheblichen Kosten zu verauslagen, solange die Beklagten geltend machten, ein Abriss würde ihre Urheberrechte verletzen.

Das T.-haus weise, wie auch die S.- und die A.-häuser, im Hinblick auf die Fassadenausgestaltung, Form, Struktur und das Design allenfalls eine durchschnittliche Gestaltungshöhe auf. Es seien Stilmittel eingesetzt worden, die aus vorangegangenen Bauwerken der Beklagten bekannt gewesen seien. Das Ensemble werde von Fachleuten auch nicht als höherwertige Architektur angesehen und sei denkmalschutzrechtlich nicht unter Schutz gestellt. Allein der Umstand, dass ein Bauwerk aufgrund individueller Gestaltungselemente einem bestimmten Architekten zugeordnet werden könne, sage über dessen Bedeutung als Baukunstwerk nichts aus. Zudem werde die Gestaltungshöhe beeinträchtigt durch zahlreiche, auch konstruktive, mit dem sozialen Wohnungsbau unvereinbare Mängel, die den Gebrauchszweck des T.-hauses erheblich minderten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten seien T.-haus, S.-häuser und A.-häuser nicht als Gesamtensemble zu bewerten. Das T.-haus sei aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Materialien, Formen und Proportionen gestalterisch unabhängig gegenüber den als ästhetisches Gesamtbild erscheinenden A.- und S.-häusern und setze sich von diesen ab, hinzu komme die bauliche Trennung. Das T.-haus wirke insgesamt wie ein eigenständiges Gebäude, nicht wie ein integraler Bestandteil der Gesamtanlage. Es fehle gerade an der von den Beklagten vorgetragenen untrennbaren Gestaltungseinheit. Es sei auch kein besonderes gestalterisches Gesamtkonzept erkennbar, vielmehr habe die konkrete Ausgestaltung des T.-hauses bzw. die Anordnung der S.- und A.-häuser in linearer bzw. schlängelnder Form rein funktionale Gründe.

Dass das Ensemble einer strukturalistischen Bau- und Denkweise folge, sei nicht nachvollziehbar, weil es an den dafür notwendigen Merkmalen eines strengen geometrischen Rasters bzw. wiederkehrender bauliche Elemente und - mangels durchgehender Sichtachsen - an einem dafür charakteristischen Kommunikationsraum fehle. Ein etwaig mit den Freiflächen der Wohnanlage konzipierter Kommunikationsraum bliebe jedenfalls nach der Planung erhalten, denn im Bauvorbescheid sei festgelegt, dass der Neubau ein sehr ähnliches Baufenster einhalten und zugleich Lärmschutz gewährleisten müsse. Grün- und Wegeflächen würden durch den Neubau nicht betroffen.

Der Gesamteindruck der Anlage würde im Übrigen im Falle eines Ersatzes des T.-hauses durch einen Neubau nicht wesentlich verändert, weil die Gesamtanlage nicht insgesamt einsehbar, aber von Hochhäusern und Plattenbauten umgeben sei.

Den Interessen der Beklagten komme auch wegen der behaupteten kulturlandschaftlichen Einbettung des Werkes kein Vorrang zu. Vielmehr wirke das Gesamtensemble wie ein zusätzlicher städtebaulicher Riegel gegenüber dem Park, was insbesondere durch das T.-haus verstärkt werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat aufgrund Beschlusses vom 11.04.2024 die tatsächlichen Gegebenheiten der als „Zentrum O. – Neubebauung an der N.-straße“ bezeichneten Gesamtanlage im Ortstermin vom 17.09.2024 gem. § 144 Abs. 1 ZPO in Augenschein genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht der zulässigen negativen Feststellungsklage (1) der Klägerin stattgegeben, weil den Beklagten gegenüber der Klägerin kein Anspruch auf Unterlassung betreffend den Abriss des „T.-hauses“ zusteht (2). Zwar sind die Beklagten Urheber (a) des urheberrechtlich geschützten Gebäudes (b), allerdings tritt das den Beklagten danach grundsätzlich zustehende Abwehrrecht nach § 14 UrhG im Ergebnis der durchzuführenden Gesamtabwägung gegenüber den vorrangigen Interessen der Klägerin als Gebäudeeigentümerin zurück (c, d).

1.     Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, ist die negative Feststellungsklage zulässig erhoben. Die negative Feststellungsklage bietet die Möglichkeit, über behauptete Ansprüche des Gegners eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Das Nichtbestehen entsprechender Ansprüche stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO dar (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 16.09.2008 - VI ZR 244/07, juris, Rn. 10 ff.). Für das Urheberrecht gelten insoweit keine Besonderheiten.

Auch das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der klagenden Partei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, a.a.O. Rn. 13; BGHZ 69, 144, 147). Als Eigentümerin des T.-hauses hat die Klägerin ein schützenswertes Interesse daran, die Unsicherheit bezüglich der Streitfrage zu beseitigen, ob es ihr auch unter Berücksichtigung des von den Beklagten geltend gemachten Urheberrechts gestattet ist, das T.-haus abzureißen und durch ein anders gestaltetes Gebäude zu ersetzen. Diese Unsicherheit ist dadurch entstanden, dass sich die Beklagten in einem Gesprächstermin am 14.02.2019 gegenüber der Klägerin im Zusammenhang mit der Frage, ob sie sich an der Vorbereitung eines Wettbewerbsverfahrens für das neue Gebäude beteiligen würden, auf ihr Urheberrecht betreffend das T.-haus berufen haben (K23). In der Folge haben sie zudem eine von der Klägerin erbetene Erklärung, dass sie im Hinblick auf die geplanten Abriss- und Neubaumaßnahmen Unterlassungsansprüche gegenüber ihr nicht geltend machen werden (K 24), nicht abgegeben, sondern - in Person des Beklagten zu 2) - in einem Interview gegenüber der örtlichen Presse am 23.11.2019 erklärt, einem Abriss des T.-hauses niemals zustimmen zu wollen. Dass sie sich diese Erklärung des Beklagten zu 2) zurechnen lassen muss, hat die Beklagte zu 1) nicht in Zweifel gezogen.

2.    Die negative Feststellungsklage ist auch begründet. Dem Abriss des T.-hauses und dem Neubau eines Gebäudes an dessen Stelle stehen Urheberrechte der Beklagten aus §§ 97 Abs. 1, 14 UrhG nicht entgegen.

Nach § 97 UrhG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urhebergesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt. Ein solches Recht stellt das nach § 14 UrhG gewährleistete Entstellungsverbot dar, das dem Urheber das Recht einräumt, eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden (vgl. Specht-Riemenschneider, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. 2022 § 97 Rn. 4).

a)     Die Beklagten sind als Architekten Urheber der Wohnanlage und damit auch des T.-hauses. Ob neben ihnen noch weitere Personen als Urheber des T.-hauses anzusehen sind (die Beklagten also nur „Miturheber“ sind) insoweit, als die Beklagten ausführen, dass die von ihnen entwickelte Lösung „ohne aktive Mitwirkung von C. und der Direktion der Stiftung P., Prof. Dr. H.“ (Bl. 112 d.A.) nicht gelungen wäre, bedarf, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, im streitgegenständlichen Kontext keiner Entscheidung. Denn auch dann, wenn die Beklagten lediglich neben weiteren Personen als Miturheber der Wohnanlage anzusehen wären, könnten sie einen ihnen etwaig zukommenden Anspruch aus § 14 UrhG selbständig geltend machen (vgl. Thum, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 6. Aufl. 2022, § 8 Rn. 75).

b)    Sowohl das T.-haus bei isolierter Betrachtung aber auch das Gesamtensemble bestehend aus dem T.-haus, den A.-häusern, den S.-häusern und den diese verbindenden Außenanlagen stellen urheberrechtlich geschützte Werke dar. Dabei ist nicht maßgebend, dass die dem zwischen den Parteien ursprünglich abgeschlossenen Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Ziff. 9 bestimmen: „Dem Architekten verbleiben alle Rechte, die ihm nach dem Urheberrechtsgesetz zustehen“ (K8), denn die Schutzfähigkeit eines Werks ist der Disposition der Parteien entzogen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 75/14, juris Rn. 45). Vielmehr sind nach UrhG schutzfähig solche Werke, die in die Werkarten des § 2 Abs. 1 UrhG eingeordnet werden können und die den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügen, nämlich sich als Ergebnis eines geistigen Umsetzungsprozesses und einer persönlichen Schöpfung darstellen (vgl. Beck-OK Urheberrecht, Götting/Lauber-Rönsberg/Rauer, 37. Ed. Stand 15.10.2022, § 7 UrhG Rn. 5f.).

aa)     Zu dem Kreis der geschützten Werke zählen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind (§ 2 Abs. 2 UrhG), also einen solchen Grad individueller ästhetischer Prägung erreichen, dass von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann (BGH, Urteil vom 29.04.2021 - I ZR 193/20, Zugangsrecht des Architekten, juris Rn. 57 m.w.N.). Das setzt voraus, dass die Schaffung des Bauwerks nicht so durch technische Erwägungen, Regeln oder andere Normen bestimmt worden ist, dass der Ausübung künstlerischer Freiheit kein Raum gelassen wird, sondern es sich um ein die freie kreative Entscheidung des Urhebers zum Ausdruck bringendes Original handelt, in dem sich seine Persönlichkeit widerspiegelt und das eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe aufweist (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 58, 60). Die Verwendung allgemeinbekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente steht der Schutzfähigkeit nicht entgegen, wenn dadurch eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1989 - I ZR 6/87, Bauaußenkante, juris Rn. 16; OLG Köln, Urteil vom 02.06.2023 - I-6 U 162/22, Moschee-Vordach, juris Rn. 37). Übliche Wohnhäuser und vergleichbare Zweckbauten sind danach regelmäßig nicht schutzfähig, es sei denn, es liegen besondere gestalterische Elemente vor, die über das vom technisch-konstruktiven oder vom Gebrauchszweck Vorgegebene oder Übliche hinausgehen und die Individualität zum Ausdruck bringen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.06.2013 - 6 U 72/12, juris m.w.N).

