Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 28.08.2024 | |
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Aktenzeichen | OVG 4 B 4/23 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2024:0828.OVG4B4.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 20 Abs 2 GG, Art 28 Abs 1 GG, Art 100 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 LV BB, Art 2 Abs 4 LV BB, Art 113 Nr 3 LV BB, § 42 VerfGGBbg, § 41 BbgRiG |
§ 41 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Satz 2 bis 5, §§ 46, 47, 49 und 50 BbgRiG ist nach Auffassung des Senats nicht mit Art. 2 Abs. 2 und 4 der Verfassung des Landes Brandenburg vereinbar, weswegen eine Entscheidung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg eingeholt wird.
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Es wird die Entscheidung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg eingeholt, ob § 41 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Satz 2 bis 5, §§ 46, 47, 49 und 50 BbgRiG mit Art. 2 Abs. 2 und 4 der Verfassung des Landes Brandenburg vereinbar ist.
I.
Im Streit zwischen dem Richterrat und der Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg ist die Mitbestimmungsregelung, die aufgrund des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Richtergesetzes vom 19. Juni 2019 mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist (GVBl Teil I Nr. 34).
Die Regelungen des Brandenburgischen Richtergesetzes lauten auszugsweise:
§ 41
Mitbestimmung
Der Richterrat bestimmt bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen mit, die die Richterinnen und Richter insgesamt oder im Einzelfall betreffen oder sich auf sie auswirken. Soweit Mitbestimmungsfälle über die beabsichtigten Maßnahmen hinaus schutzwürdige persönliche Interessen der Richterin oder des Richters berühren, ist die Mitbestimmung von der Zustimmung der betroffenen Person abhängig. In jedem Fall ist das den Vorsitz des Richterrats führende Mitglied von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten. Die Mitbestimmung entfällt bei Organisationsentscheidungen der obersten Dienstbehörde, die auf deren verfassungsmäßigen Rechten beruhen. Die Zuständigkeit des Richterrats besteht nicht in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Präsidialrats fallen.
§ 46
Verfahren bei der Mitbestimmung
(1) Eine der Mitbestimmung des Richterrats unterliegende Maßnahme kann nur mit seiner Zustimmung getroffen werden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Gerichtsvorstand unterrichtet den Richterrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung. Der Richterrat kann verlangen, dass der Gerichtsvorstand die beabsichtigte Maßnahme begründet. Der Beschluss des Richterrats ist dem Gerichtsvorstand innerhalb von zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags schriftlich mitzuteilen und im Fall der Ablehnung zu begründen. In dringenden Fällen kann die Frist auf eine Woche verkürzt werden. Die Maßnahme gilt als gebilligt, wenn nicht der Richterrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung schriftlich verweigert; dies gilt nicht, wenn der Richterrat schriftlich Fristverlängerung beantragt hat. Eine Fristverlängerung über zwei Wochen hinaus bedarf der Festsetzung durch den Gerichtsvorstand. Ist der Gerichtsvorstand nach allgemeinen Vorschriften an eine Frist gebunden, so kommt eine Fristverlängerung höchstens bis zu einer Woche vor Ablauf dieser Frist in Betracht; hat der Richterrat bis zum Ablauf der Fristverlängerung die Zustimmung nicht schriftlich verweigert, so gilt die Maßnahme als gebilligt.
(3) Beantragt der Richterrat eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme, hat er sie schriftlich vorzuschlagen und zu begründen. Der Gerichtsvorstand gibt dem Richterrat innerhalb von zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags seine Entscheidung bekannt. Er erteilt einen Zwischenbescheid, falls eine Entscheidung innerhalb der Frist nicht möglich ist. Bei Erteilung eines Zwischenbescheids ist die Entscheidung unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Monaten nach dem Ablauf der Frist des Satzes 2 zu treffen. Ablehnung der beantragten Maßnahme und Zwischenbescheid sind zu begründen.
(4) Soweit Mitglieder des Richterrats Beschwerden oder Behauptungen vortragen, die für eine Richterin oder einen Richter ungünstig sind oder nachteilig werden können, ist ihr oder ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben; die Äußerung ist aktenkundig zu machen.
§ 47
Verfahren bei Nichtzustimmung
(1) Kommt es über eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme zwischen dem Gerichtsvorstand und dem Richterrat nicht zu einer Einigung, so kann innerhalb von zwei Wochen nach der Feststellung der Nichteinigung die Sache schriftlich der übergeordneten Dienststelle, bei der eine Stufenvertretung gebildet ist, oder dem Gesamtrichterrat vorgelegt werden. Gesamtrichterrat und übergeordnete Dienststelle verhandeln innerhalb von zwei Wochen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Präsidentin oder der Präsident des oberen Landesgerichts den örtlich zuständigen Richterrat zu beteiligen hat. In der Finanzgerichtsbarkeit beteiligt die übergeordnete Dienststelle den Richterrat. In dringenden Fällen kann die Verhandlung binnen einer Woche beantragt werden.
(2) Einigen sich die Präsidentin oder der Präsident des oberen Landesgerichts als übergeordnete Dienststelle und die zuständige Richtervertretung nicht, so kann innerhalb von zwei Wochen nach der Feststellung der Nichteinigung die Sache schriftlich auf dem Dienstweg der obersten Dienstbehörde vorgelegt werden. Absatz 1 Satz 2, 4 und 5 gilt entsprechend.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann die Sache einvernehmlich auch unmittelbar der obersten Dienstbehörde zur weiteren Verhandlung mit dem Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat vorgelegt werden.
(4) Kommt es zwischen der obersten Dienstbehörde und dem Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat zu keiner Einigung, so kann innerhalb von zwei Wochen nach Feststellung der Nichteinigung die Einigungsstelle angerufen werden. Eine Anrufung durch den Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat bedarf eines Antrags der zuständigen Richtervertretung. Sieht er von einer Anrufung ab, so hat er dies der zuständigen Richtervertretung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Feststellung der Nichteinigung in den Fällen der Absätze 1 bis 4 steht es gleich, wenn seit dem Antrag auf Zustimmung oder Vorlage der Maßnahme sechs Wochen vergangen sind.
(6) Die Einigungsstelle wird bei der zuständigen obersten Dienstbehörde für die regelmäßige Dauer der Wahlperiode gebildet. Bestehen mehrere oberste Dienstbehörden, wird die Einigungsstelle bei der Behörde gebildet, welche die Dienstaufsicht über die ordentliche Gerichtsbarkeit ausübt. Sie besteht aus je drei von der obersten Dienstbehörde und dem Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat bestellten beisitzenden sowie einem unparteiischen vorsitzenden Mitglied, auf dessen Person sich beide Seiten einigen. Bestehen mehrere oberste Dienstbehörden, sind die beisitzenden Mitglieder einvernehmlich zu bestellen. Kommt eine Einigung über die Person des vorsitzenden Mitglieds nicht zustande, bestellt ihn die Präsidentin oder der Präsident des Landtages.
(7) In gemeinsamen Angelegenheiten nach § 55 gehören der Einigungsstelle statt drei vom Richterrat benannter Mitglieder je ein vom Richterrat und vom Personalrat benanntes Mitglied sowie ein weiteres Mitglied an, das von dem Gremium benannt wird, das die höhere Anzahl von Wahlberechtigten hat. Bei gleicher Anzahl von Wahlberechtigten entscheidet das Los.
(8) Kommt es bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen der obersten Dienstbehörde nicht zu einer Einigung, so entscheidet die oberste Dienstbehörde endgültig; Absätze 1 bis 7 sowie §§ 48 bis 50 finden in diesem Fall keine Anwendung.
(…)
§ 49
Beschlussfassung der Einigungsstelle
(1) Die Einigungsstelle entscheidet nach mündlicher Beratung durch Beschluss. Der Beschluss wird von den Mitgliedern der Einigungsstelle mit Stimmenmehrheit gefasst. Der Beschluss soll innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Anrufung der Einigungsstelle ergehen.
(2) Der Beschluss ist auf Antrag unverzüglich schriftlich abzufassen, zu begründen, von dem unparteiischen Mitglied zu unterzeichnen und den Beteiligten zuzustellen.
(3) Der Beschluss ist für die Beteiligten bindend, soweit er nicht nach § 50 ganz oder teilweise aufgehoben wird.
§ 50
Aufhebung bindungsgeeigneter Beschlüsse der Einigungsstelle
(1) Die oberste Dienstbehörde kann Beschlüsse der Einigungsstelle ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden, wenn durch den Beschluss der Amtsauftrag, für eine geordnete Rechtspflege zu sorgen, nicht nur unerheblich berührt wird.
(2) Die oberste Dienstbehörde hebt Beschlüsse der Einigungsstelle ganz oder teilweise auf und entscheidet endgültig, sofern der Beschluss gegen geltendes Recht verstößt.
Die Ministerin der Justiz des Landes Brandenburg sandte unter dem 16. April 2020 zur „Umsetzung der Neuregelung zur Mitbestimmung im BbgRiG“ sogenannte Anwendungshinweise zur Auslegung von § 41 Satz 1 BbgRiG an die Präsidentinnen und Präsidenten der Landesobergerichte und an die Generalsstaatsanwältin des Landes. Darin verwies sie zunächst auf als vorrangig angesehene Vorschriften wie § 9 Abs. 2 Satz 3 BbgRiG (dienstliche Beurteilungen betreffend; jetzt § 9 Abs. 3 Satz 2 BbgRiG), §§ 21a ff. GVG (Präsidiumsangelegenheiten) und § 41 Satz 5 BbgRiG (Präsidialratsangelegenheiten). Die dem Präsidialrat vorbehaltenen Beteiligungen beträfen auch die Vorfeldmaßnahmen, etwa eine kurzfristige Abordnung oder eine Untersuchungsanordnung vor einer etwaigen Versetzung in den Ruhestand. Sodann hielt die Ministerin eine verfassungskonforme Auslegung des § 41 Satz 1 BbgRiG für geboten. Der Gesetzgeber habe in Kenntnis der verfassungsrechtlichen Lage, wie sie vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – dargelegt worden sei, den Beschlüssen der Einigungsstelle ausnahmslos bindenden Charakter beigemessen. Um die unzulässige Unterbrechung der Legitimationskette im Sinn von Art. 20 Abs. 2 GG zu beheben und einen geordneten Geschäftsbetrieb zu gewährleisten, seien die im Einzelnen aufgelisteten Angelegenheiten von der Mitbestimmung ausgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anwendungshinweise Bezug genommen (Verwaltungsvorgang, Heft 2, Seite 9 bis 15).
Die Beklagte hatte bereits vor Erhalt der Anwendungshinweise eine Beteiligung gemäß § 41 Satz 1 BbgRiG bei der dienstlichen Beurteilung von Richterinnen und Richtern abgelehnt unter Verweis auf § 9 Abs. 2 Satz 3 BbgRiG a.F. Nach Erhalt der Anwendungshinweise lehnte die Beklagte unter Berufung darauf auch die Beteiligung des Klägers bei Entscheidungen über Nebentätigkeiten, Anträge auf Teilzeitbeschäftigung oder Beurlaubung oder die Rückkehr zur Vollbeschäftigung sowie über die Elternzeit von Richterinnen und Richtern ab.
Die Beteiligten schlossen am 7. Juli 2020 eine Dienstvereinbarung unter Bezugnahme auf § 41, § 53 Abs. 1 BbgRiG. Danach erteilte der Richterrat generell vorab die Zustimmung zur antragsgemäßen Bewilligung von Anträgen von Richterinnen und Richtern nach der Erholungsurlaubs- und Dienstbefreiungsverordnung und in Bezug auf die Entsendung zu Fortbildungsveranstaltungen; er verzichtete in den Fällen der antragsgemäßen Bewilligung auf eine Unterrichtung nach § 41 Satz 3 BbgRiG.
Der Kläger hat am 8. Oktober 2020 beschlossen, die Fragen der Mitbestimmung einer gerichtlichen Klärung zuzuführen.
Der Kläger hat am 4. Dezember 2020 beim Verwaltungsgericht Potsdam Klage erhoben mit den Anträgen festzustellen, dass 1. Entscheidungen über Nebentätigkeiten, Anträge auf Teilzeitbeschäftigungen oder Beurlaubung nach den §§ 4, 5 BbgRiG, über die Rückkehr zur Vollbeschäftigung sowie über Elternzeit und 2. die Erstellung dienstlicher Beurteilungen für die beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg beschäftigten Richterinnen und Richter der Mitbestimmung nach § 41 Satz 1 BbgRiG unterlägen und die Nichtdurchführung von Mitbestimmungsverfahren den Kläger in seinen Rechten verletze.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2023 in Bezug auf den ersten Antrag stattgegeben und festgestellt, dass Entscheidungen über Nebentätigkeiten, über Anträge auf Teilzeitbeschäftigungen oder Beurlaubungen nach §§ 4 und 5 BbgRiG sowie über die Rückkehr zur Vollbeschäftigung und über Angelegenheiten der Elternzeit für die beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg beschäftigten Richterinnen und Richter der Mitbestimmung gemäß § 41 Satz 1 BbgRiG unterlägen und die Nichtdurchführung des Mitbestimmungsverfahrens durch die Beklagte den Kläger in seinen Rechten verletze. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Übrigen abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
In der Urteilsbegründung heißt es, der Rechtsweg sei nach § 32 Satz 1 BbgRiG eröffnet, die Feststellungsklage statthaft, ein berechtigtes Interesse gegeben und der Kläger wegen der allgemein formulierten Feststellungsanträge nicht auf das Verfahren bei Nichtzustimmung gemäß den §§ 47 ff. BbgRiG zu verweisen.
Das Verwaltungsgericht lässt ausdrücklich offen, ob § 41 BbgRiG in Teilbereichen verfassungswidrig sein könnte, schließt das aber für die im ersten Feststellungsantrag geltend gemachten Sachverhalte prinzipiell aus. Es handele sich bei ihnen um innerdienstliche Maßnahmen. Auf das vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 24. Mai 1995 entwickelte Stufenmodell und damit verbunden die Frage, ob § 49 Abs. 3, § 50 BbgRiG diesen Anforderungen genüge, komme es hier – auf der Ebene des Richterrats – nicht an. Stattdessen werde die Frage, ob und wie die oberste Dienstbehörde Entscheidungen der Einigungsstelle „übersteuern“ könne, erst dann erheblich, wenn diese von einem Aufhebungs- und Letztentscheidungsrecht in einem Streitfall keinen Gebrauch gemacht hätte. Nur das konkrete Ergebnis eines solchen Verfahrens könne ein verfassungsrechtliches Problem aufwerfen. Das verfassungsrechtlich geforderte Letztentscheidungsrecht des parlamentarisch verantwortlichen Entscheidungsträgers könne jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung der § 49 Abs. 3, § 50 BbgRiG sichergestellt werden. Sollte § 50 BbgRiG auch bei weiter Auslegung nicht als ausreichend angesehen werden, könne in entsprechender Anwendung des § 72 Abs. 5 LPersVG (a.F., jetzt § 73 Abs. 5 LPersVG) der § 49 Abs. 3 BbgRiG verfassungskonform so ausgelegt werden, dass bei innerdienstlichen Angelegenheiten, die schwerpunktmäßig die Erledigung von Amtsaufgaben beträfen, unvermeidlich aber auch die Interessen der Beschäftigten berührten, die Entscheidung der Einigungsstelle nur den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde habe. Eine für die Analogie notwendige planwidrige Regelungslücke sei, anders als die Beklagte meine, anhand der Unterlagen aus der Gesetzesentstehung nicht zu verneinen.
Das Verwaltungsgericht schließt hingegen in seinem Urteil die Mitbestimmung bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen aufgrund der § 9 Abs. 2 Satz 3 (inzwischen Abs. 3 Satz 2), § 41 Satz 5 BbgRiG aus. Das schon vor der Gesetzesnovelle geltende Recht auf passive Teilnahme des Richterrats an der Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung schließe die Annahme einer vorrangigen Spezialvorschrift nicht aus. Zudem sei der Präsidialrat zu beteiligen bei jeder Übertragung eines Richteramtes mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamtes, mithin bei jeder Beförderung. Das sei die maßgebliche personelle Maßnahme, aus deren Anlass und als deren Grundlage dienstliche Beurteilungen erstellt würden. Der Richterrat solle nicht schon an der Entscheidung über die Beurteilung mitbestimmen, sondern der Präsidialrat erst an der endgültigen personellen Maßnahme beteiligt werden. Das ergebe sich auch aus einer Folgenbetrachtung. Die Mitbestimmung des Richterrats bei dienstlichen Beurteilungen könnte die Grundlagen für eine Auswahlentscheidung womöglich länger verhindern und das System der personellen Entwicklung im Richterbereich blockieren. Wolle man schließlich auf den Doppelcharakter einer dienstlichen Beurteilung abstellen, liege der Schwerpunkt im Aufgabenkreis des Präsidialrats.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. Februar 2023 – VG 1 K 2988/20 – (juris) Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. März 2023 zugestellte Urteil am 6. April 2023 Berufung eingelegt und diese im selben Schriftsatz nebst Antragstellung begründet. Der Kläger hat beschlossen, gegen das ihm am 15. März 2023 zugestellte Urteil durch die jetzigen Prozessbevollmächtigten Berufung einzulegen, und das am 12. April 2023 gemacht, am 4. Mai 2023 die Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15. Juni 2023 erfolgreich beantragt und an diesem Tag die Begründung samt Antragstellung eingereicht.