Die Beurteilung der Schutzfähigkeit eines Werkes ist im Rechtsstreit ausgehend von dem Vortrag derjenigen Partei vorzunehmen, die sich einer urheberrechtlich schutzfähigen Leistung berühmt. Sie hat darzulegen und zu beweisen, woraus sich die urheberrechtliche Schutzfähigkeit ergeben soll (BGH, Urteile vom 14.11.2002 - I ZR 199/00, Staatsbibliothek, Rn. 38; vom 07.06.1990 - I ZR 191/88, Goggolore, Rn. 19; vom 27.05.1981 - I ZR 102/79, Stahlrohrstuhl II, Rn. 25; jew. zit. nach juris). Für den hier vorliegenden Fall der negativen Feststellungsklage gilt nichts anderes. Hier muss der Feststellungskläger lediglich beweisen, dass sich der Beklagte eines Anspruchs aufgrund eines bestimmten Lebenssachverhalts berühmt. Demgegenüber obliegt dem Anspruchsteller in der Rolle des Feststellungsbeklagten der Beweis derjenigen Tatsachen, aus denen er seinen Anspruch herleitet, denn auch bei der leugnenden Feststellungsklage ist - wenn auch mit umgekehrten Parteirollen - Streitgegenstand der materielle Anspruch, um dessen Nichtbestehen gestritten wird (BGH, Urteil vom 17.07.2012 - XI ZR 198/11, juris Rn. 35). Die Beklagten haben ihren schriftsätzlichen Vortrag dazu zulässigerweise durch Fotos und Pläne verdeutlicht und ergänzt. Geht es um ein Werk, bei dem es wesentlich auf den sich aufgrund der Betrachtung des Objekts ergebenden Gesamteindruck ankommt, der sich oft einer genauen Wiedergabe durch Worte entzieht, kann der Darlegungsbelastete seiner Darlegungslast auch durch Vorlage von Fotografien des Werks genügen, wenn die maßgeblichen Umstände hieraus ausreichend deutlich zu erkennen sind (BGH, Urteil vom 19.03.2008 - I ZR 166/05, St. Gottfried, juris Rn. 19).

Für die Beurteilung, ob dem T.-haus und der Wohnanlage insgesamt die erforderliche Gestaltungshöhe zukommt, ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlasst. Die notwendigen Feststellungen erfolgen nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt (BGH, a.a.O.; Urteile vom 01.10.1981 - I ZR 137/79, Kirchenraum-Innengestaltung; vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 - I-20 U 75/14; 20 U 75/14, Rn. 44; jew. zit. nach juris), maßgeblich sind nicht die ästhetischen Feinheiten, die ein auf dem gleichen Fachgebiet arbeitender Fachmann herausfühlt (BGHZ 25, 55, Ledigenheim, juris Rn. 27). Auch die Beklagten stützen sich für den behaupteten Rang des Werks auf dessen Eindruck und Form und nicht auf die Beurteilung in der Kunstwelt. Als fachspezifischer Spruchkörper kommt den Mitgliedern des Senats deshalb hinreichender Sachverstand zu, um die Schutzfähigkeit und Eigentümlichkeit des Bauwerks zu bewerten (vgl. BGH, Urteile vom 21.02.2019 - I ZR 98/17, HHole [for Mannheim] Urteil vom 29.04.2021 - I ZR 193/20, Zugangsrecht für Architekten, Rn. 51; BGHZ 25, 55 - Ledigenheim, Rn. 27; 62, 331 - Schulerweiterung, Rn. 30; jew. zit. nach juris).

bb)     Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass das T.-haus für sich genommen als urheberrechtsschutzfähiges (Bau-)Werk zu qualifizieren ist. Es ist von den Beklagten individuell nach den Bedürfnissen der Klägerin, Wohnungen in sozialer Durchmischung zu errichten, und angepasst an die Bedingungen des durch die Nähe zum Park B. und die Lage an einer Schnellstraße geprägten Standortes gestaltet worden. Es handelt sich um ein Mehrfamilienwohnhaus, das nicht als reiner Zweckbau in der dafür typischen rechteckigen Form eines Kastens, sondern in trapezähnlicher Gestalt konzipiert ist, um die von den Beklagten zugedachten Funktionen, nämlich die Abschirmung der Gesamtanlage zur stark verkehrsbelasteten N.-Schnellstraße und zu dem - bei Errichtung des Gebäudes ebenfalls noch - vielbefahrenen H.-ring einerseits und die Gestaltung eines durch eine Torsituation geprägten - engen - Eingangs zu dem in seinem Inneren als großer Garten und Kommunikationsraum gestalteten Gesamtensemble andererseits, bestmöglich zu erfüllen. Dabei orientiert sich die Ausrichtung des Gebäudes an der Lage eines Teils der benachbarten (Hochhaus-)Bebauung. Die unterschiedlichen Funktionen des Gebäudes führen zu einer differenzierten Fassadengestaltung: so öffnen große bodentiefe Fenster, Holz-Glas-Fassaden und Dachterrassen das Gebäude im Süden und Osten zur gartenähnlichen Grünanlage, während die Bauhülle nach Norden und Osten zu den angrenzenden Verkehrsachsen lediglich vergleichsweise schmale, in größeren Abständen angebrachte Fensteröffnungen aufweist. Das Bauwerk verwendet als markantes Element das aus den Baufluchten der benachbarten Bebauung abgeleitete Dreiecksraster, in dem die zur N.- und zur H.-straße gerichteten gläsernen Treppentürme gestaltet sind und das sich in den Dachvorbauten im Süden und Osten des Gebäudes wiederholt. Das Gebäude verfügt weiter über terrassierte große begrünte Dachterrassen, die ein das Wasser in die jeweils nächsttiefere Ebene bis zu einem künstlichen Teich ableitendes Regenrückhaltungssystem bilden und einen Übergang in den grünen Kommunikationsraum im Inneren des Gesamtensembles herstellen. Das T.-haus ist damit insgesamt nicht das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Bauens, vielmehr ragt die gefundene Lösung aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens hinaus und geht über die bloße Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung einschlägiger, durch den Gebrauchszweck vorgegebener Gestaltungen hinaus (vgl. BGH, Urteile vom 02.10.1981 - I ZR 137/79, Kirchen-Innenraumgestaltung; vom 08.02.1980 - I ZR 32/78, Architektenwechsel; vom 10.12.1987 - I ZR 198/85, Vorentwurf II; OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.06.2013 - 6 U 72/12; jew. zit. nach juris).

cc)    Dasselbe gilt für das aus dem T.-haus, den A.- und S.-häusern und der verbindenden Grünanlage bestehende Ensemble insgesamt. Die Beklagten haben die durch benachbarte Straßen und Bebauung für ihre Planung vorgegebene Freifläche für zwei sich gegenüberliegende Reihen von - innerhalb der jeweiligen Reihe der A.-häuser und der S.-häuser jeweils einheitlich gestalteten - Wohnhäusern sowie für das T.-haus am westlichen Eingang genutzt. In der Mitte der Anlage befindet sich eine verkehrsberuhigte geschlängelte Spielstraße sowie eine bis an die Häuser heranreichende, dichtbewachsene Grün- und Teichanlage, die einen dörflichen Charakter entstehen lassen. Die Häuser sind durch bodentiefe Fenster und große Holz-Glas-Fassaden zur Spielstraße hin geöffnet, was zur Kommunikation einlädt. Gegenüber der nördlich angrenzenden N.-schnellstraße nehmen sowohl das T.-haus als auch die S.-häuser durch ihre geschlossene Struktur und durch die Einfügung nur kleiner Fensterflächen eine Abschirmfunktion wahr. In dem gesamten Ensemble werden abgestimmte Bauelemente verwendet, die zwar nicht den Eindruck von Uniformität, wohl aber der Zusammengehörigkeit der drei Bauwerksgruppen vermitteln, dazu zählen neben den vorerwähnten großen Holz-Glas-Fassaden das sichtbare Tragwerk in Stahl-Beton, Ziegel für nicht-tragendes Mauerwerk, runde Stahlbalkone mit Geländern über Stahl-Beton-Gesimsen und Dreieckselemente. Aus dieser kompositorischen Zuordnung der drei Gebäudegruppen zueinander, ihrer harmonischen Einfügung in die Umgebung und ihrer einen Eindruck von Einheitlichkeit vermittelnden Gestaltung ergibt sich ein schutzfähiger Ausdruck künstlerischen Schaffens im Sinne des Urheberrechtsgesetzes.

c)     Der beabsichtigte Abriss des T.-hauses ist als „Entstellung bzw. andere Beeinträchtigung“ dieses urheberrechtlich geschützten Werkes im Sinne des § 14 UrhG zu bewerten.

aa)     Entsprechend dem natürlichen Sprachgebrauch bedeutet „Beeinträchtigung“ zunächst eine Verschlechterung oder Abwertung des Werkes, umfasst wird aber auch bereits eine bloße Abweichung vom geistig-ästhetischen Gesamteindruck (Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Aufl. 2020, § 14 Rn. 13; Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, § 14 Rn. 10). Eine Entstellung stellt sich als besonders schwerwiegender Fall der Beeinträchtigung dar, die das Werk in gravierender Weise verzerrt, verfälscht oder verstümmelt (Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 14 Rn. 3) und entsprechend dieser Eingriffsstärke nur durch Gegeninteressen von größerem Gewicht gerechtfertigt werden kann (Schricker/Loewenheim, a.a.O., Rn. 18). Die methodische Gleichbehandlung aller Fälle von Beeinträchtigungen, Änderungen und Entstellungen macht allerdings eine scharfe begriffliche Abgrenzung entbehrlich (Schricker/Loewenheim, a.a.O.). Angesichts des grundsätzlich und generell anzunehmenden Interesses des Urhebers an Bestand und Unversehrtheit seines Werkes indiziert bereits das objektive Vorliegen einer Beeinträchtigung deren Eignung zur Gefährdung der geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers (Schricker/Loewenheim, Rn. 23).

bb)     Bei isolierter Betrachtung des T.-hauses ginge mit dessen Abriss die Vernichtung des von den Beklagten geschaffenen Werks einher. Die Vernichtung betrifft das Urheberpersönlichkeitsrecht in besonderer Weise, weil sie das Fortwirken des Werks (als Ausdruck der Persönlichkeit seines Schöpfers) vereitelt bzw. erschwert (vgl. BGH, Urteile vom 21.02.2019 - I ZR 98/17, HHole [for Mannheim], Rn. 27 ff., I ZR 99/17, PHaradise, Rn. 26, und I ZR 15/18 - Minigolfanlage, Rn 13 ff.; jew. zit. nach juris); durch die Vernichtung wird „das geistige Band zwischen dem Urheber und seinem Werk durchschnitten“ (Erdmann, in FS Piper, 1996, S. 655, 674). Es muss dem Urheber deshalb möglich sein, nach § 14 UrhG auch eine Vernichtung seines Werks zu verbieten (BGH, Urteil vom 21.02.2019 - I ZR 15/118, Minigolfanlage juris Rn. 19).

(1)     Allerdings tritt das Urheberrecht dadurch in einen potentiellen Interessenkonflikt zu dem Recht des Eigentümers, der grundsätzlich mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren und es entsprechend auch vernichten kann (§ 903 Satz 1 BGB). Zwar findet die Sachherrschaft wiederum ihre Grenze dort, wo sie Urheberrechte verletzt, denn das urheberrechtliche Änderungsverbot gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Eigentümer des Werkoriginals (BGH, Urteile vom 19.03.2008 - I ZR 166/05, St. Gottfried, juris Rn 23; vom 02.10.1981 - I ZR 137/79, Rn. 24, Kirchen-Innenraumgestaltung, juris Rn. 24). Dies hat zur Folge, dass selbst der Eigentümer des Werkoriginals grundsätzlich keine in das fremde Urheberrecht eingreifenden Änderungen an dem ihm gehörenden Original vornehmen darf (BGH, Urteil vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 24), sondern er darf das Eigentumsrecht an Gegenständen, die ein urheberrechtlich geschütztes Werk verkörpern, zunächst nur unbeschadet des Urheberrechts ausüben. Umgekehrt kann aber auch der Urheber sein Urheberrecht nur unbeschadet des Eigentumsrechts ausüben, er hat dieses und die daraus fließenden Interessen des Werkeigentümers zu achten (BGH, a.a.O. Rn. 25).

Dieser im Urhebergesetz angelegte Konflikt kann grundrechtliche Wertungen berühren, so kann auf Seiten des Eigentümers Art. 14 GG betroffen sein, während der Urheber sich möglicherweise auf die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgte Kunstfreiheit berufen kann, die nicht nur den Schaffensprozess („Werkbereich“), sondern auch die für die Begegnung mit der Kunst erforderliche Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks („Wirkbereich“) schützt (BGH, a.a.O.; BVerfGE 30, 173, 1190 - Mephisto; BVerfGE 119, 11, 21 - Esra; jew. zit. nach juris). Diesen grundrechtlichen Wertungen trägt allerdings das UrhG bereits dadurch Rechnung, dass der Anspruch des Urhebers, eine Entstellung oder Vernichtung zu verbieten, nur insoweit besteht, als diese geeignet sind, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Es ist also eine Interessenabwägung vorzunehmen, die bereits im UrhG selbst angelegt ist und nicht voraussetzt, dass der Eigentümer sich tatsächlich auf Art. 14 Abs. 1 GG und der Urheber auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen können. Es ist mithin auch nicht maßgeblich, dass die Klägerin, wie die Beklagten zu Recht geltend machen, als von der öffentlichen Hand, der Stadt P., beherrschte Gesellschaft nicht Grundrechtsträger des Art. 14 Abs. 1 GG sein kann (vgl. Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 14 Rn. 23).

(2)     Für die Abwägung lassen sich keine starren, allgemeingültigen Richtlinien aufstellen, welche Änderungen nach Treu und Glauben zu gestatten sind (BGHZ 55, 1, Maske in Blau, juris Rn. 57). Urheberrecht und Eigentumsrecht stehen sich zunächst gleichrangig gegenüber (BGH, Urteil vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 25). Die Interessenabwägung kann deshalb je nach dem Rang des in Frage stehenden Werks und den Interessen des Eigentümers an einer bestimmungsgemäßen Verwendung des Bauwerks und seinen hieran - aus der Sache heraus begründeten - wechselnden Bedürfnissen, zu einem engeren oder weiteren Freiheitsspielraum des Eigentümers bei Werkänderungen führen. Von Relevanz ist dabei, ob es sich um einen Gegenstand der zweckfreien Kunst handelt oder ob er als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient (BGH, Urteil vom 21.02.2019 - I ZR 99/17, PHaradise, juris Rn. 39), sowie der individuelle Schöpfungsgrad, der Rang des Werks (BGH, Urteil vom 19.03.2008 - I ZR 166/05, St. Gottfried, juris Rn. 27). Auch die Annahme eines hohen individuellen Schöpfungsgrades darf aber nicht dazu führen, dass Änderungen generell ausgeschlossen sind, weil ansonsten die zur Lösung des dargelegten Interessenkonflikts vorzunehmende Abwägung obsolet wäre und dies quasi zu einer enteignungsähnlichen Situation beim Werkeigentümer führen würde (OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2010 - 4 U 106/10, Stuttgart 21 Rn. 136; OLG Düsseldorf Urteil vom 08.09.2015, I-20 U 75/14, Rn. 60; jew. zit. nach juris). In die Abwägung sind weiter Art und Ausmaß des Eingriffs einzustellen und dessen Auswirkungen auf eine Änderung der Gesamtwirkung bzw. den künstlerischen Gesamteindruck. Es ist insoweit insbesondere zu prüfen, ob es zu einer den Urheber in seinen berechtigten urheberpersönlichkeitsrechtlichen Belangen entscheidenden Beeinträchtigung durch die Entstellung des Werks oder durch die Veränderung des Werks in seinen wesentlichen Zügen und in seinem wesentlichen künstlerischen Aussagegehalt kommt (BGH, Urteil vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 26; BGHZ 55, 1, Maske in Blau, juris Rn. 57), hingegen ist der Eingriff eher zu dulden, wenn Gesamtcharakter, Grundkonzeption und künstlerische Substanz des Werks erhalten bleiben.