Der Kläger äußert im Berufungsverfahren die Auffassung, bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen würde auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ein beteiligungsfreier Raum entstehen. Die dienstlichen Beurteilungen seien – vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber gewollten Ausweitung – Maßnahmen im Sinn von § 41 BbgRiG. Dem Kläger gehe es um die Prüfung der Einhaltung des Verfahrens auf dem Weg zur Erstellung der dienstlichen Beurteilungen. Er könne im Unterschied zum Präsidialrat prüfen, ob die Beurteilungsvorgaben ordnungsgemäß angewendet worden seien. Er könne insbesondere auch bei Regelbeurteilungen kontrollieren, ob auf alle Richterinnen und Richter die gleichen Grundsätze angewendet worden seien. Man könne bei dienstlichen Beurteilungen nicht von einer Maßnahme mit Doppelcharakter sprechen, vielmehr lägen zum einen dienstliche Beurteilungen, zum anderen davon abzugrenzende Auswahlentscheidungen in Beförderungsverfahren vor. Der innere Zusammenhang ergebe sich lediglich daraus, dass die Beurteilungen wesentliche Erkenntnismittel für die Bestenauslese seien. Deswegen könne der Kläger auch theoretisch nicht das bestehende System des beruflichen Fortkommens blockieren. In Beförderungsstreitigkeiten würden ohnehin dienstliche Beurteilungen inzident überprüft und gegebenenfalls beanstandet. Im Übrigen habe der Gesetzgeber mit der Mitbestimmung Verfahren für Beschäftigtenvertretungen geschaffen, die personelle Einzelmaßnahmen zeitlich verzögern könnten. Das Verwaltungsgericht akzeptiere nicht den gesetzgeberischen Willen. Das Gericht habe in seiner Begründung auch Regelbeurteilungen von Richterinnen und Richtern ohne Beförderungsabsicht außer Acht gelassen. Das Mitbestimmungsrecht lasse sich auch aus § 43 Nr. 2 BbgRiG schließen, wonach der Richterrat auf die Beachtung von Rechtsvorschriften hinzuwirken habe. Des Weiteren sei § 9 Abs. 2 Satz 3 (inzwischen Abs. 3 Satz 2) BbgRiG keine das Mitbestimmungsrecht verdrängende Spezialvorschrift. Die Vorschrift bezwecke, wie das Bundesverwaltungsgericht entsprechend im Urteil vom 7. Juli 2021 – 2 C 2.21 – ausgeführt habe, dem zu Beurteilenden ein Recht einzuräumen, sich einer Unterstützung bei der Eröffnung der dienstlichen Beurteilung zu versichern.
Der Kläger rügt die Ordnungsgemäßheit der Berufungsbegründung der Beklagten. Diese wiederhole im Wesentlichen erstinstanzlichen Vortrag und stelle ohne Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung ihre eigene Rechtsauffassung dar. Der Kläger vermisst einen weitergehenden Vortrag zu der Behauptung, der Gesetzgeber habe sich mit § 49, § 50 BbgRiG bewusst über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinweggesetzt. Angesichts der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur verfassungskonformen Auslegung von Personalvertretungsgesetzen bestünden keine Hinderungsgründe, das Brandenburgische Richtergesetz unter Wahrung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Demokratieprinzip auszulegen und anzuwenden. Der Wille des brandenburgischen Gesetzgebers dürfe durch Nichtanwendungshinweise nicht unterlaufen werden. Wenn die Zuständigkeiten der Richtervertretung über die einer Personalvertretung hinausgingen, sei dagegen nichts einzuwenden. Die Verletzung von Rechten Dritter, auch von Persönlichkeitsrechten von Richterinnen und Richtern liege fern. Soweit es durch die Mitbestimmung zu zeitlichen Verzögerungen komme, sei das vom Gesetzgeber gewollt. Alle Beschäftigten hätten den Anspruch, bei Handlungen des Dienstherrn ordnungsgemäß geschützt zu sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. Februar 2023 zu ändern, soweit der Antrag zu 2 abgewiesen worden ist, und festzustellen, dass die Erstellung dienstlicher Beurteilungen für die beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg beschäftigten Richterinnen und Richter der Mitbestimmung gemäß § 41 Satz 1 BbgRiG unterliegt und daher die Nichtdurchführung des Mitbestimmungsverfahrens durch die Beklagte den Kläger in seinen Rechten verletzt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 23. Februar 2023 zu ändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hält eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes für notwendig, die vom Verwaltungsgericht vorgeschlagene Korrekturmöglichkeit indes für falsch. Richtig sei es anzunehmen, dass § 41 BbgRiG keine Maßnahmen erfasse, welche der Mitbestimmung wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip nicht zugänglich seien. Die hier in Rede stehenden Maßnahmen gehörten der Kategorie c im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an, wie dem Beschluss vom 24. Mai 1995 explizit zu entnehmen sei (juris Rn. 148). Eine bindende Entscheidung der Einigungsstelle verbiete sich in diesen Fällen. Der eindeutige Wille des brandenburgischen Gesetzgebers erlaube es nicht, die verfassungskonforme Korrektur erst an einer späteren Stelle im Ablauf des Mitbestimmungsverfahrens vorzunehmen. Denn der Gesetzgeber habe sowohl die eingeschränkte Mitbestimmung abgeschafft als auch dem Beschluss der Einigungsstelle stets einen bindenden Charakter gegeben. Jedenfalls genüge § 50 Abs. 1 BbgRiG nicht den verfassungsgerichtlichen Vorgaben. Das Verwaltungsgericht habe missachtet, dass Maßnahmen der Kategorie c in der Regel den Gerichtsvorständen einen Gestaltungsspielraum gäben und einem zeitlichen Druck unterlägen. Es verhindere bzw. gefährde die ordentliche Amtsführung, wenn in diesen Fällen das volle Mitbestimmungsverfahren durchzuführen und sodann gegebenenfalls dessen Ergebnis vom Ministerium noch zu „übersteuern“ sei. Das sei nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht hinnehmbar (juris Rn. 151). Auch wenn eine Vielzahl von Fällen ohne Streit behandelt würde und Konflikte selten sein sollten, könne davon die verfassungsrechtliche Bewertung nicht abhängen. Vorläufige Maßnahmen gemäß § 52 BbgRiG seien den Betroffenen nicht zuzumuten. Es sei außerdem verfassungsgerichtlich geklärt, dass eine verfassungskonforme Auslegung sich nicht in Widerspruch zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers setzen dürfe. Nach den Gesetzgebungsmaterialien fehle eine planwidrige Regelungslücke. Der Gesetzgeber sei auf die Verfassungswidrigkeit des Entwurfs hingewiesen worden. Bei einer „plangemäßen“ Regelungslücke verbiete sich jede Analogie. Die vom Verwaltungsgericht für richtig gehaltene Lösung führe zu einer Verletzung des Rechts der Richterinnen und Richter auf informationelle Selbstbestimmung, soweit diese mit einer Beteiligung des Richterrats nicht einverstanden seien.
Die Beklagte tritt der Berufung des Klägers entgegen und verteidigt die zur Klagabweisung gegebene Begründung des Verwaltungsgerichts. Es könne wegen der Spezialregelung in § 9 Abs. 2 Satz 3 (inzwischen Abs. 3 Satz 2) BbgRiG nicht die Rede davon sein, dass dienstliche Beurteilungen beteiligungsfrei vorgenommen würden. Diese Vorschrift gebe nicht nur den Beurteilten, sondern auch dem Richterrat ein eigenes Recht. Für die einheitliche Anwendung der Beurteilungsgrundlagen seien die Präsidentinnen und Präsidenten der oberen Landesgerichte und nicht der Richterrat zuständig. Die Transparenz werde durch Angabe der Erkenntnisgrundlagen in der dienstlichen Beurteilung gewährleistet. Für Beurteilungsrichtlinien in Gestalt von Verwaltungsvorschriften wäre der Richterrat nach § 41 Satz 1 BbgRiG zuständig. Eine Mitbestimmung des Richterrats bei dienstlichen Beurteilungen würde das Stellungnahmerecht des Präsidialrats bei einer Auswahlentscheidung faktisch aushebeln. Die Blockademöglichkeit des Richterrats würde die Stellung des Präsidialrats „überspielen“.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze an das Oberverwaltungsgericht Bezug genommen. Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge (zwei Hefte) als Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung vorgelegen.
II.
Der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss beruht auf Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 113 Nr. 3 LV und § 42 VerfGGBbg.
Das Verfassungsgericht entscheidet nach Art. 113 Nr. 3 LV über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit der Landesverfassung, wenn ein Gericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt hat. Die Aussetzung und die Einholung einer Entscheidung des Verfassungsgerichts sind nach § 42 Abs. 1 VerfGGBbg vorzunehmen, wenn ein Gericht ein brandenburgisches Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für mit der Landesverfassung unvereinbar hält. Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 VerfGGBbg hat das Gericht anzugeben, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit des Gesetzes abhängig ist und mit welcher Vorschrift der Verfassung es unvereinbar sein soll.