Auf Seiten des Eigentümers spielen der Gebrauchszweck und die bestimmungsgemäße Verwendung des Bauwerks eine wesentliche Rolle, der Urheber muss mit wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers und sich daraus ergebendem Bedarf an Veränderungen rechnen (BGH, Urteile vom 19.03.2008 - I ZR 166/05, St. Gottfried, Rn. 38; vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 25f.; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2010 - 4 U 106/10, Stuttgart 21, Rn. 140; jew. zit. nach juris). Rein ästhetische Überlegungen sind nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 01.10.1998 - I ZR 104/96, Treppenhausgestaltung, juris Rn. 30). In die Abwägung einzustellen sind zu Gunsten des Eigentümers des Weiteren auch wirtschaftliche Gesichtspunkte, Modernisierungsinteressen und auch Allgemeininteressen, sofern diese zugleich eigene Interessen des Eigentümers sind (BGH, Beschluss vom 09.11.2011 - I ZR 216/10, Stuttgart 21, juris). Nicht jede durch den Gebrauchszweck veranlasste Änderung ist aber erlaubt, denn auch dies würde die geforderte Interessenabwägung erübrigen (BGH, Urteil vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 36). Bei Bauwerken wird dem Nutzungsinteresse des Eigentümers allerdings eine größere Bedeutung zugemessen als bei anderen Werkarten (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 140). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Architekt, der gegen Entlohnung ein Bauwerk konzipiert, plant und die Errichtung überwacht, weiß, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden möchte. Er muss deshalb damit rechnen, dass ihm in der Ausübung seines Urheberrechts die fremden Eigentumsinteressen entgegentreten und dass sich aus einem wechselnden Bedürfnis des Eigentümers ein Bedarf nach Veränderungen ergeben kann. Deshalb tritt das Interesse des Urhebers am Fortbestehen eines Bauwerks in aller Regel hinter die Interessen des Gebäudeeigentümers an einer anderweitigen Gebäudenutzung und einer damit einhergehenden Zerstörung des Kunstwerks zurück, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles etwas anderes ergibt (BGH, Urteile vom 21.02.2019 - I ZR 98/17, HHole [for Mannheim], juris Rn. 42; vom 21.02.2019 - I ZR 99/17, PHaradise, juris Rn. 40; Schricker/Loewenheim, a.a.O. Rn. 40).

cc)     Diese Abwägung hat das Landgericht beanstandungsfrei vorgenommen. Es hat ausgeführt, das T.-haus habe zwar eine erhebliche Gestaltungshöhe, es weise ein hohes Maß an individueller schöpferischer Eigenart auf. Es sei als „B.-Architektur“ erkennbar und als solche bekannt. Die verwandten Gestaltungselemente seien einzigartig und entstammten der individuellen architektonisch-künstlerischen Formensprache der Beklagten. Zwar hebe sich das T.-haus gestalterisch von den S.- und A.-häusern ab, doch sei erkennbar, dass sich die Gestaltungselemente und die architektonische Formgebung als fließende und eine gewisse Leichtigkeit vermittelnde Bauweise insgesamt bei der Wohnanlage wiederfänden. Auf die Beurteilung bleibe ohne Einfluss, ob es sich um ein Spätwerk der Beklagten handele, dem künstlerisch nicht so große Bedeutung zukomme und das auch nicht unter Denkmalschutz gestellt werden konnte. Denn maßgeblich sei, dass ein solcher Grad an ästhetischem Gehalt erreicht worden sei, dass nach der im Leben herrschenden Anschauung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Verkehrskreise von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden könne. Das T.-haus sei kein Alltagsbau, der lediglich das bekannte architektonische Formenrepertoire wiederhole, sondern es hebe sich aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens heraus. Dabei habe keinen Einfluss auf die Gestaltungshöhe, dass die Beklagten möglicherweise für Baumängel verantwortlich seien.

Die Klägerin als kommunales Wohnungsbauunternehmen habe die Aufgabe, den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Ihr Interesse, das streitbefangene Grundstück anderweitig zu nutzen, indem sie das T.-haus abreiße und einen Neubau errichte, der mehr Wohnungen aufnehme, deren Zuschnitt zudem an die Bedürfnisse der Einwohner angepasst werde und den heutigen Anforderungen an einen sozialen Wohnungsbau und den Bedürfnissen des Wohnungsmarktes entspreche, gehe den Interessen der Beklagten vor. Dabei falle entscheidend ins Gewicht, dass das T.-haus in seinem derzeitigen Zustand nicht nutzbar sei und für die Aufgabenerfüllung nicht zur Verfügung stehe. Daraus ergebe sich für die Klägerin bereits die Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, damit das Gebäude bzw. das Grundstück nicht auf Dauer der Nutzung für den sozialen Wohnungsbau entzogen werde. Welche Maßnahmen sie dabei für erforderlich halte, falle in ihren Verantwortungsbereich. Sie habe ihre Entscheidung zum Abriss auf einer objektiven Grundlage gefällt und sich umfassend gutachterlich beraten lassen. Zudem habe sie umfassende Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt.

Umstände, die gegen den Vorrang der Interessen der Klägerin sprächen, lägen nicht vor. Zwar müsse der Eigentümer eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks im Fall von Änderungen eine den betroffenen Urheber in seinen persönlichkeitsrechtlichen Interessen möglichst wenig berührende Lösung suchen. Habe er sich jedoch für eine bestimmte Planung oder Maßnahme entschieden, sei im Rahmen der Interessenabwägung nur noch zu ermitteln, ob dem betroffenen Urheber diese Maßnahme zuzumuten sei. Deshalb sei allein entscheidend, wie die Klägerin als Eigentümerin und kommunales Wohnungsunternehmen den Zustand des T.-hauses anhand der Kriterien des sozialen Wohnungsbaus und der Wirtschaftlichkeit aus ihrer Sicht einschätze. Dazu habe sie nachvollziehbar vorgetragen, mit vernünftigen Überlegungen und umfassender gutachterlicher Beratung zu dem Schluss gekommen zu sein, dass eine Werkvernichtung als andere Beeinträchtigung gemäß § 14 UrhG für sie die richtige und einzig wirtschaftliche Maßnahme sei, um ihre kommunale Aufgabe zu erfüllen. Deshalb sei nur noch zu prüfen, ob diese Maßnahme für die Beklagten zumutbar sei.

Dagegen spreche nicht, dass eine Sanierung nach Auffassung der Beklagten wirtschaftlicher wäre und einen geringeren Eingriff in ihr Urheberrecht darstellte, weil die Klägerin allein das Risiko einer möglichen Unwirtschaftlichkeit der Maßnahme zu tragen habe. Die Beklagten könnten auch nicht damit gehört werden, dass die Klägerin ihr Plansoll bereits erreicht habe und mit einer Sanierung zumindest 38 derzeit dem Wohnungsmarkt entzogene Wohnungen wieder nutzbar gemacht werden könnten. Denn es liege in der Entscheidungskompetenz der Klägerin, wie sie ihre kommunalen Aufgaben erfülle. Zudem sei bei einem Werk der Baukunst im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere der Gebrauchszweck des Bauwerks zu berücksichtigen. Der Urheber eines Bauwerks, der wisse, dass der Eigentümer das Bauwerk für einen bestimmten Zweck verwenden wolle, müsse damit rechnen, dass sich aus wechselnden Bedürfnissen des Eigentümers ein Bedarf an einer Veränderung des Bauwerks ergeben könne. Dabei seien öffentliche Interessen an der Veränderung eines öffentlichen Zwecken dienenden Bauwerks in die Interessenabwägung einzubeziehen, wenn diese öffentlichen Interessen zugleich eigene Interessen des Eigentümers seien. Nicht zu berücksichtigen sei eine etwaige Umweltunverträglichkeit eines Abrisses, denn dabei handele es sich um Allgemeininteressen, die bei der vorzunehmenden Abwägung keine Berücksichtigung fänden. Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagten darauf abstellten, dass das T.-haus mit der Sichtachse auf den Park B., einem UNESCO Weltkulturerbe, korrespondiere, denn das Urheberrecht erfasse nicht die kulturlandschaftliche Einbettung des Werkes der Beklagten.

Diesen Ausführungen, die die Berufung nicht im Einzelnen angreift, tritt der Senat bei.

d)     Zu Recht hat das Landgericht weiter festgestellt, dass auch im Hinblick auf das Gesamtensemble der geplante Abriss des T.-hauses und seine Ersetzung durch einen Neubau eine von den Beklagten hinzunehmende Beeinträchtigung ihres Urheberrechts darstellt.

aa)     Durch den Abriss des T.-hauses wird auch die Wirkung des Gesamtensembles gegenüber der Außenwelt berührt, weil das T.-haus nicht nur als ein für sich allein stehendes Werk der Beklagten, sondern auch als integraler Bestandteil der Wohnanlage zu beurteilen ist. Denn mit der beabsichtigten Entfernung des T.-hauses und dem beabsichtigten Neubau wird in die konkrete Gestaltung der Gesamtanlage, wie sie von den Beklagten konzipiert worden ist, eingegriffen und der Raumeindruck des Ensembles, je nach Perspektive, verändert. Für den unbefangenen Betrachter könnte sich dabei der Eindruck ergeben, das um das T.-haus verkürzte und um den Neubau ergänzte Werk stamme von den Beklagten. Die Pläne der Klägerin berühren deshalb bezogen auf das Gesamtensemble das Interesse der Beklagten, sich und ihrem Werk nicht fremde Gestaltungen zurechnen lassen zu müssen (vgl. BGH, Urteil vom 01.10.1998 - I ZR 104/96, Treppenhausgestaltung, juris Rn. 30) und könnten in Konflikt geraten zu dem dem Urheberrecht als Herrschaftsmacht des schöpferischen Menschen über sein Geisteswerk immanenten Änderungsverbot, das dem Schutz der persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers dient, darüber zu bestimmen, in welcher Gestalt seine Schöpfung an die Öffentlichkeit treten soll und in welcher individuellen Gestaltung das von ihm geschaffene Werk der Mit- und Nachwelt zugänglich gemacht wird (BGHZ 55, 1 - Maske in Blau, juris Rn. 56; BGHZ 62, 331 - Schulerweiterung, juris Rn. 24 RGZ 79, 397, 399 - Freskogemälde).

Die Beklagten als Architekten haben allerdings ihr Werk gegen ein Entgelt für die Klägerin geschaffen. Sie müssen deshalb damit rechnen, dass ihnen in der Ausübung ihres Urheberrechts die Interessen der Klägerin als Eigentümerin auch in Form von Änderungswünschen entgegentreten. Das wirkt sich dahin aus, dass sie der aus dem Eigentumsrecht fließenden Berechtigung der Klägerin, mit der Wohnanlage nach Belieben zu verfahren (§ 903 BGB), nur insoweit entgegentreten können, als ihre berechtigten urheberrechtlichen Belange ernstlich berührt werden. Ob dies der Fall ist, hängt einerseits von Art und Umfang des konkreten Eingriffs und andererseits von Intensität und Ausmaß der hiervon in erster Linie betroffenen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen der Beklagten ab, die ihrerseits weitgehend vom individuellen Schöpfungsgrad, vom Charakter und von der Zweckbestimmung des Werks beeinflusst werden. Nach Maßgabe dieser Kriterien stellt sich die Beeinträchtigung des Urheberrechts der Beklagten, wie bereits das Landgericht im Ergebnis beurteilt hat, bei der vom Senat auf Grundlage der eingereichten Fotos und Pläne und der durchgeführten Inaugenscheinnahme vorgenommenen Gesamtabwägung als von den Beklagten hinzunehmen dar.

bb)     Die Klägerin hat ihr Veränderungsinteresse nachvollziehbar dargelegt. Sie hat nicht nur auf die aus § 903 BGB folgende Befugnis verwiesen, mit ihrem Eigentum nach Belieben zu verfahren und entsprechend über die Umgestaltung oder anderweitige Nutzung eines Gebäudes zu entscheiden. Vielmehr hat sie für ihre Entscheidung, das T.-haus abzureißen, sachliche Gründe angeführt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.02.2019 - I ZR 98/17, HHole [for Mannheim], juris Rn. 44):

Das T.-haus ist aufgrund vorhandener Baumängel weitestgehend nicht bewohnbar und derzeit „entmietet“, die Klägerin kann im Hinblick auf das T.-haus ihrem satzungsgemäßen Zweck, Wohnraum für die Bürger der Stadt P. bereitzustellen, nicht nachkommen. Dies widerspricht zugleich dem - ihren eigenen satzungsmäßigen Aufgaben gleichgerichteten und insoweit zu berücksichtigenden - öffentlichen Interesse (vgl. BGH, Beschluss vom 09.11.2011 - I ZR 216/10, Stuttgart 21, juris) an der Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum. Die Klägerin hat sich vor diesem Hintergrund dazu entschlossen, das T.-haus abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Dieser soll gegenüber dem T.-haus eine deutlich größere Wohnfläche beinhalten (5.750 m² gegenüber 2.700 m²) und eine erheblich größere Zahl von Wohnungen (90 gegenüber 38), die, dem veränderten Bedarf innerhalb der Stadt P. Rechnung tragend, kleiner ausfallen sollen als die Wohneinheiten im T.-haus. Es geht also zum einen um die Wiedernutzbarmachung von Wohnraum und zum anderen um die Etablierung einer vom bisherigen Konzept abweichenden Wohnungsstruktur. Diese Begründung beruht auf sachlichen Erwägungen, sie findet ihre Rechtfertigung in dem öffentlichen Auftrag der Klägerin und ihrem Dispositionsrecht als Eigentümer.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, der Abriss des T.-hauses sei mit ihrem satzungsmäßigen Zweck, der Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum, nicht zu rechtfertigen, weil sie mit anderen Wohnungsbauprojekten in P. ihr Plansoll bereits erreicht habe. Denn die veröffentlichten Planziele der Klägerin, auf die die Beklagten insoweit Bezug nehmen, stellen lediglich selbst gesetzte, unverbindliche Vorgaben der Klägerin für eine bestimmte Zeitperiode dar und begrenzen insbesondere den ihr durch die Stadt P. allgemein erteilten öffentlichen Auftrag der Wohnraumbeschaffung nicht. Dass der Bedarf an Wohnraum innerhalb der Stadt P. gedeckt und damit der satzungsgemäße Auftrag der Klägerin erfüllt bzw. das öffentliche Interesse befriedigt wäre, kann gerichtsbekannt nicht festgestellt werden; das tragen auch die Beklagten nicht vor.

Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ist für die Abwägung nicht relevant, ob technisch und wirtschaftlich statt des Abrisses auch eine Komplett- oder Teilsanierung des Bestandbaus in Betracht gekommen wäre. Zwar muss der Eigentümer eines urheberrechtlich geschützten Bauwerks bei dessen Veränderung grundsätzlich eine den betroffenen Urheber in seinen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen möglichst wenig berührende Lösung suchen. Hat er sich jedoch für eine bestimmte Planung entschieden, geht es im Rahmen der Interessenabwägung nur noch darum, ob dem betroffenen Urheber die geplanten konkreten Änderungen des von ihm geschaffenen Bauwerks zuzumuten sind. Ob daneben noch andere, den Urheber gegebenenfalls weniger beeinträchtigende Lösungen denkbar sind, ist hierfür nicht von entscheidender Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 09.11.2011 - I ZR 216/10, Stuttgart 21; Urteil vom 21.02.2019 - I ZR 99/17, PHaradise, Rn. 47; jew. zit. nach juris). Dies gilt unabhängig von der Gestaltungshöhe des betreffenden Werks (BGH, Beschluss vom 09.11.2011 - I ZR 216/10, Stuttgart 21, juris). Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die von der Klägerin angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnungen zutreffend sind, was die Beklagten in Zweifel ziehen, ob also ein Neubau nach Abriss und eine Nutzungszeit von 20 Jahren wirtschaftlich günstiger ist als die Sanierung. Es ist vielmehr Sache des Eigentümers, die wirtschaftlichen Risiken eines Investments abzuwägen und über sie zu entscheiden. Auch die spätere Verwendung eingesparter Mittel liegt regelmäßig außerhalb der Interessensphäre des betroffenen Urhebers (BGH, Urteil vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 36).

Die Beklagten können insoweit auch nicht einwenden, dass sich die Klägerin tatsächlich noch nicht für eine bestimmte Planung entschieden habe, weil der avisierte Architektenwettbewerb noch nicht durchgeführt worden ist und deshalb die Gestalt des Neubaus nicht in die Abwägung eingestellt werden kann. Denn jedenfalls hat sich die Klägerin, wie dargelegt aus sachlichen Gründen, bereits auf bestimmte Parameter festgelegt (L-Bau, Wohnfläche 5.750 m², 90 Wohneinheiten), die mit einer Renovierung des T.-hauses nicht umgesetzt werden könnten.

Ob, wie die Beklagten schließlich auch geltend machen, eine Sanierung des Gebäudes letztlich umweltverträglicher zu gestalten wäre, als ein Neubau nach Abriss, ist für die Abwägung ebenfalls nicht relevant. Denn öffentliche Interessen an der Veränderung können nur dann in die nach dem UrhG vorzunehmende Interessenabwägung einzubeziehen sein, wenn diese zugleich eigene Interessen des Eigentümers sind (BGH, Beschluss 09.11.2011 - I ZR 216/10, Stuttgart 21). Dass die Klägerin satzungsgemäß auf die Umweltverträglichkeit ihrer Baumaßnahmen zu achten habe, ist nicht ersichtlich; die Beklagten beziehen sich insoweit lediglich auf die in § 2 Abs. 2 Satz 1 BbgKVerf aufgenommene Verpflichtung, Standortentscheidungen unter Beachtung der Umweltverträglichkeit zu treffen, und damit auf eine Norm, die nicht die Klägerin als kommunales Unternehmen unmittelbar adressiert und die Entscheidung über Abriss und Neubau am selben Standort zudem ersichtlich nicht betrifft.