Auf die Gültigkeit von § 41 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Satz 2 bis 5, §§ 46, 47, 49 und 50 BbgRiG kommt es in diesem Fall an. Sie ist für den Ausgang des Verfahrens entscheidungserheblich, denn: Die Berufungen beider Seiten sind statthaft und zulässig (A). Die Klage des Klägers ist mit beiden Anträgen zulässig (B). Sollten die genannten Normen verfassungsgemäß sein, wäre die Klage mit beiden Anträgen begründet (C). Nach Auffassung des Senats verstoßen die Bestimmungen jedoch gegen die Verfassung des Landes Brandenburg (D), was sich bereits auf das Verhältnis zwischen Kläger und Beklagter auswirkt und auch nicht durch verfassungskonforme Auslegung zu beheben ist (E).
A. Der Kläger und die Beklagte haben die vom Verwaltungsgericht gestützt auf die Verwaltungsgerichtsordnung zugelassene Berufung form- und fristgerecht eingelegt, soweit sie jeweils erstinstanzlich unterlegen sind. Die Begründungen beider Seiten genügen – entgegen der Rüge des Klägers am Vortrag der Beklagten – den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO. Sie enthalten bestimmte Anträge und führen im Einzelnen Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) an. Beide Seiten führen gegen die ihnen jeweils ungünstigen Rechtsauffassungen des Verwaltungsgerichts eigene Rechtsmeinungen an.
B. Die Klage des Richterrats ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg für die Klage bejaht und sich dazu auf § 32 Satz 1 BbgRiG berufen. Das ist vom Oberverwaltungsgericht nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).
Rechtsstreitigkeiten aus der Tätigkeit einer Richtervertretung (vgl. § 32 Satz 1 BbgRiG gleich § 32 Satz 1 RiGBln) sind auf dem Verwaltungsrechtsweg im Allgemeinen Organstreitigkeiten, an denen einerseits die Vertretung und andererseits der Gerichtsvorstand (vgl. dazu von Roetteken, jurisPR-ArbR 13/2024 Anm. 5), hier der Richterrat und die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, zu beteiligen ist (entsprechend zum Gleichstellungsrecht OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 2019 – OVG 4 B 22.17 – juris Rn. 15).
Aus dem Brandenburgischen Richtergesetz ergibt sich für den Organstreit nichts Besonderes. Dieses Gesetz ist für das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg maßgeblich. Nach § 99 BbgRiG (gleich § 99 RiGBln) gehen zwar den Bestimmungen dieses Gesetzes die Regelungen des Staatsvertrags über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg – StV – vor. Gemäß Art. 11 Abs. 1 StV wird aber der Richterrat nach dem Landesrecht des Sitzlandes (gebildet und) beteiligt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StV seinen Sitz in Potsdam im Land Brandenburg.
Dem Kläger steht für beide Feststellungsanträge die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO, das Feststellungsinteresse gemäß § 43 Abs. 1 VwGO und ein Rechtsschutzbedürfnis zu. Die Zulässigkeit des ersten Feststellungsantrags entfällt nicht etwa zum Teil wegen der von den Beteiligten geschlossenen Dienstvereinbarung. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 BbgRiG ist eine Dienstvereinbarung zulässig, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Sie könnte die Folge haben, dass eine an sich mitbestimmungspflichtige Einzelmaßnahme des Gerichtsvorstands bereits als mitbestimmt gilt (vgl. § 62 Abs. 3 LPersVG [Brandenburg]). Die Dienstvereinbarung regelt jedoch nur die antragsgemäße Bewilligung von Anträgen von Richterinnen und Richtern nach der Erholungsurlaubs- und Dienstbefreiungsverordnung und in Bezug auf die Entsendung zu Fortbildungsveranstaltungen. Der erste Feststellungsantrag hat demgegenüber Entscheidungen über Nebentätigkeiten, über Anträge auf Teilzeitbeschäftigungen oder Beurlaubungen nach §§ 4 und 5 BbgRiG sowie über die Rückkehr zur Vollbeschäftigung und über Angelegenheiten der Elternzeit zum Gegenstand. Außerdem werden von der Dienstvereinbarung Ablehnungen und antragsmodifizierende Bewilligungen nicht erfasst.
C. Es handelt sich bei allen in den beiden Feststellungsanträgen benannten Verhaltensweisen des Gerichtsvorstands um personelle (innerdienstliche) Maßnahmen, die die Richterinnen und Richter im Einzelfall betreffen oder sich auf sie auswirken (§ 41 Satz 1 BbgRiG). Wenn § 41 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Satz 2 bis 5, §§ 46, 47, 49 und 50 BbgRiG verfassungsgemäß wäre, wären beide Feststellungsanträge begründet.
§ 41 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Satz 2 bis 5, §§ 46, 47, 49 und 50 BbgRiG gilt für die Richterinnen und Richter des Landes Brandenburg mit Ausnahme der Mitglieder des Verfassungsgerichts des Landes (§ 1 Abs. 1, 2 BbgRiG). Die Mitbestimmungsmöglichkeiten gemäß § 41 Satz 1 BbgRiG werden durch § 92 Abs. 4 BbgRiG auch den Staatsanwaltsräten in Bezug auf die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Landes Brandenburg eingeräumt.
Der Gesetzgeber schuf in Abkehr von der herkömmlichen Aufteilung der Beteiligungsrechte in Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte zu bestimmten Katalogtatbeständen (siehe die Länderübersicht bei Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 383 ff.) eine Regelung, welche den Richterräten die Mitbestimmung bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen einräumt, die die Richterinnen und Richter insgesamt oder im Einzelfall betreffen oder sich auf sie auswirken (§ 41 Satz 1 BbgRiG). Der Gesetzgeber grenzt die Allzuständigkeit bei personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen ausdrücklich nur wie folgt ein: 1. Die Mitbestimmung hängt von der Zustimmung der Betroffenen ab, soweit Mitbestimmungsfälle über die beabsichtigten Maßnahmen hinaus schutzwürdige persönliche Interessen der Richterin oder des Richters berühren (§ 41 Satz 2 BbgRiG). Wann das zutrifft, wird nicht näher bestimmt. 2. Die Zuständigkeit entfällt bei Organisationsentscheidungen der obersten Dienstbehörde, die auf deren verfassungsmäßigen Rechten beruhen (§ 41 Satz 4 BbgRiG). 3. Sie besteht nicht in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Präsidialrats fallen (§ 41 Satz 5 BbgRiG). 4. Der Gesetzgeber modifiziert mit § 44 BbgRiG das Beteiligungsrecht im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung durch Verweis auf die personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen.
Die Mitbestimmung ist entsprechend der eingeführten Begrifflichkeit des Personalvertretungsrechts eine Form der Beteiligung, bei der die Maßnahme nur mit Zustimmung des Richterrats getroffen werden kann (§ 46 Abs. 1 BbgRiG). Kommt es über eine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme nicht zu einer Einigung, so kann das Stufenverfahren eingeleitet werden. Ausgehend von einem erstinstanzlichen Gericht wird regelmäßig die Stufe des oberen Landesgerichts (§ 47 Abs. 1, siehe auch Abs. 3 BbgRiG) betreten und im Fall der fortbestehenden Nichtzustimmung die Stufe der obersten Dienstbehörde (§ 47 Abs. 2 BbgRiG). Gelingt dort keine Einigung, kann die Einigungsstelle angerufen werden (§ 47 Abs. 4 BbgRiG). Die Einigungsstelle besteht aus je drei von der obersten Dienstbehörde und dem Hauptrichter- und Hauptstaatsanwaltsrat bestellten beisitzenden sowie einem unparteiischen vorsitzenden Mitglied, auf dessen Person sich beide Seiten einigen. Bestehen mehrere oberste Dienstbehörden, sind die beisitzenden Mitglieder einvernehmlich zu bestellen. Kommt eine Einigung über die Person des vorsitzenden Mitglieds nicht zustande, bestellt ihn die Präsidentin oder der Präsident des Landtages (§ 47 Abs. 6 BbgRiG). Der Beschluss der Einigungsstelle ist gemäß § 49 Abs. 3 BbgRiG für die Beteiligten bindend, soweit er nicht nach § 50 BbgRiG ganz oder teilweise aufgehoben wird. Eine weitere Ausnahme von der Bindungswirkung enthält das Gesetz nicht. Nach § 50 Abs. 1 BbgRiG kann die oberste Dienstbehörde Beschlüsse der Einigungsstelle ganz oder teilweise aufheben und endgültig entscheiden, wenn durch den Beschluss der Amtsauftrag, für eine geordnete Rechtspflege zu sorgen, nicht nur unerheblich berührt wird. Nach Abs. 2 der Norm hebt die oberste Dienstbehörde Beschlüsse der Einigungsstelle ganz oder teilweise auf und entscheidet endgültig, sofern der Beschluss gegen geltendes Recht verstößt.