Schließlich ist auch die grundbuchrechtliche Zuordnung der Flurstücke, auf denen das T.-haus und die weiteren Gebäude stehen, für die Abwägung ohne Bedeutung und begründet insbesondere keine höhere Schutzwürdigkeit des Urheberrechts der Beklagten. Unstreitig ist die Klägerin Eigentümerin der gesamten Fläche der Wohnanlage. Es ist deshalb nicht zu erkennen, dass, wie die Beklagten geltend machen, einem etwaigen Abriss des T.-hauses unüberwindbare grundbuchrechtliche Gründe entgegenstehen würden.

cc) Diesem Veränderungsinteresse der Klägerin stehen zwar beachtliche Erhaltungsinteressen der Beklagten gegenüber, diese müssen allerdings im Ergebnis der Abwägung gegenüber den Interessen der Klägerin zurücktreten.

(1)     Zwar kommt dem Gesamtkomplex „Wohnanlage an der N.-straße“, wie die Beklagten geltend machen, eine erhebliche Gestaltungshöhe zu. Er weist eine hohe schöpferische Individualität auf, die sich zunächst aus der städtebaulichen Idee speist, auf einer vorgegebenen, durch Hochhausbebauung und die Fahrbahnen der Schnellstraße eingefassten Freifläche eine gegenüber der Umgebung deutlich abgrenzbare Siedlungsanlage zu schaffen durch zwei parallele Reihen unterschiedlicher, in sich gleicher Haustypen verbunden durch eine gartenähnlich gestaltete und bis an die Häuser reichende Grünanlage mit Teich und an der westlichen Seite flankiert von dem T.-haus, das zugleich der Abschirmung dient und eine Eingangssituation bildet. Bereits dieser Anpassung an das Gelände kommt eine ästhetische Wirkung zu (vgl. BGHZ 25, 55, Ledigenheim, juris Rn. 22f.). Hinzu tritt die Gestaltung der Wohnanlage als nach innen geschützter Raum, von den Beklagten als „grüne Oase“ bezeichnet, zu der sich die Gebäude durch große Glasflächen öffnen, während der Gebäudehülle auf der zur Schnellstraße gerichteten Seite durch ihre weitgehend geschlossene Gestaltung mit nur wenigen kleinen Fensterflächen eine abschirmende Funktion zukommt. Zur ästhetischen Gesamtwirkung trägt auch die Fassadengestaltung bei, die insgesamt zum Inneren der Anlage hin einen Eindruck der Harmonie vermittelt, ohne uniform zu wirken, und die geprägt ist durch die Wahl der Materialien - Stahl-Beton für Tragwerk, Holz/Stahl/Glas für Fenster, Eternitplatten im Bereich der Dächer und nichttragende Ausfachungen durch Klinker-Sicht-Mauerwerk. Diesen Eindruck hat auch der Senat im Ortstermin gewonnen und er lässt sich anhand der von den Beklagten vorgelegten Fotostrecken (insbes. Nr. 2) nachvollziehen. Das Erscheinungsbild einer innerhalb der drei Gebäudekomplexe in sich abgestimmten Anlage wird auch durch die Formensprache vermittelt, die sich etwa in der Verwendung von Dreiecksrastern und über Stahl-Beton Gesimsen schwebenden Balkonen zeigt. Auffällig an der Konzeption der Anlage ist weiter die Erschließungslösung, nach der das T.-haus zum einen die Einfahrt in die sich im Erdgeschoss befindliche und unter den S.-häusern fortsetzende Parkgarage aufnimmt und die Gemeinschaftsflächen zwischen dem T.-haus nebst S.-häusern und den A.-häusern dadurch von Verkehr entlastet, und zum anderen die Haustechnik insbesondere betreffend die Wärmeversorgung enthält. Dabei wurde konstruktiv die Verwendung der sog. Kleeblattlösung für die Erschließung der Gebäude umgesetzt. Dass weder dies noch die vorbezeichnete Formensprache oder die Fassadengestaltung, die insbesondere dem vorbekannten Stil der Beklagten als Architekten selbst entsprechen, neu sind, noch die Idee, mit Gebäuden eine abschirmende Abgrenzung zu einer benachbarten Geräuschquelle zu schaffen, steht der Annahme einer erheblichen Gestaltungshöhe nicht entgegen, denn auch die Verwendung allgemein bekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente kann urheberrechtsschutzfähig sein, wenn dadurch eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird (BGH, Urteil vom 19.03.2008 - I ZR 166/05, St. Gottfried, juris Rn. 17). Das ist hier der Fall. Die Anlage insgesamt weist ihrem Gesamteindruck nach nicht nur die für den Bauwerksschutz als urheberrechtsfähiges Werk nötige schöpferische Individualität auf, die das Ensemble aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragen lässt (BGH, a.a.O., Rn. 15), sondern eine darüber hinausgehende erhebliche Gestaltungshöhe, die es als „B.-Architektur“ erkennbar macht.

Dem steht - anders als die Klägerin meint - nicht entgegen, dass die Wohnanlage denkmalschutzpflegerisch als nicht bevorzugt erhaltenswert eingestuft wird, denn maßgeblich für die nach § 14 UrhG vorzunehmende Abwägung ist die Sicht der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Verkehrskreise (s.o.), nicht die von Fachleuten des maßgeblichen Fachgebiets. Auch der Umstand, dass das Ensemble baumangelbehaftet ist, vor allem das T.-haus aufgrund zahlreicher Baumängel nicht mehr bewohnt wird und an den A.-häusern bereits bauliche Veränderungen im Hinblick auf die Regenentwässerung und die Abdichtung vorgenommen worden sind, steht dem nicht entgegen. Denn es lässt sich - auch nach Inaugenscheinnahme - nicht feststellen, dass die vorgetragenen Baumängel, die wohl vor allem im Innenbereich des T.-hauses aufgetreten sind, die ästhetische Aussage des Gesamtensembles berühren oder dass den vorgenommenen Veränderungen der Regenentwässerung an den T.-häusern bzw. dem Anstrich von Betonflächen zur Abdichtung insoweit maßgebliche Bedeutung zukäme.

(2)     Durch den Abriss des T.-hauses würde das Gesamtensemble insofern verändert, als einer von drei Gebäudekomplexen bzw. eines der fünf Hauptelemente der Wohnanlage (drei Gebäudekomplexe, Teich und Grünanlage/Spielstraße) wegfiele und durch einen Neubau ersetzt würde. Dies führt zu einer Veränderung des ästhetischen Gesamteindruckes, die allerdings nur je nach eingenommener Perspektive eines Betrachters am Boden wahrnehmbar ist. Denn die Wohnanlage ist so raumgreifend, dass sie, wie der Senat auch im Ortstermin festgestellt hat, von außen aus keiner Himmelsrichtung und auch von innen nicht auf einen Blick zu erfassen ist (vgl. dazu Fotos Bl. 106 ff.). Zu berücksichtigen ist weiter, dass zwischen der ästhetischen Wirkung von außen auf die Anlage und von innen zu differenzieren ist, denn das Gesamtkonzept ist gerade darauf gerichtet, nach innen eine dörfliche Atmosphäre zu erzeugen, die nach außen gegen Lärm und Immissionen abgeschottet wird. Darüber hinaus sind die von den Beklagten entwickelten technischen Lösungen zu betrachten, die im Inneren oder unterhalb der Gebäude umgesetzt worden sind (Parkhaus, Technik, Wärmeversorgung) und damit an einem durch An- oder Aufsicht beurteilten ästhetischen Gesamteindruck nicht unmittelbar teilhaben. Hinzu kommen abschließend Gestaltungselemente, die nur aus der Luft bzw. am Reißbrett zu erkennen sind (Ableitung der Dreieckskonstruktion aus der Nachbarbebauung; Grüne Brücke zum Park B.). Auch diese sind für die Beurteilung, ob eine entscheidende Entstellung bzw. eine Veränderung des Werks in seinen wesentlichen Zügen bzw. in seinem wesentlichen künstlerischen Aussagegehalt zu besorgen sind, heranzuziehen (BGH, Urteil vom 02.10.1981 - I ZR 137/79, Kirchenraum-Innengestaltung, juris Rn. 20). Denn eine besondere Schutzwürdigkeit kommt auch insoweit in Betracht. Das künstlerische Schaffen eines Architekten kann sich in besonderen Fällen nicht nur auf das Bauwerk selbst, sondern auch auf die Herbeiführung einer ästhetischen Wirkung durch Anpassung an die Umgebung erstrecken. Dabei kann auch die kompositorische Zuordnung mehrerer Gebäude zueinander und ihre harmonische Einfügung in die Umgebung als schutzfähiger Ausdruck künstlerischen Schaffens im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gewertet werden (BGHZ 24, 55, Ledigenheim Rn. 23; OLG München, Urteil vom 21.12.2000 - 6 U 3711/00; jew. zit. nach juris).