Schlüsselbegriff ist die „Maßnahme“, an die nach § 41 Satz 1 BbgRiG das Mitbestimmungsrecht anknüpft. Zu einer gleichlautenden Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden: „Unter einer Maßnahme im Sinne des § 58 Abs. 3 Satz 2 wie auch des § 51 Abs. 1 MBG Schl.-H. ist – entsprechend dem in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vertretenen personalvertretungsrechtlichen Maßnahmebegriff – jede Handlung oder Entscheidung zu verstehen, die den Rechtsstand der Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben. Lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlungen der Dienststelle sind, wenn sie nicht die beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder unmittelbar festlegen, keine Maßnahmen“ (BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2023 – 5 P 3.22 – juris Rn. 10). Wenngleich diese Definition bei besonderen Tatbeständen Ausweitungen erfahren hat (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2021 – 5 P 3.20 – juris Rn. 15 zur mitbestimmungspflichtigen Überprüfung, ob eine Eingruppierung noch dem Tarifrecht entspricht), trifft sie im Grundsatz auch nach Überzeugung des Senats zu.
Als Maßnahme gemäß dieser Definition sind die im ersten Feststellungsantrag benannten Entscheidungen zu verstehen. Der Senat sieht aber auch das Erstellen einer dienstlichen Beurteilung (zweiter Feststellungsantrag) als Maßnahme gemäß § 41 Satz 1 BbgRiG an. Eine dienstliche Beurteilung ändert das Beschäftigungsverhältnis der beurteilten Richterinnen und Richter; sie bereitet nicht lediglich eine anderweit vorzunehmende Änderung des Beschäftigungsverhältnisses vor. Denn dienstliche Beurteilungen sind keine unselbständigen Bausteine einer Bestenausleseentscheidung. Vielmehr sind die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte regelmäßig zu beurteilen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BbgRiG). Ihnen werden Regelbeurteilungen erteilt unabhängig davon, ob sie sich um eine höhere Stelle beworben haben oder jemals bewerben wollen. Mit der Erteilung der dienstlichen Beurteilung schließt ein eigenes Verwaltungsverfahren ab. Der Verfahrensabschluss hat zur Folge, dass die Beurteilten gegen ihre Beurteilung Rechtsschutz nachsuchen können. Einer Klage gegen eine dienstliche Beurteilung darf nicht § 44a VwGO entgegengehalten werden, dem zufolge Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen grundsätzlich nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (vgl. zu dieser Vorschrift BVerwG, Urteil vom 13. November 2019 – 2 C 35.18 – juris Rn. 20). Die dienstliche Beurteilung ist die Sachentscheidung, nicht erst deren spätere Verwendung. Demgemäß ist zwischen Klagen gegen Beurteilungen und Klagen gegen Auswahlentscheidungen zu unterscheiden (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 – 2 B 104.11 – juris Rn. 13). Die dienstlichen Beurteilungen werden auch nicht obsolet, wenn die Beschäftigten erneut dienstlich beurteilt werden. Sie bleiben in der Regel für den gesamten Werdegang der Beschäftigten bedeutsam (Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand 6/2024, Rn. 451). Ältere Beurteilungen können in Auswahlentscheidungen berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 – 2 B 104.11 – juris Rn. 13 und Urteil vom 7. Juli 2021 – 2 C 2.21 – juris Rn. 12). Das Recht auf deren Überprüfung und gegebenenfalls Änderung kann verwirkt sein (BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2021 – 2 B 71.20 – juris Rn. 12). Sie verbleiben dann jedenfalls in der Personalakte, auch wenn sie für den Richter „ungünstig sind oder ihm nachteilig werden können“ (§ 10 Abs. 1 BbgRiG i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBG). So werden den Betroffenen mit jeder neuen dienstlichen Beurteilung mehr oder weniger Chancen auf berufliches Fortkommen eingeräumt. Eine dienstliche Beurteilung klärt die "Wettbewerbssituation" (BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2000 – 2 C 34.99 – juris Rn. 13; Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand 6/2024, Rn. 447a). Dementsprechend scheitert die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an der Erstellung dienstlicher Beurteilungen erst am Beteiligungskatalog des § 27 Abs. 1 BGleiG und nicht schon am Begriff der Maßnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. September 2021 – 2 A 3.20 – juris Rn. 26).
Das Erstellen einer dienstlichen Beurteilung scheidet auch nicht aufgrund anderer Vorschriften aus dem Anwendungsbereich des § 41 Satz 1 BbgRiG aus.
Der Senat erkennt in § 9 Abs. 3 Satz 2 (vormals Abs. 2 Satz 3) BbgRiG keine spezielle, dem § 41 BbgRiG vorrangige und diesen verdrängende Bestimmung. In der Entstehungsgeschichte des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Richtergesetzes finden sich keine Hinweise darauf, dass für dienstliche Beurteilungen Besonderes gelten und es allein bei dem damaligen § 9 Abs. 2 Satz 3 BbgRiG bleiben sollte. Diese Vorschrift, nach der auf Verlangen der Richterin oder des Richters der Richterrat und auf Verlangen der Staatsanwältin oder des Staatsanwalts der Staatsanwaltsrat an der Besprechung der Beurteilung zu beteiligen ist, verfolgt einen anderen Zweck als die Mitbestimmungsregelung. Sie gleicht § 69 Abs. 3 Satz 6 LPersVG Rheinland-Pfalz, wonach ein Mitglied des Personalrats auf Verlangen der oder des zu Beurteilenden an dem Beurteilungsgespräch zu beteiligen ist. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu dieser Bestimmung ausführte, erlange der Personalrat durch die Teilnahme eines Vertreters an dem Gespräch keinen inhaltlichen Einfluss auf die dienstliche Beurteilung. Durch die Teilnahme solle der beurteilte Beamte dabei unterstützt werden, die Rechtmäßigkeit der ihm eröffneten dienstlichen Beurteilung zu überprüfen und ggf. Rechtsmittel einzulegen, sofern der Dienstherr berechtigte Einwendungen des Beamten nicht ausräume. Es gehe um die psychologische Unterstützung des betroffenen Beamten, um den auf ihm beim Beurteilungsgespräch lastenden Druck zu reduzieren (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2021 – 2 C 2.21 – juris Rn. 17). Das gilt nach Ansicht des Senats entsprechend für § 9 Abs. 3 Satz 2 BbgRiG.
Auch der Vorbehalt der Präsidialratszuständigkeit in § 41 Satz 5 BbgRiG erfasst nicht das Erstellen der dienstlichen Beurteilungen. Danach besteht die Zuständigkeit des Richterrats nicht in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Präsidialrats fallen. Die vom Präsidialrat zu erledigenden Aufgaben ergeben sich aus § 75 Abs. 1 DRiG sowie aus § 75 Abs. 2 DRiG in Verbindung mit § 60 Abs. 1, 2 BbgRiG. Die Erstellung dienstlicher Beurteilungen wird in den Vorschriften nicht genannt. Mehrere der Maßnahmen, mit denen sich der Präsidialrat zu befassen hat, erfolgen zwar zwingend oder üblicherweise auf der Grundlage von dienstlichen Beurteilungen. Die dienstliche Beurteilung ist jedoch wie gezeigt eine eigene Maßnahme, die sich von einer Maßnahme wie der Ernennung eines Richters für ein Amt mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamts (§ 75 Abs. 1 Satz 1 DRiG) unterscheidet. Demgemäß wäre an der einen Maßnahme der Richterrat und an der anderen der Präsidialrat zu beteiligen. Eine Beteiligung zweier Gremien an ein- und derselben Maßnahme wird vom Gesetz nicht vorgesehen. Die Trennung der Maßnahmen ist augenfällig bei Regelbeurteilungen, die sozusagen ohne weiteren Grund erteilt werden, aber auch bei Anlassbeurteilungen gegeben.
D. Der Senat hält die Mitbestimmung der Richterräte, wie sie der brandenburgische Gesetzgeber in § 41 BbgRiG eröffnet und in den folgenden Bestimmungen ausgestaltet hat, für verfassungswidrig.
Immerhin verstößt die brandenburgische Mitbestimmungsregelung nicht gegen ausdrückliche Vorgaben des Deutschen Richtergesetzes. Denn nach § 73 DRiG hat der Richterrat „mindestens“ die Aufgaben: 1. Beteiligung an allgemeinen und sozialen Angelegenheiten der Richter, 2. gemeinsame Beteiligung mit der Personalvertretung an allgemeinen und sozialen Angelegenheiten, die sowohl Richter als auch Bedienstete des Gerichts betreffen. Ein Höchstmaß an zulässigen Aufgaben wird nicht explizit festgesetzt.
1.) Die Mitbestimmungsregelungen verstoßen aber gegen Art. 2 Abs. 2 und 4 der Verfassung des Landes Brandenburg. Darin ist bestimmt, dass das Volk Träger der Staatsgewalt ist und die Gesetzgebung durch Volksentscheid und durch den Landtag ausgeübt wird, die vollziehende Gewalt in den Händen der Landesregierung, der Verwaltungsbehörden und Selbstverwaltungsorgane liegt und die Rechtsprechung unabhängigen Richterinnen und Richtern anvertraut ist.
Die Auslegung dieser Landesverfassungsbestimmungen hat sich auszurichten an dem, was das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung einer schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsregelung zu Art. 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG erkannt hat. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, in der freiheitlichen Demokratie gehe alle Staatsgewalt vom Volke aus. Sie werde vom Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG.). Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG seien die Grundentscheidung des Art. 20 Abs. 2 GG für die Volkssouveränität und die daraus folgenden Grundsätze der demokratischen Organisation und Legitimation von Staatsgewalt auch für die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern verbindlich (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 133 f.).
Der Formulierung in Art. 20 Abs. 2 GG entspricht dem Art. 2 Abs. 2, 4 LV. Die Verbindlichkeit der grundgesetzlichen Vorgaben vermittels Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG hat nicht zur Folge, dass Art. 2 Abs. 2 und 4 LV außer Anwendung bliebe mit der Erwägung, das Prinzip der Volkssouveränität ergebe sich bereits und allein aus dem Grundgesetz. Wenn Art. 2 Abs. 5 LV anordnet, dass die Bestimmungen des Grundgesetzes denen der Landesverfassung vorgehen, werden damit nicht die vorausgehenden Absätze 2 und 4 für bedeutungslos erklärt. Die genannten Regelungen in der Bundes- und der Landesverfassung stehen vielmehr nebeneinander. Das ergibt sich aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG, wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen u.a. des demokratischen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen muss. Es muss demnach in den Ländern eine Verfassungsordnung geben. Das in diesem Artikel verankerte Homogenitätsprinzip will nicht eigene Verfassungsbestimmungen der Länder in zentralen Aspekten verdrängen, sondern inhaltlich prägen. Die Gliedstaaten artikulieren ebenso wie der Gesamtstaat in je eigener Verantwortung ihre Staatsfundamentalnormen (Mann, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand 8/2024, Art. 28 Rn. 21). Bundesverfassungsrecht bricht inhaltsgleiches Landesverfassungsrecht nicht (BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 1974 – 2 BvN 1/69 – juris Leitsatz 5). Dieser Aspekt klingt auch in Art. 2 Abs. 5 Satz 2 LV an, wonach die Gesetzgebung an Bundesrecht und Landesverfassung gebunden ist. Die sich aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergebende inhaltliche Prägung hat allerdings zur Folge, dass Art. 2 Abs. 2 und 4 LV in Bezug auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst auszulegen ist im Lichte des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995. Das Homogenitätsprinzip determiniert deren Auslegung.
Nach den Vorgaben im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – (BVerfGE 93, 37 ff. = juris), auf dessen vollständigen Inhalt – ohne umfassende Wiedergabe an dieser Stelle – verwiesen wird, gilt verfassungsrechtlich aufgrund von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG (juris Rn. 133) Folgendes (Leitsätze 1 und 2): Als Ausübung von Staatsgewalt, die demokratischer Legitimation bedarf, stellt sich jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter dar. Es kommt nicht darauf an, ob es unmittelbar nach außen wirkt oder nur behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben schafft. Will der Gesetzgeber die Beschäftigten an Entscheidungen über innerdienstliche Maßnahmen mit Rücksicht auf deren spezifische Interessen als Dienst- und Arbeitnehmer beteiligen, so sind ihm durch das Erfordernis hinreichender demokratischer Legitimation Grenzen gesetzt. In welcher Art und in welchen Fällen die Mitbestimmung oder eine andere Form der Beteiligung der Personalvertretung verfassungsrechtlich zulässig ist, ist unter Würdigung der Bedeutung der beteiligungspflichtigen Maßnahmen sowohl für die Arbeitssituation der Beschäftigten und deren Dienstverhältnis als auch für die Erfüllung des Amtsauftrags zu bestimmen: Die Mitbestimmung darf sich einerseits nur auf innerdienstliche Maßnahmen erstrecken und nur so weit gehen, als die spezifischen in dem Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle sie rechtfertigen (Schutzzweckgrenze). Andererseits verlangt das Demokratieprinzip für die Ausübung von Staatsgewalt bei Entscheidungen von Bedeutung für die Erfüllung des Amtsauftrags jedenfalls, dass die Letztentscheidung eines dem Parlament verantwortlichen Verwaltungsträgers gesichert ist (Verantwortungsgrenze).
Das Bundesverfassungsgericht bildet auf dieser Grundlage drei Fallgruppen, in denen die gesetzgeberischen Gestaltungsmöglichkeiten unterschiedlich stark eingegrenzt sind (juris Rn. 146, 147 und 148). Zu der besonders stark eingegrenzten Fallgruppe c gehören insbesondere alle Maßnahmen, die den Rechtsstatus von Beamten, Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes betreffen, sowie alle organisatorischen Maßnahmen der Dienststelle, die für die Wahrnehmung des Amtsauftrages von erheblicher Bedeutung sind (juris Rn. 148). Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber Vorgaben gemacht für die Ausgestaltung der Beteiligungsmöglichkeiten. Es verlangt bereits für die Fallgruppe b, dass entweder die Einigungsstelle selbst demokratisch legitimiert sein müsse, wenn sie verbindlich entscheiden dürfe, oder dass eine in parlamentarischer Verantwortung stehende bzw. dem Weisungsrecht eines parlamentarisch verantwortlichen Amtsträgers unterliegende Stelle das Letztentscheidungsrecht habe. Das Gericht fügt hinzu, die Ausübung des Letztentscheidungsrechts dürfe insoweit nicht von der Darlegung abhängig gemacht werden, dass der jeweilige Mitbestimmungsfall wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwohl Bestandteil der Regierungsverantwortung sei (juris Rn. 147). Die Gesetzgeber treffe weiter das Gebot, die verantwortlichen Amtsträger nicht in eine Lage zu bringen, in der sie jene Maßnahmen, die für die zeitgerechte Herstellung der Bedingungen einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Amtsauftrages notwendig seien, nur um den Preis von Zugeständnissen durchsetzen könnten, die sie nicht oder nur mit Einschränkungen für sachgerecht hielten und in die sie sonst nicht einzuwilligen bereit wären (juris Rn. 151). Grundsätzlich gelte für personalvertretungsrechtliche Regelungen, dass sie dem Ziel einer möglichst reibungslosen Zusammenarbeit zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung nicht gerecht würden, wenn ihr Inhalt nur im Wege der gerichtlichen Auslegung geklärt werden könne, indem die Rechtsprechung auf andere Personalvertretungsgesetze zurückgreife (juris Rn. 151).
Das Bundesverfassungsgericht hat seinem Beschluss (zustimmend Möllers, in: Herdegen/Masing u.a., Handbuch des Verfassungsrechts, 2021, § 5 Rn. 63 bei Fn. 248) nicht nur Bedeutung für die Beteiligungsmöglichkeiten von Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst gegeben, sondern von allen, die mit dem Staat aufgrund eines wechselseitig Rechte und Pflichten begründenden Arbeits- oder Dienstverhältnisses verbunden sind (juris Rn. 141). Das Bundesverfassungsgericht schreibt durchweg von Beschäftigten, auch von Organen und Amtswaltern (juris Rn. 136) oder Amtsträgern (juris Rn. 137). Diese Formulierungen schließen Richterinnen und Richter ein. Das Bundesverfassungsgericht hat weder explizit noch implizit der Justiz eine besondere Stellung zugewiesen mit der Konsequenz, dass die Legitimationskette zwischen Amtswaltern und dem Staatsvolk (vgl. juris Rn. 136) gelockert wäre (dazu Classen, in: Huber/Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 92 Rn. 40 und Art. 98 Rn. 15). Es hat sich vielmehr in einer späteren Entscheidung auf den Beschluss vom 24. Mai 1995 berufen und ausgeführt, die Letztverantwortung für die Ernennung zum Richter trotz einer zulässigen Mitentscheidungsbefugnis von Richterwahlausschüssen (vgl. Art. 98 Abs. 4 GG) müsse beim Landesjustizminister liegen, denn der Richterwahlausschuss (in jenem Fall) sei Parlament und Regierung nicht verantwortlich und könne schon deshalb keine alleinige Entscheidungsbefugnis haben, ohne dass damit das Demokratieprinzip verletzt würde (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1998 – 2 BvR 2555/96 – juris Rn. 22; siehe auch Möllers, in: Herdegen/Masing u.a., Handbuch des Verfassungsrechts, 2021, § 5 Rn. 66; Voßkuhle/Sydow, JZ 2002, 673 [676 f.]). Die Judikative mag, soweit ihre Rechtsprechungstätigkeit in den Blick kommt, eine andere Betrachtung verdienen (vgl. Möllers, a.a.O., Rn. 65; siehe auch Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 117). Die Personalverwaltung der Justiz ist jedoch der Exekutive zuzurechnen. Nur „außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung“ hält das Bundesverfassungsgericht „begrenzte Abweichungen von der Regelanforderung uneingeschränkter personeller Legitimation“ für zulässig (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 2 BvR 1139/12 – juris Rn. 169; so auch Axer, in: Kahl/Ludwigs, Handbuch des Verwaltungsrechts, Band III, 2022, § 62 Rn. 54; zum Ganzen ausführlich in demselben Band: Dreier/Kuch, § 60, und ferner Meinel, § 61, siehe auch Voßkuhle/Sydow, JZ 2002, 673 [682]).