(3)     Anhand der vorgelegten Dokumentationen und auf Grundlage der Inaugenscheinnahme durch den Senat lässt sich nicht feststellen, dass der von der Klägerin beabsichtigte Abriss des T.-hauses zum Zwecke einer Neubebauung zu einer die Beklagten in ihren berechtigten urheberpersönlichkeitsrechtlichen Belangen entscheidend beeinträchtigenden Entstellung des Werks oder zu einer Veränderung des Gesamtwerks in seinen wesentlichen Zügen und in seinem wesentlichen künstlerischen Aussagegehalt führt (BGH, Urteil vom 31.05.1974 - I ZR 10/73, Schulerweiterung, juris Rn. 26; BGHZ 55, 1, Maske in Blau, juris Rn. 57). Vielmehr bleiben auch nach einer Ersetzung des T.-hauses durch einen Neubau der Gesamtcharakter, die Grundkonzeption und die künstlerische Substanz des Werks jedenfalls in den wesentlichen Zügen erhalten:

Der Abriss des T.-hauses und der Neubau eines L-förmigen Gebäudes an seiner statt wird zwar, wovon sich der Senat anlässlich des Ortstermins überzeugt hat, die Eingangssituation der Wohnanlage von Westen aus dahin modifizieren, dass Eintretende nicht mehr auf einem durch die Form des Gebäudes als Trapezbau bedingt gebogenen Weg auf die verbleibenden S.- und A.-häuser zugehen. Allerdings wird dieser Weg, wie das Foto Bl. 116 zeigt, bereits heute von den im Süden angrenzenden, in gerader Reihe (und damit parallel zu dem projektierten Neubau) stehenden Plattenbauten gesäumt. Diese Öffnung zu der benachbarten Hochhausbebauung relativiert, wie sich im Ortstermin gezeigt hat, im Bereich des T.-hauses auch den Charakter eines Gartens/einer grünen Oase, der sich weiter östlich entlang der Spielstraße im Zusammenhang mit der dort beginnenden Reihe der einander gegenüberliegenden, einen geschützten Raum bildenden A.- und S.-häuser, der begleitenden Grünanlagen und dem Teich entwickelt (vgl. Bl, 101; Bl. 116, 124.). Außerhalb der Anlage wird bei der Ansicht von Osten, Norden und Süden (je nach Standort) ein Wegfall des T.-hauses und seine Ersetzung durch einen L-förmigen Neubau von vornherein überwiegend nicht zu bemerken sein (Übersicht Fotostrecke 2 Bild 1).

Durch den Fortbestand der beiden Reihen von S.- und A.-häusern einschließlich der zwischen ihnen angelegten gartenähnlichen Grünanlage wird der in Abgrenzung zur Nachbarbebauung begründete Siedlungscharakter auch nach einem Abriss des T.-hauses und einem Neubau an seiner Stelle von innen betrachtet insgesamt fortwirken und zwar im weitaus größeren Teil der Wohnanlage. Denn das T.-haus schließt (nur) an den westlichen Anfang der beiden sich gegenüberliegenden, von West nach Ost ausgerichteten Häuserreihen bestehend aus S.-häusern und A.-häusern an, steht also neben den beiden - wesentlich raumgreifenderen - Reihen gewissermaßen am Rand der Anlage für sich allein (vgl. Übersicht Fotostrecke 2, Bild 1). Wie die von der Klägerin eingereichten Fotos zeigen und der Senat zudem beim Ortstermin festgestellt hat, ist das T.-haus von einem Betrachter im weiteren Bereich der A.-/S.-häuser, erst recht vom östlichen Ende der Wohnanlage, nicht zu sehen (Bl. 103 ff.). Gerade das Bild einer dörflichen Straße würde in diesem Bereich durch die offenen, bis zu den Häusern und dem Teich reichenden Grünanlagen erhalten, die entsprechend durch einen Abriss des T.-hauses und den geplanten Neubau nicht etwa ihrer Funktion als Kommunikationsraum beraubt würden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich nach dem Eindruck des Senats im Ortstermin nicht nachvollziehen, dass die Verteilung der Baumassen innerhalb der Gesamtanlage nach dem Abriss einen disharmonischen Eindruck vermitteln würde, weil der „Kopfbau“ fehlte. Denn es verbleiben jedenfalls auch nach einem Abriss des T.-hauses zwei parallele, sich durch ihre Kubatur und die Gebäudeformen von der Umgebung abhebende, aber zueinander korrespondierende Gebäudereihen von S.- und A.-häusern (Fotostrecke 2, Bild 1).

Ein Eindruck, nach einem Abriss sei die Wohnanlage insgesamt unfertig oder nur noch als Rumpf vorhanden, ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht im Hinblick auf den „zum T.-haus geneigte[n] Flügel des ersten S.-hauses“ (Bl. 166). Wie das erste Bild der Fotostrecke 2 zeigt, ist dieser Flügel bereits jetzt gegenüber dem auf der anderen Seite des Hauses und den Flügeln der übrigen Häuser verkürzt und stellt damit eine von der weiteren Reihe der S.-häuser veränderte Situation dar. Er ist lediglich durch eine durchsichtige Stahl-Glas-Schallschutzwand mit dem T.-haus verbunden. Im Übrigen wäre auch zweifelhaft, ob ein solches im Vergleich zur Gesamtanlage kleinteiliges Element Einfluss auf eine Veränderung der ästhetischen Gesamtaussage der Wohnanlage hätte.

Auch im Hinblick auf die in Bezug auf Materialien und Formensprache aufeinander abgestimmte Gestaltung von T.-haus, A.- und S.-häusern ist nicht feststellbar, dass ein Abriss des T.-hauses die ästhetische Aussage der Gesamtanlage verzerrte. Denn die von den Beklagten insoweit aufgeführten Gestaltungsmerkmale (große Holz-Glas-Fassaden nach innen zur Grünanlage hin, Dreiecksraster, „schwebende Balkone“, tragende Teile in sichtbarer Stahl-/Betonausführung, Ziegelverblendung nichttragender Teile, Eternitplatten, auch in Dreiecksform im Dachbereich) haben bereits jeweils bei den S.- und A.-häusern Verwendung gefunden. Auch nach Abriss des T.-hauses wäre deshalb noch ein Wechselspiel dieser Elemente zwischen zwei Gebäudegruppen zu beobachten. Dass dieses sich nur erschließt, wenn das T.-haus erhalten bleibt, ist auch nach Inaugenscheinnahme nicht erkennbar. Infolge des Fortbestandes des Wechselspiels zwischen A.- und S.-häusern käme auch dem von der Klägerin projektierten Neubau, sollte er auf korrespondierende Gestaltungselemente verzichten, nicht eine derart entstellende Wirkung zu, dass das Urheberrecht der Beklagten in seinen wesentlichen Zügen betroffen wäre.

Weiter werden in Bezug auf die Wirkung der Wohnanlage in Zusammenschau mit der angrenzenden Bebauung ein Abriss des T.-hauses und ein Neubau an dessen Stelle nicht zu einer nicht hinnehmbaren ästhetischen Veränderung führen. Wie bereits ausgeführt, unterscheidet sich das Baugebiet mit T.-haus, S.- und A.-häusern maßgeblich von der angrenzenden städtebaulichen Gestaltung, wobei das T.-haus als - je nach Perspektive - Beginn oder Ende der sog. N.-schlange die Randbebauung zum H.-ring hin darstellt. Nordwestlich stehen Hochhäuser, aus deren Lage im Gelände die Beklagten, wie auf Plänen und Luftbildaufnahmen erkennbar wird, zwar die Ausrichtung des T.-hauses abgeleitet haben, die aber von der Kubatur und der Gebäudehöhe einen völlig anderen Charakter vermitteln, als die streitgegenständliche Gesamtanlage. Im Süden stehen Plattenbauten in gerader, nicht mit der geschwungenen Form der A.- und S.-häuser korrespondierender Reihe, parallel zu der sich nördlich an die H.-brücke anschließenden Schnellstraße, gegenüber denen sich das Wohngebiet abgrenzt durch die Anpassung an die im weiteren Verlauf gebogene Straße. Im Norden ist die Schnellstraße belegen, dahinter ein Park und abweichende Bebauung. Vom östlichen Ende der Siedlung her blickt man, wie im Ortstermin festgestellt, auf Plattenbauten und Villen im klassizistischen Stil. Der daraus abzuleitende Eindruck einer Insellage mit einheitlicher Gestaltung als Wohn- und Gartenensemble bleibt nach Einschätzung des Senats auch im Fall der Auswechslung des T.-hauses durch einen Neubau aufgrund des dörflichen Charakters der von den A.- und S.-häusern gesäumten Spielstraße erhalten. Das gilt aufgrund der Randlage des T.-hauses unabhängig von der konkreten Gestaltung eines Neubaus, namentlich aber auch für den nach derzeitigem Stand avisierten Bau in L-Form, der die gerade Ausrichtung der benachbarten Plattenbauten aufnimmt.

Auch das Konzept der Abgrenzung nach außen und Öffnung nach innen wird nach der durch den Ortstermin gewonnenen Einschätzung des Senats aufgrund des geplanten Abrisses des T.-hauses nicht zerstört. Ursprünglich schirmte der massive Block des T.-hauses an der nordwestlichen Ecke die Wohnanlage gegenüber der vormals im Westen angrenzenden Durchgangsstraße und - als erstes Element der durch die S.-häuser fortgesetzten „N.-schlange“ - gegenüber der vierspurigen Schnellstraße im Norden ab und bildete einen Toreingang zu der Anlage (vgl. Bauzeichnung, Anlage B6). Aufgrund der Umwandlung der früheren Durchgangsstraße (H.-ring) im Westen zu einer Sackgasse hat sich das Bedürfnis der Klägerin nach Abschirmung zu dieser Seite hin - zeitlich nach Errichtung des T.-hauses - erledigt. Nach Norden hin kam dem T.-haus bereits ursprünglich (so wie heute) nur am westlichen Ende der Wohnanlage eine Abschirmfunktion gegenüber der Schnellstraße zu, im weiteren Verlauf nach Osten übernehmen die sich unmittelbar anschließenden S.-häuser diese Aufgabe (vgl. Fotostrecken 1 und 2, jeweils Bild 1, Bl. 109 ff., 111); entsprechend sind die Fassaden, wie bereits ausgeführt, nach außen und innen unterschiedlich gestaltet. Nach dem Abriss des T.-hauses würde die verbleibende Wohnanlage durch diesen bestehen bleibenden Riegel der S.-häuser, die zu diesem Zweck mit einer schallschluckenden Fassade ausgestaltet worden sind, weiter geschützt. Durch den in L-Form geplanten Neubau würde das Wohngebiet weiterhin nach Nord-Westen vor dem Lärm der Schnellstraße abgeschirmt. Da die Reihe der A.-häuser weder nach Westen noch nach Osten über die Reihe der S.-häuser hinausragt, blieben Innenbereich und A.-häuser gegenüber der N.-straße geschützt und der von den Beklagten konzipierte Dorfcharakter in diesem Bereich bestehen.

Eine nicht hinzunehmende Verzerrung der ästhetischen Aussage des ursprünglichen Konzepts durch Abriss des T.-hauses ist auch nicht im Hinblick darauf nachvollziehbar, dass das Wohnensemble der strukturalistischen Bau- und Denkweise folgt. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass dieser Bezug nach einem Abriss des T.-hauses in erheblichem Maße nicht mehr erkennbar sein wird. Mit den durch die gegenüberliegenden, mit bodentiefen Fenstern ausgestatteten Fassaden einander zugewandten, durch die offenen Grünanlagen verbundenen Reihen der S.- und A.-häuser bleibt jedenfalls der derzeit genutzte kommunikative Raum - unbeschadet des geplanten Neubaus - als ein prägendes Merkmal erhalten. Die - aufgrund der Baumängel seit mehreren Jahren nicht nutzbaren - Dachterrassen des T.-hauses sind zwar ihrer Bestimmung nach mitprägend für diesen Eindruck, auch im Falle eines Abrisses und einer Neubebauung verbleibt mit den S.- und den A.-häusern aber ein als Gesamtheit erkennbares Ensemble einer „Wohnanlage im Grünen“. Soweit die Beklagten weiter darauf verweisen, dass das T.-haus aus der Lage der vorhandenen Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite des H.-rings entwickelt wurde und diese in der markanten Dreiecksform fortsetze (Bl. 152, Fotostrecke Bild 2), ginge diese Ableitung im Falle des Abrisses des T.-hauses zwar verloren. Sie ist allerdings nur aufgrund von Plänen oder Luftaufnahmen, nicht aber vor Ort zu erkennen und beeinflusst den ästhetischen Gesamteindruck von der Anlage deshalb nicht unmittelbar. Es lässt sich auch im Übrigen nicht feststellen, dass diese Ableitung für das Gesamtensemble so prägend ist, dass der Abriss des T.-hauses und der geplante Neubau ein der Wohnanlage insgesamt zugrundeliegendes Konzept zerstörte. Denn die Lage der S.- und A.-häuser orientiert sich nicht an der aus der westlichen Bebauung abgeleiteten Ausrichtung des T.-hauses, die nach Auffassung der Beklagten Ausdruck des strukturalistischen Konzepts ist, sondern an dem vorgegebenen Verlauf der N.-schnellstraße und nimmt die Ableitung damit nicht auf.

Auch die Einbettung der Gesamtanlage in die P.er Kulturlandschaft, die nach Ansicht der Beklagten nach Abriss des T.-hauses nicht mehr nachvollziehbar wäre, rechtfertigt nicht den von den Beklagten geltend gemachten Vorrang ihres Urheberrechts. Die „grüne Brücke“ zum Park B., die die Beklagten durch die Gestaltung des T.-hauses mit grünen Terrassen und Gründächern intendiert haben, kann im Falle dessen Abrisses allerdings aufgrund der im Bereich der A.- und S.-häuser parallel zum Parkverlauf gepflanzten großen Bäume und die nur schmalen, zur N.-straße gerichteten, durchsichtigen Schallschutzwände und vereinzelten engen Fensteröffnungen nicht mehr im selben Ausmaß hergestellt werden. Es ist auch nicht erkennbar, dass der geplante Neubau, der sich im Nordwesten an die S.-häuser anschließen soll, die Idee der „grünen Brücke“ weiterführen soll. Deren Wirkung ist aber von vornherein durch die zwischen der Wohnanlage und dem Park vierspurig verlaufende Schnellstraße begrenzt. Zudem bilden T.-haus und S.-häuser selbst einen städtebaulichen Riegel, mit dem sich das Wohnareal - aus Lärmschutzgründen - gegen die vierspurige N.-straße und damit zugleich gegen den auf der gegenüberliegenden Seite befindlichen Park abgrenzt, was auch in der Fassadengestaltung zum Ausdruck kommt. Auch die „grüne Brücke“ stellt deshalb in Bezug auf das T.-haus nicht eine so zentrale Aussage des von den Beklagten verfolgten Konzepts dar, dass ohne sie das Gesamtwerk in seinen wesentlichen Zügen maßgeblich beeinträchtigt wäre.

Nur eine untergeordnete Bedeutung kommt letztlich der technischen Verbindung zwischen T.-haus und S.- und A.-häusern zu. Zwar stellt das von den Beklagten entworfene Konzept, dass die Trasse der Fernheizung unter den Gebäuden verläuft, das gesamte Wohngebiet erschließt und die Technikzentrale wie auch die Schrankenanlage für die gesamte Tiefgarage in dem T.-haus eingefügt sind, ebenfalls eine schöpferische Leistung dar. Dass diese technische Lösung die einzelnen Teile der Wohnanlage zu einem untrennbaren Ganzen verbände, ist aber bereits nicht erkennbar. Jedenfalls ist - auch nach Inaugenscheinnahme im Ortstermin - nicht nachzuvollziehen, dass die Aufhebung dieser technischen Verbindung das Werk der Beklagten insgesamt in seinen wesentlichen Zügen maßgeblich veränderte, zumal die Versorgung der S.- und A.-häuser durch den Ersatzbau gewährleistet werden soll.

(4)     Im Ergebnis gebührt bei Abwägung der gegenseitigen Interessen dem Wunsch der Klägerin, das T.-haus durch einen Neubau zu ersetzen, der Vorrang, weil insgesamt eine unzumutbare Beeinträchtigung der Urheberinteressen der Beklagten durch den Abriss des T.-hauses und den geplanten Neubau nicht festzustellen ist. Auch dass die in P. errichtete Wohnanlage das einzige Vervielfältigungsstück des von den Beklagten geschaffenen Werkes ist, führt nicht zu einer Entscheidung zugunsten der Beklagten. Denn dies ist, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, bei Bauwerken regelmäßig der Fall und kann nicht unbeschadet der Interessen des Eigentümers von vornherein einen Vorrang des urheberrechtlichen Erhaltungsinteresses gegenüber dem Veränderungswillen des Eigentümers begründen. Lässt im Fall einer drohenden Beeinträchtigung eines Werkes dessen Beschaffenheit eine Rücknahme, wie vorliegend, nicht zu, ist dem Urheber Gelegenheit zu geben, vor der Vernichtung Vervielfältigungsstücke herzustellen bzw. das Werk zu dokumentieren (vgl. dazu Erdmann, FS Piper, 1996, 655, 675). Dem ist die Klägerin nachgekommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt sind, vielmehr beruht die Entscheidung auf der nach Maßgabe der Umstände des streitbefangenen Falles vorzunehmenden Interessenabwägung im Einzelfall. Der Streitwert im Berufungsrechtszug wird auf 1 Mio. € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 GKG, § 3 ZPO).