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 bindet nach § 31 Abs. 1 BVerfGG das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Die Bindung betrifft die tragenden Gründe der Entscheidung (Heusch, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2. Aufl. 2022, § 31 Rn. 56) und wirkt sich wie gezeigt auf die Auslegung von Art. 2 Abs. 2, 4 LV aus.
2.) Gemessen an den tragenden Gründen verstößt die Novellierung des Beteiligungsrechts im Brandenburgischen Richtergesetz gegen die genannten Artikel der Bundes- und der Landesverfassung.
Mit dem neu konzipierten Mitbestimmungsrecht lässt der brandenburgische Gesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts außer Acht. Personelle, soziale, organisatorische und sonstige innerdienstliche Maßnahmen, die die Richterinnen und Richter insgesamt oder im Einzelfall betreffen oder sich auf sie auswirken (§ 41 Satz 1 BbgRiG), lassen sich den Kategorien a bis c im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zuordnen. Diese Unterscheidung greift der Gesetzgeber nicht durch differenzierte Regelungen auf. Namentlich sind die Beschlüsse der Einigungsstelle stets bindend. Die Wirkung des Beschlusses als Empfehlung ist nicht normiert, auch nicht für eine besondere, näher bestimmte Fallgruppe. Die Bindung tritt unmittelbar mit der Beschlussfassung (genauer § 49 Abs. 2 BbgRiG) ein und endet erst, sobald der Beschluss nach § 50 BbgRiG ganz oder teilweise aufgehoben wird (so § 49 Abs. 3 BbgRiG). Der Beschluss ist in keinem Fall zunächst schwebend unwirksam bis zu einer Entscheidung nach § 50 BbgRiG. Das Letztentscheidungsrecht nach § 50 Abs. 1 BbgRiG verlangt zudem – gegen die Verfassungsauslegung durch das Bundesverfassungsgericht – von der obersten Dienstbehörde die Darlegung, dass der jeweilige Mitbestimmungsfall wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwohl Bestandteil der Regierungsverantwortung sei. Denn das Recht besteht ausdrücklich nur, „wenn durch den Beschluss der Amtsauftrag, für eine geordnete Rechtspflege zu sorgen, nicht nur unerheblich berührt wird.“ Das Letztentscheidungsrecht hängt von dieser tatbestandlichen Voraussetzung ab. Nach allgemeinen Regeln hat derjenige die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Handlung darzulegen und notfalls zu beweisen, der sich auf sie beruft. Der Gesetzgeber hat das Kriterium des Amtsauftrags nicht etwa negativ zur Voraussetzung einer Einwendung gemacht („Das Letztentscheidungsrecht steht der obersten Dienstbehörde zu, es sei denn, der Amtsauftrag sei nicht berührt.“); dann trüge nach allgemeinen Regeln der Richterrat die Darlegungs- und Beweislast. Außerdem ist die Einigungsstelle in ihrer personellen Zusammensetzung nicht gesichert demokratisch legitimiert (verwirklicht nicht das Prinzip der sogenannten doppelten Mehrheit; siehe BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 147 und dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Juni 2021 – OVG 60 PV 13/20 – juris Rn. 25; kritisch Wittreck, Die Verwaltung der Dritten Gewalt, 2006, S. 121 ff.). Schließlich ist der Senat davon überzeugt, dass die Gerichtsvorstände bzw. die zuständigen Stellen im Stufenverfahren mehr als nur ganz vereinzelt Zugeständnisse machen könnten, um zu einem zeitgerechten Ergebnis zu gelangen. Als Beispiel sei die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen vor dem Hintergrund einer Beförderungsauswahl zu sehen. Auswahlentscheidungen in der Justiz stehen nach der Erfahrung des Senats ohnehin nicht selten unter Zeitdruck. Das mag an Entscheidungsschwierigkeiten der Justizverwaltung liegen oder an Konkurrentenstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten, dem Oberverwaltungsgericht und dem Verfassungsgericht. Soweit es um Vorsitzendenstellen geht, müssen die Gerichtspräsidien bei längeren Vakanzen eine amtsgerechte kommissarische Besetzung sicherstellen. Die Bewerberinnen und Bewerber können beanspruchen, dass für sie eine hinreichend aktuelle dienstliche Beurteilung verwendet wird, die den Anforderungen des Auswahlverfahrens genügt und die wichtigste Auswahlgrundlage darstellt (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58). Demgemäß ist die Formulierung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerberinnen und Bewerber entscheidend für die anstehende oder eine nachfolgende Bestenauslese. Mit Blick auf die kollegialen und persönlichen Beziehungen innerhalb der Richterschaft könnte die Mitbestimmung zu „Verhandlungspaketen“ bei der Abfassung dienstlicher Beurteilungen führen, die sich nicht vollständig mit den Wertungen der zur Beurteilung Berufenen decken (vgl. dazu auch Lorse, Die dienstliche Beurteilung, 7. Aufl. 2020, Rn. 231b). Das Gesetz beschränkt die Mitbestimmung weder ausdrücklich auf Form- und Verfahrensfragen noch stellt es sicher, dass „eigene“ dienstliche Beurteilungen durch den Richterrat unterbleiben. Es fehlt an einem gesetzlichen Prüfkatalog wie beispielsweise dem § 78 Abs. 5 BPersVG. In einem solchen Fall, wenn eine Bindung an gesetzliche Zustimmungsverweigerungsgründe nicht vorgesehen ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme nur dann unbeachtlich, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen (BVerwG, Beschlüsse vom 30. April 2001 – 6 P 9.00 – juris Rn. 21 und vom 20. März 1996 – 6 P 7.94 – juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Juli 2021 – OVG 4 B 14.19 – juris Rn. 36 m.w.N.; vgl. zu Einschränkungsbemühungen bei der Mitwirkung des Personalrats an der Erteilung dienstlicher Beurteilungen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2012 – OVG 60 PV 10.11 – juris Rn. 20 f.).
Die Verfassungswidrigkeit der Mitbestimmungsregelung wird nicht durch das Zustimmungserfordernis des § 41 Satz 2 BbgRiG bei schutzwürdigen persönlichen Interessen der Richterin oder des Richters vermieden. Abgesehen davon, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen sehr unbestimmt und folglich streitträchtig sind, muss die Möglichkeit in Rechnung gestellt werden, dass die Richterin bzw. der Richter die Zustimmung erteilt und damit die Allzuständigkeit des Richterrats eröffnet ist.
E. 1.) Der Senat ist nicht der Auffassung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil, dass sich die Frage der Verfassungsgemäßheit erst dann stellt, wenn in einem konkreten Fall ein Stufenverfahren einen problematischen Abschluss erfährt (vgl. näher VG Potsdam, Urteil vom 23. Februar 2023 – 1 K 2988/20 – juris Rn. 45). Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts könnten verfassungskonforme Lösungen bei der Aufhebung von Beschlüssen der Einigungsstelle gefunden werden, vielleicht aber auch nicht. Die Urteilsbegründung mit den mehrfachen Ansätzen (juris Rn. 45 und sodann juris Rn. 51, 53 jeweils: „Selbst wenn …“) macht es offensichtlich, dass bei denjenigen, die eine verfassungskonforme Auslegung für möglich erachten, nicht evident ist, wie die lauten würde. Das Regelungswerk lässt mithin – die (vom Senat verneinte) Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung unterstellt – die Beteiligten im Ungewissen, wann was gelten würde und möglich wäre. Der Senat schließt aus den letzten beiden Sätzen in Rn. 151 im Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – (juris), dass dem Bundesverfassungsgericht die Normenklarheit im Bereich der Mitbestimmung von einer besonderen Bedeutung ist, die einer verfassungskonformen Auslegung eine zusätzliche Grenze setzt. Auch das spräche gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es würde sich im konkreten Streitfall auf oberster Ebene womöglich eine verfassungskonforme Lösung finden.
Selbstständig tragend und für den Senat von besonderer Bedeutung spricht folgende Erwägung gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die etwaige Verfassungsproblematik betreffe allein das Stufenverfahren und lasse das Verhältnis von Richterrat und Gerichtspräsidentin unberührt: Die Ungewissheit, ob überhaupt, gegebenenfalls wie, auf welcher Ebene und womöglich wann eine eigene Entscheidung des Dienstherrn fallen kann, kann bereits bei den zur Entscheidung berufenen Gerichtsvorständen den Druck entstehen lassen, im Interesse eines zeitgerechten Ergebnisses Zugeständnisse zu machen (siehe nochmals BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 151). Der Senat hat am Beispiel der Erstellung dienstlicher Beurteilungen ausgeführt, warum er die Gefahr von Zugeständnissen für konkret hält.
2.) Die Mitbestimmungsregelungen im Brandenburgischen Richtergesetz in der Fassung des Ersten Gesetzes zu dessen Änderung vom 19. Juni 2019 (mit weiteren Änderungen) lassen sich auch nicht durch verfassungskonforme Auslegung aufrechterhalten. Eine solche Auslegung ist aus Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber geboten, wenn diese durch Interpretation in den Grenzen der Verfassung aufrechterhalten werden kann und dabei ihren Sinn nicht verliert. Den Möglichkeiten verfassungskonformer Auslegung sind allerdings Grenzen gesetzt. Verfassungskonforme Auslegung ist dort nicht statthaft, wo sie zu dem Gesetzeswortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Den Gerichten ist es verwehrt, im Wege der Auslegung einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn zu geben oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen. Eine solche Korrektur des Gesetzes würde nicht zuletzt Art. 100 Abs. 1 GG zuwiderlaufen, der die Autorität des parlamentarischen Gesetzgebers im Verhältnis zur Rechtsprechung wahren soll (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05 – juris Rn. 91; Stelkens/Panzer, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 1 VwGO Rn. 47). Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht Personalvertretungsgesetze wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 verfassungskonform ausgelegt, auch wenn diese nachfolgenden Gesetzesänderungen unterzogen wurden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juni 2010 – 6 PB 4.10 – juris Rn. 9 m.w.N. und vom 15. Juli 2019 – 5 P 1.18 – juris Rn. 23 ff.), solange mit der Auslegung der Wille des Gesetzgebers nicht missachtet wird, was auch anhand der Entstehungsgeschichte nachfolgender Änderungen zu bewerten ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juni 2010 – 6 PB 4.10 – juris Rn. 9 f. und vom 15. Juli 2019 – 5 P 1.18 – juris Rn. 29 ff.; siehe auch letztens OVG Bremen, Beschluss vom 10. November 2021 – 6 LP 443/20 – juris Rn. 28 f.).
Die Entstehungsgeschichte des Ersten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Richtergesetzes vom 19. Juni 2019 zeigt keine Anknüpfungspunkte für die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung auf. Das Gegenteil ist der Fall. Der Gesetzentwurf der Landesregierung vom 26. November 2018 (LT-Drs. 6/10010) sah noch keine relevante Modifikation der bisherigen Beteiligungsrechte des Richterrats vor. Die Neukonzeption des bislang differenzierten Beteiligungs- als Mitbestimmungsrecht mit Allzuständigkeit ist vom Rechtsausschuss ausgegangen in dessen Beschlussempfehlung und Bericht vom 6. Juni 2019 (LT-Drs. 6/11510). Wie die Ausschussvorsitzende Mächtig berichtete, beruhe die Stärkung der Mitbestimmungsrechte des Richterrats „mittels Ersetzung der in den §§ 41 und 42 geregelten Mitbestimmungs- und Mitwirkungskataloge durch eine umfassende Generalklausel“ auf dem am 2. Mai 2019 vorliegenden Entwurf eines gemeinsamen Änderungsantrags der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion, der Fraktion DIE LINKE sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. In der Begründung zu diesem Entwurf heißt es (in Nr. 6), die Mitbestimmungsrechte des Richterrats sollten deutlich ausgeweitet werden. Dazu werde der bisher in § 41 vorhandene Katalog gestrichen und durch die vorgeschlagene umfassende Regelung ersetzt. Weiter wird (in Nr. 9) angeführt, durch die Änderung in Nr. 6 sei der bisher in § 49 Abs. 3 enthaltene Verweis, dass die Einigungsstelle in den Fällen des § 41 Abs. 2 eine Empfehlung an die oberste Dienstbehörde beschließe, überflüssig geworden. Der Absatz 3 solle deshalb neu geregelt werden.
Zu dem Änderungsentwurf wurde ein ergänzendes schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz Ludwig machte in seiner Stellungnahme vom 16. Mai 2019 gegen die umfassende Mitbestimmungsregelung verfassungsrechtliche Bedenken geltend unter ausführlicher Darstellung der Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts in dessen Beschluss vom 24. Mai 1995. Er fügte dem hinzu, mit den vorgenannten Grundsätzen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung erscheine der Änderungsvorschlag nicht vereinbar. Wegen der weiteren Argumentation wird auf die Stellungnahme Bezug genommen (LT-Drs. 6/11510, Anlage 3). Die angehörten Berufsverbände äußerten zwar Zustimmung oder Ablehnung zur vorgeschlagenen Mitbestimmungsregelung, jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (LT-Drs. 6/11510, Anlagen 4 bis 6; siehe auch die Darstellung des anders gelagerten Streits über die Allzuständigkeit Thüringer Personalräte: Langhammer, PersR 2024, S. 30).
Die genannten Fraktionen legten anschließend zur Sitzung des Rechtsausschusses am 28. Mai 2019 einen Änderungsantrag vor, der in den Regelungen zur Mitbestimmung und deren Begründung (Nr. 6, 9) dem ersten Entwurf glich (LT-Drs. 6/11510, Anlage 7). Das Erste Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Richtergesetzes wurde sodann am 19. Juni 2019 mit den vom Rechtsausschuss empfohlenen Mitbestimmungsregelungen beschlossen.
Beschließt der Landtag das Gesetz in Kenntnis der verfassungsrechtlichen Einwände des Justizministers, ist dessen Wille eindeutig und muss respektiert werden; eine abweichende Deutung des Gesetzes im Wege verfassungskonformer Auslegung ist unmöglich. Von einer ungewollten Regelungslücke kann nicht die Rede sein. Der Gesetzgeber hat § 49 Abs. 3 BbgRiG a.F. durch das Gesetz vom 19. Juni 2019 abgeschafft. Soll demnach der Beschluss der Einigungsstelle immer bindend und nie empfehlend sein, verbietet sich eine analoge Anwendung der Bestimmung im Personalvertretungsgesetz, wonach der Beschluss der Einigungsstelle nur empfehlenden Charakter habe (§ 73 Abs. 5 LPersVG). Abgesehen davon ist im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht der Rückgriff auf eine Vorschrift in einem anderen Gesetz nicht angängig (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – juris Rn. 151). Das Brandenburgische Richtergesetz selbst bietet wie gesagt keine für eine Analogie anknüpfungsfähige Bestimmung, wonach die Einigungsstelle nur eine Empfehlung beschließe. Der Senat hält es auch nicht für möglich, die tatbestandlichen Voraussetzungen in § 50 BbgRiG mit der Darlegungslast der obersten Dienstbehörde auszublenden und die Norm als Auffangvorschrift zu verstehen, die beliebig und voraussetzungslos bei allen personellen Maßnahmen zum Einsatz kommt, wenn an sich der Beschluss der Einigungsstelle nur empfehlende Wirkung haben dürfte (ähnlich BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2010 – 6 PB 4.10 – juris Rn. 12). Denn der Brandenburger Gesetzgeber hat § 50 BbgRiG durch das Gesetz vom 19. Juni 2019 unberührt gelassen; diese Vorschrift bestand bereits, als die Einigungsstelle entweder bindende oder empfehlende Beschlüsse zu fassen hatte.
Es verbietet sich auch die in den Anwendungshinweisen der Ministerin der Justiz vom 16. April 2020 vorgesehene faktische Außerkraftsetzung der Mitbestimmungsregelung in Teilbereichen der Allzuständigkeit, die § 41 BbgRiG ermöglichen will. Die Außerkraftsetzung von nachkonstitutionellen Parlamentsgesetzen ist der Verfassungsgerichtsbarkeit vorbehalten.
Kommt es demnach auf die Verfassungsgemäßheit von § 41 Satz 1 in Verbindung mit § 41 Satz 2 bis 5, §§ 46, 47, 49 und 50 BbgRiG an, sind diese Vorschriften der verfassungsgerichtlichen Überprüfung zu überantworten. Aus Art. 100 Abs. 1 GG ergibt sich kein Vorrang der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, wenn ein Landesgesetz – wie hier – sowohl die Bundes- als auch die Landesverfassung verletzt (Wieland, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2018, Art. 100 Rn. 34 m.w.N.; siehe auch Burghart, in: Leibholz/Rinck, GG, Stand 5/2024, Art. 100 Rn. 46, der tendenziell für die Vorlage an das Landesverfassungsgericht plädiert). Der Senat hält die Vorlage an das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg für vorzugswürdig.
Der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).